Zusammenfassung
Die Geschichte von Familie als Institution und die Geschichte von Geschlecht als soziale Kategorie sind untrennbar verflochten: Familie als Institution trägt zu der bestehenden Einteilung in zwei Geschlechter, Frau und Mann, bei. Der Beitrag fasst zusammen, wie sich die Diskussion zum Zusammenhang von Familie und Geschlecht entwickelt hat und zeigt für die Zeit seit den 1990er-Jahren das Zugleich von Entwicklungen sowohl in Richtung mehr Egalität in der Familie als auch in Richtung einer Verfestigung der klassischen Aufgabenteilung. Erklärungen für diese Situation werden auf der sozialstrukturellen Ebene, auf der sozialkonstruktivistischen Ebene und auf der symbolischen Ebene gesucht. Die Bedeutung der Lebenslaufperspektive und der sozialen Unterschiede unter Frauen, Männern oder Paaren wird unterstrichen und eine Erweiterung des Blicks über die Frage nach (formaler) Egalität in der Elternschaft hinaus vorgeschlagen.
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Notes
- 1.
Zur Kritik am Begriff der ‚Re-Traditionalisierung‘: Helfferich (2017, S. 225). Der Begriff unterstellt eine unvermittelte Wiederauferstehung der bürgerlichen Rollen und übersieht die spezifisch modernen Züge der neuen Eltern-Geschlechterbeziehungen in der Familie.
- 2.
Kleine Kinder werden v.a. von den Müttern betreut.
- 3.
Diese werden für ihre Geschlechterblindheit kritisiert. Zu beachten ist eine nicht hinterfragte Setzung der beiden Geschlechter ‚Frau‘ und ‚Mann‘ und einige implizite Setzungen zur Situation der Geschlechter (Helfferich 2017, S. 71–75).
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Literaturhinweise zum Weiterlesen
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Helfferich, C. (2022). Familie und Geschlecht. In: Ecarius, J., Schierbaum, A. (eds) Handbuch Familie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19985-6_13
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