Im Rahmen der kontinuierlich steigenden Prävalenz primärer Knietotalendoprothesen (Knie-TEP) und Revisionsendoprothesen steigt trotz verbesserter Operationstechnik auch die absolute Zahl an Komplikationen. Zu diesen Komplikationen gehören intra- und postoperative periprothetische Frakturen, die trotz konsequenter Therapie häufig einen negativen Einfluss auf das funktionelle Endergebnis haben.

Die Therapie periprothetischer Frakturen des Kniegelenks ist technisch anspruchsvoll und kann durch ein insuffizientes Knochenlager in einer suboptimalen Fixation resultieren. Aufgrund der speziellen Situation eines einliegenden Gelenkimplantats und der Konstruktionsvielfalt der Knieendoprothesen müssen gewohnte Therapiekonzepte oft verlassen werden. Auch wurde bei der Therapie dieser Frakturen von hohen Komplikationsraten zwischen 25 und 75% berichtet [7, 15, 23, 35].

Eine Prävention dieser schweren Komplikationen würde die Gesamtergebnisse der Kniegelenkendoprothetik signifikant verbessern. Verschiedene Einflüsse wurden als Risikofaktoren für periprothetische Frakturen identifiziert, wovon eine wesentliche Zahl auf intraoperative Probleme und Entscheidungen zurückzuführen ist. Ein genaues Verständnis dieser Faktoren kann dem orthopädischen Chirurgen helfen, die Komplikation der periprothetischen Fraktur weitgehend zu vermeiden.

Für die verschiedenen Frakturlokalisationen liegen valide Klassifikationssysteme vor, welche unter Beachtung der patientenspezifischen Faktoren ein differenziertes Therapiekonzept ermöglichen. Für die definitive Therapieentscheidung zwischen konservativen und den verschiedenen operativen Verfahren müssen zudem die patienteneigenen Kriterien wie die Knochenqualität, Knochendefekte sowie die Allgemeinsituation und Operabilität des Patienten berücksichtigt werden.

Die wichtigsten Behandlungsziele bei periprothetischen Frakturen sind eine exakte Reposition, eine stabile Fixation und darauf aufbauend die frühzeitige Mobilisation zur Prävention postoperativer Funktionseinschränkungen. Vor operativen Eingriffen aufgrund periprothetischer Frakturen ist eine exakte Analyse (Frakturverlauf, Fragmente, Implantatstabilität etc.) sowie eine präzise Planung des operativen Vorgehens wesentliche Voraussetzung. Dies beinhaltet die entsprechenden Osteosyntheseimplantate ebenso wie die häufig notwendig werdenden Knochenersatzmaterialien. Eine genaue Kenntnis der einliegenden Endoprothese ist notwendige Grundlage. Passende Instrumente und Komponenten für einen Teilwechsel der Endoprothese müssen ebenso bereitgehalten werden wie modulare Revisionsprothesen, sollte eine Erweiterung der Operation notwendig werden.

Epidemiologie und Risikofaktoren

Periprothetische Frakturen sind eher seltene Komplikationen und treten zumeist suprakondylär mit einer Häufigkeit von durchschnittlich 1%, in einzelnen Studien bis zu 4% auf [9, 15, 30, 48]. Tibial wird eine Inzidenz von 0,4–1,7% beschrieben [8, 13, 22, 42], während Patellafrakturen mit 0,16% bei primären Knie-TEP und ca. 0,6% bei Revisions-TEP deutlich seltener beobachtet werden [17, 18, 25, 39, 54].

Bei den periprothetischen Frakturen werden die intraoperativen von den postoperativen Frakturen unterschieden. Intraoperativ können Frakturen bei allen Präparationsschritten auftreten (Knochenpräparation, Implantatplatzierung, Reposition) oder auch während der Komponentenentfernung bei Wechseloperationen [13]. Entscheidend ist hierbei, die Frakturen intraoperativ zu erkennen und frühzeitig eine effektive Stabilisierung zu gewährleisten, damit keine spätere Revision notwendig wird. Gerade die Zahl der intraoperativen Frakturen ist bei Revisionsoperationen erwartungsgemäß deutlich höher als bei primären Knie-TEP-Implantationen [5, 13]. Postoperative Frakturen treten zumeist nach kleineren Traumata wie Stürzen auf [13].

In den vorliegenden Serien zu periprothetischen Frakturen konnte eine Vielzahl an Risikofaktoren identifiziert werden (Tab. 1). Generell können die Risikofaktoren in 3 Gruppen aufgeteilt werden: patienten-, operations- und implantatspezifische Risikofaktoren.

Tab. 1 Risikofaktoren periprothetischer Frakturen des Kniegelenks

Das anteriore „Notching“ (Unterschneiden der ventralen Femurkortikalis) wird nach wie vor kontrovers als Risikofaktor suprakondylärer Frakturen diskutiert (Abb. 1). In verschiedenen Untersuchungen war das anteriore Notching jedoch bei 30–50% der Frakturen nachweisbar und zeigte somit eine starke Korrelation mit den beobachteten Frakturen [9, 15, 24]. Culp et al. [9] errechneten in einem mathematischen Modell eine Reduktion der Torsionsstabilität um ca. 30%, wenn die ventrale Kortikalis um 3 mm eingekerbt wurde.

Abb. 1
figure 1

Anteriores „Notching“ der femoralen Knie-TEP-Komponente mit ventraler Unterschneidung der Femurkortikalis (Pfeil) als Risikofaktor einer periprothetischen suprakondylären Fraktur

Eine komplette anteriore Einkerbung der Kortikalis führt nach biomechanischen Untersuchungen von Lesh et al. [30] zu einer Reduktion der Biegestabilität um 18% und einem Verlust an Torsionsstabilität von 39%. Klinisch konnten andere Untersucher bei anteriorem Notching kein erhöhtes Frakturrisiko feststellen, was wohl auf den kontinuierlichen Umbau des femoralen Knochenlagers zurückzuführen ist [53]. Ritter et al. [46] sahen in einer größeren Studie ebenfalls keine klinisch relevante Erhöhung des Frakturrisikos durch anteriores Notching, und postulierten eine klinische Bedeutung nur bei Vorliegen zusätzlicher Risikofaktoren, wie Osteopenie. Konsens besteht jedoch darüber, dass bei anteriorem Notching eine frühe postoperative Narkosemobilisation vermieden werden sollte.

Bei der Patellafraktur gilt v. a. ein notwendig werdender Wechsel des Patellaimplantats als wesentlicher Risikofaktor [19, 45]. Diesbezüglich wird auch bei Revisionen mit nur unzureichendem Knochenlager (Patelladicke <10–15 mm) von der Reimplantation eines Patellarückflächenersatzes abgeraten. Hier wurden Patellaaufbauplastiken mit Knochentransplantaten zur Vorbereitung einer zweizeitigen Reimplantation beschrieben [20]. In der Tat bestimmen gerade bei den Patellaimplantaten zumeist intraoperative Faktoren die weitere Prognose. Die veränderte patellare Belastungssituation nach Teilresektion und TEP-Implantation erfordert eine präzise Technik und eine korrekte Ausrichtung der Implantate, um die Komplikation der Fraktur so sicher wie möglich vorzubeugen.

Diagnostik

Anamnese und klinischer Untersuchungsbefund bilden die Basis für das weitere diagnostische und therapeutische Vorgehen. Gerade Hinweise auf eine vor bestehende Implantatlockerung sind für die Therapieentscheidung bedeutend und müssen in Zusammenschau mit aktuellen und früheren Röntgenaufnahmen beurteilt werden.

Bei der klinischen Untersuchung muss neben dem Allgemeinbefund des Patienten auch der vaskuläre und neurologische Befund erhoben werden. Besonderer Wert ist auf eine Beurteilung des Streckapparats (Streckfunktion intakt? begleitende Sehnenverletzung?) sowie die Achsstellung zu legen. Die Befunderhebung wird durch Röntgenbilder in 2 Ebenen mit vollständiger Abbildung sämtlicher Prothesenkomponenten bzw. des gesamten betroffenen Knochenkompartiments (bei einliegenden zusätzlichen Implantaten bzw. geplanten langstieligen Revisionsprothesen) komplettiert. Zur Prothesenplanung müssen maßstabsgetreue Aufnahmen (z. B. mit Planungskugel auf Kniegelenkhöhe) angefertigt werden. Je nach klinischem Befund werden zusätzliche Röntgenuntersuchungen notwendig (z. B. tangentiale Aufnahmen der Patella oder Aufnahmen im Stehen). Weiterführende Untersuchungen wie die Computertomographie (CT) sind nur selten indiziert, können aber bei Deformitäten oder unklarer Lockerungssituation zusätzliche Informationen liefern.

Suprakondyläre Frakturen

Frakturmechanismus

Die Ursache suprakondylärer Frakturen ist meist ein Bagatellsturz ohne adäquates Trauma mit Kombination einer Axial- und einer Torsionskraft [9, 49, 52, 55]. Adäquate Traumen wie bei Verkehrsunfällen sind eher selten. Im Rahmen der Narkosemobilisation bei Kniegelenksteife gehören suprakondyläre Frakturen zu den bekannten Komplikationen (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Suprakondyläre Femurfraktur (Typ II nach Lewis u. Rorabeck) nach Narkosemobilisation des Kniegelenks bei Arthrofibrose

Klassifikation

Die entscheidenden therapierelevanten Kriterien in der Beurteilung suprakondylärer periprothetischer Frakturen sind die Frakturdislokation und die Implantatverankerung. Diese Kriterien wurden in der Frakturklassifikation durch Lewis u. Rorabeck [31] berücksichtigt (Tab. 2). Auf dieser Klassifikation aufbauend können die therapeutischen Strategien unter Berücksichtigung patienteneigener Kriterien (Operabilität, Knochenqualität, Osteolysen, präoperative Mobilität etc.) festgelegt werden.

Tab. 2 Klassifikation suprakondylärer periprothetischer Frakturen nach Lewis u. Rorabeck [31, 48]

Nachdem der Trend zunehmend zur operativen Therapie im Sinne der frühzeitigen Mobilisation geht, entwickelten Su et al. [53] ein zusätzliches Klassifikationssystem (Tab. 3), welches sich an den operativen Therapiemöglichkeiten orientiert.

Tab. 3 Klassifikation suprakondylärer periprothetischer Frakturen nach Su et al. [53]

Therapie

Die prognostisch wichtigsten Behandlungsziele bei suprakondylären Frakturen sind die anatomische Reposition und die Übungsstabilität zur Frühmobilisation [9, 10, 48, 49]. Als Behandlungsoptionen stehen prinzipiell die konservative Behandlung mit Gips oder Schiene sowie operative Stabilisierungsverfahren zur Verfügung. Die Extensionsbehandlung wurde aufgrund der hohen Begleitrisiken und der guten therapeutischen Alternativen komplett verlassen. DiGioia u. Rubash [11] konnten in ihrer Literaturübersicht feststellen, dass Frakturen mit <5 mm Translation, <5–10° Angulation, minimaler Rotation und einer Verkürzung von <1 cm eine gute Heilungsprognose besitzen. Das Ziel jeglicher Therapie muss eine belastbare Extremität mit einem aktiven Bewegungsumfang mit einer Extension/Flexion von >0–5–90° sein.

Als Entscheidungskriterien gelten die von Lewis u. Rorabeck [31], als auch die von Su et al. [53] klassifizierten Frakturmuster. Dem in Abb. 3 angegebenen Algorithmus folgend, wird zunächst die Prothese auf Stabilität im Knochenlager beurteilt. Bei Prothesenlockerung ist der Knie-TEP-Wechsel indiziert (Typ III nach Lewis u. Rorabeck). Zeigt sich die Prothese stabil verankert, so wird zwischen undislozierten Frakturen (Typ I) und dislozierten Frakturen (Typ II) unterschieden.

Abb. 3
figure 3

Therapiealgorithmus zur Behandlung suprakondylärer periprothetischer Frakturen, basierend auf der Klassifikation von Lewis u. Rorabeck [31, 48] unter Einbeziehung der Frakturhöhe nach Su et al. [53] zur Auswahl der Osteosyntheseverfahren (open box Prothesendesign ohne posteriore Stabilisierung mit intrakondylärer Öffnung; closed box Prothese mit posteriorer Stabilisierung)

Konservative Therapie

Die Indikation zur konservativen Therapie besteht lediglich bei stabilen undislozierten Frakturen mit fest integrierter Prothese (Typ I nach Lewis u. Rorabeck) als 4- bis 6-wöchige Gipsbehandlung, gefolgt von einer Mobilisation im Brace für weitere 6 Wochen [7, 48, 49]. Während dieser Zeit muss eine regelmäßige Röntgenkontrolle alle 14 Tage erfolgen, um eine sekundäre Dislokation frühzeitig zu erkennen. Mit diesem konservativen Behandlungsregime konnten bei undislozierten Frakturen (<5 mm Dislokation und <5° Angulation) in 83% gute bis exzellente Resultate erzielt werden [7]. Bei Kontraindikationen gegen eine längere Ruhigstellung sollte im Einzelfall zur Vermeidung von Begleitkomplikationen (Pneumonie, Lungenembolie etc.) auch bei stabilen und undislozierten Frakturen die operative Versorgung diskutiert werden.

Bei dislozierten Frakturen (Typ II nach Lewis u. Rorabeck) besteht mit konservativer Behandlung ein deutlich erhöhtes Risiko für einen sekundären Repositionsverlust und ein erhöhtes Pseudarthroserisiko. Durch die länger andauernde Immobilisation ist eine Bewegungseinschränkung von durchschnittlich 25° im Vergleich zum vorbestehenden Bewegungsumfang zur erwarten, etwa 30% der Patienten müssen schließlich sekundär operativ versorgt werden [9, 10].

Osteosynthese

Bei allen instabilen oder dislozierten Frakturen besteht die Indikation zur operativen Therapie. Gerade im Sinne der Frühmobilisation geht der Trend auch bei gering dislozierten bzw. undislozierten Frakturen vermehrt in Richtung einer operativen Stabilisierung. Auch Frakturen vom Typ I werden somit heute nicht selten mittels moderner gering invasiver Osteosyntheseverfahren stabilisiert, um die regelhaft auftretende Bewegungseinschränkung nach konservativer Therapie vorzubeugen. An Osteosyntheseverfahren können prinzipiell die geringer invasiven Verfahren mit geschlossener Reposition von den invasiveren Verfahren mit offener Reposition und evtl. zusätzlicher Knochentransplantation unterschieden werden.

LISS und retrograder Femurmarknagel als Stand der Technik

Sowohl die retrograde Marknagelung als auch das „less invasive stabilization system“ (LISS) wurden entwickelt, um den Anforderungen nach einer risikoarmen Osteosynthese mit minimal-invasivem Vorgehen, frühfunktioneller Nachbehandlung und Stabilität auch bei osteoporösem Knochen ohne zusätzliche Spongiosaplastik zu genügen. Stabilisierungen mittels Fixateur externe wurden aufgrund der hohen Begleitrisiken (v. a. TEP-Infektion) und aufgrund der sicheren Alternativen verlassen.

Plattenosteosynthese

Osteosynthesen mit Kondylenplatte, DCS (dynamic compression system), Gabelplatte und anderen Systemen wurden zur Stabilisierung dislozierter und instabiler suprakondylärer Femurfrakturen eingesetzt und zeigten insgesamt gute Ergebnisse [38, 48, 49]. Bei schlechterer Knochenqualität waren diese Systeme jedoch häufig überfordert und zeigten einen Korrekturverlust, sodass die Kombination der Plattenosteosynthese mit einer Spongiosaplastik, Knochenersatzmaterial oder bei älteren Menschen auch Knochenzement gefordert wurde [15, 22]. Nachteil dieser Plattensysteme ist die notwendige Freilegung der Frakturregion mit zusätzlicher Kompromittierung der Durchblutung des Knochens und die erschwerte Positionierung durch die Knieprothese.

Vorteile scheint hier die Osteosynthese mit winkelstabilen Systemen, insbesondere dem LISS zu haben, welches weichteilschonend als Fixateur interne wirkt (Abb. 4). Über einen limitierten Zugang kann eine geschlossene Reposition mit gering invasiver Schraubenplatzierung erfolgen. Eine Spongiosaplastik ist i. Allg. nicht notwendig [44, 50], und gerade bei schlechterer Knochenqualität wird dieses Plattensystem empfohlen [29, 44]. Die bisher vorliegenden Ergebnisse bestätigten dies [10, 41, 44, 55]. Im Vergleich zum retrograden Marknagel können zudem weiter distal lokalisierte Frakturen versorgt werden (Abb. 5). Wichtig ist die korrekte Reposition der Fraktur vor Einbringen der Platte, da die Reposition nicht wie bei anderen Systemen über die Platte erfolgt.

Abb. 4
figure 4

a 68-jährige Patientin mit suprakondylärer Spiralfraktur (Typ II nach Lewis u. Rorabeck, Typ II nach Su et al.). b Zunächst offene Reposition und Osteosynthese mit winkelstabiler 12-Loch-Platte. Die Fraktur heilte in deutlicher Valgusfehlstellung. c Nach Frakturheilung aufklappende Korrekturosteotomie mit Spongiosa und Osteosynthese mit LISS. d Ausheilungsbild

Abb. 5a, b
figure 5

80-jährige Patientin mit suprakondylärer Spiralfraktur, welche nach distal in das Prothesenlager zieht. Stabil verankertes Implantat im distalen Femurfragment (Typ III nach Su et al.), winkelstabile Osteosynthese mittels LISS

Retrograder Marknagel

Die Anwendung des retrograden Marknagels ist auf Prothesensysteme mit sog. „Open-Box-Design“, also einer ausreichend großen interkondylären Öffnung ohne dorsale Stabilisierung beschränkt. Hauptindikation sind ebenfalls Typ-II-Frakturen, wobei der Marknagel aufgrund der hohen Axial- und Rotationsstabilität auch bei schlechter Knochenqualität einsetzbar ist. Vorteile sind die minimal-invasive Operationstechnik, die biomechanisch günstigen Eigenschaften sowie die i. Allg. geringe Komplikationsrate [47]. Anspruchsvoll ist gerade bei kürzeren Nägeln die korrekte Achseinstellung, entscheidend ist dabei die korrekte Nagelinsertionsstelle [55].

Limitationen erfährt dieses Verfahren bei äußerst distalen Frakturen, bei einer eingeschränkten Kniegelenkbeugung von <60° (retrogrades Einbringen des Nagels nicht möglich!), bei dorsal stabilisierten Knieprothesen ohne „Open-Box-Design“, sowie bei ipsilateral einliegenden Hüftprothesen mit langem Stiel, da hier eine Sollbruchstelle mit Stressspitzen zwischen beiden Implantaten erzeugt werden kann [23, 34, 36, 47]. Distal der Fraktur sollten mindestens 2 Verriegelungsbolzen sicher zu liegen kommen.

Die Auffräsung von domförmigen oder engen interkondylären Öffnungen (<13 mm) ist zwar technisch möglich und wurde beschrieben [10, 33], ist jedoch aufgrund des potenziell im Gelenk verbleibenden Metallabriebs nicht empfehlenswert. Auch ein Kontakt zwischen Nagel und Prothese sollte vermieden werden (<1 mm), um Verschleiß durch Mikrobewegungen zu vermeiden [53]. In diesen Fällen besteht die Indikation zur winkelstabilen Plattenosteosynthese. Auch für den retrograden Marknagel wurden gute Ergebnisse mit zumeist Erreichen der vor bestehenden Kniefunktion beschrieben [10, 23, 34, 36, 55].

Revisionsknie-TEP

Bei Lockerung der Endoprothese (Typ III nach Lewis u. Rorabeck) besteht die Indikation zum Prothesenwechsel [49]. Die Wahrscheinlichkeit einer Prothesenlockerung steigt, je weiter distal im Bereich der Hauptverankerungszone der Prothese die Fraktur lokalisiert ist. Dementsprechend besteht die Indikation zur Revisionsendoprothetik auch bei Frakturen vom Typ II, wenn aufgrund einer ausgedehnten distalen Trümmerzone oder Insuffizienz des distalen Knochenlagers keine stabile Osteosynthese möglich ist. Bei Versagen osteosynthetischer Verfahren stellt die Prothesenwechseloperation die Ultima ratio dar.

Voraussetzung ist die Kenntnis des einliegenden Implantats zur knochensparenden Explantation sowie der Möglichkeit des Wechsels einzelner Komponenten (Belassen des stabilen tibialen Prothesenteils). Abhängig vom Frakturverlauf und dem verbliebenen Knochenlager kann der Frakturdefekt durch modulare Revisionsendoprothesen mit einem langen intramedullären Stiel überbrückt und so eine übungs- und (teil)belastungsstabile Situation erreicht werden. Bei ausgedehnten Knochendefekten kann eine zusätzliche Rekonstruktion mit Allografts notwendig werden.

Die Revisionsendoprothetik ist anspruchsvoll und sollte nur in Zentren mit entsprechender Erfahrung durchgeführt werden. Nur bei regelrechter Achsausrichtung und Rekonstruktion von Beinlänge und Gelenkspalthöhe kann ein physiologisches Bewegungsausmaß erreicht werden [7, 12, 27, 48, 49].

Ein besonderer Aspekt muss bei gleichzeitig einliegenden ipsilateralen Hüftprothesen berücksichtigt werden, da die Implantation einer langstieligen Knie-TEP zu Belastungsspitzen und einer Sollbruchstelle im verbliebenen femoralen Zwischenstück führen kann. In speziellen Fällen kann bei zu geringem Knochenlager die Implantation eines sog. „Durchsteckfemurs“ (Verbindung von Hüft- und Kniegelenkimplantat unter Belassung des kortikalen Restfemurs mit Muskelansätzen) bzw. eines kompletten Femurersatzes nötig sein und eine sofortige belastungsstabile Lösung bieten [1].

Tibiafrakturen

Die periprothetischen Frakturen der Tibia sind seltener als die femoralen Frakturen, dabei jedoch stärker vom Prothesendesign abhängig (s. Risikofaktoren). Speziell an der Tibia besteht bei ausgeprägten Osteolysen mit fest fixierten Implantaten ein erhöhtes Risiko periprothetischer Frakturen. Diese werden somit weniger traumatisch, sondern häufiger bei Revisionsoperationen beobachtet [13]. Gerade der osteolytische und osteopenische Knochen besitzt dabei ein vermindertes Potenzial zur Frakturheilung und kann ein therapeutisches Problem darstellen.

Klassifikation

Die gängigste Klassifikation wurde nach Felix und Mitarbeitern erstellt, die 102 periprothetische Tibiafrakturen nach untersuchten und dabei typische Frakturverläufe aufzeigen konnten [13]. Diese Klassifikation beruht auf Informationen zur Frakturlokalisation, zur Stabilität des Implantats und bezieht außerdem den Frakturzeitpunkt mit ein (intraoperativ oder postoperativ; Tab. 4). Die Frakturen des Typs IV werden v. a. beim Evertieren der Patella bzw. nach Tuberositasosteotomien beobachtet.

Tab. 4 Klassifikation der tibialen periprothetischen Frakturen nach Felix et al. [13]

Therapie

Als therapeutisches Ziel muss die Wiederherstellung von korrekter Achse, Stabilität, Bewegungsumfang, aktiver Streckfunktion sowie die Frakturheilung angestrebt werden. Im Vergleich zu den Tibiafrakturen ohne Implantat sind Patienten bei periprothetischen Frakturen meist älter mit einer schlechteren Knochenqualität, wodurch einerseits eine Teilbelastung häufig nicht zu realisieren ist, andererseits aber belastungsfähige Lösungen operativ nur schwer herzustellen sind. Kompromisslösungen sind in diesen Fällen manchmal unumgänglich.

Subtyp-A-Frakturen: Implantat stabil

Typ Ia: Tibiaplateaufraktur mit stabil verankertem Implantat

Diese Frakturen ziehen in das Interface zwischen Implantat und Knochen und betreffen zumeist das mediale Tibiaplateau. Oft handelt es sich um Stressfrakturen durch eine Fehlbelastung, z. B. bei in Varusfehlstellung eingebrachten Tibiakomponenten. Meist kann eine konservative Therapie mit Brace oder Gips und Teilbelastung durchgeführt werden. Bei größeren Fragmenten sollte eine Refixation mittels Schrauben- oder Plattenosteosynthese in Erwägung gezogen werden, um eine sekundäre Dislokation vorzubeugen [5, 13]. Bei deutlichen Fehlstellungen sollte die Korrektur im Rahmen eines Prothesenwechsels erwogen werden.

Typ IIa: Fraktur des metaphysär-diaphysären Übergangs mit stabil verankertem Implantat

Bei diesem Frakturtyp kann häufig ein traumatisches Ereignis nachvollzogen werden, Implantate mit Kielen oder Finnen sind häufiger betroffen. Diese häufig undislozierten Frakturen können in Einzelfällen konservativ therapiert werden, allerdings führt die Ruhigstellung regelmäßig zu Bewegungseinschränkungen.

Abhängig vom proximal verbliebenen Knochenlager muss bei dislozierten Frakturen die Entscheidung zwischen einer Reposition mit Osteosynthese und einem Prothesenwechsel gefällt werden. Eine Osteosynthese mit Schrauben und/oder (winkelstabilen) Platten ist in den meisten Fällen einem Wechsel der fest verankerten tibialen Komponente vorzuziehen, auch wenn dies manchmal nur in einer suboptimalen Fixation mit verminderter postoperativer Belastbarkeit resultiert. Wird ein Prothesenwechsel notwendig, so muss zunächst der proximale Knochen von der fest verankerten Prothese gelöst werden, was häufig in zusätzlichen Knochendefekten resultiert. Langstielige Prothesen können die Fraktur überbrücken und einen schnelleren postoperativen Belastungsaufbau ermöglichen.

Typ IIIa: Fraktur distal des Implantats mit stabil verankertem Implantat

Die Frakturen unterhalb des Implantats sind häufiger durch adäquate Traumen verursacht, oder aber durch Stressspitzen nach Fehlimplantation der Knieprothese. Meist findet man ein stabil integriertes Implantat vor. Diese Frakturen können in der Regel nach den Prinzipien der „normalen“ Frakturversorgung therapiert werden. Bei undislozierten Frakturen kann in Einzelfällen eine konservative Therapie diskutiert werden, dislozierte IIIa-Frakturen sind die Domäne der offenen Reposition mit Plattenosteosynthese (und Knochentransplantat; Abb. 6). Ein Prothesenwechsel wird nur selten erforderlich, da proximal zumeist ausreichend Knochenlager für eine stabile Osteosynthese zur Verfügung steht. Die häufigste Komplikation ist die Pseudarthrose, bedingt durch die relativ schlechte Blutversorgung im Bereich der Tibiadiaphyse.

Abb. 6
figure 6

a 58-jährige Patientin mit Tibiafraktur (Typ IIIa nach Felix) bei einliegender Knie-TEP. Bei Verkehrsunfall Polytraumatisierung und zusätzlich Luxation im OSG und USG. b Es erfolgte die offene Reposition und winkelstabile Plattenosteosynthese mit LISS sowie die temporäre Transfixation der Luxationen

Subtyp-B-Frakturen: Implantat gelockert

Typ Ib: Tibiaplateaufraktur mit gelockertem Implantat

Die Ib-Frakturen beziehen das Implantat-Knochen-Interface mit ein, zusätzlich liegt eine Lockerung der Tibiakomponente vor. Wiederum ist zumeist das mediale Tibiaplateau betroffen, es liegt häufig ein kavitärer oder segmentaler Knochendefekt vor [5]. Die B-Frakturen sind die Domäne der operativen Versorgung. Neben dem notwendigen Prothesenwechsel muss der Knochendefekt in der Therapie berücksichtigt werden, dieser kann durch Knochenzement, Knochentransplantate, modulare Metallaugmentationen der Tibiakomponenten oder größeren Revisionsprothesen aufgefüllt bzw. überbrückt werden. Konservative Therapien versagen hier regelmäßig, so mussten Felix et al. [13] in einer Serie alle 17 zunächst konservativ therapierten Patienten sekundär einer Operation zuführen.

Typ IIb: Fraktur des metaphysär-diaphysären Übergangs mit gelockertem Implantat

Diese Frakturen können typischerweise bei gelockerten Implantaten mit Stielen und deutlichen Osteolysen beobachtet werden. Ausgeprägte kavitäre und segmentale Knochendefekte sind eine häufige Begleiterscheinung und müssen in der operativen Therapie mitbehandelt werden. Bei den Typ-IIb-Frakturen sind langstielige Revisionsprothesen zur Überbrückung der Knochendefekte erforderlich, für die Auffüllung der Knochendefekte können größere Allografts notwendig werden. Bei ausgedehnten Osteolysen unter Einbeziehung der Streckapparatverankerung können spezielle Prothesenvorrichtung zur Refixation der Patellarsehne hilfreich sein (Abb. 7), [16].

Abb. 7
figure 7

Modulare Spezialprothese mit distalem Femurersatz und proximalem Tibiaersatz zur Refixation des zerstörten Streckapparats bei ausgedehnter osteolytischer Zerstörung des Knochenlagers im Bereich der proximalen Tibia

Typ IIIb: Fraktur distal des Implantats mit gelockertem Implantat

Frakturen distal der Prothese sind bei gelockertem Implantat eher selten, da aufgrund der Osteolysen die Fraktur meist im Bereich des geschwächten Implantatlagers auftritt. Dafür ist die operative Therapie aufgrund der proximalen und distalen Schädigung umso anspruchsvoller. Als Optionen stehen die einzeitige Versorgung mittels großer Revisionsimplantate (Tumorprothesen) mit oder ohne Allografts und ggf. Rekonstruktion des Streckapparats zur Verfügung; v. a. bei jüngeren Patienten kann alternativ zunächst die distale Fraktur versorgt werden und zweizeitig ein Wechsel der gelockerten Prothesenkomponenten mit Implantation eines kleineren Implantats angestrebt werden [5, 21].

Subtyp-C-Frakturen: intraoperativ

Bei Verdacht auf eine intraoperative Fraktur sollten alle Anstrengungen unternommen werden, diese sicher zu identifizieren und durch eine adäquate Stabilisierung während des gleichen Eingriffs zu sichern, um weitere Revisionsoperationen zu vermeiden. Werden die Frakturen erst postoperativ erkannt, so muss entweder die Mobilisation entsprechend angepasst oder aber eine operative Stabilisierung durchgeführt werden.

Typ Ic: intraoperative Tibiaplateaufraktur

Intraoperative Frakturen vom Typ Ic können meist relativ einfach anatomisch reponiert und vor der endgültigen Prothesenimplantation über eine innere Osteosynthese refixiert werden. Entstehende Knochendefekte müssen augmentiert (Knochentransplantat, Knochenzement, metallische Prothesenaugmentation) oder überbrückt werden. Abhängig von der Schädigung des Knochenlagers muss die Implantation einer langstieligen Prothese erwogen werden, um den Defekt zu überbrücken und eine frühzeitige Mobilisation zu ermöglichen. Die Versorgung muss selbstverständlich beim postoperativen Belastungsaufbau berücksichtigt werden. Die Ergebnisse nach diesen Frakturen sind überwiegend gut bis sehr gut [13].

Typ IIc: intraoperative Fraktur des metaphysär-diaphysären Übergangs

Diese Art Fraktur verläuft häufig in vertikaler Richtung [12] und wird v. a. durch die verkippte Insertion langstieliger Prothesenkomponenten oder bei der Entfernung von Prothesen oder Knochenzement verursacht [5]. Wenn die Fraktur erst postoperativ bemerkt wird, kann eine konservative Behandlung unter Entlastung mittels Brace ausreichend sein. Bei intraoperativer Diagnose muss die Notwendigkeit einer zusätzlichen Stabilisierung analysiert werden – entweder mittels zusätzlicher Plattenosteosynthese oder Wechsel auf einen längeren Prothesenstiel.

Typ IIIc: intraoperative Fraktur distal des Implantats

Auch dieser Frakturtyp ist äußerst selten und am ehesten bei langstieligen zementfreien Prothesen zu beobachten. Die operativen Therapiestrategien entsprechen den Typ-IIIa-Frakturen mit zusätzlicher Stabilisierung durch eine interne Plattenosteosynthese. Selten wird ein Wechsel auf ein Revisionsimplantat notwendig.

Typ IV: Beteiligung der Tuberositas tibiae

Bei Frakturen vom Typ IV kommt es komplizierend zu einer Diskontinuität des Streckapparats und der Tuberositas tibiae. Die Therapieprinzipien zielen dabei allesamt auf die Rekonstruktion des Streckapparats mit Wiederherstellung der Streckfunktion. Ist die Fraktur nur minimal disloziert und eine aktive Streckung mit nur geringfügigem Defizit möglich, so kann eine konservative Therapie durch Immobilisation in Streckung erfolgen. Bei Fixierung in Streckstellung (z. B. Oberschenkeltutor) kann hier auch eine zunehmende Aufbelastung erlaubt werden. Bei Dislokation der Tuberositasfraktur oder aktivem Streckdefizit sollte eine operative Refixation erfolgen. Ein ausreichend großes Tuberositasfragment kann mittels Schrauben- oder Drahtosteosynthese refixiert werden.

Avulsionen der Patellarsehne vom knöchernen Ansatz treten zumeist bei Patienten mit Osteoporose oder eingeschränkter Kniebeugung – vornehmlich intraoperativ – auf und können mittels Quadrizepsspaltung oder Tuberositasosteotomie vorgebeugt werden. Primäre Rekonstruktionen sind schwierig, lokale Weichteilaugmentationen oder Allografttransplantationen werden notwendig (z. B. Semitendinosussehne), [6, 21, 37]. Bei deletärer Restsituation der Verankerung der Patellarsehne können spezielle Vorrichtungen an der tibialen Komponente von Revisionsendoprothesen einen Ausweg bieten (s. Abb. 7). Die Refixation der Patella erfolgt hierbei z. B. über Kunstbänder direkt an der Endoprothese, und gute Ergebnisse mit minimalem Streckdefizit sind möglich [16].

Patellafrakturen

Trotz der geringen Inzidenz periprothetischer Patellafrakturen handelt es sich um eine relevante Komplikation, da die Behandlung äußerst schwierig ist und die Ergebnisse oft mit Funktionseinschränkungen einhergehen. Patellafrakturen nach Knie-TEP treten nach Patellarückflächenersatz deutlich häufiger auf als ohne Patellaimplantat [39]. Da ein Großteil der periprothetischen Frakturen auf intraoperative Faktoren zurückzuführen ist, kann gerade hier der orthopädische Chirurg durch eine korrekte chirurgische Technik, Implantatauswahl und Komponentenausrichtung das Risiko minimieren.

Klassifikation

Die prognostisch und therapeutisch entscheidenden Kriterien sind die Frakturdislokation, die Kontinuität des Streckapparats und die Stabilität der Prothese [48]. Weitere wesentliche Faktoren, welche die Therapieentscheidung beeinflussen, sind die Frakturlokalisation, der Frakturverlauf und das verbliebene Knochenlager.

Auch die Klassifikationssysteme der Patellafrakturen zielen darauf ab, Anleitung zur Therapieentscheidung zu geben. Hozack et al. [25] schlugen nach Review von 21 Fällen mit Patellafraktur bei einliegender Knieprothese eine Klassifikation unter Beachtung von Dislokation, Frakturverlauf und Integrität des Streckapparats vor. Goldberg et al. [17] zogen in ihre Klassifikation der periprothetischen Patellafrakturen auch die Stabilität des Implantats im Knochenlager mit ein und umfassten damit die wesentlichen prognostischen Kriterien. Ortiguera u. Berry [39] bezogen sich in ihrer Klassifikation ausschließlich auf die 3 therapierelevanten Kriterien Implantatstabilität, Integrität des Streckapparats und Qualität des Knochenlagers und lieferten damit ein therapierelevantes Klassifikationssystem (Tab. 5).

Tab. 5 Klassifikation periprothetischer Patellafrakturen nach Ortiguera u. Berry [39]

Therapie

Ein therapeutischer Algorithmus zur Behandlung der periprothetischen Patellafrakturen ist in Abb. 8 dargestellt. Das Endergebnis wird im Wesentlichen durch Wiederherstellung des Streckapparats bestimmt. Die Frakturätiologie (Achsfehler, Rotationsfehler etc.) ist für die Prognose mitentscheidend und muss in der Korrektur berücksichtigt werden.

Abb. 8
figure 8

Therapiealgorithmus zur Behandlung periprothetischer Patellafrakturen, basierend auf der Klassifikation von Ortiguera u. Berry [39]

Typ-I-Frakturen: Implantat und Streckapparat intakt

Bei Frakturen vom Typ I handelt es sich häufig um vertikal verlaufende Frakturen oder Randabrisse, wobei der Rückflächenersatz an einem großen Fragment stabil verankert bleibt. Bei stabilem Implantat und intaktem Streckmechanismus kann die konservative Therapie mit Gips oder Brace für 4–8 Wochen erfolgen, abhängig vom Frakturverlauf und der Frakturlokalisation kann frühzeitig mit funktioneller Mobilisation begonnen werden.

Auch horizontal verlaufende Frakturen ohne Dislokation und verbliebener Streckfunktion (mit <30° aktivem Streckdefizit) können diesem Frakturtyp zugeordnet und konservativ mit Immobilisation und regelmäßigen Röntgenkontrollen behandelt werden [5, 25]. Bei Fixierung der Streckstellung (z. B. im Oberschenkeltutor) kann frühzeitig auf eine Vollbelastung übergegangen werden. Diese Frakturen heilen meist mit geringem Streck- und Kraftdefizit, bei niedrigen Komplikationsraten [5, 17, 25, 39].

Typ-II-Frakturen: Streckapparat unterbrochen

Dislozierte Frakturen mit Streckdefizit zeigen nach konservativer Therapie regelmäßig schlechte Ergebnisse [25], bei undislozierten Frakturen ist prinzipiell ein konservativer Therapieversuch möglich. Im Rahmen der operativen Therapie ist bei diesem Frakturtyp – unabhängig von der Stabilität des Implantats – der Rekonstruktion des Streckapparats absolute Priorität zu gewähren. Die Heilung der Patellafraktur sollte nicht durch ein zusätzlich gewechseltes Rückflächenimplantat kompromittiert werden. Bei Beschwerdepersistenz kann sekundär eine Reimplantation des gelockerten Patellarückflächenersatzes nach Frakturheilung erfolgen. Ein stabil verankertes Implantat sollte nur belassen werden, sofern es die Rekonstruktion des Streckapparats nicht limitiert.

Als Osteosyntheseverfahren steht bei Patellafraktur v. a. die Zuggurtung mit Draht oder nicht resorbierbaren Bändern aber auch die Schraubenosteosynthese im Vordergrund. Kleinere Frakturfragmente können exzidiert werden. Eine besondere Herausforderung sind kleine superiore oder inferiore Polabrisse, hier wird die Refixation der Sehne mittels nicht resorbierbarer Nähte über transossäre Bohrungen empfohlen [25, 28]. Die Rekonstruktion des Streckapparats (v. a. bei Patellasehnennaht) kann über eine zusätzliche temporäre Zuggurtung zwischen Patella und Tibia für 6–8 Wochen gesichert werden [26].

Ein gelockerter Rückflächenersatz sollte nicht im gleichen Eingriff wie die Osteosynthese reimplantiert werden [3, 12]. Bei insuffizientem Knochenlager kann entweder die Resektionsarthroplastik [40] oder eine Patellaaufbauplastik mit autogener Spongiosa erfolgen, um das patellare Knochenlager für eine spätere Prothesenreimplantation vorzubereiten. Hanssen [20] beschrieb bei 9 nachuntersuchten Fällen dieser Aufbauplastik gute kurz- bis mittelfristige Ergebnisse und eine durchschnittliche Zunahme der Patelladicke von 7–9 mm intraoperativ auf 20 mm beim letzten Follow-up.

Bei Therapieversagen bleibt die Möglichkeit der Revisionsknie-TEP mit Ersatz des Extensormechanismus [16], die Rekonstruktion des Streckapparats über Allografts oder autologe Weichteilrekonstruktionen (z. B. Semitendinosussehne [6]) oder die Patellektomie [25]. Da die Patellektomie mit etwa 70% Kraftverlust und einem signifikanten Streckdefizit verbunden ist, sollte die Indikation zurückhaltend gestellt werden [25]. Insgesamt sind die Ergebnisse nach Versagen der primären Rekonstruktion trotz Operation nicht zufrieden stellend und mit einer hohen Komplikationsrate behaftet [5, 17, 25, 39]. Spezielle Vorrichtungen an Endoprothesensystemen zur Streckapparatrekonstruktion stellen hier einen entscheidenden Fortschritt dar [16].

Typ-III-Frakturen: Streckapparat intakt, Prothese gelockert

Die Indikation zum operativen Vorgehen ist bei diesem Frakturtyp abhängig von der klinischen Beschwerdesymptomatik zu stellen. Bei intaktem Streckapparat und gelockertem Implantat muss unter Beachtung des verbleibenden Knochenlagers die Therapieentscheidung zwischen einem Implantatwechsel und der Resektionsarthroplastik gefällt werden. Auch hier gilt, dass die Frakturheilung bzw. Integrität des Streckapparats nicht durch den Rückflächenersatz gefährdet werden darf.

Im Falle eines insuffizienten Knochenlagers sollte der gelockerte Rückflächenersatz entfernt werden und entweder eine Patellaaufbauplastik [20] oder nur die Resektionsarthroplastik durchgeführt werden. Bei Beschwerdepersistenz verbleiben sekundär als Optionen der erneute Rückflächenersatz oder die Patellektomie.

Intraoperative Frakturen

Intraoperative Frakturen sind v. a. bei Entfernung eines Rückflächenersatzes relativ häufig und schwierig zu therapieren. Nach Möglichkeit sollte eine Rekonstruktion des Streckapparats mittels Osteosynthese angestrebt werden, ein neuerliches Implantat sollte erst nach Frakturheilung reimplantiert werden, da die unmittelbare Reimplantation zu einer zusätzlichen Belastung der Patella führt und damit die Bruchheilung negativ beeinflusst [3, 5, 12].

Die Ergebnisse nach Therapie periprothetischer Patellafrakturen sind insgesamt wenig zufrieden stellend. Gute Ergebnisse sind nur bei Frakturen vom Typ I zu erwarten, auch wenn sich radiologisch meist nur eine fibröse Heilung oder gar eine Pseudarthrose zeigt [39]. Wenn eine operative Therapie notwendig wird (Typ II und III), sind die Ergebnisse häufig enttäuschend und mit einer hohen Komplikationsrate von bis zu 75% behaftet [4, 5, 17, 25, 39]. Eine knöcherne Frakturheilung ist nur selten zu erreichen [39].

Zu den typischen Komplikationen gehören neben der Pseudarthrose auch Kniesteife, Kraftverlust, Implantatversagen und Lockerung sowie die Refraktur. Aufgrund der geringen Weichteildeckung sind die Rekonstruktionen zudem besonders infektgefährdet. Wegen der nicht zufriedenstellenden operativen Ergebnisse und den potenziell erheblichen Komplikationen (wie Infektionen) sollte eine konservative Therapie immer bei der Therapieentscheidung berücksichtigt werden [10, 17, 25, 39].

Fazit für die Praxis

Die Therapie periprothetischer Frakturen ist technisch anspruchsvoll und eine Herausforderung für Arzt und Patienten. Die wichtigsten Behandlungsziele sind dabei eine exakte Reposition und stabile Fixation der Fraktur und eine frühzeitige Mobilisation zur Vermeidung von Folgekomplikationen. Als Entscheidungskriterien für die operative Behandlung gelten die Frakturdislokation, die Lockerung der Endoprothese und die Knochenqualität (Osteopenie? Nekrose?). Bei Patellafrakturen muss zusätzlich die Funktion des Streckapparats beachtet werden.

Nach Entscheidung für ein konservatives Vorgehen wird eine regelmäßige Stellungskontrolle und bei Korrekturverlust der Verfahrenswechsel auf ein operatives Vorgehen notwendig. Bei suprakondylären Frakturen stellen der retrograde Verriegelungsnagel und die winkelstabile Plattenosteosynthese derzeit die favorisierten Verfahren dar. Für ausgedehnte Knochendefekte oder bei Substanzverlust des Streckapparats kann der Einsatz von modularen Revisionsendoprothesen notwendig werden. Bei den patellaren Frakturen stellt die Rekonstruktion des Streckapparats das oberste Therapieprinzip dar, hier hat die Frakturheilung absolute Priorität vor der Reimplantation des Rückflächenersatzes.