Zusammenfassung
Hintergrund
Die Umstellung auf ein auf Hauptdiagnosen beruhendes pauschales Vergütungssystem birgt in komplexen medizinischen Bereichen das Risiko einer nicht realitätstreuen Kostenerstattung.
Material und Methoden
Insgesamt wurden 1030 polytraumatisierte (ISS≥16) Patienten mit einem mittleren „Injury Severity Score“ (ISS) von 26,4 aus den Jahren 2000–2004 erfasst. Es erfolgte ein Vergleich zwischen den beiden Abrechnungssystemen nach Tagessätzen und nach dem G-DRG-System Version 2004 mit einer „base rate“ von 2900 EUR.
Ergebnisse
Es zeigt sich, dass nur ca. die Hälfte aller Patienten entsprechend ihrer Verletzungsschwere im DRG-System einer polytrauma- (18,7%) bzw. beatmungsgetriggerten DRG (29,1%) zugeordnet werden. Der mittlere Erlös lag nach dem Tagessatzmodell bei 36.387 vs. 27.157 EUR nach dem DRG-System (74,6%). Besonders groß war diese Diskrepanz u. a. bei geringer Verletzungsschwere, zunehmendem Alter, hohem „Glasgow Coma Scale“ (GCS), Intensivaufenthalt ohne maschineller Beatmung, Verletzung insbesondere der oberen Extremität und bei den überlebenden Patienten.
Schlussfolgerung
Weitere notwendige Veränderungen der G-DRG-Gewichtungen sind notwendig, um eine gerechte Vergütung für die Behandlung polytraumatisierter Patienten zu gewährleisten. Ebenso sollte die Schwere der Verletzung im DRG-System widergespiegelt werden.
Abstract
Abstract
The introduction of diagnosis-related groups (DRG) in Germany comprises the risk of a non-cost-effective reimbursement in complex medical treatments. The aim of this study was to compare the reimbursement between the DRG system and the system of hospital per diem charge in effect until now.
Material and methods
The G-DRG (Version 2004) reimbursement was calculated for 1,030 polytrauma patients (average ISS 26.4) treated at the BGU Murnau from 2000 to 2004, using a base value of 2900 euros, and compared to the reimbursement of hospital per diem charge.
Results
Just half of all polytrauma patients are classified as a polytrauma according to the DRG (18.7%) or as requiring artificial respiration based on the DRG (29.1%). The average G-DRG reimbursement was 27,157 euros vs 36,387 euros (74.6%). Patients with minor trauma, increasing age, high GCS, ICU stay without artificial respiration, trauma of the upper extremity and patients who survived show the greatest discrepancy.
Conclusion
A revision of the G-DRG definition of polytrauma is necessary to ensure adequate reimbursement for management of patients with multiple injuries. The severity of a trauma has to be considered in the DRG system.
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Hintergrund und Fragestellung
Durch den zunehmenden Kostendruck im Gesundheitssystem hat die Bundesregierung mit dem Ziel der Kostenersparnis und Steigerung der Effizienz in der Versorgung von Patienten durch die Einführung eines pauschalierten Vergütungssystems eine drastische Veränderung der bisherigen Abrechnungsmodalitäten herbeigeführt. Die Umstellung auf ein auf Hauptdiagnosen beruhendes pauschales Vergütungssystem birgt insbesondere in komplexen medizinischen Bereichen das Risiko einer nicht realitätstreuen Kostenerstattung. So zeigen zahlreiche internationale Studien, dass mit einem DRG-System („diagnosis related groups“) insbesondere schwerstverletzte Patienten nicht kostendeckend zu versorgen sind [4, 8, 9, 14].
Ziel dieser Arbeit ist es, zu untersuchen, inwiefern die Einführung eines pauschalierten Entgeltsystems (German DRG, G-DRG) sich auf die Erlösstruktur einer Unfallklinik auswirkt. Des Weiteren sollen Patienten- und Verletzungsstrukturen aufgedeckt werden, welche sich ökonomisch besonders günstig bzw. ungünstig seit der DRG-Einführung darstellen und somit einer dringenden Korrektur bedürfen.
Methodik
Einschlusskriterien
In diese Untersuchung wurden alle polytraumatisierten Patienten aufgenommen, die im Zeitraum von 2000 bis zum Ende des 1. Quartals 2004 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Murnau aufgenommen und einen „Injury Severity Score“ (ISS) ≥16 aufwiesen.
Datengrundlage
Als Datengrundlage galten zum einen die Schwerverletztenerhebungsbögen der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, welche prospektiv standardisiert präklinische Parameter, Daten aus der initialen klinischen Versorgung und konsekutiven stationären Intensivtherapie, sowie zum Entlassungszeitpunkt erfassen. Da im Traumaregister der Arbeitsgemeinschaft Polytrauma bis 2001 die Dokumentation der Diagnosen nur im Klartext erfolgte, wurden alle Haupt- und Nebendiagnosen 2004 nach ICD-10 nachkodiert. Zum anderen wurde auf die archivierte Patientenakte, sowie aller im Krankenhausinformationssystem (KIS) dokumentierter Daten zurückgegriffen. Für 429 Patienten aus den Jahren 2000 und 2001 erfolgte die Erhebung der Beatmungsstunden durch die archivierten Intensivbögen. Für alle weiteren Patienten waren diese im KIS dokumentiert.
Bestimmung der Erlöse nach Bundespflegesatzverordnung
Die Erlöse nach dem bisherigen System der Tagessätze wurde durch das „medical controling“ der BGU Murnau zur Verfügung gestellt.
Bestimmung der Erlöse nach G-DRG-System
Die Berechnung der diagnosenorientierten Fallpauschalen erfolgte mittels Grouper-Software „3 M G-DRG Version 3.2“ nach dem Fallpauschalenkatalog Version 2004. Eine „base rate“ von 2900 EUR wurde angesetzt [4].
Es erfolgte die Berechnung der Erlöse für das Gesamtkollektiv und zum besseren Vergleich der Erlösstruktur wurden für folgende Gruppen Untergruppen gebildet:
-
Alter,
-
Geschlecht,
-
Krankenhausaufenthaltsdauer,
-
Intensivaufenthaltsdauer,
-
Intensivaufenthaltsdauer mit/ohne maschineller Beatmung,
-
Beatmungsdauer,
-
ISS,
-
„Glasgow Coma Scale“ (GCS) am Unfallort,
-
medizinische Hauptdiagnose, definiert als Region der schwersten Verletzung,
-
Auftreten einer Sepsis/Multiorganversagens (MOV),
-
Entlassungsart.
Statistische Analyse
Für das gesamte Patientenkollektiv sowie aller Untergruppen erfolgte für beide Abrechnungssysteme die Berechnung des Gesamterlöses, des Mittelwertes und Medians sowie der Standardabweichung. Zudem erfolgte innerhalb der Untergruppen die Berechnung der mittleren Erlösdifferenz zwischen beiden Systemen in Absolut wie im prozentualen Anteil. In Bezug auf die Testverfahren erfolgte bei mehrkategorialen Variablen zunächst eine allgemeine Beurteilung mittels Kruskal-Wallis-Test. Im Vergleich der Differenzwerte wurde der Mann-Whitney-U-Test eingesetzt. Bei p-Werten <0,05 wurden die Unterschiede als signifikant bezeichnet.
Ergebnisse
Insgesamt wurden 1030 Patienten mit einem mittleren ISS von 26,4 erfasst; 16 Patienten wiesen keine ausreichende Dokumentation auf, zudem unterlagen 210 Patienten einer nicht durch das Fallpauschalensystem Version 2004 vergüteten DRG (z. B. „Akute Erkrankung und Verletzung des Rückenmarks“ oder „Polytrauma mit Frührehabilität“). Somit ergab sich ein reduzierter Datensatz von 804 Patienten (78,1%).
Alle 1014 Patienten wiesen das Kriterium eines medizinischen Polytraumas mit einem ISS≥16 auf. Dagegen wurden nur 190 Patienten (18,7%) einer Polytrauma-DRG zugeordnet; 29,1% wurden einer durch die Beatmung getriggerten DRG zugeordnet. Somit wurde nur ca. die Hälfte (47,8%) der Patienten entsprechend der Schwere ihrer Verletzung im DRG-System abgebildet. Im Vergleich beider Abrechnungssysteme zeigte sich bei der mittleren Erlösdifferenz bei den in eine Polytrauma-DRG eingestuften Patienten eine Differenz von 3796 EUR im Vergleich zu den nicht in eine Polytrauma-DRG eingestuften Patienten von 10.242 EUR, was einen signifikanten Unterschied darstellt. In allen Berechnungen zeigte die Vergütung nach G-DRG-System einen geringeren Erlös wie nach dem System nach Tagessätzen.
Gesamtkollektiv
Für das Gesamtkollektiv berechnete sich nach dem Tagessatzmodell ein mittlerer Erlös von 36.387 EUR und nach dem DRG-System von 27.157 EUR. Dies sind im Vergleich nur 74,6% bei einer mittleren Erlösdifferenz von 9230 EUR.
Alter und Geschlecht
Weiblich waren 26,6% der Patienten und zeigten nach DRG-Vergütung nur 71,9% des Erlöses des Tagessatzmodells. Bei den 73,4% männlichen Patienten lag dieser Anteil bei 75,4%. Hier zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Geschlechtern.
Mit zunehmendem Alter ≤75 Jahre kommt es zu einer Zunahme der mittleren Erlösdifferenz beider Abrechnungssysteme. So liegt diese in der Altersgruppe ≤24 Jahre bei 7203 EUR (77,3% des mittleren Erlöses nach DRG-System im Vergleich zum Tagessatzmodell) und in der Altersgruppe „50–74 Jahre“ bei 11.482 EUR (70,6%). In der Altersgruppe >74 Jahre nahm die mittlere Erlösdifferenz von 6165 EUR wieder ab (75,3%).
ISS und GCS
Eine zunehmende Verletzungsschwere gemessen am ISS führte zu einer zunehmenden Angleichung beider Abrechnungsmodalitäten. So lag die mittlere Erlösdifferenz in der Gruppe „ISS≤19“ bei 7476 EUR (67,3% DRG-Erlös im Vergleich zur Tagessatzvergütung), in der Gruppe „ISS=20–39“ bei 10.397 EUR (74,6%), in der Gruppe „ISS=40–59“ bei 8211 EUR (84,8%) und in der Gruppe „ISS>60“ bei 3791 EUR (93,6%; Abb. 1).
Zur Abschätzung der Wirtschaftlichkeit eines schwerstverletzten Patienten anhand eines frühen Indikators wurden die Daten bezogen auf den GCS untersucht. Hier zeigte sich mit steigendem GCS eine zunehmende mittlere Erlösdifferenz. So beträgt die mittlere Erlösdifferenz in der Gruppe mit einem „GCS=3–5“ nur 3257 EUR (91,2%), dagegen in der Gruppe „GCS=12–15“ 9190 EUR (70,7%; Abb. 1).
Medizinische Hauptdiagnose
Eine Verletzung insbesondere der oberen Extremität stellte sich als besonders ökonomisch ungünstig dar. Hier zeigte sich eine mittlere Erlösdifferenz von 9591 EUR (67,3% DRG-System vs. Tagessatzmodell). Im Vergleich hierzu berechnete sich für eine Verletzung des Thorax eine mittlere Erlösdifferenz von 6584 EUR (81,1%) und eines Abdominaltraumas von 5934 EUR (81,8%). Bei der allgemeinen Beurteilung mittels Kruskal-Wallis-Test zeigten sich die Unterschiede der mittleren Erlösdifferenzen der verschiedenen Hauptdiagnosen als signifikant (p<0,05). Die weiteren Untergruppierungen sind der Abb. 2 zu entnehmen.
Intensivaufenthalt und Beatmung
Mit zunehmender Intensivaufenthaltsdauer berechnete sich eine Verringerung der prozentualen mittleren Erlösdifferenz nach DRG-System im Vergleich zum Tagessatzmodell. So lag diese bei einer Aufenthaltsdauer „≤3 Tage“ bei 60,7% und bei einer Liegedauer von „>25 Tagen“ bei 81,7%. Vor allem die nicht maschinell beatmeten Patienten zeigten mit zunehmender Liegedauer eine ökonomische Verschlechterung. So berechnete sich für die Gruppe „ICU-Aufenthalt ohne maschinelle Beatmung von 11–25 Tagen“ eine mittlere Erlösdifferenz von 22.240 EUR (29,4%; Abb. 3).
Mit zunehmender Beatmungsdauer verringert sich zudem die prozentuale Erlösdifferenz beider Abrechnungssysteme. So lag diese in der Gruppe bis 24 h bei 5857 EUR (54,4%), in der Gruppe 25–100 h bei 7865 EUR (56,1%). In der Gruppe 101–240 h bei 10.555 EUR (74,3%) und in der Gruppe >240 h Beatmungsdauer bei 10.324 EUR (85,3%; Abb. 3).
Sepsis und Multiorganversagen
Bezüglich des Auftretens einer Sepsis bzw. eines MOV während des stationären Aufenthalts konnte zwischen den beiden Abrechnungssystemen kein signifikanter Unterschied dargestellt werden (p>0,05).
Krankenhausaufenthalt und Entlassungsart
Eine zunehmende Krankenhausaufenthaltsdauer ≤60 Tage führt zu einer zunehmenden mittleren Erlösdifferenz beider Abrechnungssysteme. So liegt diese in der Gruppe mit einer Aufenthaltsdauer „≤7 Tagen“ bei 525 EUR (89,2%) und im Vergleich bei der Gruppe „31–60 Tagen“ bei 14.109 EUR (67,9%). Bei einer noch längeren Liegedauer zeigte sich eine Abnahme der Differenz.
Bei der Untersuchung nach der Entlassungsart zeigen die in ein anderes Krankenhaus verlegten Patienten die prozentual größte Differenz zwischen beiden Abrechnungssystemen – sie liegt in dieser Gruppe bei nur 63,5%. Im Vergleich hierzu beträgt ihr Wert bei den regulär nach Hause entlassenen Patienten 72,7% und bei den in eine Rehabilitation verlegten Patienten 75,1%. Die Unterschiede sind signifikant (p<0,05).
Mortalität
Für die Gruppe der überlebenden Patienten wurde eine mittlere Erlösdifferenz von 11.045 EUR berechnet (72,45% DRG-Erlös im Vergleich zum Tagessatzerlös). Für die Gruppe der verstorbenen Patienten dagegen zeigte sich eine Differenz von nur 189 EUR (98,9%). Der Unterschied ist signifikant (p<0,05).
Diskussion
Schwerstverletzte Patienten stellen einen relevanten Kostenfaktor im unfallchirurgischen Versorgungsauftrag insbesondere in Zentren der Polytraumaversorgung dar. Zahlreiche internationale Studien zeigen, dass mit einem DRG-System insbesondere schwerstverletzte Patienten nicht kostendeckend zu versorgen sind [4, 7, 8, 9, 12, 14]. Es erfolgte ein Vergleich der Vergütung nach G-DRG-System und dem Modell nach Tagessätzen und somit kein Vergleich der Realkosten, wobei bereits Schmelz et al. [16] zeigten, dass auch das Abrechnungssystem nach Tagessätzen bereits nicht kostendeckend war. Des Weiteren ist zu beachten, dass die tagesgleichen Entgelte im Abrechnungssystem nach Tagessätzen je nach Krankenhauskategorie unterschiedlich hoch waren und somit die Ergebnisse nicht allgemein auf alle Krankenhäuser übertragbar sind.
Flohe et al. [2] zeigten, dass trotz der erheblichen Verletzungsschwere 29% der medizinischen Polytraumata nicht entsprechend einer Polytrauma-DRG oder einer durch die Beatmung getriggerten DRG vergütet werden. Sie zeigten bei einem mittleren ISS von 22,3 einen signifikant niedrigeren Erlös als die entsprechend ihrer Verletzungsschwere abgebildeten Patienten im DRG-System. Auch die vorliegende Studie bestätigte diese Ergebnisse. Hier wurde sogar nur ca. die Hälfte aller Patienten (47,8%) entsprechend ihrer Verletzungsschwere im DRG-System abgebildet. Im Vergleich der Erlöse zwischen Tagessatzmodell und DRG-System zeigte sich eine signifikant niedrigere Vergütung nach dem DRG-System.
Die vorliegende Studie berechnete an 804 Patienten mit einem mittleren ISS von 26,4 einen mittleren Erlös nach dem Tagessatzmodell von 36.387 vs. 27.157 EUR nach dem G-DRG-System, was im Vergleich nur 74,6% sind. Dieser Vergleich stellt die wirtschaftliche Problematik bei der Versorgung schwerstverletzter Patienten dar, insbesondere da der mittlere Erlös nach DRG-System auch im Vergleich zu den berechneten Realkosten der meisten anderen Studien diese deutlich unterschreitet.
So errechneten Schwermann et al. [17] die mittleren Behandlungskosten polytraumatisierter Patienten mit einem mittlerem ISS von 30,6 auf 32.166 EUR. Rösch et al. [14] berechneten die Behandlungskosten eines schwer verletzten Patientenkollektivs auf durchschnittlich 36.000 EUR/Patient. Ebenfalls wird ein signifikanter Zusammenhang zwischen Behandlungskosten und der Verletzungsschwere, gemessen am ISS, aufgezeigt. Ruchholtz et al. [15] zeigten Behandlungskosten von 30.000 EUR bei einem mittlerem ISS von 38 an 100 Polytraumapatienten auf. Obertacke et al. [10] berechneten für 20 Patienten mit einem mittleren ISS von 32 die Behandlungskosten im Mittel auf 50.000 EUR. Grotz et al. [4] berechneten für 103 Patienten mittlere Behandlungskosten von 34.274 EUR bei einem mittleren ISS von 29,5 [18]. Sie stellten die im DRG-System vergüteten Kosten den berechneten Realkosten gegenüber und berechneten ein betriebswirtschaftliches Defizit von >12.893 EUR/ Patient (DRG-Erlös im Vergleich zu den entstehenden Kosten von 64,4%; [4]). Schmelz et al. [16] errechneten bei einem mittlerem ISS von 23 Behandlungskosten im Mittel von 21.866 EUR – somit etwas niedriger wie in den anderen Studien, was sich jedoch durch den geringeren Verletzungsgrad des ausgewählten Patientenkollektivs erklären lässt [4]. Juhra et al. [7] berechneten die durchschnittlichen kalkulierten Kosten pro Patient auf 24.004 EUR. Hier wurden jedoch nur Patienten, welche in eine Polytrauma-DRG gruppiert wurden, berücksichtigt.
Rösch et al. [14] beschreiben gemessen am ISS einen signifikanten Zusammenhang zwischen Behandlungskosten und der Verletzungsschwere. Auch Schwermann et al. [17] zeigten steigende Kosten bei zunehmendem Alter und Verletzungsschweregrad. Edna et al. [1] beobachten, dass gerade die am schwersten verletzten Patienten besonders hohe Kosten verursachen und nach der DRG-Gruppierung unterschätzt werden. Diese Arbeit zeigt mit steigender Verletzungsschwere, gemessen am ISS nach dem DRG-System, einen steigenden Erlös bei abnehmender prozentualer Erlösdifferenz zwischen beiden Abrechnungssystemen.
In Anbetracht der durch Schwermann et al. [17] belegten besonders hohen Kosten bei Verletzungen der Extremitäten und der in unserer Arbeit gezeigten besonders schlechten Vergütung bei Verletzungen v. a. der oberen Extremität (67,3% DRG-Vergütung im Vergleich zum Tagessatzmodell) sollte dies einen Diskussionsgrund zur Verbesserung der DRG-Gewichtung geben.
Bei der Betrachtung der verschiedenen Untergruppen zeigte sich, dass sich folgende Faktoren besonders negativ auf das betriebswirtschaftliche Ergebnis auswirken:
-
zunehmendes Alter,
-
geringere Verletzungsschwere,
-
hoher GCS-Wert,
-
Verletzung insbesondere der oberen Extremität,
-
Überleben,
-
Intensivaufenthalt ohne maschinelle Beatmung,
-
kurze Beatmungsdauer,
-
lange Krankenhausaufenthaltsdauer (≤60 Tage),
-
Verlegung in ein anderes Krankenhaus,
-
Nichteinstufung in eine Polytrauma-DRG trotz medizinischen Polytraumas.
Bei der Betrachtung der Änderungen seit der DRG-Version 2004 zeigte sich v. a. in der Version 2006 zum einen der Split der DRG W61Z (Polytrauma ohne signifikante Eingriffe anhand komplizierender Diagnosen) in W61A und W61B, des Weiteren erfolgte eine Aufwertung polytraumatisierter Patienten mit großen abdominellen Eingriffen in eine Basis-DRG W02. Darüber hinaus wurden Eingriffe an der Wirbelsäule bei polytraumatisierten Patienten aufgewertet. Diese Operationen wurden aus der DRG W02 (Polytrauma mit anderen OR-Prozeduren) in die DRG W04 verschoben (Polytrauma mit Eingriffen an Hüftgelenk, Femur, Extremitäten und Wirbelsäule). Sowohl in der Basis-DRG W02 wie auch W04 konnte über einen Split mit komplizierenden Prozeduren oder Eingriffen an mehreren Lokalisationen eine differenzierte Abbildung besonders aufwendiger Patienten erreicht werden. Dies führte jedoch in den Folgejahren zu keiner wesentlichen Verbesserung der Vergütung [7, 12]. So zeigten Juhra et al. [7] einen Rückgang der durchschnittlichen Unterdeckung pro Patient in der DRG Version 2007 (5474 EUR) im Vergleich zur Version 2009 (4264 EUR) von nur 1210 EUR.
Fazit für die Praxis
Die Einführung des G-DRG-Systems führte zu einer zusätzlichen Verschlechterung der Vergütung polytraumatisierter Patienten. Eine Verbesserung der DRG-Gewichtungen und Einführung weiterer Splitkriterien sind notwendig. So sollte z. B. eine intensivmedizinische Betreuung auch ohne maschinelle Beatmung verstärkt Berücksichtigung finden, und auch die Verletzungsschwere sollte sich im DRG-System widerspiegeln. Sollte dies nicht geschehen, besteht die Gefahr einer Selektion des Patientenguts unter betriebswirtschaftlichen Gesichtpunkten. Dies gilt es aus ethischen Gründen zu verhindern.
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Qvick, B., Buehren, V. & Woltmann, A. Ist ein Polytrauma heutzutage noch bezahlbar?. Unfallchirurg 115, 892–896 (2012). https://doi.org/10.1007/s00113-010-1920-7
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