Zusammenfassung
Die Nachbarschaftsbeziehungen zwischen Frauen- und Geschlechterforschung, Frauenbewegung und institutionalisierter Geschlechterpolitik waren und sind immer wieder Gegenstand systematischer wissenschaftlicher Analysen und theoretischer Diskussionen in der Geschlechterforschung, aber auch heftiger politischer Debatten zwischen GeschlechterforscherInnen und GleichstellungspolitikerInnen (vgl. bspw. Riegraf/Plöger 2009; Hark 2005; Holland-Cunz 2005; Gerhard 2001). Ihnen wird eine enge, nie gleichgültige, aber stets komplizierte und spannungsgeladene Verbindung bescheinigt. Von einem gemeinsamen Ausgangspunkt in den 1970er Jahren gingen Frauen- und Geschlechterforschung und Frauenbewegung in den folgenden Jahrzehnten getrennte Wege. Dabei erzielten beide - trotz aller Schwierigkeiten und Begrenztheiten - durchaus Erfolge in den jeweiligen Sphären (vgl. Mischau/Oechsle 2003). Die Prozesse der Institutionalisierung und Professionalisierung der Frauen- und Geschlechterforschung im Wissenschaftssystem und wesentlicher Teile der Frauenbewegung im politischen System führten allmählich zum Aufbau und zur Wahrung einer zunehmenden Distanz. Sicherlich ist und war die Gegenüberstellung zwischen Bewegung und Forschung nie so eindeutig, wie dies viele Analysen über das Verhältnis von Politik, Bewegung und Forschung nahe legen. Dennoch waren die Aufspaltungen zwischen Frauen- und Geschlechterforschung und Frauenbewegung, die Ausdifferenzierungen und deutlichen Distanzierungen eine Voraussetzung dafür, die jeweiligen Bezugssystem durch die Integration der Kategorie Geschlecht verändern zu können. Die Differenzierung und Distanzierung ist Ausdruck der Anerkennung der jeweilig unterschiedlichen Rationalitäten, die im wissenschaftlichen und politischen System vorherrschen. Um Bestätigungen und Anerkennung im jeweils relevanten Feld zu erhalten, ist zumindest eine teilweise Akzeptanz der jeweils gültigen Routinen und Regeln nötig. Barbara Holland- Cunz beschreibt das Verhältnis zwischen Frauen- und Geschlechterforschung und Frauenbewegung schließlich zu Beginn der Jahrtausendwende als ein „unsystematisches, unbewusstes, unreflektiertes, unentschiedenes ,Nebeneinander‘“ (Holland-Cunz 2003a: 15). Angelika Wetterer konstatiert angesichts dieser Entwicklung eine zunehmende Distanz. Grenzgängerinnen zwischen den gesellschaftlichen Sphären seien eine Ausnahme geworden (Wetterer 2005).
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© 2010 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
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Meuser, M., Riegraf, B. (2010). Geschlechterforschung und Gleichstellungspolitik. Von der Frauenförderung zum Diversity Management. In: Soziologische Geschlechterforschung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92045-0_11
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-92045-0_11
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-15584-5
Online ISBN: 978-3-531-92045-0
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