Zusammenfassung
Qualitative respektive rekonstruktive Methoden werden ob ihres kritischen Umgangs mit Objektivitätsansprüchen und den Bemühungen um Einbezug von Subjektivität bevorzugt in (gesellschafts-)kritischer Wissensproduktion eingesetzt. Zu fragen ist, wie dabei mit Machtverhältnissen und Subjektpositionen umgegangen wird. Dieser Frage soll im folgenden Beitrag insbesondere mit Bezug auf die dokumentarische Methode als einem der etablierten Verfahren qualitativer Methodik nachgegangen werden. Dabei orientiert sich die Darstellung an konkreten Problemstellungen der eigenen Forschungsarbeit. Es werden sowohl produktive Momente der dokumentarischen Methode als auch Fallstricke für eine kritische Wissensproduktion in den Blick genommen. Im Anschluss werden Versuche der praktischen Auseinandersetzung mit den angesprochenen Kritikpunkten angedeutet.
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Notes
- 1.
Die Vorzüge speziell rekonstruktiverVerfahren (Bohnsack 2007; Przyborski & Wohlrab-Sahr 2008) für kritische Wissensproduktion habe ich am Beispiel Migrationsforschung an anderer Stelle ausgeführt (Hametner 2012). Insbesondere durch den Fokus auf die Eigenstrukturiertheit der Handlungspraxis der Forschungssubjekte werden Stereotypisierungen und Vorabkategorisierungen auf methodischer Ebene zu vermeiden versucht.
- 2.
Ich setzte den Begriff ‚migrantisch’ im Folgenden unter Anführungszeichen, um darauf zu verweisen, dass es sich hierbei um ein Konstrukt handelt, das vor allem der Markierung von ‚Anderen’ dient.
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Über die Zugehörigkeit zur mehrheitsgesellschaftlichen Gruppe hinaus, ist diese Position durch andere zentrale Achsen der Ungleichheit, etwa Geschlecht oder Klasse bestimmt. So spielt meine Position als Akademikerin und Psychologin ebenso eine Rolle wie meine Zugehörigkeit zur Mittelschicht.
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Auf die Bedeutung von gesellschaftlich verhandelten Themen für die Entwicklung von Forschungsinteressen hat bereits Fleck (1980) hingewiesen. Er spricht in diesem Zusammenhang von Präideen, die die Denkmöglichkeiten quasi vorstrukturieren und abseits derer Forschungsfragen gar nicht aufkommen können.
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Als zweiten Modus der Markierung erarbeitet Ha (2004: 63ff) den der Kriminalisierung ‚mig-rantischer’ Subjekte heraus.
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Gleichzeitig bin ich als Angehörige der Mehrheitsgesellschaft positioniert. Dies bringt mit sich, dass neben den Hoffnungen auf Veränderung auch Befürchtungen weiterer Stereotypisierung und Stigmatisierung wachgerufen werden können.
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Rekonstruktive Verfahren zeichnen sich nicht nur durch Offenheit und das Moment der Theoriegenerierung aus, sondern darüber hinaus durch ihre praxeologische Perspektive, d. h. ihren Fokus auf die Handlungspraxis der Forschungssubjekte. Der Begriff der Rekonstruktion macht deutlich, dass der Ausgangspunkt der Forschung bei den alltäglichen Prozessen der Sinnsetzung der Forschungssubjekte liegt. Demgegenüber stellen die Modelle der Forscher_innen im Sinn Alfred Schütz´ Konstruktionen 2. Ordnung, also Rekonstruktionen der Konstruktionen der Forschungssubjekte dar (Bohnsack 2007: 13; Przyborski & Wohlrab-Sahr 2008: 32).
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Es handelt sich hierbei um einen Wechsel der Analyseeinstellung vom Was zum Wie. So geht es in der dokumentarischen Methoden nicht mehr in erster Linie darum, was für (gesellschaftliche) Strukturen auffindbar sind, sondern wie diese hergestellt werden (Bohnsack 1997: 193)
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Dieser Weg wurde von Frisina (2006) im Rahmen einer Studie über eine muslimische Jugendorganisation in Italien beschritten. Ziel war es, auf diese Weise eurozentristisch geprägte Interpretationen zu reflektieren sowie die Teilnehmer_innen selbst durch den Einbezug ihrer Reaktionen auf die Auswertungen in den Prozess der Wissensproduktion einzubinden.
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Hametner, K. (2013). Wie kritisch ist die rekonstruktive Sozialforschung? Zum Umgang mit Machtverhältnissen und Subjektpositionen in der dokumentarischen Methode. In: Langer, P., Kühner, A., Schweder, P. (eds) Reflexive Wissensproduktion. Frankfurter Beiträge zur Soziologie und Sozialpsychologie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-03112-1_8
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