Durch die Einführung regionalisierter Traumazentren in den Vereinigten Staaten konnte die Rate vermeidbarer Todesfälle bei der Behandlung schwerverletzter Patienten reduziert werden [14, 111]. Allerdings lassen sich bei 3–5% der Patienten unbegründete Behandlungsabweichungen nachweisen, die im weiteren Verlauf zu einer Komplikation führen [53, 90, 98, 112]. In Deutschland beläuft sich die jährliche Zahl polytraumatisierter Patienten mit einem Polytraumaschlüssel (PTS) der Gruppe III oder IV auf ca. 32.500 [25, 63, 80, 108]. Bei ca. 90 Traumazentren der höchsten Versorgungsstufe hierzulande (entsprechend dem amerikanischen Level I und II) beträgt die durchschnittliche Versorgung in diesen Zentren 100–200 polytraumatisierte Patienten/Jahr [25, 63, 80, 108]. Dabei erfolgt die Behandlung dieser Patienten in Deutschland in Krankenhäusern mit unterschiedlichen strukturellen und personellen Voraussetzungen. Um eine weitere Verbesserung und Vereinheitlichung der Polytraumaversorgung in Deutschland gewährleisten zu können, erscheint es daher sinnvoll, strukturelle und personelle Voraussetzungen in der Versorgung schwerverletzter Patienten weitestgehend zu standardisieren. Zielsetzung der vorliegenden Arbeit war es daher, die Zusammensetzung des Schockraumteams, der zu fordernden Behandlungserfahrung sowie die medizintechnischen und baulichen Voraussetzungen anhand eines systematischen Reviews auf eine evidenzbasierte Grundlage zu stellen. Dabei wurde auf folgende Fragestellungen eingegangen:

  • Wie setzt sich das Schockraumteam zusammen?

  • Zu welchem Zeitpunkt sollte der Oberarzt anwesend sein?

  • Wer leitet das Schockraumteam?

  • Was sind die Aktivierungskriterien?

  • Welche Behandlungszahl pro Arzt/Klinik ist zu fordern?

  • Wie ist ein Schockraum auszustatten?

Methodik

Zu den einzelnen Teilaspekten des Themas erfolgten Literatursuchen in Medline und der Cochrane Library (Tabelle 1). Nach Durchsicht der Abstracts wurden potenziell relevante Artikel in Kopie beschafft. Ergänzt wurde die Datenbankrecherche durch eine Handsuche kleinerer Zeitschriften sowie das Sichten der Literaturverzeichnisse, insbesondere der Leitlinien des Traumakommittees des „American College of Surgeons“ [4, 5, 7, 6]. Inhaltlich relevanten Artikeln wurde entsprechend ihres Studiendesigns ein Evidenzlevel (EL) zugeordnet. Die Graduierung erfolgte nach dem Schema des „Centre for evidence-based Medicine“ in Oxford (http://www.cebm.net/levels_of_evidence.asp). Die Festlegung der EL bezog auch die inhaltliche Relevanz der Studien mit ein. Das Projekt wurde in Teilen von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt (Nr. NE 385/5–3).

Tabelle 1 Literatursuchen zur personellen und strukturellen Ausstattung des Schockraums

Ergebnisse

Um ein koordiniertes und abgestimmtes Zusammenarbeiten verschiedener Personen in der Polytraumaversorgung zu erreichen, ist es international üblich, feste Teams für die Schockraumversorgung zusammenzustellen, die z. T. nach vorstrukturierten Plänen arbeiten und/oder ein spezielles Training (insbesondere ATLS®) absolviert haben [8, 92, 101, 105, 114]. Diverse Studien (EL 2b) haben für dieses Schockraumkonzept klinische Vorteile gefunden [25, 63, 80, 108]. Nur in seltenen Fällen wird es indiziert sein (EL 4), diese Schockraumphase zu überspringen, um den Patienten direkt im Operationssaal (OP) zu erwarten [45].

Zur Anzahl der Personen, die den Patienten im Schockraum erwarten und behandeln sollten, gibt es kaum valide Vergleichsstudien. Die einzige vergleichende Studie (EL 4, da multiple Interventionen) kommt aktuell aus den Vereinigten Staaten, wo eine Erweiterung des Teams von 3 auf 5 Ärzte (1 Unfallchirurg, 1 Chirurg mit Assistent, 1 Anästhesist mit Assistent) eine signifikante Mortalitätsreduktion erbrachte [19]. In Amerika sind Traumateams von 4–5 Ärzten und 3 Schwestern/Pflegern üblich [31, 56]. Auch Tscherne et al. [105] hielten für ein Traumazentrum 8 Personen für ideal (EL 4), nämlich 5 Ärzte (1 unfallchirurgischer Oberarzt mit 3 Assistenten und 1 Anästhesist) und 3 Personen Pflegepersonal. In Deutschland sind derzeit Teams von 4–6 Ärzten und 3–4 Schwestern/Pflegern (jeweils ohne Radiologie) üblich [20, 90, 95]. Einzelne Studien aus dem Ausland (EL 4) beschreiben hingegen, dass auch mit nur 2 Ärzten ein Großteil polytraumatisierter Patienten effektiv versorgt werden kann [3, 13, 24]. Je nach Verletzungsmuster/-schwere wird das initial mindestens 2–3 Personen umfassende Team dann jedoch um weitere Kollegen zu ergänzen sein [62, 84, 91]. Vorteilhaft für die Disposition der individuell notwendigen Fachdisziplinen ist hierbei eine frühzeitige Kommunikation zwischen präklinischem und klinischem Personal, wie Gerndt et al. (EL 2b [36]) und Maghsudi et al. (EL 4 [71]) zeigen konnten. Je nachdem, wie sicher und detailliert diese Kommunikation im Einzelfall funktioniert, sollte das Traumateam daher aus 3–5 Ärzten und 2–3 Schwestern/Pflegern bestehen.

Basisschockraumteam

Zur Zusammensetzung des Schockraumteams erfolgte eine Analyse von 19 internationalen Arbeiten, wobei sich die folgende Empfehlung auf 15 Arbeiten aus dem angloamerikanischen sowie auf 4 Arbeiten aus dem deutschen bzw. skandinavischen Sprachraum stützt [11, 19, 22, 24, 27, 43, 44, 46, 48, 49, 50, 54, 65, 66, 68, 79, 85, 90, 102]. Insgesamt konnten Angaben zur Zusammensetzung 22 verschiedener Schockraumteams in 16 Level-I-Traumazentren ausgewertet werden; 6-mal lagen keine Angaben zum Versorgungsprofil des Krankenhauses vor.

Die Frage, welche Fachrichtungen im Traumateam primär vertreten sein sollten, ist häufig von den lokalen Verhältnissen abhängig. Erfahrungen aus dem Ausland sind wenig informativ, da dort die thematische Abgrenzung der Fachgebiete und die Ausbildungssituation oft deutliche Unterschiede aufweist. Was in allen Arbeiten zum Thema betont wird, ist die Notwendigkeit eines wirklichen „Teamgeistes“, der politisch gewollt, aber auch in praxi trainiert werden muss. Dies schließt das Pflegepersonal mit ein (EL 5 [26]). Bisher gibt es aber kaum Evidenz, die die Effektivität bestimmter Ausbildungskonzepte beim Polytrauma klar belegen könnte [97].

Bezüglich des Ausbildungsstands fanden sich bei der Durchsicht der internationalen Literatur weltweit in fast allen Teams entweder spezielle „trauma surgeons“ unterschiedlichen Ausbildungsstands oder aber „general surgeons“ mit (langjähriger) Traumaerfahrung—ebenfalls mit unterschiedlichem Ausbildungsstand (Tabelle 2, 3).

Tabelle 2 Übersicht zur Zusammensetzung internationaler bzw. europäischer Traumateams—Nordamerika, Großbritannien, Südafrika, Australien
Tabelle 3 Übersicht zur Zusammensetzung internationaler bzw. europäischer Traumateams—Deutschland, Holland, Norwegen, Schweden (Fortsetzung von Tabelle2)

Weiter vertreten waren sog. „emergency physicians“, bei denen es sich um Ärzte handelt, die besonders auf die initiale Versorgung/Stabilisierung verletzter Patienten spezialisiert sind, aber keine operativen Eingriffe durchführen (s. Tabelle 2, 3). Eine direkte Entsprechung dieser Ausbildung findet sich in Deutschland nicht.

Anästhesisten oder speziell ausgebildete Beatmungsassistenten (respiratory therapists) waren ebenfalls häufig Mitglieder des Schockraumteams (s. Tabelle 2, 3). Dies im Gegensatz zu Deutschland, wo Anästhesisten fester Bestandteil eines Schockraumteams sind. Den jeweiligen Disziplinen zugeordnet sind meist je eine Person des Pflegepersonals oder aber 1–2 Krankenschwestern, deren Zugehörigkeit durch ihre speziellen Aufgabenfelder (Vorbereitung der Intubation/Katheteranlage, Medikamente, Thorakotomie, Peritoneallavage etc.) definiert ist. Radiologen fanden sich überwiegend im deutschen Schockraumsystem, im amerikanischen Raum wird diese Aufgabe initial im Schockraum häufig auch von speziell ausgebildeten Radiologieassistenten (radiology technicians) übernommen (s. Tabelle 2, 3).

Mehrere Diagnostikstudien haben verglichen, inwieweit beim Mehrfachverletzten die Befundung von Röntgen-/CT-Bildern durch Nicht-Radiologen problematisch ist. Während 3 Studien an Röntgenbildern gute Ergebnisse für die Nicht-Radiologen fanden (EL 1b [58, 59], EL 2b [109]), fordern 2 Studien, zumindest die Befundung von CT-Bildern allein durch Radiologen vornehmen zu lassen (EL 1b [17], EL 2b [107]). Von überragender Bedeutung ist wiederum die Erfahrung der jeweiligen Ärzte—unabhängig von der Fachrichtung (EL 2b [74, 80, 107]).

Oberarztanwesenheit

Eine Krankenhausvergleichsstudie (EL 4) fand, dass es nicht unbedingt notwendig ist, dass der „trauma surgeon“ rund-um-die-Uhr in der Klinik verfügbar ist, sofern die Entfernung zur Klinik nicht größer als 15 min ist, und ein Assistenzarzt im Haus bereit steht [22]. Allen et al. [3] und Helling et al. (EL 2b [42]) nennen hier 20 min als Grenze. Luchette et al. (EL 2b [68]) und auch Cornwell et al. (EL 4 [19]) fanden dagegen die „In-house-Bereitschaft“ vorteilhaft, wobei Luchette lediglich eine Beschleunigung der Diagnostik und des Operationsbeginns bei initialer Anwesenheit eines „Oberarztes“ (attending physician) zeigte, die intensivmedizinische Behandlungsdauer hingegen unbeeinflusst blieb, ebenso wie die Mortalität bei Patienten mit schweren thorakoabdominellen oder Schädelverletzungen [25, 63, 80, 108].

Zahlen aus dem englischen „Trauma Audit and Research Network“ (TARN) belegen im Vergleich über mehrere Jahre (EL 4), dass sich durch die vermehrte Anwesenheit eines qualifizierten Fach/Oberarztes (60 vs. 32%) signifikante Mortalitätsreduktionen erreichen lassen [60]. Auch Wyatt et al. [115] wiesen nach (EL 2b), dass schwerverletzte Patienten in Schottland (n=1427; ISS>15) schneller behandelt wurden und eher überlebten, wenn sie von einem erfahrenen Ober-/Chefarzt anstelle eines Assistenzarztes behandelt wurden.

In den Empfehlungen des „American College of Surgeons Commitee on Trauma“ (ACS COT) wird die Anwesenheit eines chirurgischen Oberarztes nicht gefordert, vorausgesetzt ein Chirurg mit Facharztstandard (senior surgical resident) ist unmittelbar an der Versorgung Schwerverletzter beteiligt. Helling et al. [41] zeigten in einer retrospektiven Analyse über einen Zeitraum von 10 Jahren, dass sich durch die initiale Anwesenheit eines Oberarztes keine relevante Verbesserung der Behandlungsergebnisse erzielen lässt (EL 2b). Für Patienten mit penetrierenden Verletzungen, im Schock, GCS<9 oder ISS≥16 zeigte sich kein Unterschied in der Versorgungsqualität hinsichtlich Mortalität, Operationsbeginn, Komplikationen oder Behandlungsdauer auf der Intensivstation, wenn der Diensthabende innerhalb von 20 min an der weiteren Versorgung teilnahm (on-call). Lediglich die initiale Versorgungszeit und die Gesamtaufenthaltsdauer im Krankenhaus waren beim stumpfen Trauma geringer, wenn der „Oberarzt“ (attending physician) sofort im Schockraum sein konnte (in-house). Diese Ergebnisse werden durch Porter et al. [88], Demarest et al. [22] sowie Fulda et al. [35] weitgehend bestätigt.

Insgesamt lässt sich abschließend aus diesen Ergebnissen folgern, dass die Anwesenheit eines Oberarztes unmittelbar zu Beginn der Schockraumversorgung nicht notwendig ist, wenn ein in der Versorgung Schwerverletzter qualifizierter Chirurg (Facharztstandard und ggf. ATLS zertifiziert) die Verletztenversorgung zunächst durchführt. Die Erreichbarkeit eines Oberarztes sollte allerdings kurzfristig gewährleistet sein.

Erweitertes Schockraumteam

Intensivmediziner, Kindertraumatologen, Neuro- oder Thoraxchirurgen waren in den von uns ausgewerteten 19 Arbeiten insgesamt weniger als 5mal vertreten. Einer Analyse von Lucas et al. [67] zur Folge ist ein Neurochirurg zwar unverzichtbarer Bestandteil eines jeden Schockraumteams, muss allerdings nicht von Anbeginn gegenwärtig sein (EL 4). Er ist erst bei gegebener Indikation hinzuzurufen und sollte innerhalb von 30 min therapeutisch oder operativ tätig sein können.

Nach Lucas et al. ereignet sich in Krankenhäusern mit 25 Kraniotomien/Jahr bei Trauma lediglich einmal innerhalb von 4 1/2 Jahren eine verzögerte Versorgung; einmal innerhalb eines Jahres, wenn 50 Kraniotomien infolge eines Traumas jährlich durchgeführt werden. Friedl u. Karches [34] sowie Havill u. Sleigh [41] erzielten zufriedenstellende Resultate in der Versorgung bei Schädel-Hirn-Trauma-Patienten (EL 4), obwohl keine neurochirurgische Abteilung im Haus zur Verfügung stand. Lediglich jeweils 6% der Patienten mussten aufgrund komplexer Verletzungen in ein neurochirurgisches Zentrum verlegt werden. Parzhuber et al. [81, 82] und Bauer et al. [9] berichten ebenfalls über gute Ergebnisse in der Behandlung schwerer Schädelverletzungen durch neurochirurgisch erfahrene Chirurgen. Laut amerikanischen Daten (EL 2) ist die neurotraumatologisch-operative Erfahrung entscheidend [47]. Insgesamt lässt sich hieraus schließen, dass bei Bedarf die Verfügbarkeit eines Facharztes für Neurochirurgie oder neurochirurgisch ausgebildeten Chirurgen gewährleistet sein sollte.

Die Anwesenheit eines Kinderchirurgen im Basis-SR-Team erscheint ebenfalls nicht notwendig. Die Studien von Knudson et al. [51], Fortune et al. [32], Nakayama et al. [76], Rhodes et al. [89], Bensard et al. [10], D’Amelio et al. [21], Stauffer [100] und Hall et al. [38] konnten eine Verbesserung des Outcomes durch die Mitwirkung spezieller Kinderchirurgen nicht sicher beweisen. Die Studien finden z. T. zwar signifikante Resultate in der TRISS-Analyse, ohne jedoch eine definierte parallele Kontrollgruppe verfügbar zu haben (daher EL 4). Auch in Amerika, wo pädiatrische Traumazentren propagiert wurden, werden derzeit 3/4 aller schwerverletzten Kinder in allgemeinen Traumazentren versorgt [96]. Wann immer möglich, sollte jedoch bei Bedarf die Verfügbarkeit eines Facharztes für Kinderchirurgie oder Pädiatrie gewährleistet sein [110]. Dies gilt besonders für Säuglinge und Kleinkinder.

Ein Thoraxchirurg, Augenarzt, Kieferchirurg und HNO-Arzt sollte innerhalb von 20 min erreichbar sein (EL 2b [73], EL 4 [87], EL 5 [40, 54]). Nach Albrink et al. (EL 2b [2]) sollte der Thoraxchirurg v. a. bei Aortenläsionen frühzeitigst hinzugezogen werden.

Leitung des Schockraumteams

Hoff et al. [44] konnten zeigen (EL 2b), dass es durch die Einführung eines Teamleaders (sog. command physician) zu einer Verbesserung des Versorgungs- und Behandlungsablaufes kam. Auch Alberts et al. (EL 4 [1]) wiesen verbesserte Behandlungsabläufe und -ergebnisse nach, nachdem das Konzept des „trauma leaders“ eingeführt wurde. Die Aufgaben des Teamleaders sind hierbei im Einzelnen: Patientenübergabe, Untersuchung des Patienten, Durchführung und Überwachung therapeutischer und diagnostischer Maßnahmen, Konsultation anderer Fachdisziplinen, Koordinierung aller medizinischen und technischen Teammitglieder, Vorbereitung von Untersuchungen im Anschluss an die Schockraumversorgung, Kontaktaufnahme mit Angehörigen nach Abschluss [40, 44, 77, 102].

Die Teamleader kommen nach Durchsicht der internationalen Literatur zumeist aus den chirurgischen Fachgebieten (trauma/general surgery [49, 106]). Laut einer Umfrage von Lavoie et al. [57] in Kanada, werden dort in 24 von 30 Krankenhäusern die Teams—ganz oder überwiegend—durch einen Chirurgen geleitet. Wird die Leitung nicht durch einen Chirurgen durchgeführt, erfolgt dies zumeist durch den Notfallmediziner (emergency medicine physician), was nach Hartmann et al. (EL 2b [40]) zu vergleichbar guten Ergebnissen führt. In Australien sind daher 85% der „trauma leader“ Notfallmediziner [114].

In einer großen Vergleichsstudie an über 1000 Patienten (EL 2b) fanden sich fast gleiche Mortalitätsraten und Krankenhausliegedauern unabhängig davon, ob einer von 4 Unfallchirurgen oder einer von 12 Allgemeinchirurgen für den Schockraum verantwortlich war [85], wobei jedoch die Allgemeinchirurgen unfallchirurgische Kenntnisse hatten.

Nach den Leitlinien der ACS COT ist dagegen ein qualifizierter Chirurg „team leader“. Insgesamt ist es daher auch für den deutschen Raum zu fordern, dass die Leitung des Schockraumteams—sollte sie nicht auf Basis definierter Leitlinien interdisziplinär erfolgen—durch einen erfahrenen Chirurgen gewährleistet sein sollte. Bei interdisziplinärer Schockraumleitung sollten alle relevanten Entscheidungen in Absprache zwischen den Fachdisziplinen der (Unfall-)Chirurgie und Anästhesie erfolgen (EL 2b [90]).

Ruchholtz et al. [90] konnten aufzeigen, dass ein—in ein QM-System integriertes—interdisziplinäres Team, das auf der Basis klinikinterner Leitlinien und Absprachen agiert, unter gemeinsamer chirurgischer und anästhesiologischer Leitung sehr effizient arbeitet (EL 2b).

Entsprechend den Literaturangaben sollte das Schockraumteam in einer deutschen Klinik wie folgt zusammengesetzt sein:

  • Basisteam

    • 1× Unfallchirurgie/Chirurgie (Facharztqualität),

    • 1× Unfallchirurgie/Chirurgie (Weiterbildungsassistent),

    • 1× Anästhesie (Facharztqualität)/Facharzt (chirurgische Zusatzbezeichnung Intensivmedizin),

    • 1× Radiologie (Facharztqualität) (fakultativ),

    • 2× chirurgische Pflegekräfte,

    • 1× anästhesiologische Pflegekraft,

    • 1× medizinisch-technisches Radiologiepersonal (MTRA),

    • 1× Transportpersonal (Blutproben, Blutkonserven) (fakultativ).

  • Erweitertes SR-Team (Anwesenheit in 20–30 min)

    • unfallchirurgischer Oberarzt,

    • anästhesiologischer Oberarzt,

    • Neurochirurgie,

    • Viszeralchirurgie,

    • Thoraxchirurgie,

    • Gefäßchirurgie

    • (Neuro-)Radiologie,

    • Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie,

    • Urologie,

    • Augenheilkunde,

    • HNO,

    • Pädiatrie/Kinderchirurgie,

    • OP-Personal.

Aktivierung des Schockraumteams

Zeitliche Verzögerungen beim Polytrauma sind potenziell letal. Je nach Verletzungsmuster bedeuten 3 min Verzögerung eine um 1% geringere Überlebenswahrscheinlichkeit (EL 2b [16]). Daher sollte das Traumateam den Patienten in der Klinik bereits erwarten. Petrie et al. [83] fanden in einer TRISS-adjustierten Analyse (EL 2b) bessere Ergebnisse bei rechtzeitiger Teamaktivierung, wobei allerdings die Teamzusammensetzungen nicht berichtet werden. Zur Alarmierung des Teams sind parallel geschaltete, gleichzeitig alarmierende Funker gegenüber der Reihe nach einzeln zu aktivierenden Funkern vorzuziehen (EL 4 [114]). Gegebenenfalls sollte sich jedes Teammitglied sofort telefonisch rückmelden, um eventuelle Ausfälle/Verzögerungen rechtzeitig erkennen zu können (EL 4 [19]).

Ein effizient arbeitendes Traumasystem sollte Patienten derart selektieren, dass jedem Patienten die notwendige Versorgung zuteil wird. Hierbei sollten Kriterien/Protokolle zur Aktivierung des Schockraumteams idealerweise die „undertriage“ schwerverletzter Patienten minimieren und gleichzeitig nicht notwendige Aktivierungen bei Patienten, die keine Schockraumbehandlung benötigen („overtriage“) weitestgehend reduzieren. Die Effektivität eines solchen Aktivierungssystems kann durch Messgrößen wie die Sensitivität, Spezifität, positiver prädiktiver Wert und die Kalkulation der „over-“ und „undertriage“ beschrieben werden [28]. Von der ACS COT wird eine „undertriage-Rate“ von 5–10% bei gleichzeitiger 30- bis 50%iger „overtriage“ angegeben (EL 5 [7]).

Esposito et al. [30] zeigten in einer Untersuchung an >5000 Patienten (ISS≥16), dass verschiedene präklinische Parameter (physiologisch, anatomisch, Unfalleinschätzung) in unterschiedlichem Maße geeignet sind, schwerverletzte Patienten zu identifizieren (EL 3b). Physiologische Parameter hatten hierbei eine hohe Aussagekraft, anatomische ließen hingegen nur eine mittelmäßige Prädiktion zu. Aus verschiedenen Unfallmechanismen zeigten sich eine verlängerte Prähospitalphase/technische Rettung, der Tod eines Insassen, sowie eine Anprallgeschwindigkeit über 30 km/h bei Fußgängerunfällen als geeignet eine schwere Verletzung vorauszusagen.

Die Deformierung der Fahrzeugkarosserie lässt ebenfalls Rückschlüsse über die Verletzungsschwere zu [30]. Eine Deformierung von einem Zentimeter entspricht hierbei einer plötzlichen Geschwindigkeitsreduzierung V* (Aufprall) von 1 mph. Eine V* von 20 mph verursacht wiederum eine Verletzungsschwere ISS≥16 in 90% aller Insassen bei einem Verkehrsunfall. Esposito zur Folge lässt eine Fahrzeugdeformierung (≥70 cm) nur eine mittelmäßige Aussage über die zu erwartende Verletzungsschwere zu.

Franklin et al. [33] konnten die Wichtigkeit einer präklinisch bestehenden Hypotension (RR≤90 mmHg) nach Trauma als Indikator einer Schockraumteamaktivierung ebenfalls nachweisen (EL 4). Fast die Hälfte aller verunfallten Patienten mit einer Hypotension wurden nach Aufnahme direkt in den OP verbracht, um eine hämorrhagische Blutung zu behandeln. Ähnliche Zahlen kommen von Chan et al. [15].

Isolierte Schussverletzungen im Stammbereich stellen—auch bei Fehlen weiterer Verletzungen—ebenfalls ein Kriterium zur Aktivierung des Schockraumteams dar [93, 104].

Tinkoff et al. [104] fanden 4 verschiedene Parameter/Kriterien um solche Patienten zu identifizieren die aufgrund ihrer Verletzungsschwere eines speziellen Behandlungsteams bzw. einer sofortigen Versorgung bedürfen (EL 3b):

  1. 1.

    Blutdruck <90 mmHg bzw. altersadaptiert bei Kindern,

  2. 2.

    Atemwegobstruktion/-beeinträchtigung oder Intubation,

  3. 3.

    „Glasgow Coma Scale“ (GCS) ≤8 nach Unfall,

  4. 4.

    Schussverletzung im Bereich des Abdomens, Thorax oder Halses.

Für die GCS beschrieben Norwood et al. (EL 3b [78]), dass bereits ab 14 oder weniger Punkten eine Aktivierung des Traumateams notwendig sei, gerade wenn andere Indikatoren unklar und nicht erhebbar seien. Kühne et al. [55] fanden in einer retrospektiven Untersuchung von 1778 Patienten mit einer GCS-Punktzahl von 13–15, die über den Schockraum aufgenommen wurden, bei 18,6% der Patienten ernste Verletzungen des Schädels mit einer AISSchädel≥3 (Abbreviated Injury Scale, EL 4b).

Ferner finden sich bei der Durchsicht der internationalen Literatur verschiedene modifizierte Alarmierungskriterien, die einem zugrunde liegenden Konsensus entsprechen, im Einzelnen aber nicht wissenschaftlich geprüft sind. Diese auf Expertenmeinung basierenden Kriterien wurden ebenfalls teilweise in unsere Empfehlung aufgenommen.

Aufgrund der oben genannten Studien/Literatur sollten die in Tabelle 4 aufgeführten Kriterien zu einer Aktivierung des Schockraumteams führen.

Tabelle 4 Kriterien zur Alarmierung des Schockraumteams

Behandlungszahl pro Arzt/Klinik

Dass Patienten, die sich einer komplexen chirurgischen Operation unterziehen, von der Behandlungserfahrung der operierenden Ärzte—insbesondere der Zahl der durchgeführten identischen Eingriffe—profitieren, wurde bereits Ende der 70er und in den 80er Jahren von Luft et al. [69] und Hannan et al. [39] gezeigt (EL 2b). Die Kontroverse, ob und inwieweit die Zahl jährlich behandelter Traumapatienten pro Arzt oder Krankenhaus die Behandlungsqualität (Zeitdauer der Behandlungsabläufe, Mortalität, vermeidbare Todesfälle, Verweildauer) positiv beeinflusst, wird in der internationalen (meist angloamerikanischen) Literatur uneinheitlich geführt. Ebenfalls nicht geklärt ist die Frage nach der Mindestanzahl behandelter Traumapatienten pro Arzt oder Krankenhaus, um ein ausreichendes Maß an Behandlungsqualität sicherzustellen. In den 1999 veröffentlichten „Resources for Optimal Care des ACS COT“ wird für Krankenhäuser der Level-I-Versorgungsstufe eine jährliche Mindestbehandlungszahl von 1200 Traumapatienten gefordert [23, 65]. Hiervon sollten 240 Patienten eine Mindestverletzungsschwere mit einem ISS≥15 aufweisen bzw. wenigstens 35 Schwerverletzte jährlich pro Arzt versorgt werden. Die hierbei vom „American College of Surgeons Commitee on Trauma“ geforderten Behandlungszahlen beruhen auf Untersuchungen von Smith et al. [99] und Konvolinka et al. [52].

Smith et al. [99] untersuchten in ihrer Studie an 8 Traumazentren in Chicago mit 1643 schwerverletzten Patienten Krankenhäuser mit <140 und >200 jährlich behandelten Schwerverletzten (EL 2b). Die Autoren konnten hierbei eine signifikante Verringerung der Mortalität in Zentren mit mindestens 200 Traumapatienten jährlich nachweisen. London et al. [64] konnten in einer großen Studie in Kalifornien hingegen keinen Zusammenhang zwischen der Anzahl der behandelten Patienten und dem Behandlungsergebnis zeigen (EL 2b). Bei Vergleichbarkeit der behandelten Patienten in den verschiedenen untersuchten Krankenhäusern, zeigte sich sogar ein tendenziell eher schlechteres Outcome mit steigender Behandlungszahl, wobei eine numerische Grenze hierfür nicht angegeben werden konnte. In der betreffenden Studie fanden sich allerdings nur in 3 von 12 Level-I- bzw. 3 von 26 Level-II-Traumazentren eine jährliche Versorgungszahl ≥ 240 Patienten mit einem ISS≥15.

Cooper et al. [18] konnten in ihrer Studie in 35 Traumazentren im Staate New York gleichfalls keine positive Korrelation zwischen der Anzahl jährlich behandelter Patienten und der Mortalitätsrate zeigen (EL 2b). Einschränkend muss hier allerdings erwähnt werden, dass jene Krankenhäuser mit der höchsten Behandlungszahl (>250 Patienten/Jahr, ISS≥15) eine etwas höhere erwartete Mortalität (8,99% vs. 7,59% bzw. 7,68%) hatten als solche mit niedriger Behandlungszahl (≤150 Patienten/Jahr bzw. >150 und ≤250 Patienten/Jahr).

Tepas et al. [103] wiesen die besten Ergebnisse für Krankenhäuser mit einem jährlichen Behandlungsvolumen zwischen 500–1000 Patienten nach (EL 2b), wobei die Anzahl schwerverletzter Patienten (ISS≥15) in dieser Studie bei 10–12%, also zwischen 50 und 120 Patienten lag, was ungefähr der untersuchten Behandlungszahl von Cooper et al. entspricht [18]. Auch in der derzeit aktuellsten Studie zum diesem Thema von Glance et al. [37] an >6000 Patienten mit stumpfem Trauma fand sich in der multivariaten Analyse kein Zusammenhang zwischen Fallzahl pro Klinik und Mortalität (EL 2b).

Konvolinka et al. [52] untersuchten neben dem Zusammenhang zwischen der jährlichen Krankenhausbehandlungszahl und dem Überleben der behandelten Patienten auch die pro Arzt zu fordernde Zahl behandelter Traumapatienten (EL 2b). Zwischen 1988 und 1989 konnten die Daten von 13.002 schwerverletzten Patienten (ISS≥13 oder AISKopf≥3) aller 24 akkreditierten Traumazentren in Pennsylvania ausgewertet werden. Eine signifikante Verbesserung hinsichtlich der Überlebensrate mit steigender Versorgungsanzahl pro Krankenhaus konnte in dieser Studie nicht nachgewiesen werden. Allerdings zeigte sich, dass eine jährliche Mindestbehandlungszahl pro Arzt von mehr als 35 schwerverletzten Patienten zu einer signifikanten Verbesserung des Outcomes führte.

Sava et al. [94] konnte dieses Ergebnis in seiner Untersuchung an einem Level-I-Traumazentrum über einen 12-Jahres-Zeitraum nicht bestätigen (EL 2b). Die jährliche individuelle Behandlungszahl lag hier zwischen 1 und 104 Patienten. Die Mortalitätsrate der Patienten, die von Ärzten mit größerer Behandlungserfahrung (jährlich >35 Behandlungen von Schwerverletzte) versorgt wurden, unterschied sich nicht von der Mortalität solcher Patienten, die von Ärzten mit jährlich weniger als 35 Schwerverletzten behandelt wurden.

Margulies et al. [72] fanden ebenfalls keine Verbesserung des Outcomes durch die Behandlung von Ärzten mit höherer jährlicher Patientenzahl (≥35 Patienten/Jahr). Die jährliche individuelle Behandlungszahl schwankte in dieser Studie zwischen 1 und 120 Patienten (EL 2b).

Insgesamt kann aus der vorliegenden Literatur keine konkrete Angabe über die zu fordernde Mindestpatientenzahl pro Krankenhaus und/oder Arzt getroffen werden; die von dem ACS COT geforderten jährlichen Mindestbehandlungszahlen pro Arzt und/oder Krankenhaus lassen sich anhand der zitierten Studien allerdings nicht sicher bestätigen. Bezugnehmend auf die Studien von Cooper et al. [13] sowie Tepas et al. [103] erscheint eine zu fordernde jährliche Behandlungsmindestzahl zwischen 50 und 100 schwerverletzten Patienten (ISS≥15) für deutsche Verhältnisse als sinnvoll (EL 2b).

Da die Studien zur Mindestbehandlungszahl (EL 2b-Studien) insgesamt widersprüchlich sind, kann für die Behandlungszahl von 50–100 Patienten kein Evidenzlevel angegeben werden, sondern lediglich ein Empfehlungsgrad (C) festgelegt werden, da es sich hierbei um eine Ermessensentscheidung handelt. Hier muss einschränkend darauf hingewiesen werden, dass die genannten Untersuchungen in großen, zumeist Krankenhäusern hoher Versorgungsstufe (Level I/II) durchgeführt wurden und somit nicht unbedingt auf solche niedrigerer Versorgungsstufe übertragen werden dürfen. Die Aussage, dass die Zahl der behandelten Patienten pro Chirurg keinen sicheren Einfluss auf das Behandlungsergebnis hat, muss somit vor dem Hintergrund eines optimal ausgestatteten Krankenhauses/Schockraums mit entsprechendem Behandlungsteam gesehen werden.

Ausstattung und bauliche Voraussetzungen des Schockraums

Angaben zur medizintechnischen Ausstattung eines Schockraums finden sich in der Literatur kaum, und stellen dann meist eine Expertenmeinung mit geringen Evidenzgrad dar (EL 5 [54, 113]). Die folgende Empfehlung zur Ausstattung des Schockraums wurden daher an den in einem Schockraum durchzuführenden therapeutischen und operativen Eingriffe sowie den diagnostischen Maßnahmen, die vor Ort getroffen werden müssen, definiert.

Die Angaben zu baulichen Voraussetzungen orientieren sich überwiegend an den Vorgaben der Arbeitsstättenrichtlinie (ASR), der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), der Röntgenverordnung (RöV) sowie den Technischen Regeln für Gefahrenstoffe (TRGS).

Die in der Tabelle 5 aufgeführte Auflistung der vorzuhaltenden Schockraumausstattung erschient daher empfehlenswert, um eine optimale Diagnostik und Akutbehandlung von Störungen der lebenswichtigen Organsysteme (Schädel, Thorax, Abdomen) bzw. des Skelettsystems bei schwer- und schwerstverletzten Patienten gewährleisten zu können (s. auch folgende Beiträge in diesem Heft).

Tabelle 5 Liste ständig im Schockraum vorzuhaltender medizinisch-technischer Geräte und Gegenstände (basierend auf den Publikationen dieses Heftes sowie beispielhaft an der Ausstattung des Schockraums am Universitätsklinikum Essen)

Die Anfahrtswege zum Schockraum sollten nach Möglichkeit klar gekennzeichnet oder ausgeschildert sein. Der Schockraum sollte sich ferner in räumlicher Nähe zur Krankenanfahrt, dem Hubschrauberlandeplatz, der radiologischen Abteilung und der OP-Abteilung befinden. Nach § 38 Abs. 2 der Arbeitsstättenrichtlinie von 1986 (ASR 38/2) über Sanitätsräume und vergleichbare Einrichtungen sollten diese im Erdgeschoss liegen und mit einer Krankentrage und von einem Krankenkraftwagen (KTW und RTW) leicht erreicht werden können. Ferner dürfen die Zugänge zu Sanitätsräumen höchstens 3 Stufen haben; bei Neubauten sind die Höhenunterschiede in den Zugängen stufenlos anzulegen.

Pro Behandlungseinheit wird eine Mindestgröße von 25 m2 empfohlen (EL 5, Abb. 1, [113]). Optimalerweise sollten die Voraussetzungen zur zeitgleichen Versorgung von 2 Schwerverletzten gegeben sein, was somit zu einer zu fordernden Mindestgröße von 50 m2 führt (EL 5 [54]). Die Grundrisse vieler deutscher und europäischer Kliniken entsprechen diesen Anforderungen [20, 54, 86].

Abb. 1a–e
figure 1

Der Essener Schockraum (als mögliches Beispiel eines Versorgungskonzepts): a Narkose-/Beatmungseinheit, b mobile Röntgeneinheit, c Röntgen-Workstation, d Sonographiegerät, e Patiententisch

Alternativ könnte die Raumgröße auch nach der Arbeitsstättenverordnung § 23 (ArbStättV; 2. Abschnitt; Raumabmessungen, Luftraum) errechnet werden. Hier gilt, dass für Räume mit natürlicher Belüftung oder Klimatisierung 18 m3 Atemluft/Person bei schwerer bzw. 15 m3 bei mittelschwerer körperlicher Tätigkeit gewährleistet sein müssen; für jede weitere Person, die sich zusätzlich nur zeitweise dort aufhält werden 10 m3 veranschlagt. Bei Anwesenheit von 9 Personen und der Annahme mittelschwerer Arbeit (Tragen von Bleischürzen während der Versorgung) würde sich somit ein zu forderndes Raumvolumen von ungefähr 135 m3 ergeben. Dies entspricht bei einer Deckenhöhe von 3,2 m einer Raumfläche von ca. 42 m2. Nicht eingerechnet sind die Platzverluste durch Narkose- und Sonographiegeräte, Arbeitsflächen, Patiententrage, Schränke u.ä., sodass insgesamt von 50 m2/Einheit ausgegangen werden sollte. Bei vorausgesetzter Möglichkeit der zeitgleichen Versorgung von maximal 2 Schwerverletzten vergrößert sich diese Fläche entsprechend. Der § 38 Abs. 2 der Arbeitsstättenrichtlinie von 1986) schreibt für Sanitäts- und Erste-Hilfe-Räume eine lichte Türbreite von mindestens 1,2 m, die der Türhöhe 2,0 m betragen.

Zur Installation und Inbetriebnahme einer Röntgenanlage sind die baulichen Richtlinien zur Strahlenschutz- und Röntgenverordnung (RöV § 20) heranzuziehen. Diese richten sich im Einzelfall nach der Art des Röntgengeräts. So gelten bei Installation eines C-Bogens andere Richtlinien als bei Installation einer kompletten Röntgenanlage oder eines CT. Die Abnahme unterliegt hier dem zuständigen Amt für Arbeitsschutz.

Darüber hinaus sollte der Schockraum über eine zentrale Gasver- und -entsorgung [Technische Regeln für Gefahrenstoffe (TRGS) 525; Gefahrenstoffverordnung; 6.4 ff, Narkosegasabsaugungen], eine Notstromversorgung, mindestens zwei fernamtsberechtigte Telefone sowie eine krankenhausinterne Gegensprechanlage verfügen (EL 5 [113]). In unmittelbarer Nachbarschaft sollte sich ferner ein Raum mit der Möglichkeit zur Durchführung von Notfalleingriffen (separates Narkosegerät, OP-Siebe für unfall-, allgemein-, neuro- und thoraxchirurgische Noteingriffe) befinden [61, 113]. Alle in der Tabelle 5 genannten Gegenstände und Sets sind ebenfalls direkt im Schockraum aufzubewahren.

Zur Qualitätssicherung kann es hilfreich sein, das Schockraummanagement für die spätere Analyse per Video aufzeichnen zu lassen (EL 4 [12, 70, 75]). Dies wird in 20% der nordamerikanischen Traumazentren durchgeführt [29], ist aber in Deutschland unüblich, da es datenschutzrechtliche Belange berührt.

Diskussion

Obwohl der Schockraum in der Behandlung schwerverletzter Patienten eine zentrale Stellung einnimmt, gibt es bislang keine verbindlichen Vorgaben zur personellen oder baulichen Ausstattung. Trotz zahlreicher Arbeiten, die sich mit der Behandlung polytraumatisierter Patienten befassen, gibt es zu zentralen Fragen, z. B. der Zusammensetzung des Behandlungsteams, kaum hochwertige Studienevidenz. Unterschiedliche Ausbildungssysteme und von den deutschen Fachdisziplinen abweichende Berufsbezeichnungen und Aufgabenfelder machen es schwer, die Ergebnisse internationaler Arbeiten auf deutsche Verhältnisse zu übertragen. So findet sich hierzulande beispielsweise keine Entsprechung des amerikanischen „emergency physician“, der in der dortigen Traumaversorgung oft eine zentrale Rolle spielt. Ein weiterer relevanter Unterschied der Schwerverletztenbehandlung besteht ferner darin, dass das Traumateam—im Gegensatz zu Deutschland—nicht die folgenden operativen Eingriffe durchführt. Diese werden meistens von eigens vorgesehenen Operationsteams vorgenommen. In der vorliegenden Arbeit wurde dementsprechend versucht, anhand der Durchsicht einer großen Zahl von Publikationen ein Basisschockraumteam herauszufiltern und an den Bedarf deutscher Kliniken anzupassen. Eine ähnliche Problematik findet sich auch bei den Kriterien zur Aktivierung des Schockraumteams. Wenngleich hier Studien höheren Evidenzgrades die Notwendigkeit bei Vorliegen verschiedener physiologischer oder anatomischer Parameter bzw. aufgrund bestimmter Unfallmechanismen belegen, sind doch einige Kriterien bislang weiterhin nicht überprüft. Hier dient wiederum lediglich die Erfahrung bzw. ein Expertenkonsensus als Grundlage. Bei einer „Undertriage-Rate“ von 5–10% scheinen die aktuellen Kriterien laut ACS-Empfehlungen allerdings ausreichend (EL 5 [6]). Ob sich durch eine Modifizierung oder Erweiterung dieser Kriterien eine weitere Verbesserung der Versorgungsqualität bei gleichzeitig verminderter „overtriage“ erzielen lassen könnte, müsste ggf. noch durch weitere Studien gezeigt werden.

Medizintechnische Vorgaben ergeben sich durch die notwendigen diagnostischen und therapeutischen/operativen Eingriffe und Interventionen, die in der Akutbehandlung Schwerverletzter durchzuführen sind. Spezielle bauliche Vorgaben bei der Planung eines Schockraumes i.S. einer DIN fehlen bislang in Deutschland. Eine Annäherung an die Problematik, die (optimal) notwendige Größe eines Schockraums zu ermitteln, ist daher evtl. über arbeitsmedizinische Umwege möglich. In der vorliegenden Arbeit wurden daher sowohl sicherheitstechnische (Strahlenschutz, Gasentsorgung, Feuerschutzbestimmung etc.), wie auch arbeitsmedizinische Aspekte (Klimatisierung, Raumluftangebot, Arbeitsflächen etc.) zur Problemlösung herangezogen. Unserer Ansicht nach lassen sich auf diese Weise bereits sehr gute Vorgaben über Größe, Lage und Ausstattung des Schockraums erreichen.

Schlussfolgerung

Wenngleich es sich bei der vorliegenden Arbeit um Empfehlungen zur personellen und strukturellen Ausstattung des Schockraum(managements) handelt, ist hervorzuheben, dass diese auf der Analyse einer großen Literaturauswertung basieren. Folgendes kann daher als Quintessenz aktueller Traumaversorgung aufgefasst werden:

  • Das Schockraumteam sollte aus 8–9 Personen bestehen.

  • Die Anwesenheit eines (unfall)chirurgischen Oberarztes sollte innerhalb von 20 min gewährleistet sein.

  • Mitglieder der erweiterten Schockraumteams sollten binnen 20–30 min im Schockraum eintreffen.

  • Die Leitung des Schockraumteams erfolgt durch einen erfahrenen (Unfall-)Chirurgen bzw. interdisziplinär zwischen (Unfall-)Chirurgie und Anästhesie.

  • 50–100 schwerverletzte Patienten sollten pro Jahr und Krankenhaus mindestens behandelt werden, um die Qualität der Versorgung gewährleisten zu können.

  • Die Größe des Schockraums sollte 50 m2 nicht unterschreiten; alle notwendigen Gegenstände und medizintechnischen Geräte sind permanent dort vorzuhalten.