1 Einleitung

Konnektoren sind ein sprachliches Mittel zur Kohärenzbildung; sie „verbinden Sätze und dienen damit dem Aufbau von textuellen Einheiten“ (Walter 2007, S. 147). Dies gilt sowohl in der gesprochenen als auch in der geschriebenen Sprache. In der gesprochenen Alltagssprache können Zusammenhänge zwischen Aussagen (lokale Kohärenzen) dabei oft auch ohne den Gebrauch von Konnektoren erschlossen werden (z. B. „Julia feiert morgen Geburtstag. Ich muss noch ein Geschenk besorgen.“). Bei komplexeren Zusammenhängen und in der Schriftsprache ist dies allerdings häufig nicht der Fall. So wird speziell von der geschriebenen Sprache erwartet, „dass sie die inhaltlichen Beziehungen stärker explizit macht als die gesprochene Sprache“ (Dudenredaktion 2009, S. 1072). Hier sind Konnektoren das Mittel der Wahl, um Sinnzusammenhänge zwischen zwei Sätzen oder auch Satzteilen herzustellen bzw. zu verdeutlichen (z. B. „Julia hat die Einladung zu einer Geburtstagsfeier erhalten. Daher wird ein Geschenk benötigt.“).

Unter dem Begriff Konnektoren werden in der deutschen Sprache rund 350 Ausdrücke subsumiert (Pasch et al. 2003). Dabei wird die Klasse der Konnektoren aufgrund der „Heterogenität der syntaktischen Eigenschaften ihrer Elemente nicht als Wortart im traditionellen Sinne“ verstanden, sondern vielmehr als eine „vornehmlich aufgrund der semantisch-textuellen Eigenschaften ihrer Elemente gebildete“ Kategorie (Pasch et al. 2003, S. 12). Die Zuordnung der Konnektoren hinsichtlich der verschiedenen Wortarten ist in der Literatur uneinheitlich (vgl. Ferraresi 2008), wobei im Duden u. a. zwischen Junktionen (Konjunktionen und Subjunktionen), Adverbien und Präpositionen unterschieden wird (Dudenredaktion 2009). Inhaltlich-semantisch ist im englischen Sprachraum eine Einteilung in vier Kategorien gebräuchlich, die auf Halliday und Hasan (1976) zurückgeht. Hier werden additive (z. B. and), adversative bzw. konzessive (z. B. however), kausale (z. B. therefore) und temporale (z. B. meanwhile) Konnektoren unterschieden. Diese Kategorien finden sich – neben weiteren (Sub-)Kategorien – auch in der deutschsprachigen Literatur, u. a. im Duden (Dudenredaktion 2009).

1.1 Konnektorenerwerb

Der Erwerb von Konnektoren erfolgt sequenziell (vgl. Bloom et al. 1980). Laut Kail und Weissenborn (1991) werden in der englischen Spontansprache von Kindern additive Konnektoren (and) als erstes beobachtet. Es folgen temporale (then), kausale (because), konditionale (if) und adversative (but) Konnektoren. Konzessive Konnektoren (although) werden als letzte spontan von Kindern verwendet. Auch Cain et al. (2005) geben mit Bezug auf Bloom et al. (1980) an, dass der Konnektor and zur Herstellung additiver Zusammenhänge als erster erworben wird; erst danach folgen temporale, kausale und adversative Konnektoren. Für den deutschsprachigen Raum liegen noch keine einschlägigen Studien zur Erwerbsreihenfolge von Konnektoren vor. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass „the sequence of acquisition is fairly stable across languages” (Cain et al. 2005, S. 878).

Cain et al. (2005) stellten zudem fest, dass sich das Konnektorenverständnis von Kindern selbst dann noch entwickelt, wenn in der produktiven Sprache bereits der Gebrauch des jeweiligen Konnektors beobachtet werden kann. So haben Zehnjährige in ihrer Untersuchung mit Lückenaufgaben häufiger den korrekten Konnektor aus einer Auswahl an Lösungen für temporale, kausale und adversative Zusammenhänge eingesetzt als Achtjährige, obwohl Kinder bereits mit fünf Jahren verschiedene Konnektoren spontan produzieren (Kail und Weissenborn 1991). Dass sich das Konnektorenverständnis im Grundschulalter noch entwickelt, konnten Cain und Nash (2011) bestätigen. Hier schnitten Achtjährige bei Lückensätzen zu temporalen und adversativen Konnektoren schlechter ab als Zehnjährige und diese wiederum schlechter als Erwachsene. Bei kausalen Zusammenhängen erzielten alle Kinder vergleichbare Leistungen, lagen jedoch nach wie vor hinter den Leistungen erwachsener Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer.

Janke und Hasselhorn (2008) merken passend dazu im Rahmen ihrer Ausführungen zur kognitiven Entwicklung im frühen Schulalter an, dass hier – u. a. bezogen auf die Sprache – „deutliche kognitive Entwicklungsfortschritte stattfinden“ (Janke und Hasselhorn 2008, S. 240). So sollen in diesem Alter „auch Wortbedeutungen erworben [werden], die verschiedene Propositionen verbinden (z. B. bevor, nachdem, als, falls, seit, aber, obwohl)“ (Janke und Hasselhorn, S. 241), wobei hier ein Zusammenhang mit dem Ausmaß, in dem Kinder beschult wurden, vermutet wird.

1.2 Konnektoren als bildungssprachliche Komponente

Dass Konnektoren insbesondere im Zusammenhang mit Schriftsprache und bei der Darlegung vergleichsweise komplexer bzw. abstrakter Zusammenhänge von Bedeutung sind, legt nahe, dass sie auch im Hinblick auf die sogenannte Bildungssprache eine wichtige Rolle spielen; denn hierbei „handelt [es] sich um Sprache im konzeptionellen Modus der Schriftlichkeit, auch dann, wenn sie in gesprochener Form verwendet wird“ (Gogolin 2008, S. 26; für einen Überblick über die Entwicklung des Begriffs Bildungssprache und Befunde zum Erwerb von bildungssprachlichen Kompetenzen siehe Berendes et al. 2013).

Im Vergleich zur Alltagssprache zeichnet sich Bildungssprache durch spezifische Merkmale sowohl auf lexikalischer als auch auf syntaktischer Ebene aus (vgl. Gogolin und Lange 2011; Schleppegrell 2004). Eine systematische Übersicht über bildungssprachliche Merkmale steht für den deutschen Sprachraum zwar noch aus (vgl. Ahrenholz 2010), auf syntaktischer Ebene scheinen jedoch insbesondere Konnektoren eine wichtige Rolle zu spielen. So nennen Gogolin und Lange (2011) in Anlehnung an Reich (2008) die „explizite Markierung der Kohäsion (also des Textzusammenhangs)“ (Gogolin und Lange 2011, S. 114) – und somit u. a. den Gebrauch von Konnektoren – als ein typisches syntaktisches Merkmal von Bildungssprache. Auch Feilke (2012) führt die „explizite Konnexion“ als sprachliches Mittel der Bildungssprache an. Schleppegrell (2004) merkt zudem an, dass spezifische Konnektoren (z. B. however, furthermore oder nevertheless) eher untypisch für den alltäglichen Sprachgebrauch sind, in „akademischen“ Sprachregistern jedoch häufig auftreten. Dies steht im Einklang mit der Aussage von Butler et al. (2004), die insbesondere den Gebrauch niederfrequenter Wörter als bildungssprachliches Merkmal nennen.

Bildungssprache gilt als „the register of language that children acquire in school and which they need to use effectively if they are to progress successfully through the grades“ (Cummins 2003, S. 323). Kenntnisse der Alltagssprache gelten demnach als nicht ausreichend für schulischen Erfolg. Hierfür sind bildungssprachliche Kompetenzen – einschließlich der Beherrschung von Konnektoren – vonnöten. Groß angelegte Schulleistungsstudien wie PISA (z. B. Baumert et al. 2002) oder IGLU (z. B. Schwippert et al. 2012) zeigen, dass insbesondere Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund im deutschen Bildungssystem benachteiligt sind. Seit einiger Zeit wird speziell diskutiert, dass vor allem Einschränkungen in der Beherrschung bestimmter bildungssprachlicher Charakteristika der Unterrichtssprache eine Ursache hierfür sein könnten (Gogolin und Lange 2011; Berendes et al. 2013; Heppt et al. 2014). Dabei wird sowohl auf die sprachliche Herkunft, als auch auf den sozioökonomischen Hintergrund der Kinder (vgl. Eckhardt 2008) sowie die Bildungsferne bzw. -nähe des familiären Hintergrunds (vgl. Dehn 2011) als mögliche Einflussfaktoren verwiesen. Ob und wenn ja, in welchem Ausmaß, Kinder mit nicht-monolingual deutschem Sprachhintergrund bei dem Verständnis von Konnektoren und den komplexen Zusammenhängen, die sie herstellen, besondere Schwierigkeiten haben, wurde bisher noch nicht empirisch untersucht.

1.3 Weltwissensbasierte Sprachverarbeitung

Im Zusammenhang mit bildungssprachlichen Merkmalen werden neben dem Gebrauch von Konnektoren auch andere grammatische Phänomene als bedeutsam diskutiert, die im Spracherwerb erst vergleichsweise spät auftreten, wie zum Beispiel Passivkonstruktionen (vgl. Aschermann et al. 2004). Hier kommen, bevor der Regelerwerb erfolgreich abgeschlossen ist, zunächst verschiedene Interpretationsstrategien zur Anwendung (Weinert und Grimm 2008). So kann eine Reihenfolgestrategie zur Verarbeitung genutzt werden, welche bei Passivaussagen wie „Der Junge wird von dem Mädchen geärgert.“ zu Fehlinterpretationen führt. In dem Beispiel würde dabei der Teil „wird von“ im Satz nicht verarbeitet und das erste Nomen („der Junge“) in der Handlungsabfolge fälschlicherweise als Agent interpretiert. Mit zunehmendem Regelwissen sollten derartige Interpretationsfehler jedoch überwunden werden. Sätze wie „Die Katze wird von dem Jungen gefangen.“ werden mithilfe einer weltwissensbasierten Semantikstrategie bereits korrekt interpretiert, wenngleich die dahinterstehende grammatische Struktur noch nicht beherrscht wird; denn es entspricht dem Weltwissen, dass Jungen Katzen fangen und nicht umgekehrt.

Ereignis-Wahrscheinlichkeitsstrategien [event probability strategies] werden nicht nur bei der Verarbeitung von Passivsätzen, sondern auch bei anderen Satzstrukturen angewendet (Weinert und Grimm 2008). Ferreira und Patson (2007) konnten im Rahmen ihrer Forschung zu oberflächlicher Verarbeitung [shallow processing] zeigen, dass das Sprachverarbeitungssystem anstelle von detaillierten syntaktischen Algorithmen oft einfachere heuristische Interpretationsstrategien nutzt. Diese sind zum einen schneller abrufbar und werden zum anderen aufgrund ihrer Passung zum Weltwissen präferiert. Dies führt dazu, dass insbesondere komplexe Aussagen oft nur vergleichsweise oberflächlich auf der Basis allgemeinen Weltwissens verarbeitet werden (Weltwissensstrategie), sodass „the meaning that people obtain from a sentence is often not a reflection of its true content“ (Ferreira et al. 2002, S. 13). Da Konnektoren oftmals sowohl mit einer vergleichsweise komplexen Syntax einhergehen als auch komplexe Sinnzusammenhänge versprachlichen, liegt die Vermutung nahe, dass Kinder bei der Verarbeitung solcher Sätze möglicherweise eine entsprechende erwartungs- und weltwissensbasierte Heuristik anwenden und zu einer eher oberflächlichen Verarbeitung der Satzstruktur tendieren. Dies sollte insbesondere dann der Fall sein, wenn der Erwerbsprozess der genauen Bedeutung der jeweiligen Konnektoren noch nicht abgeschlossen ist. Zu einem möglichen Zusammenhang zwischen dem Erwerb verschiedener semantischer Konnektorarten und der Anwendung einer Weltwissensstrategie liegen jedoch bislang noch keine empirischen Befunde vor.

1.4 Fragestellungen der vorliegenden Untersuchung

Basierend auf den theoretischen Überlegungen zum Konnektorenverständnis im Grundschulalter wird in Studie I des vorliegenden Beitrags zunächst folgende Frage untersucht: Verändert sich das Verständnis von verschiedenen Arten von Konnektoren (temporal, kausal, konzessiv) im mittleren Grundschulalter und weisen Kinder mit nicht-monolingual deutscher Familiensprache besondere Einschränkungen auf?

Darauf aufbauend wird in Studie II folgender Fragestellung nachgegangen: Nutzen Grundschülerinnen und -schüler bei der Verarbeitung von Aussagen bzw. Sätzen, die einen Konnektor enthalten, die spezifische Bedeutung des Konnektors oder orientieren sie sich überwiegend am Gesamtinhalt der Aussagen, ohne die explizite Bedeutung des Konnektors zu berücksichtigen (Weltwissensstrategie)?

Abschließend wird anhand einer kleinen, explorativen Studie folgende Frage diskutiert: Falls Grundschulkinder dazu tendieren, eine Weltwissensstrategie unter Missachtung von Konnektoren anzuwenden (also den versprachlichten Zusammenhang eher oberflächlich zu verarbeiten): Verstehen sie die Konnektoren noch nicht oder nutzen sie lediglich ihr Wissen darüber nicht?

Die zur Prüfung dieser Fragestellungen durchgeführten Studien basieren auf Daten, die im Projekt „Bildungssprachliche Kompetenzen (BiSpra): Anforderungen, Sprachverarbeitung und Diagnostik“Footnote 1 erhoben wurden. Im Rahmen des Projekts wurden Aufgaben entwickelt, die der Erfassung bildungssprachlicher Kompetenzen dienen sollen. Ein Teil dieser Aufgaben zielt darauf ab, das Konnektorenverständnis bzw. -wissen von Kindern im Grundschulalter zu testen.

2 Studie I

Im Folgenden wird – ausgehend von Befunden zum Erwerb des Konnektorenverständnisses – analysiert, ob sich das Verständnis von verschiedenen Arten von Konnektoren im mittleren Grundschulalter verändert. Hierzu werden die Leistungen von Kindern der zweiten und dritten Klassenstufe verglichen. Zudem wird geprüft, ob sich besondere Schwierigkeiten für Kinder mit nicht-monolingual deutscher Familiensprache zeigen.

2.1 Methode

2.1.1 Stichprobe

Die im Projekt entwickelten Aufgaben wurden 1110 Kindern in Berlin und Köln zur Bearbeitung präsentiertFootnote 2. Davon besuchten 548 Kinder (49 %) die zweite, 562 (51 %) die dritte Klasse. Der Anteil an Schülerinnen lag bei 48 %, das durchschnittliche Alter der Kinder betrug 7;9 Jahre (Range 6–11 Jahre; Angabe der Kinder zum Alter in Jahren). Nach eigenen Angaben sprachen 46 % (n = 512) der Kinder zu Hause nur Deutsch; dies ist die Gruppe der monolingual deutschsprachigen Kinder. Die restlichen 54 % der Schülerinnen und Schüler (n = 598) gaben an, zu Hause mindestens eine andere Sprache außer Deutsch zu sprechen. Sie bilden die Gruppe der Kinder aus nicht-monolingual deutschsprachigen Familien. Diese Gruppe umfasst somit sowohl Kinder, die Deutsch zeitgleich mit mindestens einer anderen Erstsprache erworben haben, als auch Schülerinnen und Schüler, die Deutsch erst später als Zweitsprache erlernten.

2.1.2 Erhebungsinstrument und Durchführung

Zur Erfassung des Konnektorenverständnisses wurden Urteilsaufgaben entwickelt. Pro Konnektor wurden zwei Items konzipiert: ein inhaltlich sinnvolles, semantisch konsistentes Item (z. B. „Aufgrund des vielen Schnees sind die Straßen rutschig.“) und ein inhaltlich weniger sinnvolles, semantisch inkonsistentes Item (z. B. „Aufgrund seiner schlechten Noten bekommt Christian ein Geschenk von seinen Eltern.“). Aufgabe der Kinder war es, nach Anhören jedes Items zu beurteilen, ob das Gehörte sinnvoll (semantisch konsistent) oder sinnlos (semantisch inkonsistent) war. Dazu kreuzten sie für „sinnvoll“ ein lachendes, für „sinnlos“ ein trauriges Smiley in ihren Testheften an. Dieses Aufgabenformat wurde anhand dreier Beispielitems geübt. Die auditive Präsentation der Testitems mittels Tonträger erfolgte in randomisierter Reihenfolge, die für alle Kinder identisch war. Die Testung der Schülerinnen und Schüler fand im Klassenverband mit unterschiedlicher Gruppengröße statt.

In die Entwicklung der Aufgaben wurden drei semantische Konnektorkategorien einbezogen: temporale (acht verschiedene Konnektoren, 16 Items; Cronbach’s α = 0,62), kausale (sieben Konnektoren, 14 Items; Cronbach’s α = 0,64) und konzessive bzw. adversative (sechs Konnektoren, 12 Items; Cronbach’s α = 0,48) Konnektoren (die Reliabilitäten werden in Abschn. 2.3 diskutiert). Diese Gruppen wurden in Anlehnung an die Einteilung von Halliday und Hasan (1976) gewählt. Additive Konnektoren wurden nicht in den Itempool aufgenommen, da diese bereits im frühen Kindesalter erworben werden (vgl. Bloom et al. 1980) und somit von Kindern im Grundschulalter beherrscht werden sollten. Bei den gewählten Konnektoren handelte es sich in jeder der drei Konnektorkategorien um Präpositionen (z. B. seit), Adverbien (z. B. dennoch) und Subjunktionen (z. B. weil). Die Aussagen in den Items wurden so gewählt, dass sie sich inhaltlich überwiegend auf den Kontext der Schule bezogen und somit für alle Kinder ein möglichst vergleichbares Vorwissen angenommen werden konnte. Zudem wurde darauf geachtet, abgesehen von den Konnektoren einen möglichst einfachen Wortschatz zu verwenden, der allen Kindern bekannt sein sollte. Die Länge der Items variierte zwischen acht und 16 Wörtern, mit einer Durchschnittslänge von 11,7 Wörtern.

2.1.3 Datenauswertung

Um Unterschiede in der Verstehensleistung in Zusammenhang mit der Klassenstufe aufzudecken und zu prüfen, ob Kinder mit nicht-monolingual deutscher Familiensprache besondere Schwierigkeiten aufweisen, wurde eine multivariate zweifaktorielle Varianzanalyse mit der Klassenstufe und der Familiensprache als unabhängige Variablen (zweite vs. dritte Klasse; monolingual deutsch vs. nicht-monolingual deutsch) und den Testergebnissen der Kinder differenziert nach Konnektorart als abhängige Variablen (temporal, kausal, konzessiv) berechnet. Da zu jedem Konnektor zwei Items vorlagen, wurde pro Konnektor (also pro Itempaar) nur dann ein Punkt vergeben, wenn beide zu diesem Konnektor gehörigen Items (also je ein semantisch konsistentes und ein semantisch inkonsistentes Item) korrekt beurteilt wurden. Durch die Bewertung von Itempaaren pro Konnektor konnte die Ratewahrscheinlichkeit von 50 % auf 25 % reduziert werden.

2.2 Ergebnisse

Die deskriptiven Ergebnisse können Tab. 1 entnommen werden. Hier sind die Mittelwerte und Standardabweichungen der Leistungen der Kinder in den drei Konnektorarten sowohl getrennt nach Klassenstufe als auch nach Familiensprache dargestellt.

Tab. 1 Überblick über die Mittelwerte und Standardabweichungen (Prozent korrekt) der Leistungen der Kinder in den drei Konnektorarten

Die multivariaten Analysen ergeben sowohl einen signifikanten Effekt der Klassenstufe auf die Leistung der Kinder (F(3, 1104) = 32,64, p < 0,001, η p 2 = 0,08) als auch der Familiensprache (F(3, 1104) = 10,50, p < 0,001, η p 2 = 0,03), wobei die Effektstärke für den Faktor Klassenstufe vergleichsweise höher ausfällt als für den Faktor Familiensprache. Die Interaktion der beiden Faktoren ist nicht signifikant (F(3, 1104) = 1,72, n.s.).

Der univariate Vergleich getrennt für die drei Konnektorarten zeigt, dass Kinder aus der dritten Klassenstufe – unabhängig von ihrer Familiensprache – signifikant besser bei Aufgaben zu kausalen (F(1, 1106) = 67,93, p < 0,001, η p 2 = 0,06) und temporalen (F(1, 1106) = 83,73, p < 0,001, η p 2 = 0,07) Konnektoren abschneiden als Kinder der zweiten Klassen. Kein signifikanter Effekt der Klassenstufe ergibt sich für die Items zu konzessiven Konnektoren (F(1, 1106) = 0,14, n.s.). Bezüglich der Familiensprache zeigt sich, dass Kinder mit monolingual deutscher Familiensprache – unabhängig von der Klassenstufe – bei kausalen (F(1, 1106) = 25,08, p < 0,001, η p 2 = 0,02) und temporalen (F(1, 1106) = 24,17, p < 0,001, η p 2 = 0,02) Konnektoren signifikant besser abschneiden als Kinder mit nicht-monolingual deutscher Familiensprache. Diese beiden Effekte sind nach Cohen (1988) jedoch als gering einzuschätzen. Bei konzessiven Konnektoren unterscheiden sich die Leistungen der beiden Sprachgruppen nicht (F(1, 1106) = 2,56, n.s.). Die Interaktion von Familiensprache und Klassenstufe wird nur für konzessive Konnektoren signifikant (F(1, 1106) = 4,25, p < 0,05, η p 2 = 0,00), dies jedoch nur auf dem 5 %-Niveau mit einer äußerst geringen Effektstärke.

Anhand der Mittelwerte wird ergänzend deutlich, dass trotz signifikanter Unterschiede zwischen Klassenstufen und unterschiedlichem familiären Sprachhintergrund alle Kinder bei kausalen (M = 77 % korrekt) und temporalen Konnektoren (M = 75 % korrekt) vergleichsweise gute Leistungen erzielen, wohingegen alle Kinder bei konzessiven Konnektoren (M = 5 % korrekt) sehr schwach abschneiden (siehe Tab. 1) und deutlich unterhalb der Ratewahrscheinlichkeit von 25 % liegen.Footnote 3

2.3 Diskussion

Die Familiensprache der Schülerinnen und Schüler spielte bei der Aufgabenbearbeitung nur eine untergeordnete Rolle. Lediglich bei Aufgaben zu temporalen und kausalen Konnektoren ergaben sich signifikante Leistungsunterschiede zwischen monolingual deutschsprachigen und nicht-monolingual deutschsprachigen Kindern. Dabei waren die Effektstärken jedoch recht gering (vgl. Cohen 1988) und die Leistungen insgesamt in beiden Gruppen so gut, dass dieser Effekt von geringer praktischer Relevanz sein dürfte.

Im Unterschied dazu führten die verschiedenen Konnektorarten bei Grundschulkindern – unabhängig von deren Familiensprache – zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Die Befunde deuten auf den ersten Blick darauf hin, dass die Schülerinnen und Schüler zwar einen Großteil der temporalen und kausalen Konnektoren und Zusammenhänge verstanden zu haben scheinen, nicht aber die konzessiven. Dabei schnitten Kinder aus der dritten Klassenstufe bei der Bearbeitung von Items zu temporalen und kausalen Zusammenhängen signifikant besser ab als Schülerinnen und Schüler der zweiten Klassenstufe. Bei konzessiven Items ergab sich kein signifikanter Leistungsunterschied. Dieser Befund lässt vermuten, dass sich das Konnektorenverständnis – zumindest bezüglich temporaler und kausaler Zusammenhänge – im mittleren Grundschulalter noch entwickelt. Dies steht im Einklang mit den Erkenntnissen von Cain et al. (2005), die in ihrer Studie mit Kinder im Alter von acht bis zehn Jahren herausfanden, dass das Verständnis von temporalen und kausalen Konnektoren bzw. Zusammenhängen selbst bei Zehnjährigen noch unvollständig ist.

Bei den dargestellten Befunden ist jedoch auffällig, dass die Leistungen der Kinder beider Klassenstufen bei Aufgaben zu konzessiven Konnektoren so gering ausfielen, dass sie sogar deutlich unterhalb der Ratewahrscheinlichkeit lagen. Dies legt nahe, dass die Daten eine systematisch falsche Beurteilung der konzessiven Items aufzeigen.

Wie einleitend bereits angesprochen, könnte eine mögliche Erklärung für diese systematische Falsch-Beurteilung in einer oberflächlichen Verarbeitung der Sätze liegen. Da bei komplexen sprachlichen Anforderungen nicht selten oberflächlichen Verarbeitungsstrategien genutzt werden (vgl. Ferreira und Patson 2007), wäre es denkbar, dass die in den Items enthaltenen Konnektoren bei der Beurteilung der Aussagen schlichtweg missachtet wurden. Wenn diese Annahme zutrifft, würden die Daten keinen Rückschluss auf eine unterschiedliche Beherrschung der verschiedenen Konnektorarten zulassen, sondern vielmehr ein weitgehendes Ignorieren derselben widerspiegeln. Anders formuliert: Die Entscheidung, ob ein Item als „sinnvoll“ oder „sinnlos“ eingeschätzt wurde, könnte von den Kindern auf Basis ihres Weltwissens gefällt worden sein. Dabei könnte die Anwendung einer solchen Weltwissensstrategie zwei Ursachen haben: a) der Konnektor wird (noch) nicht verstanden, daher wird eine entsprechende Heuristik gewählt; b) der Konnektor wird zwar grundsätzlich bereits verstanden, die Verarbeitung bleibt aber in der konkreten Aufgabensituation zu oberflächlich und der spezifische Konnektor wird ignoriert.

Eine den Konnektor vernachlässigende Weltwissensstrategie könnte zugleich das große Leistungsgefälle zwischen temporalen und kausalen Konnektoren auf der einen und konzessiven Konnektoren auf der anderen Seite erklären: Während eine weltwissensorientierte Strategie bei temporalen und kausalen Zusammenhängen bzw. Konnektoren erfolgreich ist, ist dies bei konzessiven bzw. adversativen Zusammenhängen bzw. Konnektoren nicht der Fall. Dies wird anhand eines Beispiels deutlich: „Finja hat Durst, [daher] kauft sie sich einen Saft.“ Hier kann der Zusammenhang zwischen „Durst haben“ und „Saft kaufen“ auch ohne den kausalen Konnektor daher korrekt hergestellt werden. Gleiches gilt für temporale Zusammenhänge. Die hohen Leistungen bei temporalen und kausalen Konnektoren (siehe 2.2) ließen sich auf diese Weise erklären.

Im Gegensatz dazu führt die Anwendung einer Weltwissensstrategie bei konzessiven Konnektoren zu einer falschen Interpretation des Sinnzusammenhangs und könnte somit die äußerst geringen Leistungen der Kinder bei Aufgaben dieser Art erklären (siehe 2.2). Dies lässt sich wiederum anhand eines Beispiels verdeutlichen: „Martina hat sich den Arm gebrochen. [Dennoch] hat sie jetzt einen Gips am Arm.“ Anhand des Weltwissens wird der Zusammenhang zwischen „sich den Arm brechen“ und „einen Gips tragen“ ohne den Konnektor dennoch als „sinnvoll“, also semantisch konsistent eingeschätzt. Dass dieses Item aufgrund des konzessiven Konnektors semantisch inkonsistent ist, wird nicht erkannt und das Item daher falsch beantwortet.

Die sehr geringen Leistungen der Kinder bei konzessiven Konnektoren spiegeln sich auch in der Reliabilität dieser Itemgruppe wider. Es besteht ein umgekehrt U-förmiger Zusammenhang zwischen der Schwierigkeit eines Items und dessen Trennschärfe, also dessen Korrelation mit dem Gesamtscore aller Aufgaben (vgl. Fisseni 1997). So ermöglichen Itemschwierigkeiten im mittleren Bereich hohe Trennschärfen, während Itemschwierigkeiten im Extrembereich (also sehr hoch bzw. sehr niedrig) zu eher geringen Trennschärfen führen. Diese haben wiederum negative Auswirkungen auf die Reliabilität einer Skala. Die hier verwendeten konzessiven Items wurden von einem Großteil der Kinder falsch beurteilt (sie haben demnach entsprechend der Klassischen Testtheorie sehr niedrige Schwierigkeitsindizes), sodass die Trennschärfen dieser Items recht gering ausfallen. Dies wirkt sich negativ auf die Reliabilität der konzessiven Items aus und führt demnach zu dem hier recht geringen Kennwert. Zudem besteht die Möglichkeit, dass es sich hier nicht um eine homogene Klasse von Konnektoren handelt. Auch das könnte sich auf die Reliabilität ausgewirkt haben.

3 Studie II

Aufbauend auf den Befunden aus Studie I wird im Folgenden untersucht, inwieweit Grundschülerinnen und -schüler bei der Verarbeitung von Aussagen bzw. Sätzen, die einen Konnektor enthalten, tatsächlich die Bedeutung des Konnektors nutzen oder ob sie eher die semantische Konsistenz bzw. Inkonsistenz (Weltwissenskongruenz) der Inhalte der beiden Aussagen beachten und dabei die Bedeutung des Konnektors ignorieren.

3.1 Methode

3.1.1 Stichprobe

Es wurden Daten von 183 Grundschulkindern aus Berlin und Nürnberg (98 (54 %) Zweitklässler, 85 (46 %) Drittklässler) analysiert. Das durchschnittliche Alter der Kinder lag bei 8;3 Jahren (Range 7–11 Jahre; Angabe der Kinder zum Alter in Jahren); 53 % waren männlich. Bezüglich der Familiensprache gaben 31 % der Kinder an, zu Hause nur Deutsch zu sprechen (n = 56), 69 % der Kinder (n = 126) sprachen zu Hause mindestens eine weitere Sprache außer Deutsch.

3.1.2 Erhebungsinstrument und Durchführung

Auch in dieser Studie wurden den Schülerinnen und Schülern Urteilsaufgaben präsentiert. Das Aufgabenformat war dabei identisch zu dem in Studie I beschriebenen Format (vgl. 2.1.2). Während jedoch in Studie I ein Konnektor in zwei inhaltlich verschiedenen Items präsentiert wurde, wurde in Studie II ein RahmensatzFootnote 4 mit zwei verschiedenen Konnektoren kombiniert (siehe Tab. 2).

Tab. 2 Tabellarische Übersicht der Aufgabenkombinationen

Zu einem Aufgabeninhalt bzw. Rahmensatz gab es also jeweils zwei Items, wobei der eine Konnektor das Item inhaltlich konsistent und weltwissenskongruent („sinnvoll“), der andere Konnektor das Item inhaltlich inkonsistent und erwartungswidrig („sinnlos“) machte. Es gab demnach ein semantisch konsistentes (z. B. „Martina hat sich den Arm gebrochen. Darum hat sie jetzt einen Gips am Arm.“) und ein semantisch inkonsistentes Item (z. B. „Martina hat sich den Arm gebrochen. Dennoch hat sie jetzt einen Gips am Arm.“). In dieser Form wurden 40 Items konstruiert, also 20 Rahmensätze, die mit je zwei unterschiedlichen Konnektoren präsentiert wurden (Durchschnittslänge der Items: 11,3 Wörter; Range 8–15). Dabei war jeweils einer der Konnektoren konzessiv (z. B. trotzdem), der andere Konnektor gehörte einer anderen Kategorie an (überwiegend kausal, z. B. daher). Wie in Studie I wurden Präpositionen, Adverbien und Subjunktionen als Konnektoren verwendet. Zehn der Rahmensätze waren inhaltlich kohärent (z. B. „Martina hat sich den Arm gebrochen. xxx hat sie jetzt einen Gips am Arm.“), weitere zehn waren nicht kohärent (z. B. „Irina hat den Bus verpasst. xxx kommt sie pünktlich in der Schule an.“). Die Aufgabe der Kinder war es wiederum, nach Anhören jedes Items zu beurteilen, ob das Gehörte sinnvoll (semantisch konsistent) oder sinnlos (semantisch inkonsistent) war. Wie in Studie I erfolgte die Präsentation der Items von einem Tonträger und in einer randomisierten Reihenfolge, die für alle Kinder identisch war. Die Gruppengröße bei der Testung war etwas geringer als in Studie I, da die Erhebungen teilweise in Horten mit begrenzter Raumkapazität stattfanden.

3.1.3 Datenauswertung

Die Daten wurden hinsichtlich der Antwortmuster der Kinder untersucht. Dabei wurde analysiert, wie häufig die Kinder Items als sinnvoll bzw. sinnlos beurteilen (unabhängig davon, ob diese Beurteilung zu einer korrekten Lösung führte oder nicht).

Durch die Konstruktionsweise der Items ist jeder Rahmensatz gemäß des im Item enthaltenen Konnektors einmal semantisch konsistent („sinnvoll“) und einmal semantisch inkonsistent („sinnlos“) (siehe 3.1.2). Bei Verwendung einer allgemeinen Weltwissensstrategie unter Missachtung des Konnektors sollten beide Items – unabhängig vom Konnektor – gleich beurteilt werden, während sie bei genauer Verarbeitung unter Berücksichtigung der Konnektorbedeutung einmal als sinnvoll/konsistent und einmal als sinnlos/inkonsistent zu bewerten wären. Daher wurde zunächst geprüft, wie die Kinder die Rahmensätze beurteilen: einmal als sinnvoll und einmal als sinnlos (dies wäre ein korrektes AntwortmusterFootnote 5), zweimal als sinnvoll oder zweimal als sinnlos. Anschließend wurden die Antworten derjenigen Kinder, die die Items mit identischen Rahmensätzen jeweils zweimal als sinnvoll oder zweimal als sinnlos beurteilt haben, genauer betrachtet.

3.2 Ergebnisse

Nur ca. 29 % der Kinder wählten überhaupt einmal die Antwortoption „sinnvoll“ und einmal die Antwortoption „sinnlos“ pro Rahmensatz, so wie es für eine richtige Lösung erforderlich wäre. Dabei haben ca. 22 % beide Items korrekt bearbeitet; die anderen rund 7 % wählten bei beiden Items die falsche Lösung.

Fast 71 % aller Kinder lösten nur eines der beiden Items zu einem Rahmensatz korrekt, indem sie entweder beide Male mit „sinnvoll“ oder beide Male mit „sinnlos“ antworteten. Dieser Befund gibt den ersten Hinweis darauf, dass die Schülerinnen und Schüler eher auf den Inhalt des Rahmensatzes als auf den darin enthaltenen Konnektor geachtet haben.

Abb. 1
figure 1

Antwortmuster der Kinder bei der Beurteilung der 40 Items, wobei jeweils zwei Items denselben Rahmensatz hatten (je Rahmensatz zwei Items); jeder Rahmensatz war jeweils einmal durch den enthaltenen Konnektor semantisch konsistent und einmal semantisch inkonsistent

Von den fast 71 % der Kinder, die sich entweder beide Male für „sinnvoll“ oder beide Male für „sinnlos“ entschieden, antworteten sehr viele tatsächlich vornehmlich entsprechend der durch den Rahmensatz nahegelegten Sinnhaftigkeit (siehe Abb. 1). Bei einem inhaltlich kohärenten Rahmensatz beurteilten knapp 91 % der Kinder beide Items als sinnvoll; nur gut 9 % beurteilten beide Items zwar gleich, aber entgegen der nahegelegten Sinnhaftigkeit als sinnlos. Entsprechend beurteilten bei einem inhaltlich nicht kohärenten Rahmensatz fast 90 % der Kinder die Items beide Male entsprechend der nahegelegten Sinnhaftigkeit als sinnlos, lediglich ca. 10 % der Kinder als sinnvoll.

Wenn man die Daten getrennt für Kinder aus monolingual und nicht-monolingual deutschsprachigen Familien betrachtet, ergeben sich vergleichbare Befundmuster.

3.3 Diskussion

Die Analysen der Antwortmuster legen nahe, dass oftmals eine Weltwissensstrategie unter Missachtung der Bedeutung des Konnektors angewendet wurde. So wurden Rahmensätze, die ohne einen Konnektor einen sinnvollen bzw. kohärenten Zusammenhang vermitteln, von einem Großteil der Kinder in beiden Fällen als sinnvoll beurteilt und zwar auch dann, wenn durch den enthaltenen Konnektor in einem Fall „sinnlos“ die korrekte Antwort gewesen wäre. Ebenso beurteilten fast alle Kinder beide Items zu Rahmensätzen, die ohne Konnektor einen sinnlosen bzw. inkohärenten Zusammenhang beschreiben, als sinnlos. Dies gilt sowohl für monolingual als auch für nicht-monolingual deutschsprachige Kinder.

Ein Teil der Schülerinnen und Schüler bearbeitete beide Items korrekt, was darauf schließen lässt, dass diese Kinder die Konnektoren nicht missachtet, sondern deren explizite Bedeutung bei der Beurteilung berücksichtigt haben. Das Befundmuster legt jedoch nahe, dass der Großteil der Schülerinnen und Schüler die Items mittels einer Weltwissensstrategie beurteilt hat. Ob diese weltwissensorientierte Antwortstrategie auf ein fehlendes Verständnis der Konnektoren oder (nur) auf eine vergleichsweise oberflächliche Verarbeitung zurückgeht, bei der die Bedeutung der enthaltenen Konnektoren ignoriert wurde, kann hier zunächst nicht entschieden werden.

Unabhängig davon kann über eine entsprechende Antwortstrategie das in Studie I identifizierte Leistungsgefälle zwischen temporalen und kausalen Konnektoren einerseits und konzessiven Konnektoren andererseits sowie die systematische Falsch-Beurteilung der konzessiven Aufgaben erklärt werden: Die Beurteilung der Items mit Konnektoren basierte überwiegend darauf, welche Sinnhaftigkeit der Rahmensatz ohne Konnektor nahelegt; bei konzessiven Zusammenhängen resultierte dies in einer falschen Antwort. Konzessive Konnektoren haben die Eigenschaft, Sinnzusammenhänge umzukehren, sodass ein zuvor inhaltlich kohärenter (sinnvoller) Rahmensatz durch einen konzessiven Konnektor inkohärent (sinnlos) wird und umgekehrt. So wird zum Beispiel die Sinnhaftigkeit in dem zunächst inkohärenten (sinnlosen) Rahmensatz „Irina hat den Bus verpasst. xxx kommt sie pünktlich in der Schule an.“ durch den Konnektor trotzdem ins Sinnvolle umgekehrt. Bei temporalen und kausalen Zusammenhängen führt die Anwendung einer Weltwissensstrategie unter Missachtung des Konnektors hingegen zu keiner anderen Lösung als unter Beachtung des Konnektors. Ob die Kinder zumindest diese Konnektoren verarbeiten und nutzen, lässt sich auf Basis der vorliegenden Daten deshalb nicht beurteilen.

Im Folgenden wird daher der Frage nachgegangen, ob Grundschulkinder die Bedeutung entsprechender Konnektoren noch nicht kennen oder ob sie es bei den Aufgaben der Studien I und II nur versäumt haben, dieses Wissen zu nutzen.

4 Studie III

Bezogen auf eine weltwissensorientierte, die Bedeutung der Konnektoren ignorierende Verarbeitung der Aufgaben in Studie I und II werden zwei mögliche Erklärungen untersucht: 1) Die Kinder nutzen eine Weltwissensstrategie, weil sie die Konnektoren noch nicht beherrschen und die Sätze entsprechend nur oberflächlich verarbeiten können; 2) sie kennen zwar die Bedeutung der Konnektoren, nutzen dieses Wissen aber nicht in angemessener Weise beim Verstehen und Beurteilen von Sätzen, sodass diese entsprechend eher oberflächlich verarbeitet werden. Daher wird geprüft, ob sich Unterschiede in Abhängigkeit von der Klassenstufe zeigen. Hierfür wurde eine kleinere explorative Studie durchgeführt, in der anhand eines anderen Aufgabenformats das Konnektorenwissen von Grundschulkindern getestet wurde.

4.1 Methode

4.1.1 Stichprobe

An der Studie nahmen 34 Kinder (53 % männlich) aus Nürnberger Horten teil, von denen 41 % (n = 14) die zweite, 59 % (n = 20) die dritte Klassenstufe besuchten. Die Schülerinnen und Schüler waren im Durchschnitt 8;7 Jahre alt (Range 7–10 Jahre; Angaben der Eltern zu Geburtsmonat und -jahr). Der sprachliche Hintergrund der Kinder wurde bei dieser Stichprobe anhand von Angaben der Eltern ermittelt. 41 % der Kinder (n = 14) sprachen demnach in den ersten drei Lebensjahren „nur Deutsch“; die übrigen Eltern gaben an, ihr Kind habe entweder „Deutsch und eine andere Sprache“ (n = 16; 47 %) oder „nur eine andere Sprache“ als Deutsch (n = 4; 12 %) gesprochen.

4.1.2 Erhebungsinstrument und Durchführung

Zur Überprüfung des Konnektorenwissens der Kinder wurden 12 Lückensätze konzipiert (Durchschnittslänge: 9,4 Wörter, Range 7–11; Cronbach’s α = 0,75). Aus einer Auswahl von vier Konnektoren musste der sowohl semantisch als auch syntaktisch passende Konnektor gefunden und angekreuzt werden (z. B. „______ Mia im Unterricht sitzt, hört sie aufmerksam zu.“ [Während/Bevor/Daher/Obgleich]). Dabei bestanden die drei Distraktoren jeweils aus zwei Konnektoren, die syntaktisch zur Vervollständigung des Items geeignet waren, jedoch inhaltlich nicht passten (im obigen Beispiel die Konnektoren bevor und obgleich) sowie einem Konnektor, der zwar inhaltlich angemessen war, jedoch nicht zur syntaktischen Struktur des Items passte (daher im obigen Beispiel). Insgesamt wurden in den Wahlmöglichkeiten 20 verschiedene Konnektoren verwendet (erneut Präpositionen, Adverbien und Subjunktionen), wobei jeder der „Zielkonnektoren“ (also jene 12 Konnektoren, die als korrekte Lösung gefunden werden mussten) auch mindestens einmal als Distraktor fungierte. Acht Konnektoren dienten ausschließlich als Distraktoren. Die Stellung des korrekten Konnektors innerhalb der vier Wahlmöglichkeiten wurde systematisch variiert, sodass dieser jeweils dreimal an erster, zweiter, dritter und vierter Position stand. Dadurch sollten Effekte möglicher Antworttendenzen der Kinder ausgeschlossen werden. Den Schülerinnen und Schülern wurde jedes Item sowohl schriftlich in einem Testheft als auch auditiv von einem Tonträger präsentiert. Die zusätzliche auditive Präsentation sollte einen Einfluss der Lesefähigkeit möglichst gering halten. Es wurden – erneut in Anlehnung an die Kategorien von Halliday und Hasan (1976) – je vier Items zu temporalen, kausalen und konzessiven Konnektoren entwickelt. Die Items wurden in einer randomisierten Reihenfolge bearbeitet, die sich zwischen den Kindern nicht unterschied. Auch dieses Aufgabenformat wurde vor Beginn der Testphase anhand zweier Beispiele geübt.

4.1.3 Datenauswertung

Da aufgrund der kleinen Stichprobe keine Normalverteilung der Daten angenommen werden kann, wurde der Unterschied zwischen der zweiten und dritten Klassenstufe mit non-parametrischen Analysen (Mann-Whitney-U-Test) auf Signifikanz geprüft. Zusätzlich wurden die Daten deskriptiv und auf Itemebene hinsichtlich der Gründe für die Anwendung einer Weltwissensstrategie genauer analysiert. Die Ergebnisse erlauben einen ersten Einblick in das Konnektorenwissen der untersuchten Kinder, sind aber angesichts des Stichprobenumfangs mit Vorsicht zu interpretieren.

4.2 Ergebnisse

Der inferenzstatistische Vergleich der beiden Klassenstufen über alle Items hinweg ergibt keinen signifikanten Leistungsunterschied im Konnektorenwissen zwischen den Kindern aus zweiten und jenen aus dritten Klassen (U(14, 20) = 95,5, n.s.). Die mittleren Lösungshäufigkeiten (siehe Tab. 3) deuten jedoch darauf hin, dass Drittklässlerinnen und -klässler in der Tendenz meist besser abschneiden als ihre Mitschülerinnen und -schüler der zweiten Klassenstufe. Hier besteht jedoch eine deutliche Varianz zwischen den Items (14 % bis 79 % korrekt bei Kindern der zweiten, 5 % bis 90 % korrekt bei Kindern der dritten Klassenstufe).

Tab. 3 Lösungshäufigkeiten der Lückensätze pro Item (Prozent korrekt); getrennt nach Konnektorart und Klassenstufe

Insgesamt zeigt sich, dass – bezogen auf die Gesamtstichprobe – mit durchschnittlich 47 % korrekten Lösungen die meisten Fehler bei Aufgaben zu konzessiven Konnektoren auftraten. Items zu kausalen Konnektoren wurden im Durchschnitt etwas besser bearbeitet (53 % korrekte Lösungen). Am häufigsten wurden Aufgaben zu temporalen Konnektoren korrekt gelöst (63 % korrekte Lösungen). Dabei variieren die Lösungshäufigkeiten der einzelnen Items recht stark, sowohl innerhalb der drei Konnektorarten als auch über alle Items hinweg. Das konzessive Item zu wenngleich wurde am seltensten korrekt gelöst (9 % korrekte Lösungen), das Item zu dem temporalen Konnektor bevor am häufigsten (79 % korrekte Lösungen). Auch innerhalb der Konnektorgruppen wird die Varianz zwischen den Items deutlich (vgl. Tab. 3).

Obwohl es zum Teil große Varianzen sowohl innerhalb der Konnektorgruppen als auch zwischen den Kindern verschiedener Klassenstufen gibt, wurde die Ratewahrscheinlichkeit von 25 % je Item bei den meisten Aufgaben überschritten.Footnote 6

4.3 Diskussion

Die statistische Analyse der Daten ergab keinen signifikanten Leistungsunterschied zwischen Kindern der zweiten und dritten Klassenstufe. Bei der Betrachtung der deskriptiven Ergebnisse fällt jedoch auf, dass die Lösungshäufigkeiten der Zweitklässlerinnen und -klässler zumindest bei temporalen und konzessiven Konnektoren ca. 20 % unter den Leistungen von Kindern der dritten Jahrgangsstufe liegen. Dabei besteht innerhalb der beiden Klassenstufen eine hohe Variabilität.

Insgesamt wurde die Mehrzahl der Items in Studie III überzufällig häufig korrekt beantwortet. Dies deutet darauf hin, dass gewisse Kenntnisse über Konnektoren und ihre Bedeutung zumindest bei einem Teil der Kinder im Grundschulalter zu bestehen scheinen, wenngleich diese noch nicht vollständig erworben sind. Allerdings variieren die Lösungshäufigkeiten der einzelnen Items stark. Dies legt nahe, dass sich das Konnektorenwissen noch in der Entwicklung befindet.

Betrachtet man alle Konnektoren unabhängig von deren Zugehörigkeit zu einer bestimmten semantischen Kategorie, so lässt sich feststellen, dass insbesondere in der kindbezogenen Sprache gebräuchlichere Konnektoren wie trotzdem oder während Footnote 7 deutlich häufiger korrekt eingesetzt wurden als Wörter, die eher dem bildungssprachlichen Register zugeordnet werden können. Darunter fallen insbesondere vergleichsweise niederfrequente Begriffe wie wenngleich, anschließend oder trotz, die die Schülerinnen und Schüler deutlich seltener korrekt einsetzten. Die Vermutung liegt nahe, dass den Kindern solch niederfrequente Wörter (noch) nicht so geläufig sind und diese komplexeren Begriffe bzw. das Verständnis der Zusammenhänge, die sie herstellen, erst noch differenziert und über ein basales Wissen hinausgehend erworben werden müssen. Die starken Unterschiede zwischen den Lösungshäufigkeiten liefern einen weiteren Hinweis darauf, dass sich – wie sich bereits in der Studie von Cain et al. (2005) gezeigt hat – das Verständnis von Konnektoren im Grundschulalter noch entwickelt. Dies scheint insbesondere niederfrequente Begriffe zu betreffen.

Die Befunde legen nahe, dass die Schülerinnen und Schüler zwar über gewisse Kenntnisse bezüglich der Bedeutung von Konnektoren verfügen, dass dieses Wissen aber noch unvollständig und stark vom jeweiligen Konnektor abhängig ist.

Bei dem Vergleich der Ergebnisse von Studie I und III zeigt sich, dass die Unterschiede zwischen den Konnektorarten in Studie III weit weniger extrem ausfallen als in Studie I. Dies könnte darauf hindeuten, dass die sehr hohen Leistungen der Kinder bei kausalen und temporalen Konnektoren in Studie I nicht einfach ein entsprechend verfügbares Konnektorenwissen widerspiegeln (jedenfalls vermutlich nicht bei allen Kindern), sondern vielmehr eine vergleichsweise einfache und oberflächliche Verarbeitungsstrategie, die die korrekten Antworten hervorbringt. Umgekehrt zeigen die Kinder in Studie III vergleichsweise bessere, wenngleich teilweise noch eingeschränkte Leistungen bei konzessiven Konnektoren. Dies kontrastiert mit den nahezu vollständigen Fehlurteilen über Items mit konzessiven Konnektoren in Studie I und legt nahe, dass das – zumindest zum Teil – verfügbare Wissen in Studie I nicht genutzt wurde. Das Wissen, das die Kinder über Konnektoren zu haben scheinen, wenden sie demnach bei der Bearbeitung der Urteilsaufgaben nicht (immer) an bzw. es reicht nicht aus, um sie an einer vergleichsweise oberflächlichen Verarbeitung der Sätze zu hindern. Zwar ist die Diskrepanz der Befundmuster in den Studien I und III kompatibel mit der hier vorliegenden Annahme, da beide Studien jedoch auf unterschiedlichen Stichproben und Aufgabenformaten basieren, kann die Annahme hier nicht abschließend belegt werden.

5 Fazit

Bei der Bearbeitung von Urteilsaufgaben zum Konnektorenverständnis im Grundschulalter zeigen sich Leistungsunterschiede am deutlichsten in Abhängigkeit von der Kategorie, der die verschiedenen Konnektoren zuzuordnen sind. Die Klassenstufe und Familiensprache erbrachte zwar ebenfalls signifikante Effekte, diese sind jedoch eher gering bzw. von eher geringer praktischer Relevanz. Obwohl Kinder aus monolingual deutschsprachigen Familien zum Teil bessere Leistungen erzielten als Kinder mit nicht-monolingual deutscher Familiensprache, zeigt sich, dass die korrekte Bearbeitung der vorgegebenen Urteilsaufgaben zu temporalen und kausalen Konnektoren der Mehrzahl aller Kinder gelang, während die Urteilsaufgaben zu konzessiven Konnektoren hingegen von allen Kindern sehr selten korrekt bearbeitet wurden. Gerade dieses Befundmuster legt nahe, dass sich in einer korrekten bzw. fehlerhaften Beurteilung nicht einfach die interindividuell unterschiedliche Beherrschung bzw. fehlende Beherrschung der Konnektoren widerspiegelt, sondern dass hier von einer systematischen Falsch-Beurteilung ausgegangen werden kann, die möglicherweise in der Anwendung einer Weltwissensstrategie unter Missachtung der Bedeutung der Konnektoren begründet liegt.

Analysen der Antwortmuster der Schülerinnen und Schüler bei den Urteilsaufgaben in Studie II stützen die Annahme des Einsatzes einer globalen Weltwissensstrategie. Der überwiegende Teil der Kinder scheint die Sätze eher oberflächlich zu verarbeiten (vgl. Ferreira und Patson 2007) und dabei die enthaltenen Konnektoren zu ignorieren. Die Sinnzusammenhänge werden stattdessen basierend auf den in den Satzteilen enthaltenen Inhalten und dem Weltwissen der Kinder beurteilt. Der Einsatz dieser Strategie erklärt das Leistungsgefälle zwischen temporalen und kausalen Konnektoren auf der einen und konzessiven Konnektoren auf der anderen Seite in Studie I: Die Beurteilung der Items basierend auf den Inhalten der Rahmensätze unter Missachtung der Konnektoren führt bei Aufgaben zu temporalen und kausalen Konnektoren zur korrekten Lösung, bei Items zu konzessiven Konnektoren hingegen zur Fehlbeurteilung. Ob eine Weltwissensstrategie bei allen Konnektorarten zum Tragen kam oder ob dies nur bei konzessiven Zusammenhängen der Fall war, lässt sich anhand der Ergebnisse aus Studie II nicht eindeutig klären, da sowohl die Anwendung einer Weltwissensstrategie als auch die Beachtung von temporalen und kausalen Konnektoren eine korrekte Lösung zur Folge haben.

Die Ergebnisse von Studie III deuten darauf hin, dass ein Teil der Kinder nicht deshalb eine Weltwissensstrategie einsetzte, weil ihnen generell das notwendige Wissen über die Bedeutung bestimmter Konnektoren fehlt. Werden die Schülerinnen und Schüler durch das Aufgabenformat (Lückensätze) dazu veranlasst, ihr Wissen über die Bedeutung der Konnektoren zu nutzen, so werden die meisten Aufgaben – von der Gesamtgruppe der Kinder – überzufällig häufig korrekt bearbeitet. Da die Lösungshäufigkeiten jedoch stark variieren, sind hier Aussagen bezüglich Konnektorart-übergreifender Strategien nicht möglich. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass die Kinder über gewisse Kenntnisse hinsichtlich der Bedeutung von Konnektoren und der Zusammenhänge, die sie herstellen, verfügen. Diese sind jedoch bei weitem noch nicht vollständig und interindividuell sehr unterschiedlich ausgeprägt, insbesondere bezogen auf niederfrequente Begriffe.

Insgesamt lassen die Befunde darauf schließen, dass Kinder im Grundschulalter trotz zum Teil vorhandenen Wissens über Konnektoren (vgl. Studie III) dieses bei der Verarbeitung von auditiv präsentierten Sätzen möglicherweise nicht berücksichtigen (vgl. Studie II). Die Schülerinnen und Schüler scheinen viele der gehörten Sätze eher oberflächlich zu verarbeiten und sich bei der Beurteilung der Sinnhaftigkeit auf ihr Weltwissen zu verlassen. Gestützt wird diese Annahme durch den Vergleich der Testleistungen von Studie I und III (siehe 4.3).

Offen bleibt die Frage, warum in Studie I und II von dem Konnektorenwissen, das – bei bestimmten Kindern und bestimmten Konnektoren – vorhanden zu sein scheint, kein Gebrauch gemacht wurde. Eine mögliche Erklärung könnte das Format der Urteilsaufgaben sein. Hier könnte es z. B. aufgrund fehlender Kontexteinbettung dazu kommen, dass die Aufmerksamkeit der Kinder rasch so weit sinkt, dass sie viele der Sätze nur oberflächlich verarbeiten und eher auf den grundlegenden Inhalt der Aussagen als auf die spezifische Bedeutung des enthaltenen Konnektors achten. Dieses Vorgehen ist bei temporalen und kausalen Zusammenhängen eine zielführende Strategie (siehe 2.3). Bei konzessiven Zusammenhängen führt ein solches Vorgehen jedoch dazu, dass die Kohärenz falsch interpretiert wird. Analysen des Konnektorenverständnisses bei einer größeren Kontexteinbettung könnten hier weitere Erkenntnisse liefern.

Zudem wurden die Items in Studie I und II ausschließlich auditiv präsentiert, um einen möglichen Effekt der Lesekompetenz zu kontrollieren. In der Grundschule befindet sich diese in der Entwicklung (vgl. Schneider 2010), sodass davon ausgegangen werden kann, dass die Lesefertigkeiten von Kindern im Grundschulalter (noch) stark variieren. Daher könnte eine Schriftunterstützung bei den Urteilsaufgaben Einfluss auf das Antwortverhalten der Kinder haben.

Ein weiterer Erklärungsansatz könnte der Konnektorenerwerb sein. Die deskriptiven Ergebnisse aus Studie III deuten (bezogen auf die Gesamtstichprobe) darauf hin, dass im Durchschnitt temporale Konnektoren am besten beherrscht werden, gefolgt von kausalen Konnektoren. Aufgaben zu konzessiven Konnektoren werden durchschnittlich am seltensten korrekt bearbeitet. Diese Abfolge der Lösungswahrscheinlichkeiten spiegelt die Reihenfolge wider, die für den Konnektorenerwerb angenommen wird (Kail und Weissenborn 1991). Da trotz korrekten Gebrauchs von Konnektoren anzunehmen ist, dass der Erwerb des Konnektorenverständnisses im Grundschulalter noch nicht abgeschlossen ist (Cain et al. 2005; Cain und Nash 2011), könnten zumindest teilweise auch Verständnisdefizite dazu geführt haben, dass die Kinder bei den Urteilsaufgaben eher den Rahmensatz berücksichtigen und nicht die enthaltenen Konnektoren. Die stark variierenden Lösungshäufigkeiten der Items in Studie III bekräftigen die Vermutung, dass sich das Konnektorenverständnis im Grundschulalter noch im Erwerbsstadium befindet. Diese Vermutung wird dadurch unterstützt, dass sich Kinder im Grundschulalter kognitiv noch entwickeln, auch in Bezug auf ihre sprachlichen Fähigkeiten (vgl. Janke und Hasselhorn 2008).

Es ist kritisch anzumerken, dass die Stichprobe in Studie III sehr gering ausfiel, da diese nur als erste explorative Studie durchgeführt wurde. Gleiches gilt für die begrenzte Anzahl der in Studie III eingesetzten Items. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Ergebnisse mit den speziell in diesem Itemset getesteten Konnektoren oder mit Charakteristika der Stichprobe konfundieren. So könnten sich bei einer größeren Stichprobe möglicherweise Altersunterschiede bei der Bearbeitung der Lückensätze ergeben. Auch der sprachliche, sozioökonomische oder Bildungshintergrund der Kinder könnte eine Rolle spielen.

Bringt man alle berichteten Befunde zusammen, ergeben sich – trotz der beschriebenen Einschränkungen – bedeutsame Schlussfolgerungen für den schulischen Alltag. So scheint es wichtig zu berücksichtigen, dass Grundschülerinnen und -schüler nicht nur in der beschriebenen Testsituation, sondern eventuell auch im Unterricht auditiven Input wie beispielsweise Arbeitsinstruktionen oder Erläuterungen von Lehrkräften nur auf einem eher oberflächlichen Niveau verarbeiten. Dies könnte zu erheblichen Missverständnissen in der Kommunikation zwischen Kindern und Lehrpersonal führen und sich schlimmstenfalls negativ auf schulische Leistungen auswirken. Auch sollte bedacht werden, dass der Erwerb von Konnektoren – insbesondere auf rezeptiver Ebene – im Grundschulalter noch nicht abgeschlossen zu sein scheint. Zudem gibt es erhebliche Variabilität im Verständnis von Konnektoren sowohl intraindividuell hinsichtlich verschiedener Konnektoren als auch interindividuell. Daher ist es denkbar, dass viele Kinder Schwierigkeiten haben, die sprachlichen Anforderungen der Schule zu bewältigen, denn das Verständnis von Konnektoren ist ein wichtiger Bestandteil der Beherrschung von Bildungssprache (Gogolin und Lange 2011; Feilke 2012). Die dargestellten Ergebnisse deuten darauf hin, dass dies nicht nur für Kinder aus Familien mit nicht-monolingual deutschem Sprachhintergrund, sondern allgemein für alle Grundschülerinnen und -schüler, gilt.

Hier wäre zu diskutieren, a) ob möglicherweise eine explizite Schulung bzw. Einführung spezifischer Konnektoren und der Sinnzusammenhänge, die sie verdeutlichen, im Unterricht sinnvoll sein könnte und b) ob und in welcher Weise eine individuelle Diagnostik dazu beitragen kann, Einschränkungen im Konnektorenwissen oder in der Nutzung des Wissens zu identifizieren und ihren Beitrag zu Verständnisschwierigkeiten bei der Verarbeitung bildungssprachlicher Texte aufzuklären. Auch eine Sensibilisierung des Lehrpersonals für die Schwierigkeiten, die mit dem Verständnis von Konnektoren einhergehen können, könnte dabei helfen, möglichen Verständnisproblemen bzw. Missverständnissen zwischen Lehrkräften und Kindern vorzubeugen.