Das Projekt „Taifun 17 H2” stellt ein Leuchtturmprojekt der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) dar. Gegenstand ist die Umrüstung eines konventionellen Motorseglers auf einen brennstoffzellenelektrischen Antriebsstrang. Hierbei erfolgt eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Mitarbeitenden und Studierenden der THWS, um im Frühjahr 2025 einen Erstflug durchzuführen. Damit will das Projektteam aufzeigen, dass CO2-freies Fliegen im Kleinflugzeugbereich bereits möglich ist.

1 Motivation

Der Klimawandel und die zu beobachtenden Folgen verlangen in zahlreichen Bereichen des Lebens ein Umdenken zugunsten der Nachhaltigkeit. Im Jahr 2019 war der Mobilitätssektor für einen Anteil von 28,5 % des gesamten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Die durch den Luftverkehr emittierten Treibhausgasanteile lagen bei 3,8 % [1]. Regenerativ hergestellter Wasserstoff ist ein klimaneutraler Energieträger und aufgrund seiner guten Transportierbarkeit auch für den Luftverkehr vielversprechend. An der Fakultät Maschinenbau der THWS wird daher das Ziel verfolgt, den Antrieb eines Flugzeugs des Musters Taifun 17 E, das mit einem konventionellen Verbrennungsmotor ausgestattet ist, auf einen brennstoffzellenelektrischen Antriebsstrang umzurüsten. Das Projekt gibt Impulse, Forschungen zur Nutzung von Wasserstoff als Energieträger zu intensivieren.

2 Konzeption

Für das im Herbst 2022 gestartete Projekt erstellten drei Mitarbeitende und circa zehn Studierende zunächst ein Lastenheft, in dem alle technischen Anforderungen und Sicherheitsaspekte festgehalten wurden. Darauf aufbauend wurde der Antriebsstrang und das Brenstoffzellen(BZ)-System ausgelegt. Die Ermittlung der relevanten Betriebsparameter der BZ erfolgte durch experimentelle Untersuchungen, die am hauseigenen BZ-Prüfstand, Bild 1, durchgeführt wurden. Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse konnte ein leichtes und kompaktes System entwickelt werden. Die auf der Luftfahrtmesse Aero im Jahr 2023 ausgezeichnete, erste Konzeptpräsentation [2], wies bereits eine weit fortgeschrittene Integration in das Flugzeug auf und eine weitere Auszeichnung [3] demonstriert die Relevanz des Vorhabens und die Handlungsbereitschaft der Luftfahrtindustrie.

Bild 1
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Prüfstand des THWS für BZ-Stacks mit 30 kW (© THWS)

3 Leistungsdaten

Das Projektflugzeug Taifun 17 H2 ist ein Reisemotorsegler, dessen Startgewicht bis zu 820 kg betragen darf. Das zweisitzige Flugzeug weist eine Flügelspannweite von 17 m sowie eine ursprüngliche Antriebsleistung von 64 kW auf. Die maximale Reisegeschwindigkeit des Flugzeugs beträgt 205 km/h.

Der neuentwickelte Antrieb besteht aus einem Lithium-Ionen-Akkumulator mit einer Spannung von 400 V und einer Kapazität von 6 kWh sowie einem BZ-System mit einer maximalen elektrischen Leistung von 50 kW. Die Motorsteuerung übernimmt zusätzlich die Regelung der Propellerleistung und -drehzahl. Die Spitzenleistungsfähigkeit entspricht der des ursprünglichen Antriebs. Ein Wasserkühlkreis gewährleistet die Kühlung der genannten Komponenten. Die Luftzufuhr der Polymerelektrolytmembran(PEM)-BZ erfolgt durch einen Turboverdichter. Der gasförmige Wasserstoff wird in einem zylindrischen Drucktank aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK) bei 700 bar gespeichert. Die Speicherkapazität beläuft sich auf 2,4 kg Wasserstoff. In einer zweiten Version soll ein neuentwickelter Kugeltank zum Einsatz kommen, der bei geringerem Gewicht eine Speicherung von 5 kg ermöglicht. Das BZ-System und die elektrische Antriebseinheit werden über einen DC/DC-Wandler verbunden, der die BZ-Leistungsabgabe regelt. Bild 2 veranschaulicht den Aufbau des Systems und zeigt die Energieflüsse auf.

Bild 2
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Prinzipdarstellung des Zusammenwirkens der einzelnen Komponenten des brennstoffzellenelektrischen Antriebsstrangs (© Kiesewetter | Schott | THWS)

Das System ist so ausgelegt, dass die Dauerleistung der BZ für einen konstanten Flugbetrieb ausreicht, weshalb die Hochvoltbatterie lediglich für den Start und hohe Steigraten benötigt wird. Sobald die Reiseflughöhe erreicht ist, sorgt die BZ-Regelung automatisch für die Bereitstellung der geforderten Antriebsleistung und lädt die Pufferbatterie parallel auf, sofern Leistungsreserven vorhanden sind. Die Höchstgeschwindigkeit, die mit der Dauerleistung der BZ erreicht werden kann, beträgt 165 km/h.

Der erste flugfähige Prototyp weist ein Leergewicht von 730 kg auf. Ausgehend vom Gewicht des Flugzeugs mit Verbrennungsmotor entspricht das einer Gewichtszunahme von circa 100 kg. Mit der Weiterentwicklung des Antriebskonzepts soll ein geringeres Gewicht im Vergleich zum konventionellen Antrieb erreicht werden. Die größten Einsparpotenziale bestehen dabei in der Optimierung beziehungsweise Verkleinerung der Batterie, in einem Einsatz des Kugeltanks, in einer Gewichtsreduzierung der Leistungselektronik sowie einer leichteren Motor/Propeller-Kombination.

Die Umrüstung eines Flugzeugs erfordert eine sorgfältige Berücksichtigung der Gewichtsverteilung sowie des verfügbaren Bauraums. Bild 3 zeigt die Komponentenverteilung des Prototyps. Die Antriebs- und Wasserstoffkomponenten befinden sich in der Front des Flugzeugs, die zur Kabine hin durch einen Brandschott abgesichert ist. Der Wasserstofftank ist im Gepäckraum des Flugzeugs untergebracht, der sich hinter den Sitzen in der Kabine befindet.

Bild 3
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Komponentenverteilung der Taifun 17 H2 (© Ohly | Kiesewetter | THWS)

4 Systemauslegung und Messungen

Die Systemauslegung wurde mit Berechnungen sowie Validierungsmessungen untermauert. Ein besonderes Augenmerk wurde auf ein kompaktes und leichtes BZ-System gelegt, wobei bewusst eine Überdimensionierung der BZ angestrebt wurde. Die 50-kW-BZ wird lediglich mit maximal 35 kW belastet, da bei einer Auslastung zwischen 50 und 70 % das Verhältnis zwischen Leistung und Wirkungsgrad für diese Anwendung am besten ist. Besonders wichtig ist dies für das Temperaturmanagement, da bei höherer Effizienz die Kühlung entsprechend kleiner ausgelegt werden kann. Außerdem kann der Verdichterdruck geringer gewählt werden, was zu einer Verringerung der Lufttemperatur und des Leistungsbedarfs des Verdichters führt. Ein weiterer Vorteil, der aus den großen Leistungsreserven der BZ resultiert, besteht darin, dass auf eine wasserstoffseitige Rezirkulation verzichtet werden kann. Der regelmäßige Spülzyklus, der Stickstoff und Wasser aus dem Anodenkreis abbläst, bleibt erhalten. Die Abweichungen des Systemdesigns vom herstellerseitig spezifizierten Kennlinienverlauf sind gering, Bild 4. Die Dauertestergebnisse auf dem BZ-Leistungsprüfstand der THWS belegen, dass zwischen der Rezirkulationskennlinie des Herstellers und der Dead-End-Kennlinie bei identischen Kennlinien kein signifikanter Unterschied besteht. So kann auf ein schweres Rezirkulationsgebläse oder eine Düse verzichtet werden, was zur Vereinfachung der Systemarchitektur beiträgt. Der maximale Leistungsunterschied beläuft sich auf etwa 800 W.

Bild 4
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Darstellung der Kennlinien der genutzten Brennstoffzellen; Vergleich von Rezirkulation und sogenanntem Dead-End-Betrieb (© Jantsch | THWS)

Zur Untersuchung des Verhaltens in verschiedenen Flugphasen und -höhen wurde ein digitaler Zwilling erstellt. Mit den Simulationen konnten zudem Reichweiten für definierte Fluganforderungen vorhergesagt werden. Das Modell basiert auf Effizienzkennfeldern aus den Datenblättern der Komponenten. In der Simulation des Verhaltens des BZ-Stacks flossen Erkenntnisse aus Prüfstandsmessungen im Labor für Wasserstofftechnik der THWS mit ein.

Die Simulationen zeigten, dass bei der angezeigten Geschwindigkeit (Indicated Airspeed, IAS) des besten Gleitens von 120 km/h der Systemwirkungsgrad maximal ist. Im Steigflug ist eine niedrige Steigrate vorteilhaft. Die Flughöhe sollte aufgrund des erhöhten Verdichtungsaufwands für die Luftversorgung der BZ möglichst niedrig gewählt werden. Diese Erkenntnisse lassen sich jedoch nur bedingt auf den realen Flugbetrieb übertragen, da gewisse Mindesthöhen erforderlich sind. Unter Berücksichtigung einer Geschwindigkeit von 120 km/h (IAS) und einer Steigrate von 1,5 m/s auf 1000 m über Grund ergibt sich beim aktuell geplanten 2,4-kg-Tank eine Reichweite von 300 km mit Nachladen der Batterie während des Flugs. Ohne das Laden wären 330 km möglich. Beim leichteren Kugeltank zur Aufnahme von 5 kg Wasserstoff lassen sich Reichweiten von 625 beziehungsweise 655 km erzielen. Das beschriebene Simulationsmodell und die dargestellten Ergebnisse sollen im Rahmen der Flugerprobung mit der Taifun 17 H2 validiert werden.

5 Layout des BZ-Systems

Der Systemaufbau wird anhand eines Fließschemas in Bild 5 veranschaulicht:

Bild 5
figure 5

Fließschema des BZ-Systems (© Schott | THWS)

  • Kathodenstrang: Nach einer Filterung wird die angesaugte Luft von einem Turboverdichter komprimiert und durch einen Ladeluftkühler geleitet. Die verdichtete und gekühlte Luft wird mithilfe eines Membranbefeuchters für die BZ vorbereitet. In diesem findet ein Austausch der Temperatur und Feuchtigkeit der verbrauchten BZ-Luft mit der angesaugten Luft statt. Über die Drosselklappe am Ende des Kathodenstrangs lässt sich ein konstanter Druck und Luftmassenstrom einstellen.

  • Anodenstrang: Der Wasserstoff wird aus dem Drucktank bezogen. Der Gasdruck wird durch einen Druckminderer reduziert und zur BZ geleitet. Das Spülventil wird zyklisch geöffnet, um Stickstoff und Kondensate ausspülen zu können.

Das Feuchtigkeitsmanagement in der BZ gehört mit zu den größten Herausforderungen beim Betrieb einer PEM-BZ. Das Wasser im Kühlkreislauf muss eine geringe Leitfähigkeit aufweisen, um elektrische Kriechströme zwischen den Platten zu verhindern. Das erfolgt durch einen Ionentauscher. Die Wärmeabfuhr kann mittels Pumpendrehzahl und Lüftungsklappenstellung des Wärmetauschers reguliert werden. Da die BZ nur so viel Leistung generiert, wie über Last gefordert wird, ist für ihren Betrieb eine elektrische Regelung erforderlich. Ein DC/DC-Wandler setzt hier die BZ-Spannung von circa 120 V auf die Batteriespannung von circa 400 V hoch.

6 Nachhaltigkeits- und Energiebetrachtung

Aufgrund des zusätzlichen Energiebedarfs bei der Herstellung ist die Anwendung von Wasserstoff auf Bereiche beschränkt, in denen die batterieelektrische Anwendung nicht möglich ist. Ein wesentlicher Vorteil gegenüber batterieelektrischen Systemen ist die höhere gravimetrische Energiedichte von Wasserstoffsystemen. Das BZ-System mit integrierter Pufferbatterie weist ein Gewicht von 190 kg auf. Die Umwandlung des Wasserstoffs in elektrische Energie abzüglich des Eigenbedarfs des Systems führt zu einem Energiegehalt von circa 230 Wh/kg. Eine weitere Steigerung des Energiegehalts wird durch einen leichteren und größeren Kugeltank verfolgt, wodurch ein Wert von annähernd 500 Wh/kg erreicht werden kann. Lithium-Ionen-Batteriesysteme hingegen weisen lediglich eine gravimetrische elektrische Energiedichte von circa 150 Wh/kg auf [4]. Dieser Wert ist somit um den Faktor 3,3 kleiner. Die vermeintliche Alternative E-Fuels weist nur ein Drittel der Effizienz von Wasserstoff auf, weil bei deren Produktion ein hoher Energiebedarf besteht [5]. Aus den genannten Gründen stellt der brennstoffzellenelektrische Antrieb für kolbenmotorbetriebene Systeme eine sinnvolle und nachhaltige Alternative dar.

7 Ausblick

Mit der Experimentalzulassung der Taifun 17 H2 im Frühjahr 2025 können mit den ersten Erprobungsflügen Erkenntnisse über das Betriebsverhalten des Systems gewonnen werden. Diese sollen in einen verbesserten zweiten Entwurf einfließen, um das System noch kompakter und leichter zu gestalten. Zur Etablierung von BZ-elektrischen Flugzeugen ist eine Wasserstofftankstelleninfrastruktur erforderlich. Das Produzieren des Wasserstoffs kann lokal erfolgen: Die Energie zur Erzeugung des Gases kann durch Photovoltaikanlagen auf Dächern von Hangars bereitgestellt werden.

Literaturhinweise

  1. [1]

    Europäisches Parlament (Hrsg.): Online: CO2-Emissionen des Luft- und Schiffsverkehrs: Zahlen und Fakten (Infografik). Online: https://www.europarl.europa.eu/topics/de/article/20191129STO67756/co2-emissionen-des-luft-und-schiffsverkehrs-zahlen-und-fakten-infografik, aufgerufen: 3. Juli 2024

  2. [2]

    Hyfly (Hrsg.): HYFLY gewinnt den Sustainable Aviation Award 2023! Online: https://www.hyfly.one/, aufgerufen: 9.Juli 2024

  3. [3]

    Aerokurier (Hrsg.): Sieger unter sich auf der AERO 2024. Online: https://www.aerokurier.de/aerokurier-innovation-award-2024/, aufgerufen: 9. Juli 2024

  4. [4]

    Frey, H.: Energieautarke Gebäude, Auf dem Weg zu Smart Energy Systems. Berlin, Heidelberg: Springer Vieweg, 2018

  5. [5]

    Agora Verkehrswende (Hrsg): Mit der Verkehrswende die Mobilität von morgen sichern, 12 Thesen zur Verkehrswende. Online: https://www.agora -verkehrswende.de/fileadmin/Projekte/2017/12_Thesen/Agora-Verkehrs wende-12-Thesen_WEB.pdf, aufgerufen: 3. Juli 2024