Lernziele

Nach der Lektüre dieses Beitrages …

  • sind Ihnen mögliche Pathomechanismen beim akuten oder protrahierten Todeseintritt bekannt,

  • sind Sie in der Lage, die Todesursache bei Vorhandensein von charakteristischen Befunden im Rahmen einer ärztlichen Leichenschau festzustellen,

  • können Sie mit typischen Obduktionsbefunden die Leichenschaudiagnose bestätigen,

  • ist Ihnen klar, warum Todesfälle durch einen Blitzunfall verkannt werden können,

  • kennen Sie eine technische Möglichkeit, die Diagnose bei nicht zweifelsfreier/m Auffindungssituation/Obduktionsergebnis abzusichern.

Hintergrund

Ein Blitzschlag kann die Gesundheit eines Menschen schädigen oder ihn töten. Die außergewöhnliche Gefahr, die von Gewittern ausgeht, beruht darauf, dass Blitze durch ubiquitäre meteorologische Vorgänge entstehen, die alle Individuen zu potenziellen Opfern machen.

In den letzten Jahren ist ein deutlicher Rückgang an Blitzunfällen mit Todesfolge in Deutschland zu verzeichnen gewesen. Während in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts noch 40 bis 100 Menschen/Jahr durch Blitzschlag in Deutschland verstarben, sind in den Jahren nach 2000 nur noch 0 bis 10 Todesfälle/Jahr festgestellt worden [1, 2].

Die Seltenheit des Auftretens, die Möglichkeit von Unfällen mit diskreten charakteristischen Leichenschaubefunden und mangelnde Kenntnisse bzw. Sorgfalt des Untersuchers begünstigen das Verkennen von letalen Blitzunfällen [3, 4, 5, 6].

Über die Zahl der Patienten, die in Deutschland einen Blitzunfall überlebten, gibt es keine statistischen Angaben. In zahlreichen anderen Ländern ist die Situation ähnlich [7].

Die verschiedenen pathophysiologischen Abläufe bei akuten und protrahierten letalen Unfällen sowie die für eine richtige Diagnosestellung bekannten und in den meisten Fällen makroskopisch nachweisbaren charakteristischen Befunde bei der Leichenschau und Obduktion werden nachfolgend vorgestellt. Dabei wird aufgrund der deutlichen Abnahme der tödlichen Unfälle in den letzten Jahrzehnten nicht nur auf aktuelle Fachliteratur zurückgegriffen.

Merke

Von Leichenschauärzten wurden bereits letale Unfälle verkannt.

Pathophysiologie der Todesursache durch Blitzschlag

Die pathophysiologischen Abläufe beim Tod durch Blitzschlag sind bisher nicht zweifelsfrei geklärt. In der Fachliteratur werden sowohl eine zentrale Atemlähmung als auch ein Herzkammerflimmern bzw. eine Asystolie als häufige Ursache des Todes durch Blitzschlag am Unfallort genannt [5, 8, 9, 10, 11, 12, 13].

Bei einer Latenz zwischen dem Blitzunfall und dem Todeseintritt kommen mehrere verschiedene Pathomechanismen, die zum letalen Ausgang führen, in Betracht. So finden sich im Schrifttum die Diagnosen akuter Myokardinfarkt, hypoxische Hirnschädigung, Verbrennungskrankheit, Rhabdomyolyse, Pneumonie, Multiorganversagen, septischer Schock, akutes Nierenversagen oder andere schwere Traumafolgen [2, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22]. Dabei ist die Überlebenszeit sehr unterschiedlich, in der Regel von wenigen Stunden bis zu 4 Monaten [2, 9, 14, 18, 22, 23].

Merke

Beim akuten Tod durch Blitzschlag verstirbt ein Mensch am ehesten durch Herzkammerflimmern, Asystolie oder zentrale Atemlähmung.

Ein Blitzunfall kann zu einem akuten Myokardinfarkt führen.

Diagnosestellung – charakteristische Befunde beim Tod durch Blitzschlag

Ärztliche Leichenschau

Umgebung des Unfallopfers

Wie auch bei anderen Todesursachen, sollte sich der Arzt beim Tod durch Blitzschlag vor der eigentlichen Leichenschau ein umfassendes Bild von der unmittelbaren Umgebung des Auffindungsortes machen. Dabei können bereits zahlreiche Befunde für die richtige Diagnose zielführend sein. In der Nähe der verstorbenen Person können z. B. Bäume charakteristische, relativ geradlinige oder spiralartig um den Stamm verlaufende Verbrennungen der Rinde, [22, 24], Hüttenkonstruktionen zersplitterte Holzbalken [2], Straßendecken oder Gehwegplatten frische kraterartige Defekte [25, 26] und Rasen bahnartige Verbrennungen [2] aufweisen (Abb. 123 und 4). Weiterhin sind charakteristische Lichtenberg-Figuren (s. unten) auch auf Golfrasen oder Gehwegplatten beobachtet worden [27, 28, 29, 30, 31]. Ein oder mehrere in der Nähe aufgefundene leblose Säugetiere sind ebenfalls ein starkes Indiz für einen stattgehabten Blitzunfall [32].

Abb. 1
figure 1

Frischer, relativ geradliniger Rindendefekt einer Pappel im Rahmen eines letalen Unfalls neben einem Sportplatz [22]

Abb. 2
figure 2

Spiralartig um den Stamm einer Pinie verlaufender Rindendefekt nach einem länger zurückliegenden Blitzschlag

Abb. 3
figure 3

Mechanische Zerstörungen im Innenbereich einer Holzhütte auf einem Golfplatz bei einem Blitzunfall mit 4 Todesopfern. (Mit freundl. Genehmigung von Herrn T. Raphael, Ausschuss für Blitzschutz und Blitzforschung des Verbandes der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik e. V., Frankfurt a. M.) [2]

Abb. 4
figure 4

Blitzspur von einem Kirschbaum über die Grasnarbe zu den Opfern. (Mit freundl. Genehmigung von Herrn T. Raphael, Ausschuss für Blitzschutz und Blitzforschung des Verbandes der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik e. V., Frankfurt a. M.) [2]

Merke

Tödliche Blitzunfälle weisen in der Regel charakteristische Befunde in der unmittelbaren Umgebung des Opfers auf.

Bekleidung des Opfers

Im nächsten Schritt sollten zwingend die Bekleidung des Opfers und, wenn vorhanden, getragener Schmuck oder/und andere Gegenstände gründlich inspiziert werden, da diese bei zahlreichen ausgewerteten Unfällen ein breites Spektrum charakteristischer Beschädigungen aufwiesen. Dabei standen Zerreißungen, gruppierte, bräunlich-schwärzliche Verbrennungsspuren und/oder Schmelzeffekte der getragenen Kleidung, punktförmige Perforationen, Zerreißungen und/oder Schmelzeffekte der Schuhe und Niederschlag von Metallisation (Verdampfen von z. B. getragenen Ketten) im Vordergrund (Abb. 5 und 6). An Kunstfasertextilien wurden mikroskopisch kolbige Auftreibungen der Faserenden als Schmelzeffekte beobachtet [2, 5, 6, 12, 17, 26, 32, 33, 34, 35, 36, 37]. Weiterhin wurden bei Blitzunfällen eine Lichtenberg-Figur auf der Außenseite eines Halbschuhs aus Leder [38] sowie vorgewölbte Schmelzkugeln und miteinander verschweißte Glieder einer Halskette beobachtet [4].

Abb. 5
figure 5

Zerrissene Jeanshose eines verstorbenen Blitzopfers. (Mit freundl. Genehmigung von Herrn PD Dr. med. T. Schwark, Département Médecine Légale, Dudelange, Luxembourg)

Abb. 6
figure 6

Defekte und schwärzliche Verfärbungen eines Basecaps bei einem tödlich verunfallten Blitzopfer. (Mit freundl. Genehmigung von Herrn PD Dr. med. T. Schwark, Département Médecine Légale, Dudelange, Luxembourg)

Merke

Durch die bei einem Blitzunfall häufig beteiligte mechanische und thermische Energie kommt es bei Opfern häufig zu Zerreißungen und/oder Verbrennungen der Bekleidung.

Äußere Untersuchung der Leiche

Erst nach der Inspektion der Umgebung und Bekleidung folgt die eingehende Untersuchung der Leiche. Dabei können wiederum zahlreiche Befunde zur richtigen Diagnose führen.

Blitzopfer weisen häufig Lichtenberg-Figuren, Versengungen der Körperhaare, unterschiedlich geformte Verbrennungen oder Metallisationseffekte auf (Abb. 789101112 und 13; [2, 5, 24]). Der Blitz hinterlässt an der Körperoberfläche häufig eine diskontinuierliche, mehrfach unterbrochene „Blitzstraße“, bestehend aus Hautverbrennungen und versengten Haaren [12]. Bisher ist es in keinem Fall eines letalen Blitzunfalles zu einer vollständigen Körperzerstörung, wie in einer CME-zertifizierten Fortbildung der Zeitschrift Notfall + Rettungsmedizin behauptet wurde, gekommen [39].

Abb. 7
figure 7

Lichtenberg-Figur an der Außenseite der linken Hüfte (Pfeil), die bei einer 2. Leichenschau 19 h nach dem Unfall nicht mehr nachweisbar war, zusätzlich versengte Haare am Oberschenkel. (Mit freundl. Genehmigung von Herrn KOK Kientopf, Kriminaldauerdienst der Polizeidirektion Schwerin) [24]

Abb. 8
figure 8

Versengte Kopfhaare als Blitzeintrittsort bei einem Tod durch einen direkten Treffer [24]

Abb. 9
figure 9

Versengte Körperbehaarung am Rumpf (selbes Opfer wie bei Abb. 8) [24]

Abb. 10
figure 10

Relativ geradlinige Verbrennung nach einem letalen Blitzunfall, weiterhin versengte Körperbehaarung. (Mit freundl. Genehmigung von Herrn PD Dr. med. T. Schwark, Département Médecine Légale, Dudelange, Luxembourg)

Abb. 11
figure 11

Punktförmige Verbrennungen oberhalb der rechten Gesäßhälfte. (Mit freundl. Genehmigung von Frau Dr. med. M. Todt, Institut für Rechtsmedizin, Medizinische Hochschule Hannover) [2]

Abb. 12
figure 12

Kontaktverbrennung durch einen erhitzten Schlüsselbund bei einem letalen direkten Treffer. (Mit freundl. Genehmigung von Herrn PD Dr. T. Schwark, Département Médecine Légale, Dudelange, Luxembourg)

Abb. 13
figure 13

Metallniederschlag am Hals nach Verdampfen einer Schmuckkette bei einem letalen Blitzunfall. (Mit freundl. Genehmigung von Frau EKHK’in Heinl-Müller und Frau KOK’in Rischard von der Polizeidirektion Waldeck-Frankenberg) [2]

Merke

Bei der äußeren Inspektion der Leiche können verschiedene charakteristische Befunde zur richtigen Leichenschaudiagnose führen.

Lichtenberg-Figuren einschließlich Relevanz für rechtsmedizinische Praxis.

Lichtenberg-Figuren sind baum-, farnkraut- oder sternförmige Muster, die als Resultat elektrischer Hochspannungsentladungen auf oder in isolierenden Materialien (Dielektrika) entstehen. Sie sind nach dem deutschen Physiker Georg Christoph Lichtenberg (1742–1799) benannt, der sie ursprünglich als zweidimensionale Muster in seinem Labor entdeckte, als sie sich im Staub auf der Oberfläche einer geladenen Isolierplatte bildeten. Lichtenberg-Figuren entstehen typischerweise durch die rasante elektrostatische Entladung bzw. Umverteilung von auf der Oberfläche von Isolierplatten befindlichen elektrischen Ladungen [40]. Demnach muss es für die Entstehung einer Lichtenberg-Figur folgende 3 Voraussetzungen geben:

  1. 1.

    eine große Ladungsdifferenz (Hochspannung z. B. bei Gewitterlagen zwischen Erde und Wolke),

  2. 2.

    eine Entladung (z. B. Blitz) und

  3. 3.

    einen feste Oberfläche (z. B. Haut).

Lichtenberg-Figuren nach Blitzschlag sind ein physikalisches Phänomen und unabhängig von anatomischen Strukturen [41].

Nach einer langjährigen Diskussion, welcher Pathomechanismus den Lichtenberg-Figuren bei Blitzschlagopfern zugrunde liegt, wird heute davon ausgegangen, dass es sich bei den Lichtenberg-Figuren der Haut definitiv nicht um Verbrennungen oder Hämorrhagien handelt und nach dem Verschwinden des Erythems die Haut wieder unauffällig ist. Die Farbe der Lichtenberg-Figuren auf der Haut ist immer rötlich und am ehesten durch eine vorübergehende Hyperämie in den obersten Hautschichten zu erklären [12, 42, 43], wobei die Form unabhängig von anatomischen Strukturen, wie z. B. Blutgefäßverläufen, Nerven etc., ist [41].

Merke

Eine Lichtenberg-Figur der Haut eines Blitzopfers ist am ehesten eine transiente Hyperämie.

Die Lichtenberg-Figuren bei Blitzopfern werden mitunter auch bezeichnet als Blitzfigur [5, 38], Lichtenberg-Blume [44], keraunografische Marke („keraunographic marking“) [20, 45, 46], „feathering“ (Gefieder, Federkleid) [8, 13] oder „arborescent skin mark“ (baumartige Hautmarke) [47].

Lichtenberg-Figuren treten bei etwa 17–30 % aller Blitzopfer auf [47, 48]. Diese baumartigen Erytheme auf der Haut des Menschen können sowohl beim Überlebenden als auch beim Getöteten vorkommen [28, 38, 43, 49, 50, 51]. Alle blitzbedingten Lichtenberg-Figuren der Haut sind unmittelbar nach dem Blitzschlag vorhanden, verblassen nach wenigen Stunden und sind in der Regel nach 24 h, spätestens aber nach 3 Tagen nicht mehr nachweisbar (Tab. 1). Deshalb sollten diese Marken aus Gründen der Beweissicherung immer umgehend fotografisch dokumentiert werden (Abb. 7). Nach dem Verschwinden der Figuren bleiben keine Residuen zurück [41, 49, 51, 52].

Tab. 1 Zeitdauer vom Blitzunfall bis zum Beginn des Verblassens bzw. vollständigen Verschwinden einer Lichtenberg-Figur auf der Haut des Menschen [31]

Weiterhin wurden arborisierende Gebilde nach Blitzschlag bisher auf Golfrasen [27, 28, 29], Lederschuh [38], Wachsfigur [53] und Gehwegplatte [30] beobachtet. Auch deshalb sollte ein Leichenschauarzt bei einem Verdacht auf Tod durch Blitzschlag vor Ort immer auch die unmittelbare Umgebung der Leiche in Augenschein nehmen. Blitzbedingte Lichtenberg-Figuren können bei verschiedenen Energieübertragungsmechanismen vorkommen [51, 53]. Vor wenigen Jahren wurde der erste Hochspannungsunfall, der zu einer Lichtenberg-Figur auf der Haut eines überlebenden Opfers geführt hat, beschrieben [54]. Auch deshalb wird empfohlen, den Ausdruck Lichtenberg-Figur gegenüber Blitzfigur vorzuziehen. Kann bei der Untersuchung der Leiche ein Hochspannungsunfall durch künstliche Elektrizität ausgeschlossen werden, ist das Vorhandensein einer Lichtenberg-Figur auf der Haut eines Opfers pathognomonisch für einen Blitzunfall [8, 27, 42, 52, 55].

Merke

  • Lichtenberg-Figuren treten bei 17–30 % der Blitzopfer auf.

  • Lichtenberg-Figuren verschwinden in der Regel in den ersten 24 h nach dem Unfall.

  • Lichtenberg-Figuren nach Blitzschlag können an verschiedenen Oberflächen entstehen.

Verbrennungen.

Bei Blitzopfern, die eine schwere Schädigung erlitten hatten, wurden Verbrennungen relativ oft beobachtet. In einer Studie aus den USA wiesen 48 von 54 Personen (89 %), die stationär behandelt wurden, zumeist multiple Verbrennungen auf [9].

Ein Blitzschlag kann vielgestaltige Hautverbrennungen verursachen. Am häufigsten beobachtet wurden [5, 38, 45, 56, 57, 58]:

  1. 1.

    Blitzein- und Blitzaustrittsmarken („entry/exit burns“),

  2. 2.

    relativ geradlinige Verbrennungen („linear burns“),

  3. 3.

    punktförmige, schrotschussartige oder blumenartige Verbrennungen („punctate burns“, „flower like burns“),

  4. 4.

    Kontaktverbrennungen („contact burns“),

  5. 5.

    flächenhafte oberflächliche Erytheme, zum Teil mit geringgradigen Blasenbildungen („flash burns“),

  6. 6.

    tiefe Verbrennungen („full-thickness burns“).

Dabei kann das Ausmaß der Verbrennungen an der Haut bis 29 % der Körperoberfläche sein [59] und 1. bis 3 Grades betragen [12, 60, 61, 62, 63].

Merke

Ein Großteil der stationär behandelten Blitzopfer weist Hautverbrennungen 1. bis 3. Grades auf.

Blitzeintrittsmarken werden, wenn vorhanden, häufig im Bereich des Kopfes und die Austrittsmarken an den Füßen beobachtet [5, 6, 8, 17, 18, 34, 64]. Dagegen werden relativ geradlinige Verbrennungen eher am Rumpf festgestellt [18, 26, 59, 65]. Die schrotschussartigen oder blumenartigen Verbrennungen haben Ähnlichkeit mit den Crocodile-skin-Befunden beim Hochspannungsunfall mit Einwirkung eines Störlichtbogens. Möglicherweise sind hier Verbrennungen durch umherfliegende heiße Flüssigkeiten am Blitzeinschlagsort die Ursache [57, 65, 66, 67]. Kontaktverbrennungen entstehen in der Regel durch mitgeführte Metallgegenstände. Die Lokalisation dieser Verbrennungen ist naturgemäß abhängig von der Position des Metalls am Körper zum Zeitpunkt des Blitzunfalls. In der Literatur finden sich dabei Verbrennungen durch Halskette, Gürtel‑, Hosen- und Schuhschnallen, Reißverschluss, Korsettverstärkung, Verschluss eines Büstenhalters, Haarnadel, Stiefeleisen, Koppelschloss, Uhrarmband, Zigarettenetui und Schlüsselbund (Übersicht bei [4, 6], eigene Beobachtungen). Flächenhafte oberflächliche Erytheme werden bevorzugt am Rumpf beobachtet und heilen in der Regel folgenlos ab [34, 68]. Dagegen können tiefe Verbrennungen vom 2. bis 3. Schweregrad nahezu überall auftreten und müssen in der Regel chirurgisch behandelt werden [9, 63].

Merke

Blitzbedingte Hautverbrennungen sind vielgestaltig.

Versengungen der Körperbehaarung.

Versengte Körperhaare sind nahezu pathognomonisch für eine Blitzeinwirkung [55]. Dabei erscheinen die Haare zumeist schwärzlich und gekräuselt. Bei einem direkten Treffer finden sich mitunter versengte Kopfhaare an der Eintrittsstelle [2, 18, 24]. Weiterhin sind die Körperhaare häufig diskontinuierlich an verschiedenen Körperregionen versengt, wobei der Rumpf mit Schambehaarung und die Beine bevorzugt betroffen sind [2, 5, 6, 17, 24, 37, 42, 55].

Merke

Neben Lichtenberg-Figuren werden auch versengte Körperhaare als pathognomonisch für Blitzunfälle angesehen.

Metallisation.

Die durch Blitzschlag verursachte Metallisation (Tab. 2) tritt in 3 Formen auf:

  1. 1.

    im Zusammenhang mit Kontaktverbrennungen an der Aufliegestelle metallischer Gegenstände (Abb. 12; [5, 26, 35, 62]),

  2. 2.

    als flächenhafter Niederschlag in der Nähe von verdampftem Metall (Abb. 13; [2, 4]) und

  3. 3.

    als intrakutane, wie eine Tätowierung erscheinende Metalleinlagerung z. B. von getragenen Halsketten [62, 63, 69].

Tab. 2 Schmelz- und Verdampfungstemperaturen von ausgewählten Metallen

Magnetisierung

Eisenhaltige Objekte können nach einem Blitzschlag magnetisch sein [38, 50]. Wetli berichtet von einem Blitzunfall, bei dem der Metallverschluss des getragenen Büstenhalters des Opfers magnetisiert worden ist [13].

Obduktion

Makroskopisch

Die Diagnose eines tödlichen Blitzschlages wird in mehr als 90 % der Fälle durch charakteristische äußere Befunde gestellt [13]. Weiterhin können im Rahmen einer Obduktion Befunde erhoben werden, die bei Fehlen von charakteristischen äußeren Befunden zur Diagnose führen oder bei Vorhandensein von äußeren Veränderungen die Leichenschaudiagnose bestätigen (Abb. 14 und 15). Dabei stehen pathologische Befunde des Herzens im Vordergrund. In zahlreichen Fällen zeigt das Herz frische infarkttypische Schädigungen ohne vorbestehende Koronarsklerose [18, 22, 37, 70, 71]. Die Ursache der akuten Myokardinfarkte nach einem Blitzschlag dürfte im häufig beobachteten Herzkammerflimmern liegen, bei dem das Myokard nicht mehr ausreichend mit sauerstoffreichem Blut versorgt wird. Weitere, eher seltene innere Befunde sind Verkochungen der Skelettmuskulatur [22], pulmonale Hämorrhagien [37], Blutungen der Darmwand [72], Hirnblutungen, Subduralhämatome, Subarachnoidalblutungen sowie Pankreas- oder Lebernekrosen [21].

Abb. 14
figure 14

Verkochung des M. pectoralis major sinister unter intakter Haut 5 Tage nach einem Blitzunfall durch Überschlagseffekt [22]

Abb. 15
figure 15

Areaktive Nekrosen des M. pectoralis major sinister, selber Fall wie Abb. 14 (Hämatoxylin-Eosin, Vergr. 112:1) [22]

Merke

Nur in äußerst seltenen Fällen wird die Diagnose erst durch eine Obduktion gestellt.

Mikroskopisch

Histologische Befunde wurden insbesondere am Myokard beschrieben. Hierbei zeigten sich u. a. gut demarkierte Nekrosen mit teils lymphomonozytär, teils granulozytärer Infiltration [71], wellenförmige Anordnung der Myozyten [73], Koagulationsnekrosen der Herzmuskelfasern [37, 74], streifenförmige Hämorrhagien, granulozytäre Abräumreaktion, Degeneration der Gewebsstrukturen mit Auflösungserscheinungen sowie Hyperkontraktionsbänder [18, 22].

An der Haut wurden verbrannte Hautpartien mit homogenisierten zellarmen Arealen an der Oberfläche sowie spärlich erhaltene Reste der Epidermis mit intensiver granulozytärer Infiltration beobachtet [12, 18, 70].

An der Skelettmuskulatur zeigten sich nach einem Unfall mit einem Überschlagseffekt areaktive Nekrosen des M. pectoralis (Abb. 15; [22]). Am Gehirn gab es ein breites, eher uncharakteristisches Spektrum an Befunden, bevorzugt Hämorrhagien unterschiedlicher Lokalisationen [20, 62].

An Lungen von Blitzopfern wurden Hämorrhagien, Ödem, Fragmentation und Nekrose von Lungenarealen sowie Zerreißungen von Alveolen festgestellt [37]. In der Leber wurden Vakuolenbildungen [37], am Pankreas Nekrosen und Hämorrhagien [75], an den Nieren Zerreißungen von Nierentubuli und Hämorrhagien [37] und in der Milz ebenfalls Hämorrhagien [37] beobachtet. Während die areaktiven Nekrosen der Skelettmuskulatur durch die Einwirkung thermischer Energie verursacht worden sein dürften, sind die Hämorrhagien und Gewebsrupturen von parenchymatösen Organen eher durch das zeitgleiche Barotrauma zu erklären.

Merke

Neben den klinischen Befunden können auch histologische Untersuchungen typische Befunde eines akuten Myokardinfarkts bzw. einer globalen myokardialen Ischämie zeigen.

Probleme bei der Diagnosestellung/technische Unterstützung

In der Vergangenheit ist es bereits wiederholt zu Blitzunfällen gekommen, die bei der ärztlichen Leichenschau verkannt worden sind [3, 4, 5, 6].

Die Ursachen dafür dürften multifaktoriell sein. Zum einen gibt es durch die verschiedenen Energieübertragungsmechanismen auch letale Blitzunfälle mit diskreten Befunden, die übersehen werden können [13, 76]. Zum anderen ist durch die Seltenheit der Fälle das Wissen um charakteristische Befunde relativ wenig verbreitet [6]. Aber auch eine mangelnde Sorgfalt bei der ärztlichen Leichenschau ist eine Ursache für die im Schrifttum berichteten Fehldiagnosen [3, 4, 5].

Bei Todesfällen mit fraglicher Blitzeinwirkung können sich die Untersucher seit vielen Jahren technischer Unterstützung bedienen. Um festzustellen, ob es am Auffindungsort des Verstorbenen in einem definierten Zeitraum zu einem oder mehreren Blitzschlägen gekommen ist, gibt es in zahlreichen Ländern der Erde Informationsdienste [2, 26, 77, 78]. Diese Dienste können Angaben zu dem genauen Zeitpunkt, den Koordinaten und zur gemessenen Stromstärke eines Wolke-Erde-Blitzes machen [2, 26].

Für die Bundesrepublik Deutschland ist das z. B. ein kommerzieller Blitzinformationsdienst, für die USA das U.S. National Lightning Detection Network Database (NLDN).

Merke

Technische Informationsdienste können bei der Absicherung der Diagnose „Tod durch Blitzschlag“ hilfreich sein.

Fazit für die Praxis

  • Als pathophysiologische Ursache beim akuten Tod durch Blitzschlag werden sowohl zentrale Atemlähmung als auch Kammerflimmern oder Asystolie in der Fachliteratur angenommen.

  • Als pathophysiologische Ursachen beim protrahierten Todeseintritt kommen mehrere verschiedene Pathomechanismen in Betracht.

  • Die unmittelbare Umgebung des Blitzopfers, die getragene Bekleidung und mitgeführte Effekte können charakteristische Zeichen für die richtige Diagnose aufweisen.

  • Bei der äußeren Leichenschau eines Blitzopfers finden sich in den meisten Fällen mehrere charakteristische Befunde.

  • Die inneren Befunde eines Blitzopfers sind im Vergleich zur ärztlichen Leichenschau weniger diagnoseführend.

  • Aufgrund der Rarität von Blitzunfällen, mangelnder Sorgfalt von untersuchenden Ärzten und befundarmer Ereignisse sind letale Unfälle bereits mehrfach von Leichenschauärzten verkannt worden.

  • Bei Todesfällen mit fraglicher Blitzeinwirkung können sich die Untersucher seit vielen Jahren technischer Unterstützung bedienen und Angaben über Ort und Zeit eines Wolke-Erde-Blitzes bei Informationsdiensten erfragen.