1 Einleitung

Schulpraktische Studien spielen als Lerngelegenheiten in der Lehrerausbildung eine bedeutsame Rolle. Die Einbindung von Theorie-Praxis-Bezügen in die professionelle wissenschaftliche Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern stellt international ein konstitutives Element dar (vgl. Zeichner 2010; Tatto et al. 2012; Allen und Wright 2014; Arnold et al. 2014). In Deutschland wird das Verhältnis von Theorie und Praxis im Zuge der Bologna-Reform seit einigen Jahren sehr unterschiedlich diskutiert. Zumeist geht es beim Thema schulischer Praxisphasen um eine grundlegende Erhöhung des Umfangs der Praktika bei einer zugleich verbesserten Lernbegleitung. So verweisen beispielsweise Empfehlungen von Expertenkommissionen wie in Nordrhein-Westfalen (Baumert et al. 2007) und Berlin (Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft 2012) auf den Bedarf einer verstärkten Professionalisierung, die den Erwerb unterrichtlicher Kompetenzen für den Lehrerberuf sowie zugleich die praxisbezogene wissenschaftliche Reflexion ermöglicht (Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft 2012, S. 9). Diese veränderten Anforderungen an Praktika haben u. a. zur Einrichtung von Praxissemestern geführt (vgl. Weyland 2012), die wiederum häufig mit einer Verkürzung des Vorbereitungsdienstes einhergehen. Diese Entwicklungen zeigen, dass sich die Lehrerbildung in Deutschland insbesondere im Kontext der Praxisphasen im Umbruch befindet und werfen Fragen bezüglich der Vermittlung theoretischer Grundlagen und des Angebots und der Ausgestaltung praktischer Lerngelegenheiten auf (Müller 2010; Gröschner et al. 2013; Schubarth et al. 2014). Allerdings existieren nur wenige empirische Befunde, die unter Berücksichtigung der strukturellen Rahmenbedingungen die Wirksamkeit von Praxisphasen genauer in den Blick nehmen bzw. vergleichende Analysen vornehmen (Hascher 2012). Zumeist liegt in den auf Praxisphasen bezogenen Wirksamkeitsuntersuchungen ein starker Fokus auf einzelnen Hochschulstandorten (vgl. Arnold et al. 2014). Erste standortübergreifende Analysen des Gymnasiallehramts (Bauer et al. 2012; König und Seifert 2012) verdeutlichen den Mehrwert von Strukturen berücksichtigenden Analysen, aus denen im Kontext des intendierten und implementierten Curriculums u. a. Rückschlüsse für die weitere Gestaltung der Lehrerausbildung möglich sind (vgl. Darge et al. 2012; Watson et al. 2012).

Die folgende Untersuchung schließt an die genannten Expertisen und ausgewählten Standortvergleiche an und erweitert den Fokus hinsichtlich der Anzahl von Standorten sowie der untersuchten inhaltlichen Aspekte. Basierend auf einer Analyse studiengangrelevanter Dokumente von zwölf Hochschulen in Deutschland wird den Fragen nachgegangen, wie das mit den Praxisphasen intendierte Angebot in der gymnasialen Lehramtsausbildung strukturiert ist, in welcher Weise die Begleitung durch die Universität organisiert ist und inwiefern sich auf dieser Basis standortübergreifend Praxistypen im gymnasialen Lehramtsstudium identifizieren lassen. Der Fokus liegt damit auf Merkmalen der Struktur und der universitären Begleitung auf Basis einer Auswahl relevanter Vergleichsdimensionen, wie sie in den Dokumenten und damit im intendierten Curriculum abgebildet sind.

Das Ziel der Studie ist es, anhand verschiedener Merkmale die in die Lehrerausbildung integrierten Praktika auf Seiten des universitären Angebots zu beschreiben. Darüber hinaus können die Ergebnisse als mögliche Prädiktoren bzw. standortübergreifende Indikatoren auf der Ebene der Institution in künftigen Untersuchungen und Befragungen zur Wirksamkeit schulpraktischer Studien berücksichtigt werden (vgl. Blömeke et al. 2008; Arnold et al. 2014).

2 Theoretischer Hintergrund

2.1 Ausgestaltung von Praktika

Nach Bennack und Jürgens (2002) lassen sich die in der Lehrerbildung etablierten Praktikumsformen in Deutschland hinsichtlich Konzeption, temporärer Abfolge und Ausgestaltung, fachlicher Zuordnung und hochschulischer Begleitung sowie der Leistungsbewertung unterscheiden. Diese verschiedenen Merkmale der Struktur und universitären Begleitung von Praktika sind durch die curriculare Ausgestaltung in das fachwissenschaftliche, fachdidaktische und bildungswissenschaftliche Angebot häufig stark miteinander verwoben (Abb. 1). Dabei sind die zeitliche Verortung der verschiedenen Praktikumsarten und -formen unter Berücksichtigung der jeweils intendierten Professionalisierungsabsicht (z. B. berufsbiografische Selbstreflexion, Anbahnung des Rollenwechsels vom/von der Schüler/in zum/zur Lehrer/in, Erwerb unterrichtlicher Handlungskompetenzen) sowie die Zuständigkeit und der Umfang der Begleitung im Praktikum eng an das jeweils vorherrschende Lehrerbildungsmodell einer Hochschule bzw. eines Bundeslandes geknüpft (Terhart 2000; Blömeke et al. 2008; Weyland 2012). Bisherige Arbeiten zeigen, dass Studienstrukturen im Lehramtsstudium nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb von Bundesländern erheblich variieren können (Terhart et al. 2010; Bauer et al. 2011; Lohmann et al. 2011; Bauer et al. 2012). Bezüglich der Praktikumsgestaltung weist Weyland (2012) darauf hin, dass es einerseits auf Bundesebene „auf Grund der föderalen Struktur […] nicht die Konzeption schulischer Praxisphasen gibt“, sondern „trotz aufgezeigter Parallelen bzw. allgemeiner Tendenzen in einzelnen Konzeptionen ein bunter Flickenteppich“ vorherrscht (Weyland 2012, S. 60), und andererseits auch „innerhalb eines Bundeslandes verschiedene, z. T. auch sehr unterschiedlich akzentuierte Konzeptionen schulischer Praxisphasen vorliegen“ (Weyland 2012, S. 12). Zwar unterliegen die Konzeptionen von Praxisphasen auf Länderebene grundsätzlich bestimmten Rahmenvorgaben, allerdings erlauben diese standortspezifisch unterschiedliche Ausgestaltungen etwa hinsichtlich der Zielsetzung und Organisation (z. B. Unterrichtsbesuche durch Dozent/inn/en, Variation der Vorgabe zu unterrichtender Stunden) und der Leistungsfeststellung (z. B. Nutzung von Portfolios) einzelner Praktika (Weyland 2012). Als Konsequenz wird in der vorliegenden Untersuchung mit der Eingrenzung auf das gymnasiale Lehramt auf Standortebene und unter Berücksichtigung der in Deutschland etablierten Modelle im Lehramtsstudium exemplarisch die Struktur schulischer Praxisphasen und deren universitäre BegleitungFootnote 1 beschrieben. Anschließend wird der analytische Versuch unternommen, verschiedene Konzeptionen standortübergreifend zu typisieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das gymnasiale Lehramtsstudium in Deutschland (wie auch andere Lehramtsstudiengänge) grundsätzlich sowohl strukturell (Bauer et al. 2012) als auch curricular (Terhart et al. 2010; Lohmann et al. 2011) relativ heterogen gestaltet ist und daher eine Fokussierung auf einen Ausbildungszweig auch für die vorliegende Studie ratsam erscheint. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkung wird der empirische Forschungsstand in den nächsten Abschnitten nach folgenden Gesichtspunkten systematisch aufbereitet: hinsichtlich struktureller Merkmale werden die zeitliche Verortung und die Professionalisierungsabsicht, hinsichtlich der Praktikumsbegleitung werden der Umfang und der intendierte Arbeitsaufwand betrachtet (Abb. 1). Schließlich werden Befunde vorgestellt, die auf der Basis struktureller Angaben eine Typologie von Praxisphasen vornehmen.

Abb. 1
figure 1

Merkmale der Struktur und universitären Begleitung von Praktika im Lehramtsstudium

2.1.1 Zeitliche Verortung von Praktika und Professionalisierungsabsicht verschiedener Praktikumsformen

Bei der zeitlichen Verortung kann temporär-strukturell insbesondere zwischen Block- bzw. semesterbegleitenden Praktika unterschieden werden (Bennack und Jürgens 2002). Darüber hinaus sind diese je nach Verortung im Grund-/Hauptstudium bzw. im Bachelor-/Masterstudium, generell am Studienbeginn, im Studienverlauf oder am Studienende mit unterschiedlichen Professionalisierungsabsichten (wie Überprüfung des Berufswunsches; Anbahnung des Rollenwechsels; Erwerb professioneller Handlungskompetenzen durch z. B. eigene Unterrichtsversuche der Studierenden) verknüpft. So sind anfängliche Blockpraktika, die der Orientierung dienen, häufig zunächst Hospitationspraktika. Sie haben oftmals zum Ziel, den Studien- und Berufswunsch zu überprüfen sowie den Schul- und Lehreralltag aus der Rolle einer (angehenden) Lehrperson zu betrachten (Wilson et al. 2001; Topsch 2004). Diese eher berufsbiografische Zielsetzung (Meyer und Kiel 2013) verlagert sich bei den später im Studium stattfindenden Block- oder semesterbegleitenden Praktika hin zu einer stärker professionsspezifischen, bei der insbesondere der Erwerb erster beruflicher und unterrichtlicher Handlungskompetenzen im Vordergrund steht (weshalb diese häufig als „Fachpraktika“ bzw. „Unterrichtspraktika“ bezeichnet werden) (Wilson et al. 2001; Blömeke et al. 2008; Kunter et al. 2011). Durch sog. Mitwirkungspraktika (Bennack und Jürgens 2002) wird zunächst dem grundlegenden Wunsch der Studierenden entsprochen, unterrichtsbezogene Lehrerfahrungen zu sammeln und professionelle Kompetenzen der Unterrichtsplanung, -durchführung und -reflexion zu erwerben (Bach 2013; König et al. 2013). Es ist davon auszugehen, dass diese Praktikumsformen und ihre verschiedenen intendierten Funktionen für den Professionalisierungsprozess der Studierenden auch in der vorliegenden Strukturanalyse zum Tragen kommen.

Während erste Studien, die standortspezifisch unterschiedliche Praktikumsformen (Block- vs. semesterbegleitendes Praktikum) untersuchen, keine statistisch bedeutsamen bzw. nur geringe Unterschiede in den wahrgenommenen Lernerträgen (z. B. im Unterrichten) zwischen Gruppen mit unterschiedlichen Praktikumsformen feststellen konnten (Gröschner und Müller 2014), zeigen demgegenüber erste standortübergreifende Analysen zu einer Praktikumsform (Lerngelegenheiten in Blockpraktika), dass der Fokus auf die eigene Unterrichtstätigkeit der Studierenden je nach Standort variiert (Darge et al. 2012). Allerdings wird in den bisher vorliegenden Studien selten eine Verbindung struktureller Aspekte der zeitlichen Verortung und der Professionalisierungsabsicht mit Aspekten der Begleitung, die den Umfang und den Arbeitsaufwand der Studierenden berücksichtigen, vorgenommen. Somit fehlen nach wie vor empirische Analysen, die z. B. die Platzierung der schulischen Praxisphasen im Studienverlauf oder die Organisationsform der Praktika standortübergreifend genauer in den Blick nehmen.

2.1.2 Umfang und Art der universitären Begleitung und intendierter Arbeitsaufwand

Für den Lernerfolg von Studierenden im Praktikum, z. B. hinsichtlich der Unterrichtskompetenz oder reflexionsorientierter Lerngelegenheiten (Baer et al. 2011), ist die Qualität der Begleitung von großer Bedeutung (Wang 2001; Hobson et al. 2009; Gröschner und Seidel 2012). Die Forschung zur universitären Begleitung in Praxisphasen steht im Gegensatz zum schulischen Mentoring allerdings noch am Anfang (Arnold et al. 2014). Dabei wird in einer koordinierten Begleitung durch Schulen und Hochschulen eine Möglichkeit für Lehramtsstudierende gesehen, die Inhalte der Ausbildung mit praktischen Ansätzen der Umsetzung zu verbinden, z. B. um eigene Unterrichtsversuche zu reflektieren (Putnam und Borko 2000). Brouwer und Korthagen (2005) stellten in ihrer Längsschnittstudie fest, dass die universitäre Ausbildung von Studierenden dann am besten eingeschätzt wurde, wenn diese die Möglichkeit erhielten, in Kursen ihre praktischen Lernerfahrungen zu reflektieren und konkret Unterrichtsplanungen zu überarbeiten. Die auf fachdidaktische Aspekte fokussierten Begleitveranstaltungen schneiden dabei in Zufriedenheitsbefragungen häufig besser ab als bildungswissenschaftliche Kurse (Gröschner et al. 2013). Damit wird deutlich, dass die fachliche Zuordnung der universitären Begleitung von hoher Relevanz für die Zufriedenheit ist. Darüber hinaus liegt es zumeist an den Studierenden selbst, die praktischen Lerngelegenheiten mit den theoriebasierten Ansätzen der universitären Ausbildung zu verknüpfen, da die institutionelle Vor- und Nachbereitung sowie Begleitung sehr unterschiedlich gestaltet ist und selten systematisch (z. B. aufgrund personeller Fluktuation) hergestellt wird (Brouwer und Korthagen 2005). Im Gegensatz zu dieser vorherrschenden autonomen Form des Lernens im Praktikum, werden in der neueren Forschung jene begleitenden Konzepte als effektiv erachtet, die zugleich eine Optimierung des Theorie-Praxisbezugs anvisieren (Allen und Wright 2014). Diese Konzepte bieten im Gegensatz zu vor- oder nachbereitenden Veranstaltungen kontinuierliche Lerngelegenheiten, die die Reflexion und Einbettung wissenschaftlich orientierten Grundlagenwissens mit den schulischen Lehr-Lernprozessen im Praktikum erleichtern (Gröschner et al. 2013; Stürmer et al. 2013).

Strukturell ist zudem bedeutsam, ob in der universitären Begleitung festgelegt wird, wie die systematische Betreuung seitens der Bildungswissenschaften bzw. Fachdidaktiken verankert ist. Als Indikatoren können hierbei beispielsweise Unterrichtsbesuche durch die jeweiligen Hochschuldozenten gelten, die für die Reflexion der Lernerfahrungen im Praktikum als förderlich erachtet werden (Brouwer und Korthagen 2005) und Eingang in Rückmeldegespräche mit den Studierenden finden können. Von Bedeutung ist ferner die Anzahl von Semesterwochenstunden (SWS), die für praktikumsrelevante Veranstaltungen vorgesehen sind und den Betreuungsaufwand seitens der Universität quantifizieren sowie die für das Praktikum zu erreichenden Leistungspunkte (CP), die den Arbeitsumfang der Studierenden im Rahmen des Praktikums bemessen (vgl. Bauer et al. 2012).

2.1.3 Typologie von Praxisphasen als Desiderat der empirischen Forschung

Wie eingangs beschrieben, zeichnet sich die Struktur der Lehrerausbildung in Deutschland durch eine hohe Variation aus (Weyland 2012), die auch im gymnasialen Lehramt zu finden ist (Bauer et al. 2012). Weyland (2012, S. 60) betont, dass es jedoch wünschenswert wäre, auf der Basis struktureller Rahmenvorgaben (bspw. durch KMK-Richtlinien für schulische Praxisphasen) zu mehr Einheitlichkeit und dadurch zu mehr grundsätzlicher Vergleichbarkeit der Praxisphasen zu kommen. Eine solche Vergleichbarkeit hätte den Vorteil, dass standortübergreifend das Angebot und die Nutzung von praxisbezogenen Lerngelegenheiten stärker in den Fokus des Professionalisierungsprozesses von angehenden Lehrpersonen rücken und lernwirksame Maßnahmen zur Gestaltung einer evidenzbasierten Lehrerbildung ergriffen werden könnten (vgl. Arnold et al. 2014).

Im Rahmen vorangegangener Studienstrukturanalysen wurden bereits prototypische Studiengangmodelle in Deutschland hinsichtlich der intendierten Anlage des Studiengangs und dem Verhältnis zwischen fachwissenschaftlichen und professionsspezifischen Studienanteilen systematisch untersucht (Bauer et al. 2012). Dabei konnte gezeigt werden, dass der Studienanteil, der in den untersuchten gymnasialen Lehramtsstudiengängen auf die Praktika entfällt, bei 6,7 % des durchschnittlichen Gesamtstudiums liegt. Jedoch deutet eine erhebliche Spannweite in der Vergabe von Leistungspunkten (6–38) an einzelnen Standorten auf einen unterschiedlichen Umfang des Workloads der Praktika hin. Bezogen auf das Gesamtstudium fallen im „Lehramtsspezifischen Bachelor/Master-Modell“ die praktischen Studienanteile mit 12,7 % am umfangreichsten aus. Dieses Modell, so Bauer und Kollegen (2012), ziele auf eine frühe Professionalisierung der Studierenden mit bereits im BA verankerten professionsbezogenen Studienanteilen. Im Vergleich dazu folge im „Polyvalenten Bachelor/Master-Modell“ in der Regel auf einen fachspezifisch ausgerichteten BA (prozentualer Anteil der Praktika: 5 %) ein stärker professionsspezifischer MA (prozentualer Anteil der Praktika: 8,3 %). In den untersuchten modularisierten Staatsexamensstudiengängen lag der Anteil der Praktika ebenfalls beim Gesamtdurchschnittswert 6,7 %.

Die Angaben dieser Modelle lassen vermuten, dass die frühe Implementation praktischer Studienanteile in lehramtsspezifisch denominierten BA-MA-Studiengängen dazu dient, die professionsspezifische Ausrichtung zu unterstreichen, wohingegen polyvalent ausgerichtete Modelle durch den geringeren Anteil schulischer Praktika in der BA-Phase ihr offeneres Qualifikationsprofil betonen. Die Platzierung im Studienverlauf und der über Leistungspunkte gemessene Umfang der Praxisphasen können somit als Anhaltspunkte für eine professionsspezifische Orientierung der Studiengänge herangezogen werden. Um die mit den schulpraktischen Studien intendierte professionsspezifische Ausrichtung präziser einschätzen zu können, fehlt es bislang an weiteren Informationen, z. B. zur Konzeption der Begleitung seitens der Hochschule im Verhältnis zum festgelegten Arbeitsaufwand für Studierende. Eine darauf aufbauende Typologie vorhandener Praxisphasen kann als eine Voraussetzung erachtet werden, die lernwirksame Gestaltung und Nutzung (und damit Implementierung) der praxisbezogenen Lerngelegenheiten sowie die hochschulische Einbettung weiterführend zu untersuchen und dabei neben standortbezogenen Evaluationen auch standortübergreifend, typologisch ähnliche Referenzmodelle mit in die Diskussion zu integrieren.

2.2 Zwischenfazit

Zusammenfassend zeigt sich, dass im Anschluss an die Bologna-Reform bisher nur wenige standortübergreifende empirische Befunde zur Beschreibung von strukturellen Ansätzen schulpraktischer Studien in Deutschland vorliegen. Die bestehenden Befunde zur Wirksamkeit von schulischen Praxisphasen nehmen meist standortbezogen die jeweils implementierte Praktikumsform im Kontext ihrer Professionalisierungsabsicht in den Blick. Standortübergreifende Analysen zu den strukturellen Rahmenbedingungen und Ansätzen der universitären Begleitung von Praxisphasen wurden bis auf wenige Ausnahmen (vgl. König und Seifert 2012) bislang kaum vorgenommen. Die vorliegende Untersuchung konzentriert sich daher unter Berücksichtigung verschiedener Lehrerausbildungsmodelle im Bereich des gymnasialen Lehramts in Deutschland (Bauer et al. 2011) auf eine Beschreibung universitärer Praxisphasen am Beispiel von zwölf Hochschulstandorten. Dabei werden auf der Basis des intendierten Curriculums (1) die strukturellen Merkmale von Praktika (Anzahl, Umfang, Platzierung im Studienverlauf, Professionalisierungsabsicht, Organisationsformen) untersucht, (2) der Umfang und die Organisationsform der universitären Begleitung analysiert (fachliche Zuordnung, Art der Begleitung, Umfang der für das Praktikum vergebenen Leistungspunkte, Anzahl der Semesterwochenstunden) und (3) der Versuch unternommen, auf der Basis der aus (1) und (2) gewonnenen Ergebnisse standortübergreifende Praktikumstypen zu beschreiben.

3 Fragestellungen

Die folgenden Fragestellungen stehen im Fokus der Untersuchung:

  1. 1.

    Wie lassen sich die strukturellen Merkmale von Praxisphasen hinsichtlich (a) der Anzahl der Praktika, (b) der Gesamtdauer, (c) der Praktikumsform und (d) der zeitlichen Platzierung im Studienverlauf beschreiben?

  2. 2.

    Wie ist die universitäre Begleitung der Praktika hinsichtlich (a) der fachlichen Zuordnung, (b) der Art der Begleitung und Verankerung von Unterrichtsbesuchen durch Dozent/inn/en sowie (c) dem Umfang an Semesterwochenstunden (SWS) und Leistungspunkten (CP) gestaltet?

  3. 3.

    Inwiefern lassen sich auf der Basis der strukturellen Merkmale und Merkmalen der universitären Begleitung standortübergreifende Praktikumstypen identifizieren?

4 Methode

4.1 Datengrundlage

Als Ausgangsbasis der vorliegenden Analysen dienten die im Rahmen der Studie „Panel zum Lehramtsstudium“ (PaLea) erhobenen strukturierten Sammlungen studiengangrelevanter Dokumente, die als standortbezogene Portfolios vorlagen. Es wurden insgesamt 100 Dokumente, darunter 20 Prüfungs- und 39 Studienordnungen, 35 Praktikumsordnungen sowie 3 Modulkataloge bzw. 3 Akkreditierungsanträge im Gesamtumfang von 2790 Seiten in die vorliegenden Analysen einbezogen.

Im Projekt PaLea werden Studienstrukturen im Lehramtsstudium sowie die professionsbezogene Entwicklung angehender Lehrkräfte an dreizehn deutschen Hochschulen über den Studienverlauf untersucht (vgl. Bauer et al. 2010). Die Auswahl der Hochschulstandorte erfolgte systematisch, um die in Deutschland etablierten Modelle in der gymnasialen Lehrerbildung abzubilden (d. h. Bachelor und Master of Education, Staatsexamen traditionell und modularisiert), wobei es nicht um eine Repräsentativität der Hochschulstichprobe ging (Bauer et al. 2012). Zudem sollte an den Standorten eine verlässliche Sammlung von Daten vor Ort ermöglicht werden, wodurch insbesondere etablierte Kooperationspartner zur Teilnahme angefragt wurden. Die folgenden Universitäten wurden in der vorliegenden Untersuchung berücksichtigt: FU Berlin, Bielefeld, Göttingen, Hamburg, Jena, Kassel, Kiel, Koblenz-Landau, LMU München, TU München, Münster und Wuppertal.Footnote 2 Analog zu Bauer et al. (2012) wurden die Portfolios jener zwölf Standorte ausgewertet, in denen im Wintersemester 2009/2010 Angebote für gymnasiale Lehramtsstudiengänge vorlagen. Ein PaLea-Standort wurde nicht einbezogen, weil dort kein Gymnasiallehramt angeboten wird.

Die Dokumente wurden von Hochschullehrerinnen und -lehrern zusammengestellt, die an den beteiligten Hochschulen in die Lehrerbildung involviert sind. Auf diesem Weg konnten auch relevante, nicht öffentlich zugängliche Dokumente zu den Studiengängen gesammelt werden (z. B. Akkreditierungsanträge). Die gesammelten Dokumente wurden anschließend durch eigene Internetrecherchen auf den relevanten Universitäts-Webseiten ergänzt. Insgesamt kann die Glaubwürdigkeit und das Erkenntnispotenzial der Portfolios als hoch eingeschätzt werden, da es sich bei den meisten herangezogenen Dokumenten um rechtsverbindliche Ordnungen, institutionelle Nachweise und interne Dokumente handelt, was die Gefahr von Verzerrungen durch Selbstdarstellungstendenzen minimiert. Bei der inhaltsanalytischen Auswertung wurden jene Dokumente berücksichtigt, in denen Bezüge zu schulpraktischen Studien und deren Organisation erkennbar waren (Tab. 1).

Tab. 1 Art und Umfang der in die Analyse einbezogenen Dokumente

4.2 Auswertung der Daten

Im Zentrum der Portfolio-Analyse standen die Ermittlung der Praktikumsstrukturen (Forschungsfrage 1), die Organisation und Begleitung der Praxisphasen durch die Standorte (Forschungsfrage 2) sowie die Identifizierung von Praktikumstypen (Forschungsfrage 3). Die Auswertung des Datenmaterials erfolgte in drei Schritten.

Im ersten Schritt wurden für jeden Standort Dokumente (Prüfungs- und Studienordnungen) inhaltsanalytisch (nach Mayring 2002) mit MAXQDA 10 ausgewertet. Dazu wurde ein Kategoriensystem entwickelt, mit dem die strukturellen Merkmale (die Platzierung des Praktikums im Studienverlauf, Länge und Art des Praktikums etc.) sowie die Merkmale der universitären Begleitung (Art und institutionelle Organisation der Betreuung etc.) kodiert wurden (prozentuale Übereinstimmung auf Dokumentenebene, Kriterium Codepräsenz: 72 % bzw. 80 %; Kriterium Codehäufigkeit: 61 % bzw. 72 %). Anhand von nicht in die Analyse einbezogenem Material wurde das Kategoriensystem geprüft, indem drei zuvor geschulte Kodiererinnen unabhängig voneinander jeweils zwei identische Dokumente entsprechend den Code-Beschreibungen bearbeiteten. Nach der Probecodierung fand eine Überarbeitung und Anpassung des Kategoriensystems im Dialog-Konsensverfahren in der Forschergruppe (N = 3) statt. Im Anschluss erfolgte die Auswertung der Dokumente auf der Basis der Kategorien und die Typologisierung der Standorte.

Im zweiten Schritt wurde auf der Grundlage der Analysen für jede Hochschule individuell ein Standortreport mit Zusammenfassungen der zentralen Befunde erstellt. Dabei wurden die folgenden strukturellen Merkmale berücksichtigt: Anzahl der Praktika, Gesamtdauer in Tagen (Gesamt bzw. je Praktikum), Platzierung im Studienverlauf (Bachelor-/Grundstudium vs. Master-/Hauptstudium), Professionalisierungsabsicht (Orientierungs- vs. Mitwirkungspraktikum) und Organisationsform (Blockpraktikum, semesterbegleitendes Praktikum). Hinsichtlich der Begleitung wurden folgende Merkmale unterschieden: Fachliche Zuordnung (Fachwissenschaft, Fachdidaktik, Bildungswissenschaften), Art der hochschulischen Begleitung (Vor-, Nachbereitungsveranstaltung bzw. Begleitveranstaltung), Umfang der Semesterwochenstunden (SWS), Anzahl der Leistungspunkte (CP) und Prüfungsform.

Im dritten Schritt wurden die Standortreports im Rahmen einer externen, kommunikativen Validierung (Kelle et al. 1993) im Sommer 2011 an die Expertinnen und Experten in den Hochschulen übermittelt. Die als Validierungskriterium notwendige „Ebene manifester Gehalte“ (Kelle et al. 1993, S. 70) wurde dabei nicht verlassen. Nach den Rückmeldungen aller Standorte erfolgten die in diesem Beitrag vorgestellten Auswertungen.

5 Ergebnisse

5.1 Strukturelle Merkmale der untersuchten Praktika

Anhand folgender Merkmale wird die Struktur der Praktika beschreiben: a) Anzahl der Praktika, b) Gesamtdauer der Praktika, Praktikumsform und Platzierung und c) Professionalisierungsabsicht.

Anzahl der Praktika

Die durchschnittliche Anzahl der Praktika an den zwölf Hochschulen liegt bei M = 3.50 (SD = 1.04). Dabei variiert die Anzahl von zwei (Universitäten E, L)Footnote 3 bis zu sechs Praktika innerhalb des Lehramtsstudiums (H) (Tab. 2, Spalte 3).

Gesamtdauer der Praktika, Praktikumsform und Platzierung

Die Gesamtdauer der Praxisphasen in den untersuchten Lehramtsstudiengängen beträgt im Durchschnitt M = 74.50 Tage (SD = 23.12), das heißt ca. 15 Wochen. Dabei ist die Spannbreite relativ groß. Sie reicht von mindestens 40 Tagen (F), über 50 Tage (A und B) bis zu 121 Tagen (L). Hinsichtlich der Praktikumsformen (Block- oder semesterbegleitendeFootnote 4 Praktika) finden an fünf Universitäten (B, C, D, E und H) ausschließlich Blockpraktika statt, die auf das Bachelor-/Grundstudium sowie das Master-/Hauptstudium verteilt sind (Tab. 2, Spalte 7). An vier Standorten finden im Bachelor-/Grundstudium überwiegend Blockpraktika statt, während im Master-/Hauptstudium studienbegleitende Praktikumstage vorgesehen sind (F, I, J, K). An drei Universitäten (A, G, L) enthält auch das Bachelor-/Grundstudium bereits studienbegleitende Praktikumstage bzw. kann im Rahmen des Bachelorstudiums ein studienbegleitendes Praktikum absolviert werden (G). Lediglich an den Standorten B und H überwiegt die Praktikumsanzahl im Bachelor-/Grundstudium. An allen anderen Standorten ist das Verhältnis der Platzierung entweder ausgeglichen oder es überwiegt der Praktikumsanteil im Master-/Hauptstudium.

Professionalisierungsabsicht

Betrachtet man die Professionalisierungsabsicht der einzelnen Praktika, so wird deutlich, dass die jeweils ersten Praktika der Orientierung dienen (Tab. 2, Spalte 6). Dabei werden verschiedene Aspekte der Orientierung in den untersuchten Dokumenten genannt und spezifiziert: So soll beispielsweise an den Standorten A, C und E zunächst die Schule „als Ganzes“ bzw. das „Berufsfeld Schule“ insgesamt kennengelernt werden und es steht die „Erkundung des Arbeitsfeldes Schule als Lern- und Erfahrungsraum“ (G) sowie explizit die „Reflexion der Berufswahl“ im Vordergrund (E, F, H, J, K). Am Standort B sollen Studierende im Orientierungspraktikum „die verschiedenen Aufgabenfelder von Lehrerinnen und Lehrern“ erfahren und am Standort I sollen eigene Erfahrungen und Beobachtungen in einem pädagogischen Praxisfeld „in Beziehung“ zu bildungswissenschaftlichen Theorieansätzen gesetzt werden. An einigen Standorten werden insbesondere „Beobachtungsaufträge“ erteilt (A, C, D, F) und geübt, „Beobachtungen und Bewertungen voneinander zu trennen“ (D). Der „Rollenwechsel“ vom Schüler/von der Schülerin zum Lehrer/zur Lehrerin wird insbesondere an den Standorten A und K angesprochen. Am Standort L wird als Grundlage für die Berufswahlentscheidung darüber hinaus die Übernahme „erzieherischer (Teil-)Verantwortung für Kinder und Jugendliche“ betont. An den Standorten D (zwei) und H (drei) werden mehrere Orientierungspraktika durchgeführt, wobei der Standort D hierbei ein weiteres pädagogisches Feld außerhalb der Schule (bspw. Betriebe, soziale Einrichtungen) eröffnet, während am Standort H verschiedene Aufgabenschwerpunkte in den drei Praktika fokussiert werden.

Bei den Mitwirkungspraktika handelt es sich mehrheitlich um unterrichtsbezogene Praktika, in denen Studierende Erfahrungen und Kompetenzen bei der Unterrichtsplanung, -durchführung und -reflexion in den (beiden) Unterrichtsfächern sammeln sollen. Darüber hinaus werden teilweise weitere Anforderungen verlangt, wie z. B. „Fallstudien“ (D, F) oder die Reflexion mittels „unterrichtswissenschaftlicher Methodologie“ (D) sowie die Durchführung eigener kleinerer schul- und unterrichtsbezogenen Evaluationen (L).

Tab. 2 Praxis-Portfolio der Hochschulstandorte der PaLea-Studie

5.2 Merkmale der universitären Begleitung der untersuchten Praktika

Die Begleitung der universitären Praxisphasen kann nach vier Gesichtspunkten zusammengefasst werden: a) fachliche Zuständigkeit, b) Veranstaltungsformen und Anzahl der Unterrichtsbesuche, c) Umfang der SWS und Leistungspunkte (CP) sowie d) eingesetzte Prüfungsform.

Fachliche Zuständigkeit

Aus den ausgewerteten Dokumenten geht hervor, dass für die Praxisphasen grundsätzlich die Bildungswissenschaften und die Fachdidaktiken zuständig sind (Tab. 2, Spalte 8). Die Fachwissenschaften beteiligen sich mit Ausnahme eines Standortes, an dem eine sehr offene Regelung bezüglich der Beteiligung von Fachwissenschaft und Fachdidaktik herrscht (F), nicht an der Begleitung der Studierenden im Praktikum (Tab. 3). Die fachliche Begleitung liegt bei 26,8 % der Praktika ausschließlich bei den Bildungswissenschaften und bei 22,2 % der Praktika bei den Fachdidaktiken. Bei 22,2 % der praktischen Angebote findet die Begleitung sowohl in den Bildungswissenschaften als auch in den Fachdidaktiken statt. In 13,3 % gibt es keine fachliche Zuordnung der universitären Begleitung (Tab. 3).

Bei einer näheren Analyse der Zuständigkeiten hinsichtlich der Unterscheidung zwischen Bachelor-/Grundstudium bzw. Master-/Hauptstudium wird deutlich, dass an sechs Universitäten (A, C, E, H, J und K) die Begleitung im Bachelor-/Grundstudium durch die Bildungswissenschaften erfolgt, während im Master-/Hauptstudium vorwiegend die Fachdidaktiken für die Praktikumsbegleitung zuständig sind. Als einzige Universität übernehmen am Standort H die Studienseminare der zweiten Ausbildungsphase im zweiten Studienabschnitt die Begleitung in den Praktika (Tab. 3).

An vier Standorten (H, J, K, L) gibt es im Bachelor-/Grundstudium einen unbegleiteten Praktikumsteil. An sechs Standorten werden die Praktika größtenteils gemeinsam durch die Bildungswissenschaften und Fachdidaktiken im Bachelor- bzw. Masterstudium begleitet (B, D, F, G, I und L).

Tab. 3 Häufigkeiten der fachlichen Zuständigkeit für die einzelnen Praktika

Veranstaltungsformen und Unterrichtsbesuche

Hinsichtlich der Veranstaltungsformen finden sich bei den insgesamt 43 Praktika aller zwölf Hochschulen acht Praktika (18,6 %), die weder vor- noch nachbereitet oder durch Begleitveranstaltungen betreut werden (Tab. 4). Dies betrifft die Universitäten H, J, K und L, wobei allein an der Universität H drei Praktika im Bachelor-/Grundstudium unbegleitet sind, die der Orientierung dienen, und zwei im Master-/Hauptstudium durch die Zweite Phase (und damit nicht universitär) begleitet werden. Reine Vorbereitungsseminare/-workshops sind insgesamt viermal – an vier Standorten (A, B, H, K) – zu finden (9,3 %), während Nachbereitungsseminare/-workshops zweimal (C, H) auftreten (4,7 %). Diese Form ist sowohl bei Orientierungs- als auch Mitwirkungspraktika zu finden. Sechs Universitäten (A, C, D, G, I, J) bieten insgesamt acht kombinierte Vor- und Nachbereitungsveranstaltungen (18,6 %) und ebenfalls sechs Hochschulen (A, D, G, I, J, K) bieten zwölf Begleitveranstaltungen zu Praktika an (27,9 %). Eine kombinierte Vorbereitungs-, Begleit- und Nachbereitungsveranstaltung wird bei insgesamt sieben Praktika (16,2 %) an den Universitäten B, E, F und L angeboten, wobei hierbei die Mehrzahl auf Mitwirkungspraktika mit dem Fokus auf die zunehmende eigene Unterrichtstätigkeit gerichtet ist. In zwei Fällen (D, F) wird eine Vorbereitungs- und Begleitveranstaltung durchgeführt (4,7 %). Eine Kombination aus Begleit- und Nachbereitungsveranstaltung findet an keiner Universität statt.

Tab. 4 Häufigkeiten der Veranstaltungsformen

Als ein weiterer Aspekt der Begleitung wird die strukturelle Verankerung von Unterrichtsbesuchen der Dozentinnen und Dozenten bei den jeweiligen Studierenden aufgefasst. Hierbei zeigt sich, dass nur zwei Standorte (I, J) jeweils Vorgaben über die Anzahl von Unterrichtsbesuchen machen, wobei an der Universität I Studierende einmal besucht werden sollen, während an der Hochschule J zwei Besuche pro Studierender/Studierendem vorgesehen sind. Ein Standort (B) stellt es den Dozenten frei, Studierende („auf deren Wunsch“) im Unterricht zu besuchen, drei Studienstrukturbeschreibungen (G, H, L) enthalten explizit keine Unterrichtsbesuche. An den anderen Standorten sind Unterrichtsbesuche möglich, aber die Anzahl ist nicht weiter schriftlich verankert. Insgesamt liegt hierbei der Fokus auf Mitwirkungspraktika, die grundsätzlich eher auf den Erwerb bzw. die Anbahnung beruflicher Handlungskompetenzen ausgerichtet sind.

Wochenstunden und Leistungsumfang

Im Folgenden wird anhand des Umfangs der Semesterwochenstunden und der Leistungspunkte (CP) der mit den Praktika verbundene zeitliche Umfang der universitären Begleitung sowie der Arbeitsaufwand der Studierenden in den Blick genommen. Während die Leistungspunkte den Arbeitsaufwand der Studierenden für die Vor- und Nachbereitung quantifizieren (wobei für einen Workload von 30 h grundsätzlich ein Leistungspunkt vergeben wird), bemessen die Semesterwochenstunden den Zeitaufwand der universitären Veranstaltungen. Die Betrachtung von CP und SWS hat den Vorteil, dass somit eine Betrachtung der Relationen des hochschulisch bemessenen Betreuungsaufwands pro Standort und des curricular verankerten Arbeitsaufwands möglich ist.

Die Studierenden erhalten für das Absolvieren eines Praktikums, sofern Leistungspunkte verankert sind, zwischen zwei und 30 CP. Je Standort betragen die CP für alle Praktika zwischen neun und 42 CP (M = 23,25; SD = 9,00) (Tab. 2, Spalte 11). Darüber hinaus unterscheiden sich die Standorte auch hinsichtlich der Vergabe von CP. Während beispielsweise für 20 Praxistage am Standort D vier CP vergeben werden, sind es am Standort I acht CP. Unterschiede zwischen den Standorten werden auch deutlich, wenn man die Professionalisierungsabsicht in den Blick nimmt. Für Orientierungspraktika werden dabei einmal entweder 0 CP (J, K, L) oder zwei CP (A) vergeben, wenn das Praktikum vor dem Studium bzw. mit dem Studienbeginn durchgeführt wird, andererseits werden in der Regel vier bis sechs CP (B, D, E, F, G, H und I) sowie einmal sieben CP (C) und sogar acht CP (D) vergeben. Die Vergabe von Leistungspunkten ist dabei im Kontext des Arbeitsaufwandes und insbesondere der Prüfungsform zu sehen und variiert stark.Footnote 5

Die Anzahl der den Praktika zugeordneten Semesterwochenstunden (SWS), die im Gegensatz zu den CP den zeitlichen Umfang der Lehrveranstaltungen bemessen, liegt zwischen null und zwölf (Tab. 2, Spalte 10). Je Standort werden insgesamt zwischen vier und 15 (M = 8,25; SD = 4,50) SWS verteilt. Eine Ausnahme bildet der Standort H, an dem keine SWS angegeben werden. Setzt man die den Praktika zugeordneten CP je Standort in Relation zu den SWS, dann werden z. T. erhebliche Unterschiede im Verhältnis deutlich (vgl. das in der Anmerkung 5 angeführte Beispiel der Berücksichtigung von Prüfungsleistungen). Während etwa an den Standorten E, F, I, J, K und L auf eine SWS ca. 2,5 CP fallen, sind es an Standort B rund sechs CP je SWS. Der Befund deutet darauf hin, dass der Arbeitsaufwand der Studierenden nicht überall in demselben Ausmaß an die mit den Praktika verknüpften Lehrveranstaltungen gekoppelt ist. Deutlich wird dies auch anhand der statistisch nicht signifikanten Korrelation zwischen den vergebenen SWS und den CP (r = 0.53; p = 0.08).

5.3 Standortübergreifende Praktikumstypen

Für die Typenbildung über die Standorte hinweg wurden vier relevante objektive Vergleichsindikatoren herangezogen, die sowohl auf strukturelle Merkmale als auch auf Merkmale der Begleitung rekurrieren: (a) der zeitliche Umfang der Praktika (Tab. 2, Spalte 2), (b) das Arbeitspensum (CP) der Studierenden (Tab. 2, Spalte 11), (c) die Art und der Umfang der universitären Begleitung (SWS) (Tab. 2, Spalten 9 und 10) sowie (d) der Zeitpunkt der Praktika im Studienverlauf (Tab. 2, Spalte 5)Footnote 6. Um Hinweise darauf zu erlangen, wie umfänglich die universitäre Begleitung bezogen auf die Praktikumsdauer ist, wurde der zeitliche Umfang der Praktika in Beziehung gesetzt zu den SWS (Tab. 2, Spalte 13). Mit dem Verhältnis wird quantifiziert, wie viele Praktikumstage auf eine SWS entfallen. Je niedriger der Wert, desto weniger Praktikumstage entfallen auf eine SWS, desto höher also der Umfang der universitären Begleitung. Das Verhältnis der Gesamtdauer der Praktika zum Workload (Tab. 2, Spalte 14) wiederum sollte näherungsweise Auskunft darüber geben, wie viele Praktikumstage auf einen CP entfallen. Mit der Relation wird geschätzt, wie hoch der Arbeitsaufwand der Studierenden bezogen auf die Gesamtzahl der Praktikumstage ist. Je niedriger der Wert, desto weniger Tage entfallen auf einen CP, d. h. desto höher ist der Workload je PraktikumstagFootnote 7. Auf der Basis der genannten Kriterien konnten die unten beschriebenen drei Typen identifiziert werden, denen sich neun der untersuchten Standorte zuordnen lassen. Ein Standort musste aus der Analyse ausgeschlossen werden, da keine Angaben zu den SWS vorlagen (H). Zwei Standorte konnten nicht eindeutig einem Typus zugeordnet werden (Standorte K und G), weil für die Typologisierung relativ strenge Maßstäbe an die Homogenität der zugeordneten Standorte bezüglich der Indikatoren angesetzt wurden. Allerdings wird im Anschluss an die Charakterisierung der drei Typen nochmals näher auf die unterschiedlichen Indikatoren von K und G im Kontext der Typologie eingegangen und dargelegt, welchem Typus sie bei einer liberaleren Handhabung jeweils am ehesten entsprechen würden.

Typ 1: Kurze Praktika mit hohem relativem Betreuungsumfang und hohem relativem Workload

Dieser Praktikumstyp, dem die Standorte A und F zugeordnet werden können, zeichnet sich dadurch aus, dass die mit 40 bis 50 Tagen relativ kurzen schulpraktischen Studien grundsätzlich durch die Universität vor- bzw. nachbereitet bzw. bei semesterbegleitenden Praktika mit Begleitveranstaltungen versehen werden. Die universitäre Begleitung ist bezogen auf die Gesamtdauer der Praktika intensiv – auf eine SWS entfallen etwa vier Praktikumstage. Das Verhältnis des in CP gemessenen Arbeitsaufwandes der Studierenden zum Gesamtumfang der Praktikumstage zeigt, dass die einzelnen Praktikumstage nominell mit relativ hohem Arbeitsaufwand seitens der Studierenden verbunden sind. Auf einen CP entfallen etwa ein bzw. zwei Praktikumstage. Damit zeichnet sich dieser Typus durch eine vergleichsweise umfangreiche Betreuung der schulpraktischen Studien durch die Universität und einen eher hohen Arbeitsaufwand der Studierenden aus. Da über die Hälfte der Praktikumstage in der BA-Phase liegen, bieten die Praktika die Möglichkeit einer frühen professionsspezifischen Orientierung in Richtung der Ausübung des Lehrerberufes.

Typ 2: Mittlere Praktikumsdauer bei mittlerem bis niedrigem relativem Betreuungsumfang und mittlerem relativem Workload

Die Praktika der Standorte B, C und I, die diesem Typus zugeordnet werden können, sind ebenfalls von der Universität grundsätzlich vor- bzw. nachbereitet bzw. mit Begleitveranstaltungen versehen. Sie sind mit 50 bis 85 Tagen von mittlerer Dauer, wobei im Vergleich zu Typ 1 der Betreuungsumfang durch die Universität geringer ist. Der Blick auf die Relation zwischen Gesamtdauer der Praktika und Anzahl der SWS zeigt, dass bei zwei Standorten eine SWS auf zehn bzw. 12 Praktikumstage fällt. An Standort I ist der Betreuungsumfang mit 6 Tagen pro SWS etwas höher. Der Arbeitsaufwand der Studierenden (CP) verteilt sich auf zwei bis drei Praktikumstage. Insgesamt zeichnet sich dieser Typus damit durch eine weniger aufwändige universitäre Begleitung und einen mittleren Workload der Studierenden in den Praktika aus. Die Praktika verteilen sich sowohl auf die BA- als auch auf die MA-Phase, wobei in der Tendenz der größere Teil der Praktika in der MA-Phase zu absolvieren ist. Eine durch die Praktikumsphasen vermittelte professionsspezifische Orientierung findet tendenziell später statt als bei Typ 1.

Typ 3: Lange Praktikumsdauer bei niedrigem relativem Betreuungsumfang und geringem relativem Workload

Die Praktika des dritten Typus (Standorte D, E, J, und L) sind weitgehend vor- bzw. nachbereitet bzw. begleitet. Die Praktika haben an diesen Standorten eine Dauer von 70 bis 121 Tagen und gehören damit zu den zeitlich umfangreichsten. An zwei Standorten (J und L) finden sich darüber hinaus Praktika, die nicht universitär betreut sind und vor bzw. zu Beginn des Studiums liegen. Mit neun bis elf Praktikumstagen, die auf eine SWS entfallen, ist der Betreuungsumfang seitens der Universität im Vergleich zu den beiden anderen Typen als eher niedrig einzustufen. Auch der Arbeitsaufwand der Studierenden ist im Vergleich zu den beiden vorangegangenen Typen niedriger. Auf einen CP kommen rund vier Praktikumstage. Die Praktika verteilen sich auf die BA- und MA-Phase (bzw. GS und HS), wobei sich keine Tendenz in der Verortung ausmachen lässt.

Die nicht klassifizierten Standorte G und K zeichnen sich durch eine gleiche, mittlere Praktikumsdauer (70 Tage) sowie eine ähnliche Platzierung im Studienverlauf (BA/MA bzw. GS/HS) und Professionalisierungsabsicht aus. Demgegenüber unterscheiden sich die Standorte voneinander (und zu den identifizierten Typen) insbesondere in den Verhältnissen der Dauer zu den SWS und der Dauer zu den CP. Während die Begleitung am Standort G relativ umfangreich ist (im Gegensatz zu K), ist der Arbeitsaufwand am Standort K relativ hoch (im Gegensatz zu G). Der Standort G hätte demzufolge am ehesten dem Typ 3 zugeordnet werden können (in Bezug zur Relation Dauer/CP), während K am ehesten Typ 1 zugeordnet hätte werden können (in Bezug zur Relation Dauer/SWS).

Das Ziel der vorliegenden Einordnung der Standorte in Typen war es, strukturelle Merkmale auf der einen Seite mit Merkmalen der universitären Begleitung auf der anderen Seite zu verknüpfen, um die bisher einzeln vorliegenden Konzeptionen standortübergreifend bündeln zu können. Zusammenfassend zeigen die Befunde, dass sich die Praktikumsdauer, die Platzierung im Studienverlauf, der Umfang der für die Praktika vergebenen CP und SWS als mögliche Indikatoren für eine grundsätzliche Typisierung eignen. Tendenziell zeichnet sich dabei ab, dass kurze Praktika umfassender institutionell betreut werden und der Arbeitsaufwand für die Studierenden höher ist. An Standorten mit längeren Praxisphasen ist die Betreuungsrelation geringer und es wird von den Studierenden eine höhere Eigenständigkeit im Rahmen der Schulpraxis erwartet.

6 Diskussion

In der vorliegenden Studie wurden anhand von studiengangrelevanten Dokumenten für die gymnasiale Lehrerausbildung ausgewählte Merkmale der Strukturen und universitären Begleitung im Rahmen schulpraktischer Studien untersucht und anhand ausgewählter Vergleichsdimensionen standortübergreifend verschiedene Praktikumstypen identifiziert. Die in die deskriptiv angelegte Untersuchung einbezogenen zwölf Universitäten spiegeln dabei alle etablierten Studienmodelle für die gymnasiale Lehrerausbildung in Deutschland wider (Bauer et al. 2012).

Zusammenfassend wird in den Befunden zu den strukturellen Merkmalen deutlich, dass die Praxisphasen hinsichtlich der Gesamtdauer überwiegend heterogen gestaltet sind. Sowohl hinsichtlich der Anzahl der Praktika, des Gesamtumfangs der Praktikumstage als auch der vergebenen CP und SWS als Merkmale der universitären Begleitung zeichnet sich ein uneinheitliches Bild ab. Mit Blick auf die Merkmale der jeweiligen Professionalisierungsabsicht (Orientierung bzw. Mitwirkung), der fachlichen Zuordnung der Begleitung (Bildungswissenschaften bzw. Fachdidaktiken) sowie der eingesetzten Prüfungsformen (nicht der damit verbundenen CP) sind die Praktika hingegen eher homogen gestaltet.

Anhand von vier Vergleichsdimensionen – dem zeitlichen Umfang der Praktika, dem in CP gemessenen Arbeitspensum der Studierenden, der Art und dem Umfang der universitären Begleitung (SWS) sowie dem Zeitpunkt der Praktika im Studienverlauf – wurden standortübergreifend drei Praktikumstypen identifiziert. Der erste Praktikumstyp zeichnet sich dadurch aus, dass der Umfang der Betreuung sowie der vorgesehene Arbeitsumfang der Studierenden während der vergleichsweise wenigen Praktikumstage hoch ist und eine vergleichsweise frühe professionsspezifische Orientierung zugunsten der Wahl des Lehrerberufes stattfindet. Bei Praktikumstyp 2 sind universitäre Begleitung und Arbeitsumfang der Studierenden niedriger als bei Typ 1, wenngleich die Praktikumsdauer insgesamt länger ist. Eine professionsspezifische Orientierung im Rahmen der Praktika findet tendenziell etwas später statt. Beim Praktikumstyp 3 ist die Praktikumsdauer am längsten, hingegen der Arbeitsumfang seitens der Studierenden sowie der Betreuungsumfang seitens der Universität am niedrigsten.

Die Befunde zu den strukturellen Merkmalen decken sich mit bisherigen nationalen (Weyland 2012) sowie internationalen (Cobb 1999) Analysen zur Struktur der Lehrerbildung. Die Strukturreformen im Zuge der Bologna-Reform scheinen kaum zu einer Vereinheitlichung der schulpraktischen Studien (auch nicht des gymnasialen Lehramts) geführt zu haben (Blömeke et al. 2008; Bauer und Prenzel 2012; König und Seifert 2012). Die aufgezeigten Befunde zur Vielfalt der strukturellen Rahmung und den jeweiligen Begleitkonzeptionen mögen mit ein Grund dafür sein, warum Fragen bezüglich der Praxisphasen bislang wenig standortübergreifend, sondern überwiegend mit Blick auf lokale Implementationen betrachtet wurden (Hascher 2012). Lediglich die Befunde zu den Professionalisierungsabsichten decken sich mit früheren Beschreibungen von Funktionen von Praktika in unterschiedlichen Phasen bzw. zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Studienverlauf (Wilson et al. 2001; Topsch 2004).

Auf der Grundlage der drei identifizierten Praktikumstypen liefert die vorliegende Studie über die Standorte hinweg Hinweise auf die Frage, inwiefern die Begleitung der Praktika Aufschluss gibt über die professionsspezifische Orientierung. Die Ergebnisse werden daher im Folgenden insbesondere mit Blick auf die universitäre Begleitung diskutiert.

Grundsätzlich sind für die Begleitung der Praktika fast ausschließlich die Bildungswissenschaften bzw. die Fachdidaktiken zuständig. Eine Beteiligung der Fachwissenschaften findet kaum statt, obwohl aktuelle Entwicklungen z. B. für das Fach Deutsch (Freudenberg et al. 2014) beispielhaft den Mehrwert eines fachwissenschaftlichen Engagements für die Fundierung theoretischen Wissens und der zugleich stattfindenden praktischen Reflexion im Praktikum betonen (vgl. KMK 2008/2013). Die Fachdidaktiken übernehmen insbesondere im Master-/Hauptstudium die Begleitung, woraus abgeleitet werden kann, dass zu diesem Zeitpunkt der Fokus der Ausbildung auf dem Erwerb professioneller unterrichtlicher Handlungskompetenzen liegt (Korthagen und Kessels 1999). Dies spiegelt sich auch in der Professionalisierungsabsicht der Universitäten wider, die in diesem Studienabschnitt zumeist den Fokus auf den Unterricht setzen (vgl. Wilson et al. 2001).

Während Praktika sowohl häufig in Form von Begleitseminaren als auch in Form von Vor- und Nachbereitungsveranstaltungen (bzw. der Kombination der drei Formen) betreut werden, gibt es eine Reihe von Orientierungspraktika, die in keiner Weise universitär begleitet werden. Dies kann z. T. darauf zurückgeführt werden, dass sie zeitlich vor dem eigentlichen Lehramtsstudium liegen und ggf. sogar als Element der Eignungsabklärung aufgefasst werden können (KMK 2013a). Darüber hinaus werden mit diesen Praktika primär die Berufsfelderkundung und das Einüben des Rollenwechsels hin zur Lehrperson fokussiert (vgl. Topsch 2004). Die Varianz zwischen den Standorten in den vorliegenden Befunden verweist vor dem Hintergrund der insgesamt strittigen Frage bezüglich des Lernertrags dieser Praktikumsform (Gröschner und Seidel 2012) auf den weiteren Bedarf vertiefter Analysen hin, etwa im Hinblick auf die Frage, wie die Eignungsabklärung für den Lehrerberuf stärker im Rahmen der Praktika integriert werden kann. Ebenso zeigen die Unterschiede bei der Vergabe von Leistungspunkten für die Praktika sowie der Prüfungsform den Bedarf hinsichtlich der Klärung grundsätzlich kohärenter und gegenseitig anschlussfähiger Ausbildungskonzepte in der gymnasialen Lehrerausbildung (Bauer et al. 2012). Bei gleicher Anzahl von Praktikumstagen wird eine unterschiedliche Anzahl von CP vergeben, die wiederum mit einem unterschiedlichen Umfang von CP für entsprechende Prüfungsleistungen einhergehen. Betrachtet man diese Befunde vor dem Hintergrund der Polyvalenzdiskussion im Lehramtsstudium (Bauer et al. 2011), so wird in der Tendenz deutlich, dass die Mehrzahl der Studiengänge mit einem vergleichsweise höheren Umfang an CP, die für die Praxisphasen vergeben werden, auch eine eher frühzeitige Festlegung auf den Lehrerberuf einherzugehen scheint. Die Verteilung der Praktikumsformen verdeutlicht darüber hinaus, dass zumeist bereits im Bachelor-/Grundstudium professionsspezifische (Mitwirkungs-)Praktika an Schulen strukturell verankert sind, die dann im Master-/Hauptstudium vertieft werden. Dies hat jedoch Auswirkungen auf die mit der Bologna-Reform einhergehende Forderung nach Polyvalenz, da die frühzeitige Lehramtsausrichtung den Übergang zu Nicht-Lehramtsstudiengängen erschwert (vgl. Terhart et al. 2010; Lohmann et al. 2011). Darüber hinaus führen die heterogenen Studienstrukturen selbst innerhalb der Lehramtsstudiengänge zu Schwierigkeiten, z. B. hinsichtlich der Mobilität bzw. der Anerkennung von Leistungen (Bauer et al. 2011; KMK 2013b). Dieser Aspekt ist für das Absolvieren von Praktika besonders relevant, da häufig ganze Praxisanteile nachgeholt werden müssen, wenn standortspezifische Arbeitsaufträge o. ä. mit den Praktika verbunden sind.

Die vorliegende Studie ergänzt mit diesen Befunden existierende Arbeiten zum Stand der Reform der Lehrerbildung, wobei Aspekte der praktikumsbezogenen Struktur und Organisation von Studiengängen systematisiert und anhand von spezifischen Indikatoren herausarbeitet wurden. Weiterführend ist insbesondere die standortübergreifende Einordnung der Praktika mittels eines typologischen Ansatzes, auch wenn zwei der Standorte, von denen alle Indikatoren zur Verfügung standen, nicht eindeutig klassifiziert werden konnten. Mit der Typologisierung wurde deutlich, dass die gleichzeitige Betrachtung von strukturellen Rahmenbedingungen auf der einen Seite und Indikatoren der universitären Begleitung auf der anderen Seite eine Bündelung verschiedener Konzeptionen ermöglicht. Vor allem das Verhältnis von Praktikumsdauer und CP bzw. SWS erwies sich hierbei als hilfreich. Ausmachen ließen sich drei exemplarische Typen, die sich in der Dauer der Praktika, der damit verbundenen Betreuungsintensität durch die Universität und dem Arbeitsaufwand der Studierenden voneinander unterscheiden und damit ein Klassifikationsraster zur Verfügung stellen, mit dem eine standortübergreifende Einordnung der schulpraktischen Studien im Kontext professionsspezifischer Orientierungen zugunsten der Berufswahlentscheidung für den Lehrerberuf möglich ist (vgl. Weyland 2012). Die aufzufindende tendenziell bessere Begleitung kürzerer Praxisphasen deckt sich dabei mit bisherigen internationalen Befunden (Ronfeldt und Reininger 2012). Bei längeren Praxisphasen kommt die universitäre Begleitung, so scheint es, ressourcenmäßig an ihre Grenzen (Gröschner und Müller 2014).

An diesem Punkt könnten nun insgesamt betrachtet weitere Untersuchungen anknüpfen, welche die vorfindlichen Unterschiede in der Betreuung mit Entwicklungen auf Studierendenseite in Verbindung bringen. Die Typologie verspricht dabei für zukünftige Forschungsarbeiten, dass nun nicht mehr allein auf standortspezifische Implementations- und Wirksamkeitsansätze von Praktika zurückgegriffen werden müsste, sondern eine Möglichkeit besteht, bei Bedarf nun auch standortübergreifend auf typologisch ähnliche Ansätze der Strukturierung und Gestaltung von Praxisphasen zu verweisen. Daraus ergibt sich ein Mehrwert für die theoretisch geführte Diskussion um eine lernwirksame Einbettung von Praktika in die Lehrerausbildung, die zunehmend auf effektive Komponenten praxisbezogener Lerngelegenheiten zurückgreifen kann (Gröschner 2014). Im folgenden Abschnitt wird abschließend auf Grenzen und weiterführende Perspektiven für die empirische Forschung eingegangen.

7 Limitationen und Perspektiven

Die erfassten Dokumente bilden insgesamt den Stand der Lehrerbildung zum Wintersemester 2009/2010 ab, wobei in der anschließend erfolgten Validierung im Sommer 2011 nur wenige Veränderungen von den befragten Hochschullehrenden der beteiligten Universitäten angemerkt wurden. Dennoch haben mittlerweile weitere Reformbestrebungen zum umfangreichen Ausbau von Praxisphasen in einzelnen Bundesländern sowohl in gymnasialen als auch in anderen Lehramtsstudiengängen geführt (wie bspw. das Praxissemester in Berlin und in Nordrhein-Westfalen).

Mit der vorliegenden Untersuchung bleibt die Frage offen, inwiefern in den dargestellten Praktika ein tatsächlicher Fokus auf professionsspezifische Lernprozesse im Praktikum gelegt wird, der für die Wirksamkeit schulpraktischer Studien bedeutsam ist (Müller und Dieck 2011; Hascher 2012). Dies kann aufgrund des Untersuchungsdesigns ebenso wenig geklärt werden wie etwa die Frage der tatsächlichen Qualität der Begleitung. Die gesammelten Portfolios liefern zwar umfassende Beschreibungen der untersuchten Studiengänge, dabei wird jedoch das intendierte, nicht aber das implementierte Curriculum abgebildet. Erste darauf bezogene Analysen an ausgewählten Standorten verdeutlichen den Bedarf an Implementationsstudien unter Berücksichtigung intendierter Zielsetzungen für den Kompetenzerwerb im Lehramtsstudium und die tatsächliche Nutzung praxisbezogener Lerngelegenheiten (Darge et al. 2012). Dieser Fokus könnte auch für die nunmehr zwölf untersuchten Standorte genutzt und u. a. im Kontext anderer Lehramtsstudiengänge weiterentwickelt werden. Ein dabei zu untersuchender Aspekt läge beispielsweise in der Analyse der Nutzung praktischer Lerngelegenheiten sowie der Kompetenzentwicklung im Praktikum. Daran anschließen könnten sich Analysen zu den Lernprozessen und erzielten Lernergebnissen seitens der Studierenden.

Hinsichtlich der Qualität der Begleitung lassen sich verschiedene Limitationen kennzeichnen, die zugleich für zukünftige Forschungsansätze zur schulischen bzw. hochschulischen Begleitung von Praktika offene Fragen darstellen, deren empirische Untersuchung interessant wäre. So geht aus den Dokumentenanalysen beispielsweise nicht hervor, inwiefern die Vergabe von CP etwa durch Maßnahmen der Qualitätsentwicklung in der Lernbegleitung flankiert wird (z. B. durch spezielle Fortbildungsangebote für Praktikumslehrkräfte, Dozent/inne/en oder kohärente, phasenübergreifende Begleitkonzeptionen). Dabei wäre z. B. zu untersuchen, inwiefern ein größerer Anteil von CP dann auf die Praktikumsphase bzw. Lernbegleitung entfällt, wenn ein spezifischer Theorie-Praxisbezug (oder Transfer) stattfindet oder das Betreuungspersonal im Vorfeld besonders geschult wurde. Darüber hinaus ist die Frage des Mehrwerts von Unterrichtsbesuchen seitens der Dozent/inne/en für den Professionalisierungsprozess noch nicht hinreichend geklärt. So wäre z. B. interessant zu erfahren, inwiefern Unterrichtsbesuche bzw. Unterrichtsbeobachtungen seitens der Lehrenden – die z. B. durch videogestützte Unterrichtsreflexionen im Rahmen von Begleitseminaren durchgeführt werden können (Gröschner und Seidel 2012) – einen spezifischen Einfluss auf den Lernertrag der Studierenden im Praktikum (wie die Unterrichtskompetenz, Reflexions- und Analysekompetenz) ausüben oder die Zufriedenheit mit der hochschulischen Lernbegleitung seitens der Studierenden erhöhen (vgl. Kleinknecht und Gröschner 2014). Es besteht daher weiterer Forschungsbedarf, bei dem schließlich auch der Frage nachgegangen werden sollte, inwiefern Kooperationsstrukturen zwischen Universität und Schule (und/oder den Institutionen der zweiten Ausbildungsphase) bzw. den Fachdidaktiken und Bildungswissenschaften an den jeweiligen Standorten in Bezug auf die Praktikumsbetreuung existieren und welchen Einfluss die (strukturellen) Verzahnungen auf die Begleitung ausübt (Borko und Mayfield 1995; Zeichner 2010; Allen und Wright 2014).

Auch lassen die Befunde keine Rückschlüsse auf die Gesamtkonzeption der Lehrerbildung in einem Bundesland zu. Ausgehend von der zumeist noch vorherrschenden Segmentierung der Ausbildungsphasen wären Studien notwendig, die die vorhandenen strukturellen Merkmale im Kontext der curricularen Maßnahmen im Vorbereitungsdienst (und dessen häufig auftretende Verkürzung) erfassen und auf der Seite der Lernprozesse die Lernerfahrungen der Studierenden und Referendarinnen und Referendare untersuchen. Bisher existieren diesbezüglich kaum längsschnittlich bzw. quasi-experimentell angelegte Untersuchungen, die die praxisbezogenen Lerngelegenheiten im Verlauf der Professionalisierung unter Berücksichtigung weiterer Merkmale, z. B. zur Motivation für den Beruf untersuchen (Ronfeldt und Reininger 2012; Arnold et al. 2014).

Das Ziel der vorliegenden Studienstrukturanalyse war es, für fortgesetzte Standortvergleiche ein umfassendes Beschreibungswissen zur Verfügung zu stellen, um auftretende Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten in der Entwicklung von Lehramtsstudierenden näher erklären zu können. Das Beispiel der Analyse von Studienstrukturen im gymnasialen Lehramt macht dabei deutlich, dass universitäre Praxisphasen bereits seitens des intendierten Angebots eine große Bandbreite unterschiedlicher Lerngelegenheiten bieten, die auf der Basis objektiver Indikatoren klassifiziert und auf ihre Wirksamkeit hin weiter untersucht werden können.