Die Transformation der Energieversorgung in Bestandsgebäuden ist für die Erreichung der Klimaziele entscheidend. In diesem Artikel wird eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung für das Wärme- und Stromcontracting eines Energiekonzepts betrachtet, das aus Wärmepumpen, Blockheizkraftwerk und PV-Anlagen mit lokalem Strom- und Wärmenetz besteht.

1. Einleitung und Motivation

Die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung von Gebäuden ist ein zentrales Ziel im Übergang zu einem kohlenstoffarmen Energiesystem (Lucon et al. 2014). Studien zur zukünftigen Energieversorgung erwarten, dass Wärmepumpen eine zentrale Rolle bei der Bereitstellung von Wärme für Wohn- und Nicht-wohngebäude (Brandes et al. 2021) sowie für Fernwärmenetze (David et al. 2017) spielen, da sie als effiziente Strom-zu-Wärme-Technologie gelten, die niedrig temperierte Umgebungswärmequellen wie Luft oder geothermische Wärme und vorzugsweise aus erneuerbaren Energiequellen stammenden Strom nutzt (Connolly et al. 2013).

Wärmepumpen sind eine etablierte Technologie in neuen Einfamilienhäusern, in denen Niedertemperatur-Heizsysteme wie Fußbodenheizungen eine hohe Energieeffizienz aufweisen. Die Nachrüstung von Heizsystemen mit Wärmepumpen bleibt jedoch eine Herausforderung in bestehenden Gebäuden (Eggen 2001). Die hohen Temperaturanforderungen konventioneller Heizsysteme sind eines der Haupthindernisse für die Verbreitung von Wärmepumpen im Gebäudebestand, insbesondere in Mehrfamilienhäusern (Lämmle 2022a). Hier kann eine Kombination von Wärmepumpen mit erdgas-betriebenen Blockheizkraftwerken (BHKWs) zielführend sein, um einerseits Hochtemperatur-Wärme zu erzeugen und andererseits den erzeugten Strom - zumindest teilweise - in den Wärmepumpen zu nutzen.

Das vorgestellte F&E-Vorhaben untersucht die ökologische und wirtschaftliche Transformation eines Clusters von fünf Bestands-Mehrfamilienhäusern (MFH), Baujahr 1963, mit insgesamt 175 Wohneinheiten. Die in 1995 installierten Erdgas-Zentralheizungssysteme wurden 2020 durch ein integriertes und vernetztes Energiesystem ersetzt, bestehend aus einem BHKW, zwei innovativen Groß-Wärmepumpen und PV-Anlagen auf den Dächern der MFH. Wichtigste Forschungsziele im "Smarten Quartier Durlach" sind die praktische Erprobung von innovativen Wärmepumpen-Anlagen in Bestands-MFH, insbesondere im Quartierskontext, verbunden mit einer kosteneffizienten Verringerung der CO2-Emissionen durch das neue Energiesystem um mindestens 50 %.

Innovative Ansätze des Energiesystems liegen zunächst im Einsatz eines detaillierten Simulationsmodells zur energetischen Gesamt-Auslegung und zur abgestimmten Auslegung der einzelnen Komponenten (Lämmle et al. 2022b). Dabei kommen Großwärmepumpen der Leistungsklasse 50 - 70 kWth zum Einsatz, deren Erprobung in teilsanierten Bestands-Mehrfamilienhäusern mit Zentralheizungen bisher selten messtechnisch begleitet wurden. Im Rahmen des Forschungsprojekts erfolgt zusätzlich eine ausführliche Dokumentation des Projektes und der Erfahrungen bei Planung, Umsetzung und Betrieb, die für die Konzeption und Umsetzung vergleichbarer Quartierskonzepte nützlich sein sollten (vgl. Jank et al. 2022).

Die wirtschaftliche Bewertung von vernetzten und integrierten Energiesystemen hängt dabei maßgeblich von folgenden Faktoren ab:

  1. 1.

    Investitionskosten für die Anlagentechnik und deren Umsetzung, ggfs. unter Berücksichtigung von Förderung

  2. 2.

    Jährliche Energieflüsse im Quartier: Import von Erdgas bzw. Import und Export von Strom, sowie Energieflüsse innerhalb des Quartiers

  3. 3.

    Energiepreise: Bezug von Erdgas und Strom, sowie Einspeisevergütung für die Rückspeisung von selbsterzeugtem Strom

  4. 4.

    Regulatorischer Rahmen: CO2-Steuer für Erdgas (BEHG), Abgaben (EEG) und Zuschläge (KWK-G, Mieterstrom)

In bisherigen Forschungsarbeiten wurden vereinzelte Aspekte der wirtschaftlichen Bewertung von vernetzten Energiesystemen im Quartier untersucht. Falke et al. (2016) entwickelten eine Optimierungsmethode zur multikriteriellen Minimierung von Kosten und CO2-Emissionen von Versorgungssystemen mit mehreren Erzeugern. Olympios et al. (2020) analysierten die technischen und wirtschaftlichen Vorteile der zentralen und dezentralen Integration von Wärmepumpen und BHKWs. Braeuer et al. (2022) untersuchten die Wirtschaftlichkeit von Energiesystemen in Quartieren mit dem Fokus der Auswirkung des Mieterstromgesetzes. Terlouw et al. (2023) betrachteten zusätzlich die CO2-Emissionen über den Lebenszyklus und die damit verbundenen Kosten. Diese theoretischen Betrachtungen werden nun auf das praxisnahe Demonstrationsvorhaben des Quartiers in Karlsruhe-Durlach übertragen. Dazu werden die realen Investitionskosten, Energiepreise und Energieflüsse als Basis für eine detaillierte Wirtschaftlichkeitsbetrachtung aus Sicht des Contractors verwendet.

Gegenstand des vorliegenden Artikels ist somit die Analyse der Wirtschaftlichkeit und der Energie- bzw. CO2-Bilanz des in diesem F&E-Projekt umgesetzten ‚smarten Energiesystems‘. Als Referenz dient dabei das vorherige, konventionellen Energiesystem bestehend aus Gaszentralheizungen, sowie Deckung des Bedarfs an Haushalts- und Allgemeinstrom durch Netzstrom ohne eigene Erzeugung.

Dazu werden in Kapitel 2 das Quartier und das umgesetzte Energiesystem detailliert mit Energieflüssen dargestellt. Kapitel 3 erläutert die Methodik für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und die Annahmen für Investitionskosten, Energiepreise und -abgaben sowie der CO2-Steuer. Die Auswirkung der zukünftigen CO2-Steuer wird am Beispiel des Quartiers in Kapitel 4 dargestellt. Kapitel 5 diskutiert schließlich das Quartiersenergiekonzept hinsichtlich CO2-Emissionseinsparung, Wirtschaftlichkeit und dem zukünftigen Potenzial.

2. Energiekonzept des Quartiers

2.1 Ausgangszustand der Gebäude im Jahr 2019

Das Quartier besteht aus einem Cluster von fünf MFH, Baujahr 1963, mit insgesamt 175 Wohnungen und einer beheizten Wohnfläche von 11.603 m2. Die Gebäude wurden 1995 energetisch teil-saniert, durch den Einbau von Wärmeschutz-Fenstern (UW = 1,70 W/(m².K) und mit einer nachträglichen Wärmedämmung an Außenwand (6 cm), oberste Geschoßdecke (12 cm) und Kellerdecke (10 cm). Ferner wurden 1995 Erdgas-Zentralheizungen mit NT-Kesseln für jedes Gebäude installiert.

Die fünf MFH weisen nach der Sanierung folgende Wärme- und Stromverbräuche bezogen auf die beheizte Wohnfläche auf. die über den Zeitraum 2015-2019 gemessen und gemittelt wurden:

  • Heizenergieverbrauch 54,4 kWhth/m2

  • TWW-Verbrauch frei Heizungskeller 28,1 kWhth/m2

  • Haushalts-Stromverbrauch 27,7 kWhel/m2

  • Allgemeinstromverbrauch 1,40 kWhel/m2

Der rechnerische Gesamt-Wärmeleistungsbedarf der fünf MFH (Heizung, TWW) liegt bei 485 kWth. Die installierten Erdgas-Kessel waren mit zusammen 870 kWth weit überdimensioniert. mit einem gemessenen Jahresnutzungsgrad von 76 %.

2.2 Energiekonzept

Da die energetische Sanierung der fünf MFH bereits eine Reduzierung des Heizenergiebedarfs im Vergleich zum Errichtungsjahr (1963) von über 50 % bewirkt hatte, ist eine weitere energetische Verbesserung nur über ein effizienteres Energiesystem sinnvoll. Das hierzu entwickelte integrierte Energiekonzept in Abb. 1 besteht im Kern aus einem BHKW, das über ein Nahwärmenetz drei Gebäude versorgt, zwei Wärmepumpen, die jeweils ein Gebäude versorgen und PV-Anlagen auf den Gebäudedächern. (Abb. 1)

Abb. 1
figure 1

©Jank

/ Energiesystem des Clusters von fünf MFH mit den zugehörigen Eckdaten der Anlagen

Das BHKW ist mit 2 x 50 kWel als Grundlast-Anlage ausgeführt und versorgt zusammen mit einem Spitzenlast Erdgas-Brennwertkessel in einer kleinen Heizzentrale drei der fünf MFH über ein kleines Nahwärmenetz mit Nutzwärme. Ferner wird der Strom über eine Kundenanlage zum Betrieb der beiden Wärmepumpen verwendet.

Zwei Wärmepumpen mit einer Leistung von 40 kWth und 65 kWth sind in den Heizungskellern der jeweiligen Gebäude installiert und versorgen, ebenfalls zusammen mit einem Spitzenlastkessel, je eines der beiden restlichen MFH. Hierfür kommen innovative Wärmequellen zum Einsatz.

Das Mehrquellen-Wärmepumpensystem kombiniert einen Luft/Sole- mit einem Erdsonden-Wärmetauscher, die beide - abwechselnd oder gemeinsam - als Wärmequelle genutzt werden können (Metz et al. 2023). Der Außenluft/Sole-Wärmetauscher der zweiten Wärmepumpe wurde auf dem Dach eines neuen Müllhäuschens an der Gebäudestirnseite (Abb. 2 rechts) errichtet. Die 18 Erdsonden haben eine Länge von je 18 m und stehen praktisch vollständig in einer grundwasserführenden Schicht (Driftgeschwindigkeit ca. 1 m/d).

figure 2
Abb. 2
figure 3

© Jank /Fraunhofer ISE)

/ BHKW-Heizzentrale (links) und Luft/Sole-Tisch-Wärmetauscher auf dem neuen Müllhäuschen an der Stirnseite des Gebäudes Ersinger Straße 4 (rechtes Bild)

Die zweite Wärmepumpe nutzt photovoltaisch-thermische PVT-Kollektoren als alleinige Wärmequelle, die auf der Rückseite eines PV-Moduls einen Luft-Sole-Wärmetauscher integrieren (Leibfried 2019). Die PVT-Anlage weist eine PV-Leistung von 35 kWp bei einer installierten Kollektorfläche von 202 m2 auf. Die Erwartung in beiden Anlagen ist, dass damit im Vergleich zu einer konventionellen Luft/Wasser-WP eine höhere Jahresarbeitszahl erreicht werden kann. Ferner dürften diese Wärmequellen - in dicht bebauten Quartieren - weniger Einsatz-Hemmnisse aufweisen als konventionelle Erdsonden- oder Luft/Wasser - Wärmepumpen.

Auf den Dächern der MFH werden insgesamt 195 kWp an PV-Leistung installiert. Die PV-Leistung ist durch das EEG 2019 begrenzt: pro 365 Tagen können max. 100 kWp installiert werden, da sonst der Strom direktvermarktet werden muss. Daher wurden 2021 auf zwei MFH zusammen 93 kWp installiert, eine zweite Ausbaustufe folgt in 2024 mit ca. 100 kWp. Die Giebel der fünf MFH weisen Nord/Süd-Richtung auf, d.h. die PV-Flächen sind in Ost- bzw. Westrichtung geneigt.

Die lokale Stromerzeugung wird zur Deckung des Haushalts-Strombedarfs bzw. des Strombedarfs der Wär-mepumpen genützt, Überschuß-Strom wird ins Netz zurückgespeist. Der Vorteil der lokalen Stromerzeugung (BHKW, PV) liegt u.a. darin, dass dieser Strom im Vergleich zum Netzbezugspreis zu deutlich geringeren Kosten bereitgestellt werden kann, was Voraussetzung für einen wirtschaftlichen Betrieb von Wärmepumpen in Bestandsgebäuden ist.

Die fünf MFH gehören der städtischen Wohnungsgesellschaft Volkswohnung Karlsruhe GmbH, wobei das Energiesystem im Contracting durch die KES Karlsruher Energieservice GmbH betrieben wird. Für die Umsetzung ist es förderlich, dass die KES eine gemeinsame Tochtergesellschaft der Stadtwerke Karlsruhe und der Volkswohnung ist. Mit der Errichtung der Anlagen wurde 2020 begonnen. Die zweite Ausbaustufe (zweites BHKW-Modul) wurde 2022 umgesetzt. Das erste volle Monitoring-Betriebsjahr läuft seit Frühjahr 2023.

2.3 Energieflüsse und CO2-Einsparpotenzial

Da die Monitoring-Phase des gesamten Energiesystems erst angelaufen ist und somit keine gemessenen Jahresdaten zum Energieverbrauch bzw. zum Energieeinsatz und zu den erreichten Jahresarbeitszahlen vorliegen, werden die folgenden Analysen auf Basis der Daten erstellt, die mit dem von Fraunhofer ISE für die Konzeptentwicklung erstellten Simulationsmodell berechnet wurden. Für das in Abb. 1 gezeigte Energiesystem ergab die Simulation mit dem von Fraunhofer ISE entwickelten Simulationsmodell folgende Jahres-Energieflüsse (Abb. 3).

Abb. 3
figure 4

© Jank

/ Jahres-Energieflüsse (MWh/a) von Gas, Strom und Nutzwärme des in Abb. 1 gezeigten Energiesystems als Ergebnis der Simulation (Jank et al. 2019)14

Die vom Gesamtsystem erzeugte Nutzwärme beträgt 952 MWhth/a, der gesamte Erdgaseinsatz 1.064 MWhHu/a. Der Verbrauch an Allgemeinstrom aller 5 MFH liegt bei 16 MWhel/a, der Strombedarf der beiden Wärmepumpen liegt bei 104 MWhel/a.

Die mit dem ISE-Modell berechneten zugehörigen Jahresdauerlinien der verschiedenen Wärmeer-zeuger zeigt Abb. 4. Demnach sollten die Grundlast-Anlagen (BHKW und die beiden Wärmepumpen) mehr als 90 % des Jahresnutzwärmebedarfs decken können - was in der laufenden Monitoring-Phase messtechnisch nachzuweisen ist.

Abb. 4
figure 5

© Jank

/ Geordnete Jahresdauerlinie des Nutzwärmebedarfs und der Wärmebereitstellung der einzelnen Wärmeerzeuger im Quartier (Jank et al. 2019)

Mit den gemessenen Energieverbräuchen 2015 - 2019 (altes Energiesystem: 5 NT-Erdgaskessel, Strombezug aus dem Netz) bzw. mit dem aus der Simulation des neuen Energiesystems (Abb. 1) berechneten Energieflussbild (Abb. 3) ergibt sich ein Vergleich der zugehörigen ökologischen Kennzahlen, die auch mit den Kennzahlen aus dem ersten Betriebsjahr nach Errichtung der Gebäude (1964) verglichen werden können. Die Berechnung weist trotz vieler vorhandener Messdaten Unsicherheiten auf, weil die jeweils anzusetzenden Primärenergie-bzw. CO2-Faktoren für den Strom nicht immer klar sind (und sich jährlich ändern). Ferner kann der Wärme- und Stromverbrauch für das Jahr 1964 (erstes Betriebsjahr der 1963 errichteten Gebäude) nur geschätzt werden. Tab. 1 zeigt das Ergebnis eines Vergleichs der Kennzahlen vor Umsetzung des neuen Energiesystems (2019) mit dem neuen Energiesystem mit den simulierten Daten für das Jahr 2023. Diese Daten werden zusätzlich noch verglichen mit den Kennzahlen für das Jahr 1964 (geschätzte Verbrauchsdaten nach Gebäudeerrichtung, mit Gas-Etagenheizungen; vor der energetischen Gebäudesanierung 1995): (Tab. 1)

Tab. 1 / Vergleich der Energieflüsse und resultierenden Öko-Kennzahlen ‚spezifischer Primärenergieverbrauch‘ (kWhPE/m2) und ‚spezifische CO2-Emission‘ (kg CO2/m2) des Nutzwärme- und Stromverbrauchs vor der Umsetzung des Energie-Konzepts (PE- und CO2-Faktoren 2019), nach der Umsetzung (Simulationsergebnis), mit den PE- und CO2-Faktoren 2023 und mit dem ersten Betriebsjahr nach Gebäude-Errichtung, 1964 (geschätzte Daten). Die zugehörigen Berechnungsparameter sind im Anhang, Tab. A-1, angegeben. Für das neue Energiesystem wurde der der Netzrückspeisung entsprechende Primärenergieverbrauch bzw. die CO2-Emission als ‚Stromgutschrift‘ abgezogen (‚Verdrängungsmix‘, siehe Tab. A-1)

Die Ergebnisse von Tab. 1 würden eigentlich eine vertiefte Analyse der einzusetzenden PE- und CO2-Faktoren des Stromsektors und deren künftiger Entwicklung erfordern. Diese Öko-Kennzahlen sind aber nicht Haupt-Gegenstand des vorliegenden Papiers (sondern die Analyse der Wirtschaftlichkeit). Tab. 1 soll plausible Vergleichswerte für die Öko-Kennzahlen liefern. Demnach weist das neue Energiesystem (2023) eine um fast 70 % geringere Gesamt-CO2-Emission (Wärme- und Stromversorgung) auf als die ‚Ist‘-Anlage 2019, und um ca. 80 % weniger als die MFH nach der Errichtung in 1963.2 Mit künftig zunehmenden Anteilen an (nahezu CO2-freien) erneuerbaren Energien an der Stromversorgung werden die Stromgutschriften für die Netzrückspeisung geringer, was die CO2-Kennzahlen des neuen Energiesystems zukünftig tendenziell erhöhen wird (falls das Erdgas nicht durch Biogas oder Wasserstoff ersetzt wird).

3. Wirtschaftlichkeitsanalyse

3.1 Berechnungsmethode

Die ‚Wirtschaftlichkeit‘ verschiedener Energiestrategien für MFH (Einzelgebäude oder Quartiere), insbesondere wenn auch Energieeinsparmaßnahmen berücksichtigt werden sollen, vergleicht man am besten durch eine Gegenüberstellung der resultierenden (spezifischen) Jahres-Gesamtkosten der Nutzwärmeversorgung (€/m2.a). Beim vorliegenden Projekt geht es allerdings nur um den Vergleich verschiedener Energieversorgungs-Systeme ohne Änderung des Energieverbrauchs, d.h. es genügt, die resultierenden Wärmegestehungskosten (€/MWhth) zu vergleichen. Diese erhält man als Summe aller Jahreskosten (diskontierte Investitionskosten, Wartungs- und Instandhaltungskosten, Energiekosten), dividiert durch die Abgabe an Nutzwärme an alle angeschlossenen Verbraucher. Gutschriften durch den Stromverkauf durch den Contractor an die Mieter oder infolge Rückspeisung von Strom ins Netz müssen von den Energiekosten abgezogen werden. Dies führt auf folgende allgemeine Formel zur Berechnung der Wärmegestehungskosten für das Gesamtsystem, WGKSys:

3.1 \(WG{K}_{Sys}=\frac{{I}_{Sys}\cdot (ann+w)+{K}_{Gas}+({K}_{el}-{V}_{el})}{{Q}_{N}}\)

mit

WGKSys… Wärmegestehungskosten in €/MWhth

ISys … Investitionskosten des Energiesystems (€ netto) unter Berücksichtigung der Förderung

ann … Annuität in a-1

w … Wartungskosten in % der Investitionen

KGas… Kosten für den Gasbezug (BHKW und drei Spitzenlastkessel) in €/a

Kel… Kosten für den Strombezug aus dem Netz (Haushalts-Strom, Wärmepumpenstrom, Allgemeinstrom) in €/a

Vel… Vergütung des erzeugten Stroms (BHKW, PV) in €/a

QN … Jahres-Nutzwärmeabgabe an alle fünf MFH in (MWhth/a).

Die Ermittlung dieser Größen wird in den folgenden Abschnitten erläutert.

Der Contractor tritt als Investor und Anlagenbetreiber auf, der dem Wohnungsunternehmen die Nutzwärme frei Heizungskeller bereitstellt und den Haushalts-Strom für die Mieter3 sowie den Allgemeinstrom der Gebäude liefert. Für das Wohnungsunternehmen ergibt sich also dieselbe Situation wie beim Anschluß an ein Fernwärme-Netz. Drei Fragen treten bei der Analyse der Wärmegestehungskosten auf:

  • Mit welchem ‚Ist-Zustand‘ soll das neue Energiesystem verglichen werden?

  • Mit welchen angesetzten Energiepreisen (Erdgas- und Strombezugspreise) erfolgt dieser Vergleich?

  • Wie werden die verschiedenen Stromflüsse der lokalen Stromerzeuger (BHKW, PV) preislich bewertet?

Als ‚Ist-Zustand‘ werden hier der Einfachheit halber die vorhandenen fünf Erdgas-Zentralheizungen mit ihren gemessenen Jahresnutzungsgraden angesetzt. Die Jahreskosten dieses Systems ergeben sich dann aus den Gaskosten entsprechend dem angesetzten Gaspreis. Zur Berücksichtigung des Allgemeinstroms und eventueller Wartungs- und Instandhaltungskosten werden diese Kosten um 5 % erhöht. Investitionskosten fallen für den ‚Ist-Zustand‘ nicht an (obwohl aufgrund des Alters der Anlagen eigentlich eine Neuinvestition fällig wäre). Dieser Vergleichsansatz stellt aus der Sicht des neuen Energiesystems (bzw. des Contractors) demnach eine Art ‚worst case‘ dar.

3.2 Investitionskosten

Das neue Energiesystem besteht aus einer Anzahl von Einzelanlagen. Deren Einzel-Kostenstruktur ist nicht Gegenstand dieses Papiers, sondern kann Jank et al. (2019) entnommen werden. Hier erfolgt nur eine grobe Übersicht über die Investitionskosten der in Abb. 1 gezeigten Anlagen, die in die Wirtschaftlichkeitsrechnung eingehen. (Tab. 2)

Tab. 2 / Übersicht über die Investitionskosten bzw. Gesamt-Investitionskosten ISys als Grundlage der Wirtschaftlichkeitsrechnung

Diese Investitionen wurden im Rahmen der Förderung des F&E-Projektes (Energieforschungsprogramm des BMWK) sowie durch das ‚Förderprogramm zur Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmemarkt‘ (BAFA) mit insgesamt 247 T€ (entsprechend einer Investitions-Förderquote von 13 %) gefördert.4

Mit einem kalkulatorischen Zinssatz von 2 % und einer Abschreibungszeit von 20 Jahren für die Gesamt-Investition sowie Wartungs- und Instandhaltungskosten von durchschnittlich 1,6 % ergeben sich - unter Berücksichtigung der Förderungen - Jahres-Festkosten der KES von 129 T€/a. Dies ist der erste Term im Zähler von Formel 3.1 für die Wärmegestehungskosten, ISysx(ann + w).

3.3 Energiewirtschaftliche Rahmenbedingungen

Das Ergebnis eines Vergleichs der Wärmegestehungskosten des neuen Energiesystems mit denjenigen des alten Systems (die 1995 installierten Erdgas-Zentralheizungen) hängt von den angesetzten Energiepreisen, den durch die Regulierung vorgegebenen energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der angesetzten CO2-Steuer ab. Die künftige Entwicklung dieser Parameter ist schwierig einschätzbar, jedoch wird sich der extreme Anstieg der Energiepreise in 2022 vermutlich ab 2023 wieder normalisieren. Um die Analyse zu vereinfachen, werden hier nur zwei Szenarien gegenübergestellt:

  • die Rahmenbedingungen des Jahres 2021 vor dem Anstieg der Energiepreise im Herbst 2021,

  • ein moderater Ansatz für die Energiepreise in bzw. ab 2023.5

In Abschnitt 4 wird zusätzlich die Auswirkung des für die nächsten Jahre vorgegebenen Anstiegs der CO2-Steuern (unter sonst gleichbleibenden Bedingungen) untersucht.

Tab. A-1 / Ansätze zur Berechnung der Primärenergie- und CO2-Kennzahlen in Tab. 1

3.3.1 Vorgaben zu den energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen 2021 und 2023

Nur der BHKW- und der PV-Strom sind von den Regulierungsvorgaben betroffen. Dabei geht es jeweils um den

  • Eigenverbrauch des Contractors (Wärmepumpenstrom und Hilfsstrom in der Heizzentrale und in den Unterstationen) an PV- bzw. BHKW-Strom,

  • PV- bzw. BHKW-Strom, der vom Contractor an die Mieter oder an die Volkswohnung geliefert wird, also Haushalts-Strom und Allgemeinstrom der 5 MFH,

  • PV- bzw. BHKW-Strom, der ins Netz zurückgespeist wird.

In 2021 ergaben sich hierfür aus der damals geltenden Regulierung die im Anhang, Tab. A-2, angegebenen Strombewertungen. Für 2021 wurden die damals geltenden realen Rahmenbedingungen zugrunde gelegt, für 2023 wurden plausible (moderate) Annahmen zur weiteren Entwicklung der Energiepreise getroffen. (Tab. 3), (Tab. 4)

Tab. A-2 / Regulierungsvorgaben für BHKW- bzw. PV-Strom, Stand 2021, und resultierende Strombewertungen
Tab. 3 / Gegenüberstellung der Ansätze zu den Energie- preisen in 2021 bzw. 2023. Alle Angaben netto
Tab. 4 / Strombewertungen der verschiedenen möglichen Stromflüsse in 2021 bzw. 2023 (negative Zahlen bedeuten Kosten für den Contractor)

3.3.2 Jahreskosten bzw. Wärmegestehungskosten 2021 und 2023

Mit dem in Abb. 3 angegebenen Erdgaseinsatz ergeben sich aus den Gaspreisen in Tab. 3 die in Tab. 5 angegebenen Gaskosten des neuen Energiesystems in 2021 bzw. 2023.

Tab. 5 / Gaskosten KGas (siehe Formel 3.1) inkl. CO2-Steuer 2021 bzw. 2023 (netto) mit den Gaspreisen aus Tab. 3 und dem Gaseinsatz nach Abb. 3

Die aus dem Simulationsmodell von Fraunhofer ISE resultierenden Stromflüsse (siehe Abb. 3) ergeben die in Tab. 6 angegebene ‚Stromfluß-Matrix‘.

Tab. 6 / Stromflüsse (MWhel/a) im Quartier (Simulationsergebnisse, Abb. 3)

Den gesuchten ‚Stromertrag‘ (Saldo der Einnahmen und Ausgaben aus Stromerzeugung, Netzbezug, und Stromabgabe) erhält man durch Multiplikation der Stromflüsse aus der Stromflußmatrix mit den zugehörigen Werten aus der Strombewertungsmatrix (Tab. 4, links für 2021 bzw. rechts für 2023) und Bildung der Gesamtsumme. Für 2021 (Strombewertung nach Tab. 4 links) ergibt sich so die in Tab. 7 angegebene ‚Stromertrags-Matrix‘: ()

Tab. 7 / ‚Stromertrags-Matrix‘ 2021: Erträge, die aus den Stromflüssen (Tab. 6) mit der zugehörigen Bewertung der Energiepreise in 2021 aus Tab. 4 (links) resultieren

Somit liegt der Saldo aus Strom-Einkauf und Strom-Verkauf für 2021 bei 93.324 €/a netto. Dieselbe Rechnung, d.h. mit den Stromflüssen nach Tab. 6, aber mit der Strombewertung 2023 (Tab. 4 rechts) ergibt einen Stromertrag in 2023 in Höhe von 129.125 €/a. Dieser ‚Stromertrag‘ stellt den Ausdruck in Klammern, (Kel- Vel), in Formel 3.1 für die Wärmegestehungskosten dar.

Zusammen mit den o.g. Gaskosten (Tab. 3) und den aus Tab. 2 resultierenden Festkosten (unter Berücksichtigung der Förderung) erhält man die in Tab. 8 genannten Kosten für 2021 bzw. 2023.

Tab. 8 / Kostenstruktur (€/a netto) des neuen Energiesystems in Karlsruhe-Durlach 2021 bzw. 2023. Die resultierenden spezifischen Wärmegestehungskosten, WGKSys, (in €/MWhth) erhält man durch Division der Gesamtkosten durch die Nutzwärmeabgabe, QN (= 952 MWhth/a nach Abb. 3), siehe Formel 3.1

Im Ergebnis erhält man mit den energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Jahres 2023 trotz des höheren Gaspreises und der höheren CO2-Steuer für das neue Energiesystem wegen der wesentlich besseren Strombewertung sogar etwas niedrigere Wärmegestehungskosten als in 2021.

3.3.3 Vergleich mit den Wärmegestehungskosten des alten Systems

Diese Wärmegestehungskosten wären mit den Wärmegestehungskosten des alten Energiesystems (fünf Erdgas-Zentralheizungen aus dem Jahr 1995) zu vergleichen. Da hier keine Investitionskosten6 mehr bestehen, genügt es, einfach die Erdgaskosten zu betrachten. Mit dem Erdgaspreis pEG plus dem aus der CO2-Steuer resultierenden Preisaufschlag pCO2 , sowie mit dem Jahres-Kesselnutzungsgrad ηKs , zuzüglich eines Aufschlags von 5 % für den Eigenstromverbrauch, erhält man die Wärmegestehungskosten WGKalt des alten Energiesystems mit der einfachen Formel

3.2 WGKalt = (pEG+ pCO2)/ ηKsx 1,05.

Die vorhandenen NT-Kessel (Baujahr 1994) hatten 2019 einen gemessenen Jahresnutzungsgrad von 76 %. Aus den Angaben zum Gaspreis bzw. zur CO2-Steuer in 2021 bzw. 2023 in Tab. 3 ergeben sich aus dieser Formel Wärmegestehungskosten, WG Kalt , in Höhe von 85,5 €/MWhth in 2021 bzw. 123,8 €/MWhth mit den Ansätzen für 2023.

Die o.g. Wärmegestehungskosten des neuen Energiesystems mit den Rahmenbedingungen des Jahres 2021 sind demnach um ca. 11 % höher als die Kosten des vorhandenen Systems (in 2021). Für eine ‚Kostenneutralität‘ hätte die Förderung der (Gesamt-)Investitionskosten bei ca. 25 % liegen müssen.

Die Erhöhung der Energiepreise und der CO2-Steuer in 2023 entsprechend der Ansätze in Tab. 3 bewirkt die o.g. starke Erhöhung der Wärmegestehungskosten des alten Systems, während das neue Energiesystem von der höheren Strombewertung profitiert und daher die Wärmegestehungskosten mehr oder weniger konstant bleiben.

Diese Berechnungen der Wärmegestehungskosten sind stark vereinfacht und müssten eigentlich unterschiedliche Abschreibungszeiten sowie Wartungs- und Instandhaltungskosten und Overheadkosten berücksichtigen, eventuell auch alternative Optionen für das Wohnungsunternehmen. Der gravierende Einfluss der Entwicklung der Energiepreise (und der künftigen CO2-Steuern) dürfte jedoch Korrekturen in anderen Bereichen überwiegen, sofern die in der Planung unterstellte technische Performance der neuen Anlagen in der Praxis auch wirklich nachhaltig erreicht werden kann.

4. Auswirkung einer zukünftigen Entwicklung des CO2-Preises

4.1 Einfluß auf die Wärmegestehungskosten

Die künftige Entwicklung der Strom- und Gaspreise ist zum gegenwärtigen Stand nicht vorhersehbar. Gesetzlich vorgegeben, und damit vorhersehbar,7 ist hingegen die Entwicklung der CO2-Steuer bis 2025, siehe Tab. A-3. Der Anstieg der CO2-Steuer wirkt sich auf die Wärmegestehungskosten des alten bzw. des neuen Energiesystems (unter sonst unveränderten Bedingungen) unterschiedlich aus, siehe Abb. 5.

Tab. A-3 / Gesetzliche Vorgaben zur Entwicklung der CO2-Steuer 2021 - 2025 bzw. geschätzte Weiterentwicklung in 2026 und 2027
Abb. 5
figure 6

©Jank

/ Wirkung des Anstiegs der CO2-Steuer nach Tab. A-3: Vergleich der Entwicklung der Wärmegestehungskosten (€/MWhth) des vorhandenen Systems (alte Gas-Zentralheizungen; ‚Ist‘) mit dem neuen Energie-system (‚neu‘) unter sonst gleichbleibenden Bedingungen über die Jahre 2021 bis 2027

Demnach bewirkt die steigende CO2-Steuer, dass - bei gleichbleibenden Energiepreisen des Jahres 2021 - bei einer CO2-Steuer von ca. 60 € pro t CO2 das ‚Ist‘-System und das neue Energiesystem etwa gleiche Wärmegestehungskosten aufweisen.

4.2 Aufteilung der CO2-Steuer auf den Vermieter und auf die Mieter

Die CO2-Steuer soll zu einem energiesparenden Verhalten der Mieter beitragen. Die Mieter sind aber nicht für einen ggfls. energetisch schlechten Zustand ihres Mietwohngebäudes verantwortlich. Umgekehrt liegt die Verantwortung für einen niedrigen Nutzwärmeverbrauch bei einem energetisch guten Gebäude-Zu-stand eher beim Mieter. Um die Aufteilung der Kosten der CO2-Steuer gerechter zu gestalten, wurde diese ab Januar 2023 zwischen Vermieter und Mieter gesetzlich vorgegeben. Diese Aufteilung der CO2-Steuer (für die aus der Heizung bzw. dem TWW-Verbrauch resultierende CO2-Emission) soll demnach in Abhängigkeit vom Gebäudezustand und damit von der spezifischen CO2-Emission des Gebäudes (für Heizung und TWW-Bereitstellung) erfolgen. Sie ist in Tab. A-4 angegeben.

Tab. A-4 / Prozentuale Aufteilung der Kosten der CO2-Steuer auf Mieter/Vermieter für die 10 verschiedenen ‚CO2-Emissionsklassen‘ (Vorgaben BMWK)

Beispielhaft angewendet auf eine durchschnittliche Wohnung in den fünf MFH des Quartiers, mit einer mittleren Wohnfläche von 72,7 m2 pro Wohnung, würde sich daraus unter Annahme einer CO2-Steuer von z.B. 50 €/t CO2 die in Abb. 6 gezeigte monatliche Steuerbelastung pro Wohnung in Abhängigkeit von der Emissions-Klasse ergeben.

Abb. 6
figure 7

© Jank

/ Aufteilung der aus einer CO2-Steuer von 50 €/t CO2 resultierenden Belastung einer Durchschnitts-wohnung (72,7 m2 beheizte Wohnfläche) für Mieter und Vermieter in € pro Monat netto in Abhän-gigkeit von der Emissionsklasse (s. Tab. A-4)15

4.3 Die nutzwärmebedingte CO2-Emission:

In Tab. 1 sind die Gesamt-CO2-Emissionen (Wärme- plus Stromverbrauch) für den ‚Ist‘-Zustand und für das neue Energiesystem angegeben: 41,7 bzw. 9,7 kg CO2/m2. Maßgeblich für die Belastung mit der CO2-Steu-er ist jedoch die nutzwärmebedingte CO2-Emission. Für den ‚Ist‘-Zustand (2019) resultiert diese einfach aus dem Gaseinsatz des Kessels (26,4 kg CO2/m2). Beim neuen Energiesystem geht jedoch ein Teil der aus dem Gasverbrauch resultierenden CO2-Emission auf das Konto der Stromerzeugung des BHKW. Dieser Teil muß von der Gesamt-CO2-Emission des neuen Energiesystems abgezogen werden. Er ergibt sich aus dem Verhältnis der Stromerzeugung zur Wärmeerzeugung des BHKW, also aus dessen Stromkennzahl (siehe Abb. 3).

sBHKW = 353 kWhel / 519 kWhth = 0,68 kWhel/kWhth.

Demnach müssen von der CO2-Emission des BHKW (Erdgasverbrauch 969 MWhHu, siehe Abb. 3)

969 MWhHu· 0,244 tCO2/MWhHu· 0,68 = 160,8 t CO2/a

abgezogen werden, die der Stromerzeugung zugerechnet werden können. Somit verbleibt eine CO2-Emis-sion des neuen Energiesystems von

260,8 t CO2/a - 160,8 t CO2/a = 100,0 t CO2/a,

die auf das Konto der Nutzwärmeerzeugung geht, entsprechend einer CO2-Kennzahl von 8,6 kg CO2/m2. Dies bedeutet, dass die nutzwärmebedingte CO2-Emission durch das neue Energiesystem um 67,1 % im Vergleich zum ‚Ist‘-Zustand (26,4 kg CO2/m2) reduziert wird (im Vergleich zum Betriebsjahr 1964, mit 47,7 kg CO2/m2, um 81,7 %).

Mit diesem Ergebnis kann die Zuordnung der CO2-Steuer auf Mieter/Vermieter bestimmt werden:

Die CO2-Kennzahl muß mit der Gebäude-Nutzfläche und mit dem aktuellen CO2-Steuer-Satz (€/t CO2) multipliziert werden, um die CO2-Steuer-Last der Wärmeversorgung für das jeweilige Jahr zu berechnen. Daraus ergibt sich die Gesamt-CO2-Steuerlast für jedes Gebäude für jedes Kalenderjahr.8Die Aufteilung der CO2-Steuer auf Mieter und Vermieter erfolgt nach Tab. A-4 entsprechend der ‚CO2-Emissionsklasse‘. Hier:

  • ‚Ist‘-Zustand: CO2-Klasse 4 (Mieterbelastung: 70 %)

  • neues Energiesystem: CO2-Klasse 19(Mieterbelastung: 100 %).

4.4 Resultierende CO2-Steuer für eine Durchschnitts- Wohnung:

Zur beispielhaften Berechnung der CO2-Steuer einer (Durchschnitts-)Wohnung mit 73 m2 Wohnfläche erfolgt der Vergleich der CO2-Steuer für die Jahre 2022 (32,5 €/t CO2), 2025 (55 €/t CO2) und 2030 (Annahme: 100 € pro t CO2). In der folgenden Grafik werden für den (fiktiven) Ist-Zustand und für das neue Energiesystem die gesamte Höhe der CO2-Steuer für diese Wohnung (€/a) angegeben, sowie der Betrag, den der Mieter beim alten System (linkes Bild) bzw. mit dem neuen Energiesystem (rechtes Bild) bezahlen müsste bzw. muß (Abb. 7): 10

Abb. 7
figure 8

© Jank

/ Vergleich der jährlichen CO2-Steuer (€/a) einer Durchschnittswohnung (Nutzwärmeverbrauch 82 kWhth/m2) im Quartier für den Ist-Zustand (‚alt‘), linkes Bild, und für das neue Energiesystem (‚neu‘) mit ansteigenden CO2-Steuern in den Jahren 2021 (32,5 €/t CO2), 2025 (55 €/t CO2) und 2030 (Annahme: 100 €/t CO2) und der zugehörige Mieter-Anteil (‚alt‘: 70 %, ‚neu‘: 100 %) Aus diesen Vorgaben folgt die ‚Strombewertungs-Matrix‘ für den erzeugten Strom in 2021 bzw. 202316

Die Beispielrechnung zeigt, dass sich der absolute CO2-Steuer-Betrag, der von den Mietern zu übernehmen ist, im (fiktiven) Jahr 2030 (100 €/t CO2) von ca. 135 €/a (‚alt‘, 70 %) auf unter 70 €/a (‚neu‘, 100 %) etwa halbiert. Bezogen auf den Nutzwärmeverbrauch dieser Wohnung (ca. 6 MWhth/a i.M.) entspricht dies einer Kostenminderung um ca. 10 €/MWhth.

5. Diskussion der Ergebnisse

5.1 CO2-Ziele, Jahresarbeitszahl

Ein wesentliches Ziel des Vorhabens war der Nachweis des großen theoretischen CO2-Einsparpotenzials durch die Kombination eines hocheffizienten ‚integrierten‘ Energiesystems mit der Nutzung lokaler erneuerbarer Energie in einem Bestandsquartier. Zu diesem Zweck wird das F&E-Projekt in KA-Durlach, mit einem Cluster von fünf Bestands-MFH mit 175 Wohnungen, durch ein detailliertes Monitoring der installierten Anlagen begleitet. Da die Monitoring-Phase infolge von Verzögerungen bei der Umsetzung erst seit Frühjahr 2023 angelaufen ist, basieren die Ausführungen im vorliegenden Papier auf den Ergebnissen der Simulationsrechnungen mit einem durch Fraunhofer ISE erstellten digitalen Modell des installierten Energiesystems, die mit den realen (gemessenen) Daten des ‚Ist-Zustandes‘ (vor der Maßnahmenumsetzung) verglichen werden. 11

Eine Überprüfung sämtlicher Heizkörper in den beiden MFH, in denen eine Wärmepumpe installiert wurde, hatte ergeben, dass bereits mit dem Austausch von 9 % der - offensichtlich mit Sicherheitszuschlag ausgelegten - Heizkörper eine Absenkung der Heizkurven von einem Betrieb mit ursprünglich 70 °C/55 °C auf 60 °C/50 °C möglich ist. Mit dieser Vorgabe errechnete das Modell eine Jahresarbeitszahl der Wärmepumpen von 3,6 und, in Kombination mit dem BHKW und den PV-Anlagen, eine Reduzierung der CO2-Emission um 67 %. Die fünf MFH liegen mit dem neuen Energiesystem in der ‚CO2-Emissionsklasse 1‘ der vom BMWK vorgegebenen zehn Emissionsklassen hinsichtlich der Kostenaufteilung der CO2-Steuer auf Mieter und Vermieter. Gemessen am ursprünglichen Zustand der MFH (Baujahr 1963), d.h. vor der energetischen Sanierung im Jahr 1995, liegt die CO2-Einsparung bei über 80 %.

Damit ist das Quartier, gemessen an früheren Zielen, ein ‚Niedrigstenergie-Quartier‘. Dies wäre noch vor wenigen Jahren als ein exzellenter Beitrag zu den Klimaschutz-Zielen angesehen worden. Das heute vorgegebene Ziel einer ‚Klimaneutralität‘ wird damit dennoch nicht erreicht, auch nicht mit wesentlich mehr PV-Anlagen auf den Dächern, denn der Erdgaseinsatz bleibt ja bestehen. Dieses Ziel wäre langfristig nur erreichbar

  • durch Ersatz des Erdgases durch Biogas oder (teuren) Wasserstoff,

  • oder Ersetzung des BHKW durch weitere Wärmepumpen, deren Strom dann hoffentlich 100 % klimaneutral ist (wodurch aber auf den Beitrag zur Stabilisierung der Stromversorgung durch das dezentrale BHKW verzichtet würde),

  • Verknüpfung mit weitergehenden Einsparmaßnahmen an der Gebäudehülle sowie Einbau einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung (mit Kosten von etwa 200 bis 300 €/m2) mit dem Ziel einer weiteren Halbierung des Nutzwärmebedarfs.

Ob so umfassende Maßnahmen für städtische Bestandswohngebäude flächendeckend in Deutschland bis 2045 mit Blick auf die Kosten und auf die verfügbaren Kapazitäten (Planer, ausführende Firmen, Hersteller) umsetzbar sein werden, ist eine der wesentlichen Fragen der Klimaschutz-Politik.

5.2 Wirtschaftlichkeit

Die ‚Kosteneffizienz‘ der CO2-Einsparmaßnahmen ergibt sich aus der Wirtschaftlichkeit des neuen Energiesystems, hier gemessen an den Wärmegestehungskosten im Vergleich zum ‚Ist-Zustand‘. Mit den energiewirtschaftlichen Bedingungen des Jahres 2021, d.h. vor dem nachfolgenden Anstieg aller Energiepreise, liegen die Wärmegestehungskosten des neuen Energiesystems (mit den realen Investitionskosten) um 11 % höher als bei Weiterführung der vorhandenen Erdgas-Zentralheizungen. Wegen der viel geringeren CO2-Emission wirkt sich der vorgegebene jährliche Anstieg der CO2-Steuer auf die Wärmegestehungskosten des neuen Energiesystems weniger stark aus: unter sonst unveränderten Bedingungen ergibt ein Anstieg der CO2-Steuer von 25 €/t CO2 in 2021 auf 65 €/t CO2 in 2026, dass das vorhandene Heizsystem (welches aufgrund des Alters der Anlagen allerdings erneuert werden müsste) in 2026 höhere Wärmegestehungskosten aufweist als das neue Energiesystem (Abb. 5).

Die jeweiligen Wärmegestehungskosten hängen sehr stark vom Ansatz für die energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Da zu erwarten ist, dass sowohl die Gaspreise als auch die Endverbraucher-Strompreise künftig im Vergleich zum Jahr 2021 ansteigen werden, wirkt sich die lokale Eigenerzeugung des Stroms im Quartier, der dadurch höher bewertet wird, stark dämpfend auf den Anstieg der Wärmegestehungskosten aus. Trotz der hohen Investitionskosten des neuen Energiesystems kann daher erwartet werden, dass es mittelfristig wirtschaftlich darstellbar ist - ganz abgesehen von der Tatsache, dass konventionelle Energiesysteme, d.h. monovalente ‚fossile‘ Heizkessel, mittelfristig ohnehin nicht mehr eingesetzt werden können. Die Halbierung der CO2-Emissionen durch das neue Energiesystem kann demnach als sehr kosteneffizient angesehen werden.

Die zum Zeitpunkt der Anlagenplanung (2019) geltenden regulatorischen Vorgaben (EEG, KWK-G, Mieterstrom) haben sich auf das Projekt negativ ausgewirkt, sowohl hinsichtlich der vorgegebenen Begrenzung der Leistung der PV-Anlage, als auch der Nutzbarkeit des lokalen Stromnetzes, als auch der Vorgaben zur Messtechnik bzw. der Definition von Bilanzkreisen. Hier wären technische Vereinfachungen möglich und eine Reduzierung bürokratischer Vorgaben erforderlich.

5.3 Anlagenkosten

Im Vergleich zu den in der Vorplanung angesetzten Investitionskosten ergab sich in der Realität eine deutliche Kostenerhöhung etwa um den Faktor 1,8. Dabei waren die Kostenschätzungen bei ‚Standardkomponenten‘ (BHKW, PV, NW-Leitungen) sehr realistisch, bei den Wärmepumpen selbst ebenfalls. Allerdings ergaben sich erhebliche Unterschiede bei den ‚Zubehör-Kosten‘ (Regelung, Armaturen, Speicher, Elektro etc.). Diese Kosten hatten etwa denselben Kostenumfang wie die eigentlichen Wärmepumpen.

Besonders auffällig waren die Mehrkosten im Bereich ‚technischer Ausbau‘ (also i.w. die Hydraulik in den Heizzentralen plus zugehörige Komponenten) sowie die Kosten der Mess- und Regeltechnik (MSR), ferner auch die Kosten der Erdsonden und die Planungskosten (infolge der Anlagenkomplexität nicht unberechtigt). Kostentreiber waren somit Komponenten, die stark von den lokalen Gegebenheiten abhängen. Dazu kamen Kostenerhöhungen, die mit vorhandenen (bzw. nicht vorhandenen) Kapazitäten der Fachfirmen zusammenhingen, etwa Bohrfirmen für die Erdsonden, ferner durch Verzögerungen infolge der Corona-Einschränkungen und durch corona-bedingte Lieferengpässe.

Ein wesentlicher Lerneffekt des Projektes (und anderer vergleichbarer Projekte in Bestandsgebäuden) ist, dass der Anteil an Arbeiten, die ‚vor Ort‘ (d.h. i.d.R. im Heizungskeller) ausgeführt werden müssen, so gering wie möglich gehalten werden sollte. Das bedeutet, dass ein möglichst weitgehender Vorfertigungs- und Standardisierungsgrad durch den Hersteller erreicht werden muß, und dies wiederum bedeutet eine möglichst weitgehende Standardisierung insbesondere der Wärmepumpe, inklusive ‚Zubehör‘ und der Schnittstellen zum übrigen System (Wärmequellen, Hydraulik, Speicher, SL-Kessel, MSR, Elektro), idealerweise mit Herstellergarantien zum COP der Anlage. Diese Standardisierungsforderung betrifft ebenso das ‚Ökosystem‘ zur Datenerfassung und Auswertung, inklusive Internet-Anschluss, das zur Optimierung und Fehlerdiagnose sowie zur Energieabrechnung unbedingt erforderlich ist. Auch hier wäre die Verfügbarkeit eines ‚smarten‘ Standard-Monitoring-Systems (Zähler/Sensorik, Internetanbindung, automatisierte Datenauswertung, Fehler- und Störungsmanagement, Fernwartung), idealerweise als Gesamtpaket durch den Hersteller des Energiesystems integriert angeboten, ein entscheidender Fortschritt.

5.4 Betriebserfahrungen

Der Nahwärme-Teil des Energiesystems (Heizzentrale mit Grundlast-BHKW, SL-Kessel, Wärmespeicher, Nahwärme-Anschluß von 3 MFH) ist für erfahrene Planer eine Routine-Aufgabe, was sich auch hier gezeigt hat. Die Anlagen funktionieren seit der Inbetriebnahme mit wenigen nachträglichen Einstellungen wie geplant.

Die Einbindung einer Wärmepumpe als Teil eines Gesamtsystems inklusive SL-Kessel stellt für Bestandsgebäude eine Innovation dar, die - in Verbindung mit kostengünstigen Stromerzeugern wie BHKW und/oder PV - einen wichtigen Beitrag zur Deckung des künftigen Bedarfs an energieeffizienten und dekarbonisierten Wärmeerzeugern liefern werden. Während das Mehrquellen-Konzept eine Verbesserung der Jahresarbeitszahl im Vergleich zu einer Luft/Wasser-WP ermöglicht, erscheint das Konzept zur Einbindung der Wärmepumpe in das Hydraulik-System der Heizzentrale inklusive Wärmespeicher und SL-Kessel noch nicht ausgereift. Zum einen konnte die hier eingesetzte Wärmepumpe das geforderte Temperatur-Niveau der WW-Bereitstellung nicht ganz erzeugen und musste daher durch den SL-Kessel unterstützt werden, obwohl dies von der reinen Leistungsanforderung her nicht notwendig gewesen wäre. 12 Zum anderen bewirkt die Ansteuerung der Wärmepumpen und der Umwälzpumpen durch die WP-Regelung, dass die Speicher mit geringerer Spreizung und die Wärmepumpe mit höheren Betriebstempera-turen betrieben werden, als eigentlich notwendig. Beides verringert die COP und erhöht den Anteil des Gaskessels. Im laufenden Betrieb wurde bisher eine mittlere Arbeitszahl von 3,2 gemessen. Der Anteil des Gaskessels lag bei 23 % - ein zu hoher Wert. Durch betriebliche Optimierung sollten diese Werte in der laufenden Monitoring-Phase noch erheblich verbessert werden können.

Wünschenswert wäre eine konzeptionelle Verbesserung, bei der eine ‚smarte‘ Wärmepumpe nicht durch fest vorgegebene Temperatur-Schaltpunkte angesteuert wird. Vielmehr sollte sich die Leistungs- und Temperatur-Regelung der Wärmepumpe am aktuell berechneten Leistungsbedarf der Verbraucher in Abhängigkeit von der Außen-Temperatur (Heizung) und der Tageszeit (WW) orientieren. Ferner baucht es geeignet ausgelegte Wärmespeicher mit regelbaren Umwälzpumpen, die eine gute Temperatur-Schichtung ermöglichen.

Ein wesentliches Problem für den Einsatz von Wärmepumpen in Bestands-MFH stellen die hohen Temperatur-Anforderungen (> 65 °C) der Trinkwasserverordnung zur Bereitstellung von TWW zur Wärme-Desinfektion von Legionellen dar. Im Vergleich zu einer TWW-Temperatur von 50 °C, die ansonsten ausreichen würde, wird dadurch die COP der Wärmepumpe um 30 % verschlechtert und der Stromverbrauch entsprechend erhöht. Der Möglichkeit eines Einsatzes einer mechanischen Desinfektion (Ultrafilter) oder einer UV-Desinfektion, um die WW-Temperatur abzusenken, wäre sehr wichtig für das künftige Einsatzpotential von Wärmepumpen in MFH. Außerdem wäre es sehr wünschenswert, einen ‚Legionellensensor‘ zur kontinuierlichen Legionellen-Überwachung des Trinkwassersystems zu entwickeln, den es heute noch nicht gibt. 13

5.5 Potenzial

Mit den oben angesprochenen Verbesserungsmöglichkeiten bei der Anlagenherstellung und im Betriebskonzept sollte es möglich sein, Systeme anzubieten, deren Wärmegestehungskosten wirtschaftlich konkurrenzfähig sind und die dadurch das große theoretische Einsatzpotential dieser Energiesysteme in der Praxis erreichen, ohne dass dafür besondere Förderprogramme aufgelegt werden müßten. Vielmehr wäre es sehr sinnvoll, die angesprochenen technischen Weiterentwicklungen gezielt zu fördern.

Insbesondere eine integrierte Kombination eines ‚H2 ready‘ BHKW-Moduls mit angeschlossener Wärmepumpe, die auf diesen - leistungsreduzierten - BHKW-Modul ausgelegt ist, als Komplettsystem inkl. Monitoring und Systemregelung und mit integrierter PV-Anlage könnte man als ein vielfach einsetzbares Energiesystem der Zukunft in Quartieren außerhalb von innerstädtischen Fernwärmegebieten ansehen, weil es

  • eine sehr gute Energieaufwandszahl aufweist (unter 0,40 kWhPE/kWhth bzw. unter 100 g CO2/kWhth),

  • bei optimaler Gestaltung niedrige Wärmegestehungskosten ermöglicht und daher ein großes Marktpotential hat,

  • einen Beitrag zur dezentralen Versorgungssicherheit (in Quartieren mit schwachem Stromnetz) leistet und

  • llangfristig das Potential zu einer CO2-neutralen Energieversorgung hat, weil diese Anlagen später auf Wasserstoff umgestellt werden können (wenn dieser zur Verfügung steht).

6. Zusammenfassung und Fazit

Der vorliegende Artikel untersuchte die Wirtschaftlichkeit, CO2-Emissionen und Energieeffizienz einer integrierten Wärme- und Stromversorgung eines Bestandsquartiers aus Contractor-Sicht. Durch die Berücksichtigung der realen Investitionskosten und Energieflüsse des Quartiers wurden Konzepte für die Sektorenkopplung von Strom und Wärme in Bestandsquartieren analysiert, insbesondere im Hinblick auf den Einsatz neuartiger Wärmepumpen in Bestandsgebäuden.

Dazu wurden zunächst die Wärmegestehungskosten berechnet, die sowohl von den Investitionskosten als auch von den energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen abhängen. Dabei wurden die Investitionskosten in Verbindung mit den Kosten für Energiebezug, -verteilung und -einspeisung unter Berücksichtigung der aktuellen Rahmenbedingungen analysiert. Von besonderem Interesse ist dabei die Auswirkung des "Energiepreisschocks" im Jahr 2022. Die Ergebnisse zeigen, dass das vorgestellte integrierte Energiekonzept robust gegenüber Schwankungen der Energiepreise ist.

Die Diskussion der energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen verdeutlichte, dass eine zunehmende CO2-Steuer mittelfristig zu Wärmegestehungskosten führen kann, die unter denen konventioneller Energiesysteme liegen. Durch die Reduktion der energiebezogenen CO2-Emissionen um ca. 50 % ist das smarte Energiesystem deutlich weniger von einer zukünftigen Steigerung des CO2-Preises betroffen.

Die wirtschaftlichen Vorteile und das Potential zur Reduzierung der CO2-Emissionen untermauern die Anwendungsmöglichkeiten für das integrierte Energiekonzept in städtischen Bestandsquartieren außerhalb von klassischen Fernwärmegebieten. Die Robustheit des Systems gegenüber Energiepreisschwankungen und gegenüber einer steigenden CO2-Steuer unterstreichen die wirtschaftlichen Vorteile dieses Ansatzes, die die hohen Anfangs-Investitionskosten für die Anlagentechnik überkompensieren.

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1 -

2 Ansätze für den Haushalts-Stromverbrauch bzw. die PE- und CO2-Faktoren der Stromerzeugung in 1964 (s. auch Tab. A-1 im Anhang): Stromverbrauch 12 kWhel/m2, PE-Faktor 2,70 kWhPE/kWhel, CO2-Faktor 0,750 kg CO2/kWhel (plausible Schätzungen).

3 Die Mieter können sich auch für andere Stromlieferanten entscheiden. Hier wird angenommen, dass alle Mieter vom Contractor versorgt werden.

4 Im Rahmen der BMWK-Förderung wurde auch die wissenschaftliche Begleitung des Vorhabens durch Fraunhofer ISE und INATECH / Univ. Freiburg gefördert. Diese Förderung ist hier nicht enthalten.

5 Die zwischenzeitlichen extremen Anstiege der Gas- und Strompreise (Ende 2021 bis Anfang 2023) werden in dieser Analyse also ignoriert.

6 Die 1995 errichteten Anlagen wurden bereits abgeschrieben. Die Wartungskosten werden hier vernachlässigt. In der Realität hätte die Volkswohnung erhebliche Investitionskosten zur anstehenden Anlagenerneuerung (neue Kessel plus Solarkollektoranlage nach aktuellem Baugesetz Baden-Württemberg). Zur Vereinfachung wird jedoch der Vergleich nur mit der vorhandenen Altanlage gezogen.

7 Auch hier sind noch Änderungen durch abweichende EU-Vorgaben (z.B. künftige Angleichung an den CO2-Zerti-fikatepreis) denkbar.

8 Da die Nutzwärmeverbräuche (Heizung, WW) für jede einzelne Wohnung gesondert ermittelt werden, muß dieser Mittelwert noch (von Vermieter) mit dem relativen Nutzwärmeverbrauch jeder Wohnung gewichtet werden, um die CO2-Steuer-Last für jede Wohnung in der Nebenkostenabrechnung auszuweisen.

9 Da sich der CO2-Emissionsfaktor für Strom in jedem Jahr ändert, muß diese Rechnung für Energiesysteme, bei denen Wärme und Strom erzeugt wird, für jedes Jahr neu durchgeführt werden. Für dieses Beispiel wird jedoch nur mit dem CO2-Faktor für 2021 gerechnet (fCO2 = 485 g CO2/kWhel).

10 Es wird angenommen, dass auf die CO2-Steuer nicht noch zusätzlich die Mehrwertsteuer erhoben wird.

11 Diese vorerst modell-basierte Berechnung muß nach Abschluß des noch laufenden F&E-Vorhabens in 2024 mit den dann vorliegenden Monitoring-Daten aktualisiert werden.

12 Neuerdings werden verstärkt Wärmepumpen mit höheren Erzeugungstemperaturen auf dem Markt angeboten, wie auf der ISH 2023 gezeigt wurde.

13 Bisher erfolgt die Legionellenüberwachung durch periodische Entnahme von Wasserproben im Heizungskeller bzw. an Entnahmestellen in Wohnungen und langwieriges Ansetzen von Kulturen um Labor mit anschließender Analyse.

14 Berechnete Jahresarbeitszahlen der beiden Wärmepumpen: 3,2 bzw. 3,5.

15 Es wurde jeweils der Mittelwert jeder Emissionsklasse zur Berechnung der CO2-Steuer angesetzt

16 BHKW-Strom wird demnach sowohl 2021 als auch 2023 wesentlich höher bewertet als PV-Strom.

17 Der KWK-Bonus gilt für maximal 30.000 Volllast-Betriebsstunden des BHKW.

18 Mittelwert der 4 Quartale 2021 {4.96, 6.03, 9.71, 17.90} ct/kWhel.