Im Jahr 1901 wurde die Bauchspiegelung von Georg Kelling erstmals im Prinzip beschrieben und beim Hund durchgeführt; vor fast genau 100 Jahren erfolgte die erste durch Jacobaeus beim Menschen [21]. Die folgenden entscheidenden Schritte der Entwicklung erfolgten in den 70er- und 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts mit dem Übergang von der diagnostischen zur operativen Laparoskopie. Das Tempo dieser Entwicklung hat insbesondere die Gynäkologie wesentlich mitbestimmt [22]. Es eröffneten sich völlig neue Felder mit der Einführung der Laparoskopie auf dem Gebiet der Hysterektomie [14], bei urogynäkologischen Eingriffen und bei onkologischen Operationen bis hin zur Lymphonodektomie [13].

Mit zunehmender Komplexizität der Eingriffe wuchsen auch die Anforderungen an die Operateure und an die Technik. Insbesondere mehrstündige endoskopische Eingriffe bringen den Operateur an seine körperlichen Grenzen und an die Grenzen seiner Konzentrationsfähigkeit. Es war daher folgerichtig Wege zu suchen, unter Beibehaltung der bekannten Vorteile minimal-invasiver Chirurgie, den Operateur zu entlasten und durch neuartige Instrumente Eingriffe an schwer zugänglichen Stellen zu ermöglichen. Die Vorteile des endoskopischen Vorgehens haben sich bei den allermeisten Indikationen und Eingriffen bestätigt. Sie bestehen in:

  • geringerem intraoperativen Blutverlust,

  • kürzerem Krankenhausaufenthalt und

  • schnellerer Rekonvaleszenz mit

  • deutlich verminderter Rate an Infektionen im Bereich der Zugangswege (Bauchdecke) sowie

  • besserem kosmetischem Ergebnis.

Erkauft werden diese Vorteile mit häufig längerer Operationszeit und insbesondere am Beginn der Lernkurve bestehender signifikant höherer Komplikationsrate [4].

Die systembedingten Nachteile sind

  • die zweidimensionale Darstellung des Operationsfeldes an konventionellen Monitoren,

  • die limitierte Beweglichkeit der Instrumente und

  • die eingeschränkte Zugängigkeit zu manchen Operationsgebieten.

Roboter oder Manipulator?

Auf dem Weg zu dem, was heute als roboterassistierte Chirurgie bezeichnet wird, verlief die Entwicklung ebenfalls in Etappen. Wichtige Zwischenschritte waren beispielsweise Kamera-Haltesysteme oder sprachgesteuerte Manipulatoren wie das System Zeus (Computermotion) bzw. AESOP (Automated Endoscope System for Optimal Positioning; [15]). Bedauerlicherweise haben sich auch in der internationalen Literatur die Begriffe „Roboterchirurgie“ und „roboterassistierte Chirurgie“ durchgesetzt. Mögen diese Begriffe auch unter Marketingaspekten recht griffig erscheinen, so sind sie doch inhaltlich nicht korrekt. Bei den vorhandenen Systemen handelt es sich um Manipulatoren, die bisher zumindest in der abdominalen Chirurgie glücklicherweise weiterhin einen Operateur zu ihrer Bedienung benötigen.

Da-Vinci®-System

Das Da-Vinci®-System (Intuitive Surgical, Mountain View, USA) wurde 2005 für den klinischen Einsatz in der Gynäkologie in den USA von der FDA (Food and Drug Administration) zugelassen. Ziele der Entwicklung waren, die bekannten Vorteile des minimal-invasiven Zuganges beizubehalten, den Operateur zu entlasten und gleichzeitig eine erhöhte Präzision zu erreichen; all dies wurde durch eine Entkoppelung des Operateurs vom Operationsfeld erreicht [16].

Das System besticht durch sehr schnelle Erlernbarkeit trotz hoher Komplexizität

Der Operateur arbeitet im unsterilen Umfeld an einer Konsole und überwacht das Operationsfeld mit Hilfe eines dreidimensionalen Bildes. Insbesondere die Tatsache, dass der Operateur die Instrumente nicht mehr direkt in der Hand hält, führt zu einem ermüdungsfreieren Arbeiten und zu einer deutlichen Verminderung des Tremors. Präzisere Präparationen sind somit möglich. Das robotische Kamerasystem (3D-Vision-System) führt des Weiteren durch einen Vergrößerungseffekt zu einer deutlich besseren Darstellung des Operationsfeldes und zu einer signifikant realistischeren Darstellung anatomischer Strukturen durch die 3D-Projektion. Ein weiterer entscheidender Vorteil des Systems liegt in neu entwickelten Instrumenten, dem EndoWrist®-System. Diese Instrumente besitzen ein hohes Maß an Freiheitsgraden bei einer Beweglichkeit in sieben Achsen und einer kompletten Rotation (Abb. 1). Es sind somit Bewegungen möglich, die beim klassischen laparoskopischen Operieren bisher nicht zu realisieren waren und zum Teil sogar der Mobilität bei offenem Operieren überlegen sind (Tab. 1).

Abb. 1
figure 1

Da-Vinci®-System im Operationssaal [24]

Tab. 1 Bestandteile des Da-Vinci®-Systems

Trotz der hohen Komplexität des Systems besticht es durch eine sehr schnelle Erlernbarkeit, sodass selbst der Ungeübte nach kurzer Einarbeitung in der Lage ist, diffizile Präparationen durchzuführen und komplexe intraabdominelle Bewegungen, wie das intrakorporale Nähen, zu erlernen (Tab. 2).

Das Zusammenspiel der vier Bestandteile des Da-Vinci®-Roboter-Systems verbessert Ergonomie, Mobilität und Präzision.

Damit heben sie die Art des Operierens auf ein völlig neues Niveau.

Tab. 2 Da-Vinci®-System: Vor- und Nachteile

Ein Nachteil der klassischen Laparoskopie bleibt allerdings auch beim Da-Vinci®-System in seiner derzeitigen Form bestehen: das Fehlen des taktilen Elementes mit Rückkopplung zum Operateur. Trotz seiner hohen Kosten hat das System insbesondere in anderen Fachgebieten bei einzelnen operativen Eingriffen fast Standardstatus erreicht. Dies betrifft insbesondere die radikale Prostatektomie [12], aber auch in der Gynäkologie wurde das Da-Vinci®-System bereits auf einem ausgedehnten Feld erfolgreich eingesetzt. Einer weiteren Verbreitung standen bisher die hohen Anschaffungs- und Unterhaltungskosten sowie der deutlich höhere apparative Aufwand entgegen.

Einsatz bei gutartigen Erkrankungen

Uterus myomatosus

Bei der roboterassistierten Myomektomie liegen im Vergleich zum laparoskopischen Vorgehen sowohl Blutverlust als auch Krankenhausaufenthaltsdauer und die Rate an postoperativen Komplikationen im vergleichbaren Bereich [1, 19]. Signifikant verlängert ist die Operationszeit, das erhöht die Kosten [17]. Wie bei der klassischen Laparoskopie sollten roboterassistierte Hysterektomien nur in Betracht gezogen werden, um die Rate an abdominalen Hysterektomien weiter zu senken [14, 20]. Die vaginale Hysterektomie sollte nach wie vor der Zugangsweg mit dem geringsten Operationstrauma, den niedrigsten Komplikationsraten und der kürzesten Operationszeit sein. Bei standardisiertem Vorgehen bei der totalen laparoskopischen Hysterektomie (TLH) konnten v. a. die urogynäkologischen Komplikationen mit Verletzung von Blase und Harnleiter unter Berücksichtigung einer entsprechenden Lernkurve vermindert werden [4]. Ob auf dem derzeit erreichten Niveau der laparoskopischen Hysterektomie eine Verbesserung durch den Robotereinsatz bei deutlich erhöhtem Aufwand möglich ist, werden weitere Untersuchungen zeigen müssen [23].

Refertilisierung

Reproduktionsmedizinische Eingriffe, wie das Anlegen von Tubenanastomosen, waren lange eine Domäne der offenen Mikrochirurgie. Dies war insbesondere den Umständen geschuldet, dass es sich um ein sehr kleines Operationsfeld handelt und möglichst atraumatisch mit höchster Präzision gearbeitet werden muss. Durch gezieltes Training und Weiterentwicklung der Instrumente wurde auch dieses Feld von der laparoskopischen Chirurgie erobert. Es lag daher nahe, diese Eingriffe auch roboterassistiert durchzuführen, um die Präzision des Eingriffes weiter zu erhöhen. Bisher wurden entsprechende Operationen nur mit offenem mikrochirurgischen Vorgehen verglichen [2]. Bei gleicher Schwangerschaftsrate wurde die Rate an nachfolgenden ektopen Schwangerschaften in unterschiedlichen Studien als geringer, aber auch als äquivalent beschrieben [6].

Endometriose

Besonders bei schweren Formen, wie der tief infiltrierten Endometriose mit Befall von Nachbarorganen (Blase, Darm), ist eine präzise Präparation unabdingbar. Bei anspruchsvoller Präparation (paravesikal, pararektal und im Spatium rectovaginale) sollten die Vorteile des Da-Vinci®-Systems zum Tragen kommen. Eingriffe bei Rektum- und Blasenendometriose sowie mit Blasenteilresektion und bei rektovaginaler Endometriose mit Rektumteilresektion wurden daher roboterassistiert operiert [9, 5]. Langzeituntersuchungen, die einen Benefit für die Patientinnen belegen könnten, fehlen noch.

Einsatz bei malignen Erkrankungen

Roboterassistierte Operationen wurden sowohl beim Korpus- (Hysterektomie, Lymphonodektomie) als auch beim Zervixkarzinom (radikale Hysterektomie, radikale Trachelektomie, radikale Parametektomie, pelvine und paraaortale Lymphonodektomie) durchgeführt.

Korpuskarzinom

Die Vorteile des roboterassistierten Vorgehens im Vergleich zur konventionellen Laparoskopie bei der Behandlung des Korpuskarzinoms liegen in einem geringeren Blutverlust und in einer höheren Anzahl gewonnener Lymphknoten [3]. Operationszeiten und Konversionsraten sind vergleichbar. Besonders die typischerweise adipösen Patientinnen profitieren bei Einsatz dieses Operationssystems [7].

Zervixkarzinom

Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Behandlung des Zervixkarzinoms. Im Vergleich zur konventionellen Laparoskopie sind dabei die Dauer der Operation, die Häufigkeit von Komplikationen, die Radikalität der Parametriumresektion und die Operationszeiten vergleichbar, der stationäre Aufenthalt ist kürzer und der Blutverlust geringer [18, 3, 10].

Vorteile in der Onkologie

Die Vorteile der roboterassistierten Chirurgie kommen nach den vorliegenden Erfahrungen insbesondere bei komplexen Eingriffen und Operationen mit deutlich längerer Operationszeit zum Tragen.

Vorteile von Roboterassistenz bzw. Manipulatoren kommen v. a. bei komplexen, langen Operationen zum Tragen

Wenn sich der derzeitige Trend in entsprechenden Studien bestätigt, dass bei mindestens gleicher onkologischer Qualität die intra- und postoperativen Parameter (Komplikationen, Blutverlust, Länge des Krankenhausaufenthaltes) verbessert werden, ist bei entsprechender Miniaturisierung des Systems und Senkung der Kosten ein breiterer Einsatz gleichartiger Systeme zu erwarten [8].

Weitere technische Entwicklung

Das Da-Vinci®-System stellt seit einigen Jahren den aktuellen Stand in der technischen Entwicklung roboterassistierter Systeme bzw. Manipulatoren dar (Tab. 1). Der anhaltende Erfolg dieses Systems beruht auf drei wesentlichen Punkten:

  • 3D-System

  • Abkopplung des Operateurs vom Operationsfeld

  • Entwicklung einer neuartigen Instrumentengeneration

Einer weiteren Verbreitung stehen allerdings die hohen Beschaffungs- und Erhaltungskosten, die Kosten für Einmalinstrumente und die verlängerten Rüstzeiten entgegen (Tab. 2). Betrachtet man die einzelnen technischen Entwicklungen, werden in naher Zukunft deutliche Fortschritte zu verzeichnen sein.

  • Die Einführung dreidimensionaler Kamera- und Monitorsysteme im Operationssaal wird in nicht allzu ferner Zukunft erfolgen, insbesondere wenn man die Marktentwicklung verfolgt. So hatte die Firma Apple bereits 2007 ein 3D-Verfahren ohne zusätzlich erforderliche Brille oder vorgeschaltete Folie zum Patent (US-Patent No.7,843,449) angemeldet; es wurde kürzlich zugelassen. Andere Hersteller verfolgen Ansätze mit Lentikularlinsen oder Parallaxbarrieren. Vor der Markteinführung steht der erste 3D-Monitor in Full-HD-Qualität.

  • Die Trennung des Operateurs vom Operationsfeld eröffnet völlig neue Möglichkeiten in der Telemedizin. Dieser Ansatz wird seit vielen Jahren verfolgt und ist, wie die Beispiele transatlantischer Operationen zeigen, technisch realisierbar [11]. In entwickelten und dicht besiedelten Ländern spielt dieser Punkt offensichtlich eine untergeordnete Rolle.

  • Die Entwicklung von flexiblen Instrumenten ermöglichte die Einführung der Single-Port- und NOTES-Technik. Ein anderer Ansatz sind die ebenfalls rotierbaren und in mehreren Achsen beweglichen Instrumente.

Precision-Drive Articulating Instrument System®

Das Precision-Drive Articulating Instrument System® (Terumo) besteht aus drei Komponenten mit einer Steuerungseinheit, Handgriffen und verschiedenen Instrumenten (Abb. 2). Sowohl die Steuerungseinheit als auch das Bedienteil der Instrumente (Handgriff) sind wiederverwendbar. Die auswechselbaren Instrumentenschäfte sind zum Teil resterilisierbar. Die operativen Schritte erfolgen unter direkter visueller Kontrolle durch den Operateur, dabei werden die Bedieneinheiten der Instrumente analog zur klassischen Laparoskopie vom Operateur im sterilen Operationsfeld bedient.

Abb. 2
figure 2

Dimensionen der Instrumentenbeweglichkeit. Neben manuellem Öffnen und Schließen ist das Endstück durch ein inneres elektronisch übertragenes Element in der Lage, um insgesamt 320° zu rotieren und um insgesamt 140° abzuwinkeln. (Mit freundl. Genehmigung der Fa. Terumo)

Sämtliche notwendigen Instrumente, wie Nadelhalter, monopolarer Haken, monopolare Schere und Dissektoren, sind für die typischen chirurgischen Arbeitsschritte verfügbar (Präparation, Dissektion, Koagulation, Schneiden, Nähen).

Die Beweglichkeit der Instrumentenspitze ist computerassistiert und erlaubt die volle Kontrolle von Richtung, Geschwindigkeit und Art der Bewegung durch den Operateur. Somit sind eine Rotation über 320° und eine Flexion bzw. Extension von insgesamt 140° möglich. (Abb. 3)

Abb. 3
figure 3

Die drei Bestandteile des Precision-Drive Articulating Instrument Systems® (Terumo): Generator, Handgriff mit Steuerungseinheit und wiederverwendbare, austauschbare Instrumente. (Mit freundl. Genehmigung der Fa. Terumo)

Die Vorteile im Vergleich zu den EndoWrist®-Instrumenten des Da-Vinci-Systems liegen in der Verkleinerung der gesamten Einheit, der partiellen Wiederverwendbarkeit der Instrumente und dem Erhalt der haptischen Fähigkeiten, soweit dies bei laparoskopischen Eingriffen möglich ist.

Fazit für die Praxis

  • Trotz der bekannten derzeit noch bestehenden Nachteile der roboterassistierten Chirurgie wird die technologische Entwicklung auf diesem Gebiet in absehbarer Zeit zu einer weiteren Verbreitung miniaturisierter und kostengünstiger integrierter Systeme in der Gynäkologie führen.

  • Weiteren Studien ist es vorbehalten, den Nachweis zu erbringen, ob die bekannten Vorteile zu einem besseren Outcome für unsere Patientinnen führen.