Die Ausstattung notarztbesetzter Rettungsmittel ist nur in Teilbereichen durch die seit 1999 gültige europäische Norm [Deutsche Industrie Norm (DIN) 75079] verbindlich geregelt. Die dort genannten Ausrüstungsgegenstände sind nur als Mindestanforderung zu sehen [15]. Wünschenswert erscheint jedoch eine Ausstattung, die dem Notarzt eine Patientenversorgung nach dem aktuellen Stand der Notfallmedizin ermöglicht. Das Sozialgesetzbuch (SGB) V fordert eine „bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem aktuellen Stand der medizinischen Kenntnisse entsprechende Versorgung“ von Krankenkassen und Leistungsträgern. Welcher Standard bei der Patientenversorgung als der gerade aktuelle anzusehen ist, ist im Detail schwer festzulegen. Hinweise können z. B. Leitlinien aus Konsensuskonferenzen und wissenschaftliche Publikationen von Experten auf nationaler und internationaler Ebene sein.

Die DIN-Vorschrift 75079 als gültige Ausstattungsnorm ist in einigen Punkten sehr allgemein gehalten. Viele Ausrüstungsgegenstände, wie z. B. Medikamente, sind nicht im Einzelnen aufgeführt. Vor dem Hintergrund knapper Ressourcen im Gesundheitswesen werden nur vorgeschriebene Ausrüstungsgegenstände von den Kostenträgern finanziert. Diese Situation prädestiniert zu einer uneinheitlichen Ausstattung der notarztbesetzten Rettungsmittel und kann damit zu Unterschieden bei der Patientenversorgung führen. In anderen Bundesländern gab es bereits Untersuchungen [12], die deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Standorten aufzeigten.

Ziel dieser Untersuchung war es, bestehende Unterschiede und die damit verbundenen Konsequenzen für die Patientenversorgung im bodengebundenen Notarztdienst in Bayern aufzuzeigen.

Material und Methoden

Über die 26 Rettungsleitstellen in Bayern wurden 218 bodengebundene Notarztstandorte in Bayern identifiziert. Luftrettungsstandorte und spezielle Notarztsysteme, wie z. B. Babynotarztdienste, wurden in die Umfrage nicht einbezogen. Alle 218 Standorte erhielten einen Fragebogen (Tab. 1). Dieser umfasste Fragen zur aktuell mitgeführten medizinischen Ausstattung und zu geplanten Neuanschaffungen.

Tab. 1 Fragebogen

Ergebnisse

Zwischen Oktober 2003 und Februar 2004 gingen 177 Rückantworten ein (81%).

Atemwegsmanagement

Pulsoxymeter und „Positive-endexpiratory-pressure- (PEEP-)Ventil“ waren die beiden häufigsten Ausrüstungsgegenstände an jeweils 98% aller Standorte. Ein tragbares Beatmungsgerät war in 93% aller notarztbesetzten Rettungsmittel vorhanden (Medumat® variabel 28%, Medumat® Standard 57%, Medumat® Electronic 8,7%, Oxylog® 1,4%, Oxylog® 1000 0,7%, Oxylog® 2000 3,6%).

Die Mehrzahl der Standorte hatte ein O2-Reservoir für den Beatmungsbeutel (77%), eine Verneblermaske (74%), ein Koniotomieset (71%) und eine O2-Maske mit O2-Reservoir (63%) zur Verfügung.

Deutlich geringer war die Verbreitung bei folgenden Ausrüstungsgegenständen: Demand-Ventil (39%), CO2-Messung in der Atemluft (Kapnometrie 29%, Kapnographie 12%, CO2-Messung mit Farbvergleich 6%), Larynxmaske (26%), Larynxtubus (26%), Kombitubus (18%) und Intubationslarynxmaske (7%; Tab. 2).

Tab. 2 Am Rettungsmittel vorhandene Hilfsmittel für das Atemwegsmanagement

Infarktdiagnostik und Therapie

Ein 12-Kanal-EKG war bei 88% der notarztbesetzten Rettungsmittel vorhanden, während nur 13% die Möglichkeit hatten, das EKG drahtlos an eine Klinik zu senden. Die Möglichkeit einer präklinischen Lyse bestand an 18% aller Standorte.

Externer Schrittmacher

An fast allen Standorten stand ein externer transthorakaler Schrittmacher zur Verfügung (92%).

Medikamente und Infusionstherapie

Folgende Medikamente waren auf den Notarztmitteln vorhanden (Tab. 3): Adrenalin (100%), Lidocain (97%), Natriumbikarbonat (96%), Ajmalin (89%), Amiodaron (85%), hyperton-hyperonkotische Infusionslösung (80%), Succinylcholin (79%), Adenosin (46%), Magnesium (44%) und Vasopressin (17%).

Tab. 3 Vorhandene Medikamente auf den notarztbesetzten Rettungsmitteln

Opiate waren an 74% aller Standorte im Fahrzeug vorhanden. An 22% der Standorte führte der Arzt die Opiate mit; 4,5% der Standorte verfügten über keine Opiate im Notarztrettungsmittel.

Das Vorhandensein einer Spritzenpumpe wurde an 77% der Standorte angegeben.

Zur forcierten Volumentherapie wurde an 34% der Standorte eine Katheterschleuse oder ein Shaldon-Katheter mitgeführt.

Kindernotfälle

Es führten 97% aller Notarztmittel eine intraossäre Nadel mit. Die kleinste Venenverweilkanüle im Fahrzeug war in 36% 26 G und in 38% 24 G. Über eine 22-G-Verweilkanüle als kleinste Größe verfügten 21% aller Standorte.

Die weit überwiegende Zahl der Standorte (81%) hielt einen Endotrachealtubus kleiner als 3,0 mm (ID) vor. In 18% der Fälle war der Tubus 3,0 mm (ID) als kleinste Größe angegeben. Einen pädiatrischen Pulsoxymetersensor hatten 75%; Kinderdefibrillationspaddels hatten 81% aller bodengebundenen Notarztrettungsmittel.

Geplante Anschaffungen

Folgende Anschaffungen wurden als geplant angegeben: 9 Standorte wollten die Kapnometrie in das Monitoring aufnehmen, 5 Standorte hyperton-hyperonkotische Infusionslösung, ein Standort ein Demand-Ventil, ein Standort einen Kombitubus®, 5 Standorte Larynxmasken, 2 Standorte Lysemedikamente.

Diskussion

Die vorliegenden Zahlen zeigten erhebliche Unterschiede zwischen der Ausstattung an den einzelnen Notarztstandorten auf.

Beatmung und Atemwegsmanagement

Die ausreichende Oxygenierung ist ein vorrangiges Ziel bei der Versorgung eines Notfallpatienten. Obwohl die verschiedenen Hilfsmittel zur Erzielung einer möglichst hohen FIO2 nicht explizit in der DIN-Norm 75079 genannt werden, sind sie weit verbreitet: Im Vergleich zur O2-Nasensonde (94%) war die deutlich effektivere, jedoch kostenintensivere O2-Maske mit O2-Reservoir nur an 63% aller Notarztstandorte zu finden. Ein O2-Reservoir für den Beatmungsbeutel hielten 77% aller bayerischen bodengebundenen Notarztstandorte vor, während das in der Anschaffung teure Demand-Ventil als effektivstes Mittel nur an 39% aller Standorte zur Verfügung stand. Dies wird in den hohen Anschaffungskosten begründet sein. Automatische Notfallbeatmungsgeräte und Pulsoxymeter sind in der DIN 75079 aufgeführt und waren an fast allen Standorten (93% bzw. 98%) vorhanden. Obwohl auch das PEEP-Ventil in dieser DIN nicht explizit genannt wird, stand es ebenfalls nahezu überall (98%) auf den Notarztfahrzeugen zur Verfügung.

Während die Inzidenz des schwierigen Atemwegs innerklinisch ca.1,5–2,5% [9] beträgt, liegt sie präklinisch mit bis zu 20% [22] deutlich höher. Aufgrund geringerer Ressourcen sind innerklinische Algorithmen zur Beherrschung des schwierigen Atemweges [3] zumeist nicht auf die präklinische Situation übertragbar. Algorithmen für den Rettungsdienst beinhalten ausdrücklich nichtinvasive Hilfsmittel [22]. Diese waren wenig verbreitet (Larynxmaske und Larynxtubus 26%, Kombitubus 18%, Intubationslarynxmaske 7% aller Standorte). Eine ähnliche, geringere Verbreitung dieser wichtigen Hilfsmittel zeigten Daten aus Baden-Württemberg im Jahr 2002 [12].

Bei den seltenen „Cannot-intubate-cannot-ventilate-Situationen“ kann ein chirurgischer Atemweg nötig werden. Hierbei wird allgemein der Koniotomie der Vorzug gegenüber der Tracheotomie gegeben, da diese schneller durchführbar und weniger komplikationsträchtig ist [18]. Koniotomiesets waren mit 71% aller Notarztstandorte sehr weit verbreitet. Obwohl das Bewusstsein für alternative Techniken zum Management des schwierigen Atemwegs zunimmt, waren die Notarztstandorte v. a. mit nichtinvasiven Hilfsmitteln nur spärlich ausgestattet, sodass für den Rettungsdienst entwickelte Algorithmen [22] zum Atemwegsmanagement derzeit nicht oder nur unzureichend umsetzbar sind. Insbesondere nach einer schwierigen Intubation, aber auch nach einer Koniotomie sollte die korrekte endotracheale Tubuslage mithilfe der Messung von exspiratorischem CO2 durch Kapnometrie oder semiquantitative Farbindikatoren umgehend verifiziert werden [3]. Obwohl ein Kapnometer laut DIN 75079 auf dem Notarzteinsatzfahrzeug oder Notarztwagen gefordert wird, hatten nur 32% aller befragten Notarztstandorte die Möglichkeit, exspiratorisches CO2 zu erfassen. Dies muss vor dem Hintergrund der Folgen einer Hypoxie durch Fehlintubation besonders kritisch gesehen werden. Von juristischen Konsequenzen, z. B. für den Betreiber des Notarztmittels, kann beim Fehlen eines in der DIN genannten Ausrüstungsgegenstands derzeit nicht ausgegangen werden, solange es keine verbindlichen gesetzlichen Vorgaben hierzu gibt.

Herzinfarkttherapie und präklinische Fibrinolyse

Eine präklinische Infarktdiagnostik ist v. a. an die Verfügbarkeit eines 12-Kanal-EKG gebunden [10, 26]. Auch in den aktuellen European Resuscitation Council (ERC) Guidelines 2005 [6] wird dem präklinischen 12-Kanal-EKG eine hohe Bedeutung zugemessen. Durch eine frühzeitige Diagnosestellung ergibt sich bei der Therapie des Herzinfarkts ein erheblicher Zeitgewinn mit Reduktion der „door-to-needle-time“ [21] und konsekutiver Mortalitätsreduktion [8]. Der Notarzt wird so die Lage versetzt, noch am Einsatzort je nach gegebenen logistischen Möglichkeiten entweder sofort eine Lyse durchzuführen oder den Patienten innerhalb des geforderten Zeitintervalls in eine Einrichtung mit Perkutaner-transluminaler-koronarer-Angioplastie- (PTCA-)Bereitschaft zu verbringen. In dieser Untersuchung hatten 88% aller bodengebundenen Notarztsysteme ein 12-Kanal-EKG, deutlich mehr als in der Umfrage von Genzwürker et al. [12] an Notarztstandorten in Baden-Württemberg (53%). Aufgrund der landesweiten Neuausstattung mit Lifepak®-12-Defibrillatoren ist in Bayern eine flächendeckende Ausstattung zu erwarten [4]. Nicht mehr zeitgemäß erscheint in diesem Zusammenhang der in der DIN 75079 für Notarzteinsatzfahrzeuge festgeschriebene Mindeststandard eines EKG-Überwachungsgerätes. Insbesondere in Ländern ohne regelmäßigen präklinischen Einsatz eines Notarztes wird das vor Ort erhobene EKG oft zur Beurteilung an eine Klinik gesandt. Es konnte gezeigt werden, dass die Übertragung des 12-Kanal-EKG an die aufnehmende Klinik die Zeit bis zu einer Fibrinolyse verkürzt [14]. Im Beobachtungszeitraum nutzten diese Möglichkeit in Bayern nur 13% der 156 mit 12-Kanal-EKG ausgestatteten Notarztstandorte. Die EKG-Übertragung kann helfen, unklare Befunde zu verifizieren und innerklinische Abläufe im aufnehmenden Krankenhaus zu bahnen, jedoch muss jeder Notarzt in der Lage sein, ein Infarkt-EKG selbstständig zu interpretieren.

Zur raschen Wiederherstellung des koronaren Blutflusses beim ST-Hebungsinfarkt ist die primäre PTCA der Lyse überlegen [13, 26], steht jedoch nicht flächendeckend in 24-h-Bereitschaft zur Verfügung. Ist eine Akut-PTCA nicht innerhalb von 90 min durchführbar, so wird von den Fachgesellschaften eine präklinische Lyse empfohlen [10, 13]. Die prähospital begonnene Lyse bringt im Vergleich zur stationär begonnenen Lyse einen Zeitgewinn von im Mittel 60 min [19] und führt zu einer geringeren 30-Tage- Mortalität [19, 11]. Auch in den aktuellen ERC-Richtlinien 2005 zur Therapie von Patienten mit akuten Koronarsyndromen [6] wird die präklinische Lyse beim Myokardinfarkt empfohlen. Hieraus wird von der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie die Empfehlung abgeleitet, dass notarztbesetzte Rettungsmittel die Möglichkeit zur Lysetherapie haben sollten [10, 13]. In Bayern hatten im Untersuchungszeitraum nur 31 von 218 Notarztstandorten (18%) die Möglichkeit zur präklinischen Lyse, und nur 2 Standorte planten die Einführung. Auch hier war die Verbreitung höher als bei der Umfrage 2002 in Baden-Württemberg (13%) [12]. Hauptgründe für die jedoch insgesamt nur geringe Verbreitung im Untersuchungszeitraum könnten sowohl die erheblichen Vorhaltungskosten als auch die zu dieser Zeit unklare Situation bei der Kostenerstattung durch die Kostenträger in Bayern sein. In anderen Bundesländern, wie z. B. Hessen, zeigten sich in dieser Hinsicht derzeit bereits Fortschritte [5]. Standorte an oder in der Nähe von Zentren mit 24-h-PTCA-Bereitschaft haben, ggf. auch aus diesem Grund, auf die Vorhaltung eines Lysemedikaments verzichtet. Aktuell gibt es eine Zusage der Krankenkassenverbände in Bayern, die Kosten für die Lyse zu übernehmen, sodass in nächster Zeit eine deutlich höhere Verbreitung auf den Notarztmitteln zu erwarten ist.

Externer Schrittmacher

Nach den aktuellen ERC-Guidelines gilt u. a. die symptomatische Bradykardie ohne Ansprechen auf Anticholinergika als mögliche Indikation für einen externen Schrittmacher [20]. Ein externer Schrittmacher ist Bestandteil der DIN-Ausstattung 75079 und stand an 92% aller Standorte zur Verfügung. Die große Verbreitung ist vermutlich u. a. durch die bereits bestehende Integration in die vorhandenen Defibrillatoren zu erklären.

Ausstattung mit Medikamenten

Die Ausstattung von Rettungsmitteln mit Medikamenten ist in der DIN 13232 nur nach Medikamentengruppen für Indikationsbereiche geregelt. Einzelne Medikamente werden nicht genannt, sodass es dem jeweiligen Betreiber des Standorts obliegt, welche Medikamente mitgeführt werden. Die Befragung griff gängige Medikamente insbesondere im Hinblick auf erfolgte Neubewertungen in den zurzeit der Umfrage gültigen ERC-Richtlinien 2000 [17] heraus. Die „traditionellen“ Medikamente zur Reanimation waren fast mit wenigen Ausnahmen überall an den Notarztstandorten vorhanden (Adrenalin 100%, Lidocain 97%, Natriumbikarbonat 96%). Magnesium, das u. a. bei refraktärem Kammerflimmern und insbesondere bei Torsade-de-pointes-Tachykardie mit Verdacht auf Hypomagnesiämie sowohl in den alten [17] und auch den neuen ERC-Richtlinien empfohlen wird [20], war nur an 44% aller Standorte verfügbar.

Als Zeichen einer weit gehenden Umsetzung damaliger [17] und auch aktueller Empfehlungen [20] zur medikamentösen Therapie des Kammerflimmerns kann die relativ hohe Verfügbarkeit von Amiodaron an 85% der Standorte gewertet werden. In den aktuellen Reanimationsrichtlinien (2005) wird die Gabe von Amiodaron empfohlen, wenn bei Kammerflimmern/pulsloser Kammertachykardie auch die dritte Defibrillation erfolglos war [20]. Zur Anwendung von Vasopressin bei der Reanimation als mögliche Alternative zum Adrenalin gibt es seit einiger Zeit intensive Untersuchungen [24, 25]. Der Einsatz von Vasopressin wurde in den alten Richtlinien des ERC 2000 [17] bei Kammerflimmern und pulsloser ventrikulärer Tachykardie als Einmalgabe vorgeschlagen (Klasse IIb, vermutlich von Nutzen). Zur Zeit der Untersuchung war es bei der Umfrage nur an sehr wenigen Standorten (17%) verfügbar. Gründe hierfür waren u. a. die noch fehlende Zulassung des Medikaments für diese Anwendung und die erschwerte Verfügbarkeit in Deutschland. Die aktuellen Empfehlungen (2005) zur Anwendung von Vasopressin als Vasopressor bei der Reanimation sind beim ERC und bei der American Heart Association (AHA) nicht einheitlich. Vasopressin wird in den aktuellen ERC-Leitlinien aufgrund der derzeitig nichteindeutigen Datenlage nicht mehr als Vasopressor bei Reanimation empfohlen, aber auch nicht explizit abgelehnt [20]. Die AHA empfiehlt hingegen weiterhin die Einmalgabe von 40 IE Vasopressin als Ersatz für die erste oder zweite Adrenalingabe [2].

Nach den alten [17] und aktuellen ERC-Guidelines 2005 [20] gilt Adenosin bei supraventrikulären Tachykardien mit schmalem Kammerkomplex als Medikament der ersten Wahl, wenn ein vorangegangenes Vagusmanöver nicht erfolgreich war. Adenosin war jedoch lediglich an 46% aller Notarztstandorte vorhanden. Obwohl es nicht im ERC-Algorithmus erwähnt wird [17, 20], war hingegen Ajmalin sehr weit verbreitet (89%). Gründe hierfür können sein:

  • Anwendbarkeit sowohl bei ventrikulären als auch bei supraventrikulären Rhythmusstörungen,

  • Mittel der Wahl beim Wolff-Parkinson-White- (WPW-)Syndrom,

  • höhere Effektivität als Lidocain in Bezug auf die Terminierungsrate und

  • Frequenzverlangsamung bei ventrikulärer Tachykardie [23].

Zur kurzfristigen Muskelrelaxierung für bessere Intubationsbedingungen hat Succinylcholin auch in der Notfallmedizin immer noch einen hohen Stellenwert und war an 79% aller befragten bodengebundenen Notarztstandorte vorhanden.

Potente Opiate sind zur adäquaten Analgesie des Notfallpatienten unerlässlich und waren bei 74% aller Standorte im Fahrzeug oder wurden bei 22% vom Arzt mitgeführt. Lediglich 4% der Standorte hatten keine Opiate im Notarztmittel zur Verfügung. Ob an diesen Standorten zumindest niederpotente Opioide vorhanden sind, wurde in der Untersuchung nicht erfasst. Jedoch würde diese Substanzgruppe in keinem Fall einen adäquaten Ersatz für potente Opioide darstellen. Mögliche Gründe, wie logistische Probleme [Tresor im Fahrzeug und am Standort, Betäubungsmittel- (BTM-)Buch, Frage der Verantwortlichkeit] oder Vorbehalte bezüglich potenzieller Nebenwirkungen, sollten gegenüber der Verantwortung für eine adäquate Schmerztherapie des Patienten zurücktreten.

Volumentherapie/“high-flow devices“

In der Therapie des Volumenmangelschocks hat sich in den letzten Jahren die „small volume resuscitation“ mit hypertonen hyperonkotischen Infusionslösungen (z. B. HyperHAES®) fest etabliert [16]. Die hohe Verfügbarkeit an 80% aller befragten Standorte zeigt die hohe Akzeptanz dieses einfachen und effektiven Verfahrens auch in der Notfallmedizin. Zur forcierten Volumentherapie oder bei schlechten peripheren Venenverhältnissen kann ein dicklumiger zentraler Venenkatheter (High-flow device, z. B. Katheterschleuse oder Shaldon-Katheter) erwogen werden. Obwohl der Einsatz in der präklinischen Praxis eher selten erscheint, führten 34% aller Notarztrettungsmittel einen der beiden Katheter mit.

Pädiatrische Notfälle

Pädiatrische Notfälle sind seltene Einsatzindikationen [1], jedoch muss in jedem Fall auch für diese Altersgruppe geeignetes Material mitgeführt werden. Auch hier gehört die Pulsoxymetrie zum Standardmonitoring, jedoch werden spezielle Kindersensoren benötigt. In der Umfrage hatten lediglich 75% aller befragten Standorte einen pädiatrischen Pulsoxymetersensor. Ein pulsoxymetrisches Monitoring war demnach insbesondere bei kleinen Kindern an vielen Standorten nicht möglich. Zur Anlage eines Venenzugangs bei Säuglingen und Neugeborenen werden Verweilkanülen mit sehr kleinem Durchmesser (26 und 24 G) benötigt.

Kleine und kleinste Venenverweilkanülen waren an zu wenigen Standorten vorhanden (kleinste vorhandene Größe: 36% 26 G, 38% 24 G und 21% 22 G). Demnach kann es an vielen Standorten insbesondere bei Neugeborenen und Säuglingen zu Problemen bei der Anlage von i.v.-Zugängen kommen.

Bei schwieriger oder unmöglicher Venenpunktion wird in den aktuellen ERC-Richtlinien der intraossäre Zugang als Alternative beim Kind [7] und auch beim Erwachsenen [20] empfohlen. Im Gegensatz zu den dargestellten eingeschränkten Möglichkeiten in Bezug auf Venenverweilkanülen führten 97% aller Notarztmittel einen intraossären Zugang mit. Es ist somit an nahezu allen Standorten möglich, wenigstens einen intraossären Zugang zu schaffen. Obwohl die Rate an bedeutenden Komplikationen hierbei niedrig ist, ist diese Zugangsart für das wache Kind im Vergleich zur Venenpunktion deutlich invasiver sowie aufwändiger (z. B. Sterilität) und stellt in diesem Fall sicher nicht die Methode der ersten Wahl dar. Für eine adäquate Versorgung von Kindern aller Lebensalter muss daher gefordert werden, dass Venenverweilkanülen aller nötigen Größen vorhanden sind. Die Intubation eines Neu- oder Frühgeborenen ist im Notarztdienst ein eher seltenes Ereignis, dennoch steht ein geeigneter Endotrachealtubus für normgewichtige Neugeborene in den meisten Notarztmitteln zur Verfügung (kleinster mitgeführter Endotrachealtubus: 81% kleiner als 3,0 mm ID, 18% kleinste Größe 3,0 mm ID). Obwohl ein defibrillationswürdiger Rhythmus beim pädiatrischem Kreislaufstillstand eine Ausnahme ist, führten dennoch 81% aller befragten bodengebundenen notarztbesetzten Rettungsmittel pädiatrische Defibrillationselektroden mit. Der Grund hierfür könnte sein, dass diese bereits bei der Grundausstattung der vorhandenen Geräte enthalten sind.

Ob der in dieser Untersuchung gefundene unterschiedliche Ausrüstungszustand auf den Notarztmitteln z. B. vom Einsatzaufkommen, der Größe des Standorts oder anderen Faktoren abhängt, kann durch unsere Untersuchung nicht beantwortet werden, da entsprechende Daten nicht erhoben wurden und die Bögen anonym ohne Zuordnungsmöglichkeit zum einzelnen Standort ausgewertet worden sind. Mögliche Einflussfaktoren auf die mitgeführte Ausrüstung sind vielfältig: Die Entscheidung zur medizinischen Ausrüstung des Notarztmittels unterliegt aktuell an vielen Standorten dem jeweiligen ärztlichen Leiter/Obmann. Insbesondere bei der medikamentösen Ausstattung können die individuellen Erfahrungen und Wünsche der teilnehmenden Kollegen aus unterschiedlichen Fachdisziplinen eine Rolle bei der Entscheidung für oder gegen eine Substanz spielen. Bei der Ausstattung mit anderen z. T. kostenintensiven Ausrüstungsgegenständen (Larynxmaske, Demand-Ventil usw.), die nicht primär durch die Rettungszweckverbände finanziert werden und auch nicht in der DIN-Norm genannt sind, müssen die Standorte bei der Anschaffung derzeit auf die Unterstützung der jeweiligen, das Notarztmittel betreibenden Hilfsorganisation oder ggf. auf alternative Finanzierungsmodelle (Fördervereine, Spenden etc.) zurückgreifen.

Zur Beseitigung der in unserer Untersuchung gefundenen Unzulänglichkeiten bei der Ausstattung bodengebundener Notarztmittel ergeben sich verschiedene Forderungen: Die geltenden DIN-Vorgaben für notarztbesetzte Rettungsmittel erscheinen vor dem Hintergrund dieser Untersuchung als zu allgemein gefasst und sind zu unflexibel, um sich den z. T. rasch ändernden medizinischen Anforderungen anzupassen. Es müssen statt dessen bundesweit geltende, durchaus detaillierte, verbindliche (Mindest-)Standards zur Ausrüstung von Notarztmitteln von einem Fachgremium erarbeitet und bei Bedarf (z. B. neue Reanimationsrichtlinien) zeitnah angepasst werden. Ein derartiges „nationales Konzept zur Ausstattung von Rettungs- und Notarztmitteln“ muss vom Gesetzgeber unterstützt werden, um die Finanzierung zu gewährleisten. Angesichts leerer Kassen im Gesundheitssystem erscheint eine Finanzierung einer besseren Ausrüstung durch die Kostenträger derzeit mehr als fraglich.

Die adäquate Ausrüstung eines Rettungsmittels schafft zwar die Voraussetzung für die Durchführung von bestimmten Maßnahmen, ist jedoch noch kein Garant für eine fachgerechte Durchführung. Eine kontinuierliche Aus- und Fortbildung aller am Notarztdienst teilnehmenden Kollegen in Theorie und Praxis ist sicher die Basis für eine adäquate Versorgung des Notfallpatienten nach den jeweils aktuell gültigen Versorgungsstandards.

Fazit für die Praxis

Vergleicht man die Anforderungen an die Ausstattung von Rettungsmitteln, die von Fachgesellschaften und in Leitlinien zur optimalen Patientenversorgung gefordert werden, mit den aktuell gültigen Ausstattungsnormen für die Fahrzeuge nach DIN, zeigt sich eine z. T. erhebliche Diskrepanz. In der vorliegenden landesweiten Umfrage in Bayern an allen bodengebundenen Notarztstandorten zeigten sich erhebliche Unterschiede bei der medizinischen Ausstattung, die es in vielen Fällen nicht erlaubt, den Patienten auf dem aktuellen Stand des medizinischen Wissens notärztlich zu behandeln. Eine detailliertere nationale Regelung zur Ausstattung der Notarztmittel, die auch zeitnah den sich wandelnden Erkenntnissen immer wieder angepasst werden sollte, kann ggf. helfen, diese doch z. T. deutlichen Unterschiede abzubauen.