Zusammenfassung
Einrichtungen der Erwachsenenbildung, Fachhochschulen und Hochschulen gestalten ein institutionalisiertes lebenslanges Lernen. In der Erwachsenenbildung dominiert ein nonformales Bildungsangebot, in den Hochschulen die formale Bildung. In allen Einrichtungen sind unterschiedliche Lernstile Erwachsener zu beobachten. Die Bildungs- und Studienangebote basieren auf erkenntnis- und lerntheoretischen Grundlagen. Seit einigen Jahren ist die Erkenntnistheorie des Konstruktivismus – verknüpft mit der Systemtheorie und der Gehirnforschung – weit verbreitet. Die Kernthese lautet, dass wir die Welt nicht realistisch abbilden, sondern dass wir wissenschaftlich und lebensweltlich viable Wirklichkeiten konstruieren.
Die Gehirnforschung bestätigt die konstruktivistische These, dass Lernen vor allem im Erwachsenenalter ein selbstgesteuerter Prozess ist. Während Kinder aufgeschlossen für viele Neuigkeiten sind, lernen Erwachsene primär auf der Grundlage vorhandener neuronaler Strukturen. Konstruktives Studieren ist aber eine Koppelung wissenschaftlichen Wissens mit Wissensnetzen und Fähigkeiten. Besonders ausgeprägt ist bei Erwachsenen das episodische und prozedurale Gedächtnis, während das deklarative Gedächtnis und das Kurzzeitgedächtnis im Alter nachlassen. Bedeutungsvoll für Lerneffekte ist die Verschränkung kognitiver und emotionaler Prozesse. Wissenschaftliches Lernen erfolgt nicht nur nach dem linearen Sender-Empfänger-Modell. Studieren ist ein weitgehend selbstgesteuerter, emergenter Prozess, der durch Lehre angeregt und gefördert werden kann. Generell sollten hochschuldidaktische Instruktionsmethoden durch aktivierende Konstruktionsmethoden ergänzt werden. Der Schlüsselbegriff Viabilität beinhaltet eine ethische Implikation, die auf „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ verweisen kann.
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Siebert, H. (2014). Lehren und Lernen aus konstruktivistischer Sicht. In: Egger, R., Kiendl-Wendner, D., Pöllinger, M. (eds) Hochschuldidaktische Weiterbildung an Fachhochschulen. Lernweltforschung, vol 12. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-01497-1_4
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