Streckapparatdefekte in der Kniegelenkendoprothetik

Der Funktionsverlust des Kniestreckapparats ist eine schwerwiegende Komplikation der primären Kniegelenkendoprothetik und besonders der Revisionsendoprothetik. Die Inzidenz im Rahmen der Primärendoprothetik wird in der Literatur mit 0,17% und 2,5% angegeben [8, 11, 30, 44]. Systematische Angaben über Diskontinuitäten des Streckapparats nach Knieendoprothesenrevisionen oder nach tumorendoprothetischen Eingriffen fehlen.

Eine Unterbrechung des Streckapparats tritt überwiegend im Bereich des Lig. patellae auf, kann aber auch die Quadrizepssehne, oder im Falle einer Fraktur die Patella selbst betreffen [44]. Die Prävalenz der Patellafraktur in der Kniegelenkendoprothetik liegt zwischen 0,3% und 11,0% [7, 37]. Dabei besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Insuffizienz des Streckapparats durch Patellafraktur, wenn die Rückfläche ersetzt wurde, eine Prothesenrevision durchgeführt wurde oder ein Malalignment der Prothesenkomponenten vorliegt [6, 20]. Prädiktive Faktoren einer Patellafraktur sind Übergewicht, Implantatmalalignment, hoher Aktivitätsgrad des Patienten, ausgedehnte Patellareduktionsplastiken, großes Bewegungsausmaß und auftragende Patellarückflächenimplantate [7, 37, 44].

Während die Ruptur des Lig. patellae mit einer Häufigkeit von bis zu 0,25% angegeben wird, ist das Risiko der Ruptur der Quadrizepssehne im Rahmen der Kniegelenkendoprothetik deutlich geringer und liegt bei 0,1% [14, 30, 38, 45]. Die Läsion des Streckapparats im Bereich der Quadrizepssehne tritt oft sekundär als Folge prädikativer systemischer Erkrankungen auf, wie langjährige systemische Kortison-Therapie, Diabetes mellitus, chronisch renale Insuffizienz oder wiederholte intraartikuläre Kortison-Injektionen [14, 38, 44].

Risikofaktoren, die eine Schädigung des Lig. patellae begünstigen, sind oftmals chirurgischer Art. So kommt es nach ausgedehntem Release des Lig. patellae an der Ansatzzone oder des lateralen Retinakulums zu einer deutlich erhöhten Inzidenz von Rupturen [30, 39, 44]. Aber auch forcierte Mobilisationen bei Arthrofibrosen nach Primärimplantation oder eine Transposition der Ansatzzone zur Behandlung des Patellamaltrackings bedingen ein erhöhtes Rupturrisiko mit Streckapparatinsuffizienz [39, 45].

Neben diesen Komplikationen besteht das Risiko eines Streckapparatverlusts aber v. a. bei (notwendiger) Resektion der proximalen Tibia unter Mitnahme der Tuberositas tibiae (Abb. 1), [22, 34, 36, 39, 44, 46, 49]. Dies tritt mit hoher Inzidenz im Rahmen der Tumorchirurgie [25, 31, 49] und Revisionschirurgie auf [22, 26], kann aber auch nach inadäquater Sägeschnittführung in der Primärendoprothetik komplizierend auftreten [4].

Abb. 1
figure 1

Streckapparatdefekt und Verlust der proximalen Tibia nach Tumorresektion

Die therapeutischen Möglichkeiten richten sich v. a. nach den anatomischen Gegebenheiten und den funktionellen Erfordernissen [12, 39]. Konservative Behandlungsstrategien und Gipsimmobilisation führen oft zu funktionell schlechten Ergebnissen [13, 39, 47].

Operative Verfahren sind zahlreich, werden aber kontrovers diskutiert, da streng bewertete Studienergebnisse zumeist fehlen. Mögliche operative Verfahren sind primäre Sehnennähte mit oder ohne biologische Augmentation. Zur Augmentation können Fascia-lata-Streifen, Plantarissehnen oder Semitendinosus-, Grazilis- und Gastrocnemiusplastiken verwendet werden. Rekonstruktionen unter Verwendung allogener oder exogener Transplantate wurden ebenfalls beschrieben [1, 2, 5, 8, 10, 12, 16, 19, 21, 23, 24, 27, 48, 49].

Die vorliegende Arbeit gibt einen Überblick über die Rekonstruktionsmöglichkeiten des Streckapparats bei Läsionen im Bereich des Lig. patellae und der tibialen Ansatzzone. Dabei wird besonderes Augenmerk auf die Reinsertionsmöglichkeiten nach Resektion der proximalen Tibia und Verlust der Tuberositas tibiae gelegt. Hierzu wird eine spezielle technische Lösung im Rahmen der Revisions- und Tumorendoprothetik vorgestellt.

Klassifikation von Streckapparatdefekten

Trotz der Vielzahl an Rekonstruktionsmöglichkeiten gibt es bis heute keine allgemeingültigen therapeutischen Richtlinien. Vielfach wird die Entscheidung auf Grundlage eigener operativer Erfahrungen und Möglichkeiten getroffen. Die Bewertung verschiedener Methoden erfolgt meist auf Basis kleiner unkontrollierter Studien mit z. T. sehr kleinen und heterogenen Gruppengrößen.

Um die Indikation für das eine oder andere Verfahren möglichst einheitlich und reproduzierbar zu stellen, sind Klassifikationen notwendig, denen dann die verschiedenen Verfahrensmöglichkeiten zugeordnet werden können. Bis heute fehlt eine solche Klassifikation. Ein praktikabler Ansatz einer solchen Klassifikation ist die Einteilung nach anatomischen und funktionellen Kriterien, wie dies in Tabelle 1 dargestellt ist. Hier finden sich neben den anatomischen, streckapparatspezifischen Strukturen auch andere Ursachen eines funktionellen Streckdefizits wieder, wie z. B. neurologische oder systemische Erkrankungen, die je nach Ausprägung des funktionellen Verlusts als Typ 5A, 5B oder 5C bezeichnet werden können. Kombinationen aus den verschiedenen Streckdefiziten sind naturgemäß ebenfalls möglich.

Tabelle 1 Anatomisch-funktionelle Klassifikation „Streckapparatdefekte am Kniegelenk“

Im Rahmen von Revisions- und Tumorresektionen kommt es häufig zu Defekten vom C-Typ mit Verlust der proximalen Tibia und/oder vollständigem Verlust der Streckfunktion. Hier sind primäre Nahttechniken nicht möglich und es bedarf spezieller Ersatz- und Rekonstruktionsverfahren zur Wiederherstellung der aktiven Streckfähigkeit.

Patellafrakturen mit Defekten vom Typ 2B und 2C treten meist in Folge von Traumen auf und bedürfen einer entsprechenden osteosynthetischen Versorgung, wie z. B. bei einer Patellaquerfraktur. Einfacher sind hingegen Defekte vom Typ 1A und 3A zu behandeln, wie sie im Rahmen eines erweiterten Weichteilrelease an der Tuberositas tibiae auftreten können. Hier richtet sich die Notwendigkeit der Rekonstruktion nach funktionellen Anforderungen. Meist sind konservative Maßnahmen, wie die Orthesenversorgung, das adäquate Verfahren.

Rekonstruktionsmöglichkeiten des Lig. patellae

Während die Defekte vom Typ 3A ohne Unterbrechung der Patellarsehne in der Regel konservativ behandelt werden können, stellen Defekte vom Typ 3C mit Kontinuitätsunterbrechung oder Verlust erhebliche technische und operative Anforderungen dar [1, 2, 3,13, 22, 29, 44]. Bei einer frischen Ruptur des Lig. patellae besteht die Möglichkeit der primären Bandnaht (mit temporärer Verstärkung), was bei alten Rupturen meist nicht mehr möglich ist. Hier bedarf es der Augmentation der Naht oder einer primären Ersatzplastik [11, 13, 28].

Von entscheidender Bedeutung ist das Vorhandensein der knöchernen tibialen Insertion. Die alleinige Naht, so sie denn technisch möglich ist, führt oft zu unbefriedigenden funktionellen Ergebnissen [45]. Dies spiegelt sich in einem deutlichen aktiven Streckdefizit und einem erheblichen Kraftverlust wider [44]. Zur biologischen autogenen Augmentation der Naht oder zur Ersatzplastik bei strukturellen Defekten des Lig. patellae eignen sich Semitendinosussehne, Bizepssehne oder der Gastrocnemiuslappen [5, 23, 40].

Schon früh wurden Kunstbandaugmentationen in die Streckapparatrekonstruktion eingeführt. Miskew et al. [33] verwendeten 5 mm breite Mersilene-Bänder, um die Zugbelastung der Bandnaht zu neutralisieren und eine Ausheilung der Naht zu begünstigen. Aracil et al. [1] berichteten 1999 über die Verwendung des Leeds-Keio-Bandes zur Rekonstruktion des Stecksehnenapparats in 5 Fällen einer spontanen Ruptur der Patellarsehne nach Knieprothesenimplantation. Sie augmentierten die primäre Naht der Sehne und konnten so ein mittleres Bewegungsausmaß von Extension/Flexion 0–10–90° erreichen. Als eine Komplikation des Verfahrens kam es zur Insuffizienz des verwendeten Bandes mit Bandversagen, was allerdings nach Aussage der Autoren ohne klinische Relevanz blieb, sodass insgesamt klinisch befriedigende Ergebnisse erreicht wurden. Zu ähnlichen Resultaten kamen Mine et al. [32], die ebenfalls Kunstbandrekonstruktionen mit Leeds-Keio-Bändern durchführten.

Auch die Transplantation des kompletten Streckapparats bestehend aus allogenem Lig. patellae, Patella und Quadrizepssehne wurde schon früh beschrieben [8, 16, 17, 43]. In der ursprünglich von Emerson et al. [16] inaugurierten Technik wurde das Transplantat in leichter Beugestellung ohne Vorspannung implantiert. Es resultierten funktionell unbefriedigende Ergebnisse, sodass die Technik inzwischen modifiziert wurde und eine bessere Streckfunktion erreicht werden konnte [8, 17].

Eine bis dato ungeklärte Frage betrifft das Ausmaß der Vorspannung des Streckapparats und die Flexionsstellung, in welcher die Rekonstruktion durchgeführt werden sollte. Burnett et al. [8] konnten in einer systematischen Arbeit zeigen, dass ein besseres funktionelles Ergebnis erreicht wird, wenn die Rekonstruktion unter Vorspannung in Streckstellung durchgeführt wird. Die Autoren verwendeten allogene Knochen-Band-Transplantate (Tuberositas tibiae, Lig. patellae, Patella, Quadrizepssehne), die in der einen Versuchsgruppe in leichter Beugestellung ohne Vorspannung, in der anderen Gruppe in voller Streckung unter Vorspannung, zur Rekonstruktion implantiert wurden. Dabei konnten klinisch hochsignifikant unterschiedliche Ergebnisse zugunsten der mit Vorspannung implantierten Transplantate beobachtet werden.

Ohne Vorspannung bestand nach 24 Monaten ein aktives Streckdefizit von durchschnittlich 59°(!), während dieses in der 2. Gruppe lediglich 4° betrug. In keinem der 20 Fälle konnte zudem eine Transplantatabstoßung festgestellt werden [8]. Auch andere Autoren fanden eine gute Integration des transplantierten Allografts [42]. Diese guten Ergebnisse nach allogener Rekonstruktion des Streckapparats mit Knochen-Band-Transplantaten konnten allerdings von Leopold et al. [28] nicht nachvollzogen werden. Sie konnten in sämtlichen 7 Fällen nach einem durchschnittlichen Follow-up von 39 Monaten kein klinisch befriedigendes Ergebnis feststellen, zudem bestand ein mittleres Streckdefizit von >30°. Diese Beobachtung wird allerdings durch die Tatsache limitiert, dass die Autoren die ursprüngliche Technik nach Emerson benutzten, d. h. eine Rekonstruktion ohne Vorspannung in leichter Beugestellung.

Auch Barrack et al. [2, 3] beschrieben die Möglichkeit der allogenen Strecksehnenrekonstruktion. In ihrer 2003 erschienen Publikation berichteten sie über 14 Patienten mit klinisch befriedigenden Resultaten. Als Allografts wurden Achillessehnen mit Kalkaneusknochenblock und patellare Knochen-Band-Transplantate verwendet [3]. Nach einem mittleren Follow-up von 42 Monaten konnte eine Reruptur mit einem aktiven Streckdefizit von 45°, in 1 Fall ein aktives Streckdefizit von 30° und in allen übrigen Fällen ein mittleres aktives Extensionsdefizit von <20° beobachtet werden, wobei klinisch sämtliche Patienten mit der Allograftrekonstruktion zufrieden waren. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch andere Arbeitsgruppen, ebenfalls nach allogenen Rekonstruktionen. Es wurden keine immunologischen Komplikationen im Sinne einer Transplantatabstoßung beobachtet [12, 35, 43, 48].

Strechsehnenrekonstruktionsmöglichkeiten nach Resektion der proximalen Tibia

Im Rahmen der Tumorchirurgie kann es zu ausgedehnten Knochen- und Weichteildefekten kommen, wenn onkologische Kriterien die Resektion der proximalen Tibia erfordern [15, 42]. Die daraus entstehenden Defekte entsprechen meist den Typen 3C und 4C, also einem Defekt im Bereich des Lig. patellae und/oder der proximalen Tibia mit Verlust der Streckfunktion. Diese Defekte resultieren auch zunehmend bei ausgedehnten Knieprothesenwechseloperationen. Beiden ist gemeinsam, dass eine primäre Reinsertion des Streckapparats nicht möglich ist, v. a. wenn es nicht nur zum Verlust der Tuberositas tibiae gekommen ist, sondern eine Resektion des Lig. patellae durchgeführt wurde [15, 30, 31, 42, 49].

Eine rein biologische Rekonstruktion dieses Defekts wurde von Petschnik et al. [41] beschrieben. Sie rekonstruierten den Streckapparat nach Resektion der proximalen Tibia unter Mitnahme des Lig. patellae, indem sie die doppelt osteotomierte proximale Fibula nach ventral transponierten und dort eine Refixation des Streckapparats mit der Quadrizepssehne durchführten. Mit diesem rein biologischen Verfahren sind prinzipiell gute klinische und funktionelle Ergebnisse zu erreichen, allerdings kann es dabei nicht selten zu Hebedefekten und Peronäusläsionen kommen.

Eine weitere Möglichkeit der rein biologischen Rekonstruktion ist der Transfer des medialen M. gastrocnemius [10, 19, 23, 31, 41]. Hier erfolgt die distale Auslösung des medialen Gastrocnemiuskopfes am Übergang zur Achillessehne. Bei der Präparation ist die A. suralis medialis sorgfältig zu schonen, um die Blutversorgung des Lappens nicht zu gefährden. Zur Rekonstruktion des Streckapparats wird der distale Teil des Lig. patellae an den Gastrocnemiuslappen fixiert. Bei größeren Defekten kann die Auslösung des M. gastrocnemius mediale auch im mittleren Drittel der Achillessehne erfolgen, sodass eine Refixation an der Quadrizepssehne möglich wird.

In einem kleinen Kollektiv von 9 Patienten, von denen 7 nach 21 Monaten nachuntersucht wurden, konnten Busfield et al. [10] über ein gutes klinisches Ergebnis berichten. In dem kleinen Kollektiv bestand beim Follow-up ein aktives Streckdefizit von lediglich 14°, das Bewegungsmaß lag bei Extension/Flexion 0–2–93° und 2 von 7 Patienten waren in der Lage, ohne Hilfsmittel Treppen zu steigen.

Über die Möglichkeiten der biologisch augmentierten Streckapparatrekonstruktion unter Verwendung von Kunstbändern berichteten Bickels et al. [5], nachdem im Rahmen von Tumorresektionen der proximalen Tibia ein Verlust des Streckapparats resultierte. Die Autoren führten eine biologisch augmentierte Rekonstruktion durch, indem sie die Patellarsehne periprothetisch refixierten und eine autogene Spongiosaplastik kombiniert mit Dacron-Bändern und einem M.-gastrocnemius-Lappentransfer durchführten. Die Autoren beschrieben bei diesem Verfahren eine hohe Komplikationsrate. Bei einem mittleren Follow-up von 2 Jahren hatten 11% der 55 Patienten einen transienten N.-peronaeus-Schaden, 7,2% eine Nekrose des Lappens und 3% einen tiefen Wundinfekt. In 8 von 55 Fällen war eine Revision des Lig. patellae bei bestehendem Streckdefizit notwendig. Auch andere Autoren berichteten über Peronäusschäden im Rahmen der Streckapparatrekonstruktion und schlossen auf eine weitaus höhere Inzidenz, als sie den Publikationen zu entnehmen ist [18].

Dominkus et al. [15] berichteten über gute Ergebnisse der Strecksehnenrekonstruktion nach Tumor bedingter Resektion der proximalen Tibia, wobei hier im Gegensatz zu Aracil et al. [1] ein Kunstband mit nicht-resorbierbaren longitudinalen Polyesterfasern mit einer minimalen Belastbarkeit von 4000 N und einer Dehnung von <7% unter Belastung verwendet wurde.

Direkte Kunstbandrefixation an der proximalen Tibiaersatzkomponente

Auch im orthopädischen Tumorzentrum des Klinikums rechts der Isar der TU München erfolgt die Rekonstruktion des Streckapparats bei 3C- und 4C-Defekten nach Resektion des Lig. patellae und der proximalen Tibia biologisch und mit Kunstband augmentiert. Im Gegensatz zu anderen Verfahren wird der Streckapparat allerdings direkt an der tibialen Komponente der Revisionstumorendoprothese fixiert [42]. Dazu sind spezielle Aufnahmelager und Fixationsmechanismen am Implantat notwenig.

Im eigenen Kollektiv wurde dazu eine proximale Tibiakomponente des modularen MML-Systems (Fa. ESKA-Implants GmbH, Lübeck) verwendet (Abb. 2). Die Rekonstruktion der Patellarsehne wurde mit einem 10 mm breiten und 1 mm dicken Trevira®-Band (Fa. Telos, Hungen-Obbornhofen) durchgeführt, das U-förmig um die Patella geschlagen und an deren proximalen Bereich fixiert wird. Die Enden des Kunstbandes werden dann doppelt in einem speziellen Klemmblock an der tibialen Prothesenkomponente gefasst und mit 2 das Band und den Block durchdringenden Schrauben in der Tibiakomponente fixiert (Abb. 3, 4). Die Fixation wird unter leichter Vorspannung in Streckstellung durchgeführt.

Abb. 2
figure 2

Spezielles Implantat zum Ersatz von Kniegelenk und proximaler Tibia mit Refixationsmöglichkeit für den Streckapparat

Abb. 3
figure 3

Schema des Fixationsmechanismus an der tibialen Prothesenkomponente

Abb. 4
figure 4

ESKA-MML-Kniegelenkersatz (Komponente zum Ersatz der proximalen Tibia) mit spezieller Fixationskomponente für den Streckapparat

Eigene biomechanische Untersuchungen dieses Systems konnten zeigen, dass eine Zugkraft von 2558 N möglich ist, bevor es zum Versagen des Bandes kommt. Die hohe Belastbarkeit der Rekonstruktion ist allerdings keine langjährige dauerhafte Lösung, gewährleistet aber eine ausreichende Zeit bis zur biologischen Integration des Kunstbandes. Dies bestätigten die eigenen guten funktionellen Ergebnisse (Abb. 5), [42]. Durchschnittlich resultierte dabei ein aktives Streckdefizit von lediglich 7,7° (0°–20°).

Abb. 5
figure 5

Funktionelles und radiologisches Ergebnis nach Tumorresektion der proximalen Tibia, endoprothetischem Ersatz von Kniegelenk und proximaler Tibia und Kunstbandrekonstruktion

Aufgrund der guten funktionellen Ergebnisse bei der Verwendung einer Kunstbandrekonstruktion des Lig. patellae in Kombination mit dem speziellen tibialen Fixationsmechanismus kann der Einsatz von alloplastischen Werkstoffen zur Erlangung einer sofortigen postoperativen stabilen Fixation des Extensormechanismus empfohlen werden. Die künstliche Rekonstruktion in Verbindung mit speziellen Fixationsmöglichkeiten an der Prothese erlaubt neben einer genauen Positionierung eine ausreichende Vorspannung über einen genügend langen Zeitraum, sodass die zunehmende narbige Integration des Kunstbandes im weiteren Verlauf die dauerhafte Refixation des Streckapparats gewährleistet. Dies konnte durch die entsprechenden klinischen Ergebnisse bestätigt werden [42].

Fazit für die Praxis

Für die Rekonstruktion des Streckapparats im Rahmen der Revisions- und Tumorchirurgie stehen verschiedene biologische, alloplastische und kombinierte Verfahren zur Verfügung. Mit allogenen Transplantaten können gute funktionelle Ergebnisse erreicht werden, wenn eine adäquate Vorspannung bei der Rekonstruktion berücksichtigt wird. Reine Kunstbandrekonstruktionen können vergleichbar gute funktionelle Ergebnisse ermöglichen. Voraussetzung dafür ist eine sichere Bandfixation bei ausreichend langer Belastbarkeit. Dies kann unter Verwendung von Trevira-Bändern in Kombination mit speziellen technischen endoprothetischen Lösungen erreicht werden.