Handlungsbedarf

Aufgrund der für alle Akutkliniken verbindlichen Einführung des Diagnosis-related-group- (DRG-)Systems zum 1. Januar 2004 und der damit einhergehenden Mittelverknappung bedarf es einer betrieblichen Reorganisation von wirtschaftlich relevanten Kernprozessen. Einen wichtigen Fokus stellt dabei die intraoperative Produktivität eines Krankenhauses dar, denn der Operationsbereich zählt neben der Intensivmedizin zu den kostenintensivsten Bereichen der stationären Patientenversorgung [4, 19]. Als konsentierter Zielpunkt lässt sich eine optimale Relation von Selbstkosten zu produzierter Leistungsmenge/Zeiteinheit (Produktivität) definieren [5]. Um eine hohe Produktivität zu erzielen, müssen einerseits Prozessabläufe verzögerungsfrei und störungsstabil angelegt sein und andererseits das kostenintensive Personal suffizient eingesetzt werden. Hierfür ist der Anästhesist in seiner für das Operationsmanagement wichtigen Funktion mit verantwortlich [11]. Durch termingerechten Patientenabruf, zügige Einleitung und zeitnahe Ausleitung sowie Organisation der postoperativen Betreuung der Patienten in der nachsorgenden Einheit (Aufwachraum, „intermediate-care“, Intensivstation) wird der gesamte perioperative Versorgungsprozess entscheidend gestaltet [6, 7, 13, 26]. Dabei wird das Handeln des Anästhesisten geleitet von dem Ziel, dem Operateur optimale Bedingungen für den Eingriff zu bereiten. Neben der Erfüllung von medizinischen Qualitätskriterien (Stabilität der Vitalparameter etc.) ist die Vermeidung von Wartezeiten für das operative Team anzustreben.

Dokumentation perioperativer Zeitpunkte

Die Optimierung perioperativer Versorgungsprozesse erfordert in einem ersten Schritt die Dokumentation schnittstellenrelevanter Zeitpunkte. Dies kann entweder im Rahmen einer zeitlich befristeten Stichprobenerhebung erfolgen oder besser kontinuierlich über geeignete Erfassungsmedien, wie beispielsweise ein Krankenhausinformationssystem oder papiergestützte maschinenlesbare Dokumentationsbögen. Es empfiehlt sich, die Zeitangaben auf- und abgerundet auf die volle Minute anzugeben. Die Einsatzzeiten für ärztliches Personal, Pflegepersonal und Funktionsdienste sind entsprechend des interdisziplinären Ansatzes der Leistungserbringung getrennt auszuweisen. Entscheidend für die Datenqualität ist jedoch die Verwendung von konsentierten Definitionen für die zu erfassenden Zeitpunkte. Die in der vorliegenden Publikation zu Grunde gelegten Zeitpunkte folgen—sofern sie nicht unmissverständliche Prozessangaben darstellen—in ihrer Definition den gemeinsamen Empfehlungen des Berufsverbandes der Deutschen Anästhesisten und des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen [21]:

Als Beginn der Anästhesie-Präsenz gilt, unterteilt in Präsenz-Beginn Anästhesiearzt und Präsenz-Beginn Anästhesiepflege, der Zeitpunkt ab dem der Patient in kontinuierlichen Kontakt mit der jeweiligen Berufsgruppe tritt.

Als Beginn der Narkose gilt die Injektion des Anästhetikums oder die Anlage des Regionalverfahrens. Bei einer Analgosedierung entspricht dies der ersten Injektion eines Analgetikums bzw. Sedativums.

Die Freigabe des Patienten durch die Anästhesie stellt denjenigen Zeitpunkt dar, ab dem die vorbereitenden Anästhesiemaßnahmen soweit abgeschlossen sind, dass mit vorbereitenden chirurgischen Maßnahmen (z. B. Lagerung) begonnen werden kann.

Die Begriffe „Lagerungsbeginn“ bzw. „Beginn chirurgische Vorbereitung“ werden in praxi häufig synonym mit „Freigabe durch die Anästhesie“ verwandt. Dies ist zumeist ausreichend, per definitionem jedoch nicht korrekt, da Verzögerungen wegen protrahiertem Beginn der chirurgischen Maßnahmen nach Patientenfreigabe sonst nicht detektiert werden können.

Ebenso empfiehlt sich eine getrennte Erfassung der Zeitpunkte „Ende chirurgische Vorbereitung“ und „Operationsbeginn“, da hierdurch Verzögerungen durch zu spätes Erscheinen des ersten Operateurs erkennbar werden.

Der DRG-relevante Terminus „Operationsbeginn“ meint das Hinzutreten des Operateurs ins Operationsgebiet. „Operationsende“ definiert denjenigen Zeitpunkt, an dem alle chirurgischen Tätigkeiten (z. B. Anlage eines Gipsverbandes) beendet sind und ist damit synonym mit dem etablierten Begriff „Ende chirurgische Maßnahmen“ zu verwenden. Somit entspricht die „Operationszeit“ (Operationsbeginn—Operationsende) der um die operative Rüstzeit erweiterten „Schnitt-Naht-Zeit“.

Das Narkoseende ist der Zeitpunkt, an dem die anästhesiologischen Maßnahmen enden. Bei der Ausleitung der Anästhesie zum Ende der Operation entspricht das Ende der Narkose vereinbarungsgemäß dem Zeitpunkt der Extubation. Bei beatmeter Verlegung des Patienten und bei Regionalverfahren endet die Narkose mit Übergabe an die nachsorgende Überwachungseinheit und ist in diesem Fall kongruent mit dem Präsenz-Ende des Anästhesiearztes. Diese ist definiert als Übergabe der medizinischen und organisatorischen Verantwortung an die nachsorgende Einheit.

Zur Veranschaulichung des Vorgehens bei einer Prozessanalyse wurden die perioperativen Prozessabläufe von insgesamt 151 allgemeinchirurgischen Patienten, die am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, stationär behandelt wurden, erfasst. In Tabelle 1 sind exemplarisch sowohl ein effizienter Prozessablauf (Fall 1) als auch ein deutlich suboptimaler Versorgungsprozess (Fall 2) aufgeführt. Die Auflistung der einzelnen aufeinander folgenden Prozesszeitpunkte und die Gegenüberstellung von effizientem Fall 1 vs. suboptimalem Fall 2 verdeutlichen die relevanten Brüche und Inkonsistenzen angrenzender Schnittstellen bei Fall 2.

Tabelle 1 Dokumentation perioperativer Zeitpunkte am Beispiel zweier allgemeinchirurgischer Patienten mit großem Oberbaucheingriff am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel

Rein deskriptiv lässt sich für Fall 2 eine Ablaufproblematik für die Bereiche Bestellung des Patienten, Schleusen, Dauer des anästhesiologischen Vorlaufs (Eintreffen im Einleitungsraum bis Beginn Narkose) und Dauer der Narkoseeinleitung feststellen.

Zur zukünftigen Vermeidung solch suboptimaler Versorgungsprozesse, wie mit Fall 2 beschrieben, ist eine Einzelfallanalyse notwendig. Teilweise werden hierbei unvermeidbare Ursachen für relevante Ablaufverzögerungen offenbar. So ist beispielsweise die akute Verschlechterung des Gesundheitszustands eines Patienten auf Station, die zusätzliche diagnostische und/oder stabilisierende Maßnahmen vor der Operation erfordert, nicht immer durch ein suffizientes Operationsmanagement kompensierbar. Hier können Verzögerungen im Bereich der Patientenbestellung unvermeidbar sein. Häufiger sind jedoch, wie auch bei der Einschleusung des Patienten, organisatorische Defizite ursächlich: Engpässe bzw. falsche Prioritätensetzung beim Pflegepersonal auf Station, Warteschlangen vor besetzten Fahrstühlen und belegte Schleusen verhindern einen zeitnahen Transport des Patienten in den Operationssaal [1]. Werden solche oder ähnliche Ursachen in der Einzelfallanalyse erkannt, gilt es Rahmenbedingungen für ein zielgerichtetes Verhalten aller Organisationsmitglieder zu schaffen. Hierzu gehört insbesondere die Vermeidung von Zuständigkeitsabgrenzungen in einem an sich durchgehenden Leistungsprozess sowie die parallele (und nicht sequenzielle) Durchführung von Abstimmungsvorgängen. Aber auch die personelle bzw. technische Aufrüstung von nachweislich überforderten Leistungseinheiten ist (insbesondere unter DRG-Bedingungen) ökonomisch sinnvoll, da hierdurch Verzögerungen in der Leistungserbringung verhindert werden. Durch Einführung von Malusregelungen hingegen wird kein suboptimal arbeitender Teilbereich befähigt, zukünftig effiziente Arbeitsabläufe zu dem Gesamtprozess beizusteuern.

Die im Fall 2 zu beobachtende Verzögerung im Bereich des anästhesiologischen Vorlaufs war konkret mit dem Nichtauffinden der Narkoseeinwilligung des Patienten zu erklären; hierdurch wurde ein früherer Beginn der Narkose verhindert. Unvollständige Untersuchungsbefunde und fehlende Unterlagen gehören zu den häufigsten vermeidbaren Ablaufhindernissen [17]. Hier empfiehlt sich, wie für alle regelhaft wiederkehrenden Arbeitsschritte, eine Standardisierung des Prozessgeschehens auf der Grundlage einer interdisziplinären Vereinbarung sowie die Erteilung eindeutiger schriftlicher (und leserlicher) Anweisungen.

Ein weiteres Optimierungspotenzial zeigt sich anhand Fall 2 in der durch eine lange Einleitungsdauer bedingten Verzögerung des Operationsbeginns. Aufgrund der Schwere des operativen Eingriffs und des reduzierten Gesundheitszustands ergeben sich in der anästhesiologischen Versorgung allgemeinchirurgischer Patienten häufig zeitintensive Narkoseeinleitungen. Bereits dies bedeutet eine erhebliche Restriktion der in der Kernarbeitszeit zur Verfügung stehenden Operationszeit. Wird diese Einleitungsdauer aber aufgrund einer besonderen Schwere des Behandlungsfalls (oder fehlender Zeitdisziplin des Anästhesisten) noch verlängert, resultieren unweigerlich ineffiziente Prozessabläufe. Von daher ist bei allgemeinchirurgischen Patienten die Verkürzung der Wechselzeit mithilfe überlappender Einleitung durch ein zusätzliches Anästhesieteam unter bestimmten Umständen ökonomisch sinnvoll [12].

Berechnung perioperativer Zeitintervalle

Weiter gehende Aussagen erlaubt die Berechnung von Zeitintervallen, die aus den dokumentierten Zeitpunkten generiert werden können. In Tabelle 2 findet sich eine Auflistung der prozessrelevanten Zeitintervalle, die exemplarisch hinterlegt wurden, mit den Prozessdaten von 151 allgemeinchirurgischen Patienten des Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel. Die einfache Mittelwertbildung ermöglicht einen Anhaltswert für die Dauer einzelner Teilprozesse.

Tabelle 2 Berechnung perioperativer Zeitintervalle für allgemeinchirurgische Eingriffe (n=151) am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel

So ist beispielsweise für allgemeinchirurgische Patienten die erzielte mittlere Dauer für das Zeitintervall „Beginn Narkose—Freigabe durch Anästhesie“ mit 22 min mehr als zufrieden stellend. Durch den Beginn der chirurgischen Maßnahmen noch vor Beendigung der Narkoseeinleitung konnten relevante Zeitersparnisse erzielt werden. Diese parallele Ablauforganisation anstelle eines „Nacheinander“ stellt ein gutes Beispiel für die Optimierung eines Prozessablaufes dar [25].

Neben den Mittelwerten der Zeitintervalle sind für die Analyse von Schnittstellenproblemen aber v. a. die Maximalwerte hilfreich. In der Einzellfallanalyse dieser „Ausrutscher“ wird deutlich, wie viele Störungsmöglichkeiten einer effizienten perioperativen Leistungserbringung im Wege stehen. Durch die Rekonstruktion dieser Ausnahmefälle lassen sich auch selten auftretende Ursachen für Prozessverzögerungen erkennen und damit evtl. zukünftig vermeiden. Die in Tabelle 2 notierten Minimalwerte mit Nullwert ergeben sich aus der Versorgung von bereits narkotisierten und ausgestatteten Intensivpatienten.

Analyse komplexer Kennzahlen

Die im Rahmen einer Prozessanalyse erhobenen Daten können zur Bildung von Kennzahlen herangezogen werden, die eine Analyse der Leistungsmengen und der Produktivität (Leistungsmenge/Zeiteinheit) ermöglichen.

Die in Tabelle 3 aufgeführten Anästhesie-Zeiten (Präsenz-Zeit, Perioperative Zeit, Reine Anästhesie-Zeit, Reine Operationszeit) dienen in vielen Kliniken über die interne Leistungsverrechnung nach Anästhesie-Minuten [2] einer leistungsorientierten Budgetsteuerung. Die Verrechnung der fall- bzw. DRG-bezogenen anästhesiologischen Selbstkosten über Anästhesie-Minuten ist—im Sinne einer Kostenträgerrechnung—ein geeignetes Verfahren zur Sicherstellung des „richtigen“ abteilungsspezifischen Anteils am DRG-Erlös des Krankenhauses [22].

Tabelle 3 Analyse komplexer Kennzahlen der perioperativen Versorgung allgemeinchirurgischer Patienten (n=151) am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel

Andere Kennzahlen, wie beispielsweise die Dauer der Wechselzeit bzw. des anästhesiologischen Vor- und Nachlaufs, sind für eine effiziente Operationskoordination von großem Wert [18].

Die Analyse des Operationsbelegungsgrades sollte differenziert nach Fachabteilung bewertet werden, da bei dieser Kennzahl operative Disziplinen mit vielen, kurzen Eingriffen (hohe kumulierte Wechselzeit) gegenüber operativen Disziplinen mit wenigen, langen Eingriffen (niedrige kumulierte Wechselzeit) benachteiligt werden. Für die strategische Leistungsplanung und die Operationskoordination ist die fachspezifische Operationsauslastung jedoch nach wie vor von relevanter Bedeutung [9, 10].

„Clinical pathways“ und „standard operating procedures“ als Instrumente zur Prozessoptimierung

Die Einführung des fallpauschalierenden Vergütungssystems auf der Basis von DRGs wird eine tief greifende Umgestaltung in den Strukturen und Prozessen des Krankenhauses zur Folge haben. Roeder et al. [20] stellte in seiner Arbeit über „clinical pathways“ (CPs) fest, dass diese „wirkungsvolle Instrumente zur Verbesserung der Organisation klinischer Prozesse sind, die in vielen DRG-Einsatzländern erfolgreich umgesetzt werden.“

In Publikationen [16] konnte gezeigt werden, dass die konsequente Umsetzung von CPs zu einer Liegezeitverkürzung und damit zu ökonomischen Vorteilen bei gleicher oder sogar besserer Qualität [23] führen.

Clinical pathways beschreiben den Kernprozess der Patientenkarriere von der Aufnahme bis zur Entlassung. Somit können CPs nur von den prozessverantwortlichen Abteilungen, die den Patienten von der Aufnahme bis zur Entlassung betreuen, entwickelt und umgesetzt werden. Das Modell der integrierten Behandlungspfade [24] (mipp des Kantonsspitals Aarau) stellt 3 Kernfragen, die durch CPs beantwortet werden müssen:

  1. 1.

    Wie soll eine bestimmte Krankheit behandelt werden?

  2. 2.

    Wie kann diese Behandlung möglichst effizient und effektiv durchgeführt werden?

  3. 3.

    Was kostet die Behandlung?

Daraus ergibt sich für CPs, dass diese eine institutsbezogene interdisziplinäre und interprofessionell entwickelte „Verfahrensanweisung“ darstellen, die

  1. 1.

    den Behandlungsablauf berufsgruppenübergreifend von der Aufnahme bis zur Entlassung beschreibt, der für die Mehrzahl der Patienten mit entsprechender Diagnose zutreffend ist;

  2. 2.

    für das Krankenhaus anfallende Leistungen und Ressourcen prozessbezogen darstellt.

Die Anästhesie stellt einen wesentlichen Stützprozess bei der Behandlung der operativen Patienten dar. Die klinischen Abläufe, die von der Anästhesie verantwortet werden, lassen sich durch „standard operating procedures“ (SOPs) als Modul in den Behandlungspfad integrieren. Standard operating procedures sollen nach Lauterbach [14]:

  1. 1.

    unnötige und schädliche Behandlungen reduzieren,

  2. 2.

    optimale Behandlung zu angemessenen Kosten fördern,

  3. 3.

    angemessene Behandlung zu optimalen Kosten fördern,

  4. 4.

    einen Korridor schlagen zwischen den Punkten 2 und 3.

Demnach müssen CPs und SOPs darauf abzielen, über eine Schaffung von Prozess-, Leistungs- und Kostentransparenz einen Beitrag zum Qualitätsmanagement zu leisten.

Im Anschluss an die Entwicklung und die Einführung von SOPs und CPs sind die Umsetzung und die Implementierung dieser Handlungsanweisungen durch das Operationsmanagement zu fordern [15]. Entsprechend der Definition der Bundesärztekammer zu Leitlinien [8], lassen die SOPs und CPs dem Arzt einen Handlungskorridor und somit einen Entscheidungsspielraum, so dass in begründeten Einzelfällen auch von den Vorgaben abgewichen werden kann.

Voraussetzung für die Entwicklung von SOPs sind das Einbringen von evidenzbasierter Medizin, Empfehlungen und Vorgaben der Fachgesellschaften [15]. Weitere wesentliche Punkte sind die eigenen lokalen Gegebenheiten und Abläufe. Basierend auf einer Prozessanalyse, wie sie im ersten Teil der Arbeit dargestellt wurde, sollte zunächst der Ist-Zustand erhoben werden. Nach Stärken- und Schwächenanalyse des Ist-Zustands wird ein Soll-Zustand definiert, der bei der Entwicklung von SOPs als Vorgabe dient (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Schematische Darstellung der einzelnen Arbeitsschritte von der Prozessanalyse bis zur Implementierung einer „standard operating procedure“ (SOP) mit integrierten allgemeingültigen Arbeitsanweisungen (AA) als Modul eines „clinical pathways“ (CP)

Wird in einer Klinik erstmals eine SOP entwickelt, ist es sinnvoll eine sehr detaillierte SOP zu erarbeiten. In Tabelle 4 ist dies exemplarisch für die Indikation „großer Oberbaucheingriff“ aufgezeigt. Nach Erstellung und Praxisevaluation einer solchen Detail-SOP kann diese kondensiert werden, indem allgemein gültige Prozesse in allgemeinen Arbeitsanweisungen (AA) beschrieben werden und diese wiederum als Modul in die SOP eingefügt werden (Abb. 2). Dies erleichtert die Entwicklung weiterer SOPs, da auf diese Module immer wieder zurückgegriffen werden kann.

Tabelle 4 Detail-SOP für einen großen Oberbaucheingriff
Abb. 2
figure 2

Die Standard Operating Procedure (SOP) mit den Arbeitsanweisungen (AA) als Modul eines Clinical Pathways (CP). (Mod. nach [15])

Des Weiteren ist darauf zu achten, dass alle Berufsgruppen und Beteiligten in den Entstehungsprozess eingebunden werden. Auch sollte darauf geachtet werden, dass—wie von Martin et al. [15] beschrieben—eine gewisse Systematik bei der Generierung eingehalten wird. So sollte ein Entwicklungsverantwortlicher bzw. Freigabeverantwortlicher festgelegt werden, ebenso ein Titel der jeweiligen SOP, die laufende Dokumentennummer, Ablaufdatum etc.

Die verwendeten Materialen und Medikamente, einschließlich der Kosten sowie der hinterlegten Methoden, müssen aufgelistet werden. Es erscheint sinnvoll, in diesem Zusammenhang auch die anfallende Bindungszeit von Anästhesiearzt und -pflege für eine spätere Kostenanalyse mit zu erfassen.

Am Beispiel der in Tabelle 4 aufgeführten SOP für einen großen Oberbaucheingriff wird deutlich, wie diese Vorgaben erreicht werden können:

  1. 1.

    Prozesstransparenz:

    Die Teilprozesse im Ablauf einer Anästhesie für einen großen Oberbaucheingriff sind allen beteiligten Mitarbeitern transparent. Dies führt zu klaren Verantwortlichkeiten und damit zu vermindertem Kommunikationsaufwand über Zuständigkeit und Terminierung.

  2. 2.

    Leistungstransparenz:

    Alle Leistungen, die erbracht werden müssen, sind klar gegliedert dargestellt und können zu Kalkulationen herangezogen werden.

  3. 3.

    Kostentransparenz:

    Die Kosten für Materialien und Medikamente sind aufgelistet (Tabelle 5); ebenso sind die Bindungszeiten für Anästhesiearzt und -pflege dargestellt. Dies ermöglicht eine SOP-bezogene Prozesskostenrechnung, die aggregiert auf einen CP die Durchführung einer fallbezogenen und damit DRG-konformen Kostenträgerrechnung ermöglicht.

    Tabelle 5 Auflistung der hinterlegten Medikamente und Medikalprodukte

Dass CPs zu einer verbesserten Qualität beitragen können, bewiesen Schreiber et al. [23], die aufzeigen konnten, dass bei der Therapie der instabilen Angina pectoris vor Einführung der CPs eine Mortalität von 4% bestand und nach Einführung eine signifikante Reduktion auf 1,8% zu verzeichnen war.

Basse et al. [3] konnten demonstrieren, dass durch die Einführung von CPs bei der laparoskopisch gestützten Dickdarmchirurgie die Liegzeit von 5 Tagen auf 2 Tage reduziert werden konnte. Ein wesentlicher Bestandteil dieser CPs war die Prozessoptimierung in der Anästhesie mit intraoperativer Verwendung von Periduralkathetern, Einsatz kurz wirkender Anästhetika und Analgetika, konsequenter Anwendung von Wärmekonzepten und einer prospektiven Planung der postoperativen Analgesie.

Fazit für die Praxis

Die Einführung des fallpauschalierten Abrechnungssystems auf der Basis der DRGs stellt die Kliniken vor die große Herausforderung, ihre Prozesse zu optimieren. Die Anästhesiologie ist nahezu bei jedem Patienten, der operativ behandelt wird, beteiligt. Sie ist somit der wesentliche Stützprozess in der Behandlung der operativen Patienten. Die operativen Disziplinen werden für ihre Standardtherapien zunehmend innerbetriebliche CPs entwickeln. Die Anästhesie ist aufgefordert, sich mit Modulen in Form von SOPs an dieser Entwicklung zu beteiligen. Basierend auf Prozessanalysen sollte der Ist-Zustand festgestellt werden und auf dieser Basis entsprechende Stärken und Schwächen herausgearbeitet werden. Nach Definition des Soll-Zustands wird eine SOP entwickelt, die dann als Modul in den CP eingefügt wird. Die SOP ermöglicht eine Prozess-, Leistungs- und Kostentransparenz, die eine verursachergerechte innerbetriebliche Leistungsverrechnung ermöglicht. Neben den dargestellten ökonomischen Vorteilen stellen die Durchführung einer Prozessanalyse und die darauf aufbauende Entwicklung einer SOP einen wesentlichen Bestandteil des klinischen Qualitätsmanagements dar.