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Auf den Spuren Jacques Derridas: Politische Theorie als textuale Konstruktion

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Spurensuche: Konstruktivistische Theorien der Politik

Zusammenfassung

Der Beitrag konzentriert sich auf Derridas Politik der Freundschaft und arbeitet dabei einen Ort für das Politische heraus. Es geht darum, die Funktion einer textualen Konstruktion darzustellen sowie zu zeigen, wie sich mit dem Bezug auf eine solche Konstruktion neue Spuren herausbilden und sich Bedeutung so kontinuierlich fortschreibt.

Das Augenmerk liegt zunächst darauf, eine kurze Übersicht konstruktivistischer Möglichkeiten anzubieten, um darauffolgend ein Verständnis von Text als einen Bezugspunkt für konstruktivistische Herangehensweisen hervorzuheben. Anschließend wird am Beispiel der Politik der Freundschaft gezeigt, wie sich eine textuale Konstruktion herauskristallisiert und wie damit ein Bezug zum Politischen hergestellt werden kann. Die zentrale Funktion kommt hier dem Derrida’schen Verständnis des Begriffs vielleicht zu. In Verbindung mit der Konstruktion der Freundschaft kann anhand dessen der Ort des Politischen bei Derrida näher umschrieben werden. Abschließend soll diese Konstellation als eine methodologische Überlegung für die Politische Theorie dienen.

„Keinerlei Spur mehr, absolute Banalisierung in dem Zuviel an Evidenz: Karten auf den Tisch, sie werden nichts mehr sehen“ (Derrida 1982: 216).

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Notes

  1. 1.

    Beiträge dazu sprechen vielmehr von einer Praxis im politischen Raum und setzen sich nicht mit dem Politischen selbst auseinander. Beispiele für die Diskussion von Dekonstruktion und la politique sind versammelt bei Stocker (2007); Kern und Menke (2002) oder Beardsworth (1996). Bezüge zu einer Konzeption des Ethischen finden sich bei Schönherr-Mann (1997).

  2. 2.

    Siehe dazu die von Wiechens (2002) dargestellte Debatte zwischen Bourdieu und Derrida sowie die jeweiligen Versuche, auf unterschiedliche Weise das Außerhalb von Text zu denken.

  3. 3.

    Für Heidegger wären das ursprüngliche Hören, das Horchen oder das Schweigen als Möglichkeitsbedingungen für das Sprechen vorangestellt (Heidegger 1967, S. 163 f.).

  4. 4.

    Derrida lässt die Aussage (Freunde es gibt keinen Freund) als Performativ, als Gebet vortragen: „Seid meine Freunde, ihr meine Freunde. Ihr seid es bereits, da ich euch bei diesem Namen rufe. Aber wie könnte ich euer Freund sein, wie könnte ich euch meine Freundschaft aussprechen (die eher darin besteht, zu lieben, als darin, geliebt zu werden), bliebe die Freundschaft nicht im Kommen, nicht zu wünschen und zu versprechen? Wie sollte ich sie euch geben, wenn es sie schon gäbe? Wenn ich Freundschaft schenke, dann weil sie, wenn es sie auch (vielleicht) gibt, nicht existiert, gegenwärtig nicht existiert. Zumindest verfüge ich nicht über sie“ (Derrida 2002, S. 315).

  5. 5.

    Des Weiteren werden befragt: Plato, Cicero, Montaigne, Kant und Nietzsche. Die oben genannten Beispiele sollten aber bereits einen Eindruck der analytischen Figur geben, die bei Derrida Anwendung findet.

  6. 6.

    Um die Spannung der Gleichzeitigkeit von Vorhandenheit und Offenheit darzustellen, bietet Derrida den Begriff der Teleopoiesis an. Es ist vielleicht nicht nur ein „Herstellen, das vollendet“ eingeschrieben, denn „vielleicht dürfen wir auch mit dem anderen tele- spielen, mit jenem, das die Entfernung und das Ferne nennt“ (Derrida, 2002, S. 60).

  7. 7.

    Bei Schmitt liegt die Potenz zum Politischen in der „realen Möglichkeit“ (Schmitt 2002, S. 32 f.) der Freund/Feind Unterscheidung. Für Derridas Offenheit ausgedrückt durch sein Verständnis des vielleicht ist diese Potenz zum Politischen der Schmitt’schen Konzeption einer eindeutigen Entschiedenheit vorgängig. Das Politische bei Derrida, wie bereits gezeigt, liegt in der Spannung der unentschiedenen – und damit in der Potenz zur Potenz einer möglichen – Differenzierung.

  8. 8.

    Heidegger positioniert das Verhören und einer ähnlichen Stelle wie Derrida sein vielleicht. Die Gemeinsamkeit liegt in der bedingungslosen (‚existenzialen‘) Offenheit der textualen Konstruktion. Eine Diskussion des genaueren Verhältnisses zwischen verhören und vielleicht bedarf sicherlich einer ausführlicheren Hinwendung und kann hier nur durch ein Zitat weiter veranschaulicht werden: „Wenn der Rufer und der Angerufene je das eigene Dasein zumal selbst ist, dann liegt in jedem Überhören des Rufes, in jedem Sich-verhören eine bestimmte Seinsart des Daseins. Ein freischwebender Ruf, auf den ‚nichts erfolgt‘, ist, existenzial gesehen, eine unmögliche Fiktion. ‚Daß nichts erfolgt‘, bedeutet daseinsmäßig etwas Positives.“ (Heidegger 1967, S. 279)

  9. 9.

    Und weiter heißt es: „Die Dekonstruktion ist auch darum kein Denken des Absoluten, weil wir uns von dieser Spannung nicht freisprechen und uns darum der in ihr implizierten Verschuldung nicht entledigen können“ (Bennington und Derrida 1994, S. 264).

  10. 10.

    Das Problem des Theoriebegriffs (Was ist Theorie?) muss in diesem Beitrag noch beiseite gelassen werden. Das Ausgeführte enthält dafür jedoch grundlegende Konsequenzen, indem sich die Frage stellt, wie etwa eine Theorie der Demokratie gedacht werden kann, wo sie beginnt und wo sie aufzuhören scheint. Entlang der konstruktivistischen Problematisierung einer Theorie/Empirie-Dichotomie verweisen textuale Konstruktionen auf eine ständig fortwährende Performativität ihrer selbst, damit auf eine ständige Instabilität von Bedeutung und schließlich auf die Schwierigkeit, sich auf etwas Gegenwärtiges beziehen zu können.

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Wilhelm, B. (2014). Auf den Spuren Jacques Derridas: Politische Theorie als textuale Konstruktion. In: Martinsen, R. (eds) Spurensuche: Konstruktivistische Theorien der Politik. Politologische Aufklärung – konstruktivistische Perspektiven. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-02720-9_4

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-02720-9_4

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-02719-3

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