Einleitung

Der Begriff „rapid sequence induction“ (RSI; Synonyme „Ileus“-, „Crush-“, „Blitz“-, „Nichtnüchtern-“ oder „Notfalleinleitung“) bezeichnet ein nichtevidenzbasiertes Verfahren zur Einleitung einer Allgemeinanästhesie, bei dem vom sonst üblichen Prozedere abgewichen wird. Ziel der im Rahmen einer RSI durchgeführten Maßnahmen ist es, eine Aspiration durch die schnelle endotracheale Intubation und den Verzicht auf eine Zwischenbeatmung zu verhindern. Daher erscheint der Begriff „rapid sequence induction and intubation (RSII)“ zielführender und wird im Folgenden verwendet.

Als Aspiration wird das Einatmen/-dringen von oropharyngealen, ösophagealen oder gastralen Substanzen in den unteren Respirationstrakt bezeichnet [1]. Prinzipiell ist die Aspiration verschiedener Stoffe von säurehaltiger Flüssigkeit oder Nahrung aus dem Magen möglich, was erstmalig 1946 durch Mendelson bei der Allgemeinanästhesie von 66 Schwangeren beschrieben wurde [2]. Die Erstbeschreibungen eines Vorgehens zur Verhinderung einer Aspiration bei nichtnüchternen Patienten erfolgten in den Jahren 1967 und 1970, deren Empfehlungen wie die Anlage einer Magensonde vor Anästhesieeinleitung, Präoxygenierung, Oberkörperhochlagerung, keine Zwischenbeatmung und Krikoiddruck noch heute in weiten Teilen umgesetzt werden, aber möglicherweise aufgrund neuer Erkenntnisse reevaluiert werden müssen [3, 4].

Seit dieser Zeit werden kontroverse Diskussionen über das traditionelle Vorgehen, wie die verwendeten Medikamente (Hypnotika, depolarisierende vs. nichtdepolarisierende Muskelrelaxanzien, Opioide, Anxiolytika) sowie die Reihenfolge deren Applikation geführt als auch die über einzelnen Schritte des Vorgehens (z. B. Anwendung von Maskenbeatmung als Test für die Möglichkeit einer Oxygenierung bei fehlgeschlagener Intubation, Kopftief- vs. Oberkörperhochlagerung), geführt. Weder in Deutschland noch in Europa existiert bisher eine spezifische Leitlinie, und nur wenige europäische Länder besitzen eine Handlungsempfehlung zur RSII [5].

Methodik

Eine systematische, modifizierte und mehrstufige RAND(„Research ANd Development“)-Delphi-Methode wurde angewandt, um einen kontrollierten Prozess der Meinungsbildung durch die Autoren für die Empfehlungen zu gewährleisten [6, 7]. Im Rahmen der Manuskripterstellung bestand die mehrstufige RAND-Delphi-Methode aus der Erstellung eines Fragenkatalogs (insgesamt 100 Fragen jeweils im Rahmen der aktuellen und perspektivischen Bedeutung mit den ordinalen Antwortmöglichkeiten 1: sehr wichtig, 2: wichtig, 3: unwesentlich, 4: unwichtig und 5: wirkungslos), systematischer Literaturrecherche, individueller, mehrfacher Befragung per Mail, Einschätzung und Bewertung durch 2 Konsensuskonferenzen mit Diskussion, Auswertung und finaler gemeinsamer Reihung mit Bestimmung der Mittelwerte und Präsentation der Ergebnisse, bei der die Möglichkeit bestand, die Antworten zu überdenken oder zu verfeinern. Dabei wurde eine Suche in der Metadatenbank PubMed (www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed) nach den Kriterien der Cochrane Collaboration durchgeführt (Zusatzmaterial online: ESM1). Die einzelnen Empfehlungen für die verschiedenen Interventionen sind nach den Evidenzstufen wie in der Übersicht „Evidenzkriterien des Oxford Centre for Evidence-Based Medicine“ (Zusatzmaterial online: ESM2) klassifiziert.

Die Empfehlungsgrade („grade of recommendation“, GoR) werden wie folgt unterteilt:

  • Grad A, „Soll“-Empfehlung (stark): zumindest eine randomisierte kontrollierte Studie von insgesamt guter Qualität und Konsistenz, die sich direkt auf die jeweilige Empfehlung bezieht und nicht extrapoliert wurde (Evidenzstufen Ia und Ib);

  • Grad B, „Sollte“-Empfehlung: gut durchgeführte, aber nichtrandomisierte klinische Studien mit direktem Bezug zur Empfehlung (Evidenzstufe II oder III) oder Extrapolation von Evidenzebene I, falls der Bezug zur spezifischen Fragestellung fehlt;

  • Grad C, „Kann“-Empfehlung (offen): Berichte von Expertenkreisen oder Expertenmeinung und/oder klinische Erfahrung anerkannter Autoritäten (Evidenzkategorie IV) oder Extrapolation von Evidenzebene IIa, IIb oder III, wenn keine direkt anwendbaren klinischen Studien von guter Qualität verfügbar war.

Aspiration

Eine Aspiration ist nach Definition die Inhalation von oropharyngealem oder gastralem Sekret oder Material in den Larynx und die Lungen und kann je nach Ausmaß klinisch folgenlos bleiben oder selten zu gravierenden Folgen wie einem Lungenversagen („acute respiratory distress syndrome“, ARDS) führen und stellt die häufigste Todesursache im Zusammenhang mit anästhesiebedingtem Atemwegsmanagement dar [8]. Daher müssen gefährdete Patienten und solche mit einer aufgetretenen Aspiration früh erkannt, angemessen therapiert und im Idealfall vor einer Aspirationspneumonie bewahrt werden. Da eine Aspiration sowohl vor der Intubation (häufiger) als auch nach der Extubation möglich ist, sind je nach Indikation für die RSII u. U. unterschiedliche Maßnahmen indiziert.

Trotz des bekannten Zusammenhangs tritt die Aspiration immer noch bei 3–10 Fällen/10.000 Operationen mit Allgemeinanästhesie auf, wobei in der Mehrzahl Schwangere und Kinder betroffen sind [9, 10]. Für den Bereich der Notfall- und Intensivmedizin ist die Inzidenz an Aspirationen durch das Auftreten von akuten Ereignissen 30- bis 60-fach erhöht, da unter diesen Bedingungen, anders als bei elektiven Einleitungen im Operationssaal, oftmals keine Zeit für eine geordnete Vorbereitung vorhanden ist [8]. Präoperative Nahrungskarenz wird zur Minimierung des Risikos einer perioperativen pulmonalen Aspiration angestrebt, und die Leitlinien empfehlen 2 (klare Flüssigkeiten), 4 (Muttermilch), 6 (leichte Mahlzeiten, nichtklare Flüssigkeiten, inkl. Säuglingsformula) und 8 h (frittierte, besonders fettreiche oder fleischhaltige Mahlzeiten) [11, 12].

Falls ein erhöhtes Aspirationsrisiko schon alleine durch die Flachlagerung besteht oder eine Bauchlage erforderlich wird, sollte ein Regionalanästhesieverfahren zumindest diskutiert werden, aber im Zweifel einer geordneten Vorbereitung und Anästhesieeinleitung nicht vorgezogen werden. Für einen erforderlichen Verfahrenswechsel sind dann ebenfalls die Handlungsschritte der RSII indiziert. Die gefährdeten Patientengruppen und Indikationen zur RSII sind in den Handlungsempfehlungen (Zusatzmaterial online: ESM3) aufgeführt [10, 13, 14].

Das Risiko einer Aspiration steigt mit der zeitlichen Dauer der Phase ohne Schutzreflexe und ohne gesicherten Atemweg, daher auch bei Patienten mit erschwertem Atemwegsmanagement [13]. Eine sorgfältige Evaluation der Atemwege des Patienten anhand der gängigen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) und European Society of Anaesthesiology (ESA) für den europäischen Raum soll daher erfolgen [15, 16]. Darüber hinaus soll der verantwortliche Anästhesist auf den unerwartet schwierigen Atemweg vorbereitet sein. Die Mindestanforderungen der DGAI und des Bundes deutscher Anästhesisten (BDA) an den anästhesiologischen Arbeitsplatz und das entsprechende Material sind einzuhalten [17].

In der präoperativen Einschätzung der Präsenz und Menge von Mageninhalt könnte die „Point-of-care“-Diagnostik mittels sonographischer Detektion von Mageninhalt (fest/flüssig/Luft) zukünftig eine größere Rolle einnehmen [18,19,20]. Das basale und für eine Aspiration unkritische Flüssigkeitsvolumen liegt wohl zwischen 0,5 ml/kg und 1,5 ml/kg Körpergewicht [21,22,23]. Die Antworten auf die Fragen, wann wer wie das Magenvolumen evaluiert und störende Luft interpretiert, müssen noch durch klinische Untersuchungen geklärt werden.

Empfehlungen.

  • Jeder Patient soll vor einer RSII entsprechend den Empfehlungen der DGAI zur präoperativen Evaluation untersucht und aufgeklärt werden

  • Eine RSII sollte bei jedem Patienten durchgeführt werden

    • der keine 2h Flüssigkeitskarenz und keine 6h Nahrungskarenz eingehalten hat oder

    • der unter akutem Erbrechen leidet oder

    • der unter einem Subileus oder Ileus leidet

  • Eine RSII sollte bei jedem Patienten durchgeführt werden, der fehlende Schutzreflexe hat

  • Eine RSII sollte bei jedem Patienten durchgeführt werden, der unter einer Magen-Darm-Passagestörung leidet

  • Eine RSII kann bei Patienten durchgeführt werden, die unter einer Hiatushernie leiden

  • Eine RSII kann bei beschwerdefreien und sollte bei symptomatischen Patienten durchgeführt werden, die unter gastroösophagealem Reflux leiden

  • RSII in der Schwangerschaft

    • Eine RSII

      soll bei jeder Patientin durchgeführt werden, die unter der Geburt eine Allgemeinanästhesie benötigt und

      sollte bei jeder Schwangeren ab dem 3. Trimenon durchgeführt werden und

      kann bei jeder Schwangeren durchgeführt werden

  • Eine RSII kann bei jedem Patienten durchgeführt werden, der unter einer Schluckstörung leidet

Nach Regurgitation und potenzieller Aspiration werden üblicherweise spezifische Maßnahmen durchgeführt, für die es andererseits aber keine wissenschaftliche Evidenz gibt. Entsprechend dem Konsens bei den Autoren werden nachfolgende Techniken empfohlen. Wichtig ist, dass bei Regurgitation von Mageninhalt dieser im Oropharynx erkannt wird und unverzüglich abgesaugt wird. Die weitere Akuttherapie besteht in der Sicherung des Atemwegs und „blindem“ endotrachealen Absaugen. Anschließend sollte eine Bronchoskopie mit Bergung von festen Nahrungsbestandteilen und einer Objektivierung des Ausmaßes der Kontamination erfolgen. In einer Übersichtsarbeit aus dem Jahr 1975 wird im Falle einer Aspiration empfohlen, eine Trendelenburg-Lagerung durchzuführen und den Kopf zur rechten Seite zu drehen [24]. Unabhängig vom Schweregrad der Aspiration kann eine intensivmedizinische/„Intermediate-care“-Überwachung der Vitalfunktionen und des Gasaustausches indiziert sein. Diese sollte – wenngleich keine verwertbaren randomisierten Studien vorliegen – großzügig indiziert werden. Ein Zulassen oder Verschieben des operativen Eingriffs hängt von der Dringlichkeit der Indikation ab. Eine postoperative Nachbeatmung des Patienten ist nur bei eingeschränktem Gasaustausch notwendig [25]. Nicht empfohlen sind Lavagieren (säurehaltige Flüssigkeit könnte in die Peripherie der Lungen verschleppt werden) und eine antibiotische Prophylaxe. Antibiotika werden nur bei einer Aspirationspneumonie eingesetzt. Aspiration von säurehaltigem Mageninhalt hat in der Regel ein Aspirationssyndrom zur Folge, jedoch keine Pneumonien. Bei einer beobachteten Aspiration von Stuhl oder Eiter ist die Indikation zur Antibiotikatherapie sicher frühzeitig zu stellen. Basierend auf den wenigen klinischen Studien ist die Gabe von Steroiden ebenfalls nicht empfohlen [25]. Unmittelbar postoperativ soll ein Röntgenthoraxbild oder eine Computertomographie des Thorax zur Diagnose einer stattgefundenen, pulmonalen Aspiration durchgeführt werden [26].

Management der Magensonde

Durch die Verwendung einer Magensonde im Rahmen einer RSII soll bereits vor Beginn der Narkoseeinleitung beim wachen Patienten Mageninhalt abgesaugt werden. Bisher existieren hierzu keine Leitlinien oder wissenschaftlich fundierte Empfehlungen, ob ein Patient vor einer RSII mit einer Magensonde versorgt werden soll [27]. Weiterhin besteht kein Konsensus, ob eine bereits liegende Magensonde abgesaugt und belassen oder entfernt werden sollte [27]. In einer aktuellen Übersichtsarbeit postulieren Salem et al., dass eine bereits einliegende Magensonde abgesaugt und belassen werden sollte, da sie während der Intubation unter Sog gehalten werden kann und damit möglicherweise das Aspirationsrisiko senkt [27].

Es liegen nur wenige randomisierte kontrollierte Studien oder Metaanalysen vor, die wiederum nicht die Patientenkohorte mit dem höchsten Aspirationsrisiko untersucht haben. In den betreffenden Studien wurden Traumapatienten [28], gesunde Freiwillige [29] oder Patienten, die sich einer elektiven Laparotomie unterziehen mussten, eingeschlossen [30], sodass sich die vorhandene Evidenz lediglich auf Expertenmeinungen und Einzelfälle beschränkt. Es ist darüber hinaus fraglich, ob mit einer einliegenden Magensonde überhaupt der gesamte (flüssige) Inhalt des Magens abgesaugt werden kann oder ob gar feste Bestandteile nicht absaugfähig sind.

Die Anlage einer „therapeutischen“ Magensonde zur Entlastung von Magensaft wie bei Ileus, Blut oder der Entfernung weiterer Stoffe aus dem Magen sollte, wenn möglich, nasogastral erfolgen, wenn das erwartete oder sonographisch evaluierte Magenrestvolumen 200–300 ml überschreitet [31, 32]. Für die Anlage einer korrekt platzierten Magensonde, die für die RSII in einer großlumigen (18 G), belüfteten Sonde mit mehreren Lumen bestehen sollte, sprechen mehrere Vorteile [33]:

  • Eine vollständige Entleerung des Magens senkt den intragastralen Druck und das Aspirationsrisiko.

  • Die Induktion der Anästhesie senkt den Tonus des unteren Ösophagussphinkters, und der intragastrale Druck übersteigt den Druck im Ösophagus.

  • Die offene Magensonde lässt einen Druckausgleich zu, welcher das Aspirationsrisiko senkt.

  • Bei allgemeinchirurgischen und herzchirurgischen Patienten sinkt durch die eingelegte Magensonde die Inzidenz für postoperative Übelkeit und Erbrechen und damit der postoperativen Aspiration [34, 35].

Die Nachteile der Magensonde umfassen folgende Punkte:

  • erhöhtes Aspirationsrisiko, wenn die Anlage bei Patienten mit neurologischem Defizit oder Sedation erfolgt;

  • keine vollständige Vermeidung der Aspiration auch bei korrekter Lage;

  • Reduktion des unteren und oberen Ösophagussphinktertonus als natürliche Barriere;

  • mögliche intrakranielle (Cave: offenes Schädel-Hirn-Trauma mit Schädelbasisfraktur stellt eine Kontraindikation für die nasale Anlage einer Magensonde dar), sinusoidale, tracheale, orale oder nasale Fehllagen und Fehlfunktion mit zusätzlicher Gefährdung des Patienten;

  • vermehrtes Husten und Würgen als Auslöser für kardiale Instabilität;

  • möglicherweise erschwerte Laryngoskopie;

  • Gesichtsmaske zur Präoxygenierung/Beatmung bei frustranem Intubationsversuch ist schwerer abzudichten;

  • möglicherweise schwierige Maskenbeatmung und Laryngoskopie.

Aus diesen Vor- und Nachteilen lässt sich das Fazit ziehen, dass man keine generelle Empfehlung zur Anlage einer Magensonde bei allen Patienten geben kann, sondern dass eine individualisierte, patienten- und situationsbezogene Entscheidung erfolgen muss (s. Empfehlungen). Eine liegende Magensonde sollte während der RSII belassen werden und muss nicht in den Ösophagus zurückgezogen werden [10, 27, 36].

Für die Verwendung eines einfach gewinkelten Yankauer-Saugers, mit abgerundeter Saugspitze und 4 lateralen Öffnungen, die ein effektives Absaugen ermöglichen, oder eines anderen großlumigen Saugers hat die Literaturrecherche keinerlei Ergebnis erbracht. Es erscheint aus praktischen Erwägungen heraus sinnvoll, einen möglichst großlumigen Sauger zu vorzuhalten, weil damit einfach und effektiv Sekret abgesaugt werden kann. Obwohl keine Studien zu dieser Thematik existieren, empfehlen die Autoren jedoch die Verwendung eines flexiblen, großlumigen Saugers (z. B. OP-Sauger oder Yankauer) im Rahmen der RSII, bei dem eine extra große Saugspitze mit Seitenaugen für traumareduziertes Saugen Vorteile bietet.

Empfehlungen.

  • Eine Regionalanästhesie soll einer RSII vorgezogen werden

  • Es sollen 2 voneinander unabhängige Absaugungen vorgehalten werden

  • Eine liegende Magensonde soll abgesaugt und kann entfernt werden

  • Eine nasale Magensonde sollte einer oralen Magensonde vorgezogen werden

  • Es sollte ein großlumiger Sauger (z.B. OP-Sauger oder Yankauer) vorgehalten werden

  • Bei Patienten mit hohem Aspirationsrisiko wie Ileus oder anderen intraabdominalen Passagestörungen soll eine Magensonde präoperativ gelegt werden

  • Bei Patienten mit niedrigerem Aspirationsrisiko, bei denen eine RSII indiziert ist

    • kann eine Magensonde gelegt werden oder

    • kann eine belüftete Bilumensonde eingelegt werden oder

    • kann eine einliegende Magensonde zur Einleitung belassen werden oder

    • kann eine einliegende Magensonde in den Ösophagus zurückgezogen werden, um den Tonus des unteren Ösophagussphinkters nicht zu reduzieren oder

    • kann eine liegende Ernährungssonde belassen werden

  • Bei einer Regurgitation oder Aspiration

    • soll je nach Schweregrad eine intensivmedizinische Überwachung durchgeführt werden

    • sollte eine fiberoptische Bronchoskopie durchgeführt werden und

    • sollte ein Antibiotikum bei Nachweis einer Pneumonie gegeben werden und

    • bei Beschwerden ein Thoraxröntgenbild oder eine CT durchgeführt werden

    • kann der Kopf zur Seite gedreht bzw. der Patient in Trendelenburg-Lagerung verbracht werden und

    • kann eine mikrobiologische Anzüchtung des Sekrets erfolgen

Medikamente

Die pharmakologische Vorbehandlung aspirationsgefährdeter Patienten soll die Acidität des Magensafts vermindern, die Magenentleerung beschleunigen und damit den Mageninhalt reduzieren. Darüber hinaus soll eine Emesis vermieden werden. Um diese Wirkungen zu erzielen, ist die Applikation von H2-Rezeptor-Antagonisten, Protonenpumpenhemmern, Antacida, Prokinetika, Antiemetika und Anticholinergika möglicherweise sinnvoll.

In der Auswahl der Einleitungsmedikamente muss das Ziel verfolgt werden, die durch die endotracheale Intubation vermittelten hämodynamischen Nebenwirkungen und Atemwegskomplikationen zu vermeiden. Dabei spielt neben der konkreten Wahl die Dosis des jeweiligen Opioids, Hypnotikums und Muskelrelaxans die entscheidende Rolle. Eine ideale Kombination der Substanzen für alle RSII-Situationen existiert allerdings nicht.

Pharmakologische Vorbehandlung

Die H2-Rezeptor-Antagonisten Cimetidin und Ranitidin reduzieren zuverlässig und mit unterschiedlicher Wirkdauer die Acidität und das Volumen im Magen [37, 38]. Es sind bislang keine Studien durchgeführt worden, die einen Einfluss dieser Medikamente auf das Aspirationsrisiko während der Anästhesie zeigen. Die Gabe von Protonenpumpenhemmern ist im Rahmen der Sectio caesarea als Einzeldosis als inadäquat bewertet worden, während die Kombination mit Natriumzitrat und Metoclopramid effektiv zu sein scheint [39, 40].

Die alleinige präoperative Gabe (90 min) von Metoclopramid begünstigt die Magenentleerung [41]. Diese prokinetische Wirkung wird durch die opioidbedingte (in dem Fall Morphin) Hemmung der Magenentleerung allerdings nahezu aufgehoben [42]. Da der Einfluss von prokinetischen Substanzen auf Regurgitationen und Aspirationen bislang nicht untersucht wurde und sie nicht verhindert, kann aus Expertensicht auch keine Empfehlung zur routinemäßigen präoperativen Applikation gegeben werden [43, 44].

Obwohl keine klinischen Untersuchungen eine Reduktion der Inzidenz pulmonaler Aspirationen und der damit verbundenen Morbidität nach der Gabe von Antacida zeigen konnten, sind sie seit Langem Bestandteil der Empfehlungen zur routinemäßigen Applikation bei Risikopatienten, insbesondere in der notfallmäßigen geburtshilflichen Anästhesie [11, 12, 45]. Das liegt auch daran, dass schon ein Volumen von 15 ml Natriumzitrat (0,3 M) p. o. ausreicht, den Magensaft-pH für etwa 1 h auf fast Neutralwerte (pH > 4) anzuheben [46]. Dabei scheint die Zunahme des Mageninhalts keine nachteiligen Auswirkungen zu haben [47].

Sowohl Anticholinergika wie Glycopyrrolat als auch Antiemetika wie Metoclopramid erscheinen grundsätzlich als präoperative Gabe sinnvoll, da sie Mageninhalt, -saftacidität, Übelkeit und Erbrechen und damit das Aspirationsrisiko reduzieren können [48,49,50,51,52]. Eine Kombination von H2-Rezeptor-Antagonisten (wie Ranitidin) mit Metoclopramid vermindert den Mageninhalt und steigert den gastralen pH und senkt damit das Aspirationsrisiko [52].

Das Fazit und die Empfehlungen zur pharmakologischen Vorbehandlung aspirationsgefährdeter Patienten konzentrieren sich auf die Vorbehandlung mit Substanzen, die den Mageninhalt und die -saftacidität reduzieren. Die präoperative Gabe von Prokinetika, Anticholinergika und Antiemetika bei der RSII zur Verringerung des Aspirationsrisikos wird nicht empfohlen. Die routinemäßige Gabe eines H2-Rezeptor-Antagonisten wie Ranitidin oder eines Protonenpumpenhemmers wie Omeprazol sollte bei Patienten mit einem hohen Aspirationsrisiko wie bei morbider Adipositas appliziert werden. Der Zeitpunkt der Einnahme sollte idealerweise 6–12 h präoperativ und zusätzlich mindestens 30 min vor der Anästhesieeinleitung sein. Eine einmalige Gabe von Ranitidin reduziert die Acidität, in Kombination mit Metoclopramid das Volumen des Magens. Die routinemäßige Gabe von 30 ml Natriumzitrat 0,3 M, welches den gastralen pH-Wert signifikant anhebt, soll für die RSII bei Patienten mit einer hohen Aspirationsgefährdung wie bei notfallmäßigen, geburtshilflichen Eingriffen durchgeführt werden.

Opioide

Es sollte vor der RSII ein Opioid appliziert werden, da die Dosis kreislaufwirksamer Hypnotika (insbesondere Propofol) und die hämodynamische Stimulation bei der Intubation reduziert werden können [53, 54]. Beispielweise führt die Applikation von Fentanyl (2 μg/kg) vor der Gabe von Thiopental, Propofol oder Etomidat (plus Succinylcholin) zu einer stabileren Kreislaufsituation als ohne Fentanyl [53]. Alfentanil und Remifentanil besitzen eine schnellere Anschlagszeit und sind damit in der Reduktion der intubationsbedingten hämodynamischen Stimulation noch effektiver [55, 56]. Opioide erleichtern darüber hinaus die Intubationsbedingungen sowohl bei Rocuronium und Succinylcholin [57]. Diese Praxis ist bedeutsam, da bei der RSII das Hypnotikum in einer fixen Dosierung appliziert werden muss und die kardiovaskuläre Reaktion des einzelnen Patienten nicht vorhersehbar ist.

Hypnotika

Ein ideales Hypnotikum zur Induktion der Anästhesie bei der RSII existiert nicht. Die Auswahl des einzelnen Hypnotikums ist prinzipiell für das Erreichen optimaler Intubationsbedingungen zweitrangig und kann durchaus patientenbezogen oder in der Kombination mit dem Muskelrelaxans gewählt werden. Die Entscheidung für eine höhere oder niedrigere Dosierung hat jeweils Vor- und Nachteile. Für eine höhere Dosierung in der Kombination mit Muskelrelaxanzien spricht, dass man zügig gute Intubationsbedingungen schafft und damit den Zeitraum für eine mögliche Aspiration minimiert. Das Problem ist möglicherweise, dass man damit vermehrt kardiovaskuläre Nebenwirkungen wie Hypotensionen und Bradykardien induziert, die bei einer geringeren Dosis des Hypnotikums weniger häufig sind. Allerdings steigen durch das verlangsamte Einschlafen das Aspirationsrisiko und die stressinduzierten, sympathikoadrenergen Nebenwirkungen. Die Festlegung der Dosis sollte nach einer Abwägung des kardiovaskulären Risikos (kardiovaskuläre Depression vs. Stimulation) gegen das Aspirationsrisiko getroffen werden.

Wenn das kardiovaskuläre Risiko größer ist als die Aspirationsgefahr, dann sollten die Indikation zur RSII infrage gestellt werden und die prophylaktische Applikation von Sympathikomimetika erwogen werden. Unter Umständen ist auch eine Titration des Hypnotikums mit Zwischenbeatmung indiziert [36].

Besteht dagegen ein hohes Aspirationsrisiko, dann sollte auch bei kardial eingeschränkten Patienten die Dosierung des Hypnotikums nicht wesentlich reduziert werden, um so rasch und komplikationslos intubieren zu können. In diesen Fällen können die Verwendung von Ketamin und/oder die prophylaktische Gabe eines kardiovaskulär aktiven Medikaments das Risiko einer Kreislaufdepression reduzieren.

Besonders bei diesen kardiovaskulär instabilen Patienten ist die Verwendung von Etomidat wegen seiner relativ geringen Auswirkungen auf den Kreislauf und trotz der relevanten Auswirkungen auf die Nebennierenrindenfunktion nach wie vor populär. Diese Auffassung muss jedoch kritisch hinterfragt werden. Aufgrund dieser Nebenwirkung wird Etomidat in den Richtlinien der Scandinavian Society of Anaesthesiology and Intensive Care Medicine (SSAI) zur Narkoseführung bei Notfalleingriffen nicht erwähnt [36].

Auch wenn das ideale Einleitungshypnotikum für die RSII nicht existiert, sind, verglichen mit den anderen Substanzen, die Intubationsbedingungen durch die effektivere Unterdrückung laryngealer und pharyngealer Reflexe bei Propofol erheblich besser [58]. Nicht nur in der Einschätzung der Autoren sollte Propofol bei kreislaufstabilen Patienten bevorzugt als Hypnotikum eingesetzt werden, die Entscheidung für andere Substanzen sollte nach patientenbezogenen Faktoren und der Komorbidität getroffen werden [59, 60]. Thiopental kann grundsätzlich als Alternative bei hypotoniegefährdeten Patienten in Betracht gezogen werden. Propofol (1–3 mg/kg) induziert im Vergleich zu Thiopental (2–5 mg/kg) einen stärkeren kreislaufdepressiven Effekt [61,62,63].

Muskelrelaxanzien

Traditionell war das depolarisierende Muskelrelaxans Succinylcholin wegen seiner kurzen Anschlagszeit und Wirkdauer und hinsichtlich optimaler Intubationsbedingungen bei der RSI das Mittel der Wahl [36, 64]. Aufgrund der mit den zahlreichen und teilweise lebensbedrohlichen Nebenwirkungen verknüpften Kontraindikationen wird das nichtdepolarisierende Muskelrelaxans Rocuronium, welches bei erhöhter Dosierung (2- bis 3‑fache ED95) eine vergleichbare Anschlagszeit wie Succinylcholin besitzt, zunehmend favorisiert [64, 65]. Andere Substanzen wie Vecuronium oder Atracurium sollten wegen einer deutlich längeren Anschlagszeit bei RSII keine Anwendung finden [66].

Um die Frage zu beantworten, ob die Intubationsbedingungen bei beiden Substanzen vergleichbar sind, ist der Zeitpunkt der Beurteilung entscheidend. Neben einer Metaanalyse mit 37 Studien kommt auch eine neuere klinische Untersuchung zu dem Fazit, dass nach 1 min die Verhältnisse zu endotrachealen Intubation ohne signifikanten Unterschied sind, wenn hochdosiertes Rocuronium (0,9–1,2 mg/kg) zur Anwendung kommt [67, 68]. Succinylcholin erzeugt in dem Zeitraum <60 s bessere Intubationsbedingungen als Rocuronium [67].

Es existiert keine vergleichende klinische Untersuchung zum Nebenwirkungsprofil beider Substanzen – lediglich Übersichtsarbeiten und Editorials [69]. Der mögliche Vorteil der kurzen Wirkdauer von Succinylcholin erscheint im Zeitalter von Sugammadex relativ und kann sich umgekehrt bei einem zweiten Intubationsversuch als nachteilig erweisen.

Bei der Auswahl und Entscheidung für das jeweilige Muskelrelaxans sollte durchaus berücksichtigt werden, dass das Auftreten einer Hypoxie nach Gabe von Succinylcholin aufgrund der Muskelfaszikulationen signifikant früher eintritt als nach der Applikation von Rocuronium [70, 71].

Die Dosierungsempfehlungen für Succinylcholin liegen bei 1,0–1,5 mg/kgKG, bei Rocuronium bei 0,9–1,2 mg/kgKG. Grundsätzlich kann man im Einzelfall überlegen, ob man eine RSII ohne Muskelrelaxans durchführt. Untersuchungen, in denen ganz auf die Gabe von Muskelrelaxanzien verzichtet wird, beschreiben nach sequenzieller Gabe von Propofol (2 mg/kgKG) und hohen Dosen von Remifentanil (4 μg/kgKG) gute Intubationsbedingungen [72]. Einige Studien weisen bei dieser Praxis auf eine höhere Komplikationsrate (z. B. Stimmbandschäden) hin [73].

Das Konzept einer „Präkurarisierung“ (Gabe von 10 % der 2‑fachen ED95 eines nichtdepolarisierenden Muskelrelaxans vor Gabe von Succinylcholin) [74] als auch das eines „priming“ (Gabe von 10 % der 2‑fachen ED95 eines nichtdepolarisierenden Muskelrelaxans, gefolgt von der Intubationsdosis desselben nichtdepolarisierenden Muskelrelaxans) [75,76,77] sollte aus Sicherheitsgründen und fraglicher Wirksamkeit nicht praktiziert werden [43, 74, 77,78,79].

Empfehlungen.

  • Routinemäßig soll ein Opioid zur Einleitung (Ausnahme Sectio caesarea) verabreicht werden

  • Es soll Rocuronium als Muskelrelaxans mit der Verfügbarkeit von Sugammadex verwendet werden

  • Es soll eine Kombination von Opioid, Hypnotikum und Muskelrelaxans zur Vermeidung hämodynamischer und atemwegsbezogener Komplikationen gegeben werden

  • Vor der Einleitung sollten bei stark aspirationsgefährdeten und können bei anderen Patienten Antacida (Beispiel: Natriumzitrat) verabreicht werden

  • Protonenpumpenhemmer sollten am Vorabend und H2-Rezeptor-Antagonisten sollten am Vorabend und vor der Einleitung verabreicht werden

  • Vor der Einleitung können Protonenpumpenhemmer verabreicht werden

  • Auf die Gabe von Prokinetika am Vorabend oder präoperativ kann verzichtet werden

  • Als Opioid können sowohl Sufentanil als auch Fentanyl und Remifentanil verwendet werden

  • Als Hypnotikum können sowohl Propofol als auch Thiopental und Ketamin für die Einleitung verwendet werden

  • Bei fehlenden Kontraindikationen kann Succinylcholin als Muskelrelaxans verwendet werden

Präoxygenierung

Die suffiziente Präoxygenierung und Denitrogenisierung über eine dicht sitzende Maske stellt ein einfaches und kostengünstiges Verfahren dar, um die Zeit bis zum Einsetzen einer Hypoxämie zu verlängern. Wenn es die Zeit erlaubt, sollte sie vor allen Narkoseeinleitungen durchgeführt werden. Bei der RSII wird nach der Induktion der Anästhesie auf eine Maskenventilation verzichtet, außer die Patienten sind von einer potenziellen Hypoxie bedroht [80,81,82,83].

Die Zielsetzung einer Präoxygenierung mit einer hohen inspiratorischen Sauerstofffraktion (FIO2) ist es, die Sauerstoffreserven des Körpers zu erhöhen, um bei unerwartet auftretenden Atemwegsproblemen zusätzliche Zeit für die notwendige endotracheale Intubation zu erlangen. Die mit Sauerstoff gefüllten Alveolen und die funktionelle Residualkapazität (FRC, 20–30 ml/kgKG) können hierbei für kurze Zeit als Diffusionsreservoir dienen, das Auftreten einer Hypoxie vermeiden und somit die Sicherheit für den Patienten erhöhen [84, 85].

Während der Atmung mit Raumluftatmosphäre befindet sich in der funktionellen Residualkapazität (FRC) der Lungen ein Sauerstoffvolumen von 150 ml bis 250 ml. Dieses kann durch eine adäquate Präoxygenierung auf 2100 ml bis 2500 ml Sauerstoff gesteigert werden. Der Endpunkt einer maximalen Präoxygenierung und Denitrogenisierung ist definiert als eine endtidale O2-Konzentration von 90 % (FetO2 > 0,9) und eine endtidale N2-Konzentration von 5 % [86, 87]. Bei einem physiologischen Sauerstoffverbrauch von 3 ml/kgKG pro Minute verlängert sich die Apnoetoleranz nach adäquater Präoxygenierung somit zumindest in der Theorie auf über 8 min [81, 84, 88,89,90,91].

Für eine adäquate Präoxygenierung sollen die Patienten spontan, in Oberkörperhochlage, über einen Zeitraum von 3 min bis 5 min reinen Sauerstoff atmen [92,93,94]. Dies geschieht über eine vollständig abdichtende Beatmungsmaske und einen Sauerstofffluss von mehr als 10 l/min unter Verwendung einer FIO2 von 1,0. Der korrekte Sitz der Beatmungsmaske kann hierbei anhand der Kapnographie kontrolliert werden. Patienten, bei denen eine Oberkörperhochlage nicht möglich ist (z. B. spinales Trauma), profitieren von einer Anti-Trendelenburg-Lagerung. Durch die Oberkörperhochlage des Patienten vergrößert sich die funktionelle Residualkapazität und die Verwendung einer FIO2 von 1,0 führt, gegenüber einer FIO2 von 0,4, zu einer verlängerten Apnoetoleranz [81]. Ebenso konnte bei einer FIO2 von 0,4 keine verminderte Atelektasenbildung nachgewiesen werden [94]. Das Volumen der FRC unterscheidet sich nach der Narkoseeinleitung in beiden Gruppen (FIO2 0,4 vs. 1,0) somit nicht. Die Verwendung eines „continuous positive airway pressure“ (CPAP) von 5 cm H2O bis 10 cm H2O während der Präoxygenierung vermindert zusätzlich die Atelektasenbildung [94]. Sogar für die alleinige Anwendung eines CPAP, unabhängig der FIO2, konnte eine Verlängerung der Apnoetoleranz gezeigt werden ([95]; Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Änderung der pulsoxymetrisch gemessenen arteriellen Sauerstoffsättigung (in Prozent) als Funktion der Zeit nach Apnoebeginn für Erwachsene, Schwangere, Kleinkinder oder Frühgeborene. (Zander [96])

Kooperative Patienten können aufgefordert werden, insgesamt 8 Atemzüge mit dem Volumen der Vitalkapazität durchzuführen. Hierbei kann die Präoxygenierung bis auf 60 s verringert werden [36, 81, 84, 89, 91, 97,98,99,100,101,102]. Während der Apnoephase im Rahmen einer RSII kommt es aufgrund der unterschiedlichen Löslichkeit und Affinität zum Hämoglobin von Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid innerhalb der Alveolen zu einem geringfügig subatmosphärischen Druck. Hieraus resultiert ein Gasfluss zwischen Pharynx und Alveolen, welcher als „apnoische Oxygenierung“ bezeichnet wird. Mehrere Studien zeigen eine verlängerte Apnoetoleranz bei der Applikation von Sauerstoff über eine Nasensonde auch ohne Ventilation des Patienten. Auch die Applikation von Sauerstoff über eine Beatmungsmaske, unter der Verwendung eines CPAP, ist bei manuellem Offenhalten der Atemwege ebenfalls effektiv [84, 91, 103,104,105].

Empfehlung.

  • Es soll eine FIO2 von 1,0 mit einem Sauerstoff-Flow>10l/min verwendet werden

  • Es soll eine adäquate Präoxygenierung mit dem Erreichen einer FetO2-Konzentration>0,9 durchgeführt werden

  • Es soll der Oberkörper des Patienten zur Präoxygenierung hochgelagert werden

  • Es soll eine komplett abdichtende Beatmungsmaske zur Präoxygenierung verwendet werden

  • Während der Präoxygenierung soll eine Kapnographie erfolgen

  • Die Dauer sollte 3–5 min betragen, wenn keine etO2-Konzentration gemessen wird

  • Eine Präoxygenierung kann mit CPAP durchgeführt werden, wenn es für den Patienten tolerabel ist

  • Zur Präoxygenierung können 8 (Vitalkapazität‑)Atemzüge über 60 s durchgeführt werden

Atemwegsmanagement – Wahl des Verfahrens und Alternativen

Für die Atemwegssicherung bei der RSII ist, trotz der Entwicklung von Larynxmasken mit gastralem Zugang, die endotracheale Intubation der Goldstandard [106,107,108,109]. Die Durchführung der Atemwegssicherung während der RSII ist in der innerklinischen Situation ein effektives und sicheres Verfahren. Multiple Intubationsversuche gehen jedoch mit einem erhöhten Risiko an unerwünschten Ereignissen und Komplikationen einher. Die endotracheale Intubation sollte daher von erfahrenen Anästhesisten resp. unter deren Supervision durchgeführt werden. Vor allem im Umfeld von elektiven, chirurgischen Eingriffen sind eine sorgfältige Vorbereitung und das Erkennen eines schwierigen Atemwegs unabdingbar [36, 110,111,112,113,114,115].

Zum aktuellen Zeitpunkt existieren keine großen, randomisierten Untersuchungen, die den Stellenwert eines Videolaryngoskops zur RSII untersuchen. In zahlreichen Studien konnte jedoch bei konventionellen Narkoseeinleitungen eine hohe Erfolgsrate bei der Verwendung eines Videolaryngoskops gezeigt werden. Vor allem bei einer unerwartet schwierigen Intubation konnten Erfolgsraten zwischen 81 % und 100 % erzielt werden [116,117,118,119,120,121]. Im Gegensatz hierzu zeigen weitere Studien jedoch eine deutlich schlechtere Performance gegenüber der direkten Laryngoskopie [122,123,124]. Die initial als sehr steil beschriebene Lernkurve für die Videolaryngoskopie konnte zudem am Patienten nicht immer bestätigt werden, sodass vor einer suffizienten Anwendung eine ausreichende Routine erreicht werden muss [125,126,127].

Prinzipiell muss jedoch bedacht werden, dass die Bezeichnung „Videolaryngoskop“ nur einen Überbegriff für verschiedene Instrumente darstellt. So können Videolaryngoskope in 3 Gruppen eingeteilt werden [15]:

  • Instrumente mit Macintosh-ähnlichem Spatel,

  • Instrumente mit stärker gebogenem Spatel,

  • Instrumente mit Endotrachealtubusführung.

Diese Unterteilung ist insofern wichtig, da Lernkurve und Erfolgsrate je nach Spateltyp sehr unterschiedlich ausfallen kann. So kann die Verwendung eines stärker gebogenen Spatels im Vergleich zur direkten Laryngoskopie mit einer verlängerten Intubationszeit einhergehen [124, 128,129,130]. Weiterhin ist die Verwendung eines Videolaryngoskops nicht automatisch mit einer höheren Erfolgsrate assoziiert [128,129,130,131,132].

Ein Vorteil bei der Anwendung von Videolaryngoskopen mit Macintosh-ähnlichen Spateln ist allerdings, dass jederzeit zwischen videolaryngoskopischer Sicht und direkter Laryngoskopie gewechselt werden kann, ohne dass ein Wechsel des Instruments nötig ist. Bei der RSII kann somit ein Videolaryngoskop verwendet werden, jedoch sollte der Anwender eine ausreichende klinische Routine im Umgang mit Videolaryngoskopen besitzen.

Supra- und extraglottische Atemwegshilfen (SGA, EGA) mit gastralem Zugang zeigen ein immer breiter werdendes Indikationsspektrum. Der Einsatz bei nichtnüchternen Patienten oder Patienten mit gastroösophagealem Reflux ist kontraindiziert [133]. Die EGA mit gastralem Drainagekanal bieten bei korrekt platzierter Lage mit Positionierung innerhalb des oberen Ösophagussphinkters einen guten Aspirationsschutz bei stattfindender Regurgitation [134,135,136]. Bei inkorrekter Lage, z. B. Positionierung der LMA-Spitze im trachealen Eingang, ist eine Ventilation möglich, der Aspirationsschutz dennoch nicht gegeben und ihr Einsatz daher bei einer RSI nicht empfohlen [133].

Ungeachtet von Kontraindikationen sollen bei einem unerwartet schwierigen Atemweg während einer RSI frühzeitig EGA der zweiten Generation mit gastralem Zugang eingesetzt werden. Auch bei schwieriger Maskenbeatmung oder frustraner Laryngoskopie ist eine erfolgreiche Platzierung häufig, und eine drohende Hypoxie kann verhindert werden. Eine nachfolgende endotracheale Intubation ist dennoch indiziert [15, 137].

Aktuell existieren keine Studien, welche die konventionelle RSII mit der fiberoptischen Wachintubation in Bezug auf das Aspirationsrisiko vergleichen. Eine Studie aus dem Jahr 1989 zeigte, dass bei Patienten mit erhöhtem Aspirationsrisiko die fiberoptische Wachintubation eine sichere Methode zur Atemwegesicherung darstellt [138]. Bei Vorliegen von prädiktiven Faktoren für einen schwierigen Atemweg muss die Indikation zur fiberoptischen Wachintubation somit großzügig gestellt werden.

Die Verwendung von starren Intubationsendoskopen wie dem Bonfils stellt ebenfalls eine Alternative zur konventionellen und indirekten Laryngoskopie dar, sofern sie sicher angewendet werden können. Für die Entscheidung des zu benutzenden Instruments sind somit die manuellen Fähigkeiten des Anwenders essenziell.

Krikoiddruck

Die Anwendung des Krikoiddrucks wird kontrovers diskutiert und bleibt aktuell umstritten [36, 139, 140]. Beim Krikoiddruck wird Druck auf den Ringknorpel des Kehlkopfes ausgeübt, um eine Regurgitation durch manuellen Verschluss des Ösophagus zu verhindern. Bei korrekter Durchführung ist die Kompression des Ösophagus möglich, und eine stattfindende Regurgitation kann verringert werden [141, 142]. Da der Krikoiddruck jedoch häufig technisch nicht korrekt angewendet wird, ist ein zuverlässiger Verschluss des Ösophagus nicht gegeben. Weiterhin kann der Tonus des unteren Ösophagussphinkters herabgesetzt werden. Darüber hinaus kann die Anwendung des Krikoiddrucks die Laryngoskopie und auch eine evtl. Maskenbeatmung erschweren [143,144,145]. Somit ist die Frage, ob der Krikoiddruck wirklich das Risiko einer pulmonalen Aspiration verringert oder ob er eine unnötige, möglicherweise risikoreiche Technik darstellt, nicht beantwortet [79, 146].

Aufgrund der nichtvorhandenen, wissenschaftlichen Evidenz für eine Reduktion der Aspiration durch die Anwendung des Krikoiddrucks sowie der erheblichen, potenziell schädigenden Nebenwirkungen und der negativen Beeinflussung der Sicht auf die Epiglottis sollte der Krikoiddruck nicht angewandt werden.

Unerwartet schwieriger Atemweg

Bei Vorliegen eines unerwartet schwierigen Atemwegs ist der Patient aufgrund der fehlenden Maskenbeatmung akut hypoxiegefährdet. In diesem Fall muss eine druckbegrenzte Zwischenbeatmung oder eine maschinelle druckkontrollierte Beatmung durchgeführt werden, um hohe Beatmungsdrücke zu vermeiden [147]. Die Verwendung eines maximalen Spitzendrucks von 15 mbar führt hierbei zu einer deutlich verminderten gastralen Insufflation [147]. Um die Situation eines unerwartet schwierigen Atemwegs beherrschen zu können, sind eine sorgfältige Vorbereitung und Planung der Anästhesieeinleitung unabdingbar, und es soll an dieser Stelle auf die S1-Leitlinie Atemwegsmanagement verwiesen werden [15]. Als Alternative soll der frühzeitige Einsatz von EGA der zweiten Generation mit gastralem Zugang in Erwägung gezogen werden.

Patientenlagerung während der Laryngoskopie

Sowohl Umfragen zum praktischen Vorgehen bei RSII als auch bestehende Empfehlungen berücksichtigten die Patientenlagerung nicht [36, 59, 60]. Um sowohl eine zügige und sichere Atemwegssicherung, insbesondere bei aspirationsgefährdeten Patienten, zu gewährleisten als auch den jeweiligen Ausgangsbedingungen gerecht zu werden, ist die Lagerung des Patienten ein wichtiger Aspekt und muss dem Patienten und der Situation angepasst sein. Eine mögliche Regurgitationsprophylaxe und effektivere Präoxygenierung während der RSII bietet die Anti-Trendelenburg-Lagerung. Aufgrund des erschwerten Aufsteigens von Mageninhalt bis zur Trachea geht sie möglicherweise mit einem reduzierten Risiko einer pulmonalen Aspiration einher. Bei Patienten mit stark aufgetriebenem Abdomen, Adipositas per magna oder eingeschränkter kardiorespiratorischer Reserve wird eine Trendelenburg-Lagerung oder selbst eine Rückenlage möglicherweise schlecht toleriert, und die Oberkörperhochlagerung ist dann die Wahl. Liegen derartige Probleme nicht vor, so spricht nichts gegen die aus dem Alltag bekannte routinierte Handhabung während Rückenlage zur Ileuseinleitung, die eine rasche und komplikationsfreie Intubation ermöglicht.

Als Alternative wird eine Oberkörpertieflage (Trendelenburg-Lagerung) diskutiert, mit dem Ziel, eine stattfindende Regurgitation aufgrund der Schwerkraft von der Larynxebene fernzuhalten. Da eine Oberkörpertieflage die Präoxygenierung und die Intubationsbedingungen erschwert, kann diese Lagerung nicht generell für die RSII empfohlen werden.

Aufgrund fehlender klinischer Studien, die eine der beiden Lagerungen mit einem reduzierten Risiko einer Regurgitation und pulmonalen Aspiration von Mageninhalt assoziiert, kann es auch keine generell gültige Empfehlung geben. Aufgrund der beschrieben Vorteile während der Präoxygenierung und der Atemwegssicherung sollten Patienten während einer RSII mit erhöhtem Oberkörper oder in Rückenlage gelagert werden.

Extubation

Neben der Narkoseeinleitung können auch während der Narkoseausleitung gravierende Atemwegsprobleme mit der Möglichkeit einer Aspiration auftreten. So finden sich ein Drittel aller beschrieben Atemwegskomplikationen während der Extubationsphase [148].

Die Anästhesieausleitung sollte daher nach Meinung der Autoren analog zur Narkoseeinleitung in Oberkörperhochlage und nach Absaugen einer liegenden Magensonde durchgeführt werden. Weiterhin muss der Patient neben einer suffizienten Spontanatmung auch kreislaufstabile Verhältnisse sowie eine Normothermie aufweisen. Zwingend muss vor der Extubation eine neuromuskuläre Restblockade ausgeschlossen sein.

Empfehlung.

  • Bei der elektiven RSII soll der Höchstqualifizierte/Erfahrenste und sollte ein Facharzt intubieren.

  • Es sollte die direkte Supervision von Nichtfachärzten durch die Anwesenheit eines Facharztes erfolgen.

  • Die Intubation kann unter direkter oder mittels indirekter (Video‑)Laryngoskopie erfolgen.

  • Der Oberkörper sollte während der Intubation hoch gelagert werden.

  • Bei unerwartet schwierigem Atemweg sollte eine EGA der 2. Generation verwendet werden.

  • Statt einer RSII soll beim erwartet schwierigen Atemweg eine wach fiberoptische Intubation erfolgen.

  • Die Intubation kann mittels eines starren Intubationsendoskops erfolgen.

  • Bei unerwartet schwierigem Atemweg kann eine schlafende fiberoptische Intubation oder mittels indirekter (video‑)Laryngoskopie erfolgen.

„Rapid sequence induction and intubation“ unter besonderen Bedingungen

RSII bei bariatrischen Eingriffen

Bei Adipositas („Body Mass Index“ [BMI]* > 30; BMI = Gewicht (kg)/Körpergröße (m)2) ohne weitere, das Aspirationsrisiko erhöhende Faktoren, sollte eine „normale“ Einleitungssequenz (keine RSII) in Oberkörperhochlagerung durchgeführt.

RSII bei Sectio caesarea

Für Schwangere ist in der Literatur ein bis zu 3‑fach erhöhtes Aspirationsrisiko im Vergleich zu den sonstigen Patienten beschrieben, welches möglicherweise auf einen erhöhten gastralen Druck am Ende der Schwangerschaft zurückzuführen ist [9]. Ferner ist die Mortalität im Vergleich zu nichtschwangeren erwachsenen Patienten nach Aspiration signifikant erhöht (3,5 % vs. 12 %) [9,10,11, 149]. Neben verschiedenen anderen Faktoren hat der Wechsel von Allgemeinanästhesie zum rückenmarknahen Regionalverfahren im Rahmen der Geburtshilfe die mütterliche Mortalität in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gesenkt [11, 12]. Auch aus diesem Grund sollte bei Patienten, die aspirationsgefährdet sind, im Idealfall auf ein Regionalverfahren ohne zusätzliche Sedierung zurückgegriffen werden [13].

Die besondere Beachtung bei den Schwangeren trägt der Tatsache Rechnung, dass einige Autoren der Meinung sind, dass bereits vor der 12. Schwangerschaftswoche ein erhöhtes Aspirationsrisiko vorliegt, da Sodbrennen und Verlagerung des Magens nach kranial erfolgen. Bisher konnte dieses erhöhte Aspirationsrisiko lediglich für die akute Geburt nachgewiesen werden, da hier eine Magenentleerungsstörung und eine intraabdominelle Druckerhöhung vorliegen. Darüber hinaus gelten die Hinweise zur Refluxerkrankung, unter der bis zu 30–80 % der Schwangeren leiden (s. Abschn. „Aspiration“) [11,12,13].

Die Allgemeinanästhesie im Rahmen der Sectio caesarea ist heutzutage meistens der Notsectio vorbehalten oder falls rückenmarknahe Verfahren technisch scheitern oder aufgrund einer Antikoagulation kontraindiziert sind. Das ist der Tatsache Rechnung getragen, dass etwa 1–2 % der mütterlichen Todesfälle direkt oder indirekt der Anästhesie zugeordnet werden können [149]. Die Aspirationsgefährdung von Schwangeren am Geburtstermin kann nicht durch eine verzögerte Magenentleerung erklärt werden, welches die Nüchternheitsgrenze bei Elektivpatientinnen für klare Flüssigkeiten erklärt [150, 151]. Sowohl die präoperative Gabe von Antacida, H2-Rezeptor-Antagonisten oder Protonenpumpenhemmern heben den gastralen pH > 2,5 an. Als Einzelprophylaxe erweisen sich Antacida wie Natriumzitrat als überlegen [152]. In der Kombination mit H2-Rezeptor-Antagonisten kann eine Aspirationspneumonie möglichweise verhindert werden [152].

Bei der Wahl des Einleitungshypnotikums ist, historisch bedingt, Thiopental oft noch das Mittel der Wahl, obwohl Propofol eine gute und möglicherweise die bessere Alternative darstellt [153, 154]. Bezüglich Opioid und Muskelrelaxans sowie auch der Anwendung des Krikoiddrucks und des Atemwegsmanagements sind keine ergänzenden Empfehlungen zu den oben genannten zu formulieren.

RSII bei Säuglingen und Kleinkindern

Säuglinge und Kleinkinder sind bei einer RSII aufgrund verschiedener Ursachen hypoxiegefährdeter (z. B. erhöhter Sauerstoffverbrauch, erniedrigte FRC, erhöhte „closing capacity“, schwierige Präoxygenierung bei mangelnder Kooperation) als Erwachsene [155,156,157]. Das Risiko, bei einer Narkoseinduktion eine Hypoxie zu erleiden, wird höher als das Aspirationsrisiko eingeschätzt [158]. Eine Aspiration im Kleinkindalter verläuft in der Regel weniger schwer als beim Erwachsenen. Aufgrund dieser Tatsache haben sich Konzepte etabliert, die eine „kontrollierte RSII“ bei Kindern praktizieren, die eine behutsame Maskenbeatmung bis zur Wirkung des nichtdepolarisierenden Muskelrelaxans erlauben und Komplikationen wie eine Hypoxie vermeiden [158,159,160,161].

In der Regel wird folgendermaßen (und teilweise analog zum Erwachsenen) vorgegangen:

  • bei liegender Magensonde: absaugen und entfernen,

  • Präoxygenierung, falls vom Kind toleriert,

  • rasche i. v.-Induktion einer tiefen Anästhesie (Hypnotikum und Opioid),

  • Muskelrelaxation mit einem nichtdepolarisierenden Relaxans (3-fache ED95),

  • Etablieren einer suffizienten Maskenbeatmung mit kleinen Zugvolumina, Beatmungsdruck maximal 10–13 cm H2O,

  • Oxygenierung mittels PCV-Beatmung (13/PEEP 3–5 cm H2O) bis zur suffizienten Muskelrelaxierung,

  • Intubation durch einen mit Kindernarkosen erfahrenen Facharzt oder unter dessen Supervision und Verantwortung (unter Abwägung der Risiken).

Bei besonders hohem Aspirationsrisiko (Ileus mit prallem Bauch oder Trauma innerhalb der üblichen Nüchternheitskarenzzeiten) kann unter individueller Abwägung aller Umstände auch auf eine Zwischenbeatmung verzichtet und eine RSII vom Typ „Ileus“-RSII durchgeführt werden.

Die Präoxygenierungszeiten sind bei Kindern geringer. Als Anhalt gelten für Säuglinge und Kleinkinder 1 min, für Schulkinder bis 10 Jahren 2 min.

Die Succinylcholindosis beträgt, wenn man die Gabe der Substanz in Erwägung zieht, bei Säuglingen und Kleinkindern infolge des höheren Verteilungsvolumens 1,5–2 mg/kg.

Schlussfolgerungen

Die Abweichung von der „Standard“-Anästhesieeinleitung bei aspirationsgefährdeten Patienten führt zu einem Anstieg des Risikos für Komplikationen. Da aktuell keine evidenzbasierte Leitlinie zu dieser Thematik existiert, aber auch keine kontrollierten klinischen Untersuchungen vorliegen, die zeigen konnten, dass eine RSII per se zu einer Abnahme pulmonaler Aspirationen führt [65], finden welt-, europa- und deutschlandweit unterschiedliche Vorgehensweisen für die „RSI“ Verwendung. Ziel der vorliegenden Übersichtsarbeit ist es, die derzeitige Evidenz im Sinne der Patientensicherheit zusammenzufassen und eine Entscheidungshilfe für das praktische anästhesiologische Management zu leisten.

Die Berücksichtigung aller praktischen, innerklinischen Maßnahmen beim aspirationsgefährdeten Patienten stellt eine wirksame Prävention pulmonaler Aspirationen während der Anästhesieeinleitung dar. Dazu gehören die optimale medikamentöse Vorbehandlung mit Antacida (Beispiel: Natriumzitrat) bei stark aspirationsgefährdeten und Protonenpumpenhemmern oder H2-Rezeptor-Antagonisten bei anderen Patienten am Vorabend. Jeder Patient soll vor einer RSII entsprechend den Empfehlungen der DGAI zur präoperativen Evaluation untersucht und aufgeklärt werden, und eine RSII sollte durchgeführt werden, wenn keine 2 h Flüssigkeits- und keine 6 h Nahrungskarenz eingehalten worden sind, der Patient unter akutem Erbrechen, einem Subileus oder Ileus leidet, fehlende Schutzreflexe oder eine Magen-Darm-Passagestörung besitzt. Eine RSII sollte bei jeder Schwangeren ab dem 3. Trimenon und unter der Geburt durchgeführt werden. Die genaue Absprache und Kompetenz der ärztlichen Kollegen (der Höchstqualifizierte/Erfahrenste/Facharzt sollte intubieren) vor und während der RSII über die jeweilige Aufgabenverteilung minimiert ebenso das Risiko der Aspiration wie die adäquate apparative Ausstattung (z. B. großlumige Absauger, Intubations- und Atemwegshilfen), eine den Umständen angepasste optimierte Oberkörperhochlagerung des Patienten. Eine konsequente Präoxygenierung mit einer FIO2 von 1,0 (FetO2-Konzentration > 0,9) und einem Sauerstoff-Flow > 10 l/min über eine komplett abdichtende Beatmungsmaske mit Kapnographie sollte 3–5 min betragen. Ein schnelles Erreichen einer genügend tiefen Anästhesie und Muskelrelaxation, um Husten und Würgen während der Einleitung zu vermeiden, ist durch eine Kombination von Opioid, Hypnotikum und Muskelrelaxans zu erreichen. Als Opioid können sowohl Sufentanil als auch Fentanyl und Remifentanil verwendet werden, als Hypnotikum Propofol, Thiopental, Etomidat und Ketamin, und als Muskelrelaxans soll Rocuronium mit der Verfügbarkeit von Sugammadex verwendet werden. Bei fehlenden Kontraindikationen kann auch Succinylcholin als Muskelrelaxans verwendet werden. Statt einer RSII soll beim erwartet schwierigen Atemweg eine wach fiberoptische Intubation erfolgen, bei einem unerwartet schwierigen Atemweg sollte eine EGA der 2. Generation verwendet werden. Bei einer Regurgitation oder Aspiration sollen je nach Schweregrad eine intensivmedizinische Überwachung und eine fiberoptische Bronchoskopie durchgeführt werden und sollte ein Antibiotikum sowohl bei Nachweis einer Pneumonie gegeben werden und bei Beschwerden ein Thoraxröntgenbild oder eine CT durchgeführt werden [43].

Fazit für die Praxis

Ganz allgemein reduzieren 3 Faktoren das Risiko einer Aspiration:

  • Erfahrung,

  • Unterstützung durch einen erfahrenen Anästhesisten und

  • engmaschige Überwachung eines unerfahrenen Anästhesisten.