Einleitung

Im Zuge der demografischen Entwicklung in Deutschland und der dadurch immer älter werdenden Bevölkerung nehmen altersbedingte Erkrankungen wie Krebs stetig zu (RKI 2015). Während auf der einen Seite immer mehr Menschen auf ärztliche und pflegerische Versorgung und Unterstützung angewiesen sind, sorgt der Fachkräftemangel auf der anderen Seite dafür, dass die Arbeitskraft eine immer knapper werdende Ressource für Unternehmen darstellt (Penter und Augurzky 2014). Gesundheitseinrichtungen werden somit künftig nicht nur um Patienten konkurrieren, sondern ebenso verstärkt um die besten Fachkräfte werben müssen (Penter et al. 2014). Gerade durch diese Entwicklung ist es notwendig geworden, dass Handlungsabläufe und Strukturen, aber auch Arbeitsbedingungen und -prozesse angepasst werden (Strehlau 2015). Insbesondere Gesundheitseinrichtungen zeichnen sich mit der Erbringung patientenorientierter Dienstleistungen durch Personalintensivität aus. Sechzig bis 70 % der Gesamtkosten resultieren aus dem Einsatz von Fachpersonal, weshalb sich hier Optimierungs- und Einsparpotentiale offenbaren (Greiling 2004; Kelm 2012; Penter et al. 2014; Pfeifer und Walzik 2000; Plückler 2015). Der Faktor Personal wiegt insbesondere bei Hochschulambulanzen noch schwerer, da der Forschung und Lehre eine zentrale Rolle beikommt und diese zusätzliche Bindung von Zeitressourcen eine erhöhte Personalausstattung mit sich bringt (Penter et al. 2014; Tecklenburg 2015). Eine Literaturrecherche zu bereits durchgeführten Studien verdeutlichte die Aktualität, unter der das Thema Prozessanalyse für Optimierung und Effizienzsteigerung im Gesundheitswesen bereits Anwendung gefunden hat (Bauer et al. 2004; Engelke 2008; Helbig et al. 2007; Hensen et al. 2009; Hodek et al. 2010; Hoffmann und Rieger 2009; Putzhammer et al. 2006; Reifenrath et al. 2012). Exemplarisch dient eine von Helbig et al. initiierte Studie, in der Optimierungspotentiale in Arbeitsprozessen speziell bei der Patiententerminierung evaluiert wurden (Helbig et al. 2007). Ferner wurden zur Optimierung der Ablauforganisation bereits zahlreiche Tätigkeitsanalysen des ärztlichen Dienstes (Hauschild 2012; Mache und Groneberg 2012; Mache et al. 2009; Meißner 2012; Plückler 2015) als auch des pflegerischen Bereiches durchgeführt (Diefenbach 2012; Hodek et al. 2010; Offermanns und Neiheiser 2012). Dabei verdeutlichte eine Studie von Mache et al. an Neurologen, dass zunehmender Dokumentationsaufwand und indirekte Patientenbehandlung einen immer größeren Arbeitszeitanteil einnehmen. Ebenso stellen häufige Tätigkeitswechsel sowie Unterbrechungen durch Telefonate eine Belastung dar (Mache et al. 2009). Da die Datenlage zu Tätigkeitsanalysen von MFA bisher gering ist, ergab sich eine besondere Relevanz, diese Berufsgruppe in die Untersuchung einzubeziehen.

Im Mittelpunkt der Prozess- und Tätigkeitsanalyse stand eine interdisziplinäre onkologische Ambulanz, deren Kernaufgaben in der Erstuntersuchung und Weiterleitung von Krebspatienten in die zuständigen klinischen Fachbereiche liegt. Auch die sich an die Krebsbehandlung anschließende kontinuierliche Nachsorge stellt eine zentrale Aufgabe dar. Der Ambulanz kommt im Aufnahmeprocedere eine besondere Bedeutung zu, da in dieser der erste Kontakt eines Patienten mit der Klinik erfolgt (Bihr 2000).

Für onkologische Bereiche sind darüber hinaus die Zertifizierungsprogramme der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. (DKG) von besonderer Wichtigkeit. In diesen Zertifizierungsprogrammen kann die onkologische Versorgung von Gesundheitseinrichtungen zum Beispiel als Organkrebszentrum oder Onkologisches Zentrum nach vorgegebenen Qualitätsanforderungen und -kennzahlen (u. a. Wartezeiten von Patienten) begutachtet und zertifiziert werden (Deutsche Krebsgesellschaft 2015, 2016). Damit gehen in regelmäßigen Abständen Rezertifizierungen einher, für die durch eine Prozessanalyse erforderliche Kennzahlen erhoben sowie bereitgestellt werden sollen.

Das Ziel der Prozessanalyse stellte die Darstellung der Ist-Situation der Ablauforganisation sowie der Identifizierung möglicher Schwachstellen und Verbesserungspotentiale einer interdisziplinären onkologischen Ambulanz dar. Im Vordergrund stand die Durchführung einer prospektiven Tätigkeitsanalyse der Berufsgruppe MFA. Dabei sollten die konkreten Aufgaben identifiziert und deren Zeitaufwand erhoben werden. Im Vorfeld der Tätigkeitsanalyse wurden zudem retrospektive Analysen zum Patientenaufkommen und zu Wartezeiten über einen Einjahreszeitraum durchgeführt.

Methodik

Bei der Untersuchungseinrichtung handelte es sich um eine interdisziplinäre onkologische Ambulanz eines Onkologischen Zentrums sowie Spitzenzentrums in einem Klinikum der Maximalversorgung. Die Ambulanz stellt hierbei den zentralen und ersten Anlaufort für Patienten mit Tumorerkrankungen dar und weist damit eine Portalfunktion entsprechend den Anforderungen der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. sowie der Deutschen Krebshilfe auf (Baum et al. 2017). Vor einem möglichen stationären Aufenthalt finden hier in den verschiedenen Sprechstunden das Vorgespräch, erste ambulante Untersuchungen sowie die Planung vor- und nachgelagerter, patientenindividueller Diagnose- und Therapiemaßnahmen statt. Ebenso werden Nachsorgepatienten nach erfolgter Therapie betreut. Die Sprechstunden der einzelnen Fachdisziplinen werden wochentags zwischen 07:00 und 16:30 Uhr angeboten, wobei in den Nachmittagsstunden parallel Tumorkonferenzen zu den verschiedenen Entitäten stattfinden. Hierbei erörtern Fachärzte aller an der Behandlung beteiligter Disziplinen patientenindividuelle Therapieempfehlungen, um eine bestmögliche Behandlung jedes einzelnen Patienten zu gewährleisten.

Die Ambulanz wird aktuell durch fünf medizinische Fachbereiche interdisziplinär genutzt: Innere Medizin (IM), Dermatologie (DER), Viszeral‑, Thorax- und Gefäßchirurgie (CH), Strahlentherapie und Radioonkologie (STR) sowie Orthopädie und Unfallchirurgie (UCH). Außerdem finden Sprechstunden des psychoonkologischen Dienstes (POD), der alle onkologischen Patienten der Klinik betreut, statt.

Als Bindeglied zwischen Ärzten, Psychoonkologen und Patienten fungieren die MFA, denen die Planung, Organisation und Abstimmung sämtlicher Behandlungsschritte aller in der onkologischen Ambulanz behandelten Patienten in Absprache mit den anderen Berufsgruppen obliegt. In einem Krankenhausinformationssystem (KIS) werden alle Patientendaten und Behandlungsschritte der verschiedenen Sprechstunden der einzelnen Fachbereiche durch die Ärzte und die MFA in einer elektronischen Patientenakte dokumentiert.

Das KIS diente als Grundlage für die retrospektiven Analysen des Patientenaufkommens sowie der Wartezeiten. Dabei wurden die Patientenzahlen der Monate August bis November 2016 ausgezählt, um sie anschließend zwischen den Fachbereichen sowie nach Wochentagen zu differenzieren.

Die Wartezeitanalyse wurde für einen Einjahreszeitraum, von Dezember 2015 bis November 2016, durchgeführt. Dieser Zeitraum wurde zum einen gewählt, um auf die zum Zeitpunkt der Untersuchungsdurchführung aktuell vorhandene Datengrundlage zurückzugreifen. Zum anderen sollte ein vollständiges Jahr in der Auswertung berücksichtigt und in der Ergebnisdarstellung abgebildet werden. Für die Wartezeitanalyse konnten die Daten des KIS über eine Auswertungsfunktion in Microsoft Excel transferiert und anschließend über vorher definierte Ein- und Ausschlusskriterien selektiert werden. Ausschlusskriterien waren neben unvollständigen und ungültigen Datensätzen auch unschlüssige Dokumentationen, wie zum Beispiel nächtliche Patienteneinbestellungen.

Für die prospektive Tätigkeitsanalyse der Berufsgruppe der MFA wurden im Vorfeld in zwei Gesprächsrunden, zuerst bei der zuständigen Koordinatorin der Einrichtung sowie im Anschluss bei der pflegerischen Bereichsleitung der MFA, erforderliche Zustimmungen für die Untersuchung eingeholt. Außerdem erfolgte eine Erläuterung der Hintergründe und Ziele des Projektes als auch die Vorstellung des Projektplans. Die Tätigkeitsanalyse wurde als nichtteilnehmende Beobachtung in ein Zwei-Phasen-Design über einen Zeitraum von sechs Wochen gegliedert. Die erste Phase verlief in zwei Wochen und diente der Entwicklung eines Erhebungsinstrumentes. Dazu wurden neben ersten offenen Beobachtungen in der interdisziplinären Ambulanz ebenfalls leitfadengestützte Experteninterviews mit der Zielgruppe MFA durchgeführt. Als Sample konnten hierbei insgesamt fünf MFA befragt werden, die in der untersuchten Ambulanz im Untersuchungszeitraum in Vollzeit beschäftigt waren. Die MFA wurden dazu während der Arbeitszeit im natürlichen Arbeitsumfeld und einzeln im direkten Face-to-face-Kontakt befragt. Der Leitfaden bestand aus 12 eigens formulierten Fragen, die aber je nach Gesprächssituation offen an die Situation angepasst werden konnten. Der Schwerpunkt der Interviewinhalte lag auf den Tätigkeiten der MFA und der Ablauforganisation in der untersuchten Ambulanz. Weiterhin wurden häufige Störungs- und Verzögerungsgründe während der täglichen Arbeit sowie Verbesserungsvorschläge aus Sicht der MFA eruiert (zusätzliches Material).

Als Erhebungsinstrument zur Datenerfassung und Dokumentation der Tätigkeiten wurde ein Tätigkeitserfassungsprotokoll (TEP) entwickelt. In diesem Protokoll wurden die beobachteten Tätigkeiten sowie Uhrzeiten der Beobachtung dokumentiert. Des Weiteren enthielt dieses Protokoll auch die Möglichkeit, Freitexte, Anmerkungen, persönliche Eindrücke und Störungen im Arbeitsalltag zu notieren. In Ergänzung des TEP wurde eine Tätigkeitsliste erstellt, welche alle Tätigkeiten beinhaltete, die durch die MFA während ihres Arbeitsalltags abgedeckt wurden. In dieser Tätigkeitsliste konnten zum Ende der ersten Phase 16 Übergruppen mit insgesamt 87 Tätigkeitskategorien eruiert werden. Hierzu wurden neben Erkenntnissen aus den ersten unstrukturierten Beobachtungen der Ambulanz sowie den Interviews mit den MFA ebenfalls Informationen aus bestehenden Arbeitsablaufplänen analysiert. Zusätzlich zu den Tätigkeitskategorien in den einzelnen Übergruppen wurde pro Übergruppe eine Kategorie „Sonstiges“ entworfen, um in der zweiten Phase der Datenerhebung auch vorher nicht beobachtete Tätigkeiten protokollieren zu können. Alle Übergruppen bzw. Tätigkeitskategorien wurden mit Buchstaben und Zahlen kodiert, um den anfallenden Dokumentationsaufwand zu minimieren. Zum Abschluss der ersten Phase wurde ein Pretest des Erhebungsinstrumentes durchgeführt. Abseits einzelner Feinadjustierungen hinsichtlich der Tätigkeitslisten, bei denen einzelne Tätigkeitsübergruppen und -kategorien in der Folge erweitert, reduziert oder umkodiert wurden, ergaben sich jedoch keine erheblichen Korrekturen am Erhebungsinstrument. Die zweite Phase der Datenerhebung umfasste vier Wochen und enthielt die Erhebung aller Tätigkeiten sowie des Zeitaufwandes mittels des in der ersten Phase entwickelten TEP sowie Tätigkeitslisten. Dazu wurde jeden Tag ein MFA im Arbeitsablauf und über die gesamte Arbeitszeit begleitet. Die MFA waren den Fachbereichen direkt zugeteilt, aber zugleich existierten auch unterschiedliche Arbeitsorte in der Ambulanz, wie die Patientenaufnahme und das Backoffice. Deshalb wurde im Hinblick auf die Auswertung und Vergleichbarkeit der Ergebnisse darauf Wert gelegt, möglichst alle MFA der verschiedenen Fachbereiche mindestens einmal über die gesamte Arbeitszeit zu begleiten und ebenso die unterschiedlichen Arbeitsorte in der Ambulanz zu berücksichtigen. Die dabei beobachteten Tätigkeiten wurden im 30-s-Rhythmus auf dem TEP vermerkt. Dauerte eine Tätigkeit länger als 30 s, so wurde erst ab dem Zeitpunkt wieder dokumentiert, als eine neue Tätigkeit von den MFA begonnen wurde. Neben der reinen Beobachtung fanden unstrukturierte Kurzgespräche mit den MFA statt, um aufgekommene Fragen bezüglich einzelner Tätigkeiten zu klären (Tab. 1).

Tab. 1 Charakterisierung der Datenerhebungsphasen

Ergebnisse

Im Zeitraum von August bis November 2016 lag das Patientenaufkommen bei 2613 Patienten. Mit 1128 Patienten (43,2 %) entfielen die meisten Patienten auf den Fachbereich DER, während mit 280 Patienten (10,7 %) die wenigstens Patienten im Fachbereich UCH vorstellig wurden (Tab. 2).

Tab. 2 Absolutes Patientenaufkommen nach Sprechstunden

Des Weiteren ließ sich im analysierten Zeitraum eine Varianz des Patientenaufkommens zwischen einzelnen Wochentagen beobachten. Demnach kamen mittwochs mit 46 Patienten die meisten Patienten in die interdisziplinäre Ambulanz. Mit etwa 18 Patienten wurden donnerstags durchschnittlich die wenigsten Patienten behandelt (Tab. 3).

Tab. 3 Durchschnittliches Patientenaufkommen einzelner Wochentage (Angabe von Mittelwerten)

Wartezeitanalyse

Die fachbereichsübergreifende Wartezeit der Patienten in der Ambulanz lag im Mittel bei 25 min. In den Fachbereichen UCH mit 45 min und DER mit 20 min wurden die höchsten bzw. niedrigsten Wartezeiten gemessen. Bei der Wartezeit auf einen Termin lagen die höchsten Zeiten mit jeweils 15,1 Tagen beim Fachbereich DER und 14 Tagen beim Fachbereich UCH. Die niedrigste Wartezeit wies der Fachbereich CH mit 5,5 Tagen auf. Die durchschnittliche Wartezeit auf einen Termin, unabhängig vom Fachbereich, lag bei 8 Tagen (Tab. 4).

Tab. 4 Wartezeiten nach Sprechstunden

Tätigkeitsanalyse

In der ersten Phase der Tätigkeitsanalyse wurden bereits erste offene Beobachtungen in der untersuchten Ambulanz sowie Experteninterviews mit insgesamt fünf MFA durchgeführt (Tab. 5).

Tab. 5 Ergebnisse der Experteninterviews

Die MFA wurden in der zweiten Phase insgesamt über 164 h in einem Zeitraum von 20 Tagen beobachtet. Es wurden durchschnittlich 24,2 Tätigkeiten pro Stunde aufgezeichnet. Die Bearbeitung von sogenannten Aktenvorlagen, d. h. die von den MFA und Ärzten zu einem früheren Zeitpunkt im KIS hinterlegten Anweisungen und Handlungsempfehlungen zu einem Fall, nahm insgesamt die meiste Arbeitszeit der MFA in Anspruch, gefolgt von den Tätigkeiten der Sprechstunden am jeweiligen Tag mit 17,9 % und das Führen von Gesprächen mit 13,0 %. Den geringsten Zeitanteil mit 3,1 % verbrachten die MFA in der Arbeit mit den papierbasierten Akten und dem zusätzlichen Dokumentationssystem für bestimmte STR-Fälle, das für Patienten im Medizinischen Versorgungszentrum genutzt wird. Alle anderen Tätigkeitsgruppen, wie unter anderem die Telefonbetreuung oder die Aufnahme von Patienten, nahmen durchschnittlich zwischen 5,2 % und 6,9 % der Arbeitszeit in Anspruch.

In der Vergleichsbetrachtung der einzelnen, beobachteten Arbeitsorte der MFA variierten die Tätigkeitsanteile kaum. Lediglich der Arbeitszeitanteil für die Telefonbetreuung nahm mit 13,3 % im Backoffice einen erheblich größeren Arbeitszeitanteil als an den Arbeitsorten Haupt- und Nebenaufnahme mit 5,5 % und 3,1 % in Anspruch (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Tätigkeitsanteile nach Beobachtungsort (Angaben in Prozent). STR Strahlentherapie und Radioonkologie

Wird von den spezifischen Aufgaben in jedem Fachbereich, wie beispielsweise der Arbeit mit papierbasierten Akten im Fachbereich STR, abgesehen, dann differenzierten die beobachteten Tätigkeiten zwischen den Fachbereichen ebenfalls nur wenig. Lediglich im Fachbereich CH konnte eine erhöhte Arbeitszeit bei der Nachbereitung der Tumorboardbeschlüsse sowie im Fachbereich IM bei der Bearbeitung von Faxen, E‑Mails und Post beobachtet werden (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Tätigkeitsanteile nach Fachbereich (Angaben in Prozent). STR Strahlentherapie und Radioonkologie

Diskussion

In der vorliegenden Untersuchung wurde eine Prozessanalyse einer interdisziplinären onkologischen Ambulanz durchgeführt. Ziel der Analyse war es, durch die Darstellung der Ist-Situation der Ablauforganisation mögliche Schwachstellen und Verbesserungspotentiale zu identifizieren.

Die Auswertung des Patientenaufkommens zeigte eine stark unterschiedliche Belastung der untersuchten Ambulanz an den einzelnen Wochentagen. Beispielsweise waren die Patientenzahlen an einem durchschnittlichen Mittwoch mehr als doppelt so hoch wie an Donnerstagen, woraus sich an genannten Tagen, bedingt durch die an allen Wochentagen deckungsgleiche Personalausstattung, eine Über- respektive Unterauslastung der Ambulanz offenbarte. Dies resultierte einerseits aus den hohen Patientenzahlen der DER-Sprechstunde. Andererseits fanden mittwochs häufig auch die anderen Sprechstunden simultan statt.

Dem Patientenaufkommen sowie vorhandenen personellen Kapazitäten kann ein hoher Einfluss auf die Wartezeiten zugeschrieben werden, da ein ungleich verteiltes Patientenaufkommen zu Verzögerungen bei der administrativen Aufnahme und zu zusätzlichen Wartezeiten führen kann (Hensen et al. 2009). Um diesem durch eine gleichmäßige Auslastung an einzelnen Wochentagen entgegenzuwirken, wäre eine Verlagerung der Sprechstundenzeiten der einzelnen Fachgebiete in der untersuchten Ambulanz vorzuschlagen. Besonders für die DER-Sprechstunde mit der höchsten Patientendichte sollte überprüft werden, inwiefern eine Verteilung dieser auf alle Wochentage möglich ist. Eine weitere Möglichkeit der Optimierung könnte in einer Ausdehnung der Patienteneinbestellung über die gesamte Arbeitszeit der MFA bzw. Öffnungszeit der Ambulanz gesehen werden, um aufkommende Arbeitsspitzen zu entschärfen, die durch das hohe Patientenaufkommen verursacht werden. Da mit diesem Vorschlag eventuell die Verlängerung von Sprechstundenzeiten einhergeht, müsste auch hier der ärztliche Dienst in eine Neugestaltung einbezogen werden.

In Anlehnung an eine Studie von Helbig et al. kann die Auslastung einer Ambulanz ebenfalls effizienter gestaltet werden, indem im Vorfeld bei der Planung der Sprechstunden Angaben zu Vorstellungsgründen und zur Dringlichkeit vermerkt werden. In der untersuchten Ambulanz wurde ein solches Vorgehen bereits durch die Dokumentation der MFA und Ärzte im KIS praktiziert. Es konnte hierzu jedoch eine lediglich geringe effiziente Handhabe beobachtet werden, da die angegeben Vorstellungsgründe wenig differenzierten und im Zeitaufwand nicht signifikant voneinander abgestuft wurden. Nach Helbig et al. sollte für eine bedarfsgerechte Patienteneinbestellung der durchschnittliche Zeitaufwand der zehn häufigsten Vorstellungsgründe hinterlegt werden. In Ableitung für die eigene Untersuchung, in derer in der Ambulanz verschiedene Sprechstunden durchgeführt werden, sollten deshalb die zehn häufigsten Vorstellungsgründe sowie deren durchschnittlicher Zeitaufwand für jede einzelne Sprechstunde analysiert werden, damit diese im Hinblick auf die Sprechstundenplanung mittels KIS, in Form von Zeitfenstern, zugrunde gelegt werden können (Helbig et al. 2007).

Ebenfalls sollte sich das zur Verfügung stehende Personal einer Einrichtung flexibel an unterschiedliche Patientenzahlen anpassen können (Hensen et al. 2009), weshalb über Optimierungsmöglichkeiten in den Arbeitsabläufen der MFA, insbesondere in der Veränderung der Arbeitszeitgestaltung, zu beraten ist. Da beobachtet werden konnte, dass Patienten in der Regel erst ab 08:00 Uhr in die Ambulanz einbestellt wurden, könnten die bisherigen Arbeitszeiten im Zeitraum von 07:00 bis 16:30 auf ein Zweischichtsystem von beispielsweise 08:00 bis 16:30 Uhr und 10:00 Uhr bis 18:30 Uhr umgelagert werden. Dadurch könnten Patienten auch später einbestellt werden. Hierbei ist jedoch zu diskutieren, inwiefern dieser Vorschlag mit den Arbeitszeiten des ärztlichen Dienstes und der Terminierung der nachmittags stattfindenden Tumorkonferenzen kollidiert.

Ein weiterer Reorganisationspunkt betrifft den jährlich wechselnden Rotationsplan der MFA zwischen den Fachbereichen. Als Vorteil dieser Rotation kann auf der einen Seite zunächst angeführt werden, dass die Einarbeitungszeit deutlich verkürzt wird, falls es zu Arbeitsunfähigkeitszeiten des Personals kommt. Auf der anderen Seite führt eine solche Rotation jedoch häufig zu Nachteilen, da es die Entwicklung von Arbeitsroutinen hemmt. Ebenso erhöht sich die Dauer, sich in neue Arbeitsabläufe einzuarbeiten, und es werden gelegentlich Abstimmungsprobleme verursacht (Wagner und Sass 2015). Dazu zeigte die Analyse, dass ein Großteil der Aufgaben der MFA losgelöst von einzelnen Fachbereichen anfällt und viele universelle Tätigkeiten existieren, wodurch eine Loslösung der MFA von einem bestimmten Fachbereich vorteilhaft erscheint. Im Zuge der Neuordnung der Arbeitsaufgaben der MFA sollte auch die Funktion des Schichtleiters überdacht werden. Während diese Funktion während der Datenerhebung recht bedeutungslos erschien, da lediglich Pausenzeiten geregelt wurden, könnte der Schichtleiter perspektivisch dazu befugt werden, als Ansprechpartner für die pflegerische Bereichsleitung die Belange der Berufsgruppe MFA in Hinblick auf Fragen zu Rotations- und Arbeitsablaufplänen, bei Überlastung und sonstigen Problemen zu fungieren. Auch könnte der Schichtleiter durch den angeregten Wegfall des Rotations- und/oder Arbeitsplans die zentrale Aufgabe erhalten, im Gegensatz zur pflegerischen Bereichsleitung auch vor Ort die MFA zu koordinieren und diese in die Sprechstunden und Arbeitsorte einzuteilen. Diese Funktion sollte von einem Mitarbeiter mit Führungspotential übernommen werden, damit kein erhöhter Kontrollaufwand entsteht (Wagner und Sass 2015).

Weitere Optimierungsmöglichkeiten offenbarten sich durch die Tätigkeitsanalyse. So verbrachten die MFA im Fachbereich STR/DER durchschnittlich 5,4 % der Arbeitszeit mit der Dokumentation in papierbasierten Akten. Dies entsprach an jedem Arbeitstag der MFA (acht Stunden) etwa 26 min Arbeitszeit. Aufgrund der bereits in der Untersuchungseinrichtung eingeführten elektronischen Patientenakte mittels KIS erfolgt diese Tätigkeit dementsprechend zweifach. Durch Wegfall der papierbasierten Aktendokumentation könnte somit eine tägliche Arbeitszeit von 26 min eingespart werden. Im Hinblick auf die Telefonbetreuung konnte ein erhöhter Arbeitszeitanteil am Beobachtungsort Backoffice mit 13,3 % beobachtet werden, was bei einer täglichen Arbeitszeit von acht Stunden ca. 63 min entspricht. Wie auch in den herangezogenen Vergleichsstudien (Mache et al. 2009; Penter et al. 2014) wurden häufige Telefonkontakte als Störfaktor im regulären Arbeitsablauf angesehen. Um zukünftig diese Belastung zu minimieren, wäre zu empfehlen, die gesamte Telefonbetreuung einem täglich rotierenden MFA oder auch einer zusätzlichen Arbeitskraft, wie beispielsweise einem Verwaltungsassistenten, zuzuweisen (Penter et al. 2014). Hinsichtlich der Patientenorientierung stellt dies den Vorteil dar, dass jederzeit ein zugewiesener Ansprechpartner seitens der Einrichtung vorhanden ist, dessen Aufgabengebiet sich ausschließlich auf die Administration und Koordination einkommender Telefonanfragen konzentriert. Die Finanzierbarkeit wäre hierbei entsprechend zu überprüfen. Darüber hinaus könnten feste Telefonzeiten mit einer Weiterleitung bei Notfällen eingerichtet werden, damit eine ganztägige Betreuung des Telefons entfällt. Auch die Etablierung eines Online-Terminsystems, beispielsweise durch Einbindung in die Website der Einrichtung, stellt eine Möglichkeit der Entlastung dar (Ärzte Zeitung Verlagsgesellschaft mbH 2013b). Dadurch könnte eine Abnahme von Telefonanfragen und somit auch Unterbrechungen der Arbeitsabläufe erreicht werden. Von einem solchen System könnten auch die Patienten profitieren, da sie weniger Zeit in einer Telefonwarteschleife verbringen (Ärzte Zeitung Verlagsgesellschaft mbH 2013a). Eine mögliche Hürde offenbart sich hier jedoch in der Praktikabilität, da onkologische Patienten aufgrund des Altersfaktors nicht unbedingt als optimale Zielgruppe eines solchen Systems adressiert werden können. Eine effektive Wirkung kann demnach nicht zugesichert werden und müsste erprobt werden.

Den dritten Teil stellte die retrospektive Wartezeitenanalyse dar. Die Ergebnisse dieser Analyse offenbarten, dass die Ambulanz die Anforderungen der Zertifizierungsprogramme der DKG für den Untersuchungszeitraum erfüllte. So lagen die Kriterien bei Viszeralonkologischen Zentren für Wartezeiten auf einen Sprechstundentermin bei kleiner 2 Wochen (kolorektales Karzinom), bei Wartezeiten während der Sprechstunde bei kleiner 60 min (Deutsche Krebsgesellschaft 2015). Diesen Kennzahlen standen in der untersuchten Ambulanz im Fachbereich CH, der vorrangig dieses Krankheitsbild betreut, jeweils 5,5 Tage und 25 min Wartezeit gegenüber.

Zusammenfassend zeigte die durchgeführte Prozessanalyse zahlreiche Optimierungsmöglichkeiten auf. Dafür sind bei einer sich anschließenden Maßnahmenplanung auch die damit verbundenen Ressourceneinsätze und Kosten in die Überlegungen einzubeziehen. Dies betrifft beispielsweise die Planung des Personaleinsatzes oder die Restrukturierung der Sprechstundenterminierung. Weiterhin ließ auch die Tätigkeitsanalyse der MFA Verbesserungsmöglichkeiten, wie beispielsweise in einer Vermeidung von Doppeldokumentation im Fachbereich STR, erkennen. Da Interdisziplinarität in der untersuchten Ambulanz einen hohen Stellenwert einnimmt, müssen alle miteinander in Verbindung stehenden Berufsgruppen aktiv in Veränderungsprozesse einbezogen werden. Hierzu sind künftig weitere interdisziplinäre Arbeitstreffen notwendig, um eine reibungslose Koordination zu gewährleisten. Nach Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen ist eine Evaluation zu empfehlen, um die Wirksamkeit zu überprüfen. Zudem kann die vorliegende Arbeit ebenfalls als Basis für spätere Vorher-Nachher-Vergleiche in der Einrichtung dienen.

Im Hinblick auf die kritische Auseinandersetzung mit der Untersuchung ist zu erwähnen, dass im Verlauf der Durchführung zeitgleich mehrere unterschiedliche Methoden der Datenerhebung zum Einsatz gekommen sind. Diese Triangulation, bestehend aus Experteninterviews, offenen strukturierten Beobachtungen der Arbeitsprozesse sowie retrospektiven Analysen mithilfe des KIS ergab den Vorteil, einerseits den Erkenntnisgewinn zu erweitern, andererseits Schwächen der Einzelmethoden zu kompensieren (Lamnek 2010). Die Aufgliederung in sowohl retrospektive als auch prospektive Untersuchungen ermöglichte ein rundes Bild über die Arbeitsabläufe und Strukturen der onkologischen Ambulanz. Dadurch konnten sowohl kleinere Schwachstellen als auch mittel- und langfristige Optimierungspotentiale unterschiedlicher Art beleuchtet werden.

Eher kritisch zu sehen ist die Methode der offenen Beobachtung. Der Zugang zum Beobachtungsfeld war nicht unerheblich, da den MFA versichert werden musste, dass die aus der Prozessanalyse gewonnenen Erkenntnisse im Nachhinein keine personellen Konsequenzen nach sich ziehen würden. Somit war die Akzeptanz des Beobachters im Feld notwendig, um kein Störfaktor im Arbeitsalltag zu sein, der sehr auf das Handeln einwirkt (Greiling 2004). Da sich in den Arbeitsprozessen fortlaufend Rückfragen aufgrund der stark EDV-basierten Arbeit der MFA ergaben, war ein Beobachtereinfluss als Verzerrungseffekt nicht gänzlich auszuschließen. Auch bei den Interviews mit den MFA war, aufgrund der Interaktion zwischen Befragtem und Interviewer, ein Interviewereinfluss auf das Antwortverhalten möglich (Döring und Bortz 2016).