Lernziel: Radiusköpfchenfrakturen nehmen bedingt durch eine vermehrte sportliche Aktivität der Bevölkerung sowie die steigende Lebenserwartung stetig zu. Beim Sturz auf den gestreckten Vorderarm werden große Kräfte über den radialen Pfeiler des Ellenbogengelenkes eingeleitet, welche zur Fraktur des Radiusköpfchens und weiteren Begleitverletzungen führen können. Die Kenntnis der funktionellen Anatomie dieses Gelenkes ist die entscheidende Voraussetzung für eine gezielte Diagnostik und Therapie solcher Verletzungen. Ziel der Therapie ist die möglichst vollständige Wiederherstellung der Gelenkfunktion. Daher werden in diesem Beitrag die Grundlagen der funktionellen Anatomie des Ellenbogengelenkes, der klinische Untersuchungsablauf und die bildgebende Diagnostik der Radiusköpfchenfraktur geschildert. Ferner wird dem Leser der aus dem jeweiligen Verletzungstyp resultierende Ablauf des operativen Vorgehens sowie der Nachbehandlung vermittelt.

Anatomische Vorbemerkungen, Zugangsweg

Das Ellenbogengelenk (Articulatio cubiti) umschließt mit seiner Kapsel die gelenkigen Verbindungen dreier Knochen. Hierbei gleiten die beiden Unterarmknochen, Radius und Ulna, auf der distalen Gelenkfläche des Humerus und führen Beuge- und Streckbewegungen aus. Der Radius ist mit seinem proximalen Radiusköpfchen außerdem zu Kreiselbewegungen befähigt und besitzt demgemäß besondere Gelenkverbindungen mit der Ulna, von denen die proximale (proximales Radioulnargelenk, PRUG) in das Ellenbogengelenk eingeschlossen ist. Im Vergleich zu anderen großen Gelenken (Schultergelenk, Hüftgelenk, Kniegelenk) ist im Ellenbogengelenk die Knochenführung starr.

In der Articulatio humeroradialis werden neben Scharnierbewegungen noch die Bewegungen der Supination und der Pronation des Radius ausgeführt.

Dem Bau der Gelenkkörper nach liegt ein Kugelgelenk vor, dem jedoch aufgrund der Fesselung des Radius an die Ulna durch das Ligamentum anulare radii der 3. Grad der Bewegungsfreiheit (Seitbewegung) genommen ist. In der Articulatio humeroradialis bildet das halbkugelige Humerusköpfchen (Capitulum humeri) den konvexen Gelenkkörper, mit dem die flache Pfanne des Caput radii in seiner Fovea articularis artikuliert. Der ulnare Rand des Radiusköpfchens berührt in einem schmalen, halbmondförmigen Bezirk (Lunula obliqua) die entsprechend abgeschrägte radiale Außenkante der Trochlea humeri (Sulcus capitulotrochlearis). Durch diese Ergänzung wird die Führung beider Knochen weiter verbessert und die die Druckkraft übertragende Fläche vergrößert.

In der Articulatio radioulnaris proximalis gleitet die überknorpelte Circumferentia articularis radii wie ein Rad in der Incisura radialis ulnae. Durch das Ligamentum anulare radii, das mit der Gelenkkapsel verbunden ist, wird die kleine überknorpelte Pfanne zu einem Ring ergänzt. In diesem osteofibrösen Ring dreht sich der Kopf um die Unterarmachse, die senkrecht auf der queren Scharnierachse des Ellenbogengelenkes steht [8, 11, 13, 15].

Im Hinblick auf die operative Behandlung von Radiusköpfchenfrakturen ist die enge topographische Beziehung der gelenkbildenden knöchernen Strukturen zu den benachbarten Leitungsbahnen zu berücksichtigen. Ventral des Ellenbogengelenkes verlaufen die A. und V. brachialis sowie der N. medianus. Entlang des radialen Pfeilers des Ellenbogengelenkes umläuft der N. radialis unterhalb des M. brachioradialis die Articulatio humeroradialis in unmittelbarer Nähe. Der Ramus profundus des N. radialis tritt im weiteren Verlauf in den M. supinator ein.

Der gebräuchlichste operative Zugangsweg zum Radiusköpfchen ist der laterale Zugang, welcher sich an der dorsalen Begrenzung des M. extensor carpi ulnaris sowie an der ventralen Begrenzung des M. anconaeus orientiert. Hierbei wird der N. radialis sowie sein tiefer Ast nach ventral gehalten und somit geschont (Abb. 1, nach Schmitt-Neuerburg [15]).

Abb. 1
figure 1

Anatomische Strukturen im Bereich des Zuganges zum Radiusköpfchen. (Aus [15])

Unfallmechanismus und Epidemiologie

Frakturen des Radiusköpfchens entstehen überwiegend durch den Sturz auf den extendierten Vorderarm, wobei dieser im Ellenbogengelenk in leichter Pronation gehalten ist. Amis [1] untersuchte den Einfluss der Stellung des Ellenbogengelenkes in Frakturversuchen auf den zu erwartenden Frakturtyp. Hierbei konnte er zeigen, dass bei zunehmender Streckung im Ellenbogengelenk der Sturz auf den Vorderarm zunehmend Radiusköpfchenfrakturen bewirkt.

Frakturen des Radiusköpfchens sowie des Radiushalses machen etwa 1,5–4% aller Frakturen sowie 26% aller knöcherner Ellenbogenverletzungen aus [6, 7].

Eine retrospektive Analyse der in unserer Klinik aufgrund einer Radiusköpfchenfraktur behandelten Patienten innerhalb der vergangenen 10 Jahre (429 Patienten) ergab ein durchschnittliches Alter bei Frakturereignis von 57 Jahren bei den weiblichen sowie 34 Jahren bei den männlichen Patienten (Abb. 2a, b). Während männliche Patienten weit überwiegend eine Fraktur vor dem 5. Dezennium erleiden, ist die Radiusköpfchenfraktur bei den weiblichen Patienten in zunehmender Häufigkeit jenseits der 5. Lebensdekade zu finden.

Abb. 2
figure 2

Altersverteilung von 429 Patienten mit Radiusköpfchenfraktur. a Frauen; b Männer

Diesbezüglich ist zu vermuten, dass der Knochenmasseverlust am osteoporotischen Skelett auch zukünftig in der stetig alternden Bevölkerung zu einer Zunahme von Radiusköpfchenfrakturen beim weiblichen Geschlecht führen wird.

Diagnostik

Zu Beginn einer jeden Diagnostik steht nach dem Erfragen des Unfallmechanismus die klinische Untersuchung des verletzten Ellenbogengelenkes. Bei der Inspektion ist insbesondere auf begleitende Weichteilverletzungen und eventuelle Fehlstellungen zu achten. Ein Patient mit erlittener Radiusköpfchenfraktur präsentiert sich häufig mit einer typischen Functio laesa für Flexion und Extension im Ellenbogengelenk und hält den Arm bei der initialen Vorstellung in nahezu rechtwinkliger Flexion und nur leichter Supination vor dem Abdomen.

Die Palpation, welche ein Punctum maximum für den Druckschmerz direkt über dem Radiusköpfchen ergibt, sollte bei fraktursuspektem Befund mit Zurückhaltung erfolgen. Eine sorgfältige Untersuchung der peripheren Durchblutung sowie Sensomotorik am entsprechenden Arm ist dringend erforderlich.

Zur Sicherung der Diagnose einer Radiusköpfchenfraktur ist die alleinige Anfertigung konventioneller Röntgenaufnahmen des betroffenen Ellenbogengelenkes in 2 Ebenen oftmals ausreichend. Ist in den 2 Standardprojektionen (a.-p. sowie seitlich; Abb. 3a, b) eine knöcherne Verletzung am Radiusköpfchen nicht zu erkennen, bestehen aber indirekte Frakturzeichen, wie ein vorderes oder hinteres Fettpolsterzeichen („fat pad sign“; Abb. 3b) oder deutliche klinische Beschwerden, so sollte unmittelbar eine Radiusköpfchenzielaufnahme (Abb. 3c) veranlasst werden. Oftmals ist eine Fraktur des Radiusköpfchens erst durch eine solche Projektion zu erkennen, während sie auf den beiden Standardaufnahmen verborgen bleibt (Abb. 3a, b).

Abb. 3
figure 3

Native Röntgendiagnostik der Radiusköpfchenfraktur. a a.-p.; b seitlich, Fettpolsterzeichen (Pfeilkopf); c Radiusköpfchenzielaufnahme; d CT mit sagittaler Rekonstruktion, Gelenkerguß (Pfeil)

Eine alleinige konventionelle Röntgendiagnostik ist somit bei einfachen Frakturtypen (Mason I + II) zur Sicherung der Diagnose vollständig ausreichend. Nur bei komplexeren Radiusköpfchenfrakturen mit Zertrümmerung des Caput radii oder bei Begleitverletzungen — wie z. B. Ellenbogengelenkluxation oder Frakturen am distalen gelenkbildenden Humerus — sollte eine CT-Diagnostik mit frontaler sowie sagittaler Rekonstruktion veranlasst werden. Hier kann bei komplexen Verletzungen oftmals erst das genaue Verletzungsausmaß erkannt werden [8, 15, 16].

Die MRT spielt — abgesehen von der weiterführenden Diagnostik einer sagittalen oder frontalen Ellenbogengelenkinstabilität — in der Diagnostik der reinen Radiusköpfchenfraktur keine Rolle. Sonographie und Angiographie haben ihren Stellenwert in der Abklärung von begleitenden Gefäßverletzungen; diese stellen jedoch bei der reinen Radiusköpfchenfraktur eine Rarität dar.

Begleitverletzungen

Bei einem von 3 Patienten mit Radiusköpfchenfraktur sind Begleitverletzungen zu erwarten. Hierbei können Frakturen des Olekranons (Abb. 4a, b), Ellenbogengelenkluxationen (Abb. 4c, d), Frakturen des Processus coronoideus (Abb. 4e, f), welcher den distalen Humerus nach ventral stabilisiert, oder (seltener) Frakturen des Capitulum humeri und des ulnaren Epikondylus auftreten. Bei neben der reinen Radiusköpfchenfraktur bestehenden Begleitverletzungen sollte eine sorgfältige bildgebende Diagnostik mittels Computertomographie unternommen werden. Die bestehenden Begleitverletzungen werden gemäß den allgemeinen Leitlinien der AO behandelt [8, 15].

Abb. 4
figure 4

Begleitverletzungen bei Radiusköpfchenfraktur. a, b Olekranonfraktur; c, d Ellenbogengelenkluxation; e, f Fraktur des Processus coronoideus (Pfeil)

Klassifikation

Die Einteilung von Frakturen des Radiusköpfchens folgt der international gebräuchlichen Klassifikation der AO (Abb. 5, nach Müller [12]). Hierbei werden einfache Spaltbrüche als Typ B2.1, mehrfragmentäre Brüche als Typ B2.2 sowie Trümmerfrakturen als Typ B2.3 klassifiziert.

Abb. 5
figure 5

Klassifikation proximaler Radiusfrakturen nach AO. (Aus [12])

Das Klassifikationssystem der Radiusköpfchenfrakturen nach Mason [11] hat sich im klinischen Alltag durchgesetzt, wenngleich von mehreren Autoren Modifikationen der Mason-Klassifikation angegeben wurden (Mc Key, Jupiter, Hotchkiss, Gradin, Bennett und Kenlic [13]).

1954 untersuchte Mason 100 Patienten mit erlittener Radiusköpfchenfraktur nach, wobei er 3 Frakturtypen voneinander abgrenzte [11]. Im klinischen Alltag hat sich gemäß einer Modifikation der Mason-Einteilung durch Broberg u. Morrey [3] ein 4. Typ etabliert. Somit gilt folgende Klassifikation (Tabelle 1):

Tabelle 1 Klassifikationssystem der Radiusköpfchenfrakturen. (Mod. nach Broberg u. Morrey [3])

Therapie

Therapieziele

Frakturen des Radiusköpfchens können in ihrer Folge die Vorderarmrotation sowie die Extension und Flexion beeinträchtigen. Ferner kann es zu einer Beeinträchtigung der Ellenbogengelenkstabilität kommen. Auch werden Radiusköpfchenfrakturen als präarthrotische Veränderungen verstanden.

Somit muss das Ziel einer adäquaten Therapie vor allem die Sicherung der freien Beweglichkeit des proximalen radioulnaren sowie humeroradialen Gelenkes sein. Eine Inkongruenz der Radiusköpfchenfacette kann zu einer Bewegungseinschränkung führen. Klinische Beobachtungen führten zu der Erkenntnis, dass lediglich partielle Frakturen des Radiusköpfchens zu keiner Beeinträchtigung der Vorderarmrotation führen können und dass sich hierbei unter Umständen exzellente Therapieresultate erwarten lassen [11, 13, 16].

Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen der operativen Versorgung von Radiusköpfchenfrakturen das Einbringen von Osteosynthesematerial, die iatrogene Verletzung des Ligamentum anulare radii sowie die oftmals postoperativ beobachteten Ausbildungen periartikulärer Ossifikationen zu einer Beeinträchtigung der freien Ellenbogengelenkfunktion führen können.

Somit bleibt individuell abzuwägen, ob ein in Kauf zu nehmendes operatives Trauma durch den letztlich durch eine Operation zu erreichenden Vorteil aufgewogen werden kann. Vor allem muss der Patient mit seinen persönlichen Anforderungen, seiner beruflichen und freizeitlichen Aktivität, seinem Alter sowie seinem Anspruch an die entsprechende Ellenbogengelenkfunktion in die Therapiewahl mit einbezogen werden.

Erklärtes Ziel der operativen Versorgung von Radiusköpfchenfrakturen ist die anatomische Wiederherstellung der Gelenkkongruenz. Das Ausgleichen von Gelenkstufen sowie das Vermeiden einer Verkürzung des radialen Pfeilers sind oberste Therapieziele [13, 14].

Konservative Therapie

Die konservative Therapie ist unumstritten die Therapie der Wahl bei nichtdislozierten und daher als stabil anzusehenden Mason-Typ I-Frakturen des Radiusköpfchens. Die frühfunktionelle Therapie besteht in einer kurzfristigen Ruhigstellung des betroffenen Ellenbogengelenkes in einer Oberarmgipsschiene mit geführten passiven sowie aktiven Bewegungsübungen aus der Schiene heraus ab dem 7.–10. Tag post Trauma [16].

Manche Autoren beschreiben die Durchführung einer entlastenden Gelenkpunktion bei positivem Fettpolsterzeichen sowie sonographisch nachweisbarem Gelenkerguss als hilfreich. Auch die Instillation von Lokalanästhetika in das betroffene Gelenk wird beschrieben. Jedoch müssen solche Maßnahmen einer äußerst strengen Indikationsstellung unterliegen und — falls durchgeführt — unter strengen sterilen Kautelen vorgenommen werden.

In unterschiedlichen Studien wurden durch die rein konservative frühfunktionelle Behandlung der Mason-I-Fraktur überwiegend gute und bisweilen befriedigende Ergebnisse gesehen [11, 16].

Mason selbst erzielte in seinem eigenen Patientengut bei 62 Patienten mit Typ-I-Frakturen unter alleiniger konservativer Therapie eine vollständige Wiederherstellung der Gelenkfunktion. Nur etwa 10% der Patienten beklagten „minimale Unannehmlichkeiten im Bereich des Ellenbogengelenkes“ [11].

Operative Therapie

Die operative Therapie der Radiusköpfchenfraktur wird vornehmlich bei größerer Fragmentdislokation (Mason II) sowie bei Zertrümmerungen des Radiusköpfchens (Mason III) und bei komplexeren Ellenbogenverletzungen und gleichzeitiger Köpfchenfraktur erforderlich [6, 7, 9, 13, 14, 16].

Jedoch muss die Indikation zur operativen Therapie streng gestellt werden, da eine Reihe von operationsbedingten Komplikationen, wie Verletzungen des lateralen Kollateralbandes, heterotope Ossifikationen, Implantatversagen oder -lockerung, Verletzung des N. interosseus antebrachii posterius, Verletzung des motorischen Astes des N. vachiatis sowie generelle Komplikationen (Wundentzündung, Wundheilungsstörung, Komplikationen unter Anästhesie), auftreten können.

Mason-II- sowie Mason-III-Frakturen, d. h. dislozierte Zweifragmentbrüche oder komplexere Köpfchenverletzungen mit bis zu 4 Fragmenten, sollten vor allem beim jüngeren Patienten vorzugsweise durch die offene anatomische Frakturreposition und mit interner Stabilisierung durch 2,0-mm-Titan-Schrauben (z. B. AO-Compact®-System) oder 1,5/2,0-mm-Titan-T- oder L-Platten versorgt werden (Abb. 6). Alternativ kann die K-Draht-Osteosynthese oder die Stabilisierung der Fragmente mit resorbierbaren Pins unternommen werden [7, 13, 14], wobei die erstgenannte Methode der Zugschraubenosteosynthese unterlegen ist.

Abb. 6
figure 6

Operative Stabilisierung einer Mason-II-Fraktur mit 2,0-mm-Titan-Schrauben (AO-CompactR-System). a, b Präoperativ; c, d postoperativ

Wird jedoch prä- oder intraoperativ der Verlust von Frakturfragmenten, ein metaphysärer Knochenverlust, die Impaktion oder Deformierung der Köpfchenfragmente sowie die Zertrümmerung des Köpfchens in nicht fassbare Fragmente ersichtlich, so ist eine Rekonstruktion der Radiusköpfchenanatomie nicht möglich.

Ferner kann vor allem bei älteren osteoporotischen Patienten selbst bei nur 3 vorliegenden Radiusköpfchenfragmenten ohne Impaktierung oder Deformierung derselben aufgrund der schlechten Knochenqualität eine suffiziente Stabilisierung unmöglich sein. In solchen Fällen sollte ein endoprothetischer Radiusköpfchenersatz (Abb. 7) oder eine Resektionsarthroplastik (Abb. 8) vorgenommen werden [2, 5, 6, 9, 10].

Abb. 7
figure 7

Versorgung einer Mason-III-Fraktur durch endoprothetischen Gelenkersatz. a–d Präoperativ; e, f postoperativ

Abb. 8
figure 8

Versorgung einer Mason-III-Fraktur durch Resektionsarthroplastik. a Präoperativ; b postoperativ; c 6 Monate postoperativ unter HO-Prophylaxe; d Ex-situ-Darstellung der Zertrümmerung des Radiusköpfchens; e, f Funktion 6 Monate postoperativ mit eingeschränkter Pro-/Supination aufgrund HO trotz medikamentöser Prophylaxe

Die Entscheidung zur Versorgung mittels endoprothetischem Radiusköpfchenersatz (Abb. 9) oder Resektionsarthroplastik muss von mehreren Faktoren abhängig gemacht werden [2, 5]. Somit verbietet sich eine alleinige Köpfchenresektion bei bestehender Valgusinstabilität, welche durch eine Ruptur oder einen knöchernen Ausriss des medialen Kollateralbandes bedingt ist.

Abb. 9
figure 9

Versorgung einer Mason-IV-Fraktur durch endoprothetischen Gelenkersatz. Aufgrund ausgeprägter Gelenkinstabilität passager ellenbogengelenkübergreifender Fixateur externe für 3 Wochen. a, b Präoperativ; c postoperativ

Bei Patienten mit Mason-III-Frakturen und klinischen Zeichen einer Valgusinstabilität muss daher eine suffiziente Rekonstruktion des medialen Kapsel-Band-Apparates gefordert werden. Ist dies nicht möglich, so sollte die primäre Implantation einer Radiusköpfchenprothese erfolgen. Somit kann eine resultierende Valgusinstabilität vermieden werden. Durch die endoprothetische Versorgung am Radiusköpfchen kann einer Radialdeviation der Hand, bedingt durch eine mögliche proximale Radiusmigration, vorgebeugt werden.

Obsolet ist die Implantation von Silikonprothesen (Swanson-Prothese), da diese weder den biologischen noch biomechanischen Anforderungen des komplexen Ellenbogengelenkes genügen [2].

Nachbehandlung

Um eine schonende Wundheilung zu ermöglichen, wird nach operativer Frakturversorgung ein dorsaler Oberarmgips angelegt. Nach operativer Versorgung der Radiusköpfchenfraktur kann mit aktiv assistierter Beübung ab dem 10. postoperativen Tag aus der Schiene heraus begonnen werden. Im Fall der operativen Refixierung der Kollateralbänder muss für etwa 6 Wochen von Varus- oder Valgusstress verursachenden Bewegungen abgesehen werden [13].

Zur Prophylaxe heterotoper Ossifikationen, der HO-Prophylaxe, sollte bereits ab dem Unfalltag eine medikamentöse Therapie mit Indometacin 2×75 mg per os unter suffizienter Magenschleimhautprotektion mit Protonenpumpenhemmern erfolgen. Postoperativ sollte die medikamentöse HO-Prophylaxe für eine Dauer von weiteren 2–4 Wochen fortgesetzt werden.

Komplikationen

Generelle Komplikationen nach Radiusköpfchenfraktur bestehen in einer Bewegungseinschränkung im betroffenen Ellenbogengelenk; hierbei ist häufig vor allem die Extension in Neutralstellung beeinträchtigt. Ferner kann es zu einer posttraumatischen Osteoarthrose am betroffenen Gelenk kommen.

Eine weitere mögliche Komplikation ist, vor allem bei bestehender kapsuloligamentärer Verletzung, die chronische Gelenkinstabilität. Vor allem nach Radiusköpfchenresektion wird die proximale Translation des Radius mit Radialdeviation der ipsilateralen Hand gesehen [9].

Die grobe Kraft (Faustschluss, Pro-/Supination) kann nach Radiusköpfchenfrakturen deutlich beeinträchtigt sein. Kann bei Radiusköpfchenfraktur die korrekte Länge des Radiushalses und -köpfchens nicht wiederhergestellt werden, oder kommt es im Rahmen der Frakturheilung zu Sinterungen, so kann ein Cubitus valgus entstehen. Die Valgusfehlstellung im Ellenbogengelenk kann ihrerseits im Laufe der Zeit eine Beeinträchtigung des N. ulnaris im Sinne einer permanenten Überdehnung bedingen [9, 12].

Fragen zur Zertifizierung

Für die Beantwortung der Fragen ist die Lektüre des Teils OP-Technik notwendig (nur eine Antwort ist möglich).

Wie hoch ist prozentual der Anteil der Frakturen des Radiusköpfchens sowie des Radiushalses an allen Frakturen?

  • 0–0,5%

  • 1,5–4%

  • 5–10%

  • 10–15%

  • 15–20%

Bei der Radiusköpfchenoperation über den lateralen Zugang orientiert man sich nicht am ...

  • M. extensor carpi radialis

  • M. anconaeus

  • M. extensor carpi ulnaris

  • Processus styloideus radii

  • Radiusköpfchen

Eine mehrfragmentäre und dislozierte knöcherne Zerstörung des gesamten Radiusköpfchens wird bezeichnet als Typ Mason ...

  • I

  • II

  • III

  • IV

  • V

Wie sollte die prophylaktische Therapie der periartikulären Verkalkungen bei Radiusköpfchenfrakturen erfolgen?

  • Physiotherapie

  • Kalzium-Brausetabletten 500 mg 2× täglich oral

  • Indometacin 75 mg 2× täglich oral unter Magenschleimhautprotektion

  • Vitamin D 500 IE 2× täglich oral

  • Bestrahlung mit Röntgenstrahlen

Ein 34-jähriger Mann ist beim Inlineskaten gestürzt und auf den rechten ausgestreckten Arm gestürzt. Bei der Untersuchung beklagt der Patient vor allem bei Pro- und Supination im Ellenbogengelenk Schmerzen. Die Nativröntgenaufnahme des rechten Ellenbogengelenkes in 2 Ebenen zeigt bis auf ein positives vorderes Fettpolsterzeichen keine eindeutigen knöchernen Verletzungen.

Welche Untersuchung veranlassen Sie als nächstes?

  • MRT

  • CT

  • Wiederholung der Röntgenaufnahme mit erhöhter Spannung der Röntgenröhre

  • Radiusköpfchenzielaufnahme

  • Seitliche Röntgenaufnahme bei maximaler Beugung im Ellenbogengelenk

Ziel der operativen Behandlung der Radiusköpfchenfraktur ist nicht ...

  • die anatomische Wiederherstellung der Gelenkkongruenz.

  • das Ausgleichen von Gelenkstufen.

  • Vermeiden einer Verkürzung des radialen Pfeilers.

  • die Beschleunigung der knöchernen Heilung.

  • die Reposition von dislozierten Knochenfragmenten.

Die konservative Behandlung von Radiusköpfchenfrakturen vom Typ Mason I erfolgt durch ...

  • 4-wöchige Ruhigstellung in der dorsalen Oberarmgipsschiene.

  • elastische Wickelung und funktionelle Therapie ab dem 1. Tag post Trauma.

  • 2-wöchige Ruhigstellung im zirkulären Oberarmgips.

  • 2-wöchige Ruhigstellung im Gilchrist-Verband.

  • geführte passive sowie aktive Bewegungsübungen aus der dorsalen Oberarmgipsschiene heraus ab dem 7.–10. Tag post Trauma.

Die operative Versorgung von Radiusköpfchenfrakturen erfolgt nicht durch ...

  • interne Stabilisierung mit z. B. 3,0-mm-Titan-Schrauben.

  • Stabilisierung der Fragmente mit resorbierbaren Pins.

  • 1,5/2,0-mm-Titan-T-Platten.

  • 1,5/2,0-mm-Titan-L-Platten.

  • intramedulläre Drahtschienung.

Sehr seltene Komplikationen nach operativer Versorgung von Radiusköpfchenfrakturen sind ...

  • Beeinträchtigung der Extension in Neutralstellung.

  • posttraumatischen Osteoarthrose.

  • die proximale Translation des Radius nach Radiusköpfchenresektion.

  • Materialbruch.

  • chronische Gelenkinstabilität bei bestehender Kapselverletzung des kapsuloligamentären Bandapparates.

Die Pfeile in Abb.  3 weisen auf ...

  • den Vorderrand des M. anconaeus.

  • ein direktes Frakturzeichen bei Radiusköpfchenfraktur.

  • das aufgrund eines Gelenkergusses abgehobene Fettpolster.

  • ein Ellenbogenempyem.

  • einen unauffälligen Befund bei Ellenbogenprellung.