Inhaltsverzeichnis

  1. 1.

    Zusammenfassung

  2. 1.1

    Was gibt es Neues?

  3. 1.2

    Neue Empfehlungen gegenüber der Leitlinie „Nicht erholsamer Schlaf“, Kapitel „Schlafbezogene Atmungsstörungen“ von 2009

  4. 1.2.1

    Perioperatives Management

  5. 1.2.2

    Obstruktive Schlafapnoe

  6. 1.2.3

    Zentrale Schlafapnoe

  7. 1.2.4

    Schlafbezogene Hypoventilation/Hypoxämie

  8. 2.

    Einleitung

  9. 3.

    Diagnostik

  10. 3.1

    Allgemein

  11. 3.2

    Nicht-apparative Diagnostik

  12. 3.2.1

    Fragebögen und Leistungs- und Vigilanztests

  13. 3.2.2

    Klinische Untersuchung

  14. 3.2.3

    Apparative Diagnostik

  15. 3.2.4

    Polysomnographie

  16. 3.2.5

    Polygraphie für schlafbezogen Atmungsstörungen

  17. 3.2.6

    Monitoring für schlafbezogene Atmungsstörungen mit reduziertem System

  18. 4.

    Grundlagen der Indikationsstellung zur Therapie schlafbezogener Atmungsstörung

  19. 5.

    Obstruktive Schlafapnoesyndrome

  20. 5.1

    Obstruktive Schlafapnoe

  21. 5.2

    Klinische Symptomatik

  22. 5.3

    Epidemiologie

  23. 5.4

    Prädisponierende Faktoren

  24. 5.5

    Familienanamnese, Genetik

  25. 5.6

    Beginn, Verlauf, Komplikationen

  26. 5.7

    Tagesschläfrigkeit

  27. 5.8

    Kardiovaskuläres Risiko

  28. 5.9

    Arterielle Hypertonie

  29. 5.10

    Schlaganfall

  30. 5.11

    Herzinsuffizienz

  31. 5.12

    Diabetes mellitus

  32. 5.13

    Maligne Erkrankungen

  33. 5.14

    Perioperative Komplikationen

  34. 5.15

    PAP-Therapie-Verfahren

  35. 5.15.1

    Nächtliche Überdruckatmung

  36. 5.15.2

    Modifizierte Positivdruckverfahren

  37. 5.15.3

    Compliance

  38. 5.16

    Telemonitoring

  39. 5.17

    OSA in der Schwangerschaft

  40. 5.18

    OSA beim älteren Menschen

  41. 5.19

    Obstruktive Schlafapnoe und Demenz

  42. 5.19.1

    Therapie der obstruktiven Schlafapnoe bei Menschen mit Demenz

  43. 5.20

    Nicht-CPAP-Verfahren bei obstruktiver Schlafapnoe

  44. 5.20.1

    Gewichtsreduktion

  45. 5.20.2

    Nicht-operative Gewichtsreduktion

  46. 5.20.3

    Operative Gewichtsreduktion

  47. 5.20.4

    Unterkieferprotrusionsschienen

  48. 5.20.5

    Medikamentöse Therapie

  49. 5.20.6

    Medikamentöse Therapie bei residualer Tageschläfrigkeit unter CPAP-Therapie

  50. 5.20.7

    Verfahren zur Erhöhung des Muskeltonus

  51. 5.20.8

    Therapie mit Sauerstoff

  52. 5.20.9

    Lagetherapie

  53. 5.20.10

    Chirurgische Therapieverfahren

  54. 6.

    Zentrale Schlafapnoesyndrome

  55. 6.1

    Zentrale Schlafapnoe mit Cheyne-Stokes-Atmung

  56. 6.1.1

    Hauptbefunde

  57. 6.1.2

    Epidemiologie

  58. 6.1.3

    Diagnostik

  59. 6.1.4

    Therapie

  60. 6.1.5

    Respiratorische Stimulanzien und CO2

  61. 6.1.6

    Unilaterale Stimulation des Nervus Phrenicuus

  62. 6.1.7

    Sauerstoff

  63. 6.1.8

    Continuous Positive Airway Pressure

  64. 6.1.9

    Bilevel Positive Airway Pressure

  65. 6.1.10

    Adaptive Servoventilation

  66. 6.2

    Zentrale Schlafapnoe ohne Cheyne-Stokes-Atmung

  67. 6.2.1

    Hauptbefunde

  68. 6.2.2

    Diagnostik

  69. 6.2.3

    Therapie

  70. 6.3

    Zentrale Schlafapnoe bei höhenbedingter periodischer Atmung

  71. 6.3.1

    Hauptbefunde

  72. 6.3.2

    Therapie

  73. 6.4

    Zentrale Schlafapnoe durch Medikamente, Drogen oder Substanzen

  74. 6.4.1

    Hauptbefunde

  75. 6.4.2

    Therapie

  76. 6.5

    Primäre zentrale Schlafapnoe

  77. 6.5.1

    Hauptbefunde

  78. 6.5.2

    Epidemiologie

  79. 6.5.3

    Therapie

  80. 6.6

    Zentrale Schlafapnoe als Therapiefolge

  81. 6.6.1

    Hauptbefunde

  82. 6.6.2

    Epidemiologie

  83. 6.6.3

    Diagnostik

  84. 6.6.4

    Therapie

  85. 7.

    Schlafbezogene Hypoventilation/Schlafbezogene Hypoxämie

  86. 7.1

    Obesitas-Hypoventilationssyndrome (OHS)

  87. 7.1.1

    Hauptbefunde

  88. 7.1.2

    Diagnostik

  89. 7.1.3

    Therapie

  90. 7.2

    Schlafbezogene Hypoventilation durch eine körperliche Erkrankung

  91. 7.2.1

    Hauptbefunde

  92. 7.2.2

    Beginn, Verlauf, Komplikationen

  93. 7.2.3

    Diagnostik

  94. 7.2.4

    Therapie

  95. 8.

    Rechtliche Konsequenzen

  96. 9.

    Glossar

  97. 10.

    Anhänge

  98. 10.1

    Anhang A: Leitlinienreport

  99. 10.2

    Anhang B: Tabellen

  100. 10.3

    Anhang C: Algorithmen

  101. 10.4

    Anhang D: Addendum

  102. 11.

    Literatur

Zusammensetzung der Leitliniengruppe, Beteiligung von Interessengruppen

Steering-Komitee und Herausgeber

  • Prof. Dr. med. Geert Mayer, Schwalmstadt-Treysa

  • Prof. Dr. med. Michael Arzt, Regensburg

  • Prof. Dr. med. Bert Braumann, Köln

  • Prof. Dr. med. Joachim H. Ficker, Nürnberg

  • Prof. Dr. med. Ingo Fietze, Berlin

  • PD Dr. med. Helmut Frohnhofen, Essen

  • PD Dr. med. Wolfgang Galetke, Köln

  • Dr. med. Joachim T. Maurer, Mannheim

  • Prof. Dr. med. Maritta Orth, Mannheim

  • Prof. Dr. rer. physiol. Thomas Penzel, Berlin

  • Prof. Dr. med. Winfried Randerath, Solingen

  • Dr. med. Martin Rösslein, Freiburg

  • PD Dr. rer. physiol. Helmut Sitter, Marburg

  • Prof. Dr. med. Boris A. Stuck, Essen

Autoren

  • Prof. Dr. med. Michael Arzt, Regensburg

  • Prof. Dr. med. Bert Braumann, Köln

  • Prof. Dr. med. Joachim H. Ficker, Nürnberg

  • Prof. Dr. med. Ingo Fietze, Berlin

  • Prof. Dr. med. Ingo Fietze, Berlin

  • PD Dr. med. Wolfgang Galetke, Köln

  • Dr. med. Joachim T. Maurer, Mannheim

  • Prof. Dr. med. Maritta Orth, Mannheim

  • Prof. Dr. rer. physiol. Thomas Penzel, Berlin

  • Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Hans Peter Pistner, Erfurt

  • Prof. Dr. med. Winfried Randerath, Solingen

  • Dr. med. Martin Rösslein, Freiburg

  • PD Dr. rer. physiol. Helmut Sitter, Marburg

  • Prof. Dr. med. Boris A. Stuck, Essen

Redaktionelle Bearbeitung

  • Dr. rer. nat. Martina Bögel, Hamburg

1. Zusammenfassung

1.1 Was gibt es Neues?

  • Bei Patienten mit hoher Vortestwahrscheinlichkeit (Schnarchen und fremdbeobachtete Atmungsstörungen und Tagesschläfrigkeit) kann die Polygraphie zum Einsatz kommen.

  • Bei kardiovaskulärer Erkrankung ohne typische SBAS Symptome können reduzierte System mit 1-3 Kanälen zum Einsatz kommen.

  • In den vergangenen 20 Jahren wird ein Anstieg der Prävalenz von OSA um 14–55 % beobachtet.

  • Bei herzinsuffizienten Patienten treten schlafbezogene Atmungsstörungen häufig auf. Sie sind auch bei subjektiv nicht hypersomnischen Patienten mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität assoziiert.

  • Es besteht ein Zusammenhang zwischen OSA und malignen Erkrankungen.

  • Beim Telemonitoring sind die rechtlichen Grenzen zulässiger Beratungs- und Behandlungsmöglichkeiten nach § 7 Absatz 4 MBO-Ä zu beachten.

  • Die obstruktive Schlafapnoe der Mutter kann dem Neugeborenen schaden.

  • Die unbehandelte Schlafapnoe erhöht bei Patienten mit Demenz den kognitiven Abbau.

  • Patienten mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu einer SBAS und einem hohen Unfallrisiko sollen möglichst schnell eine Diagnostik und falls erforderlich schnell eine Therapieeinleitung erhalten.

Hinweis auf aktuelle Algorithmen (s. Anhang C)

  • Algorithmus zum Vorgehen bei Patienten mit Verdacht auf Obstruktion der oberen Atemwege

  • Algorithmus zum Vorgehen bei Patienten mit Verdacht auf zentrale Schlafapnoe

  • Algorithmus zum Vorgehen bei Patienten mit Herzkreislauferkrankungen und schlafbezogenen Atmungsstörungen

  • Algorithmus zur Behandlung von Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe

1.2 Neue Empfehlungen gegenüber der Leitlinie „Nicht erholsamer Schlaf“, Kapitel „Schlafbezogene Atmungsstörungen“ von 2009

  1. 1.

    Diagnostik

    1. a.

      Der Fragebogen STOP-BANG wurde in das diagnostische Spektrum aufgenommen.

  2. 2.

    Klinische Untersuchung

    1. a.

      Untersuchung von Mundhöhle, Zahnstatus, ggf. zur Beurteilung der Gesichtsschädelmorphologie eine Fernröntgenuntersuchung.

  3. 3.

    Polygraphie

    1. a.

      soll nur bei hoher Prätestwahrscheinlichkeit für den diagnostischen Nachweis und für die Bestimmung der Schweregrade schlafbezogener Atmungsstörungen eingesetzt werden (A).

1.2.1 Perioperatives Management

  1. a.

    Fragen zur OSA sollten Bestandteil einer präoperativen Anamnese sein (B).

  2. b.

    Bei Verdacht auf das Vorliegen einer bisher nicht bekannten OSA sollte eine schlafmedizinische Abklärung erfolgen, wobei zwischen der Dringlichkeit des operativen Eingriffs und der Notwendigkeit bzw. Art einer schlafmedizinischen Abklärung im Einzelfall abgewogen werden muss (B).

  3. c.

    Bei Vorliegen einer behandlungsbedürftigen OSA sollte eine bereits eingeleitete CPAP-Therapie in der perioperativen Phase fortgeführt bzw. eine Einleitung erwogen werden, sofern die Dringlichkeit des operativen Eingriffs dies zulässt (B).

  4. d.

    Die Auswahl des Anästhesieverfahrens sowie die Art und Dauer einer eventuell notwendigen postoperativen Überwachung sollten sich nach der Art und Schwere des Eingriffs und des perioperativen Schmerzmittelbedarfs, der Schwere der (vermuteten) Atmungsstörung und der individuellen Risikokonstellation des Patienten inklusive der OSA-assoziierten Begleiterkrankungen richten (B).

1.2.2 Obstruktive Schlafapnoe

  1. 1.

    Therapie:

    1. a.

      Zur Ersteinstellung sollte eine strukturierte Patientenschulung stattfinden (B).

    2. b.

      Die Versorgung mit dem Therapiegerät sollte im unmittelbaren zeitlichen Anschluss an die Einstellung der Atmungstherapie erfolgen (B).

    3. c.

      Dem Einsatz von Bilevel-Verfahren sollte, wenn klinisch möglich, immer ein CPAP- oder APAP-Therapieversuch vorausgehen (B).

    4. d.

      APAP und CPAP können zur Einstellung und Langzeittherapie von OSAS gleichwertig zum Einsatz kommen (A).

    5. e.

      APAP sollte nicht eingesetzt werden bei zentralen Atmungsstörungen und nächtlichen Hypoventilationen (B).

    6. f.

      Für Patienten, die mit CPAP nicht einstellbar sind, sollen andere Atmungsunterstützungstherapien oder andere geeignete Therapieverfahren zur Anwendung gebracht werden (A).

    7. g.

      Eine erste Kontrolle sollte innerhalb der ersten sechs Wochen klinisch und ggf. unter Zuhilfenahme zumindest einer 6‑Kanal-Polygraphie erfolgen. Weitere regelmäßige Kontrollen sollten mindestens einmal im Jahr stattfinden (B).

    8. h.

      Maßnahmen zur Reduktion des Körpergewichts sollen allen Patienten mit Übergewicht als begleitende Therapiemaßnahme empfohlen werden (A).

    9. i.

      Unterkieferprotrusionsschienen (UPS) können bei leicht- bis mittelgradiger obstruktiver Schlafapnoe (AHI ≤ 30/h) alternativ zu Überdrucktherapieverfahren eingesetzt werden. Dies gilt insbesondere bei Patienten mit einem Body-Mass-Index unter 30 kg/m2 und lageabhängiger Schlafapnoe (A).

    10. j.

      Die Anpassung von UPS soll mit zahnmedizinischer und schlafmedizinischer Expertise erfolgen (A).

    11. k.

      Der Effekt der Therapie mit UPS soll regelmäßig, z. B. halbjährlich, durch schlafmedizinisch qualifizierte Ärzte überprüft werden (A).

    12. l.

      Nicht-elektrische Verfahren und myofunktionale Übungen können im Einzelfall erwogen werden (B).

    13. m.

      Bei Tonsillenhyperplasie und oropharyngealer Obstruktion soll eine Tonsillektomie durchgeführt werden, insbesondere dann, wenn eine andere Therapie (CPAP, MAD) nicht möglich ist bzw. diese nicht ausreichend toleriert wird (A).

    14. n.

      Neurostimulationsverfahren des N. hypoglossus können bei fehlenden anatomischen Auffälligkeiten und mittel- bis schwergradiger OSA eingesetzt werden, wenn die Positivdrucktherapie unter oben genannten Bedingungen nicht angewendet werden kann. Sie sollte nur bei Patienten mit CPAP-Unverträglichkeit bzw. -ineffektivität mit einem AHI 15–50/h und einer Adipositas Schweregrad ≤ I zum Einsatz kommen, wenn keine konzentrische Obstruktion in der Schlafendoskopie dokumentiert wurde (B).

    15. o.

      Bei entsprechendem anatomischen Befund mit kleinem Unterkiefer und engem Gesichtsschädelaufbau (Zungengrund-Rachenhintergrund-Abstand, posterior airway space PAS < 10 mm im Fernröntgenbild FRS) soll eine Vorverlagerung des Ober- und/oder Unterkiefers (bimaxilläres Advancement) erwogen werden, insbesondere dann, wenn eine andere Therapie (CPAP, UPS) nicht möglich ist bzw. diese nicht ausreichend toleriert wird (A).

1.2.3 Zentrale Schlafapnoe

  1. 1.

    Diagnostik

    1. a.

      Bei Nachweis einer ZSA sollen mögliche internistische, pharmakologische und neurologische Ursachen abgeklärt werden (A).

  2. 2.

    Therapie

    1. a.

      Zur Behandlung einer ZSA bei herzinsuffizienten Patienten mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion (HFrEF) soll eine leitliniengerechte Behandlung der Herzinsuffizienz erfolgen (A).

    2. b.

      Bei Patienten mit symptomatischer mittel- bis schwergradiger ZSA und HFrEF (LVEF ≤ 45 %) sollten Therapieverfahren, zu denen es keine randomisierten Langzeitstudien gibt, z. B. die unilaterale Stimulation des N. phrenicus und O2, nur im Rahmen von prospektiven Studien angewendet werden (B).

    3. c.

      Bei einer opiatinduzierten Schlafapnoe sollte eine Dosisreduktion der Opiate erwogen werden (B).

    4. d.

      Positivdruckverfahren sollen bei opiatinduzierter Schlafapnoe individuell eingesetzt und ihre Effizienz polysomnographisch überprüft werden (A).

    5. e.

      Die Therapieeinleitung und -kontrolle soll zusätzlich zur PSG eine Kapnographie beinhalten (A).

1.2.4 Schlafbezogene Hypoventilation/Hypoxämie

  1. 1.

    Diagnostik

    1. a.

      Die Diagnostik einer schlafbezogenen Hypoventilation soll bei klinischem Verdacht oder prädisponierenden Grunderkrankungen mittels arterieller oder kapillärer Blutgasanalyse in der Nacht oder mittels nächtlicher transkutaner oder endtidaler CO2-Messung erfolgen. Für die Diagnose eines Obesitas-Hypoventilationssyndroms ist eine arterielle Blutgasanalyse am Tag erforderlich. Zur Diagnostik einer schlafbezogenen Hypoxämie soll eine nächtliche Oxymetrie in Verbindung mit einer Messung des CO2 in der Nacht durchgeführt werden (A).

    2. b.

      Bei Patienten mit einem Body-Mass-Index > 30 kg/m2 und Symptomen schlafbezogener Atmungsstörungen soll zum Ausschluss einer gleichzeitig vorliegenden Hypoventilationen im Schlaf durch die Bestimmung des venösen Bikarbonats im Wachzustand, des arteriellen oder kapillären pCO2 oder des transkutanen/endtidalen CO2 gesucht werden (A).

    3. c.

      Bei neuromuskulären oder Brustwand-Erkrankungen soll im Hinblick auf die Einleitung einer Beatmungstherapie bei einer Vitalkapazität < 50 % eine Hypoventilation im Schlaf ausgeschlossen werden (A).

  2. 2.

    Therapie

    1. a.

      Persistiert unter CPAP die nächtliche Hypoventilation, sollte eine nicht-invasive druckunterstützte Beatmung (ohne oder mit Zielvolumen) eingeleitet werden (B).

    2. b.

      Bei OHS sollten nach Ausschöpfung von Maßnahmen der Gewichtsreduktion bariatrische Operationen erwogen werden (B).

2. Einleitung

Schlafbezogene Atmungsstörungen (SBAS) treten ausschließlich oder überwiegend im Schlaf auf. Sie wirken störend auf den Schlaf zurück und beeinträchtigen damit seine Erholungsfunktion. Charakteristische Muster der gestörten Atmung sind Apnoen und Hypopnoen mit oder ohne pharyngealer Obstruktion und Hypoventilation. Je nach Art der vorliegenden Atmungsstörungen gehen sie mit Hypoxämie einher bzw. verursachen Hyperkapnie und Azidose.

Die ICSD‑3 [9, 10] unterscheidet 5 diagnostische Kategorien, deren Bezeichnungen sich an den Mustern der im Schlaf gestörten Atmung bzw. dem zugrunde liegenden Pathomechanismus orientieren (vgl. Tab. B.1). Innerhalb dieser 5 Kategorien werden in der ICSD‑3 insgesamt 18 Krankheitsbilder beschrieben.

Die Pathogenese der schlafbezogenen Atmungsstörungen beruht auf zentralnervösen und/oder neuromuskulären Prozessen, die im Schlaf zu einer Änderung der zentralen Atmungsregulation und/oder des Tonus der Muskulatur der oberen Atemwege führen. Zusätzlich zum kategoriespezifischen Muster der gestörten Atmung sind die einzelnen schlafbezogenen Atmungsstörungen durch weitere Krankheitsmerkmale gekennzeichnet, die sich auf prädisponierende bzw. auslösende Faktoren, auf zusammen mit den pathologischen Atmungsereignissen auftretende Veränderungen und auf Folgeschäden beziehen. Es kann sich dabei um so unterschiedliche Aspekte handeln wie insomnische Beschwerden, Tagesschläfrigkeit oder die langfristigen metabolischen, endokrinen, neurologischen, psychiatrischen, kardiovaskulären oder pulmonalen Konsequenzen. Aus der Kombination der jeweils auslösenden Faktoren, den Veränderungen im Nachtschlaf sowie den kurz- und langfristigen Folgeerscheinungen ergeben sich die für die jeweilige Diagnose typischen Symptome und Befunde. Sie können vom nicht erholsamen Schlaf und von der Tagesschläfrigkeit mit vermehrter Unfallneigung bis zu Cor pulmonale, Herzrhythmusstörungen, arterieller Hypertonie, Atherosklerose, Herzinfarkt, Herzinsuffizienz und Schlaganfall reichen. Das erklärt, warum bei manchen Patienten nicht der gestörte bzw. als gestört erlebte Nachtschlaf, sondern die Folgeerkrankungen und ihre Symptome eine Verdachtsdiagnose auf schlafbezogene Atmungsstörungen begründen. Der Schweregrad und die Art der SBAS sind für die Diagnosestellung und für die Therapieentscheidung von Bedeutung. Hier sind klinische Beschwerden und komorbide Erkrankungen ebenso zu berücksichtigen.

Die rechtzeitige Erkennung und Behandlung von beispielsweise obstruktiven SBAS senkt das Unfallrisiko, bessert die Lebensqualität und senkt vermutlich die Morbidität und Mortalität der Betroffenen. Man geht heute davon aus, dass beispielsweise die unbehandelte obstruktive Schlafapnoe zu einer Kostensteigerung im Gesundheitswesen führt. Dagegen stellt die effektive Therapie der obstruktiven Schlafapnoe unter gesundheitsökonomischen Gesichtspunkten eine kosteneffiziente Maßnahme dar [29, 143, 274, 440, 467].

3. Diagnostik

3.1 Allgemein

Die Diagnostik von schlafbezogenen Atmungsstörungen erfolgt um eine effiziente, bedarfsgerechte, wirtschaftliche und nebenwirkungsarme Therapie einzuleiten. Die diagnostischen Instrumente orientieren sich an der Pathophysiologie, den Folgen und den Begleiterkrankungen von schlafbezogenen Atmungsstörungen. Sie dienen der Erfassung von Schweregrad, begleitenden Störungen und sollen die Ausprägung der Folgen abschätzen. Sie umfassen Anamnese, Fragebögen zur Selbstbeurteilung, ambulante und stationäre Mehrkanal-Geräte, Videoaufzeichnung, klinische Labordiagnostik und nicht-apparative und apparative Leistungsdiagnostik. Sie dienen alle oder in Kombination zur Diagnosefindung und zur Therapiekontrolle; ferner sind sie für eine sozialmedizinische Beurteilung und Begutachtung erforderlich.

Die Diagnoseverfahren werden je nach Fall kombiniert, gleichzeitig oder nacheinander, ergänzend oder ausschließend mit unterschiedlichem zeitlichen, personellen, organisatorischen oder materiellen Aufwand eingesetzt. Einen Leitfaden zur Auswahl von bestimmten Instrumenten stellt der Algorithmus „Schlafbezogene Atmungsstörungen“ mit seinen Entscheidungspfaden dar. Der Algorithmus orientiert sich an dem Algorithmus der DGSM S3-Leitline „Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen“ [286]. Der Sachstand der DGSM-Leitlinie wurde 2014 durch ein Positionspapier der beteiligten Fachgesellschaften DGP, DGSM und der Berufsverbände ergänzt [122, 378, 379]. Weiterhin wurde die DGSM-Leitlinie durch ein Positionspapier der DGK vor allem hinsichtlich der Bedeutung bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen ergänzt [330].

Evaluationen und Untersuchungen zur Evidenz von Fragebögen, Sensitivität und Spezifität sowie quantitative Angaben für die Erhöhung der Testzuverlässigkeit (Prä- und Posttest-Wahrscheinlichkeit) gibt es für einige apparative Verfahren. Einige Verfahren werden nach allgemeinem, derzeitig anerkanntem Wissens- und Erkenntnisstand verwendet (z. B. Anamnese-Fragen). Einige wurden für spezielle Patientengruppen validiert (z. B. Epworth Sleepiness Scale, Berlin Questionnaire, MSLT/MWT, STOP, STOP-BANG).

Gemäß der 2014 erschienen ICSD-3 werden fünf Hauptgruppen von schlafbezogenen Atmungsstörungen unterschieden (vgl. Tab. B.1).

Eine Übersicht über schlafmedizinische Diagnoseverfahren und ihre Anwendung ist in Tab. B.2 dargestellt (vgl. Anhang B).

3.2 Nicht-apparative Diagnostik

3.2.1 Fragebögen und Leistungs- und Vigilanztests

Schlafmedizinische Beschwerden werden in erster Linie über die Anamnese, aber auch über Fragebögen zur Selbstbeurteilung oder mittels Interview bei schlafbezogenen Atmungsstörungen ermittelt. Eine Übersicht über gängige Verfahren gibt Tab. B.3.

Das am häufigsten verwendete Instrument zur Schläfrigkeit ist die Epworth Schläfrigkeitsskala (ESS) [220]. Sie kommt immer dann zum Einsatz, wenn Informationen zur Einschränkung der Aufmerksamkeit und Konzentration am Tage über einen längeren Zeitraum erforderlich sind.

In großen internationalen Studien wird der Pittsburgh Sleep Quality Index (PSQI) [79], der Berlin Questionnaire [313] und in den letzten Jahren auch der STOP-BANG Fragebogen [333] eingesetzt. Die diagnostische Wertigkeit dieser Fragebögen wird im Sinne einer Prädiktion im Vergleich untereinander und im Vergleich zur Polysomnographie untersucht ([133, 413]; vgl. Tab. B.4).

Als stark vereinfachte Untersuchung wird für eine Prädiktion der schlafbezogenen obstruktiven Atmungsstörungen Hals- und Hüftumfang erfasst. Weitere anthropometrische Verfahren wie Cephalometrie, digitale Fotoauswertung oder Pharyngometrie befinden sich in der Erprobung. Kein Verfahren hat bisher ausreichende Evidenz für eine Diagnostik erzielt. Unter bestimmten Voraussetzungen lässt sich die Wahrscheinlichkeit auf das Vorliegen von schlafbezogenen Atmungsstörungen erhöhen. Hierzu gehört das männliche Geschlecht und das „Hüfte-Größe“ Verhältnis [36].

In einer Metaanalyse, die 10 Studien (n = 1484 Patienten) umfasste, besaßen sog. „STOP“-Studien (snoring, tiredness, observed apneas and high blood pressure) in Verbindung mit dem BMI, Alter, Halsumfang (sog. BANG Fragebögen) die höchste methodische Qualität für das Screening bei OSAS [1].

Quantitative Aufmerksamkeits- und Vigilanztests zur Objektivierung der Tagesschläfrigkeit und zur Objektivierung der Reaktionszeit sind der Psychomotor Vigilanztest (PVT), der Osler Test, der Divided Attention Steering Test (DASS) und andere Verfahren [470]. Zum PVT liegen viele Untersuchungen vor [40]. Zu den anderen Verfahren wenige. Der Einsatz dieser Verfahren ist unter bestimmten Voraussetzungen zur Erfassung der Schläfrigkeit möglich, jedoch in der diagnostischen Wertigkeit noch nicht ausreichend belegt.

Die klinische Leitlinie der Task Force der American Academy of Sleep Medicine (AASM) fasst die Evaluation, das Management und die Langzeitbetreuung von erwachsenen OSAS-Patienten wie folgt zusammen:

Fragen zum OSAS sowie zu kardiovaskulären Begleiterkrankungen (z. B. arterielle Hypertonie, Herzrhythmusstörungen etc.) sollten Bestandteil einer jeden klinischen Anamnese sein. Bei Verdacht auf das Vorliegen eines OSAS sollte eine umfassende schlafmedizinische Evaluation erfolgen. Die diagnostische Strategie umfasst eine detaillierte schlafmedizinische Anamnese und klinische Untersuchung sowie objektive Testung (Polysomnographie, Polygraphie) und Aufklärung des Patienten. Therapeutische Maßnahmen und Alternativen sollten mit dem Patienten abgestimmt werden. Das OSAS sollte als eine chronische Erkrankung aufgefasst werden. Dies erfordert ein multidisziplinäres Langzeit-Management [131].

3.2.2 Klinische Untersuchung

Die klinische Untersuchung sollte darauf abzielen, anatomische Veränderungen an den oberen Atemwegen oder im Bereich des Gesichtsschädels zu identifizieren, die für die Entstehung der OSA (mit) verantwortlich gemacht werden können. Diese klinische Untersuchung sollte die Nase, die Mundhöhle und den Rachen sowie die skelettale Morphologie des Gesichtsschädels beinhalten. Die klinische Untersuchung sollte dann erweitert werden, wenn in diesen Regionen Beschwerden angegeben oder relevante Pathologien vermutet werden. Hierzu kann die Hinzuziehung entsprechend qualifizierter Fachkollegen (HNO, MKG, Kieferorthopädie, spezialisierte Zahnärzte) notwendig werden.

Empfehlungen

  • Zur Beurteilung der strömungsrelevanten nasalen Strukturen sollte eine klinische Untersuchung der Nase erfolgen, diese kann auch eine endoskopische Beurteilung beinhalten (C).

  • Die Untersuchung der Mundhöhle und des Rachens ist von großer Bedeutung und soll durchgeführt werden (B).

  • Wird die Therapie mit einer progenierenden Schiene erwogen, soll eine Einschätzung der möglichen Unterkieferprotrusion erfolgen sowie ein Zahnstatus erhoben werden, welche durch eine Panoramaschichtaufnahme (PSA, OPG) ergänzt werden kann (B).

  • Bei der diagnostischen Abklärung der OSA soll eine orientierende Beurteilung der skelettalen Morphologie des Gesichtsschädels erfolgen (B). Dies kann das Erstellen einer seitlichen Fernröntgen-Aufnahme (FRS) beinhalten, um u. a. den Zungengrund-Rachenhinterwand-Abstand (Posterior Airway Space PAS) zu beurteilen.

3.2.3 Apparative Diagnostik

Die Notwendigkeit einer apparativen Diagnostik der obstruktiven Schlafapnoe kann durch die Prätestwahrscheinlichkeit festgelegt werden. Die Prätestwahrscheinlichkeit erhöht sich, wenn mehrere Symptome gleichzeitig auftreten oder bestimmte Komorbiditäten bestehen. Darunter versteht man eine erhöhte oder hohe Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Schlafapnoe vor der Durchführung eines Tests, basierend auf dem Vorliegen charakteristischer Beschwerden und Symptome, die zum Teil durch den Betroffenen selbst und zum Teil durch Bettpartner berichtet werden. Dazu zählen:

  • vermehrte Tagesschläfrigkeit,

  • Adipositas,

  • Hypertonie, Herz-Rhythmus-Störungen,

  • Beobachtung nächtlicher Atempausen durch den Bettpartner,

  • lautes, unregelmäßiges Schnarchen,

  • Libido- und Potenzstörungen,

  • unruhiger Schlaf,

  • morgendliche Abgeschlagenheit, diffuse, dumpfe Kopfschmerzen, Mundtrockenheit,

  • unspezifische psychische Symptome wie Abgeschlagenheit, Leistungsknick, Wesensänderung, intellektueller Leistungsverfall.

Eine quantitative Evaluation der Prätestwahrscheinlichkeit im Sinne einer Standardisierung ist bisher nicht erfolgt. Infolgedessen gibt es noch keine quantitativ begründete Gradeinteilung. Validierte Fragebögen z. B. STOP, STOP-BANG, Epworth Sleepiness Scale werden eingesetzt um die Prätestwahrscheinlichkeit festzulegen [413].

3.2.4 Polysomnographie

Das Grundinstrument und die Referenz der schlafmedizinischen Diagnostik im Schlaflabor ist die überwachte kardiorespiratorische Polysomnographie, nach heute gängiger Übereinkunft kurz als Polysomnographie (PSG) bezeichnet. Dabei werden die physiologischen Signale aufgezeichnet, die zu einer quantitativen Bewertung des Schlafes, der Schlafstörungen und der mit dem Schlaf assoziierten Erkrankungen gemäß ICSD-3 erforderlich sind (vgl. Tab. B.5).

Die Evidenzbewertung der Polysomnographie (AASM-Manual) findet sich in ausführlichen Übersichtsarbeiten (Tab. B.6). Die Schlafstadien-Einteilung entspricht weitgehend der älteren Klassifikation von Rechtschaffen und Kales [382], [412]. Mehrdeutigkeiten werden reduziert und die Reliabilität wird erhöht [115]. Ein Kapitel zu zentralnervösen Aktivierungen (Arousal) übernimmt die Definitionen eines früheren Empfehlungspapiers [60]. Weitere Kapitel legen die Aufzeichnung und die Auswertung von Parametern des EKG [87] und von Beinbewegungen fest. Die motorischen Muster, wie periodische Beinbewegungen, Bruxismus und REM-Schlaf-Verhaltensstörungen, werden genau definiert [460]. Im Bereich der nächtlichen Atmungsstörungen werden Definitionen für Apnoen und Hypopnoen verschiedener Art gegeben. Referenzmethode zur Erfassung der obstruktiven Atmungstätigkeit ist die ösophageale Druckmessung. Die Induktionsplethysmographie wird als nicht-invasive Methode mit vergleichbaren Ergebnissen anerkannt [384]. Um Hypoventilationen im Schlaf zu erkennen, muss die CO2-Konzentration kontinuierlich bestimmt werden. Das gebräuchlichste Verfahren hierfür ist die transkutane Bestimmung des CO2-Partialdrucks (tcPaCO2) [384]. Zur Polysomnographie gehören auch die Aufzeichnung der Körperposition und eine genau synchronisierte Videoaufzeichnung des Schlafenden [198]. Das AASM-Manual wurde 2012 (Version 2.0) und 2014 (Version 2.1), 2015 (Version 2.2), 2016 (2.3) nochmals in geringem Umfang aktualisiert, um neue Erkenntnisse mit zu berücksichtigen [48, 49, 50, 51].

Mit der überwachten Polysomnographie können Schlafstörungen mit Veränderungen in den physiologischen Parametern untersucht und quantitativ mit einem Schweregrad angegeben werden. Die Polysomnographie stellt mit der aktuellen computergestützten Technik einen überschaubaren apparativen Aufwand dar. Sie erfordert spezifisch schlafmedizinisch ausgebildetes Personal für die Durchführung der Messung und die Auswertung der Biosignale. Schlafmedizinische Ausbildungen und Qualifikationen sind für medizinisch technisches Personal, für Psychologen und Naturwissenschaftler sowie für Ärzte auf der Ebene einer Zusatzweiterbildung etabliert. Für Ärzte umfasst die Ausbildung zum „schlafmedizinisch qualifizierten Facharzt“ eine geeignete Facharztausbildung mit der Möglichkeit des Erwerbs der Zusatzbezeichnung „Schlafmedizin“ oder eine im Umfang und Inhalt äquivalente Ausbildung hinsichtlich Diagnostik und Therapie schlafbezogener Atmungsstörungen nach BUB-Richtlinien. Nicht-Fachärzte und Naturwissenschaftler können den Qualifikationsnachweis Somnologe der DGSM erwerben.

Das AASM-Manual [48, 198] erlaubt die Einteilung in die Stadien Wach, REM, N1, N2, N3. Für die apparative und personelle Ausstattung eines Schlaflabors bestehen nationale und internationale Empfehlungen, deren Befolgung Voraussetzung für eine Akkreditierung der Schlaflabore durch die schlafmedizinischen Fachgesellschaften ist [348].

Tab. B.6 gibt einen Überblick über die evidenzbasierte Datenlage zur PSG. Die Validität und Reliabilität der visuellen Auswertung ist belegt und entspricht den aktuellen Anforderungen an die Güte einer visuellen Auswertung von Biosignalen [114, 115]. Im schlafmedizinischen Befundbericht muss dokumentiert werden, ob die Aufzeichnung und Auswertung der Polysomnographie nach den Kriterien von Rechtschaffen und Kales [382] oder nach den AASM-Kriterien [49, 198] erfolgte. Die AASM-Richtlinien werden ca. alle 2 Jahre novelliert, so zuletzt 2016 (Version 2.3).

3.2.5 Polygraphie für schlafbezogene Atmungsstörungen

Für die Diagnostik der schlafbezogenen Atmungsstörungen stehen vereinfachte portable Systeme zur Verfügung ([11, 97, 145]; vgl. Tab. B.7).

Die portablen Systeme zur Diagnostik werden nach der Anzahl der aufgezeichneten Kanäle in vier Kategorien eingeteilt. Sie sind zum größten Teil Systeme mit 4 bis 6 Kanälen ohne Messung des Schlaf-EEGs (Synonym: Polygraphie-Systeme).

Polygraphie-Systeme mit einer adäquaten Auswahl von Biosignalen, einer sehr guten Signalaufnahme und sehr guten Signalverarbeitung können die Anzahl der falsch positiven Diagnosen reduzieren [104, 105]. Eine Vorauswahl der Patienten mittels gezielter Anamnese kann die Prätestwahrscheinlichkeit erheblich erhöhen und ebenfalls die Anzahl falsch-positiver Diagnosen reduzieren.

Anhand der Polygraphie kann grundsätzlich zwischen OSA und ZSA unterschieden werden. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass die Methode diesbezüglich nicht validiert ist.

Die Polygraphie-Systeme zur Diagnostik der Schlafapnoe müssen den Atemfluss mit Thermistor oder Staudrucksensor, die Atmungsanstrengung mittels Induktionsplethysmographie, die Sauerstoffsättigung mit geeigneter Pulsoximetrie (Mittelwertbildung mit ausreichend hoher zeitlicher Auflösung), die Pulsfrequenz und die Körperlage erfassen [105]. Mit der Methode des SCOPER-Systems wird die Anzahl der Kanäle bedeutungslos und die Erfassung der Funktionen tritt in den Vordergrund (S = sleep, C = cardiovascular, O = oximetry, P = position, E = effort, R = respiratory; [105]). Für jede Funktion gibt es mehrere Güteklassen. Schlaf kann aus seiner Aktigraphie oder anderen Surrogatparametern abgeschätzt werden und muss abhängig von der Fragestellung nicht aus einem Schlaf-EEG abgeleitet werden. Das SCOPER-System wird heute zur Einteilung der Polygraphie-Systeme eingesetzt.

Die Auswertung der Polygraphie muss nach den aktuellen Regeln der Polysomnographie [49] erfolgen und eine visuelle Auswertung und Bearbeitung von Artefakten ermöglichen. Die Durchführung einer visuellen Auswertung muss in der Dokumentation kenntlich gemacht werden. Für die Abtastraten und weitere technische Spezifikationen der Polygraphie-Systeme werden die evidenzbasierten Empfehlungen der Polysomnographie herangezogen (vgl. Tab. B.5).

Der Einsatz von Polygraphie-Systemen zur Diagnostik schlafbezogener Atmungsstörungen soll von schlafmedizinisch ausgebildeten Fachärzten durchgeführt werden, die die Prätestwahrscheinlichkeit, die Symptomatik sowie die Komorbiditäten erfassen und bewerten können. In Deutschland ist die schlafmedizinische Ausbildung nach BUB-Richtline [388] Voraussetzung für die Abrechnung der Polygraphie nach EBM. Polygraphie-Systeme können zur Diagnose der obstruktiven Schlafapnoe eingesetzt werden, jedoch nicht bei komorbiden pulmonalen, psychiatrischen sowie neurologischen und neuromuskulären Erkrankungen, nicht beim gleichzeitigen Vorliegen anderer Schlafstörungen wie der zentralen Schlafapnoe, bei PLMD (periodic limb movement disorder), Insomnie, zirkadianen Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen und Narkolepsie [122, 378, 379]. Die Polygraphie-Systeme erlauben zwischen zentralen und obstruktiven Apnoen zu unterscheiden. Bei Überwiegen von Hypopnoen erlauben Polygraphie-Systeme nicht immer eine definitive Differenzierung von zentraler und obstruktiver Schlafapnoe und sind dahingehend auch nicht validiert. Aufgrund der fehlenden EEG-Kanäle sind Polygraphie-Systeme der Polysomnographie dahingehend unterlegen, dass der Schweregrad einer schlafbezogenen Atmungsstörung weniger genau eingeschätzt werden kann, eine schlafbezogene Atmungsstörung nicht sicher ausgeschlossen werden kann und mögliche Differentialdiagnosen der schlafbezogenen Atmungsstörung nicht diagnostiziert werden können. Physiologische Unregelmäßigkeiten des Atemrhythmus beim Schlaf-Wach-Übergang (sog. „Einschlafapnoen“) können ohne EEG-Analyse fälschlich als Schlafapnoe klassifiziert werden und zu falsch-positiven Ergebnissen führen.

3.2.6 Monitoring für schlafbezogene Atmungsstörungen mit reduzierten Systemen

Systeme, die nur 1 bis 3 Kanäle aufzeichnen (Pulsoximetrie, Langzeit-EKG, Aktigraphie, oronasale Atemflussmessung), ergeben bis zu 17 % falsch-negative und bis zu 31 % falsch-positive Befunde [392], weshalb ihr Einsatz zur definitiven Diagnosestellung oder zum Ausschluss von schlafbezogenen Atmungsstörungen nicht empfohlen wird (vgl. Tab. B.7).

Neuere ausgewählte Systeme mit nur 1–3 Kanälen erfüllen die SCOPER-Kriterien und zeigen in Metaanalysen eine diagnostische Sensitivität und Spezifität, die einer 4–6 Kanal Polygraphie entspricht [489]. Einige Systeme erhöhen die Prätestwahrscheinleichigkeit von schlafbezogenen Atmungsstörungen [330, 486].

Empfehlungen

  • Nach Erhebung der oben genannten Prätestwahrscheinlichkeit kann die apparative Diagnostik in den 3 Kategorien Vordiagnostik, Bestätigungsdiagnostik oder Differentialdiagnostik durchgeführt werden (C).

Polysomnographie

  • Die Polysomnographie im Schlaflabor mit Überwachung durch schlafmedizinisch qualifiziertes Personal wird als Grundinstrument und Referenzmethode empfohlen (A).

  • Die Polysomnographie soll entsprechend den aktuellen Empfehlungen durchgeführt werden. Dies beinhaltet die Aufzeichnungen von Schlaf-EEG, EOG, EMG, EKG, des Atemflusses, Schnarchen, der Atmungsanstrengung, der Sauerstoffsättigung, der Körperlage und des Videos (A).

  • Die Videometrie soll für die Diagnostik der Parasomnien und Bewegungsstörungen im Schlaf und der differentialdiagnostischen Abgrenzung zu einigen Epilepsieformen durchgeführt werden (A).

Polygraphie für schlafbezogene Atmungsstörungen

  • Polygraphie-Systeme mit einer reduzierten Anzahl von Kanälen können eingesetzt werden, sofern sie mindestens eine Aufzeichnung von Sauerstoffsättigung, Atemfluss, Atmungsanstrengung, Herz- oder Pulsfrequenz und Körperlage umfassen (A). Sie sollen nur bei hoher Prätestwahrscheinlichkeit für den diagnostischen Nachweis und für die Bestimmung der Schweregrade schlafbezogener Atmungsstörungen eingesetzt werden (A).

  • Der Einsatz von Polygraphie-Systemen zur Diagnostik schlafbezogener Atmungsstörungen soll von schlafmedizinisch ausgebildeten Fachärzten durchgeführt werden, die die Prätestwahrscheinlichkeit, die Symptomatik sowie die Komorbiditäten erfassen und bewerten können (A).

  • Die Polygraphie soll in der Regel für die Diagnostik der SBAS bei Patienten mit für diese Fragestellung relevanten komorbiden Störungen nicht als Ersatz für die PSG angewendet werden (A). Die Auswertung der aufgezeichneten Signale muss durch geschultes Personal visuell erfolgen. Die alleinige Auswertung durch so genanntes automatisches Scoring ist derzeit nicht zu empfehlen (A).

  • Für eine Ausschlussdiagnostik schlafbezogener Atmungsstörungen wird die kardiorespiratorische Polysomnographie empfohlen; die Polygraphie ist nicht ausreichend (A).

  • Zur Abklärung einer ventilatorischen Insuffizienz sind PG und PSG nicht ausreichend (A).

Reduziertes Monitoring für schlafbezogene Atmungsstörungen

  • Polygraphen mit weniger als den o. g. Kriterien können Hinweise auf das Vorliegen schlafbezogener Atmungsstörungen geben und die Prätestwahrscheinlichkeit erhöhen. Sie sind als alleinige Maßnahme für die Diagnostik von schlafbezogenen Atmungsstörungen nicht zu empfehlen (A).

  • Bei niedriger Prätestwahrscheinlichkeit oder bei anamnestischem Verdacht auf andere schlafmedizinische Erkrankungen als OSA ist die Polysomnographie zur Differentialdiagnostik indiziert (A).

    Zur Differentialdiagnostik der Ursachen der obstruktiven Schlafapnoe soll den einzelnen Patienten eine zahnärztliche und fachradiologische Untersuchung durch schlafmedizinisch ausgebildete Zahnärzte, Kieferorthopäden oder Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen einschließlich Fernröntgenaufnahme zur Untersuchung der Möglichkeit der Therapie mit Unterkieferprotrusionsschienen oder Umstellungsosteotomie der Kiefer angeboten werden.

  • Zum Erkennen von skelettalen Anomalien kann ein Fernröntgenbild FRS empfohlen werden. Der Zungengrund-Rachenhinterwand-Abstand (posterior airway space PAS) sollte dabei in der Verlängerung des Unterkieferunterrandes geschätzt werden. Bei kleinen Werten von unter 10 mm kann der Verdacht auf eine Verengung des Atemweges vermutet werden. Eine weitere Bestätigung kann durch eine dreidimensionale Bildgebung des oberen Atemweges oder durch eine transnasale Videoendoskopie versucht werden. Eine Voraussetzung für die Anfertigung eine Unterkieferprotrusionsschiene (UPS) ist die ausreichende Bezahnung mit je mindestens 8 belastbaren Zähnen in Ober- und Unterkiefer oder eine äquivalente Implantatversorgung. Hierfür sollten eine Panoramaschichtaufnahme und deren Befundung durch einen schlafmedizinisch versierten Zahnarzt erfolgen (B).

  • Bei Vorliegen von kardiovaskulären Risikoerkrankungen (arterielle Hypertonie, Herzinsuffizienz, Vorhofflimmern, zerebrovaskuläre Erkrankungen) ohne Vorhandensein aller typischen Symptome ist eine Ein- oder Zweikanal Registrierung möglich. Ergibt sich aus dieser Registrierung ein Verdacht auf OSA, ist eine weiterführende Diagnostik mit Polygraphie oder Polysomnographie indiziert (C).

  • Verlaufs- und Therapiekontrollen können polygraphisch erfolgen. Bei Patienten mit fraglichem Therapieerfolg, bei Patienten mit hohem Herzkreislaufrisiko und bei Patienten mit anderen den Schlaf beeinträchtigenden Erkrankungen können PSG-Kontrollen erforderlich sein (C).

4. Grundlagen der Indikationsstellung zur Therapie schlafbezogener Atmungsstörungen

Schlafbezogene Atmungsstörungen (SBAS) sind häufig, und es existieren eine Vielzahl wirksamer therapeutischer Maßnahmen zur ihrer Behandlung. Diese werden an anderen Stellen dieser Leitlinie ausführlich dargestellt und diskutiert. In den entsprechenden Kapiteln werden insbesondere die Ergebnisse von Studien zur Diagnostik und Therapie kritisch evaluiert und systematisch bewertet. Diese evidenzbasierten Empfehlungen bilden das Grundgerüst ärztlicher Entscheidungen in der Betreuung von Patienten mit SBAS. Die „ärztliche Kunst“ in der Betreuung von konkreten Einzelpatienten ist aber nicht nur „eindeutige Anwendung eindeutigen Wissens am eindeutigen Material zu eindeutigem Zweck“ [223], sondern geht weit über die genaue Kenntnis und korrekte Anwendung solcher evidenzbasierten Empfehlungen hinaus. Daher soll nun im Folgenden die individuelle Indikationsstellung zur Therapie schlafbezogener Atmungsstörungen prinzipiell erörtert werden.

Die Indikationsstellung zur Therapie (aber auch zur Nicht-Therapie!) einer SBAS betrifft immer einen Patienten in seiner individuellen körperlichen, geistigen und sozialen Situation. Sie ist damit nicht nur abhängig von der Art und Ausprägung der jeweiligen SBAS und dem daraus resultierenden Komplikationsrisiko, sondern von der Symptomatik des jeweiligen Patienten und dem daraus resultierenden „Leidensdruck“, den Leistungsanforderungen und dem Therapiewillen des konkreten Patienten. Die Indikation zur Therapie kann im Einzelfall sehr einfach sein, wenn z. B. durch Einschlafneigung am Tage ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom einen hohen Leidensdruck verursacht. In diesem Fall „greifen“ die evidenzbasierten Empfehlungen dieser Leitlinie unmittelbar und erlauben eine relativ einfache Entscheidung über die „richtige“ Therapieempfehlung. Die Indikationsstellung ist erschwert, wenn die individuelle Prognose durch Komorbiditäten kompliziert wird. So kann es sein, dass bei multimorbiden und/oder hochbetagten Patienten neben der schlafbezogenen Atmungsstörung eine Vielzahl von weiteren Symptomen und Leistungseinschränkungen bestehen, sodass ggf. selbst eine erfolgreiche Therapie einer durch die SBAS ausgelöste Hypersomnie nicht zu einem spürbaren Vorteil für den Patienten führen würde. Eine Indikationsstellung allein auf der Basis noch so sorgfältiger apparativer Diagnostik ist hier nicht möglich.

Deutlich schwieriger ist die Indikationsstellung im Einzelfall bei oligo- oder asymptomatischen Patienten, bei denen die Therapie einer schlafbezogenen Atmungsstörung nicht zu einer kurz- oder mittelfristigen Linderung von Beschwerden führt. Auch bei diesen Patienten kann die Indikation zur Therapie bestehen, wenn sie eine Prävention kardiovaskulärer oder metabolischer Komplikationen bewirken soll. In einer solchen Situation müssen vor allem die möglichen unmittelbaren Nebenwirkungen einer Therapie der SBAS und die mit jeder Therapie einhergehende „Belastung“ des Patienten sorgfältig gegen den später zu erwartenden Nutzen abgewogen werden (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Individuelle Indikationsstellung zur Polysomnographie. Beim Management der Indikationsstellung sind verschiedene Aspekte wie Prätestwahrscheinlichkeit, Komorbiditäten, der mögliche prognostische Nutzen sowie das Risiko zu Nebenwirkungen bezüglich des Vorgehens mit zu berücksichtigen [187]

Meist ist der mögliche prognostische Nutzen einer Therapie einer SBAS bei Patienten mit ausgeprägter kardiovaskulärer Komorbidität deutlich höher, als bei Patienten mit wenigen oder fehlenden kardiovaskulären Risikofaktoren. Ausnahmen hierfür sind oftmals hochbetagte Patienten oder schwerstkranke Patienten mit kurzfristig schlechter Prognose, bei denen der prinzipiell mögliche prognostische Nutzen einer Therapie einer SBAS im konkreten Einzelfall nicht mehr wirksam werden kann.

Die individuelle Präferenz des Patienten spielt insbesondere dann eine Rolle, wenn es darum geht, mögliche Nebenwirkungen der Therapie sowie das subjektive Empfinden der „Belästigung“ durch die Therapie zu berücksichtigen, denn das subjektive Empfinden der „Belästigung“ durch eine Therapie kann interindividuell sehr verschieden sein. Schlafmedizinische Komorbiditäten können eine ggf. wichtige Rolle spielen, wenn z. B. ein insomnischer Patient mit nCPAP therapiert werden soll und hierdurch die Insomnie-Beschwerden verstärkt werden könnten.

Die in den Einzelkapiteln dieser Leitlinie dargestellten und diskutierten Therapieeffekte in der Therapie schlafbezogener Atmungsstörungen stellen für den behandelten Arzt eine solide Grundlage für seine Prognosen und seine Indikationsstellung dar. Letztendlich muss er aber im Einzelfall immer wieder neu entscheiden, in welchem Umfang die Studiendaten auf den einzelnen Patienten angewandt werden können und wie die individuelle Situation sich auf die Therapieform auswirken wird. Die in den entsprechenden Kapiteln dieser Leitlinie dargestellten Evidenzen können nur auf der Basis ausreichender ärztlicher Erfahrung, eines soliden pathophysiologischen Verständnisses und umfassenden Informationen über die medizinische, psychische und soziale Situation des Einzelpatienten sinnvoll angewendet werden.

Die Indikationsstellung der Therapie schlafbezogener Atmungsstörungen erfolgt nicht in einem rechtsfreien Raum. So ist z. B. im SGB V eine „bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung“ gefordert (§ 70 SGB V). Doch auch hier wird der „allgemein anerkannten Stand“ als „medizinische Erkenntnisse auf der Grundlage der evidenzbasierten Medizin“ definiert (§ 5, Abs. 2 VerFO GBA). Auch bei der Interpretation solcher juristischen Vorgaben zur Anwendung im konkreten Einzelfall können entsprechend diese Leitlinie und die obigen Darlegungen zur Indikationsstellung herangezogen werden.

5. Obstruktive Schlafapnoesyndrome

Die obstruktiven Schlafapnoesyndrome umfassen zwei Diagnosen. Im nachfolgenden Abschnitt wird die obstruktive Schlafapnoe bei Erwachsenen beschrieben. Die obstruktive Schlafapnoe im Kindesalter wird in dieser Leitlinie nicht behandelt.

5.1 Obstruktive Schlafapnoe

Entsprechend der ICSD-3 [10] wird eine obstruktive Schlafapnoe (OSA) dann diagnostiziert, wenn die Atmungsstörung durch keine andere Schlafstörung oder medizinische Erkrankung oder durch Medikamente oder andere Substanzen erklärbar ist und entweder ein AHI > 15/h (Ereignis jeweils ≥ 10 s) Schlafzeit oder ein AHI ≥ 5/h Schlafzeit in Kombination mit einer typischen klinischen Symptomatik oder relevanten Komorbidität vorliegt.

5.2 Klinische Symptomatik

Hauptbefunde.

Tagesschläfrigkeit bis hin zum unfreiwilligen Einschlafen ist das führende klinische Symptom der obstruktiven Schlafapnoe, wenngleich es Betroffene gibt, die keine Schläfrigkeit aufweisen oder sie als Krankheitssymptom negieren bzw. nicht explizit wahrnehmen. Tagesschläfrigkeit verursacht Leistungsdefizite und beeinträchtigt im Laufe der Erkrankung u. a. die kognitive Leistungsfähigkeit, die soziale Kompatibilität und die Lebensqualität (s. Beschwerden und Symptome). Fremdanamnestisch werden Atemstillstände berichtet. Der diagnostische Hauptbefund ist der Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI), der die Anzahl der Apnoen und Hypopnoen je Stunde Schlafzeit angibt. Er objektiviert die Diagnose und bestimmt in Zusammenschau mit der klinischen Symptomatik und den komorbiden Erkrankungen den Schweregrad der OSA. Ab einem AHI > 15/h und < 30/h wird die Schlafapnoe als mittelgradig, ab einem AHI > 30/h als schwer eingestuft.

Nebenbefunde.

Nächtliches Aufschrecken mit kurzzeitiger Atemnot, Schnarchen (bei 95 % der Betroffenen), insomnische Beschwerden mit häufigem nächtlichem Erwachen, nächtliche Palpitationen, Nykturie, Nachtschweiß, Enuresis, nächtliches Erwachen mit Würgen, Atem anhalten oder Keuchen (choking, breath holding or gasping), morgendliche Schlaftrunkenheit und nächtliche bzw. morgendliche Kopfschmerzen können auftreten. Am Tag bzw. im Wachzustand sind Erschöpfung, die Beeinträchtigung der Gedächtnisleistung, Impotenz, Persönlichkeitsveränderungen, depressive Störungen sowie das Auftreten von automatischem Verhalten mögliche Symptome. Isoliert betrachtet, weisen die Symptome jedoch nur eine geringe Spezifität auf [118, 192, 246, 258, 270, 454, 495].

5.3 Epidemiologie

Es gibt wenige populationsbasierte Schlaflaborstudien. Die Prävalenzdaten sind hinsichtlich der klinischen Symptomatik als relevante Komponente für die Beurteilung des Schweregrades der Erkrankung und der daraus folgenden Therapiebedürftigkeit nicht korrigiert.

Eine obstruktive Schlafapnoe mit klinischer Symptomatik findet sich in der Wisconsin-Studie bei 2 bis 4 % der Erwachsenen im Alter von 30 bis 60 Jahren [494]. 58 % der Patienten waren adipös. In Großbritannien hatten 0,5 bis 1 % der Männer im mittleren Lebensalter eine mittelgradige bis schwere Schlafapnoe [316]. Heute sind es in den USA ca. 13 % der Männer und 6 % der Frauen [350]. Wir verzeichnen einen Anstieg der Prävalenz der obstruktiven Schlafapnoe in den letzten 20 Jahren um 14–55 %. Nach dem ICSD-3 haben 3–7 % der erwachsenen Männer und 2–5 % erwachsenen Frauen ein Schlafapnoe-Syndrom. Unabhängig davon ist bei Patienten mit Erkrankungen des Herzkreislaufsystems die Prävalenz 2- bis 3‑fach höher als in der Normalbevölkerung. Männer sind häufiger betroffen als Frauen [364, 497]. Im Alter steigt die Prävalenz [364]. Mehr als die Hälfte (53 %) haben einen AHI > 15/h [406] und fast 80 % einen AHI > 5/h [497].

Die Prävalenzdaten beruhen auf meist älteren Untersuchungen in den USA, Spanien, Brasilien, Hongkong, Indien und Australien [258]. Erste deutsche Daten werden von der SHIP-Kohorte [455] erwartet.

5.4 Prädisponierende und auslösende Faktoren

Faktoren, die das Auftreten von obstruktiver Schlafapnoe bestimmen, sind in erster Linie der BMI, das Alter, das Geschlecht und kraniofaziale Besonderheiten. Andere Faktoren sind Rauchen, Alkohol, Schwangerschaft, die Chemorezeptorsensitivität im Bereich der Atmungsregulation und vorbestehende Erkrankungen wie Rheuma, Akromegalie, Hypothyreose oder das polyzystische Ovarialsyndrom [292, 497].

5.5 Familienanamnese, Genetik

Obwohl ein schlafapnoeinduzierendes Gen bisher nicht identifiziert werden konnte und es nur gewisse Assoziationen zu den Chromosomen 1p, 2p, 12p, 19p und zum ApoE4-Komplex gibt, besteht Anhalt dafür, dass die Erkrankung vererbbar ist. Es können etwa 35 % der Variabilität der OSA auf genetische Faktoren zurückgeführt werden [383]. Hat ein Elternteil eine OSA, dann steigt das Risiko der Nachkommen um das 2–3-fache [164] im Vergleich zu denjenigen mit Eltern ohne Schlafapnoe. Ein spezifisches Schlafapnoe-Gen ist bisher nicht identifiziert [450].

5.6 Beginn, Verlauf, Komplikationen

Die obstruktive Schlafapnoe hat einen natürlichen Verlauf der Entwicklung in Abhängigkeit vom Alter, dem BMI und der Schnarch-Anamnese [364]. Die Inzidenz steigt zwischen dem 35. und 65. Lebensjahr an [497]. Verantwortlich für mögliche Komplikationen sind das Ausmaß der nächtlichen Atmungsstörungen und die Tagesschläfrigkeit.

5.7 Tagesschläfrigkeit

OSA-Patienten mit Tagesschläfrigkeit haben eine 3‑ bis 7‑fach erhöhte Unfallwahrscheinlichkeit im Straßenverkehr [292, 425]. OSA und Tagesschläfrigkeit sind dennoch nicht streng korreliert [425]. Schläfrigkeit ist in der Gesamtbevölkerung häufig [494, 497] und ein Begleitsymptom vieler anderer Erkrankungen und Umstände, sodass sie als Symptom eine nur niedrige Spezifität aufweist [465].

5.8 Kardiovaskulärers Risiko

Es gibt Assoziationen der obstruktiven Schlafapnoe mit der koronaren Herzkrankheit und dem Vorhofflimmern [126, 153, 154, 225, 294, 369, 400, 430]. Der Zusammenhang mit anderen Herzrhythmusstörungen ist noch unklar [371]. Diese Zusammenhänge sind sowohl für die OSA-Patienten in der Gesamtpopulation [364] als auch für OSA-Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen nachgewiesen [425]. Ein Zusammenhang mit der pulmonalen Hypertonie [202], dem Diabetes mellitus [139, 199], der Niereninsuffizienz [2] und der Atherosklerose [128] ist wahrscheinlich, aber noch nicht bzw. nur für Subgruppen von Patienten belegt [20, 21, 127, 127, 168, 297, 425, 472].

5.9 Arterielle Hypertonie

Es gibt gut gesicherte Zusammenhänge von obstruktiver Schlafapnoe mit der arteriellen Hypertonie, insbesondere der resistenten Hypertonie [34, 37, 42, 138, 177, 276, 347, 425, 456] und bei Patienten mit kardiovaskulären Begleiterkrankungen [169], mit Herzinsuffizienz [168, 213, 227, 407, 463, 499], mit Schlaganfall [41, 346, 385, 394, 449], mit der koronaren Herzerkrankung [168, 197], mit Vorhofflimmern [154] und mit der Mortalität [84, 185, 275, 276, 278, 280, 425, 498].

Die Auswirkungen der CPAP-Therapie auf den arteriellen Blutdruck wurde in einer Metaanalyse von 32 randomisierten und kontrollierten Studien untersucht, in denen eine „aktive Hochdrucktherapie“ (CPAP, Protrusionsschienen, Antihypertensiva) mit einer „passiven Gruppe“ (sham-CPAP, Antihypertensiva, Gewichtsverlust) verglichen wurde. Unter effektivem CPAP-Druck konnte der Blutdruck sowohl systolisch als auch diastolisch signifikant (p < 0,001) gesenkt werden, wobei es sich jedoch um klinisch vernachlässigbare Werte handelte (RRsyst.2,5 ± 0,5 mm Hg, RRdiastol. 2,0 ± 0,4 mm Hg). Je höher der Ausgangs-AHI war, umso besser konnte der Blutdruck unter CPAP gesenkt werden [138]. Bratton et al. [67] ergänzen in einer Metaanalyse, dass eine gute Compliance den Effekt auf den Blutdruck bessert und der blutdrucksenkende CPAP-Effekt vergleichbar ist mit dem Effekt einer intraoralen Unterkieferprotrusionsschienen-Therapie.

Bei Patienten mit einer guten Compliance (Nutzung mindestens 4 h pro Nacht) nimmt die Inzidenz für die Entwicklung eines Hypertonus ab [38]. Eine zusätzliche Gewichtsreduktion ist ebenso sinnvoll [98].

Die Schlafapnoe erhöht das Risiko für kardiale und zerebrovaskuläre Erkrankungen. Verschiedene Studien zeigen auch eine Reduktion des kardialen bzw. zerebrovaskulären Risikos durch eine Therapie der SBAS, allerdings stehen randomisierte, kontrollierte Studien noch aus [167, 258]. In multimodalen Therapiekonzepten bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollte die Behandlung einer nächtlichen Atmungsstörung dennoch immer Berücksichtigung finden.

5.10 Schlaganfall

Die Leitlinien [167] zur Primärprävention eines Schlaganfalles benennen die schlafbezogenen Atmungsstörungen als einen Risikofaktor für die Entstehung eines Schlaganfalles und empfehlen die Durchführung einer Polysomnographie bei Patienten mit Schnarchen, exzessiver Tagesschläfrigkeit, vaskulären Risikofaktoren, einem BMI > 30 kg/m2 und einem therapierefraktären arteriellen Hypertonus (Klasse 1, Evidenzgrad A). Eine multizentrische randomisiert-kontrollierte Therapiestudie mit 5 Jahren Nachbeobachtungszeit zeigte bei Patienten mit ischämischem Schlaganfall und mittel- bis schwergradiger Schlafapnoe unter CPAP-Therapie eine Verbesserung der funktionellen Schlaganfallfolgen und eine Reduktion der Mortalität [341, 342]. Eine aktuelle Metaanalyse bestätigt den Zusammenhang zwischen einer moderaten-schweren Schlafapnoe und dem Schlaganfall [126]. Dennoch ist bisher nicht ausreichend erwiesen, dass die Behandlung der Schlafapnoe das Risiko eines Schlaganfalles senkt.

5.11 Herzinsuffizienz

Die bei herzinsuffizienten Patienten häufig auftretenden schlafbezogenen Atmungsstörungen obstruktive und zentrale Schlafapnoe (s. ZSA) sind auch bei subjektiv nicht hypersomnischen Patienten mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität assoziiert [95, 210, 252, 463]. Herzinsuffiziente Patienten mit einer vornehmlich obstruktiven Schlafapnoe sollten in Abhängigkeit des AHI und vergleichbar den OSA-Patienten ohne Herzinsuffizienz einer Therapie zugeführt werden.

Die Auswirkungen von CPAP bei Patienten mit OSAS auf die linksventrikuläre Funktion wurde in einer Metaanalyse von 10 randomisierten, kontrollierten Studien untersucht. Patienten mit OSAS und bereits bestehender linksventrikulärer Funktionsstörung erfuhren eine signifikante Besserung der linksventrikulären Ejektionsfraktion durch CPAP-Therapie, die sich bei OSAS-Patienten ohne linksventrikuläre Funktionsstörung nur marginal besserte. Ausgangs-AHI und die linksventrikuläre Ejektionsfraktion zeigten eine signifikante Korrelation [438].

5.12 Diabetes mellitus

Wegen der hohen Koinzidenz von OSAS und Typ-2-Diabetes sollten Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 schlafmedizinisch evaluiert werden [28, 409]. Eine Metaanalyse über die Auswirkungen der CPAP-Therapie auf den Blutzucker bzw. die Insulinresistenz zeigte weder bei Diabetikern noch bei Nicht-Diabetikern 3 bzw. 24 Wochen nach Beginn der CPAP-Therapie eine Besserung des Nüchternblutzuckers. Die Insulinresistenz besserte sich nur bei Nicht-Diabetikern mit leicht- bis mittelgradig ausgeprägtem OSAS [490, 491]. Der Einfluss auf die Insulinresistenz wird auch von Feng et al. [139] beschrieben.

Eine weitere Metaanalyse zur Auswirkung der CPAP-Therapie auf den Glucosestoffwechsel zeigte, dass CPAP weder den Plasmaspiegel von Insulin, die Insulinresistenz, den Adipoleptinwert noch den HbA1c Wert beeinflusste [186].

Im Management von SBAS-Patienten mit einer kardiovaskulären Grunderkrankung ist immer auch an die Unterscheidung obstruktiver oder zentraler Schlafapnoe zu denken. Dafür braucht es auch die Expertise des schlafmedizinisch qualifizierten Arztes [289].

5.13 Maligne Erkrankungen

Es besteht ein Zusammenhang zwischen OSA und malignen Erkrankungen und deren Verlauf. Der Einfluss der CPAP-Therapie ist jedoch noch nicht erwiesen [85, 257, 317, 338].

5.14 Perioperative Komplikationen

Neben den durch assoziierte Erkrankungen bestehenden Risiken haben Patienten mit OSA im Rahmen von chirurgischen Eingriffen eine besondere Risikokonstellation:

Die perioperative Mortalität von OSA-Patienten scheint nicht erhöht zu sein, wenn für diese Patienten ein differenziertes perioperatives Management erfolgt [266, 303, 304]. Es gibt jedoch zahlreiche Hinweise, dass OSA-Patienten ein erhöhtes Risiko für verschiedene perioperative Komplikationen haben, wenn eine systemische Analgesie mit Opioiden und Sedierung oder eine Allgemeinanästhesie durchgeführt wird [451].

So scheint bei diesen Patienten in der intraoperativen Phase das Atemwegsmanagement (Maskenbeatmung und/oder Intubation) erschwert und der Katecholaminbedarf erhöht zu sein [233, 419, 431].

In einer Metaanalyse von dreizehn Studien mit 3942 OSA-Patienten konnte nachgewiesen werden, dass bei Patienten mit OSA ein signifikant höheres Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse, Sauerstoffabfälle bis hin zum akuten respiratorischen Versagen und der Notwendigkeit der Verlegung auf eine Intensivstation nach einer Operation vorliegt [229].

Es gibt Hinweise darauf, dass sich durch das präoperative Erkennen und Behandeln einer OSA das erhöhte Risiko für das Auftreten der oben beschriebenen Komplikationen zumindest teilweise senken lässt [175, 310].

Eine besondere Herausforderung für das perioperative Behandlungsteam stellt die Tatsache dar, dass eine OSA präoperativ bei einem Großteil der chirurgischen Patienten nicht diagnostiziert ist [141, 381].

Aktuell existieren nur wenige Leitlinien und Empfehlungen medizinischer Fachgesellschaften hinsichtlich des optimalen perioperativen Managements von OSA(-verdächtigen) Patienten [172, 224]. Für HNO-ärztliche Eingriffe bzw. für Eingriffe am oberen Atemweg bei Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe wurde 2015 ein gemeinsames Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin sowie der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie veröffentlicht, welches Empfehlungen zum perioperativen Management dieser Patientengruppe enthält [390].

Für ambulante Eingriffe empfiehlt die Amerikanische Gesellschaft für Ambulante Anästhesie folgendes Procedere: Patienten mit diagnostizierter OSA und optimaler Therapie von Begleiterkrankungen können ambulant operiert werden unter der Voraussetzung, dass sie in der Lage sind, in der postoperativen Phase ein CPAP-Gerät zu tolerieren. Patienten, bei denen sich aufgrund der Anamnese Hinweise für eine OSA ergeben und deren Begleiterkrankungen ebenfalls optimal therapiert sind, können unter der Voraussetzung, dass der postoperativ auftretende Schmerz nicht mit Opioiden behandelt werden, muss ambulant operiert werden. Patienten bei denen Begleiterkrankungen nicht ausreichend therapiert sind, sind für ambulante Operationen nicht geeignet [224].

Für andere nicht-obstruktive SBAS wie die ZSA existiert derzeit keine suffiziente Datenlage hinsichtlich des Risikos für perioperative Komplikationen [108]. Das perioperative Management dieser Patienten sollte deshalb die individuelle Situation unter Beachtung von Grund- und Begleiterkrankungen berücksichtigen (vgl. Tab. B.8).

Empfehlungen

  • Fragen zur OSA sollten Bestandteil einer präoperativen Anamnese sein (B).

  • Bei Verdacht auf das Vorliegen einer bisher nicht bekannten OSA sollte eine schlafmedizinische Abklärung erfolgen, wobei zwischen der Dringlichkeit des operativen Eingriffs und der Notwendigkeit bzw. Art einer schlafmedizinischen Abklärung im Einzelfall abgewogen werden muss (B).

  • Bei Vorliegen einer behandlungsbedürftigen OSA sollte eine bereits eingeleitete CPAP-Therapie in der perioperativen Phase fortgeführt bzw. eine Einleitung erwogen werden, sofern die Dringlichkeit des operativen Eingriffs dies zulässt (B).

  • Die Auswahl des Anästhesieverfahrens sowie die Art und Dauer einer eventuell notwendigen postoperativen Überwachung sollten sich nach der Art und Schwere des Eingriffs und des perioperativen Schmerzmittelbedarfs, der Schwere der (vermuteten) Atmungsstörung und der individuellen Risikokonstellation des Patienten inklusive der OSA-assoziierten Begleiterkrankungen richten (B).

5.15 PAP-Therapie-Verfahren

Die Therapie der nächtlichen Atmungsstörungen richtet sich nach der Anzahl der pathologischen Atmungsereignisse je Stunde Schlafzeit, nach deren Form der Apnoen (zentral, obstruktiv, Hypoventilation) sowie nach der klinischen Symptomatik, in erster Linie der Tagesschläfrigkeit und der davon ausgehenden Beeinträchtigungen und Gefährdungen sowie der komorbiden Erkrankungen.

Ziel der Therapie ist entsprechend der Definition der obstruktiven Schlafapnoe OSA nach ICSD-3 ein ungestörter Schlaf, der durch einen AHI von weniger als 15 Ereignissen pro Stunde Schlafzeit ohne Symptome von Tagesschläfrigkeit gekennzeichnet ist.

Vor der Therapie der schlafbezogenen Atmungsstörungen steht die Aufklärung über mögliche Einflussfaktoren auf die Erkrankung mit dem Ziel der Durchführung von Verhaltensmaßnahmen.

Die im Folgenden aufgeführten therapeutischen Maßnahmen können in der Regel sowohl isoliert als auch in Kombination miteinander zum Einsatz kommen.

5.15.1 Nächtliche Überdruckatmung

Die häufigste Therapieform für alle Schweregrade der obstruktiven Schlafapnoe ist die nächtliche Überdruckatmung („positive airway pressure“, PAP) in Form des kontinuierlichen PAP-Modus (CPAP, „continuous PAP“) [5, 29, 247, 315, 316, 396, 474]. Die Indikationen für die Einleitung einer CPAP-Therapie ergeben sich aus der Synopsis von klinischer Anamnese, polysomnographischem, apparativem Befund sowie den vorhandenen Begleiterkrankungen, insbesondere wenn bei Unterlassung der Positivdrucktherapie eine Verschlechterung derselben zu befürchten ist [378, 379].

Die Indikation für die Einleitung einer Positivdrucktherapie besteht bei einem AHI ≥ 15/h.

Die Einleitung einer CPAP-Therapie kann erwogen werden bei einem AHI 5–15/h mit einem oder mehreren der nachfolgend genannten Symptome bzw. Begleiterkrankungen:

  1. a)

    exzessiver Tagesschläfrigkeit (ESS > 10) oder Einschlafen in monotonen Situationen,

  2. b)

    kognitiven Defiziten oder Symptome einer Depression als Folge einer SBAS,

  3. c)

    Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie arterielle Hypertonie, Koronare Herzkrankheit, Herzrhythmusstörungen, Z. n. Schlaganfall u. a.

Bei Patienten mit einem AHI < 5/h, ist eine CPAP-Therapie nur im Ausnahmefall indiziert, wenn eine Symptomatik (wie oben beschrieben) trotz Diagnostik und Behandlung anderer Erkrankungen bestehen bleibt. Die erstmalige Applikation einer Überdruckatmung sollte in einem Schlaflabor unter kontinuierlicher Überwachung durchgeführt werden, und es muss die Möglichkeit zum unmittelbaren Eingreifen eines Arztes bestehen. In der Regel sind ein bis zwei Polysomnographienächte für die Einstellung ausreichend. Die polysomnographische PAP-Initiierung ist sinnvoll, um andere maskierte Schlafstörungen wie Insomnie, PLMD (periodic leg movements), RBD (REM sleep behavior disorder) oder zentrale Atmungsstörungen aufzudecken und um die Druckeffizienz in Abhängigkeit von Körperlage und Schlafstadium kontrollieren zu können. Die CPAP-Anpassung hat zur Zielsetzung die Besserung bzw. Normalisierung der Schlafstruktur mit ausreichenden REM- und Tiefschlafanteilen und der Eliminierung von Weckreaktionen, eine Besserung bzw. Normalisierung der ventilatorischen Parameter mit Reduktion der respiratorischen Ereignisse und der konsekutiven pathologischen Sauerstoffabfällen auf das physiologische Niveau.

Zum Management der Therapieeinleitung gibt es zunehmende RCT’s (randomized controlled trials), die zeigen, dass bei bestimmten Subgruppen von Patienten eine CPAP/APAP-Einstellung auch ohne polysomnographische Kontrolle im Schlaflabor erfolgen kann. Dieses Vorgehen ist effektiv, was die Atmungsstörungen [144, 244] und die Tagesmüdigkeit [93, 100], betrifft, aber nicht besser als die Einstellung im Schlaflabor [391]. Die Kosten für eine ambulante Einstellung sind zwar im amerikanischen Gesundheitssystem etwas günstiger, dafür aber die Folgekosten der Versorgung z. T. teurer [234]. Weitere Studien, auch in Deutschland, sind notwendig, um Prädiktoren für den Erfolg dieses Procedere zu finden und den Langzeiterfolg zu validieren. Patienten mit V. a. eine zusätzliche Schlafstörung neben der OSA bzw. mit erhöhter Komorbidität und fraglicher Compliance und Durchführbarkeit der PAP-Therapie sind weiterhin im Schlaflabor zu behandeln. Die Empfehlung zum Therapiemodus und den zu applizierenden Drücken der Positivdrucktherapie erfolgt durch einen schlafmedizinisch qualifizierten Arzt.

Zur Einstellung auf eine Positivdrucktherapie können automatische (APAP, Auto-Bilevel, ASV) Verfahren verwendet werden, oder aber die manuelle Titration. Die wissenschaftlich begründeten klinischen Leitlinien für die manuelle CPAP-Titration lauten wie folgt:

  1. 1.

    Ausreichende Aufklärung, Einweisung und Anpassung der Therapie,

  2. 2.

    Titrieren des CPAP-Druckes, bei dem Apnoen, Hypopnoen, RERAs, und Schnarchen nicht mehr auftreten,

  3. 3.

    Titrationsbeginn mit 4 mbar (CPAP) bzw. IPAP 8/EPAP 4 mbar (Bilevel),

  4. 4.

    max. CPAP: 15 mbar, max. IPAP: 20 mbar (Bilevel), IPAP/EPAP Differenz: min. 4, max. 10 mbar,

  5. 5.

    Druckerhöhung bei Bedarf um 1 mbar im Zeitintervall von mind. 5 min erhöhen,

  6. 6.

    Druckerhöhung erfolgt wenn mind. 2 obstruktive Apnoen, oder 3 Hypopnoen oder 5 RERAs oder 3 min. lautes Schnarchen auftreten,

  7. 7.

    Umstellung auf Bilevel bei Unverträglichkeit von CPAP bzw. Druck > 15 cmH2O,

  8. 8.

    Therapieziel: RDI < 5/h, min. Sauerstoffsättigung > 90 %,

  9. 9.

    Optimale Titration: RDI < 5/h für mind. 15 min., inkl. REM und keine Arousal,

  10. 10.

    Gute Titration: RDI ≤ 10/h oder Absenkung um 50 % bei Baseline RDI < 15/h, inkl. REM und keine Arousal,

  11. 11.

    Ausreichende Titration: RDI > 10/h, jedoch auf 75 % des Ausgangswertes, insbesondere bei Patienten mit schwerem OSAS oder bei Patienten mit optimaler Einstellung, bei denen nachts kein REM auftrat,

  12. 12.

    unakzeptable Titration: erfüllt keines der vorgenannten Kriterien und

  13. 13.

    eine zweite Einstellungsnacht ist notwendig, wenn in der ersten Nacht nicht die Kriterien für eine optimale bzw. gute Einstellung erzielt werden [248].

Für die Beseitigung jeglicher Form von Atmungsstörungen gibt es kein effektiveres Verfahren als die Positivdrucktherapie, von der Tracheotomie bei schweren lebensbedrohlichen Fällen abgesehen [247, 396]. CPAP kann nicht nur die Atmungsstörung, sondern auch die Tagesschläfrigkeit reduzieren und beseitigen [67, 159, 163, 247, 287], was sich in der Epworth Sleepiness Scale (ESS) in einer mittleren Reduktion um ca. 2,5 Punkte [67] und im Multiplen Schlaflatenztest (MSLT) in einer Verlängerung der mittleren Schlaflatenz um ca. 0,93 min [344] niederschlägt. Je schläfriger die Patienten vor Therapiebeginn sind, desto deutlicher fällt das die Verbesserung aus. Auch bei der Bestimmung der Lebensqualität („quality of life“, QoL), zeigt sich eine signifikante Zunahme bezüglich der Dimensionen physische Aktivität und Vitalität [159, 163, 217, 247, 287]. Weitere wissenschaftlich gesicherte Effekte sind die Verbesserung der Schlafstruktur und der Stimmung sowie die Verringerung des Unfallrisikos [5, 396, 425, 445]. Die Effekte der CPAP-Therapie auf Tagesschläfrigkeit, Kognition, Blutdruck und Lebensqualität sind abhängig von der Anwendungsdauer der Therapiegeräte während der im Schlaf verbrachten Zeit [19, 468]. Es zeigt sich kein positiver Effekt auf das Gewicht, eher kann eine Gewichtszunahme unter der Therapie auftreten [129]. Begleitende gewichtsreduzierende Maßnahmen sind daher bei Indikation unerlässlich.

Unter CPAP sinkt der mittlere Blutdruck bei OSA-Patienten um ca. 2 mm Hg in Abhängigkeit vom Schweregrad der OSA und der arteriellen Hypertonie [34, 42, 67, 163, 177, 247, 301], bei Hypertonikern um ca. 7 bis 10 mm Hg [43, 300, 351]. Der blutdrucksenkende Effekt von CPAP ist bei therapierefraktärem Hypertonus deutlicher ausgeprägt [281]. Prädiktoren für einen noch deutlicheren Therapieeffekt sind die Schwere der Erkrankung und eine gute CPAP-Compliance. Obwohl es hierzu keine randomisierten klinischen Studien gibt, lässt eine Reihe von Kohorten basierten Verlaufsstudien den Schluss zu, dass eine gute CPAP-Nutzung einen positiven Einfluss auf das Überleben hat [83, 275]. CPAP vermindert die Last kardialer Arrhythmien, insbesondere das Vorhofflimmern [369] und die LVEF bei schwerer OSA [396]. Weitere positive Effekte von CPAP zeigen sich bezüglich der Marker für Entzündung und oxidativen Stress [21, 106, 396].

5.15.2 Modifizierte Positivdrucktherapieverfahren

Modifizierte Langzeit-Therapieverfahren sind die automatische APAP-Therapie [305, 396], die Bi-level-S/T-Therapie [247, 396], die druckverzögerte Therapie (Druckabsenkung – „pressure relief“ – in der In- und/oder Exspirationsphase) und die Kombination dieser Verfahren. Es fehlen klinische Studien, um diese Verfahren im Allgemeinen empfehlen zu können [179]. Insbesondere die automatischen PAP-Verfahren erweisen sich in der Langzeitanwendung gegenüber der Standard-CPAP-Therapie als ebenbürtig [111] und finden daher bei Patienten mit mittelgradiger bis schwerer OSA ohne komorbide Erkrankung und Risikofaktoren zunehmend ihren Einsatz [307, 309]. Eine Vorherberechnung des effektiven kontinuierlichen Mindestdrucks ist aber nicht möglich [396]. Die Kanadische Thoraxgesellschaft z. B. empfiehlt als primäre Therapie des OSAS das CPAP-Verfahren (Empfehlungsgrad IB). APAP stellt eine alternative effektive Therapieform bei OSAS-Patienten ohne Komorbiditäten dar [144].

Generell scheint APAP die Compliance (um 11 min) und die Tagesmüdigkeit (0,5 im ESS) im Vergleich zu CPAP etwas mehr zu bessern [201]. Die klinische Relevanz dieser Veränderungen ist aber noch fraglich und zusammenfassend hat APAP bisher nicht den Beweis angetreten, in der Kurz- oder Langzeitversorgung besser zu sein als CPAP [33, 67, 155, 201, 307, 345, 396, 423, 485]. Gleiches gilt für den sogenannten „pressure relief“ Modus. Es besteht Forschungsbedarf, um weiterführende Empfehlungen für die klinische Praxis zu geben [3].

Die allgemeinen aktuellen Empfehlungen für die Anwendung von APAP Geräten lauten wie folgt:

  1. 1.

    Keine Diagnosestellung mittels APAP.

  2. 2.

    Keine Anwendung bei schweren kardio-pulmonalen Erkrankungen, bei nächtlichen Sauerstoffabfällen, die nicht auf ein OSAS zurückzuführen sind und bei zentraler Schlafapnoe.

  3. 3.

    Drucktitration mittels APAP ist möglich zur Ermittlung des Effektivdruckes mit oder ohne (bei moderater-schwerer OSA ohne Komorbidität) Polysomnographie.

  4. 4.

    Zur Verlaufskontrolle bei bereits auf CPAP eingestellten Patienten [307].

Patienten, bei denen ein hoher CPAP-Druck nicht mehr toleriert wird oder nicht appliziert werden kann (z. B. COPD-Patienten), bei denen zentrale Apnoen vorhanden sind oder unter der Positivdrucktherapie neu auftreten (komplexe Apnoen), bei denen die subjektive Compliance mangelhaft ist oder bei denen aus anderen Gründen kein optimaler Therapieerfolg zu erreichen ist, sind auf alternative Verfahren wie APAP- oder Bilevel-Therapie oder eine Autoservoventilation (unter Berücksichtigung der Indikation) umzustellen [247, 248]. Bei bekannter Hypoxämie kann Sauerstoff unter sorgfältiger Überwachung der Blutgase in der Einstellungsphase ergänzend appliziert werden [248]. Eine ausschließliche Sauerstofftherapie ist nicht zu empfehlen [267, 323].

Die Art der schlafbezogenen Atmungsstörungen, der Therapieerfolg, die komorbiden Erkrankungen und die Compliance des Patienten sind entscheidend für die Wahl des individuellen Therapiemodus. Aus gesundheitsökonomischer Sicht ist CPAP eine kostengünstige Therapie [287], der Versorgung mit einer Unterkieferprotrusionsschiene aber nicht in allen Patientengruppen überlegen. Bei milder und moderater Schlafapnoe liegt die Auswahl des Therapieverfahrens in der Hand des schlafmedizinisch qualifizierten Arztes. Bei schwerer Schlafapnoe sollte immer erst die CPAP-Therapie erprobt werden (vgl. auch Tab. B10 und B.11).

5.15.3 Compliance

Die Cochrane Analyse von 2009 zur CPAP-Compliance hatte als Endpunkte die Beeinflussung der CPAP-Compliance, Einfluss mechanischer Interventionen (Luftbefeuchtung) (n = 1), auto-CPAP (n = 13), Bilevel PAP (n = 3), Titration des CPAP-Druckes durch den Patienten (patient titrated CPAP [n = 1]) [423].

Zusätzlich wurde der Einfluss von Patientenausbildung, Unterstützung des Patienten und verhaltenstherapeutischer Maßnahmen geprüft und in der aktuellen Cochrane Analyse von 2014 [484] überarbeitet. Unterstützende Maßnahmen führen zu einer längeren CPAP-Nutzungszeit von 50 min/Nacht, zu einer Zunahme der Patienten, die ihr Gerät mehr als 4 h pro Nacht benutzen (von 59 auf 75/100 Patienten) und zu einer niedrigeren Abbruchrate. Aufklärungsmaßnahmen verlängern die Nutzungszeit um ca. 35 min und führen auch zu einer Zunahme der Patienten, die ihr Gerät mehr als 4 h pro Nacht benutzen (von 57 auf 70/100 Patienten) und zu einer niedrigeren Abbruchrate. Eine Verhaltenstherapie verbessert die Nutzungszeit um 104 min und führt auch zu einer Zunahme der Patienten, die ihr Gerät mehr als 4 h pro Nacht benutzen (von 28 auf 47/100 Patienten). Auch die Behandlung einer koexistierenden Schlafstörung ist von Bedeutung für die Compliance [47, 386]. Maskenstandard ist weiterhin die Nasenmaske [468].

Entscheidend für die Compliance sind neben der zuverlässigen Diagnostik im Schlaflabor auch die Schwere der Erkrankung, die Tagesschläfrigkeit und die erste Woche der Anwendung der Therapie [272, 468]. Die Verbesserung von Tagesschläfrigkeit, Leistungsfähigkeit, Lebensqualität und Blutdruck tragen wesentlich zur Compliance bei. Ist in der ersten Therapiewoche in zwei oder mehr Nächten die Compliance schlecht bzw. fraglich, wird eine engmaschige Nachkontrolle und Betreuung notwendig [247, 248]. Schließlich brechen 5–50 % der auf eine CPAP neu eingestellten Patienten die Therapie in den ersten 7 Tagen ab. Generell sind jährliche Langzeitkontrollen zu empfehlen [247].

Weitere Compliance-Faktoren sind das Umfeld, die Aufklärung über die Erkrankung und die Therapie inklusive Änderung der Lebensführung, die Einbeziehung des Partners, die sorgfältige Auswahl und Anpassung der Maske, das Gewöhnen an die Therapie am Tage vor der ersten CPAP-Nacht und die Erkennung und Behandlung von Klaustrophobien sowie eines zu hohen Atemwegswiderstandes auf der Ebene der Nase [298, 386, 468]. Diese Variablen machen ca. 4–25 % der Varianz bei der CPAP-Nutzung aus [477]. Der Grad der nächtlichen Hypoxämie hat keinen Einfluss auf die Compliance [468]. Während der Therapieanwendung können folgende Maßnahmen die Compliance verbessern, wenngleich hierzu noch die Evidenz fehlt [92]: Luftbefeuchtung und -erwärmung [247, 318], enge Nachuntersuchungen mit Erhebung der CPAP-Nutzung, der Probleme und Komplikationen und der Meinung des Partners, die Objektivierung von evtl. residualer Schläfrigkeit und deren rechtzeitige Behandlung [191, 259] sowie die Retitration bei nicht ausreichendem Therapieeffekt oder Umstellung auf ein alternatives Therapieverfahren [35]. Eine engmaschige Nachbetreuung ist auch deshalb wichtig, weil neben der Rhinitis der mangelnde Maskensitz und -komfort, z. B. der Schmerz durch Maskendruck, Hautreizungen, Leckagen und Geräusche, zwar häufige, aber leicht zu behebende Nebenwirkungen der CPAP-Therapie sind.

Die Angaben zur Compliance schwanken sehr und es liegen wenig aktuelle Studien vor. Man kann von einer internationalen Compliance von ca. 40–60 % ausgehen. Dabei nutzen 29–83 % der OSA-Patienten die Therapie regelmäßig weniger als 4 h. Rund 70 % der Patienten nutzen die Therapie in den ersten 4 Jahren etwa 5,3 h (4,4–6,2) pro Nacht [468]. Die Adhärenz (65–80 %) und die Akzeptanz (85 %) [258] in Europa sind höher als in den USA.

Gründe für die recht unterschiedlichen Compliance-Angaben sind die o. g. Einflussfaktoren, die länderspezifisch, auch in Abhängigkeit von der Qualität der schlafmedizinischen Versorgung, unterschiedlich berücksichtigt und kontrolliert werden.

Manko bis heute: Die Compliance Definition beruht auf der Arztsicht. Die Benutzerbefindlichkeiten bzw. -besonderheiten und die spezielle medizinische Notwendigkeit spielen noch eine untergeordnete Rolle ([464]; vgl. Tab. B.9).

Kontrolluntersuchungen.

Intervall, notwendiger Umfang und Outcome von Kontrolluntersuchungen sind noch nicht klar definiert [484].

Ein offizielles Statement der American Thoracic (ATS) Society zur Kontrolle der CPAP-Adhärenz stellt u. a. fest [403] (Expertenmeinung):

  1. 1.

    Die Messung der CPAP-Nutzung via nächtlichem Beatmungsdruck ist sinnvoll, wenngleich der Effekt auf die Compliance nicht klar ist.

  2. 2.

    Das Druckmonitoring sollte routinemäßig ausgelesen werden.

  3. 3.

    Es wird ein einheitlicher technischer Standard des Druckmonitorings für die Identifikation von Apnoen, Hypopnoen und Maskenleckagen gefordert.

  4. 4.

    Gefordert wird eine Dokumentation der CPAP-Adhärenz zwischen dem 7. und 90. Tag nach Therapiebeginn. Regelmäßige Kontrollen sollten erfolgen, so lange der Patient das CPAP-Gerät nutzt.

  5. 5.

    Die Nomenklatur für CPAP-Adhärenz muss seitens der Hersteller standardisiert werden. Der AHI-Flow ist der Parameter für die verbleibenden respiratorischen Ereignisse (vgl. auch Tab. B.9).

5.16 Telemonitoring bei schlafbezogenen Atmungsstörungen

Die technischen Möglichkeiten des Telemonitorings haben sich in den vergangenen Jahren deutlich weiterentwickelt. So ist es heute z. B. möglich, Nacht für Nacht die Anwendungsdaten des Patienten automatisch aus dem PAP-Gerät an einen zentralen Server zu übertragen und dort automatisiert Kenngrößen der Therapieadhärenz (Nutzungsdauer, Regelmäßigkeit der Nutzung) oder andere therapierelevante Parameter (z. B. Leckagen) zu erfassen. Hierdurch wird es in einem weiteren Schritt möglich, den Patienten telemedizinisch zu betreuen und z. B. telefonisch oder durch internetbasierte Maßnahmen zu schulen, zu beraten oder gezielt zu motivieren, bzw. eine Vor-Ort-Intervention zu veranlassen. Die Effekte des Telemonitorings sind bislang wissenschaftlich wenig untersucht. Einige Studien zeigen durchaus günstige Effekte auf die nächtliche Nutzungsdauer der Therapie [62, 148, 203, 245, 426]. Andere Studien konnten keine wesentlichen günstigen Effekte einer telemedizinischen Intervention belegen [296].

Die bislang angebotenen und untersuchten telemedizinischen Konzepte unterscheiden sich teilweise erheblich hinsichtlich der erfassten Daten, der Art der Datenübermittlung, Datenspeicherung und Datenauswertung und vor allem hinsichtlich der aus der Datenanalyse resultierenden Intervention am Patienten, so dass die Ergebnisse der verschiedenen telemedizinischen Szenarien nicht direkt miteinander vergleichbar sind. Andere telemedizinische Anwendungen wie z. B. die Teletherapie, das Telekonsil oder die Telediagnostik sind bislang nicht hinreichend evaluiert und sollen nicht in der Routineversorgung von Patienten mit schlafbezogenen Atmungsstörungen angewendet werden.

Das Telemonitoring ist bislang allenfalls für die Positivdrucktherapie (PAP-Therapie) bei obstruktiver Schlafapnoe entwickelt, eine Anwendung in der Beatmungsmedizin (NIV-Therapie) ist bisher ausgeschlossen. Auch gibt es bisher keine Studien, die zeigen, dass Telemonitoring-Techniken zur Ersteinstellung auf ein PAP-Gerät bzw. zur initialen Maskenauswahl geeignet sind.

Da die Anwendung von Telemonitoring bei schlafbezogenen Atmungsstörungen medizinische Leistungen beinhaltet, legt der schlafmedizinisch spezialisierte Arzt in Abstimmung mit dem Patienten die Art und den Umfang der Erfassung und Übermittlung der Daten fest. Das Telemonitoring bei SBAS setzt voraus, dass ein verbindliches Betreuungskonzept auf der Basis einer lückenlosen Versorgung des Patienten inkl. persönlichem Arzt-Patienten-Kontakt auf Veranlassung des betreuenden schlafmedizinischen Arztes sichergestellt ist.

Die rechtlichen Grenzen zulässiger bzw. unzulässiger Beratungs- und Behandlungsmöglichkeiten nach § 7 Absatz 4 MBO‑Ä sind zu beachten [76].

5.17 OSA in der Schwangerschaft

Die Prävalenz schlafbezogener Atmungsstörungen bei Schwangeren ist laut einer amerikanischen Morbiditäts/Mortalitätsstudie (1998–2008) niedrig und liegt bei 0,7 pro 10.000 (1998) und bei 7,3 von 10.000 (2009). In der Literatur wird allgemein die Prävalenz bei gebährfähigen Frauen mit 0,7–7 % und bei Schwangeren mit 11–20 % angegeben, also deutlich höher. Bekannt ist, dass OSA mit einem höheren Risiko für Pre-Eklampsie, Eklampsie, Kardiomyopathie, Diabetes mellitus und Lungenembolie assoziiert ist [269, 339]. Die Mortalität steigt um das Fünffache. Übergewicht potenziert das Risiko. Und die obstruktive Schlafapnoe schadet dem Neugeborenen [96], was sich bereits anhand der reduzierten Bewegungen während der Schwangerschaft abzeichnen kann [59]. Laut einer Cochrane Analyse zu Gesundheitsprogrammen vor und während der Schwangerschaft bei übergewichtigen Frauen liegen jedoch keine wissenschaftlichen Studien zu diesem Thema vor [334]. Darunter fällt auch die CPAP-Therapie bei Schlafapnoe. Es sind kontrollierte Studien erforderlich, um eine Kurz- oder Langzeittherapie von schlafbezogenen Atmungsstörungen in der Schwangerschaft zu empfehlen.

5.18 OSA beim älteren Menschen

Die Prävalenz der obstruktiven Schlafapnoe steigt mit dem Alter an [14]. Die angegebenen Werte schwanken jedoch stark (20 bis 40 %) und sind unter anderem abhängig von der untersuchten Patientensubgruppe bzw. vom verwendeten Grenzwert für den AHI [13, 497]. Eine konservative Schätzung geht von einer Verdopplung der Prävalenz im höheren Lebensalter aus [13]. Für Heimbewohner werden Prävalenzen von bis zu 70 % angegeben. Grundsätzlich entspricht das diagnostische und therapeutische Management dem der obstruktiven Schlafapnoe bei jüngeren Patienten. Ältere Menschen mit obstruktiver Schlafapnoe profitieren von einer Therapie bezüglich Tagesmüdigkeit, QoL [283] und Prognose [337]. Das Lebensalter ist kein Grund, eine Therapie zu verweigern.

5.19 Obstruktive Schlafapnoe und Demenz

Randomisierte kontrollierte Studien zur Inzidenz einer Demenz bei obstruktiver Schlafapnoe fehlen.

Zwei prospektive Kohortenstudien mit 2636 älteren Männern und mit 298 älteren Frauen jeweils ohne kognitive Beeinträchtigung zu Studienbeginn untersuchten den Effekt einer obstruktiven Schlafapnoe auf die Hirnleistung. Bei den Männern fand sich nach im Mittel 3,4 Jahren ein signifikant stärkerer Verlust an Hirnleistung, wenn eine obstruktive Schlafapnoe mit zusätzlicher Hypoxämie vorlag [57]. Bei den Frauen mit obstruktiver Schlafapnoe und Hypoxämie war das Risiko für die Entwicklung einer milden kognitiven Beeinträchtigung (MCI) oder einer Demenz im Verlauf von im Mittel 4,7 Jahren nach Adjustierung für andere Risikofaktoren um den Faktor 1,85 (95 % CI 1,11–3,08) erhöht [487]. Desweiteren wurde eine signifikante Reduktion der instrumentellen Aktivität des täglichen Lebens bei älteren Frauen mit unbehandelten schlafbezogenen Atmungsstörungen nachgewiesen [427].

5.19.1 Therapie der obstruktiven Schlafapnoe bei Menschen mit Demenz

In einer kleinen randomisierten kontrollierten Studie wurden Menschen mit leichter und mittelschwere Demenz und obstruktiver Schlafapnoe (AHI > 10/h) effektiv bzw. mit Schein-CPAP behandelt. Die Akzeptanz der CPAP-Therapie war initial hoch, jedoch brachen 25 % der Patienten die Studie nach der Randomisierung ab [101].

Nach einer dreiwöchigen Therapie zeigten die effektiv mit einer PAP-Therapie behandelten Patienten eine signifikante Besserung ihrer Tagesschläfrigkeit und eine signifikante Besserung der Hirnleistung [15].

Die bedeutet, dass eine unbehandelte obstruktive Schlafapnoe mit zusätzlicher Hypoxämie bei Männern und Frauen das Risiko für einen kognitiven Abbau erhöht. Eine CPAP-Therapie senkt bei Menschen mit leichter und mittelschwerer Demenz die Tagesschläfrigkeit und verbessert die globale Hirnleistung.

Empfehlung

  • Bei Menschen mit leichter und mittelschwerer Demenz und obstruktiver Schlafapnoe sollte ein Therapieversuch mit einer PAP-Therapie unternommen werden (B).

Empfehlungen

  • Die CPAP-Therapie ist die Referenzmethode bei der Behandlung des obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms.

  • Eine CPAP-Therapie soll bei mittelgradiger und schwerer Schlafapnoe (AHI > 15/h) durchgeführt werden (A).

  • Bei milder Schlafapnoe AHI ≤ 15/h mit einem Herzkreislaufrisiko und/oder Tagesmüdigkeit kann eine CPAP-Therapie erwogen werden (C).

  • Zur Ersteinstellung sollte eine strukturierte Patientenschulung stattfinden (B).

  • Die Entscheidung über den Therapiemodus soll von einem schlafmedizinisch qualifizierten Arzt erfolgen (A).

  • Die Versorgung mit dem Therapiegerät sollte im unmittelbaren zeitlichen Anschluss an die Einstellung der Atmungstherapie erfolgen (B).

  • Die Auswahl des Gerätes, der Maske, zusätzlicher Hilfsmittel und die Erstanpassung durch schlafmedizinisch qualifiziertes Personal wird empfohlen (C).

  • Die Einleitung der CPAP-Therapie oder modifizierter Positivdruckverfahren soll unter polysomnographischer Kontrolle in einem Schlaflabor erfolgen (A).

  • Die endgültige Einstellung soll mit dem gleichen Gerät und dem gleichen Maskentyp durchgeführt werden, das der Patient tatsächlich erhält (A).

  • Dem Einsatz von Bilevel Verfahren sollte, wenn klinisch möglich, immer ein CPAP- oder APAP Therapieversuch vorausgehen (B).

  • APAP und CPAP können zur Einstellung und Langzeittherapie von OSAS gleichwertig zum Einsatz kommen (A).

  • APAP sollte nicht eingesetzt werden bei zentralen Atmungsstörungen und nächtlichen Hypoventilationen (B).

  • Für Patienten, die mit CPAP nicht einstellbar sind, sollen andere Atmungsunterstützungstherapien oder andere geeignete Therapieverfahren zur Anwendung gebracht werden (A).

  • Eine erste Kontrolle sollte innerhalb der ersten sechs Wochen klinisch und ggf. unter Zuhilfenahme zumindest einer 6‑Kanal-Polygraphie erfolgen. Weitere regelmäßige Kontrollen sollten mindestens einmal im Jahr stattfinden (B).

  • Polygraphische oder polysomnographische Kontrollen sollen bei subjektiven Beschwerden bzw. klinischen oder technischen Problemen durchgeführt werden (A).

Hinweis.

Im Anhang C sind der Algorithmen OSAS, der Algorithmus ZSA, der Algorithmus SBAS und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie der Therapiealgorithmus OSAS dargestellt.

5.20 Nicht-CPAP-Verfahren bei obstruktiver Schlafapnoe

5.20.1 Gewichtsreduktion

Ein Risikofaktor für die OSA ist das Übergewicht. Daher können bei übergewichtigen Patienten gewichtsreduzierende Maßnahmen bis hin zur Operation begleitende Strategien in der Behandlung einer mittleren bis schweren OSA darstellen.

5.20.2 Nicht-operative Gewichtsreduktion

Eine 10–15 %ige Gewichtsreduktion führt zu einer ca. 50 %igen Reduktion des AHI bei männlichen moderat übergewichtigen Patienten [497]. Auf die positiven Effekte einer Gewichtsreduktion wurde daher bereits in Übersichtsarbeiten und Metaanalysen hingewiesen [12, 46, 183, 404]. Zwischenzeitlich wurden auch randomisierte kontrollierte Studien publiziert, die verschiedene Interventionen zur Gewichtsreduktion (z. B. intensive diätetischen Maßnahmen mit niedrig kalorischer Flüssignahrung mit oder ohne Programme zu erhöhter körperlicher Aktivität bzw. zur Modifikation des Lebensstils) mit einer Kontrolltherapie verglichen [147, 219, 447]. Diese intensiven Programme zur Gewichtsreduktion führten sowohl subjektiv als auch objektiv zu einer Verbesserung der OSA und die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Therapie war gegenüber den Kontrollgruppen erhöht. Während die positiven Effekte einer erfolgreichen Gewichtsreduktion daher gut belegt sind, bleiben jedoch die grundsätzlichen Einschränkungen in Bezug auf die Therapie bestehen. Problematisch erscheinen vor allem die unklaren Erfolgsaussichten einer langfristig stabilen Gewichtsreduktion, der Umstand, dass eine substantielle konservative Gewichtsreduktion einen hohen persönlichen Einsatz und Aufwand bedeutet, der außerhalb von Studien nicht regelhaft aufgebracht werden kann und die Tatsache, dass eine Gewichtsreduktion in vielen Fällen lediglich eine Verbesserung, jedoch keine Beseitigung der OSA ermöglicht.

Intensivierte Maßnahmen zur konservativen Reduktion des Körpergewichts sollten jedoch allen Patienten mit Übergewicht oder Adipositas als begleitende Therapiemaßnahme empfohlen werden. Dies deckt sich mit den Empfehlungen anderer Fachgesellschaften und Organisationen [131, 367, 375].

5.20.3 Operative Gewichtsreduktion

Die bariatrische Chirurgie hat in den vergangenen Jahren zunehmende Verbreitung gefunden und die Indikationen zur operativen Gewichtsreduktion haben sich sukzessive hin zu niedrigeren BMI-Werten verschoben. Die mit der bariatrische Chirurgie einhergehende Gewichtsreduktion führt bei Patienten mit begleitender OSA regelhaft zu einer Reduktion der Intensität der Atmungsstörung [322]. Reviews und Metaanalyse haben die positiven Effekte der bariatrischen Chirurgie auf die OSA zeigen können [72, 171, 398]. Trotz der dokumentierten Effekte z. B. auf den AHI verbleibt jedoch auch nach der bariatrischen Chirurgie häufig noch eine behandlungsbedürftige OSA, so dass entsprechende polysomnographische Kontrollen erforderlich sind [171]. In einer randomisierten Studie konnte eine Überlegenheit einer operativen gegenüber einer konservativen Gewichtsreduktion in Bezug auf den Gewichtsverlust gezeigt werden, die Reduktion des AHI war in der operativen Gruppe deutlicher, der Unterschied erreichte jedoch keine statistische Signifikanz [124].

Die Indikation zur bariatrischen Chirurgie wird in aller Regel nicht allein aufgrund der OSA gestellt und erfordert eine differenzierte Beurteilung der Adipositas und der individuell vorhandenen komorbiden Störungen. Die Indikationsstellung ist daher entsprechend spezialisierten Einrichtungen vorbehalten. Eine Empfehlung zur bariatrischen Chirurgie im Allgemeinen oder besonderer operativer Techniken kann daher nicht Gegenstand dieser Leitlinie sein. Liegt bei morbider Adipositas als begleitende Störung eine OSA vor, so sollte diese bei der Indikationsstellung Berücksichtigung finden, und es kann mit einer signifikanten Verbesserung auch der schlafbezogenen Atmungsstörung durch den Eingriff gerechnet werden.

Empfehlung

  • Maßnahmen zur Reduktion des Körpergewichts sollen allen Patienten mit Übergewicht als begleitende Therapiemaßnahme empfohlen werden (A).

5.20.4 Unterkieferprotrusionsschienen

Die Behandlung mit Unterkieferprotrusionsschienen UPS (Synonyme: [engl.] oral appliance [OA], mandibular advancement device [MAD], mandibular repositioning device [MRD]) verbessert die nächtlichen obstruktiven respiratorischen Störungen und reduziert die assoziierten gesundheitlichen und sozialen Beeinträchtigungen [131, 262, 358]. Dabei ist die intraorale UPS nichtinvasiv, geräuschlos, leicht zu transportieren und wird gut toleriert.

Obwohl die Überlegenheit von CPAP zur Reduzierung des AHI bei mittlerer bis starker OSA belegt ist, zeigen aktuelle Studien eine vergleichbare Effektivität in Bezug auf Tagesschläfrigkeit, Bluthochdruck, kardiovaskuläre Mortalität, neurokognitive Funktion und Lebensqualität [262, 358]. In diesem Zusammenhang konnte eine subjektiv höhere Compliance der UPS gegenüber CPAP nachgewiesen werden [358].

UPS können als CPAP-Alternative bei Patienten mit leicht bis mittelgradiger OSA eingesetzt werden. Sie können des Weiteren bei Patienten mit schwergradiger Schlafapnoe, die CPAP nicht tolerieren oder ablehnen, bzw. bei denen die CPAP-Therapie trotz Ausschöpfung aller unterstützenden Maßnahmen nicht eingesetzt werden kann, erwogen werden [131, 262, 314, 358, 367, 375, 378, 379].

Charakteristika zur Patientenselektion, die sich positiv auf den Behandlungserfolg auswirken, müssen in Studien weiter evaluiert werden [277, 367]. Die Effektivität ist vom Schweregrad der OSA, der individuellen Anatomie, allgemeinmedizinischen Parametern sowie von der Art und Anpassung der eingesetzten UPS abhängig [131, 314, 375]. Bei einem AHI > 30/h und/oder einem BMI > 30 soll die Indikationsstellung kritisch geprüft werden.

Wirkmechanismus der UPS ist die Erweiterung und Stabilisierung der oberen Atemwege durch Vorverlagerung des Unterkiefers und der dadurch vermittelten Spannung der suprahyoidalen Gewebe mit dem Effekt einer Volumenvermehrung des Atemweges auf Höhe des Velums, Zungengrund und Epiglottis. Der aktuellen Studienlage entsprechend soll die UPS nach individuellen Abdrücken angefertigt, bimaxillär verankert und durch den Behandler reproduzierbar in Millimeterschritten einstellbar sein [4, 277, 378, 379]. Die UPS soll einen sicheren Halt gewährleisten und leicht positionierbar sein. Ausgehend von einer Vorverlagerung von minimal 50 % der maximal möglichen Unterkieferprotrusion soll die optimale therapeutische Position individuell ermittelt werden [4, 277].

Nach Titrierung soll die Effektivität durch einen Schlafmediziner bestätigt und in regelmäßigen Intervallen durch eine Polygraphie bzw. Polysomnographie evaluiert werden [131, 375, 247]. UPS können als Dauertherapie eingesetzt werden. Temporäre Missempfindungen der Zähne und der Muskulatur sowie eine verstärkte Salivation können auftreten [375]. Die klinische Untersuchung und die Anpassung von UPS soll mit zahnmedizinischer und schlafmedizinischer Expertise erfolgen [131, 158, 378, 379]. Mögliche Nebenwirkungen auf das stomatognathe System wie Veränderungen der Bisslage und der Zahnstellung sollen vorab und während der Therapie mit dem Patienten ergänzend zu den ärztlichen Kontrolluntersuchungen durch einen auf die Schlafmedizin spezialisierten Zahnmediziner abgewogen und bewertet werden [131, 158, 378, 379]. Kiefergelenksveränderungen, obwohl bisher in der wissenschaftlichen Literatur nicht beschrieben, können nicht gänzlich ausgeschlossen werden.

Empfehlungen

  • UPS können bei leicht- bis mittelgradiger obstruktiver Schlafapnoe (AHI ≤ 30/h) alternativ zu Überdrucktherapieverfahren eingesetzt werden. Dies gilt insbesondere bei Patienten mit einem Body-Mass-Index unter 30 kg/m2 und lageabhängiger Schlafapnoe (A).

  • Bei einem höheren AHI und/oder auch einem BMI > 30 kg/m2 können UPS erwogen werden, falls die Positivdrucktherapie trotz Ausschöpfung aller unterstützenden Maßnahmen nicht eingesetzt werden kann (C).

  • Die Anpassung von UPS soll mit zahnmedizinischer und schlafmedizinischer Expertise erfolgen (A).

  • Der Effekt der Therapie mit UPS soll regelmäßig z. B. jährlich durch schlafmedizinisch qualifizierte Ärzte überprüft werden (A).

5.20.5 Medikamentöse Therapie

Die Datenlage zur medikamentösen Therapie der OSA ist uneinheitlich und die Beurteilung erschwert. Unterschieden werden sollte zwischen einer medikamentösen Therapie einer Grunderkrankung und möglicher Effekte auf eine durch diese Grunderkrankung verursachte oder verschlimmerte OSA und der medikamentösen Therapie der OSA unabhängig vom Vorliegen anderer Erkrankungen. Im Rahmen der Therapie einer Grunderkrankung konnten in ausgewählten Studien positive Effekte auch auf einzelne Aspekte der obstruktiven Schlafapnoe festgestellt werden. In diesem Zusammenhang sei z. B. auf die medikamentöse Therapie der Adipositas [124] oder der allergischen Rhinitis mittels Fluticasonproprionat Nasenspray [232] verwiesen.

Zur medikamentösen Therapie der OSA selbst hingegen liegen derzeit keine überzeugenden Wirksamkeitsnachweise vor [88, 284, 305, 422] bzw. die Datenlage ist heterogen. Auf eine Auflistung der einzelnen Studien, die für einzelne Präparate auch als RCT vorliegen, wurde daher verzichtet, dies gilt auch für die tabellarische Übersicht.

Eine Empfehlung für eine medikamentöse Therapie der OSA kann daher nicht ausgesprochen werden. Dies deckt sich mit den Empfehlungen anderer Fachgesellschaften und Organisationen [131, 367, 375].

Empfehlung

  • Eine medikamentöse Therapie der OSA kann nicht empfohlen werden (A).

5.20.6 Medikamentöse Therapie bei residualer Tagesschläfrigkeit unter CPAP-Therapie

Zur Prävalenz dieses Beschwerdebildes liegen nur sehr wenige, zumeist retrospektive Untersuchungen vor. Im Mittel leiden etwa 10 % aller CPAP-Patienten unter persistierender Tagesschläfrigkeit trotz effektiver CPAP-Therapie, wenn alle möglichen Ursachen wie unzureichende Nutzung, Leckagen, andere Schlafstörungen sowie weitere organische oder psychische Ursachen für Tagesschläfrigkeit ausgeschlossen wurden [157]. Bisher lassen sich keine Prädiktoren für das Auftreten einer persistierenden Schläfrigkeit unter CPAP-Therapie definieren.

In 7 Placebo-kontrollierten Studien wurden 1023 Patienten mit 200 oder 400 mg Modafinil oder Armodafinil behandelt, wobei sich eine gegenüber Placebo signifikante, klinisch relevante, jedoch moderate Besserung der Tagesschläfrigkeit in subjektiven und objektiven Parametern zeigte. Relevante unerwünschte Wirkungen, insbesondere eine Zunahme des arteriellen Blutdrucks, wurden nicht beobachtet, sodass der Einsatz empfohlen wurde [200, 254].

Die europäische Arzneimittelagentur zog Ende 2010 die Zulassung für Modafinil zur Behandlung der residualen Tagesschläfrigkeit bei OSA trotz effektiver CPAP-Therapie zurück, da große, Placebo-kontrollierte Studien und ausreichende Daten zur Pharmakovigilanz fehlten und die residuale Schläfrigkeit als klinische Entität angezweifelt wurde. Die inversen Histamin-3-Rezeptor-Agonisten Pitolisant und MK-0249 wurden bisher nicht bzw. unzureichend bezüglich der Verringerung der residualen Tagesschläfrigkeit bei OSA untersucht [188].

Empfehlung

  • Modafinil („off-label“) kann zur Behandlung der residualen Tagesschläfrigkeit unter CPAP-Therapie bei OSA erwogen werden, wenn andere Ursachen ausgeschlossen wurden (C).

5.20.7 Verfahren zur Erhöhung des Muskeltonus

Verschiedentlich wurde versucht, mittels unterschiedlichen Therapie- bzw. Trainingsverfahren eine Erhöhung des Muskeltonus am oberen Atemweg zu erreichen, um auf diese Weise die Kollapsibilität des Atemweges zu reduzieren und eine OSA zu therapieren. Die Therapie- bzw. Trainingsverfahren sind in Bezug auf angewandte Methodik nur sehr eingeschränkt vergleichbar und es fehlt häufig an prospektiven kontrollierten Studien mit ausreichender Fallzahl. Für ausgewählte Verfahren liegen jedoch auch randomisierte kontrollierte klinische Studien vor, hierzu gehören die Verfahren zur intraoralen elektrischen Stimulation [373], das regelmäßige Spielen eines Didgeridoos [363] und die Anwendung von myofunktionalen Übungen [174]. Für die intraorale elektrische Stimulation konnte in der genannten RCT lediglich eine Überlegenheit in Bezug auf die Reduktion des Schnarchens dargestellt werden, während kein Unterschied zwischen den Therapiegruppen in Bezug auf das Auftreten respiratorischer Ereignisse oder in Bezug auf die Tagesschläfrigkeit nachgewiesen werden konnte. Für das Spielen des Didgeridoos und myofunktionale Übungen hingegen konnte eine signifikante Überlegenheit der Interventionsgruppe gegenüber der Kontrollgruppe sowohl in Bezug auf die respiratorische Ereignisse (AHI) als auch in Bezug auf die Tagesschläfrigkeit (ESS) gezeigt werden. Eine Übersichtsarbeit zu den myofunktionalen Übungen mit neun klinischen Studien an Erwachsenen kommt zum Schluss, dass eine etwa 50 %-ige Reduktion des AHI durch die Übungen erreicht werden kann [81]. Die Belastbarkeit der Daten ist jedoch durch die häufig kleinen Therapiegruppen und die kurzen Nachbeobachtungszeiten eingeschränkt. Eine elektrische Oberflächenstimulation zur Erhöhung des Muskeltonus kann daher nicht empfohlen werden. Nicht-elektrische Verfahren wie das Spielen eines Didgeridoos und myofunktionale Übungen können als alleinige Therapie der OSA auf dem Boden der bisherigen Studienlage ebenfalls nicht empfohlen werden, können jedoch im Einzelfall erwogen werden. Eine Verbesserung von Atmungsstörungen und Symptomatik ist möglich, sofern die nicht-elektrischen Verfahren vom Patienten regelmäßig angewandt werden.

Empfehlungen

  • Eine elektrische Oberflächenstimulation zur Erhöhung des Muskeltonus sollte nicht durchgeführt werden (B).

  • Nicht-elektrische Verfahren und myofunktionale Übungen können im Einzelfall erwogen werden (B).

5.20.8 Therapie mit Sauerstoff

Der Einsatz einer nächtlichen Therapie mit Sauerstoff zur Verhinderung bzw. Verbesserung der mit den respiratorischen Ereignissen einhergehenden Entsättigungen wurden in zahlreichen kontrollierten und nicht-kontrollierten Therapiestudien untersucht. Verglichen wurden hierbei in der Regel entweder eine Therapie mit O2 gegenüber einer Kontrolltherapie mit Raumluft oder eine O2- mit einer CPAP-Therapie. In den vergleichenden randomisierten bzw. Kohorten-Studien konnte in allen Fällen eine höhere mittleren Sauerstoffsättigung und in der Mehrzahl der Studien eine minimal geringere Anzahl an respiratorischen Ereignissen unter einer nächtliche Sauerstofftherapie im Vergleich zu Raumluft festgestellt werden [6, 58, 151, 166, 230, 243, 360, 421].

In den randomisierten Studien, die die Effekte einer O2-Gabe mit einer CPAP-Therapie verglichen, zeigte sich kein Unterschied bzgl. der mittleren nächtlichen Sauerstoffsättigung, jedoch eine deutliche Überlegenheit in Bezug auf den AHI in der CPAP-Gruppe [39, 263, 267, 300, 323, 357]. Die Überlegenheit der O2-Therapie gegenüber Raumluft in Bezug auf die genannten Parameter bzw. der CPAP-Therapie gegenüber der O2-Gabe konnte in einer Metaanalyse bestätigt werden [295].

Die alleinige nächtliche Sauerstofftherapie bei Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe kann daher die nächtliche Sauerstoffsättigung signifikant verbessern, ist jedoch aufgrund der nicht vorhandenen bzw. nur minimalen Effekte auf die Anzahl der respiratorischen Ereignisse der CPAP-Therapie unterlegen. Die alleinige nächtliche Sauerstoffgabe hat darüber hinaus potentiell das Risiko, die respiratorischen Ereignisse zu verlängern sowie Hyperkapnien zu verstärken. Bisher konnten keine überzeugenden Effekte in Bezug auf die Tagessymptomatik bei OSA-Patienten nachgewiesen werden.

Empfehlung

  • Eine alleinige nächtliche Sauerstofftherapie soll zur Behandlung der OSA nicht eingesetzt werden (A).

5.20.9 Lagetherapie

Die Lageabhängigkeit der respiratorischen Ereignisse bei der OSA ist ein bekanntes Phänomen. Die Rückenlage scheint die vulnerable Schlafposition in dieser Patientengruppe zu sein. Je nach Ausprägung wird zwischen einer Rückenlage-bezogenen oder Rückenlage-abhängigen OSA unterschieden, wobei unterschiedliche Definitionen hierfür verwendet werden. Häufig wird dann von einer lageabhängigen („positional“) OSA gesprochen, wenn der AHI in Rückenlage mehr als doppelt so hoch ist als in anderen Schlafpositionen. Insbesondere bei Patienten, die ausschließlich in Rückenlage Atmungsstörungen aufweisen bzw. bei denen in anderen Körperpositionen ein geringer bzw. nicht-therapiebedürftiger AHI vorliegt, hat eine Verhinderung der Rückenlage grundsätzlich therapeutisches Potential. Die zur Rückenlage-Verhinderung verwendeten Verfahren bzw. Hilfsmittel unterscheiden sich erheblich in ihrem Aufbau bzw. in der Zuverlässigkeit, mit der die Rückenlage verhindert wird. Analog zu allen anderen Hilfsmitteln ergibt sich auch hier das Problem der Compliance. Der Erfolg jeglicher Maßnahmen zur Lagetherapie bei Patienten mit einer OSA ist grundsätzlich zu objektivieren.

Zum Vergleich zwischen einer Lage- und der CPAP-Therapie liegen drei randomisierte Studien und eine darauf aufbauende Metaanalyse vor. Die Studie von [420] verglich eine einmonatige Therapie mit Hilfe einer modifizierten „Tennisball“-Methode mit einer CPAP-Therapie. Eine Reduktion des AHI konnte in beiden Gruppen erzielt werden. Die CPAP-Therapie erwies sich in Bezug auf die Reduktion des AHI und die Verbesserung der mittleren Sauerstoffsättigung als überlegen, während die Compliance und das Nebenwirkungsprofil in der Lagetherapie-Gruppe günstiger ausfiel. Ein signifikanter Unterschied in Bezug auf Parameter der Tagesschläfrigkeit und der Lebensqualität zeigte sich nicht.

Jokic et al. konnten bereits 1999 mit einem ähnlichen Hilfsmittel eine signifikante Reduktion der subjektiven und objektiven Zielparameter in beiden Therapiearmen nachweisen [222]. Die CPAP-Therapie erwies sich der Lagetherapie in Bezug auf die Reduktion des AHI und die Verbesserung der minimalen Sauerstoffsättigung als überlegen, keine Unterschiede ergaben sich jedoch in Bezug auf die Tagesschläfrigkeit und die Vigilanz- bzw. auf psychomotorische Testverfahren.

Permut et al. verwendeten eine Art Kunststoff-Block, der über einen Gurt am Rücken aufgeschnallt wird und gegenüber dem „Tennisball“ eine zuverlässigere Verhinderung der Rückenlage erreichen soll [355]. Sie konnten damit in ihrem Kollektiv eine signifikante Reduktion des AHI in beiden Gruppen feststellen, wobei die CPAP-Therapie der Lagetherapie-Gruppe signifikant überlegen war. In Bezug auf den Anteil der Patienten, deren AHI unter einen Wert von 5 reduziert werden konnte, waren die beiden Therapien jedoch gleichwertig.

Eine Metaanalyse aus den drei genannten Studie kommt zu dem Schluss, dass die CPAP-Therapie in Bezug auf die Reduktion des AHI und die Verbesserung der nächtlichen Sauerstoffsättigung der Lagetherapie überlegen ist, sich die übrigen untersuchten schlafmedizinischen Kennwerte zwischen den Gruppen jedoch nicht unterschieden und die klinische Relevanz des geringen Vorteils in Bezug auf die respiratorischen Parameter fraglich ist [190].

Empfehlung

  • Für Patienten mit leicht- bis mittelgradiger, lageabhängiger OSA kann eine Therapie zur Rückenlageverhinderung erwogen werden, wenn eine andere in dieser LL empfohlene Therapie nicht möglich ist bzw. diese nicht ausreichend toleriert wird (C).

5.20.10 Chirurgische Therapieverfahren

Bei den chirurgischen Verfahren wird zwischen resektiven und nichtresektiven Operationsmethoden und den gesichtsskelettverlagernden Verfahren (Osteotomien) unterschieden. Ein weiteres Verfahren ist die Tracheotomie, die die OSA zuverlässig beseitigt [80], jedoch als Ultima ratio anzusehen ist. Operationen zur Verbesserung der Nasenatmung sind in einem anderen Kontext zu betrachten, denn sie verbessern die Atmungsstörung in der Regel nicht, reduzieren jedoch Tagesschläfrigkeit, Schnarchen sowie den erforderlichen CPAP-Druck und verbessern die generelle Akzeptanz der CPAP-Therapie [261].

Resektive Verfahren sind alle chirurgischen Maßnahmen, die zum Ziel haben, durch Resektionen im Bereich der oberen Atemwege Obstruktionen bzw. Behinderungen des Luftflusses zu beseitigen bzw. zu korrigieren. In einer methodisch hochwertigen randomisierten Studie war die Uvulopalatopharyngoplastik (UPPP) dem alleinigen Abwarten über 6 Monate hochsignifikant überlegen mit einer Reduktion des AHI von 60 % versus 11 % sowie einer Verringerung des AHI > 50 % auf einen AHI < 20 in 59 % vs. 6 % [70]. Die Erfolgswahrscheinlichkeit steigt mit zunehmender Größe der Tonsillen und abnehmender Größe der Zunge [260]. Bei sehr großen Tonsillen kann daher auch eine alleinige Tonsillektomie im Einzelfall sinnvoll sein.

Insgesamt besteht bei resektiven Verfahren ein erhöhtes peri- und postoperatives Risiko, welches jedoch in den jüngeren Studien deutlich abgenommen hat [82]. Ob die initiale Wirkung der operativen Maßnahme über die Zeit abnimmt, ist aufgrund inkonsistenter Daten nicht gesichert [69, 459]. Anhaltende Nebenwirkungen wie z. B. Veränderungen der Stimme und Schluckbeschwerden sind möglich [82]. Die Tonsillektomie und Uvulopalatopharyngoplastik kann Patienten mit leicht- bis mittelgradiger OSA insbesondere bei Unverträglichkeit der CPAP-Therapie bei geeigneter Anatomie empfohlen werden, da sie dem Fehlen einer Therapie bei vertretbaren Nebenwirkungen überlegen ist. Der Stellenwert der vielen Modifikationen der UPPP (e. g. Uvulaflap, Z‑Palatoplastik, Relocationspharyngoplastik, Han-UPPP, laterale Pharyngoplastik, Expansionssphinkteroplastik) ist bisher unklar, es sollten daher entsprechende Studien durchgeführt werden [439]. Die laserassistierte Uvulopalatoplastik (LAUP) führt in nur 50 % der Fälle zu einer Reduktion des AHI unter 10/h, in bis zu 60 % der Fälle kommt es zu postoperativen Nebenwirkungen [483]. Im Langzeitverlauf über einen Zeitraum von im Mittel 11 Jahren zeigten sich ähnliche Ergebnisse [165]. Die LAUP wird daher nicht empfohlen.

Nichtresektive Verfahren sollen durch Verlagerung von Pharynxstrukturen oder durch das Einbringen von Implantaten die Kollapsibilität des pharyngealen Atemwegs reduzieren. Es liegen Daten mit ausreichender Evidenz für die Weichgaumenimplantate, die Radiofrequenzchirurgie des Weichgaumens und des Zungengrundes, die Hyoidsuspension, die Zungensuspension und die Stimulationstherapie der oberen Atemwege vor.

Die Radiofrequenzablation (RFTA) und die Weichgaumenimplantate als minimalinvasive Operationen sind verträglicher als die resektiven Eingriffe [99, 136]. Mit der RFTA ist bisher eine nur 31 %ige und nur kurzzeitige Reduktion der Schläfrigkeit mittels Epworth Sleepiness Scale (ESS) nachgewiesen [136]. Während die RFTA des Weichgaumens das Schnarchen bei primären Schnarchern mit guter Evidenz reduziert [31], konnte in einer Placebo-kontrollierten Studie durch eine einmalige Behandlung kein Effekt bei OSA nachgewiesen werden [32]. Für die Zungengrund-Radiofrequenz-Therapie fehlt bisher der gesicherte Nachweis einer effektiven Wirkung, von Einzelstudien abgesehen [482]. Eine Veränderung des Schmeckens konnte sowohl subjektiv als auch objektiv nicht gefunden werden [132]. Für die Weichgaumenimplantate ist eine geringe bis moderate Wirksamkeit für die Reduktion des Schnarchens und der OSA mit hoher Evidenz nachgewiesen, wobei von nahezu 10 % der Patienten über eine Extrusion berichtet wurde [99, 285].

Ein weiterer Therapieansatz besteht in der Stimulation des N. hypoglossus, wodurch der M. genioglossus als wesentlicher Atemwegsöffner aktiviert wird. Damit soll die Funktionsstörung der Atemwegsmuskulatur bei Patienten mit OSA direkt behoben werden. Die Therapie wird bei Patienten mit mittel- bis schwergradiger OSA eingesetzt. Nach Machbarkeitsstudien wurde kürzlich eine Multi-Center-Studie mit randomisiertem Therapieentzug nach 12 Monaten veröffentlicht. Dabei zeigte die atmungssynchrone Stimulation des N. hypoglossus einen anhaltenden Therapieeffekt bei mittel- bis schwergradiger OSA, während die Atmungsstörung während des Therapieentzugs in der ursprünglichen Ausprägung wieder auftrat [434]. Die Morbidität des Verfahrens ist als gering zu bezeichnen. Die Methode kann bei Nichtdurchführbarkeit oder Ablehnung der CPAP-Therapie erwogen werden.

Die sog. Multilevelchirurgie wird derzeit vielfach propagiert, jedoch fehlen auch hier durch kontrollierte Studien gesicherte Daten zum Nachweis des Erfolges, wenn auch eine in allen Fallserien relativ konstante Ansprechrate von 50–70 % (im gewichteten Mittel 66,4 %) berichtet wird [264]. Die Ansprechraten unterscheiden sich nicht, wenn für den retrolingualen Eingriff die Zungensuspension anstatt der am häufigsten verwendeten Verfahren Genioglossus-Advancement ohne bzw. mit Hyoidsuspension eingesetzt wird [178]. Babadamez et al. [30] konnten in einer randomisierten Studie keine signifikanten Gruppenunterschiede zwischen drei verschiedenen Zungengrundresektionen jeweils in Kombination mit einer UPPP darstellen [30]. Über einen Zeitraum von 5 Jahren kann die Ansprechrate abnehmen [196].

Andere bisher nur auf geringem Evidenzniveau validierte Verfahren sind die Hyoidsuspension, die Midline-Glossektomie (kalte Chirurgie, Laser, Roboter-assistiert) und die Lingualplastik [152, 483]. Für eine therapiebedürftige obstruktive Schlafapnoe werden folgende Methoden nicht empfohlen: laserassistierte Weichgaumenchirurgie, Uvulakappung, „cautery-assisted palatal stiffening operation“, „injection snoreplasty“, Radiofrequenzchirurgie der Tonsillen, „transpalatal advancement pharyngoplasty“ und das isolierte Genioglossus-Advancement.

Osteotomien zur Vorverlagerung von Ober- und Unterkiefer (maxillo-mandibuläres Advancement) vergrößern den pharyngealen Atemweg und erhöhen dadurch den pharyngealen Muskeltonus. Beide Effekte reduzieren die Kollapsibilität des Pharynx synergistisch. Sie können bei angeborenen Fehlbildungen (u. a. Pierre-Robin-Sequenz, Crouzon-Syndrom, Apert-Syndrom) oder bei anatomischen Besonderheiten der oberen Atemwege wie Mikrogenie (kleinem Unterkiefer), mandibulärer Retrognathie (Rücklage des Unterkiefers in Relation zur vorderen Schädelbasis) und dem damit verbundenen engen sagittalen Gesichtsschädelaufbau, jedoch auch bei normognathen Patienten eine hocheffektive Therapie der OSA darstellen. Eine Vorverlagerung um 10 mm wird als erforderlich betrachtet. In einer Metanalyse mit 627 Patienten wird eine substantielle Besserung des AHI um 86 % angegeben, ein AHI < 5 wird in 43,2 % erreicht [194]. Der Therapieeffekt war in den Serien mit Langzeitdaten nach mehr als 2 Jahren unverändert vorhanden. Sowohl in Kohortenstudien als auch in einer randomisierten Studie zeigte sich kein Unterschied in der Wirksamkeit im Vergleich zur Ventilationstherapie [359, 453]. An unerwünschten Wirkungen werden häufig transiente Parästhesien (Sensibilitätsveränderungen) des 2. und/oder 3. Trigeminusastes angegeben [194], die nach 12 Monaten aber nur noch bei 14 % der Patienten nachzuweisen sind. Ästhetischen Auswirkungen werden von mehr als 90 % der Patienten als positiv oder neutral eingestuft [359].

Generell sind chirurgische Therapieformen schwierig auf einem hohen Evidenzniveau zu evaluieren, da die operativen Techniken in Abhängigkeit von der Anatomie und Funktion des oberen Atemweges individuell ausgewählt werden mit entsprechend erschwerter Standardisierung und nur wenige Zentren das gesamte Therapiespektrum beherrschen [91]. Eine Verblindung ist bei vielen Operationstechniken naturgemäß nicht möglich. Es existieren dennoch zunehmend kontrollierte und randomisierte Studien, die chirurgische Therapieverfahren mit CPAP, Placebo oder Abwarten vergleichen. Es existiert jedoch bisher nur eine einzige Studie hohen Evidenzgrades pro Operationstyp. Die Ergebnisse müssen deshalb in weiteren Studien überprüft werden. Daten zu Langzeiteffekten liegen für die Osteotomien, die Tracheotomie, die Laser-assistierte Uvulopalatoplastik (LAUP), die Uvulopalatopharyngoplastik (UPPP) und die Multi-Level-Chirurgie vor. Für praktisch alle anderen chirurgischen Verfahren kann keine Aussage hinsichtlich der Langzeiteffekte getroffen werden. Der Effekt von operativen Therapieverfahren auf kardiovaskuläre Parameter und Tagessymptomatik ist bisher nicht in qualitativ hochwertigen Studien überprüft. Ein positiver Effekt zeigte sich jedoch in Kohortenstudien: Im Vergleich zu einer nur durch Verhaltensempfehlungen behandelten Kontrollgruppe war die Tagesschläfrigkeit 3 Jahre nach operativer Therapie signifikant geringer [395]; im Vergleich zu einer gesunden Kontrollgruppe konnte eine Normalisierung der Serumleptin- und -stickstoffmonoxidwerte sowie der endothelabhängigen Vasodilatation 3 Monate nach erfolgreicher UPPP erreicht werden [255, 265]; TNF-α und IL-6 als inflammatorische Marker waren 3 Monate nach UPPP mit Septumplastik signifikant reduziert im Vergleich zu einer gesunden Kontrollgruppe [107]. Die Mortalität bei OSA konnte in einer epidemiologischen Kohortenstudie an 444 Patienten durch eine UPPP gegenüber dem einer unbehandelten Kontrollgruppe signifikant und vergleichbar der CPAP-Therapie gesenkt werden [279].

Werden chirurgische Verfahren bei OSA-Patienten angewendet, sollen sie nicht ohne schlafmedizinische Diagnostik zu erfolgen. Die Prädiktoren für einen Operationserfolg und damit die Selektionskriterien für die Wahl der geeigneten chirurgischen Therapie bei OSA-Patienten müssen für jede Intervention separat herausgearbeitet werden. Sie unterscheiden sich zum Teil erheblich und sind nicht für alle Operationen vorhanden. Einzig die Adipositas ist ein negativer Prädiktor, jedoch mit unterschiedlichen und zum Teil noch unbekannten Schwellenwerten je nach Intervention. Die vollständige Beseitigung der OSA durch eine Operation ist individuell nicht vorhersagbar. Die resektiven und nicht-resektiven Verfahren sind grundsätzlich nicht ohne Risiko [150, 264]. Im Allgemeinen sind sie daher mit Ausnahme der Osteotomien und bei geeigneter Anatomie der Tonsillektomie und Uvulopalatopharyngoplastik nicht als primäre Therapiemaßnahme zu empfehlen [439]. Im Einzelfall können die minimalinvasiven Verfahren ihren Stellenwert haben. Bei anatomischen Besonderheiten wie Hyperplasie der Adenoide oder Tonsillen bzw. Schwellungen durch Entzündungen oder Neoplasien im Pharynx kann der Effekt der in diesem Zusammenhang notwendigen Behandlung auf die Ausprägung der OSA im Einzelfall abgewartet werden.

Empfehlungen

  • Operationen zur Verbesserung der Nasenatmung sollten bei behinderter Nasenatmung und daraus resultierender CPAP-Intoleranz erwogen werden (B).

  • Bei Tonsillenhyperplasie und oropharyngealer Obstruktion soll eine Tonsillektomie durchgeführt werden, insbesondere dann, wenn eine andere Therapie (CPAP, MAD) nicht möglich ist bzw. diese nicht ausreichend toleriert wird (A). Ggf. kann sie mit einer Uvulopalatopharyngoplastik kombiniert werden (C).

  • Neurostimulationsverfahren des N. hypoglossus können bei fehlenden anatomischen Auffälligkeiten und mittel- bis schwergradiger OSA eingesetzt werden, wenn die Positivdrucktherapie unter oben genannten Bedingungen nicht angewendet werden kann. Sie sollte nur bei Patienten mit CPAP-Unverträglichkeit bzw. -ineffektivität mit einem AHI 15–50/h und einer Adipositas Schweregrad ≤ I zum Einsatz kommen, wenn keine konzentrische Obstruktion in der Schlafendoskopie dokumentiert wurde (B).

  • Bei entsprechendem anatomischen Befund mit kleinem Unterkiefer und engem Gesichtsschädelaufbau (Zungengrund-Rachenhintergrund-Abstand, posterior airway space PAS, < 10 mm im Fernröntgenbild FRS) soll eine Vorverlagerung des Ober- und/oder Unterkiefers (bimaxilläres Advancement) erwogen werden, insbesondere dann, wenn eine andere Therapie (CPAP, UPS) nicht möglich ist bzw. diese nicht ausreichend toleriert wird (A).

  • Muskelresezierende Operationstechniken am Weichgaumen sind nicht zu empfehlen (A).

  • Einige weitere operative Verfahren können in Abhängigkeit vom anatomischen Befund im Einzelfall sinnvoll sein (C).

Hinweis

vgl. Tab. B.10 und B.11

6. Zentrale Schlafapnoesyndrome

Diese Gruppe von schlafbezogenen Atmungsstörungen ist durch eine Störung in der Atmungsregulation und/oder der Übertragung der Impulse auf das thorakoskelettale System gekennzeichnet. Bei der zentralen Schlafapnoe (ZSA) besteht trotz offener oder passiv kollabierter oberer Atemwege kein Atemfluss, so dass keine effektive Ventilation stattfindet. Während der gesamten Dauer des sistierenden Luftflusses fehlt die inspiratorische Atmungsanstrengung [48, 198]. Bei zentralen Hypopnoen liegt eine Verminderung der Atmungsanstrengung und des Atemstroms vor. Im Gegensatz zu obstruktiven Atmungsstörungen zeigen sich keine Zeichen der paradoxen Atmung [377].

Über die Anzahl der zentralen Ereignisse, die noch als normal betrachtet werden, besteht keine Übereinstimmung in der Literatur. Im ungestörten Schlaf können zentrale Apnoen in Schlaf-Wach-Übergängen auftreten, ohne dass sie eine pathologische Bedeutung haben. Dieser Tatsache muss bei der Diagnostik zentraler Ereignisse Rechnung getragen werden.

Bei der ZSA werden hyperkapnische und nicht-hyperkapnische Formen unterschieden. Die hyperkapnischen Atmungsstörungen sind durch eine Verminderung des Atmungsantriebs oder der Übertragung oder Umsetzung der Impulse auf die durch die Atmungsmuskulatur gekennzeichnet (neuromuskuläre Erkrankungen, Opiat-induzierte ZSA). Bei den nicht-hyperkapnischen Formen der ZSA liegt meist ein gesteigerter Atmungsantrieb und/oder eine erhöhte Chemosensitivität vor (ZSA in großer Höhe, ZSA mit oder ohne Cheyne-Stokes-Atmung [CSR] bei kardio-/zerebrovaskulären Erkrankungen und Niereninsuffizienz). In dieser Gruppe sind ZSA bei Patienten mit Herzinsuffizienz, mit nephrologischen oder neurologischen Erkrankungen (u. a. in der Frühphase nach einem Schlaganfall) oder unter Opioiden und anderen atemdepressiv wirkenden Medikamenten von größerer epidemiologischer Bedeutung als die primäre Form.

Im Rahmen dieses Kapitels werden die Formen der zentralen Schlafapnoe beim Erwachsenen beschrieben.

6.1 Zentrale Schlafapnoe mit Cheyne-Stokes-Atmung

Die ZSA in Verbindung mit CSR ist durch ein Crescendo-/Decrescendo-Atmungsmuster des Tidalvolumens mit einer zentralen Apnoe oder Hypopnoe während des Nadirs der Atmungsanstrengungen charakterisiert [425]. Drei aufeinanderfolgende solcher Zyklen werden als CSR gewertet, wenn die Zykluslänge (Länge der Apnoe/Hypopnoe plus die Länge der Ventilations-/Hyperventilationsphase) mindestens 40 s (typischerweise 45–90 s) beträgt und gleichzeitig 5 oder mehr zentrale Apnoen oder Hypopnoen pro Stunde Schlaf mit Crescendo-/Decrescendo-Atmungsmuster über eine Aufzeichnungsdauer von mindestens 2 h vorliegen [48, 198]. Dieses wechselhafte Auftreten von Hyper- und Hypoventilation bedingt Fluktuationen des arteriellen Sauerstoff- sowie Kohlendioxidgehaltes. Die apnoe- und hypoventilationsbedingten Hypoxämien können in Verbindung mit den verstärkten Atmungsanstrengungen während der Hyperventilation eine vermehrte Anzahl von Arousals zur Folge haben und dadurch zu Schwankungen der Herzfrequenz, des Blutdrucks und zu einer Schlaffragmentierung führen [65].

6.1.1 Hauptbefunde

Die meisten Patienten mit ZSA mit CSR haben eine Herzinsuffizienz entweder mit eingeschränkter oder erhaltener systolischer Funktion. Eine ZSA mit CSR kann auch bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz [242] und bei Patienten in der Frühphase nach Schlaganfall [320, 411] auftreten. Folgen der ZSA in Verbindung mit CSA können Tagesschläfrigkeit, Müdigkeit, nächtliche Dyspnoe, Nykturie als auch Insomnie sein [25, 55, 205]. Durch die Grunderkrankungen können diese Symptome weiter verstärkt werden.

6.1.2 Epidemiologie

Bei Herzinsuffizienz und eingeschränkter linksventrikulärer Funktion (HFrEF) wird das Auftreten der ZSA mit CSR (Apnoe-Hypopnoe Index ≥ 15/h) bei 21–37 % der Patienten berichtet. Je schwerer die HFrEF, desto häufiger findet sich eine CSA. Frauen sind wesentlich seltener als Männer betroffen [208, 416, 424, 500]. Durch die Fortschritte in Herzinsuffizienztherapie hat sich die Prävalenz der ZSA mit CSR bei HFrEF-Patienten nicht wesentlich verändert [500]. In dieser Patientengruppe findet sich eine CSA mit CSR mit zunehmender Häufigkeit bei Männern in den Altersgruppen > 60 Jahren sowie beim Vorliegen von Vorhofflimmern und einem arteriellen pCO2 < 38 mm Hg am Tag [205, 416].

Bei Patienten mit Herzinsuffizienz und erhaltener linksventrikulärer Funktion (HFpEF) findet sich bei ca. 18 bis 30 % eine ZSA mit CSR [52, 94, 189, 405]. Der Anteil der zentralen Apnoen und Hypopnoen im Verhältnis zu obstruktiven Apnoen und Hypopnoen nimmt mit zunehmender Einschränkung der diastolischen Funktion zu [457].

Bei Patienten mit Schlaganfall variiert die Prävalenz der ZSA mit CSR stark (3 und 72 %) [41, 61, 68, 221, 340, 411]. Besonders häufig kann ZSA mit CSR bei Patienten in der Frühphase nach Schlaganfall auftreten (bis zu 72 %) [340, 411]. Die ZSA mit CSR hängt in dieser Patientengruppe außer von der Ausdehnung des Schlaganfalls, auch von einer zugrunde liegenden Herzinsuffizienz ab [320, 411]. Häufig handelt es sich bei diesen Erkrankungen um eine kombinierte Atmungsstörung mit Phasen von zentralen Atmungsereignissen im NREM-Schlaf im Wechsel mit obstruktiven Ereignissen im REM-Schlaf oder in Rückenlage.

6.1.3 Diagnostik

Die ZSA mit CSR wird diagnostiziert, wenn die Diagnosekriterien A oder B, C und D erfüllt sind (ICSD-3): Auftreten von einem oder mehreren der folgenden Symptome: Tagesschläfrigkeit, Ein-/Durchschlafstörungen, häufiges nächtliches Erwachen, Aufwachen mit Atemnot, Schnarchen oder beobachtete Atempausen.

  1. A.

    Vorliegen einer Herzinsuffizienz, Vorhofflimmern/-flattern oder einer neurologischen Erkrankung.

  2. B.

    In der Polysomnographie (Diagnostik oder Titration einer Therapie mit positivem Atemwegsdruck) zeigen sich ≥5 zentrale Apnoen und/oder Hypopnoen pro Stunde Schlaf [48]. >50 % aller Apnoen und Hypopnoen sind als zentral einzustufen und es liegt ein CSR-Atmungsmuster vor [48].

  3. C.

    Die Erkrankung kann nicht besser durch eine andere Schlafstörung, Medikation (z. B. Opioide) erklärt werden.

  4. D.

    Die Abgrenzung der zentralen von den obstruktiven Apnoen und Hypopnoen ist durch die Messung der Atmungsanstrengungen mittels Induktionsplethysmographie (im Zweifelsfall durch Ösophagusdruckmessung) sowie durch die Messung des Atemflusses durch einen nasalen Staudrucksensor möglich [48, 102, 198, 321, 377, 428, 471]. Die semiquantitative Messung des Atemflusses mittels oronasalem Thermistor ist weit weniger sensitiv [321].

6.1.4 Therapie

Die Behandlung der Grunderkrankung, beispielsweise einer Herzinsuffizienz, stellt eine wichtige Komponente der Behandlung der ZSA mit CSR dar. Diese Maßnahme kann die ZSA mit CSR bessern oder beseitigen [27, 273, 327, 418, 424].

6.1.5 Respiratorische Stimulanzien und CO2

Respiratorische Stimulanzien wie Theophyllin [209] und Acetazolamid [208, 214] oder die Verabreichung von CO2 – direkt oder mittels Erhöhung der Totraumventilation – [231, 268] reduzieren bei Patienten mit Herzinsuffizienz das Auftreten von zentralen Atmungsereignissen im Schlaf. Diese Therapieansätze können jedoch nicht zur Behandlung der ZSA mit CSR empfohlen werden, da Daten zur langfristigen Sicherheit fehlen.

6.1.6 Unilaterale Stimulation des Nervus Phrenicus

Die Therapie einer ZSA mit oder ohne CSR mittels unilateraler Stimulation des N. phrenicus senkt bei ausgewählten Patienten die Häufigkeit respiratorischer Ereignisse und der Aufwachreaktion [361, 502]. Die Literaturrecherche ergab keine randomisierten Studien zu kardiovaskulären Endpunkten.

6.1.7 Sauerstoff

Bei Patienten mit stabiler HFrEF, die mit 2–4 Litern Sauerstoff/Minute behandelt werden, kann eine partielle Reduktion von zentralen Apnoen und Hypopnoen um 37 bis 85 % erreicht werden [16, 22, 27, 149, 180, 206, 240, 268, 399, 410, 429, 442, 444, 501]. Die Normalisierung der Sauerstoffsättigung durch die Sauerstoffgabe geht mit einem Anstieg des PCO2 und persistierender periodischer Atmung einher [268]. Ohne eine Sauerstoffentsättigung werden diese persistierenden respiratorischen Ereignisse häufig nicht als Hypopnoe klassifiziert [48]. Sowohl randomisierte als auch nicht randomisierte Studien zeigen keinen signifikanten Einfluss auf die linksventrikuläre Ejektionsfraktion [16, 22, 501].

6.1.8 Continuous Positive Airway Pressure

Kontinuierlicher positiver Atemwegsdruck (Continous Positive Airway Pressure) kann bei ZSA mit CSR zu einer variablen Reduktion der zentralen Apnoen und Hypopnoen um ca. 50 %, einer Verbesserung der linksventrikulären Ejektionsfraktion [27, 66, 312, 356] und der Lebensqualität [312, 356] führen. Weiterhin führt eine CPAP-Therapie bei Patienten mit Herzinsuffizienz zu eine Reduktion der Sympatikusaktiverung und Biomarkern der Herzinsuffizienz (z. B. Brain Natriuretic Petide, BNP) [23, 27, 66, 116, 170, 207, 241, 312, 352, 356, 417, 442, 443, 492]. CPAP führt in dieser Patientengruppe zu keiner signifikanten Besserung der Schlafqualität [393]. In einer randomisierten Langzeitstudie verbesserte eine CPAP-Therapie bei Patienten mit HFrEF und ZSA mit CSR das transplantationsfreie Überleben nicht [66]. In einer Post-hoc Analyse der Studie zeigten Patienten mit HFrEF, deren zentrale Apnoen und Hypopnoen auf weniger als 15/h unterdrückt wurden, einen stärkeren Anstieg der linksventrikulären Ejektionsfraktion und ein verbessertes transplantationsfreies Überleben [23]. HFrEF-Patienten mit persistierender ZSA mit CSR unter CPAP-Therapie haben eine erhöhte Mortalitätsrate [23]. Bei Patienten mit persistierendender ZSA unter CPAP sollte die CPAP-Therapie beendet werden [23]. Bei der Einleitung auf positiven Atemwegsdruck bei Patienten mit schwerer HFrEF (z. B. New York Heart Association-Klasse III/IV und/oder arteriellem Mitteldruck < 60 mm Hg) kann es zu hämodynamischen Nebenwirkungen kommen [24, 329, 402]. Daher kann bei selektionierten Patienten mit symptomatischer mittel- bis schwergradiger ZSA und HFrEF (LVEF ≤ 45 %) eine CPAP-Therapie erwogen werden. Dies betrifft insbesondere Patienten mit schwerer Tagessymptomatik, eine zusätzliche obstruktive Komponente der Schlafapnoe sowie eine deutliche Reduktion der Apnoen und Hypopnoen mit CPAP.

6.1.9 Bilevel Positive Airway Pressure

Eine Therapie mit Bilevel Positive Airway Pressure (Bilevel-PAP) ohne Hintergrundfrequenz bietet bei Patienten mit HFrEF hinsichtlich der Unterdrückung von zentralen Atmungsereignissen keine Vorteile gegenüber der CPAP-Therapie [235, 319]. Eine Kontrolle der ZSA mit CSR gelingt im Einzelfall mit druckgesteuerten Beatmungsverfahren mit Hintergrundfrequenz (Bilevel-PAP-ST-Therapie; [125, 140, 226, 442, 475, 476]). Während bei HFrEF-Patienten mit hypokapnischer ZSA mit CSR (PCO2 ≤ 33,6 mm Hg) CPAP und die adaptive Servoventilation (ASV) zu einem Anstieg des arteriokapillären PCO2 (um 4,3 und 3,6 mm Hg) führen, verändert Bilevel-PAP-ST (eingestellte Atemfrequenz 2 Atemzüge/Minute weniger als die spontane Atemfrequenz) den PCO2 nicht [442]. Damit kommt es mit Bilevel-PAP-ST zur Fortsetzung der Hyperventilation [442]. In einer randomisierten Studie mit HFrEF-Patienten mit ZSA zeigte sich in der Bilevel-PAP-ST Gruppe ein ähnlicher Anstieg der linksventrikulären Ejektionsfraktion (26 to 31 %, P < 0,01), wie in der Gruppe mit adaptiver Servoventilation (25–27 %) [140].

6.1.10 Adaptive Servoventilation

Adaptive Servoventilation (ASV) unterdrückt zentrale Apnoen und Hypopnoen effektiver als Sauerstoff, CPAP oder Bilevel-PAP-ST [27, 408, 442]. In einer Metaanalyse reduzierte ASV den AHI um 31 [95 % Konfidenzintervall −25 bis −36]/h und um 12–23/h mehr im Vergleich zu einer CPAP-Therapie [27]. ASV normalisiert den PCO2 bei Patienten mit HFrEF mit hypokapnischer CSA [442]. Auch bei der Kombination von zentraler Schlafapnoe mit CSR und einer obstruktiven Schlafapnoe sind adaptive Ventilationsverfahren effektiv [8, 374].

Eine Metaanalyse untersuchte die Auswirkungen einer ASV-Therapie auf die Herzfunktion bei Patienten mit HFrEF und ZSA mit CSR [408]. Sechs nicht randomisierte [182, 184, 238, 239, 328, 493] und vier randomisierte Studien [140, 228, 352, 376] wurden in die Analyse eingeschlossen. ASV verbesserte die linksventrikuläre Ejektionsfraktion und die 6‑Minuten-Gehstrecke. Die Mehrzahl der randomisierten Studien zeigte, dass eine ASV-Therapie die linksventrikuläre Ejektionsfraktion im Vergleich zu Kontrollinterventionen nicht verbessert (alleinige medikamentöse und Device-Therapie der Herzinsuffizienz, CPAP oder Bilevel-PAP-ST) [25, 140, 228, 352, 376]. Randomisierte Studien zeigen übereinstimmend, dass ASV bei Patienten mit HFrEF und ZSA mit CSR Brain Natriuretic Peptide (BNP) oder NT-proBNP senkt [25, 228, 352, 376].

Die meisten Langzeitbeobachtungsstudien von Patienten mit HFrEF mit und ohne ZSA weisen darauf hin, dass die ZSA mit/ohne CSR ein unabhängiger Prädiktor für eine erhöhte Mortalität ist [95, 113, 181, 210, 216, 252, 330, 387, 417, 499]. Eine Ursache für das Mortalitätsrisiko könnte im gehäuften Auftreten von malignen ventrikulären Rhythmusstörungen bei Patienten mit HFrEF und ZSA liegen [53]. In klinischen Registern haben HFrEF-Patienten mit schwerer behandelter ZSA (CPAP oder ASV) ein geringeres Mortalitätsrisiko [113, 216] und Risiko für ventrikuläre Arrythmien [56] als Patienten mit schwerer unbehandelter ZSA.

Die Auswirkungen einer ASV-Therapie bei Patienten mit schwerer chronischer HFrEF (überwiegend New York Heart Association-Klasse III, LVEF < 45 %) und ZSA auf die Langzeitprognose wurde bisher in einer großen randomisierten Studie untersucht [109]. Es zeigte sich in der ASV-Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe ein um 28 % erhöhtes Mortalitätsrisko [110]. Für den Tod aufgrund einer kardiovaskulären Erkrankung war das Risiko in der ASV-Gruppe um 34 % erhöht [110]. Die Anwendung der ASV-Therapie ist daher bei Patienten mit symptomatischer Herzinsuffizienz (NYHA-Klasse II–IV) und reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion (LVEF ≤ 45 %) sowie mittel- bis schwergradiger ZSA kontraindiziert. Dies macht vor der Einleitung einer ASV-Therapie bei Patienten mit ZSA die Bestimmung der linksventrikulären Ejektionsfraktion erforderlich. Mechanismen, durch die ASV zum Mortalitätsrisiko bei Patienten mit HFrEF (LVEF < 45 %) und ZSA beitragen kann, sind bislang nicht eindeutig identifiziert.

6.2 Zentrale Schlafapnoe ohne Cheyne-Stokes-Atmung

Hier tritt die zentrale Schlafapnoe sekundär bei Patienten mit neurologischen oder internistischen Grunderkrankungen auf. Demyelinisierende, entzündliche und tumoröse Erkrankungen des Zentralnervensystems, aber auch Störungen des autonomen Nervensystems, z. B. bei Diabetes mellitus sowie Herz- und Niereninsuffizienz können diese Form der zentralen Schlafapnoe verursachen.

6.2.1 Hauptbefunde

Es bestehen die Symptome der jeweiligen Grunderkrankung sowie die Folgen von Schlaffragmentierung; diese können sowohl Tagesschläfrigkeit als auch Insomnie sein.

6.2.2 Diagnostik

Die zentralen Apnoen treten im Leicht- und REM-Schlaf auf, vermehrtes Auftreten von Arousals kann zur Schlaffragmentierung führen.

6.2.3 Therapie

Im Vordergrund steht die Therapie der Grunderkrankung. Systematische Untersuchungen der Therapieeffekte bei dieser Form der zentralen Schlafapnoe liegen nicht vor.

6.3 Zentrale Schlafapnoe bei höhenbedingter periodischer Atmung

Die Definition der ZSA in großer Höhe (high altitude periodic breathing, HAPB) ist nicht standardisiert, so dass Studien schwer vergleichbar sind. Häufig liegt ein periodisches Muster mit Wechsel von Hyperventilation und Hypoventilation bis zur Apnoe vor. Bei Patienten mit vorbestehender obstruktiver Schlafapnoe kann es zur Zunahme der Hypoxämie und einer Verschlechterung vorbestehender zentraler Schlafapnoe in großer Höhe kommen.

6.3.1 Hauptbefunde

Müdigkeit, Erschöpfung und Luftnot.

Klinisch besteht eine periodische Atmung. Eine apparative Diagnostik steht meist nicht zur Verfügung.

6.3.2 Therapie

Die sichere Behandlung besteht im sofortigen Abstieg [324, 365], wobei Höhen unter 2500 bis 4000 m erreicht werden müssen. Bei gesunden Personen kann Acetazolamid HAPB in großer Höhe reduzieren [142]. Es liegen auch positive Berichte für Dexamethason bei Patienten, die empfindlich für das Höhen-Lungenödem sind vor [326]. Diese konnte teilweise durch Acetazolamid und weitgehend mit einer Kombination von Acetazolamid und auto-CPAP vermieden werden [253]. Tab. B.14 informiert über Studien zur höhenbedingten periodischen Atmung.

6.4 Zentrale Schlafapnoe durch Medikamente, Drogen oder Substanzen

Daten zur Beeinträchtigung der Atmung liegen vor allem für Opiate vor, auch wenn es sich überwiegend um Fallserien und retrospektive Studien handelt. Die meisten Untersuchungen beschäftigten sich mit der chronischen Anwendung von Opiaten zur Schmerztherapie oder in Methadonprogrammen bei Heroinabhängigkeit. Opiate beeinflussen die zentrale Atmungsregulation, die Muskelaktivität der oberen Atemwege und die Chemosensitivität [251]. Neben dem charakteristischen Typ der ataktischen Atmung können Opiate und andere atemdepressive Substanzen (z. B. Natrium Oxybat) zu obstruktiven Hypopnoen, einer Verminderung der Atemfrequenz, zentralen Apnoen, prolongierten Hypoxien oder periodischer Atmung auch bei chronischer Anwendung führen [134, 161, 302, 441, 461, 462, 469]. Dies gilt insbesondere für die Kombination von sedierenden und atemdepressiven Substanzen [161].

6.4.1 Hauptbefunde

Folgen der Schlaffragmentierung können sowohl Tagesschläfrigkeit als auch Insomnie sein.

6.4.2 Therapie

Zur optimalen Therapie liegen bisher wenige Daten vor. In jedem Fall ist zu prüfen, ob ein Absetzen oder eine Reduktion der Opiate medizinisch möglich und vertretbar ist [117]. Bei Fortbestehen der Atmungsstörungen können Positivdruckverfahren eingesetzt werden. Es liegen unterschiedliche Ergebnisse aus Fallserien und nicht-randomisierten Studien vor. Eine CPAP-Therapie kann nur im Einzelfall bei Obstruktion der oberen Atemwege erfolgversprechend sein. Bei einer Beeinträchtigung von Chemosensitivität und Atemregulation können auf individueller Basis adaptive Servoventilation oder nichtinvasive Beatmung eingesetzt werden [7, 135, 211, 215, 372].

6.5 Primäre zentrale Schlafapnoe

Wegen der unbekannten Ätiologie wird sie auch als idiopathische Schlafapnoe bezeichnet und ist nicht Folge einer Cheyne-Stokes-Atmung (ICSD-3).

6.5.1 Hauptbefunde

Im Vordergrund steht wiederholtes nächtliches Aufwachen aufgrund der Atemstillstände, häufig von Luftnot begleitet. Folgen der Schlaffragmentierung können sowohl Tagesschläfrigkeit als auch Insomnie sein [64].

6.5.2 Epidemiologie

Das seltene Krankheitsbild tritt vorwiegend bei Personen im mittleren Lebensalter, möglicherweise häufiger bei Männern als bei Frauen auf [389]. Aussagen zur Prävalenz liegen nicht vor.

6.5.3 Therapie

Klinische Fallbeschreibungen berichten den erfolgreichen Einsatz invasiver und nichtinvasiver Beatmungsverfahren im Schlaf. Kontrollierte Studien zur Effektivität dieser Verfahren liegen nicht vor. Weitgehende Unklarheit besteht bezüglich demographischer und epidemiologischer Daten sowie zu den Therapieeffekten der zur Anwendung kommenden Beatmungsverfahren.

  • Primäre zentrale Schlafapnoe bei Kindern (in pädiatr. LL)

  • Primäre zentrale Schlafapnoe bei Frühreifen (in päd. LL)

6.6 Zentrale Schlafapnoe als Therapiefolge

Mit zentraler Schlafapnoe als Therapiefolge, sollte die ZSA bezeichnet werden, welche bei Patienten mit überwiegend OSA (ohne Therapie) unter CPAP, APAP oder Bilevel neu aufgetreten sind, also nicht bereits vorbestanden. Mit dem Begriff ZSA als Therapiefolge sollte ausschließlich die ZSA beschrieben werden, die unter fortgesetzter PAP-Therapie persistiert.

Außerdem sind vermeidbare Ursachen von ZSA unter PAP-Therapie auszuschließen. Dazu gehören überhöhter Therapiedruck, Apnoen nach Hyperventilation, Apnoen nach Arousal, Fehlklassifikationen von obstruktiven und zentralen Hypopnoen, Nasenatmungsbehinderung [311]. Auch können Fehldiagnosen durch die unterschiedliche Aufteilung von obstruktiven und zentralen Atemstörungen über die Nacht bei Split-Night-Messungen auftreten. Die Therapieeinleitung mit Positivdruck, aber auch mit anderen Verfahren kann in der Initialphase zu einem Auftreten von ZSA führen, da die individuelle CO2-Sensitivität und Apnoeschwelle allmählich an die neue Situation angepasst werden müssen [121, 250, 256, 377]. Die Pathophysiologie, die Bedeutung für Lebensqualität und Prognose der ZSA als Therapiefolge sind noch Gegenstand der wissenschaftlichen Untersuchungen.

6.6.1 Hauptbefunde

Spezifische Symptome sind nicht bekannt. Nächtliche Atemnot und unbeabsichtigtes Entfernen der Maske können häufiger auftreten als bei OSA [366].

6.6.2 Epidemiologie

ZSA als Therapiefolge tritt bei herzgesunden Patienten mit OSA in der Diagnostiknacht unter PAP-Therapie selten auf (1 %) [473]. Bei zugrunde liegender Herzinsuffizienz kommt es als Therapiefolge häufiger zur ZSA (18 %) [54].

6.6.3 Diagnostik

Polysomnographie unter PAP-Therapie.

6.6.4 Therapie

Es liegen bisher Daten aus wenigen randomisierten sowie einigen retrospektiven und nicht-randomisierten Untersuchungen vor. Dabei war die adaptive Servoventilation der fortgeführten CPAP-Therapie oder einer nichtinvasiven Beatmung mit Bilevel-ST in der Unterdrückung der zentralen Atmungsstörungen signifikant überlegen [71, 120, 249]. Bilevel kann – wie CPAP und APAP – sogar zentrale Atmungsstörungen verstärken [8, 219, 299, 306, 308]. Die klinische Bedeutung muss jedoch weiter erarbeitet werden.

Empfehlungen

  • Zentrale Schlafapnoe

  • ZSA ohne CSR

  • ZSA mit CSR

  • Bei Nachweis einer ZSA sollen mögliche internistische, pharmakologische und neurologische Ursachen abgeklärt werden (A).

  • Zur Behandlung einer ZSA bei herzinsuffizienten Patienten mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion (HFrEF) soll eine leitliniengerechte Behandlung der Herzinsuffizienz erfolgen (A).

HFpEF

  • Bei herzinsuffizienten Patienten mit erhaltener linksventrikulärer Funktion (HFpEF) (LVEF > 45 %) sollte die Therapie der ZSA mit CPAP oder ASV erfolgen (B).

  • Bei Patienten mit HFpEF (LVEF > 45 %) kann eine Sauerstofftherapie zur Behandlung einer symptomatischen ZSA eingesetzt werden, wenn CPAP oder bei gegebener Indikation ASV versagt haben (C).

HFrEF

  • Bei Patienten mit mittel- bis schwergradiger ZSA und symptomatischer HFrEF (LVEF ≤ 45 %) soll keine Therapie mit ASV erfolgen (A).

  • Bei selektionierten Patienten mit symptomatischer mittel- bis schwergradiger ZSA und HFrEF (LVEF ≤ 45 %) kann eine CPAP-Therapie erwogen werden (C).

  • Bei Patienten mit symptomatischer mittel- bis schwergradiger ZSA und HFrEF (LVEF ≤ 45 %) sollten Therapieverfahren, zu denen es keine randomisierten Langzeitstudien gibt, z. B. die unilaterale Stimulation des N. phrenicus und O2, nur im Rahmen von prospektiven Studien angewendet werden (B).

  • Die Anwendung alternativer Therapieverfahren wie Bilevel im spontaneous timed (ST)-Modus, Acetazolamid oder Theophyllin sollten nicht bei normo- oder hypokapnischer zentraler Schlafapnoe bei Herzinsuffizienz eingesetzt werden (B).

Empfehlungen ZSA bei periodischer Atmung in großer Höhe

  • Acetalzolamid kann bei Gesunden zur Verringerung von CSA/HAPB und zur Verbesserung der nächtlichen Sauerstoffsättigung in großer Höhe empfohlen werden (C).

  • Eine Kombinationstherapie aus Acetalzolamid und CPAP kann zur Vermeidung einer Verschlechterung von CSA/HAPB bei Patienten mit vorbekannten schlafbezogenen Atmungsstörungen empfohlen werden (C).

Empfehlungen zentrale Schlafapnoe durch Medikamente, Drogen oder Substanzen

  • Bei einer opiatinduzierten Schlafapnoe sollte eine Dosisreduktion der Opiate erwogen werden (B).

  • Positivdruckverfahren sollen bei opiatinduzierter Schlafapnoe individuell eingesetzt und ihre Effizienz polysomnographisch überprüft werden (A).

  • Im Einzelfall können Positivdruckverfahren und Sauerstoffapplikation in Kombination eingesetzt werden (C). Die Therapieeinleitung und -kontrolle soll zusätzlich zur PSG eine Kapnographie beinhalten (A).

Empfehlung Idiopathische ZSA

  • Die Therapie kann mittels nichtinvasiver Beatmungsverfahren oder Spontanatmungsverfahren mit Hintergrundfrequenz erfolgen (C).

Empfehlungen ZSA als Therapiefolge

  • Bekannte Auslöser (z. B. Übertherapie oder durch Split-Night) sollen ausgeschlossen werden (A).

  • Bei therapiebedürftiger ZSA als Therapiefolge mit Normo- oder Hypokapnie sollte die Umstellung auf eine ASV-Therapie erfolgen (B).

Vgl. auch Tab. B.12–B.17. Der Algorithmus ZSA ist im Anhang C dargestellt.

7. Schlafbezogene Hypoventilation/Schlafbezogene Hypoxämie

Die ICSD-3 [10] differenziert im Gegensatz zur ICSD-2 zwischen einer schlafbezogenen Hypoventilation und einer schlafbezogenen Hypoxämie. Bei der schlafbezogenen Hypoventilation werden sechs Entitäten unterschieden, während für die schlafbezogene Hypoxämie keine Unterteilung vorgeschlagen wird (vgl. Tab. B.18). Nach der ICSD‑3 liegt eine schlafbezogene Hypoxämie dann vor, wenn in der Polysomnographie oder der nächtlichen Pulsoxymetrie eine Sauerstoffsättigung ≤ 88 % über ≥ 5 min dokumentiert wird und keine schlafbezogene Hypoventilation vorliegt. Die schlafbezogene Hypoxämie ist in der Regel Folge einer internistischen oder neurologischen Erkrankung und kann nicht durch eine schlafbezogene Atmungsstörung – die aber gleichzeitig vorliegen kann – erklärt werden. Manche Patienten mit schlafbezogener Hypoxämie weisen auch am Tage eine Hypoxämie auf.

Aufgrund der klinischen Bedeutung befasst sich dieser Abschnitt ausschließlich mit dem Obesitas-Hypoventilationssyndrom und der schlafbezogenen Hypoventilation durch eine körperliche Erkrankung.

7.1 Obesitas-Hypoventilationssyndrom (OHS)

Als diagnostische Kriterien gelten:

  1. a.

    Hyperkapnie (PaCO2 am Tage > 45 mm Hg)

  2. b.

    Body-Mass-Index (BMI) > 30 kg/m2

  3. c.

    Hypoventilation ist nicht in erster Linie durch eine andere Erkrankung definiert

In manchen Definitionen wird zusätzlich das Vorhandensein einer schlafbezogenen Atmungsstörung gefordert, am häufigsten (90 %) liegt eine obstruktive Schlafapnoe (OSA) vor.

Die Prävalenz eines OHS unter Patienten mit einem OSA liegt je nach Studie zwischen 4–50 %, bei Personen mit einem BMI > 30 kg/m2 ist mit dem Vorliegen eines OHS in einer Häufigkeit von 10–50 % zu rechnen.

7.1.1 Hauptbefunde

Da bei 90 % der Patienten eine obstruktive Schlafapnoe vorliegt, klagen OHS-Patienten häufig auch über Symptome der OSA wie nicht erholsamen Schlaf, Tagesschläfrigkeit oder Störung der Konzentrationsfähigkeit. Dies kann dazu führen, dass die Beschwerden ausschließlich der OSA zugeordnet werden und die Diagnose OHS übersehen wird. Im Vergleich zu OSA-Patienten oder zu Adipösen leiden OHS-Patienten häufiger unter Luftnot und präsentieren sich klinisch eher mit peripheren Ödemen, pulmonaler Hypertonie und Cor pulmonale. Im Vergleich zu eukapnischen Patienten mit einem BMI > 30 kg/m2 ist die Hospitalisierungsrate, die Morbidität und die Mortalität von OHS-Patienten erhöht. Neben respiratorischen Komplikationen wie einer erhöhten Notwendigkeit einer invasiven Beatmung im Krankenhaus tragen insbesondere kardiovaskuläre Folgekrankheiten wie arterielle Hypertonie, Herzinsuffizienz, Cor pulmonale und Angina pectoris zur erhöhten Morbidität bei. In der Folge ist die Lebensqualität bei Patienten mit OHS deutlich eingeschränkt.

7.1.2 Diagnostik

Bei einem BMI > 30 kg/m2 sollte eine Blutgasanalyse zum Nachweis der Hyperkapnie am Tag erfolgen. Eine Hypoventilation manifestiert sich jedoch vor dem Erreichen des Vollbildes bereits mit Hyperkapnien im Schlaf, so dass eine nächtliche Bestimmung des PCO2 (arteriell, kapillär, transkutan, end-tidal) bei einem BMI > 30 kg/m2 notwendig ist [36, 37, 38]. Der Nachweis der schlafbezogenen Atmungsstörung erfordert eine Polysomnographie.

7.1.3 Therapie

Nur bei einem Teil der OHS-Patienten reicht eine alleinige CPAP-Therapie aus, so dass nur ein kurzfristiger, im Schlaflabor oder einer Beatmungseinheit überwachter Therapieversuch mit CPAP unter gleichzeitiger transkutaner Messung des CO2 gerechtfertigt ist. Sollte unter einer CPAP-Therapie der nächtliche transkutan gemessene CO2 länger als 5 min über 55 mm Hg bzw. die nächtliche Sauerstoffsättigung länger als 10 min unter 90 % sein, ist die Umstellung auf eine nichtinvasive Ventilation (NIV) erforderlich. Andernfalls sollte nach 3 Monaten eine Reevaluation der CPAP-Therapie erfolgen. Bei klinischer Besserung und Normokapnie kann die CPAP-Therapie fortgesetzt werden, andernfalls sollte die Umstellung auf eine NIV durchgeführt werden.

Sauerstoff reduziert den Atemantrieb und erhöht den transkutanen CO2 zumindest in akuten Situationen. Eine Evidenz für die chronische Situation liegt nicht vor, so dass die O2-Therapie nicht empfohlen werden kann. Demgegenüber verbessert eine nichtinvasive Beatmung (NIV) die Atmungsantwort, die Blutgase, die Schlafmikro- und Schlafmakrostruktur, die Lebensqualität, hämodynamische Parameter sowie das Überleben der OHS-Patienten. Daher sollte diese Therapie primär oder bei Ineffektivität einer CPAP-Therapie angewandt werden. Als effektiv haben sich eine NIV mit fixer Druckunterstützung, als auch mit Zielvolumenvorgabe erwiesen. Vergleichende Studien zeigen unterschiedliche Ergebnisse. Die Gewichtsreduktion ist als wesentliche kausale Maßnahme beim OHS anzusehen, auch wenn die Beatmungstherapie nicht verzögert werden darf. Sollten konservative Ansätze der Gewichtsreduktion versagen, können bariatrische Operationen zum Einsatz kommen. Darunter kann eine Reduktion des Körpergewichts und eine Verbesserung von Lungenfunktion und Blutgasen nachgewiesen werden.

7.2 Schlafbezogene Hypoventilation durch eine körperliche Erkrankung

Typische Erkrankungen aus dem jeweiligen Formenkreis sind kursiv in Klammern angegeben:

  1. a.

    Schlafbezogene Hypoventilation bei parenchymaler Lungenerkrankung (interstitielle Lungenerkrankungen),

  2. b.

    Schlafbezogene Hypoventilation bei vaskulärer Lungenerkrankung (pulmonale Hypertonie),

  3. c.

    Schlafbezogene Hypoventilation bei Obstruktion der unteren Atemwege (COPD),

  4. d.

    Schlafbezogene Hypoventilation bei neuromuskulären oder Brustwanderkrankungen (Kyphoskoliose, Post-Tbc-Syndrom, Post-Polio-Syndrom, Muskeldystrophien).

7.2.1 Hauptbefunde

Die Symptome der Patienten sind uncharakteristisch und oft von denen der Grunderkrankung überlagert. Da die Beeinträchtigung der Ventilation im Vordergrund steht, klagen die Patienten typischerweise über Dyspnoe bei Belastung, eine verminderte körperliche Leistungsfähigkeit, oft Beinödeme und infolge einer Hyperkapnie auch Kopfschmerzen. Durchschlafstörungen und Aufwachen mit Luftnot sind die häufigsten auf den Schlaf bezogenen Symptome. Auch Tagesschläfrigkeit kann eine führende Beschwerde sein. Systematische Untersuchungen zu den Leit- und schlafbezogenen Symptomen liegen nicht vor.

7.2.2 Beginn, Verlauf, Komplikationen

Die Grunderkrankung bewirkt eine verminderte Kapazität und/oder erhöhte Last des Atempumpapparats, die in frühen Krankheitsstadien noch kompensiert werden kann. Mit dem Fortschreiten der Grunderkrankung treten initial im REM-Schlaf Hypoventilationen mit Hyperkapniephasen auf, die zu einer metabolischen Kompensation in Form von Bikarbonatretention führen; konsekutiv verringert sie ebenfalls die Atemantwort auf Hyperkapnie. Im Verlauf stellt sich auch eine Hypoventilation/Hyperkapnie im NREM-Schlaf ein und schließlich das Vollbild der hyperkapnischen respiratorischen Insuffizienz im Wachzustand.

7.2.3 Diagnostik

Die Diagnostik der manifesten alveolären Hypoventilation am Tag erfolgt definitionsgemäß über die arterielle Blutgasanalyse. Zur weiteren Diagnostik im Wachzustand sind eine Lungenfunktionsprüfung sowie die Messung von Kraft und Belastung der Atmungsmuskulatur sinnvoll. EKG, Labor und Röntgen-Thorax sowie ggf. eine Echokardiographie erfolgen in Abhängigkeit von Anamnese und klinischem Befund. Unabhängig von der Grundkrankheit gehen der Hyperkapnie am Tage regelhaft Hypoventilationen im REM-Schlaf und später auch im Non-REM-Schlaf voraus [44, 137, 370], die die Prognose der Patienten verschlechtern können [146, 466]. Beobachtungsstudien weisen darauf hin, dass die nächtliche Hyperkapnie einen Indikator für die Erkrankungsschwere und die Langzeitprognose darstellt [74].

Da die uncharakteristischen Symptome der alveolären Hypoventilation oft fälschlich ausschließlich der Grunderkrankung zugeschrieben werden, besteht die Gefahr, die frühen Phasen der chronischen ventilatorischen Insuffizienz mit ausschließlich nächtlichen Hypoventilationen zu übersehen und somit deren adäquate Therapie zu verzögern. Bei entsprechenden Risiken für das Auftreten einer sekundären alveolären Hypoventilation sollte daher in regelmäßigen Abständen eine Messung der nächtlichen Atmung erfolgen. Das Risiko steigt ab einer Vitalkapazität von < 50 Soll% bei restriktiven Störungen deutlich an [370]. Eine alleinige Pulsoximetrie genügt nicht zum Nachweis einer schlafbezogenen Hypoventilation. Nächtliche arterielle PaCO2-Messungen sind nicht praktikabel. Daher ist zum Nachweis schlafbezogener Hypoventilationen eine transkutane oder endtidale pCO2-Messung in Kombination mit der Polygraphie erforderlich. Die in der transkutanen Kapnometrie gemessene Hyperkapnie weist direkt die Hypoventilation nach [432]. Die alleinige nächtliche kontinuierliche Registrierung des CO2 hat den wesentlichen Nachteil, dass unklar bleibt, ob der Patient das Schlafstadium REM erreicht hat. Daher ist das Verfahren zum positiven Nachweis von Hypoventilationen gut, zum Ausschluss derselben jedoch nicht geeignet. Bei nächtlichen Symptomen ohne Hypoventilationsnachweis in der Polygraphie oder Langzeitkapnometrie ist daher eine Polysomnographie indiziert.

7.2.4 Therapie

Bei den chronisch verlaufenden Grunderkrankungen reicht deren Therapie meistens nicht zur Beseitigung der Hypoventilationen aus. Therapeutisch erfolgt daher die nichtinvasive Ventilation (NIV) im Schlaf über eine Maske, mit dem Ziel der Steigerung der alveolären Ventilation und Vermeidung der Hypoventilationen. Hauptkriterien für den Beginn einer langfristigen NIV-Therapie bei einer schlafbezogenen Hypoventilation durch eine körperliche Erkrankung sind Symptome und Folgen der ventilatorischen Insuffizienz wie Dyspnoe und Ödeme sowie Einschränkung der Lebensqualität in Form von nicht erholsamem Schlaf infolge von Durchschlafstörungen bzw. von Hypersomnie und ferner

  • bei schlafbezogener Hypoventilation im Rahmen einer Obstruktion der unteren Atemwege:

    • wiederholte, schwere (d. h. mit respiratorischer Azidose einhergehende), hospitalisationspflichtige Exazerbationen oder

    • ein Tages-PaCO2 ≥ 50 mm Hg oder

    • ein nächtlicher PaCO2 ≥ 55 mm Hg bzw. ein Anstieg des nächtlichen transkutan gemessenen

      CO2 ≥ 10 mm Hg

    • zudem kann direkt im Anschluss einer akuten beatmungspflichtigen Exazerbation eine langfristige NIV erwogen werden.

  • bei schlafbezogener Hypoventilation im Rahmen einer neuromuskulären oder Brustwanderkrankung:

    • ein Tages-PaCO2 ≥ 45 mm Hg oder

    • ein nächtlicher PaCO2 ≥ 50 mm Hg bzw. ein Anstieg des nächtlichen transkutan gemessenen CO2 ≥ 10 mm Hg.

Ziel der Beatmung ist Normokapnie durch die Beseitigung von Hypoventilationen unter Beatmung im Schlaf sowie die Reduktion des PaCO2 bis hin zur Normokapnie am Tage. Die Einleitung kann am Tag und in der Nacht erfolgen. Im Verlauf der Ersteinstellung muss die Effektivität der Beatmung mittels Blutgasanalyse unter Spontanatmung und unter Beatmung erfolgen, und sie muss um nächtliche Messungen ergänzt werden.

Die Therapie erfolgt i. d. R. als nichtinvasive Beatmung (NIV) über eine Nasen- oder Nasen-Mund-Maske während der gesamten Schlafzeit. Da der REM-Schlaf eine besonders kritische Phase darstellt, sollte die Effektivität der Beatmung im Schlaf mittels transkutaner CO2-Messung (PtcCO2) plus Polygraphie dokumentiert werden. Bei Unklarheit hinsichtlich nächtlicher Hypoventilationen im REM-Schlaf ist eine Polysomnographie indiziert.

Die NIV kann sowohl als assistierte, als assistiert-kontrollierte oder als rein kontrollierte Beatmung erfolgen. Es liegen keine Daten hinsichtlich der Überlegenheit eines Modus vor. Patienten mit neuromuskulären und thorakoskelettalen Erkrankungen tolerieren oft den kontrollierten Modus subjektiv sehr gut, während Patienten mit COPD zumeist den assistierten Modus bevorzugen. Eine optimale individuell angepasste Einstellung ist entscheidend für gute Akzeptanz und den Erfolg der Therapie.

Hinsichtlich der Effekte der NIV liegen nur wenige methodisch hochwertige kontrollierte Studien vor (vgl. Tab. B.19 und B.20). Bei langsam progredienten Muskelerkrankungen, Kyphoskoliose oder posttuberkulösen Zuständen erzielt die NIV akut und auch in der Langzeittherapie eine dramatische klinische Besserung, sodass kontrollierte Studien bei diesen Erkrankungen heute ethisch bedenklich sind. Während diese Patienten früher an der respiratorischen Insuffizienz verstarben, kann die Lebenserwartung mit NIV nahezu normal sein [78, 176, 204, 271, 380, 414, 452]. Entsprechend ist unter NIV auch die Lebensqualität massiv verbessert, die Hospitalisierungsrate sinkt, und die Symptome werden reduziert [9, 63]. Die physiologischen Parameter wie Blutgase und Lungenfunktion können in manchen Fällen sogar normalisiert werden [354, 401, 466]. Bei den genannten Erkrankungen ergibt sich eine uneingeschränkte Therapieindikation.

Bei raschen progredienten neuromuskulären Erkrankungen wie beispielsweise der Amyotrophen Lateralsklerose bzw. der Duchenne-Muskeldystrophie liegen eine kontrollierte Studie sowie mehrere Fallserien vor, die einen deutlichen Überlebensvorteil mit NIV zeigt [63, 130, 397, 415], allerdings schränkt die Progression der Grunderkrankung die positiven Effekte der NIV ein. Bei diesen Patienten muss eine individuelle Indikation zur Beatmungstherapie gestellt werden. Die ethische Diskussion um die Akzeptanz einer eventuell erforderlichen invasiven Beatmung ist dabei möglichst frühzeitig zu führen.

Patienten mit COPD stellen die größte Gruppe an Patienten, welche die Indikationskriterien zur NIV erfüllen. Kürzer dauernde kontrollierte Untersuchungen belegten unter NIV eine verbesserte Lebensqualität, eine Reduktion der Hospitalisierungsrate, eine Verbesserung der Schlafqualität und eine Verbesserung der körperlichen Belastung sowie der Blutgase [75, 89, 156, 237, 293, 446]. Mehrere, allerdings mit erheblichen Mängeln behaftete, kontrollierte Studien ergaben für die Gruppe der mit NIV behandelten Patienten keine Mortalitätssenkung [103, 160, 437, 479].

In einer Metaanalyse [436] wurde für 7 Studien, keine Unterschiede in der BGA, Lungenfunktion und Lebensqualität nachgewiesen. Ein wesentlicher Kritikpunkt dieser Studien war die fehlende substantielle Reduktion des PaCO2 durch die NIV-Therapie. In einer randomisiert kontrollierten Studie hingegen verbesserte sich die Lebenserwartung der COPD-Patienten unter NIV signifikant, bei geringerer Lebensqualität [288]. In der deutschen multizentrischen Studie bei stabilen COPD-Patienten im Stadium GOLD IV mit Hyperkapnie am Tage bestätigte sich die Verbesserung der Mortalität durch die NIV [236]. In dieser Studie kam es durch die Beatmungstherapie zu einer signifikanten Reduktion des PaCO2 am Tage. Aufgrund dieser Datenlage sollte bei COPD ein Behandlungsversuch mit NIV bei o. g. Indikationskriterien eingeleitet werden. Die Therapieeffekte und die Compliance sollten nach etwa 3 Monaten überprüft werden, und es sollte über die Fortsetzung der Behandlung entschieden werden.

Für weitere Details der Therapie der chronischen respiratorischen Insuffizienz sei hier auf die S2-Leitlinie „Nichtinvasive und invasive Beatmung als Therapie der chronischen respiratorischen Insuffizienz“ der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie verwiesen [480].

Empfehlungen Diagnostik

  • Die Diagnostik einer schlafbezogenen Hypoventilation soll bei klinischem Verdacht oder prädisponierenden Grunderkrankungen mittels arterieller oder kapillärer Blutgasanalyse in der Nacht oder mittels nächtlicher transkutaner oder endtidaler CO2-Messung erfolgen. Für die Diagnose eines Obesitas-Hypoventilationssyndroms ist eine arterielle Blutgasanalyse am Tag erforderlich. Zur Diagnostik einer schlafbezogenen Hypoxämie soll eine nächtliche Oxymetrie in Verbindung mit einer Messung des CO2 in der Nacht durchgeführt werden (A).

  • Bei Patienten mit einem Body-Mass-Index > 30 kg/m2 und Symptomen schlafbezogener Atmungsstörungen soll zum Ausschluss einer gleichzeitig vorliegenden Hypoventilationen im Schlaf durch die Bestimmung des venösen Bikarbonats im Wachzustand, des arteriellen oder kapillären pCO2 oder des transkutanen/endtidalen CO2 gesucht werden (A).

  • Als sensitivste Methode für den Nachweis einer schlafbezogenen endtidalen Hyperkapnie wird die transkutane Kapnometrie empfohlen. Sie kann in Verbindung mit einer Polygraphie oder Polysomnographie durchgeführt werden (C).

  • Bei neuromuskulären oder Brustwanderkrankungen soll im Hinblick auf die Einleitung einer Beatmungstherapie bei einer Vitalkapazität < 50 % eine Hypoventilation im Schlaf ausgeschlossen werden (A).

  • Zur Ausschluss- und Differentialdiagnostik schlafbezogener Atmungsstörungen im Rahmen einer schlafbezogenen Hypoventilation oder Hypoxämie ist die Polysomnographie der diagnostische Standard (A).

Therapie

  • Bei Patienten mit OHS kann ein Therapieversuch mit CPAP unter CO2-Monitoring durchgeführt werden (C).

  • Persistiert unter CPAP die nächtliche Hypoventilation, sollte eine nichtinvasive druckunterstützte Beatmung (ohne oder mit Zielvolumen) eingeleitet werden (B).

  • Eine alleinige Sauerstofftherapie ist beim OHS nicht zu empfehlen (A).

  • Bei OHS sollten nach Ausschöpfung von Maßnahmen der Gewichtsreduktion bariatrische Operationen erwogen werden (B).

  • Bei symptomatischen Patienten mit Obstruktion der unteren Atemwege, neuromuskulären oder Brustwanderkrankungen mit Hyperkapnie im Wachzustand (PaCO2 ≥ 50 mm Hg bei Erkrankungen mit Obstruktion der unteren Atemwege bzw. ≥ 45 mm Hg bei neuromuskulären oder Brustwanderkrankungen) oder im Schlaf (PaCO2 ≥ 55 mm Hg bzw. ≥ 50 mm Hg.oder PtcCO2-Änderung ≥ 10 mm Hg im Vergleich zum normokapnischen Wachzustand) wird die Einleitung einer nichtinvasiven Beatmung empfohlen (A).

8. Rechtliche Konsequenzen

Die obstruktive Schlafapnoe erhöht das Risiko eines Unfalles mit Kraftfahrzeugen um das zwei- bis dreifache [162, 195, 335, 336]. Eine CPAP-Therapie reduziert das Unfallrisiko [335, 336, 445]. Patienten mit einer hohen Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer schlafbezogenen Atmungsstörung und einem hohen Unfallrisiko (Tageschläfrigkeit und vorangegangener Unfall oder Beinahe-Unfall [26]) sollten möglichst schnell eine apparative Diagnostik und bei Bestätigung der Diagnose eine rasche Therapieeinleitung erhalten [433]. In Deutschland sind Patienten mit einer „messbaren auffälligen Tagesschläfrigkeit“ nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet. Erst wenn diese nach Behandlung nicht mehr vorliegt, besteht die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen (Anlage 4 der Fahrerlaubnisverordnung). Bei der Begutachtung zur Fahreignung ist der untersuchende Arzt angehalten, nach Erkrankungen mit erhöhter Tagesschläfrigkeit (z. B. Schlafstörungen) zu fragen und bei beim konkreten Verdacht auf das Vorliegen einer solchen Erkrankung eine weitere Diagnostik einzuleiten [45]. Diese sollte neben Fragebögen auch Untersuchungsmethoden zur Überprüfung der zentralnervösen Aktivierung und der Aufmerksamkeit beinhalten und ggfs. eine Fahrprobe bei erheblichen Zweifeln an der Fahreignung umfassen. Hierzu wurde von der DGSM im November 2015 eine entsprechende Stellungnahme verfasst.

Das „Europäische Parlament und der Council on driving licences“ hat am 1.7.2014 zur Fahrtauglichkeit von Patienten mit obstruktivem Schlafapnoesyndrom folgende Regelung erlassen (Official Journal of the European Union, L194, 2014; http_eur-lex.europa):

Fahrer mit Verdacht auf ein mäßiges (AHI 15–29/h) und schweres (AHI > 30/h) obstruktives Schlafapnoesyndrom sollen vor Aushändigung oder Erneuerung der Fahrerlaubnis einer autorisierten medizinischen Beratung unterzogen werden. Sie sollen bis zur Bestätigung der Diagnose ein Fahrverbot erhalten. Personen mit mäßigem bis schweren OSA, mit Nachweis eines gut kontrollierten Syndrom und guter Compliance unter angemessener Behandlung und Verbesserung der Tagesschläfrigkeit können nach autorisierter medizinischer Aussage die Fahrerlaubnis ausgestellt erhalten. Sie sollen in Intervallen von mindestens 3 Jahren (Fahrerlaubnis Gruppe 1) und einem Jahr (Fahrerlaubnis Gruppe 2) medizinisch auf den Grad der Behandlungstreue- und Kontinuität sowie der kontinuierlichen guten Vigilanz unter Medikation überprüft werden.

Gemäß den seit 2009 gültigen „Versorgungsmedizinischen Grundsätzen“ (früher „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit“) wird dem Schlafapnoe-Syndrom im sozialen Entschädigungsrecht bzw. im Schwerbehindertenrecht folgender Grad der Schädigungsfolge (GdS) zugeordnet:

  • ohne Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung: GdS 0–10 %,

  • mit Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung: GdS 20 %,

  • bei nicht durchführbarer nasaler Überdruckbeatmung: GdS 50 %.

Folgeerscheinungen oder Komplikationen (z. B. Herzrhythmusstörungen, Hypertonie, Cor pulmonale) sind dabei zusätzlich zu berücksichtigen.

Eine Erwerbsunfähigkeit ist beim obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom eher die Ausnahme, da geeignete Therapieverfahren zur Verfügung stehen, die zumindest einen Rückgang der Beschwerden erwarten lassen [123].

Tab. 1 Glossar