Zusammenfassung
Der politiktheoretische Beitrag nimmt Bezug auf die aktuelle Postdemokratiedebatte und verortet die Prozesse der Ökonomisierung im Bezugssystem des Neoliberalismus. Neoliberalismus wird als eine politische Ideologie rekonstruiert, die als Prozess permanent sprachvermittelt individuelle wie kollektive Sinndeutungen unterbreitet. Insofern Politik gegenüber den Bürgern immer argumentativ begründungspflichtig ist, bedeutet Ökonomisierung nicht nur, dass die konkreten Politiken (das heißt die Policy-Outputs) ökonomischer werden. Auch ihre Begründungen selbst können ökonomischer werden.
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Notes
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Vgl. dazu den Beitrag von Ritzi und Dumm in diesem Band.
- 2.
In Lockes Two Treatises of Government (1689), einem Gründungsdokument des Liberalismus, werden die politische Körperschaft und vor ihr noch der Markt als durch die Menschen qua gemeinsamer Übereinkunft zu regelnde Materien entworfen. Insofern sind in jeder hier adressierten historischen und gegenwärtigen Spielart des Liberalismus politische und ökonomische Praktiken gleichermaßen angesprochen: Politik und Ökonomie sind in toto distinkte Sphären gesellschaftlicher Praxis. In der historischen Entwicklung des Liberalismus von seiner klassischen Version bei Locke oder Smith bis hin zum zeitgenössischen Neoliberalismus hat sich jedoch das Verhältnis der beiden Sphären zueinander verändert. Der Neoliberalismus betont eine Vorrangigkeit der Ökonomie gegenüber der Politik, die bei Locke zwar in seiner Rekonstruktion der historischen Genese von Vergesellschaftung postuliert worden, jedoch als zeitlich vorgeordnete und nicht als qualitativ bedingende gemeint war.
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Lemke, M., Schaal, G. (2014). Ökonomisierung und Politikfeldanalyse. In: Schaal, G., Lemke, M., Ritzi, C. (eds) Die Ökonomisierung der Politik in Deutschland. Kritische Studien zur Demokratie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-02620-2_1
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