Die neurogene Dysphagie gehört zu den häufigsten und zugleich bedrohlichsten Symptomen neurologischer Erkrankungen. Eine Schluckstörung findet sich bei mindestens 50 % aller Patienten mit ischämischem oder hämorrhagischem Schlaganfall [13, 30, 40]. Betroffene Patienten haben ein um mehr als das 3-Fache erhöhte Risiko für die frühzeitige Entwicklung einer Aspirationspneumonie und weisen zudem eine signifikant erhöhte Mortalität auf [30]. Vergleichbare Zahlen sind für das schwere Schädel-Hirn-Trauma publiziert. Hier wird die Inzidenz der klinisch relevanten Dysphagie mit etwa 60 % angegeben [33]. In diesem Patientenkollektiv ist das Vorliegen einer Dysphagie mit einer erheblich verlängerten Beatmungszeit und einer länger dauernden künstlichen Ernährung verknüpft [29]. Bei allen Parkinson-Syndromen ist die neurogene Dysphagie ebenfalls ein wesentlicher Risikofaktor für die Entwicklung einer Pneumonie, die in dieser Patientengruppe auch die häufigste Todesursache darstellt [35]. Darüber hinaus führen Schluckstörungen bei diesen Patienten typischerweise zu einer erheblichen und langfristigen Beeinträchtigung der Lebensqualität, unzureichender Medikamenteneinnahme und ausgeprägter Mangelernährung [32]. Bei 20–30 % der an Demenzen leidenden Patienten sind zudem schwerste, von den Betroffenen selbst nicht wahrgenommene Dysphagien mit stillen Aspirationen anzutreffen [14, 22, 38]. Auch bei verschiedenen neuromuskulären Erkrankungen ist die Dysphagie ein dominantes klinisches Merkmal. Bei bis zu 30 % der Patienten mit amyotropher Lateralsklerose finden sich bereits zum Zeitpunkt der Diagnosestellung Beeinträchtigungen des Schluckakts [18], während im weiteren Krankheitsverlauf nahezu alle Patienten eine Dysphagie entwickeln. Die Myasthenia gravis manifestiert sich in 15 % der Fälle mit einer Schluckstörung; im Krankheitsverlauf sind mehr als 50 % der Patienten betroffen, und eine myasthene Krise kündigt sich in mehr als der Hälfte der Fälle durch eine Dysphagie an [11]. Auch Patienten mit entzündlichen Muskelerkrankungen leiden häufig unter Schluckstörungen. Für die Dermatomyositis betragen die Häufigkeitsangaben ca. 20 %, für die Polymyositis 30–60 % und für die Einschlusskörperchenmyositis zwischen 65 und 86 % [34]. Schließlich stellt die Dysphagie auch auf der Intensivstation eine große diagnostische und therapeutische Herausforderung dar. Unabhängig von der jeweiligen Grunderkrankung weisen 70–80 % der Patienten mit prolongierter Beatmung nach der Entwöhnung vom Respirator vermutlich auf dem Boden einer „Critical-illness“-Polyneuropathie/-Myopathie zumindest passager schwere Schluckstörungen mit Aspirationen auf [41]. Diese machen nicht nur eine längere künstliche Ernährung erforderlich, sondern sind mit gravierenden Komplikationen wie Pneumonien und Reintubation korreliert und zudem ein unabhängiger Prädiktor für eine erhöhte Mortalität [28].

Flexible endoskopische Evaluation des Schluckakts

Diese Ausführungen zeigen, dass Schluckstörungen in der Neurologie ein nahezu ubiquitäres Problem darstellen. Betroffene Patienten werden sowohl ambulant betreut, z. B. in Spezialsprechstunden für Bewegungsstörungen oder für neuromuskuläre Erkrankungen, als auch vollstationär behandelt. Dysphagien sind hier auf allen Versorgungsebenen von der Allgemeinstation über die „intermediate care“/“stroke unit“ bis hin zur Intensivstation anzutreffen.

Klassischerweise bildet die klinische Schluckuntersuchung durch einen entsprechend qualifizierten Logopäden, klinischen Linguisten oder Sprachtherapeuten (im Folgenden unterbleibt aus stilistischen Gründen eine Aufzählung dieser 3 Berufsgruppen, und es wird ausschließlich der Begriff „Logopäde“ verwendet) den ersten Schritt einer systematischen Dysphagiediagnostik. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich die Validität und Reliabilität dieses klinischen Ansatzes als überwiegend mangelhaft erwiesen haben. Insbesondere die pharyngeale Phase des Schluckakts und stille Aspirationen, die sich gerade bei Patienten mit neurogenen Dysphagien häufig finden, sind diesem Instrument schlecht zugänglich [36]. Von führenden Experten auf diesem Gebiet wird der Stellenwert der klinischen Schluckuntersuchung daher zurückhaltend bewertet und eine zusätzliche instrumentelle Dysphagiediagnostik als zwingend erforderlich angesehen [5, 24, 31].

Die endoskopische Untersuchung des Schluckakts („flexible endoscopic evaluation of swallowing“, flexible endoskopische Evaluation des Schluckakts, FEES) stellt heute in Deutschland die wahrscheinlich am häufigsten eingesetzte Methode zur objektiven Beurteilung des Schluckakts dar und wird beispielsweise bereits auf mehr als 50 % der zertifizierten Stroke units [39] ebenso wie in einer Vielzahl von neurologischen Akut- und Rehabilitationskliniken angewendet. Die über die letzten Jahre gewachsene Bedeutung der endoskopischen Evaluation des Schluckakts kommt auch darin zum Ausdruck, dass 2010 das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) für diese Untersuchung einen eigenen Code in das Kap. 1 „Diagnostische Maßnahmen“ des Operationen- und Prozedurenschlüssels aufgenommen hat (1–613: Evaluation des Schluckens mit flexiblem Endoskop).

Die FEES wurde erstmals 1988 von der amerikanischen Logopädin Susan Langmore und Kollegen beschrieben [23] und als eigenständiges Verfahren von der herkömmlichen Hals-Nasen-Ohren(HNO)-ärztlichen Laryngoskopie ohne Evaluation des Schluckakts abgegrenzt. In den angloamerikanischen Ländern wird die FEES daher bis heute überwiegend von Sprachtherapeuten durchgeführt [2, 16].

Die FEES war ursprünglich als Alternative zum historischen Goldstandard, der röntgenbasierten videofluoroskopischen Untersuchung des Schluckakts („videofluoroscopic swallowing study“, videofluoroskopische Schluckstudie, VFSS) konzipiert worden, die dann zum Einsatz kommen sollte, wenn die VFSS nicht verfügbar oder nicht anwendbar war. Einhergehend mit einer stetig zunehmenden klinischen Anwendung hat sich die FEES innerhalb der letzten 15 Jahre dann aber neben der VFSS als eigenständige und effiziente Methode etabliert [21, 44]. Inzwischen haben zahlreiche Studien gezeigt, dass die FEES im Vergleich zur VFSS mindestens gleichwertig in der Detektion kritischer Befunde wie Penetrationen, Aspirationen oder Residuen ist [15, 17, 47]. Die Untersuchung ist zudem äußerst reliabel; dies wird durch eine „Interrater“-Übereinstimmung von deutlich über 80 % in verschiedenen Studien unterstrichen [10, 27]. Die wesentlichen alltagspraktischen Vorteile der FEES gegenüber der VFSS sind aber v. a. darin zu sehen, dass a) diese Untersuchung am Patientenbett erfolgen kann und auch motorisch stark eingeschränkte, bettlägerige oder wenig kooperative Patienten untersuchbar sind, b) die Möglichkeit zu kurzfristigen und im Bedarfsfall häufigen Verlaufsuntersuchungen besteht und c) auch das oropharyngeale Sekretmanagement und die Effizienz der Reinigungsmechanismen wie Husten oder Räuspern einfach und direkt beurteilt werden können [20]. Daher werden heute FEES und VFSS als komplementäre Methoden angesehen.

Bei der FEES wird zur direkten Visualisierung des Schluckakts ein flexibles Nasopharyngolaryngoskop transnasal über den unteren oder mittleren Nasengang in den Pharynx eingeführt. Mithilfe der FEES sollen ein umfassendes Bild von der pharyngealen Phase des Schluckakts gewonnen sowie indirekte Zeichen für eine Störung der oralen und ösophagealen Phase ermittelt werden. Im Einzelnen sollen pathologische Bewegungsmuster identifiziert, die Effektivität und Sicherheit des Schluckvorgangs beurteilt, für den betreffenden Patienten geeignete Nahrungskonsistenzen bzw. Ernährungsformen festgelegt und der Einsatz von therapeutischen Manövern evaluiert werden. Aus der Datenlage geht hervor, dass die FEES eine außerordentlich verträgliche und sichere Untersuchung ist. Von 6000 Untersuchungen mussten nur 222 auf Wunsch des Patienten vorzeitig abgebrochen werden (3,7 %, [19]). Als häufigste Nebenwirkung wird selbstlimitiertes Nasenbluten berichtet, das bei gemischten Patientenkollektiven mit ca. 1 % angegeben wird [3, 4, 6]. Schwerwiegende Nebenwirkungen wie eine fulminante Aspiration mit respiratorischer Insuffizienz oder eine vasovagale Reaktion fanden sich in diesen Studien nicht; ein Laryngospasmus trat bei weniger als 0,1 % der Untersuchungen auf. Diese Ergebnisse konnten an einem Kollektiv akuter Schlaganfallpatienten reproduziert werden. Auch wenn die Rate an selbstlimitiertem Nasenbluten mit 6 % höher lag, als in den anderen Studien angegeben, waren hier keinerlei schwerwiegende Nebenwirkungen zu verzeichnen, und die erfassten vegetativen Reaktionen in Form von Herzfrequenz und Blutdruckschwankungen waren mild ausgeprägt [45]. Unter den Gesichtspunkten der Patientensicherheit und der Invasivität ist die FEES daher grundsätzlich als weniger gefährlich und belastend als das Anlegen einer nasogastralen Sonde [9] und insbesondere als das nasotracheale Absaugen einzustufen.

Inzwischen wurde die FEES erfolgreich bei verschiedensten Patientenkollektiven und Krankheitsbildern eingesetzt. Unter anderem sind Studien an Schlaganfall- und Hirntraumapatienten [10, 25], Patienten mit neurodegenerativen (Demenzen, Parkinson-Syndrome, [22, 42]) und neuromuskulären Erkrankungen (amyotrophe Lateralsklerose, Kennedy-Syndrom, Einschlusskörpermyositis, [26, 43]) sowie Kopf-Hals-Tumoren publiziert [7]. Zudem wird die FEES in der Pädiatrie, der Geriatrie und der Intensivmedizin zunehmend angewendet [12, 46]. Bemerkenswert ist ebenso, dass dieses Verfahren bereits auf mehr als 50 % der zertifizierten Stroke units, die sich an der betreffenden Erhebung beteiligten, eingesetzt [39] und der Einsatz der FEES auch von multiprofessionellen, deutschen Expertengruppen zur Dysphagiediagnostik beim akuten Schlaganfall empfohlen wird [8, 37]. Des Weiteren wird die FEES zukünftig Eingang in die Zertifizierungskriterien deutscher Stroke units finden.

Ausbildungscurriculum

Trotz der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der FEES in der Neurologie und des unbestritten großen Bedarfs an qualifizierter Dysphagiediagnostik in diesem Fachgebiet wird diese Untersuchungstechnik bisher weder in der neurologischen Facharztausbildung noch in der Ausbildung der Logopäden systematisch vermittelt. Das im Folgenden vorgestellte FEES-Curriculum soll diese Lücke schließen. Vor dem Hintergrund der langjährigen und erfolgreichen Tradition in der Zertifizierung diagnostischer Methoden in der Neurologie, z. B. neurologische Ultraschalldiagnostik, Elektroenzephalographie (EEG), Elektromyographie und evozierte Potenziale, soll nun auch ein zertifizierter Kompetenznachweis für die FEES etabliert werden. Mit diesem Schritt sind v. a. 2 Ziele verknüpft: Zum einen sollen Qualitätsstandards etabliert werden, die zukünftig dazu beitragen, dass die FEES einheitlich und auf hohem Niveau durchgeführt wird. Die hier angestrebte Vereinheitlichung der Terminologie, der Untersuchungsalgorithmen und der Befundinterpretation erleichtert perspektivisch nicht nur die interprofessionelle Kommunikation innerhalb der einzelnen Klinik, sondern trägt auch zu einer Optimierung der Verständigung zwischen den im Zeitverlauf in die Behandlung eines Patienten involvierten Einrichtungen, z. B. Akutklinik, Rehabilitationsklinik, ambulante Versorgung, bei. Zum anderen geht mit der Einführung eines formalen Curriculums grundsätzlich eine Aufwertung der FEES einher. Das Erlernen dieser Methode gewinnt so an Attraktivität sowie Professionalität und wird sich, ähnlich wie es für die neurophysiologische oder neurosonologische Kompetenz zu beobachten ist, zunehmend zu einem eigenständigen, klinisch relevanten und nachgefragten Qualifikationsmerkmal entwickeln.

Da Diagnostik und Therapie von Schluckstörungen viele Disziplinen betreffen, richtet sich diese Weiterbildungsmöglichkeit nicht nur an Neurologen, sondern steht grundsätzlich jedem interessierten Mediziner offen. Zudem bietet sie auch und insbesondere Logopäden die Möglichkeit, sich auf dem Gebiet der apparativen Dysphagiediagnostik zu qualifizieren und ihr Tätigkeitsspektrum so zu erweitern.

Das Curriculum und die Qualifikationsstufen wurden in Anlehnung an die Leitlinien der American Speech-Language-Hearing Association (ASHA, [1]) und unter Berücksichtigung der britischen Leitlinien des Royal College of Speech and Language Therapists (RCSLT, [16]) entwickelt.

An dieser Stelle soll explizit darauf hingewiesen werden, dass sich das vorliegende Curriculum mit der neurogenen Dysphagie befasst. Die Diagnostik von strukturellen Veränderungen im Mund-Rachen-Bereich, wie z. B. Tumoren oder anatomischen Varianten, ist daher ebenso wenig Thema dieser Fortbildungsinitiative wie die Untersuchung von Schluckstörungen, die sich als Folge von derartigen Erkrankungen (z. B. strukturelle Veränderungen nach operativen Eingriffen oder Bestrahlung) entwickeln.

Eingangsvoraussetzungen

Die Weiterqualifikation in der FEES im Rahmen dieses Curriculums ist an folgende Eingangsvoraussetzungen geknüpft:

  • Für das FEES-Zertifikat wird von Ärzten eine einjährige und von Logopäden eine 2-jährige klinische Tätigkeit mit schwerpunktmäßiger Versorgung von neurologischen Patienten gefordert. Drei Monate dieses Zeitraums sollen in einer neurologischen Fachabteilung absolviert werden.

  • Um den Status des FEES-Ausbilders zu erlangen, sind neben dem Erwerb des FEES-Zertifikats folgende berufsgruppenspezifischen Voraussetzungen gefordert. Logopäden sollen über eine mindestens 5-jährige Berufserfahrung in der Diagnostik und Therapie von neurogenen Dysphagien verfügen. Ärzte sollen eine Facharztbezeichnung erworben haben.

  • Die Bereitschaft zur Teilnahme an einem überregionalen FEES-Register wird vorausgesetzt.

Qualifikationsstufen

Die Ausbildung in der endoskopischen Dysphagiediagnostik gliedert sich in die im Folgenden beschriebenen beiden Abschnitte.

FEES-Zertifikat

Der Inhaber des FEES-Zertifikats kann die Endoskopie selbstständig durchführen, den Befund erstellen und im Behandlungsteam die klinischen Konsequenzen festlegen. Die Ausbildung gliedert sich in folgende Abschnitte (Abb. 1):

  • Seminar,

  • FEES unter direkter Supervision,

  • FEES unter indirekter Supervision.

Abb. 1
figure 1

Ausbildungsabschnitte der endoskopischen Dysphagiediagnostik (FEES)

Seminar

Inhaltlich werden zunächst in einer mindestens 24 Unterrichtsstunden umfassenden Fortbildung theoretische und praktische Kenntnisse vermittelt. Obligate Inhalte der theoretischen Schulung sind im Abschn. “Rollenverteilung und Delegation“ aufgelistet. Zudem wird die Handhabung des Endoskops zunächst am Phantom (mindestens 10-mal) eingeübt. Anschließend verbessern die Kursteilnehmer ihr technisches Geschick, indem sie sich wechselseitig (mindestens 5-mal) untersuchen. Die Befundung der FEES wird mithilfe vorausgewählter Videosequenzen trainiert. Jeder Kursteilnehmer soll mindestens 25 Sequenzen selbstständig analysieren. Am Ende der Fortbildung steht eine theoretische Prüfung, in der anhand von 25 Multiple-Choice-Fragen auf die zuvor vermittelten Inhalte des Curriculums Bezug genommen wird. Die Prüfung ist bei einem 60 %igen Anteil richtiger Lösungen bestanden. Erreicht ein Kursteilnehmer diese Quote nicht, steht ihm im Anschluss die Möglichkeit eines Prüfungsgesprächs zur Verfügung.

FEES unter direkter Supervision

Als zweiter Teil der Ausbildung ist das Endoskopieren unter direkter Supervision vorgesehen. Im Rahmen dieser 30 Untersuchungen werden der Umgang mit dem Endoskop weitervertieft, die Untersuchungsplanung eingeübt und die systematische Befunderstellung Schritt für Schritt am konkreten Einzelfall erarbeitet. Neben Standardfällen sollen mindestens 5 komplexe Fälle untersucht werden. Zu dieser Kategorie gehören respiratorisch kompromittierte Patienten, tracheotomierte Patienten, Patienten mit eingeschränkter Kooperationsfähigkeit, z. B. aufgrund einer Aphasie oder eines Delirs, sowie Patienten mit motorischer Unruhe, z. B. infolge einer Bewegungsstörung (Tab. 1).

Tab. 1 Charakteristika komplexer Patienten

FEES unter indirekter Supervision

Im letzten Abschnitt der Ausbildung werden 30 endoskopische Schluckuntersuchungen selbstständig durchgeführt und im Ausbildungsbuch festgehalten. Fünf Untersuchungen sollen komplexe Fälle betreffen. Rückfragen können an den betreuenden Ausbilder gerichtet werden, mit dem auch kritische Befunde zu besprechen sind.

Die Ausbildung endet mit einer praktischen Prüfung. Inhalt dieser Prüfung ist die selbstständige Durchführung einer FEES. Im Anschluss an die Untersuchung sollen der Befund erstellt und die ggf. erforderliche weiterführende Diagnostik sowie die Therapie von dem Prüfling selbstständig geplant werden. Außerdem beinhaltet die Prüfung die Beurteilung und Befundung von 3 charakteristischen FEES-Sequenzen. Schließlich werden ausgewählte, während der Ausbildung erhobene Befunde diskutiert (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Prüfungsbestandteile des FEES-Zertifikats und des FEES-Ausbilders

FEES-Ausbilder

Der FEES-Ausbilder verfügt über umfassende Kenntnisse, Fertigkeiten und Befugnisse. Er leitet das Untersucherteam und ist in der Lage, auch komplexe Fälle selbstständig zu evaluieren. Er kann FEES-Ausbildungsseminare betreuen, Hospitationen anbieten sowie theoretische und praktische Prüfungen des FEES-Zertifikats abnehmen. Nach Abschluss der Qualifikation zum FEES-Ausbilder kann durch eine kontinuierliche Weiterbildung die Prüfungsberechtigung für den FEES-Ausbilder erworben werden (s. unten).

Wesentliches Qualifikationsmerkmal ist die im Anschluss an das FEES-Zertifikat systematische praktische Weiterbildung. Als Mindestmenge sind 150 FEES vorgesehen, von denen 30 komplexe Fälle betreffen sollen. Diese Untersuchungen, einschließlich der Komplikationen, sind in dem FEES-Ausbildungsbuch zu dokumentieren. Schwierige Befunde sollen mit dem betreuenden Ausbilder diskutiert werden.

Zum Abschluss der Ausbildung wird eine praktische Prüfung an einer externen Einrichtung abgelegt. Diese Prüfung beinhaltet 2 FEES, von denen eine bei einem komplexen Fall erfolgen soll. Neben der Umsetzung des Standard-FEES-Protokolls soll der Prüfling eigenständige, situationsadäquate Adaptationen des Untersuchungsgangs vornehmen, erläutern und Spezialprotokolle anwenden können. Diagnostische und therapeutische Strategien werden von ihm selbstständig erarbeitet. Zudem sollen 5 aussagekräftige Videosequenzen beurteilt und befundet werden. Im Rahmen eines Prüfungsgesprächs werden außerdem ausgewählte, während der Ausbildung dokumentierte Befunde besprochen (Tab. 1). Des Weiteren soll der Auszubildende in der Prüfung die in seiner Einrichtung etablierte FEES-Routine anhand geeigneter Dokumente (z. B. Befundungsbogen, klinische Algorithmen) erläutern und belegen können. Nach erfolgreich absolvierter Prüfung zum FEES-Ausbilder und einer mindestens 2-jährigen, aktiven Tätigkeit in dieser Funktion kann die Prüfungsberechtigung zum FEES-Ausbilder beantragt werden. Hierfür sollen mindestens 500 FEES, die Beteiligung an der Organisation und Durchführung von mindestens einem curricularen FEES-Seminar, die Ausbildung von mindestens 5 FEES-Zertifikatsträgern und, optional, einschlägige wissenschaftliche Tätigkeit nachgewiesen werden. Der gesamte FEES-Ausbildungsgang ist in Abb. 3 zusammengefasst.

Abb. 3
figure 3

Ausbildung in der flexiblen endoskopischen Evaluation des Schluckakts im Überblick. PP praktische Prüfung, TP theoretische Prüfung

Unabhängig von der Ausbildungsstufe können die jeweils erforderlichen Endoskopien an der eigenen Einrichtung oder/und im Rahmen von Hospitationen und Workshops an externen Einrichtungen absolviert werden. Gerade in der Anfangsphase der Ausbildung sind Hospitationen sinnvoll, da hier der didaktische Schwerpunkt v. a. auf der Vermittlung von technischen Fertigkeiten liegt, die eine personalintensive Begleitung voraussetzen. Für fortgeschrittene Anwender bieten sich Workshops mit Besprechungen komplexer Fälle an, um hier in gebündelter Form seltene, subtile oder besonders schwer zu interpretierende Befunde zu diskutieren.

Ausbildungsbuch

Die gesamte FEES-Ausbildung ist in einem Ausbildungsbuch zu dokumentieren.

Rollenverteilung und Delegation

Da dieses Curriculum, wie oben ausgeführt, auch den Logopäden als nichtärztlicher Berufsgruppe offen steht, werden an dieser Stelle die Aspekte der Rollenverteilung und Delegation in übersichtlicher Form thematisiert. Grundsätzlich soll die im Sinne dieses Curriculums durchgeführte FEES im Team von Ärzten und Logopäden erfolgen. Die Rollenverteilung zwischen diesen Berufsgruppen kann unter Berücksichtigung des jeweiligen Ausbildungsstands flexibel gestaltet werden. In jedem Fall aber soll der mit dem jeweiligen Krankheitsbild vertraute Arzt in die Befundinterpretation sowie die Ableitung der diagnostischen und therapeutischen Konsequenzen einbezogen werden. Die praktische Durchführung der Endoskopie im Rahmen der FEES kann nach Ansicht der Autoren und der involvierten Fachgesellschaften von dem verantwortlichen Arzt an einen entsprechend qualifizierten Logopäden delegiert werden. Hierbei sind die allgemeinen Grundsätze der Delegation ärztlicher Tätigkeiten an nichtärztliches Personal zu berücksichtigen; insbesondere muss die unmittelbare Interventionsfähigkeit des behandelnden Arztes im Notfall (Rufweite) gewährleistet sein.

Inhalte der Basisfortbildung

Die FEES gliedert sich in folgende 3 Abschnitte:

  • anatomisch-physiologische Untersuchung (ohne Nahrung),

  • eigentliche Schluckuntersuchung (mit Nahrung) und

  • Überprüfung der Effektivität schlucktherapeutischer Maßnahmen.

In Infobox 1 werden Inhalte aufgelistet, die im Rahmen der initialen Basisfortbildung vermittelt werden sollen. Dieser Katalog ist zwar auf die Endoskopie fokussiert, berücksichtigt aber auch Themen, die für das Verständnis der den Störungsmustern zugrunde liegenden Krankheitsbilder und die Planung der weiterführenden Diagnostik von Relevanz sind. Der Katalog ist inhaltlich eng an die Vorgaben der ASHA angelehnt [1].

Beantragung des FEES-Zertifikats und des FEES-Ausbilders

Nach abgeschlossener Ausbildung können das FEES-Zertifikat und der Status des FEES-Ausbilders bei der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN)/Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) beantragt werden. Über den Antrag entscheidet die Arbeitsgruppe „Ausbildungscurriculum für die endoskopische Dysphagiediagnostik der DSG und DGN“.

Akkreditierung von curricularen FEES-Fortbildungsveranstaltungen

Von FEES-Ausbildern geplante Fortbildungsveranstaltungen zur Erlangung des FEES-Zertifikats müssen zuvor von der Arbeitsgruppe „Ausbildungscurriculum für die endoskopische Dysphagiediagnostik der DSG und DGN“ geprüft und akkreditiert werden.

Übergangsregelungen

Im Rahmen einer Übergangsregelung können das FEES-Zertifikat und der Status des FEES-Ausbilders mit umfassender Prüfungsberechtigung bis zum 31.12.2015 unter folgenden Bedingungen verliehen werden:

FEES-Zertifikat:

  • Einarbeitungsnachweis in einer Einrichtung mit anerkannter FEES-Expertise,

  • 2 Jahre FEES-Erfahrung bei Patienten mit neurogener Dysphagie,

  • mindestens 200 durchgeführte Untersuchungen.

FEES-Ausbilder:

  • 5 Jahre FEES-Erfahrung bei Patienten mit neurogener Dysphagie,

  • mindestens 500 durchgeführte Untersuchungen,

  • Etablierung von klinikinternen Untersuchungsstandards,

  • interne Weiterbildung von Mitarbeitern,

  • für Ärzte: Facharztbezeichnung.

Fazit für die Praxis

Trotz der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten in der Neurologie und des unbestritten großen Bedarfs an qualifizierter Dysphagiediagnostik in diesem Fachgebiet wird die FEES bisher weder in der neurologischen Facharztausbildung noch in der Ausbildung der Logopäden systematisch vermittelt. Das nun vorliegende FEES-Curriculum soll diese Lücke schließen. Da Diagnostik und Therapie von Schluckstörungen viele Disziplinen betreffen, richtet sich diese Weiterbildungsmöglichkeit nicht nur an Neurologen, sondern steht grundsätzlich jedem interessierten Mediziner offen. Zudem bietet sie auch und insbesondere Logopäden die Möglichkeit, sich auf dem Gebiet der apparativen Dysphagiediagnostik zu qualifizieren und ihr Tätigkeitsspektrum so zu erweitern.