Kolorektale Polypen

Für das klinische Management von Patienten mit kolorektalen Polypen ist von Bedeutung, ob es sich um einen nichtneoplastischen (reaktiv/hyperplastisch, hamartomatös etc.) oder um einen neoplastischen Polypen handelt. Jedes histologisch nachgewiesene Adenom stellt ein erhöhtes Risiko für ein kolorektales Karzinom (KRK) dar. Dies gilt insbesondere für multiple (≥3) Adenome, große (>1 cm) Adenome und villöse Histologie.

Prävalenz und Inzidenz

Die durchschnittliche Prävalenz kolorektaler Adenome in den westlichen Industrienationen liegt koloskopisch bei 25% (bei Sigmoidoskopie 10%; [9]). In der Gruppe der 50- bis 59-Jährigen zeigen sowohl Autopsie- als auch Screeningstudien eine Prävalenz von 41–69%, die in den späteren Lebensdekaden bis auf 88% ansteigt [7, 35]. In der amerikanischen National Polyp Study fand sich ein starker Anstieg der sporadischen Adenome ab dem 40. Lebensjahr, der Altersgipfel lag in der 7. Lebensdekade. Die Prävalenz der Adenome stieg von 21% in der 6. auf 53% in der 8. Lebensdekade [36]. Männer waren häufiger betroffen als Frauen (61 vs. 38%), 39% der untersuchten Patienten hatte mehr als ein Adenom. Das Risiko, ein KRK zu entwickeln, lag aber nur bei 6% [1]. Die Progression von Adenomen läuft relativ langsam ab. Adenome mit einem Durchmesser von 1 cm und „low grade“ intraepitheliale Neoplasien (IEN) benötigen etwa 10 bis 15 Jahre bis zur Karzinomentstehung [32]. Im Durchschnitt vergrößern Adenome ihr Volumen über 2 Jahre um 52% [15]. Während einige Adenome sich zum Karzinom entwickeln, können andere spontan regredieren (z. B. auch durch Autoamputation des Polypenkopfs), während im selben Kolon neue Adenome entstehen [26, 29].

Die Inzidenz einer „high grade dysplasia“ (HGD) oder eines invasiven Karzinoms im Adenom korreliert mit zunehmender Größe der Adenome, zunehmender villöser Architektur (von den villösen/tubulovillösen Adenomen zeigen etwa 20% eine HGD), dem Auftreten von multiplen Adenomen und dem Lebensalter des Patienten [19, 25]. Im eigenen Untersuchungsgut liegt die Rate an HGD-Adenomen bei etwa 10% [33]. Die Inzidenz invasiver Karzinome liegt in tubulären Adenomen <1 cm bei etwa 1–2%, während sie bei villösen Adenomen >2 cm auf >50% ansteigt [11].

Lokalisation

Die meisten Adenome sind im Rektosigmoid lokalisiert (66–77%), wo sie in 97% der Fälle endoskopisch entfernt werden können [37]. Wenn Adenome im linksseitigen Kolon vorhanden sind, steigt bei den Betroffenen die Adenominzidenz im rechtsseitigen Kolon [37]. Zudem nimmt die Inzidenz rechtsseitiger Adenome mit dem Alter der Patienten zu, sodass linksseitige Adenome bei jüngeren Patienten und rechtsseitige Adenome bei älteren Patienten (>65 Jahre) häufiger sind [4, 18, 24]. Bei der Gesamtheit der Polypektomien liegt in 0,2–9,4% (im Durchschnitt in 4,7%) bereits ein Karzinom vor.

Serratierte Adenome/Adenokarzinome

Bereits 1999 konnten Iino u. Jass [17] zeigen, dass hyperplastische/serratierte Polypen der Manifestation mikrosatelliteninstabiler (MSI-positiver) KRK vorausgehen können, was darauf hindeutet, dass „serratierte Polypen“ in die Karzinogenese einer Subgruppe von KRK involviert sind. Das sessile serratierte Adenom (SSA; überwiegend rechtskolisch lokalisiert) und das traditionelle serratierte Adenom (TSA; überwiegend linkskolisch lokalisiert) werden heute als präkanzeröse Läsionen des sog. serratierten Adenokarzinoms, eines distinkten Subtyps des KRK, angesehen. Die molekularen Veränderungen des serratierten Karzinoms (BRAF-Mutation als initiale Veränderung, CIMP-Pathway) passen nicht zu denen der „klassischen Adenome“. Morphologische und molekulargenetische Charakteristika legen überdies die Existenz von zwei unterschiedlichen serratierten Karzinogenesewegen dar. Vom SSA als präkanzeröser Läsion soll der MSI-H (hoch mikrosatelliteninstabil)-serratierte Weg ausgehen (möglicherweise über den Zwischenschritt eines SSA mit IEN/gemischten Polypen). Die SSA und Karzinome dieses Wegs weisen häufig eine MLH1-Promotor-Methylierung auf, die zum MSI-H-Phänotyp führt. Diese serratierten Karzinome sind der Prototyp der sporadischen MSI-H-KRK, meist proximal lokalisiert und klinisch mit einer günstigeren Prognose assoziiert („alternative serratierte Route“). Diese sporadischen MSI-H-KRK müssen von den hereditären MSI-H-KRK beim Lynch-Syndrom (ehemals: HNPCC) abgegrenzt werden, denen eine Keimbahnmutation in einem der „mismatch-repair“ (MMR)-Gene (MSH2, MLH1, PMS2 oder MSH6) zugrunde liegt. Vom TSA soll mit einer primären K-RAS-Mutation als initialem Ereignis der MSI-L- oder MSS-serratierte Weg (niedrige Mikrosatelliteninstabilität oder mikrosatellitenstabil) der serratierten Karzinogenese seinen Ausgang nehmen. Dieser Pfad ist durch einen MSI-L- oder MSS-Phänotyp charakterisiert, kann aber auch geringe chromosomale Instabilität (CIN) und vermehrte Methylierung zeigen. Die Tumoren sind überwiegend im distalen Kolon und Rektum lokalisiert und weisen klinisch eine ungünstigere Prognose auf [“Mischtyp“, da sowohl Merkmale des CIMP („CpG-Island-Methylation“)- als auch des CIN-Pathways vorliegen]. Außer einer malignen Transformation in serratierte Adenokarzinome sind bei diesen Karzinogenesewegen aber auch Übergänge in muzinöse Adenokarzinome, medulläre Karzinome oder Adenokarzinome ohne besondere Charakteristika möglich (bezüglich der Diagnosekriterien der serratierten Polypose s. Beitrag von A. Roessner et al. „Kolorektale Polyposen. Eine Anleitung zur Diagnostik“ in diesem Heft).

In einer großen US-amerikanischen Studie mit retrospektiver Auswertung von 179.111 Koloskopien mit Polypektomie [22] lag die Rate hyperplastischer Polypen (HP) bei 35,8%, von SSA bei etwa 1,2%, von TSA bei 0,4% und von MP bei 0,14%. Im Material der Institute des Universitätsklinikums Dresden (UKD) und der Ruhr-Universität Bochum (RUB) machen SSA etwa 3–8%, TSA etwa 1–3% und MP etwa 0,5–1% aller Adenome aus, insgesamt also eine ähnliche Relation [33].

Neue WHO-Klassifikation

Leider trägt die Terminologie in der kürzlich aktualisierten WHO-Klassifikation der Tumoren des Verdauungstrakts (4. Aufl., 2010; [6]) mehr zur Verwirrung als zum besseren Verständnis der nichtinvasiven Neoplasien im Gastrointestinaltrakt (GI-Trakt) bei. Wurde im Jahr 2000 in der 3. Auflage der Begriff „Dysplasie“ durch den der „intraepithelialen Neoplasie“/IEN“ ersetzt, wird der Terminus „Dysplasie“ jetzt wieder belebt und, schlimmer noch, eine partielle, aber nicht konsistente Vermischung dieser Begrifflichkeiten vorgenommen. Aktuell werden von der WHO zwei Termini verwendet:

  1. 1.

    die intraepitheliale Neoplasie (IEN) als Begriff für nichtinvasive Läsionen, die ganz allgemein zytologische oder architektonische Störungen aufweisen, die als Ausdruck zugrunde liegender molekularer Aberrationen gewertet werden können und ein Progressionspotenzial aufweisen. Subsummiert sind somit morphologisch erkennbare Läsionen mit (z. B. tubuläres Adenom) oder ohne zytologische Atypie/Dysplasie (z. B. sessiles serratiertes Adenom); die IEN-Typen und ihre assoziierten morphologischen Charakteristika unterscheiden sich von Organ zu Organ (Abb. 1),

  2. 2.

    die Dysplasie als „histologisch eindeutig neoplastisches Epithel ohne Anhalt für ein invasives Wachstum“; der Begriff „Dysplasie“ unterscheidet sich von der IEN somit durch das Vorliegen morphologischer Neoplasiezeichen (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Begriffsdefinitionen „intraepithelial neoplasia“/IEN und der „dysplasia“ als „Untermenge“ der IEN in der 4. Auflage der WHO-Klassifikation der Tumoren des Verdauungstrakts [6]. IBD „inflammatory bowel disease“/primäre chronisch-entzündliche Darmerkrankung, SSA/P sessiles serratiertes Adenom/Polyp

Zur Begründung, dass man sich bei der Neuauflage der WHO-Klassifikation nicht auf einen einzelnen Begriff für nichtinvasive Neoplasien einigen konnte, wird angeführt, dass

  1. 1.

    spezifische zytologische und/oder architektonische Störungen von Vorläuferläsionen sich entsprechend ihrer anatomischen Lokalisation/dem Organ erheblich unterscheiden können, ebenso wie das ortsständige Epithel in seinen biologischen Eigenschaften und in seinem malignen Potenzial wesentliche Unterschiede von Organ zu Organ aufweist,

  2. 2.

    aktuelle Fortschritte in unserem Verständnis des Zeitpunkts, des Typs und der Abfolge molekularer Veränderungen, die zur neoplastischen Transformation führen, gezeigt haben, dass klonale molekulare Aberrationen, die zur Dysregulation der Zellproliferation/-differenzierung und einem erhöhten Risiko einer weiteren neoplastischen Progression bereits ohne die typischen morphologischen Merkmale einer nichtinvasiven Neoplasie auftreten können (z. B. Aneuploidie, TP53- und CDKN2A-Mutationen bei Barrett-Ösophagus und bei chronisch-entzündlicher Darmerkrankung).

Inkonsistent ist jedoch, dass das „sessile serratierte Adenom“, welches per definitionem einer „IEN“ (meist ohne, aber gelegentlich auch mit Dysplasie) entspricht, synonym „sessiler serratierter Polyp“ genannt werden darf (die Autoren empfehlen hier die Verwendung der Terminologie des AG-GI-Pathologie-Konsensus [3]) und die „Dysplasie“ im Analepithel als „IEN“ klassifiziert wird.

Zumindest von der Verwendung des Begriffs „Carcinoma in situ“ für Vorläuferläsionen von Adenokarzinomen wird dringend abgeraten („… strongly discouraged“) – mit dem Hinweis, dass diese Veränderungen unter „hochgradiger Dysplasie“ (oder „hochgradiger IEN“) zusammengefasst werden (einzige Ausnahme: das „In-situ-Siegelringzellkarzinom“ beim hereditären Magenkarzinom).

Checkliste zur Befundung kolorektaler Polypen

Von der interdisziplinären Taskforce wurde eine Checkliste erarbeitet, nach der die Befundung in Bezug auf Nomenklatur und Struktur vereinheitlicht erfolgen soll. Die Checkliste gliedert sich in einen Endoskopie- (Tab. 1) und einen Pathologie-Teil (Tab. 2). Der endoskopische Teil wird hier nur kursorisch abgehandelt, während auf die pathomorphologischen Punkte detailliert eingegangen wird.

Tab. 1 Checkliste zur Befundung kolorektaler Polypen. Teil 1: Endoskopie
Tab. 2 Checkliste zur Befundung kolorektaler Polypen. Teil 2: Pathologie
Tab. 3 Nachsorgeintervalle nach der S3-Leitlinie Kolorektales Karzinom zum Polypenmanagement [30]

Endoskopie

Jeder entfernte Polyp wird getrennt eingesandt (Fixierung in neutralem, gepuffertem Formalin). Um eine repräsentative histologische Aussage zu erhalten und zur Bestimmung der definitiven Therapie sollen nach der S3-Leitlinie Polypen >5 mm vollständig durch Schlingenektomie entfernt werden. Polypen <5 mm können mit der Zange komplett entfernt werden.

Vom Endoskopiker sollen detaillierte Angaben zur Polypenanzahl (singulär, multipel, Polyposis), zur Polypenmorphologie (gemäß Paris- und Kyoto-Klassifikation), -lokalisation und -größe gemacht werden. Ein besonders hohes Malignomrisiko besteht dabei für die Wuchsformen IIc und III, sowie den „laterally spreading tumor“ vom nongranulären (LST-NG). Überdies soll die Abtragungstechnik angegeben werden, insbesondere, ob eine fraktionierte („piecemeal“) oder eine En-bloc („one piece“)-Abtragung erfolgte, verbunden mit einem Kommentar zur makroskopischen Vollständigkeit der Entfernung. Schließlich sollen auch die Akutkomplikationen aufgeführt werden (Tab. 1).

Pathologie

Materialbeschreibung Pathologie

Makroskopisch sollte die Zahl und die Größe der übersandten Gewebsstücke angegeben werden. Bei abgetragenen Polypen oder endoskopischen Schleimhautresektaten muss auch die Abtragungsstelle beschrieben werden (schmal, breitbasig, eingerollt oder nicht erkennbar), bei Nachweis eines Polypenstiels auch die Stiellänge.

Polypenhistologie

Aufgrund der verwirrenden und inkonsistenten Nomenklatur in der aktuellen WHO-Klassifikation (s. oben) sollte von Seiten der Pathologie auf eine korrekte und standardisierte Angabe der Polypenhistologie geachtet werden.

Die hinsichtlich der Bedeutung der einzelnen Parameter für das Polypenmanagement vorgegebenen Kategorien werden im Folgenden beschrieben (Tab. 2):

Adenom

Wachstumsmuster:

Je nach histologischem Wachstumsmuster lassen sich als häufigste Form tubuläre Adenome mit >80% tubulärem Baumuster (70–80% aller Adenome und etwa 90% der Adenome <1 cm) von villösen (>80% villöse Strukturen)/tubulovillösen (20–80% villöse Anteile) Adenomen (etwa 20% aller Adenome) unterscheiden.

Dysplasiegrad nach WHO:

Die niedriggradige („low grade“) Dysplasie/LGD bzw. LGIEN ist durch vergrößerte, ovaläre oder spindelförmige, gering hyperchromatische, relativ gleichförmige Zellkerne gekennzeichnet. Die Kernstratifizierung bleibt in aller Regel auf das untere Drittel der Epithelhöhe beschränkt. Die Anzahl der Becherzellen ist vermindert. Die Kern-Plasma-Relation ist gering zugunsten der Zellkerne verschoben. Die hochgradige („high grade“) Dysplasie/HGD bzw. HGIEN zeichnet sich durch eine erhöhte Kernpleomorphie mit prominenten Nukleolen, erhebliche Hyperchromasie, den vollständigen Verlust der Zellpolarität und das Auftreten von Sekundärdrüsenstrukturen aus.

Angabe zum Status der Entfernung:

Bei einteiligen Präparaten mit Nachweis nichtdysplastischer Mukosa am Schnittrand kann die Entfernung „im Gesunden“ bescheinigt werden; bei Hineinreichen der Läsion bis in die Koagulationszone am Abtragungsrand bei einteiligen Präparaten sowie bei mehrteiligen Abtragungen („piecemeal“-Technik) ist eine Beurteilung des Schnittrands nicht definitiv möglich: In diesen Fällen ist histologisch nicht zu entscheiden, ob im Gesunden entfernt wurde oder nicht. Hier entscheidet der endoskopisch-mikroskopische Befund über die Vollständigkeit der Entfernung. Nach Abtragung flacher oder sessiler Adenome in „piecemeal“-Technik ist insbesondere bei größeren Adenomen die Rezidivrate deutlich erhöht (9–28%; [5, 14, 16, 28, 31]).

(Anmerkung: Bitte in dieser Situation auf die Angabe eines „R“-Status verzichten, da die Verwendung der R-Kategorie nach UICC hier nicht angebracht ist und zur Verwirrung bei der Dokumentation führen kann.)

Serratierte Läsionen

Histologischer Typ:

  • hyperplastischer Polyp,

  • sessiles serratiertes Adenom/SSA,

  • traditionelles serratiertes Adenom/TSA,

  • sog. gemischter Schleimhautpolyp/“mixed polyp“/MP (unbedingt angeben: aus … und …); Anmerkung: Der Begriff „gemischter Schleimhautpolyp“ („mixed polyp“/MP) kommt in der WHO-Klassifikation nicht vor, ist jedoch in der Literatur für Läsionen gebräuchlich, die aus verschiedenen Komponenten zusammengesetzt sind. Entsprechend dem deutschen Konsensus sollten primär die Einzelkomponenten aufgeführt werden und dieser Terminus dahinter in Klammern verwendet werden [z. B. HP und tubuläres Adenom mit HGD („gemischter Schleimhautpolyp“) u. a.; [3]].

Dysplasie-/IEN-Grad (Angabe bei SSA, TSA und MP):

  • ohne Dysplasie

  • LGD (LGIEN)

  • HGD (HGIEN)

Angabe zum Status der Entfernung:

Diese erfolgt wie beim Adenom (s. oben).

Andere Entität

Das Vorgehen folgt der Checkliste zu anderen Entitäten in Tab. 2.

Karzinom

Die Angabe über das Vorliegen oder das Fehlen von Adenomresiduen.

Die Angabe des histologischen Typs des Karzinoms nach WHO.

Meist liegt in dieser Situation ein (gewöhnliches) Adenokarzinom vor, da muzinöse, siegelringzellige oder undifferenzierte Karzinome häufig bereits in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert werden. Inwieweit der in der aktuellen WHO-Klassifikation zur Graduierung dieser Karzinomtypen geforderte Mikrosatellitenstatus für die lokale Abtragung von frühen kolorektalen Karzinomen relevant ist, ist bislang offen.

Die Angabe der Infiltrationstiefe/pT-Kategorie nach UICC,

insbesondere ob ein pT1- oder bereits ein Stadium >pT1 vorliegt bzw. ob die Tiefeninfiltration nicht beurteilbar ist.

Bei pT1-Karzinomnachweis:

In diesem Fall muss der histologische Befund außerdem folgende Angaben enthalten [8]:

  • das genaue Ausmaß der Submukosatiefeninfiltration (sm-Kategorie 1–3, d. h. Unterteilung der Submukosa in 3 Level bzw. Drittel), bei sessilen Polypen die sm-Invasionsmessung in µm (die Messung der Submukosadicke an gestielten Polypen in µm ist nicht sinnvoll bzw. irreführend, weil diese von der Stiellänge abhängig ist – d. h. eine Invasion des Stiels entspricht immer einem sm1-Level),

  • den histologischen Differenzierungsgrad („grading“)nach WHO, insbesondere G1/G2 vs. G3/G4,

  • das Vorhandensein oder Fehlen einer Lymphgefäßinvasion (L-Klassifikation). Zur L1-Diagnose ist in der Regel der HE-Schnitt ausreichend. Bei unklarer Situation kann ggf. eine immunhistologische Untersuchung (z. B. D2–40) hilfreich sein, falls dies nach HE-Schnittstufenaufarbeitung noch möglich ist. (Anmerkung: Der Nachweis einer Veneninvasion/V-Klassifikation sollte zwar erwähnt werden, der Stellenwert der Hämangioinvasion für eine lokale Therapie ist jedoch nicht ausreichend belegt),

  • die Beurteilung der Resektionsränder in Worten (optional „R“-Klassifikation) im Hinblick auf die lokale Entfernung im Gesunden (in jedem Fall zur Tiefe bzw. nach basal); bezüglich des zirkulären (klinisch auch „lateralen“) Rands ist dies nur bei En-bloc-Präparaten möglich. Bei mehrteiligen Abtragungen („piecemeal“-Technik) ist der zirkuläre Schnittrand histologisch nicht zu erkennen und somit auch nicht evaluierbar – in diesem Fall entscheidet der endoskopisch-makroskopische Befund über die zirkuläre Entfernung in sano. Die Notwendigkeit einer Angabe über den Abstand der Entfernung im Gesunden wird bei pT1-Karzinomen dagegen kontrovers diskutiert.

  • Im Hinblick auf die therapeutischen Konsequenzen soll bei pT1-Karzinomen eine zusammenfassende Klassifikation in „low-risk“ (G1/G2 und L0, komplett entfernt) oder „high-risk“ (G3/G4, und/oder L1 und/oder nicht in sano entfernt) erfolgen. Wenn es sich um eine pT1-“low-risk“-Situation bei histologisch karzinomfreier Polypenbasis (optional „R0“) handelt, soll laut S3-Leitlinie auf eine onkologische Nachresektion verzichtet werden [10, 13, 20, 27]. In der „high-risk“-Situation ist dagegen die radikale chirurgische Behandlung erforderlich, auch wenn die Läsion komplett entfernt wurde [12, 34]: Die sog. frühinvasiven Formen (sm1, sm2 bzw. Submukosainvasion <1000 µm) haben mit 0–6% ein geringes N+-Risiko [21, 34]; bei sm3-Karzinomen dagegen beträgt das Risiko für eine Lymphknotenmetastasierung etwa 20% [21, 23].

Fazit für die Praxis

Bei endoskopisch abgetragenen Polypen sind folgende Befunde für den Kliniker relevant:

  • der histologische Typ,

  • bei neoplastischen Polypen der Grad der Dysplasie bzw. intraepithelialen Neoplasie (Adenom mit niedrig- oder hochgradiger Dysplasie bzw. IEN, SSA ohne oder mit Dysplasie),

  • die Aussage, ob bereits ein Karzinom (z. B. Karzinom in Adenom oder ein De-novo-Karzinom ohne Adenomanteile) vorliegt.

Bei der Diagnose „Karzinom“ erwartet der Kliniker vom Pathologen überdies eine Risikoevaluation für das Vorliegen lokoregionärer Lymphknotenmetastasen. Von dieser hängt es ab, ob eine lokale Entfernung ausreicht oder ob eine onkologische Resektion erforderlich ist. Dabei ist in jedem Fall einer neoplastischen Epithelproliferation eine Aussage zur Vollständigkeit der Entfernung erforderlich.