1 Was sind Faultlines und warum sind sie wichtig?

Der Begriff „Diversity“ beschreibt die Verschiedenartigkeit oder Vielfalt von Menschen, die in einer sozialen Einheit vorzufinden sind. Es handelt sich dabei um ein Phänomen, das in der Forschung auf der Analyseebene von Arbeitsgruppen, Abteilungen oder Organisationen definiert und untersucht wird (Wegge und Schmidt 2015). Obwohl die Auswirkungen von Diversität schon lange auch empirisch untersucht werden, gibt es leider noch keine einheitliche Berechnungsvorschrift zur Bestimmung der Diversität (synonym: Heterogenität) einer Organisation, Abteilung oder Gruppe. Zur Beschreibung der Zusammensetzung werden unterschiedlichste Kennzahlen herangezogen, etwa Maximal- und Minimalwerte, Mittelwerte, Varianzen und Distanzmaße. Die Vielzahl dieser Kennwerte erschwert einen Vergleich der einzelnen Studien, die die Auswirkungen von Diversität untersucht haben. Harrison und Klein (2007) haben versucht, hier Ordnung zu schaffen, indem sie drei Grundtypen von Diversität unterscheiden. Diversität kann demnach als Spaltung der Gruppe, als Vielfalt und auch als Ungleichheit beschreiben werden. Auf Grund der unterschiedlichen Operationalisierung fällt insbesondere die Definition des Maximums von Diversität verschieden aus (siehe Tab. 1).

Tab. 1 Hauptmerkmale verschiedener Diversitäts-Typen und deren Bedeutung für die Messung am Beispiel der Altersdiversität in Teams (nach Harrison und Klein 2007)

Verschiedene Operationalisierungen von Diversität könnten ein Grund für die inkonsistenten Forschungsergebnisse sein. Die Meta-Analyse von Bell et al. (2011) hat daher versucht, solche Unterschiede nachzuweisen. Mit Blick auf das Alter wurden genügend publizierte Studien gefunden, um alle drei Operationalisierungen miteinander vergleichen zu können. Die Ergebnisse waren aber enttäuschend, da sich keine substantiellen Unterschiede aufgrund der verwendeten Diversitäts-Konzepte ergaben. Einige Kritiker dieser Taxonomie behaupten deswegen, dass diese Klassifikation immer noch am eigentlichen Kern des Problems vorbeigeht. Das Hauptproblem besteht darin, dass sehr oft lediglich die Verteilung eines singulären Attributs innerhalb einer Gruppe Gegenstand der Betrachtung ist. Dies reicht aber weder theoretisch noch praktisch aus, will man Effekte der real vorhandenen Diversität in sozialen Einheiten messen und managen.

Strebt man an, die gleichzeitige Verteilung mehrerer Attribute innerhalb einer Gruppe zu analysieren (z. B. Alter, Geschlecht, Ethnizität), bietet sich der Faultline-Ansatz an. Dieser versucht, der Mehrdimensionalität des Diversitätskonstrukts gerecht zu werden, indem gleichzeitig mehrere Attribute und die Interdependenzen dieser Merkmale beachtet werden. Wenn zum Beispiel alle älteren Personen einer Gruppe gleichzeitig auch Männer und alle jüngeren Personen Frauen sind, kann von dieser Teamzusammensetzung eine ganz andere Wirkung ausgehen, als wenn das Geschlecht und das Alter der Teammitglieder nicht systematisch korrelieren. Die Faultline-Theorie wurde erstmals von Lau und Murnighan (1998) in Analogie zu dem geologischen Begriff der Erdbebenlinie zwischen zwei tektonischen Platten vorgestellt. Sie definieren Faultlines als „hypothetical dividing lines that may split a group into subgroups based on one or more attributes“ (Lau und Murnighan 1998, S. 328). Auf Basis von Merkmalsaufreihungen können demnach hypothetische Trennlinien abgeleitet werden, die eine Gruppe in potentiell homogene Subeinheiten teilen (siehe Abb. 1). Als treffende deutsche Übersetzung wurde der Begriff „Gruppenbruchlinie“ eingeführt (Nerdinger et al. 2014).

Abb. 1
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Diversität im Sinne des Faultline-Ansatzes (nach Breu et al. 2010)

Basierend auf Theorien der sozialen Identität und Selbstkategorisierung sollten sich Faultlines klar negativ auf Teamergebnisse auswirken, da sich Teammitglieder aufgrund ihrer (Un‑)Ähnlichkeit mit ihrer homogenen Subgruppe identifizieren und diese bevorzugen, anstatt mit dem Team zu kooperieren. Für die Richtigkeit dieser Überlegung sprechen einige Studien. Thatcher und Patel (2012) haben einen Review zu den Auswirkungen von Faultlines vorgelegt. Die erwarteten negativen Effekte von stark ausgeprägten Faultlines (mehr Teamkonflikte, geringere Teamleistung und Team-Zufriedenheit) wurden bestätigt. Ebenso zeigten die Autoren, dass diese Effekte über die negativen Auswirkungen einzelner Diversitätsattribute wie Alter und Geschlecht hinausgehen. Letzteres wurde u. a. bei einer Studie in der Verwaltung gefunden, in der Faultlines auf Basis des Alters, Geschlechts und der Betriebszugehörigkeit verglichen mit geläufigen Diversitätsmaßen (Standardabweichung, Blau-Index) besser das Ausmaß kognitiver Konflikte erklärten (Breu et al. 2010).

Thatcher und Patel (2012) betonen in ihrem Review auch, dass bestimmte Charakteristika des Teams (v. a. die Gruppengröße sowie die Anzahl und Verteilung der Subgruppen) bei der Analyse zu beachten sind. Allerdings ist die Berechnung von Faultlines dann sehr komplex. Der erste Ansatz zur Ermittlung von Faultlines von Thatcher et al. (2003) beschreibt die Kalkulation eines Wertes für die Stärke der Faultline (FAU-strength, Ähnlichkeit von Subgruppen im Team). Er wurde später um zwei Maße ergänzt, welche die Breite der Faultline (FAU-distance, Verschiedenheit zwischen Subgruppen) und die Gesamtausprägung der Faultline (FAU-total, Kombination von Stärke und Breite) bestimmen (Bezrukova et al. 2007). Dieser Ansatz hat die Einschränkung, dass immer von zwei Subgruppen im Team ausgegangen wird. Daher haben Meyer und Glenz (2013) ein clusteranalytisches Maß entwickelt (ASW), das die Anzahl der Subgruppen empirisch bestimmt und die Existenz von mehr als zwei Subgruppen zulässt. Einen Überblick zu den üblichen Faultline-Maßen inklusive deren Berechnung liefern Meyer et al. (2014).

2 Neuere Ergebnisse der Faultline-Forschung

Zunehmend beschäftigt sich die Faultline-Forschung mit der Frage, unter welchen Bedingungen sich starke Faultlines weniger negativ auswirken. Hierfür untersuchten Jehn und Bezrukova (2010) die Variable „Teamidentifikation“ als möglichen Moderator. Sie konnten nachweisen, dass eine hohe Teamidentifikation den negativen Einfluss einer aktivierten Faultline auf die Teamprozesse signifikant abschwächt. Im Fokus der Studie von Kunze und Bruch (2010) standen altersbasierte Faultlines. Diese sind in einem Team stark ausgeprägt, wenn sich die Teammitglieder gleicher Altersgruppen ebenfalls hinsichtlich Geschlecht und Betriebszugehörigkeit von den anderen Teammitgliedern unterscheiden. Die Studienergebnisse zeigten, dass transformationale Führung den negativen Effekt altersbasierter Faultlines auf die subjektive Einschätzung des leistungsorientierten Teamzusammenhalts moderiert. Insbesondere wenn transformationale Führung gering ausgeprägt war, konnte ein starker negativer Zusammenhang zwischen altersbasierten Faultlines und dem Teamzusammenhalt festgestellt werden.

Eine aktuelle Studie thematisiert, inwieweit eine positive Einstellung des Teamleiters bezüglich der Diversität den negativen Einfluss aktivierter Faultlines auf die Zusammenarbeit in Teams kompensieren kann (Schölmerich et al. 2016). Diese Befragung ergab, dass eine starke sozio-demographische Faultline, die Alter und Geschlecht beinhaltete (nicht jedoch eine erfahrungsbasierte Faultline, die die Dauer der Teamzugehörigkeit und den Bildungsabschluss beinhaltete) negativ mit dem Gruppenzusammenhalt und positiv mit sozialen Faulenzen assoziiert war. Diese Zusammenhänge wurden durch eine positive Einstellung des Teamleiters gegenüber Diversität signifikant abgeschwächt. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass ein Teamleiter, der Diversität wertschätzt, sein Team nicht in Subgruppen unterteilt und somit das Auftreten von Barrieren reduziert. Eine fehlende positive Einstellung des Teamleiters gegenüber Diversität führt wiederum dazu, dass Teammitglieder in Teams mit starken Faultlines häufig ihre Aufgaben vernachlässigen und auf Andere abwälzen, also vermehrt sozial Faulenzen (Schölmerich et al. 2016).

Eine weitere Entwicklung in der Faultline-Forschung liefert die Studie von Meyer et al. (2015), da sie erstmalig die Prozesse auf der Ebene der Subgruppen unter die Lupe nimmt. Die Autoren nahmen an, dass innerhalb eines Teams unterschiedliche Prozesse in verschiedenen Subgruppen stattfinden und die Faultlines nicht nur die Teamleistung beeinflussen, sondern auch die individuelle Leistung von Teammitgliedern. Ihr Interesse galt besonders der Bedingung, wenn der Teamleiter ein Mitglied einer Subgruppe ist. Dies ermöglicht der Subgruppe einen besseren Zugang zu Ressourcen und Informationen sowie einen Einfluss auf Entscheidungen. Zudem erwarteten die Autoren, dass Teammitglieder insbesondere während einer Krise nach Halt und Unterstützung innerhalb der eigenen Subgruppe suchen. Diese Annahmen haben Meyer et al. (2015) in einer Stichprobe von 3263 Finanzberatern in 325 Teams untersucht. Um die Stärke der Faultlines zu bestimmen wurden Betriebszugehörigkeit, Alter und Geschlecht herangezogen und mithilfe des clusteranalytischen Maßes (ASW) von Meyer und Glenz (2013) berechnet. Wie erwartet zeigte sich, dass die Leistung in einer Krisensituation allgemein sank und der Effekt bei den Teammitgliedern signifikant stärker ausfiel, die einer Subgruppe ohne Teamleiter angehörten. Damit wurde bestätigt, dass stark ausgeprägte Faultlines in einer Krisensituation besonders bei Subgruppen ohne Teamleiter (also ohne Zugang zu zusätzlichen Ressourcen) die Leistung beeinträchtigen.

Insgesamt sprechen die neueren Ergebnisse in der Faultlines-Forschung für die Betrachtung mehrerer Ebenen (Subgruppenebene, Führungskraftebene). Zudem sollten relevante Moderatoren einbezogen werden. Zum Beispiel ist die Art der Faultline (soziodemographisch vs. erfahrungsbasiert) für die Auswirkung auf die Teamprozesse und individuelle Leistung der Teammitglieder von großer Bedeutung. Ebenso wichtig ist die Rolle der Führungskraft, v. a. hinsichtlich der Wertschätzung von Diversität. Ein guter Teamleiter sollte stets bemüht sein, allen Subgruppen die notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, besonders in Krisenzeiten. Im Sinnes des Reviews von Richard et al. (2009) zur Berücksichtigung der Kontextvariablen bei der Messung organisationaler Leistung, sollten zudem künftige Studien zu Faultlines weitere potentielle Einflüsse berücksichtigen, z. B. besondere Branchenmerkmale oder die Tätigkeitsanforderungen im Team.

3 Auswirkungen von Faultlines in der Produktion: Neue Befunde

Arbeitstätigkeiten in der Automobilproduktion sind durch kurzzyklische, monotone Arbeitsaufgaben und hohe körperliche Arbeitsanforderungen sowie eine hohe Interdependenz der Teammitglieder geprägt (Frieling et al. 2013; Beal et al. 2003). Diese speziellen Charakteristika unterscheiden sich von den Aufgaben, die meist im Fokus der Forschung zur Teamdiversität stehen, weil weniger Kreativität, Innovation und Problemlösung gefordert ist. Dennoch erfordern auch Tätigkeiten in der Produktion eine gute Zusammenarbeit der Teammitglieder. Prinzipiell haben z. B. alle Mitarbeiter die Aufgabe, die Fehler von Kollegen sofort zu melden bzw. wenn möglich selbst zu beseitigen. Zudem sind sie dazu angehalten, ihren Arbeitsprozess kontinuierlich durch Verbesserungsideen zu optimieren. Des Weiteren werden einige Aufgaben mit mehreren Kollegen zusammen bearbeitet, z. B. die Montage größerer Bauteile. Dennoch sind bei Routineaufgaben eher negative Effekte von Teamdiversität zu erwarten (Joshi und Roh 2009) und die Auswirkungen von Faultlines sollten sich hier besonders deutlich zeigen. Im Folgenden werden zwei Studien aus der Automobilindustrie vorgestellt, die sich mit dieser Thematik befassen.

3.1 Studie 1: Starke Faultlines erhöhen die Fehlzeiten im Team

In der ersten Studie wurden die Auswirkungen von Faultlines auf die Gesundheit und Leistung von 54 Teams in der Automobilmontage eines deutschen PKW-Herstellers untersucht (die Befunde ergänzen die Ergebnisse von Fritzsche et al. 2014). Die 54 Teams bestanden aus 587 Mitarbeitern (33 Frauen, 554 Männer) und hatten zwischen 7 und 16 Mitglieder (M = 10,9; SD = 2,3). Das Durchschnittsalter der Teams betrug 44,1 Jahre (SD = 3,8), die Betriebszugehörigkeit der Mitarbeiter betrug im Mittel 19,2 Jahre (SD = 2,6). Der Untersuchungsbereich umfasste eine komplette PKW-Endmontage mit vielen manuellen Tätigkeiten, die in einer Taktzeit von ca. 2 min ausgeführt werden. Der Arbeitsumfang ist auf Teams und Stationen verteilt, wobei die Teams selbst festlegen, welche Person an welcher Station tätig ist und wie häufig rotiert wird. Insgesamt liegt eine Form der teilautonomen Gruppenarbeit vor mit hohen Anforderungen an die Kooperation im Team.

Die Faultlines wurden auf Basis der verfügbaren demographischen Daten der Mitarbeiter und Teams bestimmt. Dabei flossen das Alter, das Geschlecht und die Dauer der Betriebszugehörigkeit ein. Auf Basis der Rechenvorschrift von Bezrukova et al. (2007) wurden in dieser Studie die drei Maße FAU-strength, FAU-distance und FAU-total berechnet, da zum Untersuchungszeitpunkt das neue ASW-Maß (Meyer und Glenz 2013) noch nicht verfügbar war. Die abhängigen Variablen Gesundheit und Leistung wurden ebenfalls auf Basis objektiver Daten operationalisiert. Gesundheit wurde anhand der im Personalerfassungssystem registrierten Fehlzeiten gemessen, Leistung wurde anhand der erfassten Montagefehler gemessen (dokumentiert im IT-System der Qualitätssicherung). Diese Daten wurden über einen Betrachtungszeitraum von vierzehn Monaten erhoben. Die Datenanalyse erfolgte mit einer Serie von hierarchischen linearen Regressionsanalysen. Diese beinhalteten im ersten Schritt zwei Kontrollvariablen (Erhebungszeitraum und Gruppengröße), im zweiten Schritt das Durchschnittsalter der Teammitglieder (Alter-MW), im dritten Schritt die Altersdiversität im Team (Alter-SD) und im vierten Schritt jeweils eines der drei Faultlinemaße.

Die Ergebnisse bezüglich der Fehlzeiten zeigten, dass die Quote der Fehltage keinen signifikanten Zusammenhang mit den Variablen Alter-MW, Alter-SD und den Faultlines aufwies. Allerdings war ein signifikanter Effekt der mittleren Abwesenheitsdauer im Falle einer Erkrankung zu erkennen (siehe Tab. 2). Während das Durchschnittsalter im Modell 1 (β = 0,19, p = 0,13) und die Altersdiversität im Modell 2 (β = −0,12, p = 0,34) noch keinen signifikanten Einfluss hatten, stieg mit dem Hinzufügen der Faultlinemaße im Modell 3 die Varianzaufklärung R2 signifikant an. Im Modell 3c zeigte sich für FAU-total (β = 0,47, p < 0,05) ein signifikant positiver Zusammenhang mit der Ausfalldauer, d. h. je stärker die Faultlines, desto länger die Abwesenheit. Die Ergebnisse bezüglich der Montagefehler zeigten ein ähnliches Muster (nicht abgebildet). Wieder wiesen die Faultlinemaße die höchsten Regressionskoeffizienten in die erwartete Richtung auf, diese waren aber nicht statistisch signifikant (FAU-strength: β = 0,19, p = 0,33; FAU-distance: β = 0,25, p = 0,33; FAU-total: β = 0,30, p = 0,22). Der erwartete negative Zusammenhang von Faultlines mit Blick auf die Fehler im Team kann auf dieser Basis nicht eindeutig bestätigt werden.

Tab. 2 Hierarchische Regression mit Faultlines als Prädiktor für die Abwesenheitsdauer

3.2 Studie 2: Starke Faultlines verringern das Wohlbefinden und die Teamidentifikation

In der zweiten Studie wurden die Auswirkungen von Faultlines auf Wohlbefinden, Gesundheit und Zusammenarbeit anhand von 90 Teams bei einem anderen deutschen Automobilhersteller untersucht. Die Teams bestanden aus insgesamt 989 Mitarbeitern. Die durchschnittliche Teamgröße betrug 10,3 Personen und variierte zwischen 3 und 28 Mitglieder pro Team. Der Frauenanteil lag bei 3,4 %. Das Alter der Mitarbeiter betrug durchschnittlich 42,4 Jahre (SD = 9,5). Der Anteil von Mitarbeitern über 55 Jahren war 6,8 %. Die mittlere Beschäftigungsdauer der Mitarbeiter im Unternehmen betrug 14,8 Jahre (SD = 6,3). Der Anteil aus dem Ausland stammender Mitarbeiter lag bei 12,6 %. Die Tätigkeiten der Mitarbeiter umfassten die Fertigung von Komponenten, was viele manuelle Arbeiten und einige überwachende Tätigkeiten beinhaltet. Die Ausführung der Tätigkeit erfolgt in Fließfertigung mit einer Taktzeit zwischen 30 sec und 2 min. Die Einteilung der Mitarbeiter zu den Arbeitsplätzen und die Rotation zwischen den Arbeitsplätzen erfolgten selbstständig durch die Teams.

Basierend auf den objektiv verfügbaren demographischen Daten der Mitarbeiter wurden in dieser Studie die Faultlines aus dem Alter, dem Geschlecht und der Nationalität der Mitarbeiter berechnet. Zur Berechnung wurde der ASW-Algorithmus von Meyer und Glenz (2013) verwendet. Auf diese Weise wurden zunächst die Anzahl der Subgruppen je Team ermittelt und der Faultlines-Index berechnet, der die Stärke und Auffälligkeit der Unterschiedlichkeit zwischen den Subgruppen widerspiegelt. Werte von „0“ kennzeichnen, dass keine Faultline existiert, d. h. dass entweder keine Unterschiede zwischen den Mitgliedern bestehen oder dass die Unterschiede sehr stark variieren. Die abhängigen Variablen Wohlbefinden und Zusammenarbeit wurden durch eine schriftliche Befragung aller Mitarbeiter erhoben und jeweils teamweise zusammengefasst. Als Indikatoren für die Zusammenarbeit im Team wurden die Teamidentifikation (vier Items nach Doosje et al. 1995) und das Teamklima (drei Items zur konstruktiven Fehlerkultur nach Edmondson 1999) erfasst. Das Wohlbefinden wurde mit einem Item zur allgemeinen Arbeitszufriedenheit erhoben, während die Gesundheit anhand der im Personalerfassungssystem registrierten Fehlzeiten gemessen wurde. Die Datenauswertung erfolgte auf Basis von Korrelationsanalysen (nach Pearson).

Die Ergebnisse zeigten zunächst, dass sich auf Basis des ASW-Algorithmus durchschnittlich 2,6 Subgruppen pro Team ergaben. Die Anzahl an Subgruppen variierte zwischen 2 bis 6 Subgruppen. Der Faultlines-Index betrug durchschnittlich 0,62 und variierte von 0,33 bis 0,80. Hinsichtlich des Wohlbefindens fand sich ein signifikant negativer Zusammenhang zwischen der Arbeitszufriedenheit und dem Faultlines-Index (r = −0,24; p < 0,05) sowie eine marginal signifikante Korrelation mit der Anzahl der Subgruppen (r = −0,17; p < 0,10). Zudem war die Anzahl der Subgruppen und die Fehlzeiten marginal signifikant positiv assoziiert (r = 0,21; p < 0,10), d. h. je mehr Subgruppen im Team, desto höher war die Abwesenheit (siehe Tab. 3).

Tab. 3 Korrelation der Faultline-Indikatoren mit Zusammenarbeit und Gesundheit im Team

Die Ergebnisse bezüglich der Zusammenarbeit im Team zeigten eine signifikant negative Korrelation zwischen der Teamidentifikation und der Anzahl der Subgruppen (r = −0,23; p < 0,05) sowie eine marginal signifikante negative Korrelation zwischen dem Teamklima (r = −0,22; p < 0,10) und der Anzahl der Subgruppen. Je mehr Subgruppen sich aufgrund der Faultlines im Team ergaben, desto weniger identifizierten sich die Mitarbeiter mit ihrem Team und desto schlechter war das Teamklima. Der Faultlines-Index wies allerdings keine signifikante Korrelation mit der Identifikation und dem Teamklima auf. Insgesamt bestätigten die Ergebnisse der zweiten Studie die Hypothese, dass stark ausgeprägte Faultlines und eine hohe Anzahl von Subgruppen im Team mit negativen Auswirkungen hinsichtlich des Wohlbefindens, der Gesundheit und der Zusammenarbeit im Team assoziiert sind.

4 Diskussion und praktische Relevanz

Die dargestellten Befunde der bisherigen Forschung zeigen, dass das Konstrukt der Faultlines als hypothetische Grenzen innerhalb von Teams, die durch die Kombination von einzelnen Merkmalen der Mitarbeiter entstehen, konkret messbare und praktisch relevante Auswirkungen hat. Die meisten Studien dazu finden im Kontext von Entscheidungsprozessen (Managementteams), Kreativaufgaben (z. B. Forschung und Entwicklung, Werbeindustrie) oder Dienstleistung statt. Anhand von Befunden aus zwei Studien in der Automobilindustrie wurde nun bestätigt, dass starke Faultlines die Gesundheit, das Wohlbefinden, die Zusammenarbeit und die Leistung auch in Produktionsteams beeinträchtigen.

Die negativen Effekte von Faultlines auf das Wohlbefinden und die Gesundheit zeigen sich in beiden Studien. Zum einen waren starke Faultlines im Team mit einer geringeren Arbeitszufriedenheit verbunden (vgl. Studie 2). Zum anderen wiesen die Ergebnisse darauf hin, dass starke Faultlines mit höheren Fehlzeiten einhergehen. In Studie 1 zeigte sich, dass die Ausfalldauer bei einer Erkrankung umso länger ist, je stärker die Faultlines im Team ausgeprägt sind. Dieser Zusammenhang ist aus zweierlei Hinsicht interessant. Erstens ist die Ausfalldauer ein Hinweis auf die Schwere der Erkrankung (je schwerwiegender die Erkrankung, desto länger die Abwesenheit) und hängt damit wesentlich mit der Gesundheit der Mitarbeiter zusammen. Zweitens lässt eine längere Ausfalldauer vermuten, dass Mitarbeiter in Teams mit starken Faultlines weniger motiviert sind, nach überstandener Krankheit schnellstmöglich an ihre Arbeitsstelle zurückzukehren. Die Ursachen dieser mangelnden Motivation könnten wiederum eine geringe Teamidentifikation und ein schlechtes Teamklima sein. Genau das wurde in der zweiten Studie deutlich: je mehr Subgruppen sich aufgrund der Faultlines innerhalb des Teams ergaben, desto weniger identifizierten sich die Mitarbeiter mit ihrem Team und desto schlechter wurde das Teamklima eingeschätzt. Wenn viele Subgruppen in einem Team auftreten, dann erfolgt die Identifikation der Mitarbeiter vermutlich eher mit der Subgruppe als mit dem Team. Das ist wiederum nachteilig für die Teamleistung, weil es dann häufig zu Konflikten zwischen den Subgruppen bzw. mit der Abwertung anderer Subgruppen kommt (vgl. Theorie der sozialen Identität nach Tajfel und Turner 1986). Dass starke Faultlines tatsächlich die messbare Leistung beeinträchtigen (z. B. bzgl. der Fehleranzahl), konnte in Studie 1 zwar nicht klar bestätigt werden, aber die gefundenen Zusammenhänge wiesen in die erwartete Richtung. Grund für deren fehlende Signifikanz könnten die Faultlinemaße von Bezrukova et al. (2007) sein, die nur zwei Subgruppen pro Team zulassen. Möglicherweise würde hier das ASW-Maß (Meyer und Glenz 2013) zu anderen Ergebnissen führen. Allerdings war eine erneute Analyse auf Grund eingeschränkter Datenzugänglichkeit nicht möglich.

Generell ist zu betonen, dass die Auswirkungen von Faultlines nicht einfach zu messen sind. Praktisch relevante Kriterien wie die Gesundheit und die Leistung haben viele Einflussgrößen. Dennoch hat die Zusammenarbeit im Team eine zentrale Bedeutung für die Teamergebnisse, besonders bei Arbeitstätigkeiten mit einer hohen Aufgabeninterdependenz (Beal et al. 2003). Daher ist zu vermuten, dass Faultlines besonders dann die Teamergebnisse beeinträchtigen, wenn sie durch den Kontext aktiviert werden und wenn sie subjektiv erlebt werden. Ähnlich wie Thatcher und Patel (2012) haben Shemla et al. (2016) in einer Übersichtsarbeit zu subjektiven Diversitätsmaßen resümiert, dass die Folgen aktivierter Faultlines für die Teamergebnisse deutlich negativ ausfallen. Die genauen Bedingungen, unter denen Faultlines besonders stark wirken und wann sie subjektiv wahrgenommen werden, sollten daher Gegenstand weiterer Forschung sein.

Welche Implikationen haben die dargestellten Befunde der Faultline-Forschung für die Praxis? Die Ergebnisse empirischer Studien zeigen deutlich, dass Faultlines meist ungünstige Auswirkungen auf die Teamprozesse, Teamleistung und Gesundheit der Mitarbeiter haben. Solche negativen Effekte können mit Hilfe eines guten Diversity Managements vermieden werden (Guillaume et al. 2014; Wegge und Schmidt 2015). Dieses umfasst alle organisationalen Aktivitäten, die sich an die Eingliederung und Zusammenführung verschiedener Mitarbeitergruppen richten, z. B. Unternehmensstrategien, Personalauswahl, Mentoring-Programme und spezielle Trainings. Das übergeordnete Ziel ist es, bestehende Unterschiede zwischen Mitarbeitern wertzuschätzen und innerhalb der Teams sinnvoll zu nutzen. Im Fokus sollten dabei Maßnahmen zur Teamzusammensetzung und Instrumente zum konstruktiven Umgang mit der Diversität stehen. Bezüglich der Zusammensetzung eines Teams kann empfohlen werden, bei Analysen zur Diversität nicht nur auf die Ausprägung einzelner Attribute zu achten, sondern im Sinne des Faultline-Ansatzes auch kritische Merkmalskombinationen im Blick zu haben. Dabei sollte eine möglichst breit gestreute Besetzung des Teams angestrebt werden (v. a. bzgl. Alter, Geschlecht und Ethnizität). Relevante Merkmale sollten möglichst nicht systematisch korrelieren, um die Bildung von Subgruppen zu vermeiden (ungünstig wäre z. B. wenn alle jüngeren Mitarbeiter weibliche Migranten sind während alle älteren Mitarbeiter deutsche Männer sind). Auch hinsichtlich des Teamklimas sollten Maßnahmen zur Verringerung der Faultlines ansetzen, um das Wohlbefinden der Mitarbeiter zu steigern und z. B. eine offene Fehlerkultur zu fördern. Besonders empfehlenswert ist die Einführung von speziellen Diversitätstrainings. Gut gestaltete Trainings, die auf Wissensvermittlung und Sensibilisierung abzielen, können nachhaltig negative Effekte von Diversität verringern, indem sie die Zusammenarbeit innerhalb und zwischen den Teams verbessern und damit die Zufriedenheit und Leistung der Mitarbeiter erhöhen (Bezrukova et al. 2012; Wegge und Schmidt 2015).

5 Zusammenfassung und Fazit

Aufgrund des demografischen Wandels und der anstehenden Integration von vielen Migranten ist in Deutschland von einer weiteren Zunahme der Diversität von Teams und Belegschaften auszugehen. Das Faultline-Konzept bietet einen innovativen Ansatz zur Aufklärung der Auswirkungen von Diversität auf die Teamarbeit, in dem kritische Merkmalskombinationen betrachtet werden, die innerhalb von Teams zur Bildung von Subgruppen führen können. Zahlreiche Studien belegen die negativen Auswirklungen von Faultlines auf die Teamleistung und die Gesundheit der Mitarbeiter, was in den zwei hier dargestellten Studien bei Teams in der Automobilproduktion bestätigt werden konnte. Die zukünftige Forschung sollte aber noch stärker die Bedingungen untersuchen, in denen Faultlines aktiviert und subjektiv erlebt werden. Für die betriebliche Praxis wird empfohlen, bei Analysen zur Teamzusammensetzung nicht nur auf einzelne Attribute wie Alter oder Geschlecht zu achten, sondern auch die Kombination relevanter Merkmale im Blick zu haben. Wir plädieren für Maßnahmen zur Sensibilisierung gegenüber Faultlines und zur Stärkung im Umgang mit Diversität, die besonders von den Führungskräften ausgehen sollten.