Einleitung/theoretischer Hintergrund

Der Begriff „Delir“ wurde von einem römischen Arzt namens Aulus Cornelius Celsus ca. 100 Jahre nach Christus erstmals erwähnt. Delir kommt vom Lateinischen „de lira“ und bedeutet frei übersetzt „neben der Spur“. Als dilirant wurden damals die Menschen beschrieben, die „abseits des Pfades“ wandelten [15, S. 28]. Fast jeder vierte Patient über dem 75. Lebensjahr weist in der Notaufnahme laut Christ und Singler ein Delir bzw. einen akuten Verwirrtheitszustand auf [2]. „Oft ist ein Delir das erste Zeichen einer zugrunde liegenden lebensbedrohlichen Problematik“ [19, S. 775]. Wird ein Delir nicht in der Notaufnahme erkannt, bleibt es häufig im weiteren stationären Aufenthalt unentdeckt und wird u. U. nicht adäquat behandelt. Aus diesem Grunde ist es bereits in der Notaufnahme notwendig, ein zielorientiertes Instrument, das eine Veränderung des kognitiven Zustandes sicher und schnell erkennt, einzusetzen [8]. Nach Thielscher et al. könnte bei 30–40 % der delirgefährdeten Personen durch suffiziente Präventionsmaßnahmen das Eintreten eines Delirs vermieden werden [21]. Weiter sind die durch ein Delir verursachten Kosten, beispielsweise aufgrund verlängerter Hospitalisationszeiten [10], höher als die Kosten zur Delirprophylaxe [21]. Im Vergleich zu einem nichtdeliranten Patienten sind die Kosten der Krankenhausbehandlung um ca. ein Drittel höher [21]. Das Identification of Seniors at Risk (ISAR) wurde als geriatrisches Screeninginstrument von der Arbeitsgruppe McCusker et al. Mitte der 1990-Jahre entwickelt. Ziel dieses Screeninginstruments war es, gefährdete geriatrische Patienten zu erkennen [22]. Da ein Delir oft als klinische Diagnose gestellt wird, entwickelte die Arbeitsgruppe um Inouye 1990 mit der Confusion Assessment Method (CAM) ein Assessmentinstrument, das die Diagnosestellung des Delirs objektivieren soll [12].

Problemstellung/Forschungsfrage

Ziel dieser Studie war es, die Prävalenz eines Delirs bei den untersuchten Patienten zu erheben. Weiter galt es zu eruieren, welche Risikofaktoren entsprechend den ausgewählten Screening- und Assessmentinstrumenten ISAR und CAM ein Delir beeinflussen.

Diagnose eines Delirs nach ICD-10

In Deutschland wird für die Diagnose die 10. Auflage des Internationalen Diagnoseklassifikationssystems der Weltgesundheitsorganisation verwendet (DIMDI 2015): „F05.– Delir, nicht durch Alkohol oder andere psychotrope Substanzen bedingt: ein ätiologisch unspezifisches hirnorganisches Syndrom, das charakterisiert ist durch gleichzeitig bestehende Störungen des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung, des Denkens, des Gedächtnisses, der Psychomotorik, der Emotionalität und des Schlaf-Wach-Rhythmus. Die Dauer ist sehr unterschiedlich und der Schweregrad reicht von leicht bis zu sehr schwer …“ [3].

Subtypen eines Delirs

Abhängig von der psychomotorischen Aktivität wird das Delir in 2 Subtypen unterteilt, das hypo- und das hyperaktive Delir [19]. Eine Mischform aus beiden Typen wird ebenfalls beschrieben. Bei dem hyperaktiven Delir kommt es zu einer höheren Erregbarkeit des Patienten; dies ist durch Agitation, Halluzination oder durch vegetative Veränderungen gekennzeichnet [19]. Charakteristisch für die hypoaktive Form des Delirs sind Verlangsamung der Sprache und Motorik, Minderung der Vigilanz und geringe Spontanreaktion auf Ansprache. Halluzinationen sind auch bei dieser Form möglich. Demenzerkrankte Patienten zeigen in ca. 45 % der Fälle Symptome der hypoaktiven Form [23]. Bei älteren Patienten tritt die hypoaktive Form des Delirs vermehrt auf [19].

Folgen eines Delirs

Patienten mit einem Delir haben hinsichtlich der Mortalitätsräte im Vergleich zu nichtdeliranten Patienten eine schlechte Prognose [19]. Diese korreliert v. a. mit dem Schweregrad der Ausprägung und der zeitlichen Dauer des Delirs [7, 19]. Die 12-monatige Mortalitätsrate beträgt nach Auftreten eines Delirs zwischen 10 % und 40 % [6, 7]. Vergleichsweise ähnliche Mortalitätsraten können bei Patienten mit Myokardinfarkt und Sepsis beobachtet werden [7].

Methodik

Um Studien zu dieser Thematik zu finden, erfolgte eine strukturierte Literaturrecherche in der deutschen Datenbank CareLit®. Zusätzlich wurden die Daten durch eine Handrecherche in internationaler Literatur ergänzt. Bevor diese Studie durchgeführt wurde, wurde sich intensiv mit Screening- und Assessmentinstrumenten zur Delirdetektion beschäftigt. Das CAM zeigt eine hohe Reliabilität [24] und eine gute Praktikabilität [9]. Das ISAR wird von der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie zur Identifizierung geriatrischer Patienten empfohlen [22]. Patienten, mit einem positiven ISAR- und CAM-Ergebnis wurden als delirgefährdet oder delirant eingestuft. Berechnet wurden die Häufigkeitsverteilungen sowie die Maße der zentralen Tendenz. Die statistischen Berechnungen wurden mit der Software IBM SPSS Statistics Version 21 aus dem Jahr 2012 für Mac OS X durchgeführt.

Identification of Seniors at Risk

Das ISAR verfolgt das Ziel, gefährdete geriatrische Patienten möglichst früh zu identifizieren, sodass sie einer speziellen Behandlung zugeführt werden können [22]. Hierbei können funktionelle Fähigkeiten und Defizite eines Patienten ermittelt werden. Bei den ersten 2 Fragen handelt es sich um den vorherigen Hilfebedarf des Patienten und eine mögliche Verschlechterung infolge der aktuellen Erkrankung. Vorherige Krankenhausaufenthalte, Sinnes- und Gedächtnisstörungen und die Multimedikation werden in den folgenden 4 Fragen behandelt. Als positiv gilt das Screening, wenn 2 oder mehr als 2 Fragen mit „Ja“ beantwortet werden. Ist dies der Fall, sollte eine weiterführende Diagnostik erfolgen [17, 22].

Confusion Assessment Method

Der Algorithmus des CAM ist besonders gut geeignet, um das Risiko eines möglichen psychopathologischen Phänomens oder eines Delirs einschätzen zu können [16]. Durch seine einfache Anwendung und die hohe Validität ist es das weltweit am häufigsten angewendete Assessmentinstrument zur Identifizierung eines Delirs [1]. Das Instrument testet die Präsenz, die Schwere und die Fluktuation anhand von 9 Delirmerkmalen [24]:

  1. 1.

    akuter Beginn,

  2. 2.

    Aufmerksamkeitsstörung,

  3. 3.

    Denkstörung,

  4. 4.

    veränderter Bewusstseinszustand,

  5. 5.

    Orientierung,

  6. 6.

    Gedächtnisstörung,

  7. 7.

    Wahrnehmungsstörung,

  8. 8.

    Psychomotorik,

  9. 9.

    veränderter Schlaf-Wach-Rhythmus.

Die Diagnostik des CAM beinhaltet außerdem 4 grundlegende Kriterien, die sich mit dem psychischen Zustand (1), der Aufmerksamkeit (2), dem Denken (3) und mit dem Bewusstseinszustand des Patienten (4) befassen [1, 11]. Die Fragen des CAM können nur mit Ja, Nein oder Unklar beantwortet werden [1]. Um die Diagnose eines Delirs sichern zu können, müssen mindestens die Kriterien 1 und 2 erfüllt sein. Zusätzlich sollte entweder Kriterium 3 oder 4 mit „Ja“ beantwortet werden [24].

Studieneinrichtung

Im Zentrum für Notaufnahme des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder Trier wurden die Daten der Studienteilnehmer erhoben. Bei diesem Krankenhaus handelt es sich um ein Lehrkrankenhaus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz mit 632 Planbetten und 15 medizinischen Fachabteilungen. Jährlich werden ca. 30.500 Patienten stationär behandelt [13]. Die medizinische Überwachung der Studie wurde durch den Ärztlichen Leiter des Zentrums für Notaufnahme übernommen.

Einschlusskriterien und Datenerhebungszeitraum

Es wurden ausschließlich Probanden befragt, die 70 Jahre und älter waren und im Zeitraum vom 16.03.2016 bis 18.03.2016 und vom 21.03.2016 bis 23.03.2016 als Patienten in der zentralen Notaufnahme behandelt wurden. Die Erhebungen wurden jeweils von 9:00 bis 17:15 Uhr durchgeführt. Um diese vergleichen zu können, wurde die Alterskohorte in Anlehnung an bereits ähnlich konzipierte international durchgeführte Studien ausgewählt [14, 20].

Datenerhebung

Nach erfolgter Aufklärung und Einwilligung in die Studie wurden bei diesen Patienten das Screeninginstrument ISAR sowie das Assessmentinstrument CAM angewandt. Die Instrumente wurden mit dem Patienten selbst oder unter Einbeziehung der Angehörigen durchgeführt. Ausgeschlossen wurden Patienten, die über den Schockraum eingeliefert oder in die Kategorie 1 des Manchester-Triage-Systems eingestuft wurden (sofortige Behandlung des Patienten notwendig; [18]). Diese Ausschlusskriterien wurden festgelegt, da hier die prioritäre medizinische Behandlung im Mittelpunkt stand. Bei einem positiven Ergebnis des CAM wurde dieses umgehend an den leitenden Arzt der Notaufnahme weitergegeben (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Organisationsdiagramm der einzelnen Abläufe. CAM Confusion Assessment Method, MTS Manchester-Triage-System Kat. Kategorie, ISAR Identification of Seniors at Risk, ZfN Zentrum für Notaufnahme

Für die Datenauswertung wurden die in Screening und Assessment erhobenen Ergebnisse anonymisiert.

Datenanalyse

Zur Durchführung standen die Daten von N = 133 Patienten zur Verfügung. Von der Auswertung wurden insgesamt 16 Patienten aus oben genannten Gründen ausgeschlossen. Letztendlich konnten bei N = 117 Patienten die Daten, die durch das Screening ISAR und das Assessment CAM ermittelt wurden, ausgewertet werden.

Häufigkeitsverteilung der Stichprobe

In dem untersuchten Patientenkollektiv von 117 Teilnehmern waren 58 (49,6 %) weiblich und 59 (50,4 %) männlich. Der älteste Teilnehmer war 96 Jahre (Maximum) alt. Das errechnete arithmetische Mittel betrug 81,2 Jahre. Die Standardabweichung bei der untersuchten Stichprobe lag bei 6,4 Jahren.

Häufigkeitsverteilung in den einzelnen Altersgruppen

Um die Ergebnisse besser vergleichen zu können und auszuwerten, in welchem Alter häufig ein Delir auftritt, wurden die Patienten in 3 Altersgruppen (AG) eingeteilt: AG 1: 70 bis 79 Jahre, AG 2: 80 bis 89 Jahre und AG 3: 90 bis 96 Jahre. Es zeigte sich, dass mit 55 Patienten (47,0 %) die meisten Teilnehmer in der AG 1 waren. Es konnten 47 Teilnehmer (40,2 %) in die AG 2 und 15 Teilnehmer (12,8 %) in AG 3 eingeordnet werden.

Häufigkeit der als delirant identifizierten Patienten

Bei der Auswertung des ISAR kamen 69 Patienten (59 %) auf ein Ergebnis ≥2 Punkte und galten somit entsprechend dem Delirscreening als positiv und damit gefährdet hinsichtlich der Entwicklung eines möglichen Delirs. Hingegen zeigten 48 Patienten (41 %) im untersuchten Patientenkollektiv ein Ergebnis <2 Punkte und galten daher als ISAR-negativ. Die weitere Auswertung zeigt, zu welchen Altersgruppen positiv gescreente Patienten gehören. In der AG 1 waren es 30 Patienten (54,5 %) und in der AG 2 29 Patienten (61,7 %). Bei der AG 3 waren 10 (66,7 %) als positiv identifiziert worden.

Schließlich konnten von den 69 ISAR-positiven Patienten insgesamt 8 (6,8 %) im CAM als delirgefährdet identifiziert werden. Bei 109 (93,2 %) der insgesamt 117 getesteten Patienten zeigte sich im CAM ein negatives Ergebnis. Als delirant wurden Patienten definiert, die im ISAR und im CAM ein positives Ergebnis erreichten. Die Prävalenz lag somit bei 6,8 % im untersuchten Patientenkollektiv (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Verteilung der delirant getesteten Patienten in den Altersgruppen. (Altersgruppe 1: n = 30; Altersgruppe 2: n = 29; Altersgruppe 3: n = 10)

Häufigkeit der Risikofaktoren

Mithilfe des ISAR konnte die Prävalenz der Risikofaktoren im untersuchten Patientenkollektiv ermittelt werden.

Frage 1: Waren Sie vor der Erkrankung oder Verletzung, die Sie in die Klinik geführt hat, auf regelmäßige Hilfe angewiesen? Es benötigten 38,5 % der Patienten vor der nun vorliegenden Erkrankung oder Verletzung Hilfe (AG 1: 27,3 %, AG 2: 42,6 %, AG 3: 66,7 %).

Frage 2: Benötigten Sie in den letzten 24 h mehr Hilfe als zuvor? Mit Ja antworteten 30,8 % der Patienten (AG 1: 29,1 %, AG 2: 27,7 %, AG 3: 46,7 %).

Frage 3: Waren Sie innerhalb der letzten 6 Monate für einen oder mehrere Tage im Krankenhaus? Diese Frage bejahten 47,0 % der Patienten (AG: 43,6 %, AG 2: 46,8 %, AG 3: 60,0 %).

Frage 4: Haben Sie unter normalen Umständen erhebliche Probleme mit dem Sehen, die nicht mit einer Brille korrigiert werden können? Erhebliche Probleme wurden von 12,8 % der Patienten angegeben (AG 1: 10,9 %, AG 2: 12,8 %, AG 3: 20,0 %).

Frage 5: Haben Sie ernsthafte Probleme mit dem Gedächtnis? Probleme traten bei 23,9 % der Patienten auf (AG 1: 16,4 %, AG 2: 27,7 %, AG 3: 40,0 %).

Frage 6: Nehmen Sie pro Tag 6 oder mehr verschiedene Medikamente ein? Die Multimedikation trat bei 60,7 % der Teilnehmer auf (AG 1: 61,8 %, AG 2: 63,8 %, AG 3: 46,7 %; Tab. 1).

Tab. 1 Darstellung der Risikofaktoren im untersuchten Patientenkollektiv bei 117 Patienten

Diskussion

Gower et al. weisen darauf hin, dass ältere Patienten im Delir eine höhere Mortalität und Morbidität aufweisen, wenn die Diagnose nicht frühzeitig gestellt und dadurch keine sofortige Behandlung durchgeführt wird [7]. Daher wäre es hilfreich, in stationären Versorgungseinrichtungen Strategien zu erstellen, mit denen Risikopatienten identifiziert werden können, um somit einem möglichen Delir entgegenwirken zu können. Während der praktischen Durchführung der Untersuchung bestätigte sich, dass die Instrumente für den Patienten zumutbar und keine Nachteile in der Behandlung zu erwarten sind. Als häufigster Risikofaktor konnten im ISAR die Einnahme von 6 oder mehr als 6 Tabletten täglich identifiziert werden. In dem ISAR gelten diese Patienten daher als multimorbide. Als zweithäufigster Risikofaktor konnte eine Hospitalisation innerhalb der letzten 6 Monate gefunden werden. Der dritthäufigste Risikofaktor war die Notwendigkeit von Hilfe durch Dritte (Hilfebedarf), auf die der Patient bereits vor der Erkrankung angewiesen war. Jedoch kam auch eine akute Veränderung des Hilfebedarfs im untersuchten Patientenkollektiv häufig vor. Sehstörungen und kognitive Probleme wurden weniger häufig bei dem Screening angegeben. Die Prävalenz eines Delirs im beobachteten Patientenkollektiv lag im untersuchten Zeitraum bei 6,8 %. Durch strukturierte Anwendung von ISAR und CAM konnten delirante Patienten identifiziert und eine prioritäre Versorgung eingeleitet werden.

Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass mögliche Ursachen und Risikofaktoren eines Delirs nicht allein anhand des ISAR abgedeckt werden können, da das ISAR nur auf den Hilfebedarf des Patienten, auf vorherige Krankenhausaufenthalte, auf sensorische und kognitive Einschränkungen und auf die Multimorbidität eingeht. Es bleiben wichtige in der Literatur beschriebene Risikofaktoren wie beispielsweise eine Demenz, eine Infektion, die Entgleisung der Blutwerte sowie eine schwerwiegende Erkrankung [14] mit alleiniger Anwendung des ISAR unentdeckt. Nichtsdestotrotz wurde das ISAR in der vorliegenden Arbeit als Delirscreening verwendet, da er sich besonders gut zur Identifizierung geriatrischer Patienten eignet und laut Wissen des Autors derzeit noch kein weiteres Instrument existiert, das durch alleinige Anwendung alle Risikofaktoren abdeckt. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, dass neben der Anwendung von Screening- und Assessmentinstrumenten zusätzlich eine ausführliche medizinische und pflegerische Patientenanamnese durchgeführt wird.

Weiter wurde in dieser Untersuchung eine strukturierte Literaturrecherche durchgeführt. Es zeigte sich, dass das „Thema Delir in der Notaufnahme“ bisher nur von wenigen Kliniken in Deutschland differenziert betrachtet wurde. War das Delirium Schwerpunkt einer Studie oder Dissertation, handelte es sich v. a. um den Bereich der Intensivmedizin oder um das postoperative Setting. Lediglich die Studie von Singler et al. [20] untersuchte in der Notaufnahme eines deutschen Krankenhauses über 70-jährige Patienten bezüglich einer Delirgefährdung bzw. eines Delirs. Eine im Vergleich zu dieser Arbeit systematisch durchgeführte Literaturanalyse unter Einbeziehung von weiteren internationalen Quellen ist für die genauere Betrachtung dieser Thematik empfehlenswert.

Durch die Wahl des Erhebungszeitraums (nur am Tag und in der Woche) könnte bereits eine Vorselektion der Patienten erfolgt sein. So kann es nicht ausgeschlossen werden, dass z. B. die Prävalenz der Patienten, die an Sonn- oder Feiertagen oder nachts in einer Krankenhausnotaufnahme behandelt werden, erheblich von der in der Arbeit ermittelten Prävalenz abweicht. Außerdem konnte die Tatsache, dass Patienten die aufgrund ihres Gesundheitszustandes nicht befragt werden konnten (Kategorie 1 des Manchester-Triage-Systems) das Ergebnis verfälscht haben. Auch könnte die demografische Verteilung im Einzugsbereich des Krankenhauses die Erhebung beeinflussen. Andere Verteilungen könnten in Großstädten oder weniger dicht besiedelten Gebieten vorherrschen. Des Weiteren wurde die Studie unizentrisch mit einer Stichprobenmenge von 133 Patienten durchgeführt. Durch einen multizentrischen Ansatz mit größerer Stichprobe ließen sich repräsentativere Ergebnisse erheben. Regionale Unterschiede bzw. Unterschiede in der Versorgungsstufe des Krankenhauses im Bezug auf die Prävalenz eines Delirs in der Notaufnahme könnten durch einen multizentrischen Ansatz besser herausgearbeitet werden. Da in dieser Untersuchung die Risikofaktoren betrachtet wurden und nicht das Outcome bzw. der klinische Verlauf der Patienten untersucht wurde, können lediglich statistische Zusammenhänge betrachtet werden. Die Ableitung einer Handlungsempfehlung ist daher nicht möglich. In künftiger Forschung sollten diese Hypothesen mithilfe der induktiven Statistik auf signifikante Zusammenhänge untersucht werden. Des Weiteren empfehlen sich eine Längsschnittanalyse zur Überprüfung, ob Veränderungen im Zeitablauf vorliegen, sowie die Prognose von möglichen Trends. Aufgrund der Einschränkung des Datensatzes auf nur ein Krankenhaus präsentieren die Daten lediglich diese Region.

Die Studie von Singler et al. [20] wurde in einem deutschen Krankenhaus von März bis April 2010 durchgeführt. Die Stichprobe dieser Studie ist vergleichbar mit der dieser Arbeit. Es wurde ebenfalls der CAM als Delirassessment angewendet. Die Prävalenz, die durch den CAM erhoben wurde, lag bei 14,3 %. Auch Singler et al. kamen zu dem Ergebnis, dass bei Risikopatienten routinemäßig ein Delirassessment bereits bei Aufnahme in die Notaufnahme erhoben werden sollte [20].

In dieser Arbeit betrug die Prävalenz 6,8 %. Der deutliche Unterschied im Vergleich zu der Studie von Singler et al. von 14,3 % könnte daran liegen, dass in die Studie von Singler et al. erst über 75-jährige Patienten aufgenommen wurden. Bei den hier durchgeführten Erhebungen war dementsprechend die geringste Prävalenz mit 5,53 % in der Altersgruppe der 70- bis–79-Jährigen zu finden. Je höher das Alter, desto höher die Prävalenz eines Delirs. Außerdem gehörte über die Hälfte der hier untersuchten Patienten der ersten Altersgruppe an. Auch zeigt Auswertung des ISAR, dass kognitive Einschränkungen mit 16,4 % in der ersten Altersgruppe am geringsten war.

Da es in den deutschen Datenbanken nur wenige Studien zum Thema Delir in der Notaufnahme gibt, wurden internationalen Studien zu der Prävalenz berücksichtigt. Die in den Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada durchgeführten Studien zeigen ähnliche Prävalenzen. Auch hier wurde das CAM als Delirassessment angewendet. Die Altersvorgaben der Studien waren ähnlich; untersucht wurden Patienten ab 65 Jahren. Elie et al. [4] kamen im Jahr 2000 auf eine Prävalenz von 9,6 %, Han et al. [11] im Jahr 2009 auf 8,3 %, Frisch et al. [5] im Jahr 2013 auf 9 % und Kennedy et al. [14] im Jahr 2014 auf 9 %.

Aufgrund der eigenen Erkenntnisse bei der Auswertung dieser Arbeit empfiehlt es sich, in nachfolgenden Studien weitere v. a. auch medizinische Aspekte, wie Laborparameter und weitere Komorbiditäten in die Datenerhebung einzubeziehen.