1 Einleitung: Das Problem der Glaubwürdigkeit in der CSR-Kommunikation

Glaubwürdigkeit ist ein zentraler Bestandteil eines jeden kommunikativen Aktes, sei es in der Kommunikation zweier Personen, in den Massenmedien oder in der Kommunikation von Unternehmen. Wenn ein Akteur oder seine Botschaft als unglaubwürdig gelten, wird die Kommunikation zwischen den Akteuren kaum effektiv sein, also eher nicht dazu führen, dass einer den anderen überzeugt bzw. selbst seine Einstellungen oder sein Verhalten ändert (vgl. Jackob 2008). Glaubwürdigkeit umfasst dabei die drei Dimensionen Sender, Botschaft und Rezipient (vgl. Melican und Dixon 2008).

Unternehmen haben in den letzten Jahren verstärkt zu ihrer gesellschaftlichen Verantwortung (Corporate Social Responsibility – CSR) Stellung genommen. Paradoxerweise hat das aber nicht zu mehr Wohlwollen auf Seiten ihrer Anspruchsgruppen geführt, sondern zu erhöhter Missgunst und Skepsis (vgl. Waddock und Goggins 2011). Der Öl- und Gasförderer Chevron wirbt zum Beispiel damit, dass Schiefergas, das durch die Frackingmethode gefördert wird, gut für alle sein muss („shale gas needs to be good for everyone“). Gleichzeitig aber verzeichnete eine seiner Fracking-Pipelines ein Leck, so dass Öl austrat und das Grundwasser kontaminierte (vgl. Hopey 2012). Als weiteres Beispiel dient Volkswagen, das noch im September 2015, eine Woche bevor die Abgasmanipulationen in die Öffentlichkeit gelangten, als nachhaltigster Automobilkonzern im Dow Jones Sustainability Index gelistet wurde (vgl. Volkswagen 2015).

Glaubwürdige CSR-Kommunikation, bei der Worte und Taten übereinstimmen (vgl. Basu und Palazzo 2008; Bentele und Nothhaft 2011), ist daher der Schlüssel für langlebige und vertrauensvolle Beziehungen mit den Anspruchsgruppen des Unternehmens. CSR und Public Relations (PR) sind unzertrennlich, da effektive Kommunikation über gesellschaftliches Engagement essentiell für CSR ist (vgl. Castelló et al. 2013). Effektiv ist diese Kommunikation, wenn sie auf die Bedürfnisse der Anspruchsgruppen zugeschnitten ist, so dass sie Rezipienten überzeugt und womöglich ihre Einstellung oder gar ihr Verhalten zu einem bestimmten CSR-relevanten Thema ändert (vgl. Morsing und Schulz 2006; Jackob 2008). PR und CSR haben dieselbe Legitimitätsgrundlage: ebenjene vertrauenswürdigen Beziehungen zwischen Unternehmen und Anspruchsgruppen, die reflexiv, kollaborativ, proaktiv und responsiv gestaltet sein sollten (vgl. Heath 2006). Diese sind aber nur durch glaubwürdige Kommunikation beider Seiten, der Stakeholder und der Unternehmen, zu erreichen und aufrechtzuerhalten (vgl. Seele und Lock 2015).

Für Unternehmen stellt sich daher die Frage, was glaubwürdige Kommunikation in der CSR ausmacht. Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, da der Glaubwürdigkeitsbegriff auch in der Kommunikationswissenschaft unklar ist und oft auf das eindimensionale Konzept der Glaubwürdigkeit des Senders zurückgegriffen wird (vgl. Hovland und Weiss 1951). Diese Konzeptualisierung greift aber, vor allem wenn es um die Kommunikation gesellschaftlicher Verantwortung geht, zu kurz. Hier spielen nicht nur das Ansehen des Unternehmens eine Rolle, sondern auch die Glaubwürdigkeit der Botschaft (siehe das Beispiel Chevron) und die Einstellung des Rezipienten, also des Stakeholders, da CSR-Kommunikation in hohem Maße stakeholderspezifisch ist (vgl. Johansen und Nielsen 2011). Ein Glaubwürdigkeitsansatz für die CSR-Kommunikation, der also Sender, Rezipient und Botschaft einbezieht und gleichzeitig die Legitimität des Unternehmens als Basis und Ziel vereint, kann mit Rückgriff auf die ideale Sprechsituation von Habermas entwickelt werden.

Angesichts der zentralen Rolle der Glaubwürdigkeit als „kommunikativem Mechanismus“ der CSR (Bentele und Nothhaft 2011, S. 50) soll in diesem Aufsatz beleuchtet werden, welche Konzepte und Instrumente in der Unternehmens- und CSR-Kommunikation existieren, um Glaubwürdigkeit zu erfassen und zu messen. Des Weiteren wird ein neues, legitimitätsbasiertes Glaubwürdigkeitskonzept vorgestellt, das auf der Theorie des kommunikativen Handelns (vgl. Habermas 1981) aufbaut und die drei Dimensionen der Glaubwürdigkeit, nämlich Sender, Botschaft und Rezipient (vgl. Melican und Dixon 2008), vereint. Dieses Konzept kann für Unternehmen als normativer Maßstab gelten. Am Schluss des Beitrags wird ein Ausblick gegeben, der Anwendungsmöglichkeiten in Forschung und Praxis vorstellt.

2 Überblick: Glaubwürdigkeit in der Forschung

Glaubwürdigkeit ist seit den Anfängen der Kommunikationswissenschaft ein zentraler Bestandteil der Forschung, speziell zur PR (vgl. Rouner 2008). Sie wurde auf verschiedene Arten konzeptualisiert. Rouner (2008) skizziert die zwei Dimensionen der Glaubwürdigkeit des Senders und der Botschaft und merkt an, dass in der Forschung oft die drei Dimensionen Sender, Botschaft und Rezipient vermischt wurden. Jackob (2008) unterscheidet zum Beispiel drei Modelle: das „Source-“, das „Recipient-“ und das „Experience“-Modell. Ersteres bezieht sich auf den Sender der Kommunikation.

Glaubwürdigkeit galt schon lange vor der Moderne als elementarer Bestandteil effektiver Kommunikation, oft im Hinblick auf den Charakter des Sprechers, dessen „Ethos,“ zum Beispiel bei Aristoteles (vgl. Jackob 2008). Das Interesse an der Glaubwürdigkeit des Senders herrscht bis heute in der Forschung vor. Hierbei liegt der Schwerpunkt auf den Charaktereigenschaften der Kommunikationsquelle, also zum Beispiel seiner/ihrer wahrgenommenen Expertise oder Vertrauenswürdigkeit (vgl. Hovland und Weiss 1951). Die Glaubwürdigkeit des Senders hat einen direkten Einfluss auf die Akzeptanz der Botschaft durch den Rezipienten (vgl. Haigh und Brubaker 2010), auch wenn diese Beziehung in der kommunikationswissenschaftlichen Forschung nicht durchgängig nachgewiesen werden konnte (vgl. Jackob 2008). Im Kontext von Unternehmen heißt das: je vertrauenswürdiger ein Unternehmen wahrgenommen wird und je mehr Expertise es ausstrahlt, desto glaubwürdiger ist die Kommunikation insgesamt (vgl. Newell und Goldsmith 2001). Auch die Reputationsforschung sieht Glaubwürdigkeit als wichtigen Faktor für den Ruf des Unternehmens an (vgl. Fombrun 1996). In der Tat kann der Charakter des Unternehmens mit seiner Reputation gleichgesetzt werden. Dem folgend haben Newell und Goldsmith (2001) eine Skala entwickelt, die die Glaubwürdigkeit von Unternehmen in Bezug auf ihre Expertise und ihre Vertrauenswürdigkeit misst. Damit können der Einfluss der Glaubwürdigkeit auf die Einstellungen und Kaufentscheidung der Konsumenten getestet werden. Im Marketing wurde Glaubwürdigkeit auch in Bezug auf die Attraktivität des Senders (vgl. Ohanian 1990) sowie auf Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit der Kommunikationsquelle (vgl. Ohanian 1991) gemessen. Die Glaubwürdigkeit des Senders ist also ein multidimensionales Konstrukt, was allerdings nicht unbedingt zur Begriffsschärfung beiträgt (vgl. Rouner 2008).

„Recipient“-Modelle, die von der Wahrnehmung des Rezipienten ausgehen, haben vor allem im Marketing Verwendung gefunden. Marketingforscher identifizierten Glaubwürdigkeit als notwendiges Attribut von CSR-Botschaften und -Kanälen (vgl. Du und Vieira 2012). Je positiver Konsumenten über das CSR-Engagement des Unternehmens denken, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass sie eines seiner Produkte kaufen (vgl. Lafferty 2007). Diese Wahrnehmung ist abhängig von den intrinsischen Motiven des Unternehmens und der Wahrnehmung des verantwortungsbewussten Charakters der Firma durch die Konsumenten (vgl. Sen und Bhattacharya 2001).

Die Glaubwürdigkeit von Kommunikationsbotschaften, die unter die Kategorie „experience model“ (vgl. Jackob 2008) fallen, fand im Allgemeinen weniger Beachtung und war vor allem Gegenstand der Experimentalforschung (vgl. Slater und Rouner 1997). Im Marketing wurde beispielsweise die Glaubwürdigkeit von Werbeanzeigen näher untersucht (z. B. Williams und Drolet 2005). In der kommunikationswissenschaftlichen Forschungstradition (vgl. Bentele 2008) wurde Glaubwürdigkeit als Unterkategorie von Vertrauen dargestellt (vgl. Bentele und Nothhaft 2011). Bentele definiert Glaubwürdigkeit als relationalen Sachverhalt (2008, S. 168), der erfüllt ist, wenn der Rezipient darauf vertraut, dass die Aussage wahr und kohärent ist. Er definiert sie als „eine Eigenschaft, die Menschen, Institutionen oder deren kommunikativen Produkten (mündliche oder schriftliche Texte, audiovisuelle Darstellungen) von jemandem (Rezipienten) in Bezug auf etwas (Ereignisse, Sachverhalte) zugeschrieben wird“. Glaubwürdigkeit der Kommunikation beruht also unter anderem auf dem Vertrauen des Rezipienten in den Sender. Damit ist Glaubwürdigkeit als die Basis vertrauensvoller Beziehungen zwischen dem Unternehmen und seiner Umwelt anzusehen (vgl. Bentele et al. 1997), die wiederum die gesellschaftliche Legitimität des Unternehmens konstituieren (vgl. Heath 2006). Dabei wird nach Bentele und Seidenglanz (2008, S. 72) fehlende Legitimität als das „zentrale Problem, auf dessen Lösung sich PR spezialisiert hat“, benannt.

Während jedoch Sendermodelle nur den Charakter, oder auch „Ethos“, betonen und Rezipientenmodelle auf die Wahrnehmung allein abzielen, beachten „Experience“-Modelle wie das von Bentele und Kollegen alle drei Dimensionen (vgl. Melican und Dixon 2008). Allerdings wird hier Glaubwürdigkeit als Unterkategorie von Vertrauen dargestellt, also nicht als alleinstehendes Konzept betrachtet. Die beiden Konzepte Vertrauen und Glaubwürdigkeit werden oft konzeptionell miteinander vermengt (vgl. Rouner 2008; Hoffjann 2011; Stamm und Dube 1994). Hinzu kommt, dass Glaubwürdigkeit in der PR oft in Bezug auf den Micro-Forschungskontext operationalisiert wurde. So bedienen sich Messungen zur Glaubwürdigkeit von Produkt-Vorankündigungen (vgl. Ernst und Schnoor 2000), zur Glaubwürdigkeit bei Wiederholungen der Aussagen (vgl. Koch und Zerback 2015), zur Glaubwürdigkeit von Produktplatzierungen (vgl. Wirth et al. 2009) oder zur Glaubwürdigkeit „grüner“ Werbeanzeigen (vgl. Schmidt und Donsbach 2012) alle unterschiedlicher, kontext-spezifischer Konzepte und entsprechender Operationalisierungen. Daher ist die Messbarkeit des Konzepts zwar in verschiedenen Kontexten durchdekliniert worden, und es stehen unterschiedliche Messinstrumente zur Verfügung, auf CSR lassen sich diese jedoch nur sehr bedingt anwenden. So misst zum Beispiel Schmidt und Donsbachs (2012) Glaubwürdigkeitsindex für die Inhaltsanalyse von Werbeanzeigen das Vorkommen von Öko-Labels, was in nicht-produktspezifischen Kontexten wie bei CSR-Berichten irrelevant ist. Es scheint also nahezu unmöglich, Glaubwürdigkeit für alle Formen der PR auf dieselbe Art und Weise zu bestimmen. In Hinblick auf die wachsende Unterdisziplin CSR-Kommunikation trifft das in doppeltem Maße zu.

3 Glaubwürdigkeit in der CSR-Kommunikation

Glaubwürdigkeit in der Kommunikation von CSR ist davon geprägt, dass Missgunst und Skepsis der Anspruchsgruppen bei dieser Art der PR von vornherein hoch sind (vgl. Waddock und Goggins 2011). Zum anderen sind gerade bei dieser auf Dialog ausgerichteten Kommunikationsform (vgl. Golob und Podnar 2014) Sender, Botschaft und Rezipient gleichzeitig zu beachten (vgl. Melican und Dixon 2008). Zudem kommt zum Tragen, dass CSR untrennbar mit der Frage der Legitimität von Unternehmen in der Gesellschaft verknüpft ist (vgl. Suchman 1995; Raupp 2011).

3.1 CSR und die Legitimität von Unternehmen in der Gesellschaft

Unternehmen als Teil der Gesellschaft anzusehen wirft die Frage auf, welche Verantwortung Unternehmen in der Gesellschaft haben. Zwar sind die ökonomischen und rechtlichen Verantwortlichkeiten relativ klar umrissen (vgl. Schwartz und Carroll 2003), ethische Fragen der Verantwortung unternehmerischen Handelns unterliegen jedoch sich wandelnden Ansprüchen und Erwartungen der heutigen heterogenen Gesellschaft(en). In den vergangenen 70 Jahren wurden solche ethischen Themen oft unter dem Deckmantel der CSR gestellt (vgl. Carroll 2015). In dieser Zeit kamen auch neue Bezeichnungen für das Konzept der gesellschaftlichen Verantwortung in Umlauf, wie „Nachhaltigkeit“, „bürgerschaftliches Engagement“, „Corporate Citizenship“ oder „nachhaltige Entwicklung“. CSR wird in diesem Beitrag daher als Oberbegriff verwendet, der diese Konzepte umfasst.

Ähnlich heterogen wurde auch versucht, CSR-Ansätze theoretisch einzuordnen. Garriga und Melé (2004) teilen CSR in instrumentelle, politische, integrative und ethische Ansätze ein. Lee und Carroll (2011) und Carroll (2015) geben einen historischen Überblick. Wieder andere haben versucht, CSR anhand der Definitionen zu klassifizieren (vgl. van Marrewijk 2003; Wan Saiful 2006). Erst kürzlich legten Schultz et al. (2013) eine Einteilung in instrumentelle, kommunikative und politisch-normative CSR vor, auf die hier Bezug genommen wird.

Instrumentelle CSR-Ansätze stellen den so genannten „Business Case“ in den Vordergrund. CSR ist hierbei ein Mittel, um die finanzielle Position des Unternehmens, also Umsatz und Gewinn, zu verbessern, zum Beispiel durch CSR-bezogene Marketingkampagnen (vgl. Du et al. 2010; Porter und Kramer 2006). Der jüngste kommunikative CSR-Ansatz bezieht sich auf die konstituierende Funktion von Kommunikation (vgl. Schöneborn und Sandhu 2013) und betrachtet CSR als Konzept, das erst durch Kommunikation entsteht (vgl. Castelló et al. 2013). In diesem Ansatz wird die „Communication constitutes organization“-Perspektive auf CSR angewandt. Politisch-normative Theorien erkennen die Komplexität heutiger Wirtschaftsräume an und betrachten CSR aus einer Legitimitätsperspektive (vgl. Crane et al. 2008; Scherer und Palazzo 2007). Sie stützen sich auf politische Theorien der Legitimität wie die Idee der deliberativen Demokratie (vgl. Habermas 1992). Neben „global corporate citizenship“ (vgl. Matten und Crane 2005) gehört dazu auch der Ansatz der „political CSR“ (vgl. Scherer und Palazzo 2007).

Dieser Richtung zufolge bewegen sich multinational operierende Konzerne heute in einem „postnationalen“, globalisierten Wirtschaftsraum, in dem der normativ-moralische Kontext breiter gefächert ist als zu Zeiten national begrenzter Wirtschaftsräume. Nationalstaaten haben ihre Rolle als dominante Akteure und Rahmengeber für ethische Normen und Verhaltensweisen teilweise an private Akteure wie Unternehmen verloren. In dieser von schwachen Nationalstaaten geprägten globalisierten Wirtschaftswelt haben Unternehmen eine „neue politische Rolle“ und übernehmen politische Aufgaben, die zuvor in staatlicher Verantwortung lagen. Durch freiwillige Kooperationen mit ihren Anspruchsgruppen, wie zum Beispiel Nichtregierungsorganisationen (NGO), füllen Unternehmen Regulierungslücken, die durch die Schwäche des Nationalstaates aufklaffen. Dabei helfen sie, globale Probleme, beispielsweise in der öffentlichen Gesundheit, zu lösen (vgl. Scherer und Palazzo 2007).

Diese neue politische Verantwortung von Unternehmen führt auch zu einem Wandel ihrer gesellschaftlichen Legitimität. Legitimität ist definiert als die Wahrnehmung, ob das Unternehmen „desirable, proper, or appropriate within some socially constructed system of norms, values, beliefs, and definitions“ ist (Suchman 1995, S. 574). Theoretisch stützt sie sich auf die Vertragstheorie, wonach Unternehmen nicht per se das Recht haben, in der Gesellschaft zu existieren, sondern sie eine „license to operate“ von ihrer Umwelt benötigen, um wirtschaften zu können (vgl. Donaldson und Dunfee 1999). Verließen Unternehmen sich hauptsächlich auf ihre pragmatische und kognitive Legitimität in der Gesellschaft (vgl. Suchman 1995), wäre im politisch-normativen CSR-Ansatz ein Wechsel zu moralischer Legitimität gegeben. Pragmatische Legitimität geht von der ressourcenbasierten Sichtweise auf Unternehmen aus und ist im Hinblick auf CSR dann gegeben, wenn gesellschaftliches Engagement zum „business case“ beiträgt. Kognitive Legitimität hingegen stützt sich auf neoinstitutionelle Theorien und besteht, wenn das Unternehmen sich den gesellschaftlichen Gegebenheiten anpasst, um institutionellem Druck zu begegnen (vgl. Scherer und Palazzo 2007; Suchman 1995). Moralische Legitimität ist wiederum auf gesellschaftliche Akzeptanz ausgerichtet und erreicht diese in deliberativem Diskurs, aufbauend auf den Prinzipien der deliberativen Demokratie und des kommunikativen Handelns nach Habermas (vgl. 1992; 1981). Ein Diskurs, der zu moralischer Legitimität führt, orientiert sich am Ziel der gegenseitigen Verständigung und des Konsenses: Die Teilnehmer tauschen ihre Positionen zu einem bestimmten Thema aus und einigen sich idealerweise mit ihren besten Argumenten auf einen gemeinsamen Nenner. Ziele des Unternehmens werden also mit den gesellschaftlichen Erwartungen abgestimmt. Moralische Legitimität ent- und besteht folglich aus einem Kommunikationsprozess. Das impliziert auch eine Wende von einem instrumentellen und Output-orientierten CSR-Ansatz hin zu einem kommunikativen und Input-orientierten Konzept der CSR (vgl. Palazzo und Scherer 2006, S. 79), der in der politischen CSR Ausdruck findet.

Um effizient zu kommunizieren, sprich moralische Legitimität zu erlangen, sollten Unternehmen also einen Dialogprozess in Gang bringen, der auf Konsensbildung ausgelegt ist (vgl. Habermas 1981). Denn wie Bentele und Seidenglanz richtig anmerken, ist „[f]ehlende Legitimität […] das zentrale Problem, auf dessen Lösung sich PR spezialisiert hat“ (2008, S. 72), und CSR-Kommunikation ist hierfür eine der wichtigsten Unterformen.

3.2 Die Schwierigkeit der Kommunikation von CSR an verschiedene Anspruchsgruppen

CSR-Kommunikation gilt Unternehmen folglich als Mittel, die „license to operate“ zu erhalten, die ihnen von verschiedenen Stakeholdern zu- und auch abgesprochen werden kann (vgl. Freeman et al. 2010). Anspruchsgruppen wollen je nach ihren Bedürfnissen angesprochen werden, weshalb effektive CSR-Kommunikation auf die einzelnen Stakeholder zugeschnitten sein sollte (vgl. Johansen und Nielsen 2011). In diesem Sinne kann CSR auch als Management von Stakeholder-Erwartungen angesehen werden. Morsing und Schultz (2006) identifizieren drei CSR-Kommunikationsstrategien, die „Stakeholder information“-, die „Response“- und die „Involvement“-Strategie, die durch Einwege-, Zweiwege- und prozessorientierte Kommunikation charakterisiert sind. Erst kürzlich hielt auch der an Luhmann angelehnte „Communication constitutes organization“-Ansatz Einzug in die CSR-Kommunikation (vgl. Castelló et al. 2013).

Der Prozess der CSR-Kommunikation nutzt prinzipiell alle Kommunikationskanäle, die auch der klassischen PR zur Verfügung stehen, seien es Print, Online oder persönliche Ansprache, und auch dieselben Medien, wie zum Beispiel Werbeanzeigen, Blogs oder Berichte (vgl. Röttger et al. 2014). Jedoch gelten nicht alle Instrumente der PR als gleichermaßen effektiv. Eines der wichtigsten Medien in diesem Bereich ist der CSR-Bericht (auch Nachhaltigkeitsbericht; vgl. Hooghiemstra 2000). Auf dieses Instrument trifft das Paradox der CSR-Kommunikation (vgl. Waddock und Goggins 2011) am meisten zu: Je mehr CSR-Berichte Unternehmen veröffentlichen, desto größer ist das Misstrauen gegenüber diesen Publikationen.

3.3 Beispiel unglaubwürdiger CSR-Kommunikation: CSR-Berichte

CSR-Berichte sind „eigenständige Unternehmensberichte […], die über die unternehmerische Verantwortung […] und gesellschaftliches Engagement Auskunft geben, oder herkömmliche Geschäftsberichte, die durch dieses Thema ergänzt werden“ (Biedermann 2008, S. 353). Sie gelten als die offiziellen Publikationen des Unternehmens zum Thema CSR. Ihre Bedeutung wird noch dadurch unterstrichen, dass die Europäische Union diese Form der Berichterstattung ab 2017 verpflichtend für große börsennotierte Unternehmen gemacht hat (vgl. Europäische Union 2014).

CSR-Berichte sind Hybride: Einerseits sind sie das Ergebnis der CSR-Aktivitäten, andererseits dienen sie, durch ihren Erstellungsprozess, bei dem idealerweise mehrere Stakeholdergruppen beteiligt sind, auch als Input für die CSR-Strategie. Sie sind folglich Vermittler der CSR-Botschaften und können daher in allen drei CSR-Kommunikationsstrategien (vgl. Morsing und Schultz 2006) zum Einsatz kommen. Stakeholder-Erwartungen können durch CSR-Berichterstattung befriedigt werden (vgl. Hahn und Kühnen 2013; Fifka 2013). Arvidsson (2010) sieht in ihnen einen Weg für Unternehmen, Legitimität zu erlangen, weshalb CSR-Berichte auch als eine Art „moral disclosure“ bezeichnet werden (vgl. Reynolds und Yuthas 2008).

Momentan befinden sich CSR-Berichte in einer Glaubwürdigkeitskrise. Stakeholder und Wissenschaftler kritisieren sie als unglaubwürdig, weil Unternehmen in dieser Form der freiwilligen Berichterstattung nahezu frei entscheiden können, was sie berichten (und was nicht) und wen sie ansprechen wollen (vgl. Lock und Seele 2015; Perrini 2005). Dieser Spielraum hat dazu geführt, dass CSR-Berichte oft nur „Rosinenthemen“ beleuchten und daher kaum untereinander vergleichbar sind, nur wenige Anspruchsgruppen ansprechen und drängende gesellschaftliche Fragen unberührt lassen (vgl. Milne und Gray 2013). So wurde in einer Inhaltsanalyse europäischer CSR-Berichte festgestellt, dass diese Publikationen in Bezug auf ihre Glaubwürdigkeit noch großes Verbesserungspotential aufweisen, da sie aktuell nicht als besonders glaubwürdig eingestuft werden (vgl. Lock und Seele 2016). Die wahrgenommene Unglaubwürdigkeit dieses Instruments rührt von einer Entkopplung unternehmerischen Handelns und dessen Kommunikation her und führt zu starkem Misstrauen der Stakeholder (vgl. Basu und Palazzo 2008). So wurde der CSR-Bericht der Deutschen Bank als „unsägliche Augenwischerei“ bezeichnet, weil er verschleiert, dass die Bank trotz anderslautender Medienberichte weiterhin mit Grundnahrungsmitteln spekuliert (vgl. Bremser 2012). Solche Inkonsistenzen zwischen „words and deeds“ stellen die moralische Legitimität von Unternehmen in Frage (vgl. Claasen und Roloff 2012) und führen zu „Greenwashing“-Vorwürfen (vgl. Gatti und Seele 2014). Ein Vertreter der NGO-„Erklärung von Bern“ sagte im Züricher Tages-Anzeiger dazu: „Die CSR-Berichte kann man rauchen […], die sind ein Feigenblatt und dienen nur zur Eigenwerbung.“ (vgl. Fischer 2012) Dadurch tut sich eine „Glaubwürdigkeitskluft“ (vgl. Dando und Swift 2003) zwischen Unternehmen und ihren Anspruchsgruppen auf. Diese Kluft ist nachteilig für Unternehmen wie Stakeholder: Zum einen können Unternehmen nicht mehr effektiv über ihr gesellschaftliches Engagement kommunizieren, zum anderen werden die Erwartungen der Stakeholder nicht erfüllt. Dies gefährdet ihre gesellschaftliche „license to operate“ und ihre moralische Legitimität (vgl. Claasen und Roloff 2012).

Volkswagen bekennt sich in seinem Nachhaltigkeitsbericht 2014 noch zu dem strategischen Ziel der Reduzierung von Emissionen und schreibt: „Wir stehen dafür, dass umweltfreundliche Produkte keine Verzichtserklärung bedeuten, sondern mit Spitzentechnologie, Komfort und Sicherheit im Einklang stehen. Zu den herausgehobenen Zielen gehört es, die CO2-Emissionen der europäischen Pkw-Neuwagenflotte bis 2020 auf 95 g/km zu senken.“ (Volkswagen 2014, S. 86) Da diese Aussage, wie heute bekannt ist, jedoch entkoppelt vom unternehmerischen Handeln des Konzerns war, ist ihre Glaubwürdigkeit nicht gegeben. Im Falle VW steht allerdings nicht nur die moralische Legitimität auf der Kippe, sondern auch die Betriebslizenz des Unternehmens aufgrund der wahrscheinlich illegalen Manipulationen und der zu erwartenden Strafzahlungen.

Coombs und Holladay (2013) warnen in solchen Fällen vor dem „Pseudo-Panoptikum“, das durch CSR-Berichte hergestellt wird. Sie meinen damit die Illusion von Transparenz, die durch die Berichterstattung aufrechterhalten wird, obwohl es eigentlich (absichtlich) gar keinen Einblick in das unternehmerische Handeln gibt.

Trotz der zentralen Rolle der Glaubwürdigkeit in der CSR-Kommunikation und obwohl unglaubwürdige CSR-Kommunikation erwiesenermaßen negative Auswirkungen auf Unternehmen hat, gibt es keinen goldenen Weg, wie die „Glaubwürdigkeitskluft“ überwunden werden kann.

Miles et al. (2006) schlagen als Ausweg strategische Kommunikation vor, welche die Absichten des Top-Managements effektiv an die Stakeholder weitergibt. Solch instrumentelle CSR-Kommunikation ist allerdings oft entkoppelt von den CSR-Aktivitäten und darauf ausgerichtet, ein möglichst wohlwollendes Bild des Unternehmens zu erzeugen (vgl. Morsing und Schultz 2006). Diese Strategie hat sich in der Vergangenheit als nicht besonders effektiv erwiesen, wie die „Glaubwürdigkeitskluft“ zeigt.

Dagegen ist eine Form der CSR-Kommunikation, die den Erhalt moralischer Legitimität zum Ziel hat, besser geeignet, diese Kluft zu überwinden. Dem politisch-normativen CSR-Ansatz folgend, kann Glaubwürdigkeit durch deliberativen Diskurs, der auf kommunikativem Handeln aufbaut, (wieder-)hergestellt werden (vgl. Habermas 1981).

4 Diskussion: Der legitimitätsbasierte Glaubwürdigkeitsansatz

Die Verbindung zwischen dialogischer Kommunikation und Legitimität wurde vor allem in der Politikwissenschaft im Hinblick auf den Ansatz der deliberativen Demokratie aufbereitet. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der Legitimation politischer Institutionen und Entscheidungen durch ein inputorientiertes Modell, bei dem die Beratung über politische Fragen unter Partizipation möglichst vieler Bürger im Vordergrund steht (vgl. Chang und Jacobson 2010). Die politische CSR-Forschung hat diese Idee aufgegriffen und auf die Beziehungen zwischen Unternehmen und Gesellschaft angewandt, beziehungsweise auf die Legitimation von Unternehmen und deren CSR-Aktivitäten (vgl. Scherer und Palazzo 2007).

4.1 Die vier Geltungsansprüche als Basis glaubwürdiger CSR-Kommunikation

Moralische Legitimität wird in der politischen CSR durch deliberativen Diskurs verschiedener Akteure über gesellschaftliche Probleme erlangt, meist in Form von Multi-Stakeholder-Initiativen (vgl. Mena und Palazzo 2012). Ein glaubwürdiger Kommunikationsprozess zwischen Unternehmen und Stakeholdern führt schließlich zu moralischer Legitimität. Glaubwürdigkeit ist eines der Fundamente von Legitimität (vgl. Coombs 1992), und ihre wichtige Stellung im CSR-Kommunikationsprozess verlangt nach einer Konzeptualisierung, welche die Idee der unternehmerischen moralischen Legitimität beinhaltet. Ein solcher Glaubwürdigkeitsbegriff sollte außerdem die Fixierung auf den Sender beziehungsweise auf das Vertrauen zwischen Sender und Rezipient überwinden und die drei Dimensionen Sender, Botschaft und Rezipient im Sinne eines „Experience“-Modells mit einbeziehen.

Der politische Ansatz der CSR (vgl. Scherer und Palazzo, 2007) kann durch seine theoretische Verankerung in Habermas’ deliberativem Demokratiemodell und in der Theorie des kommunikativen Handelns zu einem neuen, legitimätsbasierten Glaubwürdigkeitsbegriff in der CSR-Kommunikation beitragen. In der Theorie des kommunikativen Handelns kritisiert Habermas die Institutionen der Öffentlichkeit dafür, dass sie Botschaften manipulieren, direkteren Zugang zu den Medien genießen und professionellere Kommunikationstechniken benutzen als andere zivilgesellschaftliche Gruppen, sprich, strategisch handeln. Strategisches Handeln ist dadurch geprägt, dass eine Partei Macht über andere ausübt (vgl. Habermas 1981). Diesem teleologischen Modell setzt Habermas als alternative Handlungstheorie das kommunikative Handeln entgegen, das auf gegenseitige Verständigung und Übereinkunft aller Diskursteilnehmer ausgerichtet ist. Solch kommunikatives Handeln findet in der idealen Sprechsituation statt, in der alle Diskursteilnehmer vier Geltungsansprüche einlösen müssen, damit ein Konsens stattfinden kann. Diese vier Geltungsansprüche sind:

  • Verständlichkeit: Die Sprachakte sind verständlich.

  • Wahrheit: Die Sprachakte sind objektiv wahr.

  • Wahrhaftigkeit: Die Teilnehmer sind aufrichtig.

  • (Normative) Richtigkeit: Der Sprachakt ist richtig in seinem normativ-moralischen Kontext.

Nur wenn die Diskursteilnehmer alle vier Geltungsansprüche einhalten und auch gegenseitig unterstellen, kann der Diskurs zu einem Konsens führen und daher kommunikatives Handeln stattfinden. Im Alltag sind diese Geltungsansprüche implizit, in Verhandlungssituationen werden sie explizit, und das beste Argument gewinnt (vgl. Johnson 1993; Chappell 2012). Diese Theorie hat in der PR bereits Burkart zum verständigungsorientierten Modell der Öffentlichkeitsarbeit ausgearbeitet (vgl. Burkart 2012), für die CSR-Kommunikation jedoch noch nicht näher betrachtet. Die Theorie des kommunikativen Handelns ist die Grundlage für Habermas’ deliberativen Demokratieansatz (vgl. Chappell 2012), der wiederum als theoretische Basis der politischen CSR dient (vgl. Habermas 1992; Young 2004). Wenn also alle Teilnehmer verständlich, wahr, wahrhaftig und normativ richtig kommunizieren, kann die Kommunikation als glaubwürdig angesehen werden (vgl. Seele und Lock 2015). Außerdem vereint der legitimitäsbasierte Ansatz sowohl die Idee der „source credibility“ (Geltungsanspruch Wahrhaftigkeit) als auch das Vertrauen des Rezipienten in die Aussage (Wahrhaftigkeit, Wahrheit). Hinzugefügt werden noch die Ansprüche an die Verständlichkeit der Aussage, die auch als notwendige Bedingung der idealen Sprechsituation angesehen wird (vgl. Zinkin 1998), sowie der normativ-ethische Kontext des Diskurses, der wiederum die Idee der spezifischen Stakeholderansprache der CSR-Kommunikation aufgreift. Solche Kommunikation orientiert sich am Ziel der gegenseitigen Verständigung (vgl. Habermas 1981), was auch dem kommunikativen oder moralischen Zugang zur Legitimität im Sinne der politischen CSR entspricht (Scherer et al. 2013, S. 480).

4.2 Stärken und Schwächen des legitimitätsbasierten Ansatzes

Dieser legitimitätsbasierte Ansatz der CSR-Kommunikation besitzt einige Stärken und Schwächen, auf die hier kurz eingegangen werden soll.

Die vier Geltungsansprüche bergen hohes analytisches Potential für konkrete Kommunikationssituationen, wie schon in einigen wenigen Studien festgestellt wurde (z. B. Forester 1992; Reynolds und Yuthas 2008; Chang und Jacobson 2010). Somit sind sie, obgleich grundsätzlich normativ, auch dazu geeignet, für empirische Forschung operationalisiert zu werden. Als Beispiel mag hier eine quantitative Untersuchung europäischer CSR-Berichte dienen (vgl. Lock und Seele 2016): Hier wurden die vier Geltungsansprüche für das Codebuch einer Inhaltsanalyse operationalisiert, um die Frage zu beantworten, ob CSR-Berichte europäischer Unternehmen glaubwürdig sind. Festgestellt wurde, dass die Berichte oft nicht sehr verständlich sind, was die Autoren als Voraussetzung glaubwürdiger Kommunikation beschreiben. Ein legitimitätsbasiertes Glaubwürdigkeitskonzept wie hier vorgeschlagen geht aber einen Schritt weiter, da es nicht ausschließlich auf die Botschaft abhebt, sondern die drei Dimensionen Sender, Rezipient und Botschaft mit der Idee der moralischen Legitimität verknüpft. Daher wird der gesamte Prozess der CSR-Kommunikation beleuchtet.

Als eine Schwäche der Theorie des kommunikativen Handelns mag gelten, dass sie normativ ist, sie kann daher als utopisch und nicht umsetzbar aufgefasst werden (Zerfass 2004). Aber gerade darin liegt wiederum ihre Stärke: Auch wenn die vier Geltungsansprüche nicht immer und in gleichem Maße erfüllt werden können, so dienen sie doch als Ideal, nach dem die Diskursteilnehmer streben können. Für Unternehmen können sie folglich als Handlungsmaßstab gelten, ähnlich einem Code of Conduct, der in CSR und Compliance ebenfalls weit verbreitet ist. Johnson (1993) argumentiert außerdem, dass Habermas’ Gegenüberstellung von strategischem Handeln als teleologisch im Gegensatz zu kommunikativem Handeln so nicht richtig ist, da auch das Ziel des Konsenses im Kommunikationsprozess teleologisch ist. Im Unternehmenskontext führt dieser Umstand allerdings eher zu Realitätsnähe denn -ferne, da unternehmerisches Handeln in den allermeisten Fällen ein konkretes Ziel verfolgt.

Weiterhin kann als Schwäche angesehen werden, dass diese Theorie in manchen Situationen nicht oder nur schlecht anwendbar ist, weder als Handlungsmaßstab noch zur Forschung. Bei massenmedialer Kommunikation kann zum Beispiel kaum von kommunikativem Handeln ausgegangen werden, da sie unidirektional verläuft. Geht es aber um CSR-Kommunikation, die als dialogisch charakterisiert wird (vgl. Golob und Podnar 2014), können die Geltungsansprüche angewandt werden, wie das Beispiel CSR-Berichte zeigt (vgl. Lock und Seele 2016).

4.3 Die Überbrückung der Glaubwürdigkeitskluft im CSR-Kommunikationsprozess

Trotz der kurz diskutierten Schwächen des Ansatzes bildet die Theorie des kommunikativen Handelns die theoretische Brücke, um die „Glaubwürdigkeitskluft“ zwischen Unternehmen und ihren Anspruchsgruppen in der CSR-Kommunikation zu überwinden. Wenn Unternehmen wie auch ihre Stakeholder in der CSR-Kommunikation die vier Geltungsansprüche einlösen, entweder durch die Sender direkt oder indirekt durch die Kommunikationsmedien, kann Glaubwürdigkeit im Diskurs wieder hergestellt werden. Im Falle Volkswagen und dessen CSR-Bericht aus dem Jahre 2014 bedeutet dies, dass nicht nur das Unternehmen auf seine Glaubwürdigkeit hin bewertet wird, sondern gleichzeitig seine Botschaften (verpackt im CSR-Bericht), deren Wahrnehmung und die des Senders. Der legitimitätsbasierte Ansatz unterzieht also den gesamten Kommunikationsprozess einer Prüfung.

Dadurch wird eine „communicative relationship that results in a rationally motivated discussion about the right solution to a particular problem“ (Golob und Podnar 2011, S. 234) aufgebaut. Somit erfüllt die CSR-Kommunikation eine der Hauptaufgaben der PR: den kontinuierlichen Vertrauenserwerb und das Herstellen eines gesellschaftlichen Konsenses (Bentele 1997). Durch solch „moralisierende Kommunikation“ (Castelló et al. 2013) wird schließlich moralische Legitimität erlangt beziehungsweise wiederhergestellt.

Ein legitimitätsbasierter Ansatz der Glaubwürdigkeit in der CSR-Kommunikation ist also im Sinne Jackobs (2008) ein „experience model“: Es ist ein handlungsorientierter Ansatz, der die Interaktion, also den Diskursprozess zwischen Sender, Botschaft und Rezipient, zum Gegenstand hat. Der Sender muss verständliche, wahre, wahrhaftige und normativ richtige Botschaften senden, und der Rezipient muss sowohl dem Sender als auch der Botschaft ebendiese vier Geltungsansprüche unterstellen. Glaubwürdigkeit soll daher nicht im Sinne Luhmanns (2000) als Mittel zur Reduktion sozialer Komplexität verstanden werden, sondern als kommunikatives Handeln, das die moralische Legitimität des Unternehmens in der Gesellschaft im Kommunikationsprozess aufbaut und aufrechterhält.

5 Fazit und Forschungsausblick

Wie schon Forester (1992, S. 47–48) angemerkt hat: „Habermas’s sociological analysis of communicative action […] has a vast and yet unrealized potential for concrete social and political research.“ In der PR-Forschung, vor allem vertreten durch Burkart (2012), wird das Potential der Habermas’schen Theorien auch zunehmend für die CSR-Kommunikation erkannt (Golob und Podnar 2014; Reynolds und Yuthas 2008; Seele und Lock 2015), vor allem durch den politisch-normativen Ansatz der CSR (Scherer und Palazzo 2007). Im politisch-normativen Ansatz der CSR-Kommunikation wird Kommunikation als zentral für das Konzept der CSR angesehen, da durch glaubwürdige Kommunikation mit den Stakeholdern vertrauensvolle Beziehungen und moralische Legitimität aufgebaut werden können. Kommunikation und CSR sind also untrennbar miteinander verknüpft.

Allerdings hat auf konzeptioneller Ebene noch keine systematische Reflexion über einen der zentralen kommunikativen Mechanismen der CSR, nämlich die Glaubwürdigkeit, stattgefunden. Dieser Beitrag hat sich das zum Ziel gesetzt und präsentiert zusätzlich zu einem prägnanten Überblick über die existierenden Glaubwürdigkeitskonzepte in PR und CSR einen neuen Ansatz. Diese legitimitätsbasierte Herleitung von Glaubwürdigkeit in der CSR-Kommunikation legt nicht nur die Erlangung von Legitimität als eines der Hauptziele der CSR zugrunde, sondern sie berücksichtigt auch Sender, Botschaft und Rezipient. Mit dem Rückgriff auf die Habermas’sche Theorie des kommunikativen Handelns knüpft dieses Konzept einerseits an bestehende Ansätze in der PR- und der CSR-Forschung an, andererseits führt es die CSR-Kommunikationsforschung mit den Geltungsansprüchen näher an die Grundlagen der Theorie heran. Zudem wird der Fokus, im Sinne eines „experience models“, auf den gesamten Kommunikationsprozess gelenkt. Daraus ergibt sich unter anderem folgendes Potential für die weitere Forschung. Quantitative Analysen der idealen Sprechsituation sind in der Kommunikationswissenschaft rar gesät (Ausnahmen bestehen zum Beispiel in den Studien von Chang und Jacobson 2012 oder Lock und Seele 2016), wohingegen qualitative Analysen etwas häufiger anzutreffen sind (z. B. Burkart und Russmann 2010; Cukier et al. 2004). Im Bereich quantitativer Forschung wäre der vorgeschlagene Glaubwürdigkeitsansatz etwa mit Experimenten näher zu untersuchen. So könnte beispielsweise getestet werden, wie CSR-Berichte wahrgenommen werden. Angesichts der Kritik, dass diese Berichte inhärent unglaubwürdig sind, könnte gemessen werden, welcher Geltungsanspruch bei dieser Form der Kommunikation fehlt beziehungsweise schwach ausgeprägt ist. Auch das Zusammenspiel der vier Geltungsansprüche könnte dabei näher beleuchtet werden. Dies würde die Entwicklung einer Skala zur Messung dieses Glaubwürdigkeitsansatzes voraussetzen. Im Bereich qualitativer Forschung wäre es interessant, Multi-Stakeholder-Initiativen, die als eine der Säulen des politischen CSR-Ansatzes gelten, näher zu betrachten. So könnten zum Beispiel Treffen zwischen Unternehmen und NGOs beobachtet und die stattfindende Kommunikation in Verbindung mit den Geltungsansprüchen analysiert werden, um die Glaubwürdigkeit des Kommunikationsprozesses zu untersuchen.

Auch für Unternehmen birgt der legitimationsbasierte Glaubwürdigkeitsansatz Potential. Sie können ihre Kommunikation anhand der vier Geltungsansprüche auf Glaubwürdigkeit prüfen. Relativ einfach können somit Pressmitteilungen zum gesellschaftlichen Engagement oder auch Inhalte von CSR-Berichten intern in Bezug auf ihre Verständlichkeit, Wahrheit, Wahrhaftigkeit und normative Richtigkeit überprüft werden, bevor sie nach außen gelangen. Außerdem können die Geltungsansprüche als normatives Ideal dienen, an dem sich Unternehmen wie auch Stakeholder orientieren. Auf längere Sicht lässt sich so die „Glaubwürdigkeitskluft“ zwischen Unternehmen und ihren Anspruchsgruppen möglicherweise verringern und die kritische Wahrnehmung der CSR-Kommunikation durch die Stakeholder reduzieren. Um effektiv zu kommunizieren, muss die „unsägliche Augenwischerei“ (Bremser 2012) bei dieser Form der PR ein Ende haben, so dass vertrauensvolle Beziehungen zwischen Unternehmen und ihren Stakeholdern aufgebaut und dadurch die Legitimität der Unternehmen in der Gesellschaft (wieder) gefestigt werden.