Die Inzidenz von Radiusköpfchenfrakturen wird mit 2–5% aller Frakturen bei Erwachsenen angegeben. Bei einem Drittel aller Ellenbogenverletzungen ist das Radiusköpfchen (RK) mit betroffen [1, 24, 38]. Problematisch ist dabei die Kombination mit Begleitverletzungen des Ellenbogengelenks. Die Insuffizienz des RK als radialer Pfeiler dieses Gelenks führt zur Instabilität des Ellenbogengelenks [2, 8, 34, 36].

Einfache Frakturen (Mason I) mit geringer oder ohne Dislokation werden funktionell behandelt. Gering dislozierte Frakturen (Mason II) werden in der Regel mit interner Osteosynthese versorgt [11, 21, 23]. Eine kontroverse Diskussion besteht hinsichtlich der Behandlungsoptionen der höhergradigen (Mason III und IV) Frakturen [10, 15, 34]. Biomechanischen Studien zeigen, dass ein intaktes Ellenbogengelenk zwar das Fehlen des RK als radialen Pfeiler kompensieren, kann aber die Kombination mit einer Verletzung des medialen Kollateralbandes sowie einer Verletzung der Membrana interossea zu einer anhaltenden Instabilität des Ellenbogengelenks führt [2, 8, 32, 33]. Die Folgen einer RK-Resektion sind in diesen Fällen einer Valgusinstabilität eine Proximalwanderung des Radius und eine frühzeitige Humeroulnararthrose [1, 5, 18, 20, 21, 27, 31]. Die RK-Prothesen der ersten Generation, die Silikon-Gummiprothesen von Swanson und die Vitalliumprothese, konnten die gewünschten Ergebnisse nicht erbringen. Es wurden im Verlauf Implantatdislokationen, Brüche und Synovialitiden durch Silastik-Abrieb beschrieben [35]. Langfristig wurden in bis zu 50% der Fälle aseptische Lockerungen angegeben [12, 14, 25, 30]. Die RK-Prothesen der neuen Generation sind weiterentwickelt und zeichnen sich durch verbesserte biomechanische Eigenschaften aus. Pomianowski et al. [28] konnten durch Messungen nachweisen, dass die EVOLVE®-Prothese (Wright Medical Technology, Inc., Arlington) sowie die bipolare Judet-Prothese [19] die mechanischen Eigenschaften zur Valgusstabilität am Ellenbogen erfüllen. Die EVOLVE®-Prothese ist eine metallische Monoblockprothese, die aus zwei variablen Komponenten, dem Prothesenkopf und Prothesenschaft, besteht. Diese werden intraoperativ miteinander verblockt. Die Prothesenoberfläche ist poliert und erfüllt damit eine rotierende Platzhalterfunktion [14, 30].

Die Indikation zur Radiusköpfchenprothese wird in der Regel intraoperativ bei Instabilität des Ellenbogengelenks wie folgt gestellt:

RK-Trümmerfraktur mit

  • Ellenbogenluxation

  • Verletzungen des Kollateralbandes

  • Verletzung der Membrana interossea

Das Ziel dieser Studie ist die klinische und funktionelle Nachuntersuchung der Patienten, die mit der modularen RK-Prothese versorgt wurden.

Patienten und Methoden

Studienkollektiv

Von Juni 2001 bis Januar 2005 wurden 30 Patienten mit Trümmerfrakturen des Radiusköpfchens mit einer EVOLVE®-Prothese versorgt. Von diesen wurden 28 Patienten (15 Männer, 13 Frauen) im Rahmen der Studie nachuntersucht. Die mittlere Nachuntersuchungszeit betrug 29 Monate (Median 25; 18–55 Monate). Das Durchschnittsalter lag bei 49 (47; 22–78) Jahren. Die linke obere Extremität war in 17 (61%) Fällen und die rechte obere Extremität in 11 (39%) Fällen betroffen. Die Fraktureinteilung und die Datenauswertung erfolgten aufgrund der internationalen Verbreitung nach der Mason-Klassifikation ([22]; modifiziert nach Broberg u. Morrey [5]). Sie ergab 7-mal (25%) eine Mason III- und 21-mal (75%) eine Mason IV-Fraktur. Die Einteilung nach der AO-Klassifikation [26] ergab 12 (42%) Typ-21B2-Frakturen, 1 (4%) Typ-21C1-Fraktur, 10 (36%) Typ-21C2-Frakturen und 5 (18%) Typ-21C3-Frakturen.

Neben Alter und Geschlecht wurden Beruf, Unfallhergang sowie die Lokalisation der Verletzung und das Ausmaß der Begleitverletzungen erhoben. In 89% der Fälle lag eine Begleitverletzung der betroffenen Extremität vor (Tab. 1). Die häufigste Begleitverletzung war eine Ellenbogengelenksluxation mit Abriss des Processus coronoideus gefolgt von Verletzungen des Seitenbandapparates. In 16 Fällen (57%) handelte es sich um Mehrfachkombinationen. In 3 Fällen erfolgte zusätzlich die Anlage eines Bewegungsfixateurs.

Tab. 1 Begleitverletzungen am betroffenen Unterarm

Die Analyse des Unfallhergangs ergab, dass in 16 Fällen (57%) ein direktes Ellenbogentrauma vorlag, in 11 (39%) Fällen wurde ein Sturz auf den nach vorne ausgestreckten Arm und in 1 Fall (4%) ein Sturz nach hinten angegeben. Die Verletzung ereignete sich bei 35% der Fälle bei Wege- und Arbeitsunfällen und bei 24% im häuslichen Umfeld.

Die Patienten wurden im Durchschnitt am 6. Tag (Median 6; 0–32 Tage) nach dem Unfall operativ versorgt.

Chirurgisches Vorgehen

Die Indikation zur Implantation einer Radiusköpfchenprothese wurde intraoperativ anhand folgender Kriterien überprüft. Zum einen wurde sie gestellt, wenn bei Trümmerfrakturen des Radiusköpfchens oder bei schlechter Knochenqualität eine Rekonstruktion oder Osteosynthese nicht sinnvoll erschien. Lag eine horizontale oder Valgusinstabilität vor, welche durch eine Ruptur oder einen knöchernen Ausriss des medialen Kollateralbandes oder der Membrana interossea bedingt war, wurde das Radiusköpfchen nicht nur reseziert, sondern auch prothetisch ersetzt.

Intraoperativ wurde nach entsprechender Präparation die Resektion des zerstörten Radiusköpfchens und des Radiushalses bis maximal wenige Millimeter proximal der Tuberositas radii vorgenommen. Nach der Präparation des Radiushalses mit dem Profiler wurde zunächst eine Probeprothese eingebracht und radiologisch kontrolliert. Dabei war vor allem die Länge der Prothese genau an der humeroulnaren Gelenkfläche anzupassen, da eine zu kurze Prothese („understuffing“) zu übermäßiger Laxität im Valgus und eine zu lange („overstuffing“) zu Repositionsschwierigkeiten sowie Hyperpression auf das Capitulum humeri führen kann. Der Toleranzbereich liegt hier bei ±2 mm [33]. In jedem Fall muss die definitive Prothese mit der Kompressionsvorrichtung adäquat mit dem Stem verbunden werden, da sonst eine Entkoppelung auftreten kann. Es erfolgte eine sorgfältige Rekonstruktion des Lig. anulare sowie der osteochondralen und ligamentären Begleitverletzungen. Bei einer multidirektionalen Instabilität wurde zusätzlich ein Bewegungsfixateur angelegt. Die Röntgenabschlusskontrolle ist obligat.

Nachbehandlung

Ab dem ersten postoperativen Tag wurde die frühfunktionelle Beübung mit schmerzadaptierten passiven und aktiv-assistierten Bewegungen durchgeführt.

In den Fällen, in denen eine Refixierung der Kollateralbänder nötig war, wurden für 6 Wochen Bewegungen mit Varus- und Valgusstress vermieden. Eine dorsale Gipsschiene zur temporären Einschränkung der Ellenbogenstreckung wurde nur bei zusätzlicher Refixation des Processus coronoideus angelegt.

Zur Prophylaxe heterotoper Ossifikationen wurde, sofern keine Kontraindikation vorlag, allen Patienten Voltaren® Resinat (75 mg p. o.) unter suffizienter Magenschleimhautprotektion verabreicht.

Nachuntersuchung

Mit Hilfe eines standardisierten Fragebogens wurden die Patienten zur Alltagsgebrauchsfähigkeit der betroffenen Extremität, zur Kraftentfaltung, Geschicklichkeit und Funktion befragt. Des Weiteren sollten sie Angaben zu Schmerzen und ihrer subjektiven Zufriedenheit machen. Zur Beurteilung der Ergebnisse erfolgte die Auswertung nach dem Morrey-Score (Tab. 2; [24]) und dem Score nach Radin u. Riseborough (Tab. 3; [29]).

Tab. 2 Der Score nach Morrey [24]
Tab. 3 Kriterien von Radin u. Riseborough [29] zur Bewertung der klinischen Ergebnisse nach Radiusköpfchenfrakturen

Röntgenuntersuchung

Es wurden Röntgenaufnahmen des Ellenbogens in 2 Ebenen sowie eine RK-Zielaufnahme nach Greenspan [13] angefertigt. Bei Beschwerden am Handgelenk wurden zusätzlich beidseits Handgelenksstressaufnahmen in der a.p.-Ebene durchgeführt. Diese Aufnahmen wurden von zwei Unfallchirurgen ausgewertet. Beurteilungskriterien waren die korrekte Artikulation der Gelenkkomponenten, Implantatlage, Humeroulnararthrose, Prothesenlockerung und Lysesaumbildung (Abb. 1, Abb. 2, Abb. 3).

Abb. 1
figure 1

46-jährige Patientin, Radiusköpfchen (RK)-Trümmerfraktur mit Ellenbogenluxation, Kapselbandruptur ventral und ulnar. Einsatz einer RK-Prothese mit Fixierung des ventralen und ulnaren Kapselbandapparats mit Mitek-Anker. Morrey-Score 88 Punkte nach 54 Monaten. a, b Unfallbilder; c, d Kontrolle 6 Wochen postoperativ; e Kontrolle nach 54 Monaten

Abb. 2
figure 2

78-jähriger Patient. a Dislokation der Prothesenkomponenten nach insuffizienter Verblockung der Prothese. b Kontrolle 2 Jahre nach der Revision

Abb. 3
figure 3

Lysesaumbildung um den Prothesenschaft. Diese wurde bei 3/4 der Patienten beobachtet; eine Auswirkung auf das klinische Outcome konnte nicht festgestellt werden

Die periartikuläre Verkalkung wurde nach Brooker eingeteilt [6]. Zur Feststellung des Ulnavorschubs wurden die Handgelenksaufnahmen miteinander verglichen.

Ethikvotum und Statistik

Ein positives Votum der Ethikkommission der Landesärztekammer Mainz zur Durchführung dieser Studie liegt vor. Die statistische Auswertung der Daten wurde mit Excel 2003 (Microsoft©) durchgeführt.

Ergebnisse

Klinische Ergebnisse

Nach den Kriterien des Morrey-Scores wurden 6 Patienten (21%) mit sehr gut, 13 Patienten (46%) mit gut beurteilt. 8 Patienten (29%) wurden mit ausreichend eingestuft und 1 Ergebnis (4%) wurde als mangelhaft bewertet (Abb. 4). Nach Morrey erreichten die Patienten im Durchschnitt 79 (83; 47–98) Punkte. Die Einteilung nach Radin u. Riseborough stufte 3 Fälle (11%) mit gut, 18 Fälle (64%) mit befriedigend und rund ein Viertel der Ergebnisse (7 Fälle) mit schlecht ein (Abb. 5).

Abb. 4
figure 4

Behandlungsergebnisse nach den Kriterien von Morrey [24]

Abb. 5
figure 5

Behandlungsergebnisse nach den Kriterien von Radin u. Riseborough [29]

Hinsichtlich der Ellenbogenbeweglichkeit (Abb. 6) wurde bei 18 Patienten (64%) ein Streckdefizit festgestellt.

Abb. 6
figure 6

Bewegungseinschränkung des Ellenbogengelenks, Mittelwerte der 28 Patienten. Zum Vergleich wurde die Messung der Gegenseite herangezogen

Die aktive Flexion im Ellenbogengelenk betrug 128° (130; 100–140°), das Streckdefizit 20° (20; 0–50°), die Supination 71° (80; 0–90°) und die Pronation 75° (80; 5–90°). Damit betrug die Flexion im betroffenen Ellenbogengelenk 92%, die Supination 85% und die Pronation 88% gegenüber der nichtverletzten Seite. Die Handgelenksbeweglichkeit war bei 12 Patienten (42%) im Vergleich zur Gegenseite endgradig eingeschränkt. Sie betrug auf der betroffenen Seite im Vergleich zur nichtbetroffenen Seite im Mittel: Flexion 66° vs. 72°, Dorsalextension 65° vs. 72°, Radialabduktion 23° vs. 26° und Ulnadeviation 30° vs. 33°. Bei allen Patienten war das Ellenbogengelenk in allen Ebenen stabil (Tab. 4).

Tab. 4 Ergebnisse der klinischen Untersuchung. Vergleich der jeweils verletzten mit der nichtverletzten Extremität

Durchschnittlich konnten bei der Kraftmessung mit Hilfe des Jamar-Dynamometers an der betroffenen Seite 25 kg (26; 12–51 kg) und an der unverletzten Seite 33 kg (29; 15–59 kg) erreicht werden. Das Kraftverhältnis der verletzten zur nichtverletzten Seite betrug 0,76 (0,8; 0,5–1,4). Danach war die grobe Kraft der verletzten Seite im Durchschnitt um 24% reduziert (Tab. 4).

Das Verhältnis der Unterarmumfangmessung der verletzten zur nichtverletzten Seite ergab 1,0 (1; 0,9–1,1). Es wurde ein Cubitus valgus der betroffenen Seite von 15° (17; 5–25°), bei der nichtverletzten von 10° (10; 0–15°) festgestellt. Bei 5 Patienten (18%) wurde ein positiver Ulnadruckschmerz festgestellt. Diese Patienten klagten ebenfalls über Schmerzen bei der Unterarmumwendbewegung.

Berufliche Rehabilitation

Zum Unfallzeitpunkt waren 22 Patienten (79%) berufstätig. Dabei waren 7 Patienten (32%) schwer körperlich (z. B. im Tiefbau) und 15 Patienten (68%) leicht und mittelschwer körperlich (z. B. als Lehrer oder Bürokauffrau) tätig. Der Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit betrug bei 17 Patienten (77%) weniger als 6 Monate, bei 3 Patienten (14%) 6–12 Monate und bei 2 Patienten (9%) sogar über 12 Monate. 15 Patienten (68%) nahmen ihre berufliche Tätigkeit ohne Einschränkung wieder auf; 4 (18%) berichteten über Einschränkungen. Bei 3 Patienten (14%) war ein Arbeitsplatzwechsel notwendig. Bei den insgesamt 7 Patienten mit schwerer körperlicher Tätigkeit war in 3 Fällen eine Umschulung notwendig. Ihrem Beruf konnten 2 Patienten mit leichten Einschränkungen nachgehen, 2 Patienten berichteten über keinerlei Einschränkungen.

Radiologische Ergebnisse

In allen Fällen bestand eine regelrechte Artikulation der Prothese. Es wurde keine Prothesenluxation oder -fraktur festgestellt. Bei 22 Patienten (79%) wurde ein Lysesaum am Prothesenschaft festgestellt. Die Breite der Lysesaumzone betrug im Durchschnitt 2 mm. Die periprothetische Ossifikation wurde nach Brooker et al. [6] eingeteilt: Bei 20 Patienten (71%) fand sich keine periprothetische Ossifikation, jeweils 3 Patienten (11%) zeigten eine geringe bis mäßige und 2 Patienten (7%) eine starke periprothetische Ossifikation. Eine starke Humeroulnararthrose wurde bei 1 Patienten (4%) diagnostiziert, bei 5 Patienten (18%) wurde eine mäßige, bei 9 Patienten (32%) eine geringe und bei 13 Patienten (46%) wurde keine Arthrose festgestellt. Bei 6 Patienten (21%) zeigte sich ein Ulnavorschub in der Handgelenkstressaufnahme von im Mittel 2 mm.

Subjektive Patientenbewertung

Die Schmerzhäufigkeit wurde von 40% der Patienten mit regelmäßig bis häufig und von 60% mit nie bis gelegentlich angegeben. Eine subjektive Kraftminderung wurde von 90% der Patienten angegeben.

Das Operationsergebnis beurteilten 14 Patienten (50%) als sehr gut und gut, 12 Patienten (43%) als befriedigend und 2 Patienten (7%) waren unzufrieden. Im Alltag und im alltäglichen Gebrauch berichteten 11% über keinerlei Einschränkungen, 71% über geringe Einschränkungen und Schonung der betroffenen Extremität und 18% über einschneidende Einschränkungen.

Komplikationen

In 2 Fällen wurde eine starke periartikuläre Ossifikation beobachtet. In einem Fall war ein operativer Eingriff notwendig. Eine Subluxation der Prothese wurde in einem Fall beobachtet, ebenso ein oberflächlicher Infekt. Die Subluxation war auf eine insuffiziente Kompression der Prothesenkomponenten zurückzuführen und war revisionspflichtig. Protheseninfektionen wurden in der Nachuntersuchungszeit nicht beobachtet.

Diskussion

Die Bedeutung des Radiusköpfchens als radialer Pfeiler des Ellenbogengelenks ist aus biomechanischen Studien bekannt [2, 8, 32, 34]. Es ist entscheidend für die Integrität und die Stabilität des Ellenbogengelenks. Hier kann vor allem die Kombination mit ligamentären Begleitverletzungen zu einem Stabilitätsverlust führen. Die Osteosynthese ist gerade bei RK-Trümmerfrakturen häufig insuffizient und die späte Resektion wird mehrheitlich in der Literatur abgelehnt ([1, 12, 16, 21, 38]; Abb. 1, Abb. 2). Die bisherigen RK-Prothesen konnten den biomechanischen Ansprüchen des Ellenbogengelenkes nicht gerecht werden und haben sich daher nicht etabliert [3, 4, 37]. Die ersatzlose RK-Resektion war für eine lange Zeit die einzige Therapieoption bei Trümmerfrakturen [1, 5, 16, 18]. Der Einsatz der neuen RK-Prothesen soll diese Nachteile reduzieren. Das Ziel dieser retrospektiven Studie war die Darlegung der funktionellen und radiologischen Ergebnisse. Hinsichtlich der Beurteilung der Beweglichkeit und der Kraftentfaltung haben wir jeweils die nichtverletzte Extremität als Referenzwert verwendet.

Einschränkungen dieser Studie sind zum einen die kurze Nachuntersuchungszeit, zum anderen das Fehlen einer prospektiven Vergleichsstudie.

Nach dem Morrey-Score [24] wurden im Durchschnitt 79 Punkte erreicht. Es waren in 67% der Fälle sehr gute und gute Ergebnisse. Nur 8 Patienten (29%) wurden mit ausreichend eingestuft und 1 Ergebnis (4%) als mangelhaft bewertet. Bei 7 der ausreichenden und mangelhaften Fälle bestand eine Ellenbogengelenksluxation mit Abriss des Processus coronoideus. Bei dieser Verletzungskombination beschreiben auch andere Autoren ungünstigere Verläufe [10, 14, 36, 37]. Bei dem anderen Patienten mit einem schlechten Ergebnis handelte es sich um eine Essex-Lopresti-Verletzung [9].

Ähnlich gute klinische Ergebnisse werden auch von anderen Autoren beschrieben. Grewal [14] stellte bei einer Nachuntersuchung von 24 Patienten nach der Implantation des gleichen Prothesentyps 50% sehr gute, 17% gute, 25% ausreichende und 8% mangelhafte Ergebnisse fest.

Im Durchschnitt war die grobe Kraft an der betroffenen Extremität im Vergleich zur Gegenseite um 24% reduziert. Es bestand ein Streckdefizit von 20°, die Pronation war um 10°, die Supination um 13° reduziert. Der Cubitus valgus war um 5° erhöht. Aufgrund der regelmäßig durchgeführten Ossifikationsprophylaxe wurden nur in 2 Fällen stärkere periartikuläre Ossifikationen festgestellt. Bei 22 Patienten (79%) wurde ein Lysesaum am Prothesenschaft bemerkt. Ein Zusammenhang mit den Beschwerden der Patienten konnte nicht festgestellt werden. Bei der EVOLVE®-Prothese handelt es sich zwar um eine polierte Prothese, die im RK-Schaft rotieren kann. Dennoch werden wir diesen Befund weiter beobachten. Denn letztlich können nur die Langzeitergebnisse über die Relevanz der Lysesäume Aufschluss geben.

Eine Ellenbogeninstabilität wurde bei keinem Patienten festgestellt. Zudem konnte durch die variable Prothesenhöhe ein Over- oder Understuffing vermieden werden.

Bei den Patienten handelte es sich vorwiegend um berufstätige Patienten (79%). In 3 Fällen war ein Arbeitsplatzwechsel notwendig. Dabei handelte es sich ausschließlich um schwer körperlich tätige Patienten.

Frosch et al. [10] berichten bei einem ähnlichen Patientenkollektiv über vergleichbare Ergebnisse mit der bipolaren Judet-Prothese. Nach dem Morrey-Score fanden sich 2 sehr gute, 5 gute und 2 ausreichende Ergebnisse.

In 89% der Fälle haben wir Begleitverletzungen des Ellenbogengelenks festgestellt. Dies ist deutlich höher als der in der Literatur häufig beschriebene Anteil von 30%. Die Kombination dieser Verletzungen mit einer ersatzlosen RK-Resektion würde in diesen Fällen zu einer Instabilität des Ellenbogengelenkes mit den bekannten Spätfolgen führen [2, 16, 24, 28]. Insgesamt ist davon auszugehen, dass der Anteil an Begleitverletzungen bei Mason-III-Frakturen generell deutlich höher liegt als vermutet [34]. Itamura et al. [17] fanden bei einem Kollektiv von 24 Patienten mit Mason-II- und III-Frakturen, bei denen nach der klinischen Einschätzung keine ligamentären Verletzungen des Ellenbogens festgestellt wurden, in der anschließend durchgeführten MRT-Untersuchung in 13 Fällen (54%) eine Verletzung des medialen, in 18 Fällen (75%) des lateralen Bandapparats.

Gerade die richtige Einschätzung der ligamentären Begleitverletzungen (Tab. 1) ist für die korrekte Indikationsstellung zur Resektion oder den endoprothetischen Ersatz erforderlich. Von daher ist die gelegentlich popagierte CT-Untersuchung für die Indikationsstellung nur bedingt indiziert [1]. Auch der Frakturmechanismus weicht von der weit verbreiteten Theorie der indirekten Fraktur des Radiusköpfchens ab [1, 24]. In unserem Kollektiv war in 58% der Fälle ein direktes Trauma ursächlich für die Verletzung. Gerade in diesem Zusammenhang halten wir eine intraoperative Durchleuchtungskontrolle des distalen Radioulnargelenks für ratsam. Hierdurch kann eine mögliche Essex-Lopresti-Verletzung kontrolliert werden [9].

Nach unseren Ergebnissen ist die bisherige Klassifikation der knöchernen Fraktur nach Mason oder AO für die Therapieindikation und Prognose der höhergradigen RK-Frakturen nicht hilfreich, da hier die Rolle einer ligamentären Verletzung des Ellenbogengelenks nicht berücksichtigt wird. Für die operative Indikationsstellung sowie die Einschätzung der Prognose ist eine Erweiterung der bekannten Klassifikationen notwendig.

Insgesamt zeigte dieses Patientenkollektiv Verletzungen, bei denen nach einer herkömmlichen Resektion des Radiusköpfchens in der überwiegenden Zahl mit mäßigen und unbefriedigenden Ergebnissen zu rechnen gewesen wäre [1, 2, 7, 12, 19, 21]. Die Anwendung der RK-Prothese gewährleistet durch die Wiederherstellung des radialen Pfeilers als Platzhalter die Integrität des Ellenbogengelenks und ermöglicht gerade bei Begleitverletzungen des Gelenks die Einleitung einer frühfunktionellen Behandlung. Dies spiegelt sich in den guten klinischen Ergebnissen der Untersuchung wieder.

Fazit für die Praxis

Das Ausmaß der Begleitverletzungen am Ellenbogengelenk bleibt ein entscheidender Parameter für das Gesamtergebnis. Die Radiusköpfchenprothese bietet ein unkompliziertes Verfahren zur Behandlung von RK-Trümmerfrakturen mit ligamentären Begleitverletzungen. Durch die Kombination der ligamentären Rekonstruktion und der frühfunktionellen Nachbehandlung werden vor allem die biomechanischen Nachteile der Resektion minimiert, und mittelfristig gute klinische und radiologische Ergebnisse erreicht.