Zusammenfassung
Hintergrund
Herzinsuffizienz ist eine der häufigsten und kostenintensivsten chronischen Erkrankungen weltweit. In der Anwendung von Telemonitoring wird das Potenzial gesehen, die Versorgung der Herzinsuffizienz zu verbessern und damit verbundene Kosten zu reduzieren. Empirische Ergebnisse zur Wirksamkeit des Telemonitorings sind bisher uneinheitlich. In der vorliegenden Systematisierung wird der Stand der Forschung zum Einsatz des Telemonitorings bei Herzinsuffizienz im Hinblick auf ausgewählte gesundheitliche und ökonomische Endpunkte einer aktualisierten Betrachtung unterzogen.
Methode
Es wurde eine systematische Übersichtsarbeit mit aktuellem Stand vom Juli 2016 mittels PubMed unter Berücksichtigung randomisierter klinischer Studien der Jahre 2011–2016 erstellt. Dabei wurden ausschließlich Studien mit Herzinsuffizienzkranken betrachtet, bei denen die Interventionen mit externen Monitoring-Geräten erfolgten und die Daten mittels Informations- und Kommunikationstechnologien übertragen wurden. Insgesamt konnten 10 Studien eingeschlossen werden.
Ergebnisse
Mit Blick auf die aktuelle Literaturlage aus ausschließlich neueren klinischen Studien kann keine eindeutige evidente Verbesserung der Versorgung nachgewiesen werden. Am ehesten werden Hospitalisationen aufgrund von Herzinsuffizienz und die gesundheitsbezogene Lebensqualität positiv beeinflusst. Hinsichtlich Mortalität und Gesamthospitalisationen kann in den Studien kaum ein Zusammenhang zum Telemonitoring festgestellt werden. Die Gesamtkosten sind beim Telemonitoring tendenziell höher.
Schlussfolgerungen
Weitere Forschung ist notwendig, um die gesundheitsbezogenen und ökonomischen Effekte des Einsatzes des Telemonitorings bei Herzinsuffizienz näher zu untersuchen. Eine besondere Herausforderung ist dabei der Nachweis der kausalen Wirkungsbeziehungen innerhalb der häufig komplexen technikunterstützten Versorgungssettings. Die Ergebnisse der vorliegenden systematischen Übersichtsarbeit sind konsistent mit bereits vorliegenden Reviews.
Abstract
Background
Heart failure is one of the most common and cost-intensive chronic diseases worldwide. Telemonitoring offers the potential to improve care of heart failure treatment and reduce cost. Empirical findings of its efficacy are inconsistent up to now. This systematic review examines the current state of research regarding health-related and economic endpoints.
Methods
A systematic review was conducted in July 2016 using the PubMed database and randomised controlled trials for the years 2011–2016. Only clinical research trials with heart failure patients were considered where the intervention was performed using external monitoring devices which transmitted data via information and communication technology. In all, 10 clinical trials were included.
Results
There is no definite evidence regarding improvement in care based solely on the most recent literature. Hospitalisation for heart failure and health-related quality of life were most positively influenced. There was no correlation between mortality and hospitalisations for all causes regarding telemonitoring. The overall costs tended to be higher for telemonitoring.
Conclusion
Further research is needed to examine the health-related and economic benefits of telemonitoring for heart failure. A particular challenge is the evidence of cause–effect relationships within complex technology-supported health-care settings. The latest studies support the previous state of research.
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Einleitung
In Deutschland leiden derzeit schätzungsweise über 2 Mio. Menschen an einer Herzinsuffizienz [1]. In Europa betrifft die Herzinsuffizienz 1–2 % der Bevölkerung, mit steigender Tendenz [2]. Herzinsuffizienz ist in erster Linie eine Erkrankung des Alters. Ab der Altersgruppe der über 65-Jährigen steigt die Anzahl der Fälle deutlich [3]. Altersadjustiert finden sich jedoch geschlechtsspezifische Unterschiede: Die Prävalenz ist bis zum 75. Lebensjahr bei Männern höher, ab dem 75. Lebensjahr aber bei Frauen [4]. Trotz der stetigen Weiterentwicklung der Pharmakotherapie in den letzten Jahrzehnten gehört die Herzinsuffizienz nach wie vor zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland [1, 5]. Für Betroffene bedeutet eine Herzinsuffizienz eine immer weiter fortschreitende Abnahme der Lebensqualität und der körperlichen Leistungsfähigkeit [1]. Besonders einschneidend für die Lebensqualität ist die Hospitalisation [6]. Dabei ist die Herzinsuffizienz mit etwa 430.000 Fällen im Jahr 2014 die häufigste Hauptdiagnose für Krankenhauseinweisungen. Seit dem Jahr 2000 hat sich diese Zahl fast verdoppelt [3].
Die derzeitige Versorgungssituation von Patienten mit Herzinsuffizienz zeigt in vielerlei Hinsicht deutliches Optimierungspotenzial. Zwar können durch eine leitlinienkonforme Pharmakotherapie sowohl die Mortalität als auch die Hospitalisationsrate deutlich gesenkt werden, in der Praxis findet die Umsetzung einer leitliniengerechten Therapie aber nur in einem unzureichenden Maße statt [7, 8]. Zudem gewinnt die geschlechtsadaptierte medikamentöse Therapie zu langsam Eingang in die evidenzbasierte Behandlung, trotz wachsender Kenntnis um die Bedeutung geschlechtsspezifischer Unterschiede bei kardiovaskulären Erkrankungen.
Zusätzlich bestehen aufseiten der Patienten zum Teil erhebliche Wissenslücken über die Erkrankung, wodurch Symptome, die auf ein Versagen der körpereigenen Gegenregulationsvorgänge hindeuten, nicht rechtzeitig erkannt werden [9]. Unvollständiges Wissen und mangelnde Compliance sind die häufigsten Ursachen für eine Dekompensation und eine daraus resultierende Rehospitalisierung [10, 11].
Aus gesundheitsökonomischer Perspektive ist die Herzinsuffizienz von hoher gesamtwirtschaftlicher Relevanz. Aufgrund der großen Anzahl an Patienten, der häufigen und lange andauernden Hospitalisationen sowie der krankheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit gehört die Herzinsuffizienz zu den kostenintensivsten Erkrankungen [12]. Insbesondere durch die häufigen Hospitalisationen ergeben sich für die Betreuung herzinsuffizienter Patienten enorme Belastungen für die Kostenträger von über 3 Mrd. Euro jährlich; dies entspricht 1,3 % der direkten Krankheitskosten in Deutschland. Dabei entfiel der größte Teil der Kosten auf die Altersgruppe der über 65-Jährigen [13].
In Zukunft wird sich die Herzinsuffizienz zu einer noch größeren gesundheitsökonomischen und medizinischen Herausforderung entwickeln. Durch den demographischen Wandel und die steigende Lebenserwartung wächst die Zahl der Menschen unter erhöhtem Risiko [14]. Hinzu kommt, dass ältere Menschen überdurchschnittlich oft in ländlichen Regionen leben [15]. Da bereits heute eine Ungleichverteilung von Ärzten zum Versorgungsnachteil der ländlichen, bevölkerungsarmen Gebiete besteht, wird die Versorgungssituation von älteren, herzinsuffizienten Patienten somit in Zukunft noch prekärer [16].
Vor diesem Hintergrund werden verstärkt telemedizinische Versorgungskonzepte diskutiert [17]. Insbesondere dem Telemonitoring, das eine Fernuntersuchung, -diagnose und -überwachung der Patienten durch die Behandelnden ermöglicht, wird großes Potenzial in Bezug auf gesundheitliche und ökonomische Versorgungskriterien zugesprochen [17]. Beim Telemonitoring erhält der Patient in der Regel spezifische Geräte zur Überwachung relevanter Vitalparameter. Die zum Teil vollautomatisierte Technik übermittelt die gemessenen Daten mittels Informations- und Kommunikationstechnologien an ein telemedizinisches Zentrum oder den betreuenden Arzt. Die Daten können gesammelt oder sofort ausgewertet werden [10, 18]. Geschultem Personal ist es so möglich, Zustandsänderungen frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig Interventionen einzuleiten [6]. Im Telemonitoring wird zum einen das Potenzial gesehen, durch kontinuierliche Überwachung und Verbesserung des Kommunikationsflusses zwischen Arzt und Patient die Therapie und letztendlich die Prognose zu verbessern. Zum anderen soll eine optimale Ressourcenallokation zur Kostensenkung beitragen [17, 19].
Auch wenn die Anwendung des Telemonitorings technisch höchst ausdifferenziert und erprobt ist, ist es noch nicht umfassender Bestandteil der Regelversorgung [20]. Eine isolierte Ausnahme bildet die telemedizinische Überwachung von implantierten Kardiovertern, Defibrillatoren und implantierten Systemen zur kardialen Resynchronisationtherapie (CRT). Bislang ist nicht eindeutig geklärt, ob Telemonitoring eine Verbesserung im Vergleich zur Standardtherapie darstellt – insbesondere im Rahmen von Interventionen mit externen Monitoring-Geräten. Der Großteil der international publizierten systematischen Übersichtsarbeiten deutet die Potenziale des Telemonitorings an, zeigt jedoch insgesamt uneinheitliche Ergebnisse [21,22,23]. Auch die Tele-HF-Studie aus dem Jahr 2010, eine der bis heute größten Telemonitoring-Studien, konnte keine Verbesserung relevanter Parameter im Vergleich zur Standardversorgung nachweisen [24]. Auf dieser Grundlage wird daher in der vorliegenden Systematisierung der Stand der Forschung zum Einsatz des Telemonitorings bei Herzinsuffizienz einer aktualisierten Begutachtung mit Blick auf den Zeitraum von 2011 bis 2016 hinsichtlich ausgewählter gesundheitlicher (gesundheitsbezogene Lebensqualität, Mortalität, Hospitalisation) und ökonomischer Endpunkte (Hospitalisationskosten) unterzogen.
Methoden
Im Zeitraum von Juni bis Juli 2016 wurde eine systematische Suche in der Datenbank PubMed durchgeführt, wobei Studien der letzten 5 Jahre betrachtet wurden (2011–2016). Dazu wurden folgende Suchbegriffe über das kontrollierte Vokabular (MeSH) ausgewählt, ergänzt und in einer Matrix operationalisiert:
(heart failure OR cardiac failure OR cardiac insufficiency) AND (telemonitoring OR remote monitoring OR self monitoring OR home monitoring OR remote patient monitoring)
Die systematische Suche ergänzte eine weiterführende Handrecherche innerhalb der Literaturverweise problemrelevanter Studien.
Studienselektion
Berücksichtigung fanden ausschließlich Studien in deutscher oder englischer Sprache mit Herzinsuffizienzpatienten, bei denen die Intervention mit externen Monitoring-Geräten erfolgte und die Werte mittels Informations- und Kommunikationstechnologien übertragen wurden. Studien wurden eingeschlossen, wenn sie mindestens einen der Endpunkte Mortalität, Hospitalisation, gesundheitsbezogene Lebensqualität oder Kostenentwicklung dargestellt haben. Zudem wurden nur randomisierte, kontrollierte Studien der letzten 5 Jahre (Zeitraum 2011 bis 2016) eingeschlossen. Als Ausschlusskriterien wurden die Beschränkungen auf spezifische Bevölkerungsgruppen (z. B. Kinder) und auf Telemonitoring zur Überwachung von Implantaten festgelegt. Ferner wurden Pilotstudien ausgeschlossen sowie Studien, bei denen die Kontrollgruppe keine Standardversorgung erhielt oder eine Differenzierung der Ergebnisse fehlte, wenn mehrere Erkrankungen oder Interventionen (kombinierte Interventionsgruppen) betrachtet wurden. Die Abstracts wurden überprüft und hinsichtlich vorher festgelegter Ein- und Ausschlusskriterien durch 2 Personen unabhängig begutachtet. Die Überprüfung und die Begutachtung der Kurzfassungen anhand der zuvor definierten Ein- und Ausschlusskriterien erfolgte unabhängig durch 2 Personen. Identifizierte Dubletten (n = 3) wurden aussortiert.
Qualitätsbewertung
Die selektierten Studien wurden in Bezug auf ihre Qualität erneut durch 2 unabhängige Personen beurteilt. Als Grundlage diente die Systematik zur Qualitätsbeurteilung innerhalb von Studien nach Hailey und Kollegen [25] mit einer Ergänzung von Polisena et al. [23]. Das Instrument berücksichtigt sowohl das Studiendesign als auch die Studieneigenschaften (Tab. 1).
Ergebnisse
Innerhalb des ersten Untersuchungsschritts konnten 91 Studien in PubMed identifiziert werden (Stand: 12.07.2016). Von diesen entsprachen 8 Studien den definierten Einschlusskriterien. Weitere 2 Studien konnten mittels der Handrecherche ergänzt werden. Insgesamt wurden somit 10 randomisierte kontrollierte Studien in die systematische Übersichtsarbeit aufgenommen (Abb. 1).
Studiencharakteristika
Jeweils 2 der eingeschlossenen Studien wurden in den USA [26, 27], in Finnland [28, 29] und in Kanada [30, 31] durchgeführt (Tab. 2). Die anderen 4 Untersuchungen erfolgten in Belgien [32], Neuseeland [33], Deutschland [34] und in Italien [35]. Die Studien weisen zum Teil erhebliche Unterschiede in den Fallzahlen auf. Diese variieren von 80 bis hin zu 1437 Teilnehmern (Mittelwert: 327, Median: 137). Die Mehrheit der Studien war über einen festen Untersuchungszeitraum von entweder 6 oder 12 Monaten konzipiert; 5 Studien liefen dabei über einen Zeitraum von 6 Monaten [27, 29, 31,32,33]. Lediglich 2 Studien hatten einen variablen Untersuchungszeitraum [26, 34]. Die Finanzierung von 5 Studien erfolgte ausschließlich staatlich [26, 28, 29, 33, 35], und eine weitere wurde durch die Industrie finanziert [31]; 3 Studien wurden sowohl staatlich als auch durch die Industrie finanziert [27, 32, 34]. Bei einer Studie konnten keine Angaben zur Finanzierung ermittelt werden [30].
Auch wenn in allen Studien Telemonitoring über externe Geräte untersucht wurde, weisen die Interventionen Unterschiede auf. Die am häufigsten gemessenen Parameter waren das Gewicht und der Blutdruck. Zusätzlich wurden in einzelnen Studien die Herzfrequenz [26, 27, 32, 34, 35], die tägliche Schrittzahl [28] oder die Sauerstoffsättigung im Blut [33] gemessen. In 3 Studien wurde ein EKG aufgezeichnet [31, 34, 35]. Mit Ausnahme einer Studie, in der die Datenübermittlung im wöchentlichen Rhythmus erfolgte [28], wurden alle Daten täglich übermittelt. In der Hälfte der Studien wurden spezielle Mobiltelefone zur Übertragung der Daten verwendet [27,28,29, 31, 32]. In 2 Studien wurden PDA („personal digital assistant“) anstatt der Mobiltelefone genutzt [34, 35]. In den restlichen 3 Studien wurde auf nicht näher bezeichnete Übertragungsgeräte zurückgegriffen. Entweder wurden im Vorfeld festgelegte Grenzwerte zur Überwachung der Patienten genutzt, auf deren Basis bei Über- oder Unterschreitung ein Alarm ausgelöst wurde [26, 29, 32, 33], oder der Alarm basierte auf der Beurteilung des medizinischen Personals [27, 31, 34, 35]. In einzelnen Studien wurde die Anwendung des Telemonitorings durch Kurse und telefonische Unterstützung ergänzt [27, 28, 30, 32]. Die Qualität der eingeschlossenen Studien ist insgesamt gut bis sehr gut: 7 der 10 Studien haben eine hohe (Kategorie A) und 3 eine gute Qualität (Kategorie B) (Mittelwert: 12,35, Median: 12,75). Dies ist der Tatsache geschuldet, dass nur randomisierte kontrollierte Studien in die Übersichtsarbeit eingeschlossen wurden. Keine der Studien erreicht jedoch die volle Punktzahl. Grund dafür ist die mangelnde Verblindung in allen Studien.
Charakterisierung der Patientenmerkmale
Das Durchschnittsalter der Patienten reichte von 55,1 bis 75,9 Jahren (Mittelwert: 68,3, Median: 71; Tab. 3). Bei der Mehrheit der Studien lag das Durchschnittsalter der Kontrollgruppe unterhalb der Interventionsgruppe. In allen 10 betrachteten Studien war der Anteil an männlichen Patienten größer als der an weiblichen. Bezüglich der Einteilung der Patienten nach NYHA(New York Heart Association)-Klassen ist festzustellen, dass die Mehrheit der Patienten der Klasse III zuzuordnen war. Die Klassen I und IV machten jeweils nur einen geringen Anteil aus. Die durchschnittliche linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) war in den Studien eher heterogen: In 4 der 7 Studien, die die durchschnittliche LVEF angeben, lag diese unter 40 % [29, 31, 34, 35]; 3 Studien gaben eine durchschnittliche LVEF von über 40 % an, sowohl in der Interventions- als auch in der Kontrollgruppe [26, 27, 32]. In der Mehrheit der Studien wurden Patienten mit schweren kognitiven oder mentalen Erkrankungen (z. B. Demenz) ausgeschlossen. Gleiches galt für Patienten, die neben der Herzinsuffizienz an weiteren schweren Erkrankungen litten, welche sich ebenfalls auf die Mortalität oder auf Hospitalisationen auswirken.
Implikationen für die Mortalität
Die absolute Anzahl an Verstorbenen war in allen Studien gering (Tab. 4); sie reichte von 0 bis maximal 54 in der Interventionsgruppe. In 2 Studien wird eine Aussage über die Signifikanz der Mortalitätsunterschiede getroffen. In beiden Fällen lag eine signifikante Verbesserung (p ≤ 0,05) der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe vor [27, 32]. Bei einer Studie [27] galt dies aber nur für die 30-Tages-Mortalität und nicht für die Gesamtmortalität nach 180 Tagen. Dies lässt vermuten, dass die Intervention nicht für den kurzzeitigen Effekt verantwortlich ist.
Implikationen für die Hospitalisation
Die Hospitalisationsraten wurden in insgesamt 7 Studien betrachtet. Es wurden Hospitalisationen jeglicher Ursache von denen unterschieden, die eindeutig auf die Herzinsuffizienz zurückzuführen waren. In 2 Studien wurde die durchschnittliche Anzahl an Hospitalisationen pro Patient genannt [26, 32] und in 2 weiteren die gesamte Anzahl an Hospitalisationen in der Fall- und Kontrollgruppe [33, 34]. In wiederum 2 Publikationen wurde zudem die durchschnittliche Anzahl der im Krankenhaus verbrachten Tage angegeben [26, 30]. In keiner Studie konnte ein signifikanter Effekt des Telemonitorings auf die Gesamthospitalisationsraten (alle Ursachen) festgestellt werden.
Bezogen auf die Hospitalisationen aufgrund von Herzinsuffizienz konnte in einer Studie eine signifikant niedrigere Anzahl an Hospitalisierungen in der Interventionsgruppe (p ≤ 0,05) festgestellt werden [35]. Die Ergebnisse einer weiteren Studie ergaben eine tendenzielle Verbesserung der Hospitalisationen pro Patient nach der Intervention außerhalb des gängigen Signifikanzniveaus (p ≤ 0,1; [32]). Ferner bleibt die Wirkung des Telemonitorings auf die Rehospitalisierungsraten nicht eindeutig. Nach 30 Tagen zeigte sich in einer Kontrollgruppe eine signifikant häufigere Rehospitalisierung (p ≤ 0,05; [26]). In einer aktuellen Studie von 2016 konnte dagegen kein Unterschied festgestellt werden, weder nach 30 noch nach 180 Tagen [27].
Implikationen für die gesundheitsbezogene Lebensqualität
In 4 Studien wurde zur Ermittlung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität der SF(Short Form)-36-Fragebogen [28, 30, 33, 34] und in 2 Studien der MLHFQ (Minnesota Living With Heart Failure Questionnaire) verwendet [27, 31]. In einer Studie wurde sowohl auf den SF-36 als auch auf den MLHFQ zurückgegriffen [26]. In 3 Studien zeichnete sich, im Vergleich zur Kontrollgruppe, eine signifikante Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität ab (p ≤ 0,05; [27, 30, 34]). In allen 3 Studien konnte insbesondere die körperliche Funktionsfähigkeit gesteigert werden. In einer weiteren Studie hat sich die Lebensqualität zwar innerhalb der Interventionsgruppe signifikant verbessert (p ≤ 0,05), aber nicht im Vergleich zur Kontrollgruppe [26]. In den anderen Studien hat sich die gesundheitsbezogene Lebensqualität zwar nicht positiv verändert, aber auch nicht verschlechtert.
Gesundheitsökonomische Implikationen
Mehrheitlich werden in den betrachteten Studien ausschließlich die Kosten der Hospitalisationen aufgrund von Herzinsuffizienz berücksichtigt. In keiner der eingeschlossenen Studien wurde eine Kosteneffektivitätsanalyse durchgeführt. In einer Studie wurde ein signifikanter Unterschied der Gesamtkosten pro Patient zwischen der Gruppe, die Telemonitoring erhielt, und der Gruppe mit der Standardversorgung ermittelt (p ≤ 0,05; [35]). Dabei waren die Kosten in der Interventionsgruppe signifikant höher als in der Kontrollgruppe.
Die Kosten der Hospitalisationen aufgrund von Herzinsuffizienz bilden sich uneinheitlich ab. In einer Studie wurden die kombinierten Kosten für Hospitalisationen, Besuche der Notaufnahme und ungeplante Arztbesuche angegeben [35]. Diese waren in der Interventionsgruppe signifikant niedriger (p ≤ 0,05). In 2 Studien [26, 33] waren die Kosten im Unterschied dazu in der Interventionsgruppe höher, aber nicht signifikant höher. Die Autoren der zuerst genannten Studie [26] geben dabei die Hospitalisationskosten pro Patient an, die der letztgenannten Studien die Hospitalisationskosten pro Gruppe und Monat [33]. In je einer weiteren Studie waren die Kosten für die Hospitalisationen in der Kontrollgruppe höher (ebenfalls nicht signifikant [30]) oder annähernd gleich [32]. In 2 Studien wurden die spezifischen Hospitalisationskosten, die auf die Herzinsuffizienz zurückzuführen sind, betrachtet [26, 30]. In beiden Fällen sind diese in der Kontrollgruppe nicht signifikant höher.
Diskussion
In die systematische Übersichtsarbeit konnten 10 Studien eingeschlossen werden. Die Qualität der Studien, bezogen auf das Studiendesign und die Studieneigenschaften, war insgesamt gut bis sehr gut. Hinsichtlich der Evidenz zeichnet sich kein eindeutiges Bild ab. Die Gesamtmortalität wird durch Telemonitoring nur in wenigen Studien positiv beeinflusst [27, 32]. Bei den Endpunkten Gesamthospitalisation und Rehospitalisation ließ sich ebenfalls kein signifikanter Zusammenhang von Telemonitoring und einer Verringerung der Anzahl an Hospitalisationen feststellen. Im Gegensatz dazu konnte die Anzahl von spezifischen Hospitalisationen aufgrund von Herzinsuffizienz tendenziell durch Telemonitoring verringert werden [32, 35]. Es konnte gezeigt werden, dass die gesundheitsbezogene Lebensqualität durch den Einsatz von Telemonitoring besser oder gleichwertig der Kontrollgruppe ist [26, 27, 30, 34]. Die entstandenen Kosten sind in der Interventionsgruppe insgesamt tendenziell höher [35]. Bezogen auf die Kosten der Hospitalisationen ergibt sich jedoch kein eindeutiges Bild.
Wenn ein positiver Effekt des Telemonitorings in einzelnen Studien beschrieben wurde, kann dies möglicherweise auf eine höhere Adhärenz in der Interventionsgruppe zurückzuführen sein [36]. Die Tatsache, dass Patienten, die Telemonitoring erhalten, in den Studien annähernd täglich Kontakt zu medizinischem Personal in den telemedizinischen Zentren haben, kann selbst eine Wirkung auf die gemessenen Endpunkte haben. Das Potenzial der Intervention kann somit ggf. überschätzt werden [6].
Die neuesten in die vorliegende systematische Übersicht eingeschlossenen Studien bestätigen den bisherigen tendenziell noch uneinheitlichen Stand der Forschung. In einer Reihe von weiteren Übersichtsarbeiten werden neben randomisierten kontrollierten Studien auch andere Studienformen, wie Beobachtungsstudien, betrachtet [23, 37], oder die telefonische Unterstützung wird ergänzend miteinbezogen [21, 36, 38]. Zwei systematische Übersichtsarbeiten konnten bezüglich der Hospitalisationen ebenfalls keine Verringerung der Gesamthospitalisationen, aber eine Verringerung der Hospitalisationen aufgrund von Herzinsuffizienz ermitteln [37, 38]. In Bezug auf die Lebensqualität wurde in weiteren systematischen Übersichtsarbeiten, kongruent zur vorliegenden Übersicht, eine Verbesserung durch das Telemonitoring nachgewiesen [22, 36, 37]. Eine tendenzielle Verbesserung der Mortalität deutet sich in der vorliegenden Arbeit zwar an, wird jedoch in 4 weiteren systematischen Übersichtsarbeiten expliziert [22, 23, 36, 38]. In einer relevanten aktuellen Synthese mehrerer systematischer Übersichtsarbeiten konnte dies erneut reproduziert werden [39]. Es gibt vergleichsweise wenige Untersuchungen über die ökonomischen Implikationen des Telemonitorings. Nur 2 Publikationen betrachteten Kosteneffektivitätsanalysen, die in beiden Fällen zugunsten der Intervention ausfielen [21, 22].
Die vorliegende systematische Übersichtarbeit hat methodische Limitationen. Die Studienlage ist für die Mehrheit der betrachteten Endpunkte limitiert. Daher ist unklar, inwiefern auf dieser Grundlage überhaupt Aussagen hinsichtlich der Evidenz getroffen werden können. Teilweise ist das Telemonitoring in weitere Interventionen, wie eine telefonische Beratung, integriert. Bei diesen komplexen Interventionen sind die einzelnen Effekte des Telemonitorings nur schwer ablesbar. Zudem wurde die Literaturrecherche auf die Datenbank PubMed beschränkt, welche zwar für den fokussierten Problembereich zentral ist, jedoch keine vollständige Abdeckung der möglicherweise relevanten Literatur sicherstellt. Der Einschluss der Studien sowie die vorgenommene Bewertung der Studienqualität erfolgten standardisiert. Trotz einer Begutachtung der Studien durch 2 Personen, sind Auswahl und Bewertung subjektiven Prägungen unterworfen. Zudem ist ein Publikationsbias durch das selektive Publizieren positiver Ergebnisse nicht auszuschließen [40]. Ferner besteht eine klinische Heterogenität, da die NYHA-Klassen von Klasse I bis IV variieren. Zusätzlich differieren das Durchschnittsalter, das Geschlecht und die durchschnittliche LVEF. Daneben unterschieden sich die Studien in der Art der Intervention. Es können keine Rückschlüsse darauf gezogen werden, welcher spezielle Aspekt der Intervention für einen eventuellen Effekt verantwortlich ist. Aufgrund der unterschiedlichen Interventionsländer ist die Grundlage der Berechnung der entstehenden Kosten ebenfalls unterschiedlich. Somit sind die direkten, indirekten und intangiblen Kosten kaum vergleichbar.
Geschlechterspezifische Unterschiede bestehen sowohl in der Diagnostik, in der Pathophysiologie als auch in der Therapie bei Herzinsuffizienz. Frauen zeigen insbesondere eine höhere Mortalität beim Auftreten eines akuten Koronarsyndroms, möglicherweise weil sie weniger invasiv untersucht und weniger konsequent bei gleicher Koronarmorphologie einer perkutanen transluminalen koronaren Angioplastik (PCI) zugeführt werden. Die Medikamentenadhärenz beeinflusst den Therapieerfolg wesentlich und ist unter Umständen bei Frauen besser als bei Männern. Sie ist zudem auch vom Geschlecht der Behandelnden abhängig [41]. Ob und in welcher Weise geschlechterspezifische Aspekte auch im Kontext des Telemonitorings eine Rolle spielen, gilt es in zukünftigen Untersuchungen zu klären. In keiner inkludierten Studie wird eine explizite Unterscheidung der Mortalitätsraten nach Geschlecht vorgenommen.
Schlussfolgerungen
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass vor dem Hintergrund der zukünftigen Entwicklung der Versorgungssituation der Herzinsuffizienz wesentlicher Handlungsbedarf besteht. Insbesondere der demographische Wandel und die Entwicklung der medizinischen Versorgung in ländlichen Regionen stellen eine zunehmende Herausforderung dar [14,15,16]. Telemonitoring kann einen wesentlichen Beitrag leisten, diesen Problemen entgegenzuwirken. Um die gesundheitsbezogenen und ökonomischen Implikationen des Technikeinsatzes nachzuweisen, bedarf es jedoch weiterer wissenschaftlicher Untersuchungen. Eine besondere Herausforderung stellt dabei der Nachweis von kausalen Wirkungsbeziehungen innerhalb der häufig komplexen technikunterstützten Versorgungssettings dar. Unklar ist ferner, welche spezielle Komponente des Telemonitorings wirksam ist und welche Patientengruppe am stärksten profitiert [6]. Um Studien besser vergleichen zu können, ist es sinnvoll, einheitliche Interventionen, Endpunkte und Qualitätskriterien festzulegen. Entscheidend ist hier auch eine frühzeitige wissenschaftliche Begleitung der technischen Entwicklungs- und Implementierungsprozesse innerhalb aktueller und zukünftiger Modellprojekte. Besonderer Forschungsbedarf besteht mit Blick auf die ökonomischen Endpunkte (z. B. in Form von Health Technology Assessments). Gleichzeitig ist es eine zentrale gesundheitspolitische Aufgabe, klare Rahmenbedingungen für die Einführung des Telemonitorings zu schaffen. Hierzu gehört nicht nur die stärkere Förderung begleitender Versorgungs- und Implementationsforschung, sondern auch die Schaffung rechtssicherer Handlungsspielräume für den Einsatz innovativer digitaler Technologien (z. B. hinsichtlich des Datenschutzes, der Finanzierung oder des Berufsrechts von Ärzten).
Fazit für die Praxis
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Die derzeitige Versorgungssituation von Patienten mit Herzinsuffizienz zeigt in vielerlei Hinsicht deutliches Optimierungspotenzial. Insbesondere der demographische Wandel und die Entwicklung der medizinischen Versorgung in ländlichen Regionen stellen eine zunehmende Herausforderung dar.
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Hinsichtlich gesundheitsbezogener und ökonomischer Implikationen des Telemonitorings sind weitere wissenschaftliche Untersuchungen erforderlich. Diese sollten kausale Wirkungsbeziehungen innerhalb der häufig komplexen technikunterstützten Versorgungssettings nachweisen und klären, welche spezielle Komponente des Telemonitorings wirksam ist und welche Patientengruppe am stärksten profitiert.
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Zum besseren Vergleich der Studien sollten einheitliche Interventionen, Endpunkte und Qualitätskriterien festgelegt sowie technische Entwicklungs- und Implementierungsprozesse innerhalb aktueller und zukünftiger Modellprojekte frühzeitig wissenschaftlich begleitet werden.
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Zentrale gesundheitspolitische Aufgabe wird es sein, klare Rahmenbedingungen für die Einführung des Telemonitorings zu schaffen.
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L. Diedrich, C. Dockweiler, A. Kupitz und C. Hornberg geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
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Diedrich, L., Dockweiler, C., Kupitz, A. et al. Telemonitoring bei Herzinsuffizienz. Herz 43, 298–309 (2018). https://doi.org/10.1007/s00059-017-4579-9
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