Bei einem Automobilhersteller ist erstmals ein neu entwickeltes Abluftreinigungsverfahren im Einsatz. Das Unternehmen hat in die neuen Absorptionsmodule investiert, um die Emissionsbegrenzungen bei reduzierten Kosten einzuhalten und gleichzeitig den Kohlenstoffdioxidausstoß zu verringern.

Sind hohe Abluftmengen aus Spritzkabinen zu behandeln, zum Beispiel aus der Serienlackierung von Automobilen, muss zur Sicherstellung einer wirtschaftlichen Abluftreinigung in der Regel eine Aufkonzentration der freigesetzten organischen Lösemittel erfolgen. Hierzu dienen heute vorwiegend Adsorptionsräder, die aus dem hohen Abluftmengenstrom mit relativ niedriger Lösemittelbeladung einen relativ kleinen Abluftmengenstrom mit entsprechend hoher Konzentration erzeugen. Das Aufkonzentrationsverhältnis wird dabei mit bis zu 20:1 angegeben, das heißt ein Abluftmengenstrom von beispielsweise 100.000 m3n/h verringert sich auf minimal 5000 m3n/h (Desorbat). Das Desorbat wird anschließend in einer thermischen Nachverbrennung (TNV) oder regenerativ thermischen Nachverbrennung (RNV) behandelt. Weiter erfordern Adsorptionsräder meist hohe Desorptionstemperaturen, verbunden mit einem entsprechenden Energieeinsatz und erweisen sich empfindlich gegenüber Staubpartikeln.

Neuer Ansatz durch spezielle Absorptionsmodule

Die von AWS neu entwickelte Abluftreinigungstechnologie besteht aus den drei Hauptelementen Absorber, Desorber und Kondensator (Bild 2). Im Absorber wird die Abluft mit dem Absorbens gewaschen, die organischen Stoffe gehen in die flüssige Phase über und verlassen den Absorber als Absorbat. Nach einer Aufheizung im Wärmeübertrager W 1 gelangt das Absorbat in den Desorber. Dort nimmt ein Desorptionsfluid, das zum Beispiel aus der Abluft abgezweigt und im Wärmeübertrager W 2 aufgeheizt wurde, die organischen Stoffe auf und wird in W 2 sowie im Kondensator so weit abgekühlt, dass die organischen Stoffe in die flüssige Phase übergehen und als Kondensat zur weiteren Verwendung zur Verfügung stehen.

Bild 2
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Vereinfachtes Schema des neuen Abluftreinigungssystems

Am Punkt A kann das Desorbat auch unmittelbar einer TNV/RNV zugeführt werden (Bild 2), allerdings jetzt bei Aufkonzentrationsverhältnissen von 30:1 bis 50:1 mit deutlich höherer Konzentration und unter Zufuhr von erheblich weniger oder keinem Zusatzbrennstoff. Es kann jedoch auch sinnvoll sein, eine Kondensationsstufe vorzusehen, wenn eine unmittelbare Verwendungsmöglichkeit für das Kondensat besteht. Werden zum Beispiel 2-Komponenten-Nano-Lacke eingesetzt, so setzen diese bei der Trocknung Siliziumorganika frei. In einer TNV/RNV wird daraufhin Siliziumdioxid gebildet, was letztendlich zur Verstopfung der Systeme führen kann. Daher ist stets zu prüfen, ob die externe Entsorgung des Kondensats effizienter ist.

Das Desorptionsfluid wird im Rahmen eines sogenannten Emission Cut Back wieder dem Rohgas beigemischt, das regenerierte Absorbens gelangt im Kreislauf erneut in den Absorber. Entsprechend der Abluftbeladung mit organischen Lösemitteln kann das Absorber- beziehungsweise Filtermodul mehrfach hintereinander geschaltet werden (Bild 3).

Bild 3
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Stoffströme im neu entwickelten Adsorptionsmodul

Voraussetzungen für eine sichere Abscheidung

Bei der Filtertechnologie werden für den Stoffübergang gas- und flüssigkeitsdurchlässige polymere Schläuche eingesetzt. Diese sind durch eine spezielle thermische Behandlung standfest und porös gestaltet. Dadurch lässt sich an der Oberfläche der Schläuche ein Flüssigkeitsfilm erzeugen, der die Reaktionsfläche für den Stoffübergang darstellt.

Die Waschflüssigkeit wird von oben den Schläuchen zugeführt und gelangt auf dem Weg nach unten auf die Außenseite der Schläuche, die dabei gleichmäßig benetzt werden. Aufgrund der speziellen Anordnung der Schläuche wird beim horizontalen Durchtritt des Gases durch das Filtermodul eine stetige Gasturbulenz und Gasumlenkung bewirkt.

Verschiedene Voraussetzungen müssen gegeben sein, um einen sehr guten Stoffübergang der abzuscheidenden Schadstoffe in die Waschflüssigkeit zu gewährleisten:

  • — ein nach unten fließender Flüssigkeitsfilm an den Schläuchen,

  • — die daraus resultierende gleichmäßig benetzte Oberfläche der Schläuche,

  • — eine auf kleinstem Bauraum sehr große Oberfläche/Reaktionsfläche,

  • — permanente Umlenkung der Gasströmung.

Als Waschflüssigkeiten bieten sich hochsiedende Substanzen an. Allerdings muss deren Dampfdruck sehr niedrig sein, damit einerseits wenig Masse verloren geht und andererseits keine Reingaskontamination eintritt. Geeignete Waschflüssigkeiten sind jedoch am Markt verfügbar, wobei die Ablufteintrittstemperatur nicht stark vom normalen Umgebungstemperaturniveau (20 °C) nach oben abweichen sollte. Gegebenenfalls ist die Abluft vor Eintritt in die Anlage zu kühlen. Hier bestehen analoge Bedingungen für Adsorptionsanlagen auf der Basis von Aktivkohle oder Zeolithen, denn die Aufnahmefähigkeit dieser Medien nimmt mit steigender Temperatur ebenfalls ab.

Erste Erfahrungen im Praxiseinsatz

Die Filtertechnologie findet derzeit erstmalig Anwendung bei einem Automobilhersteller. Das Unternehmen hat die vorgestellte Technologie einschließlich Kondensationsstufe für seine Spritzkabinenabluft gewählt, um die Emissionsbegrenzungen einerseits mit vertretbaren Investitions- und Betriebsmittelkosten einzuhalten und andererseits den Kohlenstoffdioxidauswurf am Produktionsstandort so gering wie möglich zu gestalten (Bild 1). In dieser Anlage wird ein mit VOC beladener Abluftvolumenstrom von 130 000 m3 n/h behandelt. Die Lösemittel werden zurückgewonnen.

Bild 1
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Zur Reinigung der Spritzkabinenabluft hat ein Automobilhersteller das neu entwickelte Verfahren in seine Produktionsprozesse integriert

Mit dem Abluftreinigungsverfahren gehen verschiedene Vorteile einher, zum Beispiel bei der räumlichen Anordnung. Die Absorbereinheit gestaltet sich sehr kompakt. Eine örtliche Trennung von Absorption, Desorption und Kondensation ist prinzipiell möglich, weil Absorber- und Desorbereinheit nur durch Flüssigkeit führende Leitungen verbunden sind und der Desorptionsfluidvolumenstrom als Folge des hohen Aufkonzentrationsverhältnisses klein ist.

Auch hinsichtlich des Energieverbrauchs ergeben sich verschiedene Vorteile. Das Absorptionsmodul zeichnet sich abluftseitig durch niedrigere Druckverluste aus (circa 3 mbar je Modulreihe), wobei die Anzahl der Module von der Eintrittskonzentration sowie der Art der abzuscheidenden organischen Stoffe abhängt. Dies führt zu einem niedrigeren Elektroenergieverbrauch des Abluft fördernden Ventilators. Die niedrige Desorptionstemperatur (100 °C bis 120 °C) bedingt in Verbindung mit integrierten Wärmerückgewinnungssystemen niedrige Heiz- und Kühlmedienbedarfe. Der entscheidende Vorteil liegt jedoch im hohen Aufkonzentrationsverhältnis.

Fazit

Wenngleich noch keine langjährigen Betriebserfahrungen mit dem neuen Verfahren zur Spritzkabinenabluftreinigung vorliegen, stellt dieser Technologieansatz aufgrund des hohen Aufkonzentrationsfaktors und der überschaubaren Investitions- und Betriebsmittelkosten, sowie weiterer günstiger betrieblicher Eigenschaften (Sofortstart oder Vermeidung von Havarien durch klebrige Substanzen) eine Alternative zum Adsorptionsrad dar. Die Übertragung der Technologie auch auf andere Branchen ist möglich.