1 Einleitung

Im Antriebsstrang trägt das Getriebe mit den durch in Verzahnungen, Wälzlagern, Dichtungen und weiteren Maschinenelementen entstehenden Verlusten zu den Gesamtverlusten bei. Je nach Betriebsbedingung entsteht ein relevanter Anteil der Gesamtverluste in Wälzlagern. Die durch Reibung erzeugte Wärme muss durch geeignete Kühlsysteme reguliert und abgeführt werden, um die Tragfähigkeit der Getriebekomponenten zu gewährleisten. Eine Reduzierung der Reibung von Wälzlagern wird daher angestrebt. Durch die gleichzeitige Absenkung des Wärmeeintrags in das System ist weniger Kühlleistung erforderlich und die Gesamteffizienz kann weiter gesteigert werden.

Ein Vergleich der heute zugänglichen Berechnungsmodelle zur Abschätzung der Wälzlagerverluste zeigt teilweise hohe Abweichungen der Rechenergebnisse untereinander. Des Weiteren treten häufig hohe Unterschiede zwischen berechneten und gemessenen Verlusten auf. Aus diesem Grund ist es notwendig, die Verluste zuverlässig aus dem Versuch zu ermitteln, um so die rechnerische Abschätzung zu verbessern.

Mit diesem Ziel wurde der FZG-Lagerverlustleistungsprüfstand entwickelt und aufgebaut, mit dem es möglich ist, unterschiedlichste Lagertypen für ein weites Feld an Betriebszuständen und unter Tauch- und Einspritzschmierung experimentell zu untersuchen. Der Fokus liegt dabei auf der Verlustleistung und den Lagertemperaturen. Die Verlustleistung wird aus den gemessenen Verlustmomenten und Drehzahlen bestimmt. Die Lagertemperaturen werden sowohl am Innen- als auch am Außenring gemessen und dokumentiert.

Inhalt dieses Beitrags ist der systematische Vergleich ausgewählter gemessener Wälzlagerverluste mit existierenden Berechnungsergebnissen. Auf Basis der gefundenen Zusammenhänge zu Lagertemperaturen und Verlustleistungen werden zudem verbesserte Ansätze zur Abschätzung der Lagerverluste aufgezeigt. Die Ergebnisse wurden auf der VDI-Fachtagung Gleit- und Wälzlagerungen [1] vorgestellt und basieren auf den Erkenntnissen, die im Rahmen eines Forschungsprojekts [2] der FVA e. V. erarbeitet wurden.

2 Berechnungsverfahren zur Bestimmung des Lagerverlustmoments

Die Wälzlagerreibung setzt sich nach Palmgren [3] aus der Rollreibung, Gleitreibung und Schmierstoffreibung zusammen. Die Rollreibung resultiert dabei zum einen aus den Gleitbewegungen der unter Last verformten Kontaktkörper und zum anderen aus der Hysterese des Werkstoffs, durch die bei der Rollbewegung nach dem Überrollen die eingebrachte Verformungsenergie nicht vollständig in Bewegungsenergie rückgewandelt wird. Die im Lager erzeugte Gleitreibung entsteht durch Gleitbewegungen an den Führungsflächen zwischen Wälzkörper und Lagerkäfig, bzw. bei bordgeführten Lagern durch die Gleitbewegung zwischen Rollkörper und Bord. Der zur Schmierung bzw. Kühlung eingebrachte Schmierstoff erzeugt durch die innere Reibung beim Verdrängen Verluste, die bei überschüssiger Schmierstoffmenge und vor allem bei hohen Drehzahlen stark ansteigen. Das auftretende Lageverlustmoment hängt von der Drehzahl, der Schmierstoffviskosität und der Lagerbelastung ab. Dabei können die Verluste nach Palmgren [3] in lastunabhängige (M0) und lastabhängige (M1) Reibungsanteile eingeteilt werden und berechnen sich nach Gl. 1.

$$M_{\text{Lager}}=M_{0}+M_{1}$$
(1)
MLager:

Lagerverlustmoment (Nmm)

M0:

Lastunabhängiges Reibmoment (Nmm)

M1:

Lastabhängiges Reibmoment (Nmm)

Der Ansatz nach Gl. 1 ist unter anderem in dem Berechnungsmodell nach FAG [4] („FAG“) umgesetzt. Der lastunabhängige Reibungsmomentanteil M0 ist dabei von der Betriebsviskosität ν des Schmierstoffs, der Drehzahl n und dem mittleren Lagerdurchmesser dM abhängig und lässt sich mit Gl. 2 bzw. Gl. 3 berechnen. Der Lagerbeiwert f0 wird in Abhängigkeit der Lagergröße und -bauart gewählt und ist in [4] angegeben.

$$\nu \cdot n\geq 2000\rightarrow M_{0}=f_{0}\cdot \left(\nu \cdot n\right)^{\frac{2}{3}}\cdot d_{M}^{3}\cdot 10^{-7}$$
(2)
$$\nu \cdot n<2000\rightarrow M_{0}=f_{0}\cdot 160\cdot d_{M}^{3}\cdot 10^{-7}$$
(3)
ν:

Kinematische Viskosität bei Betriebstemperatur (mm2s−1)

f0:

Lagerbeiwert nach FAG [4] (–)

n:

Drehzahl (min−1)

dM:

Mittlerer Lagerdurchmesser (mm)

Der lastabhängige Reibungsanteil M1 umfasst die Anteile der Rollreibung und der Gleitreibung an den Borden. Unter der Annahme eines trennenden Schmierfilms, dem Lagerbeiwert f1 und der Radiallast Fr, lässt sich M1 nach Gl. 4 berechnen.

$$M_{1}=f_{1}\cdot F_{r}\cdot d_{M}$$
(4)
f1:

Lagerbeiwert nach FAG [4] (–)

Fr:

Radiallast (N)

Das neue Berechnungsverfahren nach SKF [5, 6] ermittelt das Lagerverlustmoment MLager ursachenabhängig:

$$M_{\text{Lager}}=\varphi _{\text{ish}}\varphi _{\text{rs}}M_{\text{rr}}+M_{\text{sl}}+M_{\text{seal}}+M_{\text{drag}}$$
(5)
φish:

Schmierfilmdickenfaktor (–)

φrs:

Schmierstoffverdrängungsfaktor (–)

Mrr:

Rollreibungsmoment (Nmm)

Msl:

Gleitreibungsmoment (Nmm)

Mseal:

Reibungsmoment von Dichtungen (Nmm)

Mdrag:

Reibungsmoment durch Strömungs‑, Plansch- oder Spritzverluste (Nmm)

Es werden dabei die Anteile zum Rollreibungsmoment Mrr unter Berücksichtigung des Schmierfilmdickenfaktor φish und des Schmierstoffverdrängungsfaktor φrs, zusammen mit dem Gleitreibungsmoment Msl, dem Reibungsmoment von Dichtungen Mseal und dem Reibungsmoment Mdrag durch Strömungs‑, Plansch- oder Spritzverluste, interne Fettreibung usw. berechnet. Das Gleitreibungsmoment Msl berücksichtigt dabei das Gleiten zwischen Wälzkörper und Laufbahn, Wälzkörper und Käfig sowie Wälzkörper und Borden in Abhängigkeit des Schmierungszustandes.

Das Berechnungsmodell wurde in einem ersten Stand nach SKF [5] („SKF04“) angegeben. In einer Weiterentwicklung nach SKF [6] („SKF14“) wurde die Berechnung der Strömungsverluste Mdrag durch empirische Ansätze erweitert, um den Einfluss der Schmierstoffviskosität berücksichtigen zu können.

Neben den Katalogmethoden wurden nach Schleich [9] und im Rahmen des Teilclusters 2 „Wirkungsgrad-optimiertes Getriebe“ des FVA/FVV-Vorhabens Low Friction Powertrain („LFP“) [10] verschiedene Berechnungsmodelle entwickelt, um die Lagerverlustmomente auf Basis der lokalen Kontaktbeanspruchungen zu berechnen. Diese Berechnungsmodelle bauen auf den Arbeiten von Zhou und Hoeprich [7] auf und verwenden ein höherwertiges Schmierstoffmodell z. B. nach Johnson und Tevaarwerk [8]. Im Rahmen des FVA-Vorhabens FVA 701 I [11] wurde der Berechnungsansatz „LFP“ [10] in das FVA-Programm LAGER2 [2] integriert, wodurch diese komplexere Berechnung durchgeführt werden kann.

3 Prüftechnik zur experimentellen Untersuchung

Zur Validierung der Berechnungsansätze werden experimentelle Untersuchungen am FZG-Lagerverlustleistungsprüfstand durchgeführt. Dieser besteht aus einem drehzahlgeregelten Elektromotor, einer Einheit zum Messen des Verlustmoments, einer Radialkrafteinheit, einer Axialkrafteinheit und einem Prüfgehäuse, in das vier Prüflager und die Schmierversorgung integriert sind. Regelgrößen sind die Axial- und Radialkräfte auf die Prüflager, die Drehzahl an der Antriebswelle und die Ölsumpf- bzw. Öleinspritztemperatur. Als Messgrößen werden Gehäuse‑, Ölsumpf- bzw. Öleinspritz- und Lagertemperaturen sowie das Verlustmoment erfasst. Abb. 1 zeigt den schematischen Aufbau des FZG-Lagerverlustleistungsprüfstands. Der Einbau von Zylinderrollenlagern in nicht angestellter und Kegelrollenlagern in angestellter Anordnung ist exemplarisch in Abb. 2 dargestellt. Die beiden äußeren Lager stützen sich dabei im Gehäuse ab. Die beiden inneren Lager sind in einem Joch verbaut, welches von außen belastet werden kann. Des Weiteren ist es für eine angestellte Lagerung möglich, über drei auf den Umfang verteilte Stempel eine axiale Belastung einseitig aufzubringen. Infolge des symmetrischen Aufbaus werden die beiden angestellten Lagerpaare identisch belastet. Die Lagerkraft wird mittels Spindelhubgetrieben in radialer und axialer Wirkrichtung gezielt aufgebracht.

Abb. 1
figure 1

FZG-Lagerverlustleistungsprüfstand schematisch aus Jurkschat et al. [2]

Abb. 2
figure 2

Einbau der Lager im Gehäuse des FZG-Lagerverlustleistungsprüfstandes (links: nicht angestellte, rechts: angestellte Lagerung) aus Jurkschat et al. [2]

Um die Kraftaufbringung automatisiert ansteuern zu können und eine hohe Einstellgenauigkeit zu erreichen, erfolgt der Antrieb der Spindel über einen Stirnradgetriebemotor. Über ein angepasstes Federpaket können die Kräfte des gesamten Belastungsspektrums ohne den Austausch von Komponenten eingestellt werden. Die Kraftaufbringung in radialer Richtung erfolgt in Zugrichtung. Die Regelung der vorgegebenen Kraft wird durch die Koppelung des Hubspindelantriebs mit der Kraftmessvorrichtung vorgenommen. Es können Kräfte bis ca. 250 kN (radial) und ca. 80 kN (axial) ermöglicht werden.

Die verwendete Messtechnik wird je nach Prüflager und Betriebsbedingungen gewählt, so dass die Messgenauigkeit möglichst optimal eingestellt werden kann. Es können dabei baugleiche Drehmomentmesswellen mit unterschiedlichen Nennmomenten bei einer Genauigkeit von 0,1 % des Nennmoments verwendet werden. Die radiale und axiale Lagerkraft wird über Kraftmessdosen gemessen und dokumentiert. Dabei werden je nach Belastungsbereich Kraftmessdosen mit entsprechender Nennkraft zur Versuchsaufzeichnung der Lagerkräfte verwendet. Die Genauigkeit beträgt ebenfalls 0,1 % der Nennkraft und es ergeben sich die jeweiligen Messgenauigkeiten aus Tab. 1.

Tab. 1 Messbereich und -genauigkeit

Um die Verlustleistung aus den Messversuchen ermitteln zu können, wird nach [2] die Drehzahl n und das Verlustmoment der einzelnen Prüflager herangezogen. Über die Drehmomentmesswelle wird das Verlustmoment MVerlust der vier Prüflager gemessen. Aufgrund des symmetrischen Aufbaus der Konstruktion wird das gemessene Verlustmoment für alle Prüflager zu gleichen Anteilen angenommen. Die Verlustleistung PLager pro Prüflager wird unter Verwendung der gemessenen Antriebsdrehzahl n nach Gl. 6 berechnet.

$$P_{\text{Lager}}=\frac{1}{4}\cdot M_{\text{Verlust}}\cdot \frac{2\uppi }{60\cdot 1000}\cdot \mathrm{n}=M_{\text{Lager}}\cdot \frac{2\uppi }{60\cdot 1000}\cdot \mathrm{n}$$
(6)
PLager:

Lagerverlustleistung (W)

MVerlust:

Gesamtverlustmoment Messung (Nmm)

Neben der Messung des Verlustmoments MVerlust und der Drehzahl n der Prüfwelle werden wie bereits beschrieben die Temperaturen sowohl am Innen-, als auch am Außenring eines im Gehäuse sitzenden Prüflagers gemessen. Zur Temperaturmessung werden Pt100 Messsensoren nach DIN EN 60751 verwendet. Die Messgenauigkeit der Pt100 Sensoren beträgt \(\pm\) 2 K. Die Sensoren werden in die Stirnflächen der Lagerringe integriert, so dass die Temperaturen der Lagerringe mit einem Abstand von 2 mm von der Lagerlauffläche und auf einer Länge von 11 mm gemessen werden. Das Signal der Innenringtemperatur wird über eine Telemetrie an die Messkarte übertragen. Die Außenringtemperatur wird entsprechend Abb. 3 an drei am Umfang verteilten Messstellen aufgezeichnet. Damit kann der Einfluss der Punktlast am Außenring sowie der Einfluss von unterschiedlichen Schmierbedingungen entlang des Umfangs mit untersucht werden.

Abb. 3
figure 3

Messung der Lagerringtemperaturen

4 Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen

Die experimentellen Untersuchungen dienen einerseits als experimenteller Abgleich der Verlustleistungsberechnung nach FAG [4] bzw. SKF [5, 6]. Andererseits werden auch die Lagertemperaturen eines Wälzlagers erfasst, um daraus eine detaillierte Berechnung der Lagerverlustmomente ableiten zu können. Die Daten zur Innengeometrie und den Tragzahlen des betrachteten Lagers sowie des verwendeten Schmierstoffes sind in Tab. 2 aufgeführt. Diese sind exemplarisch aus dem Versuchsprogramm aus Jurkschat et al. [2] entnommen, das eine umfangreiche Variation von Lagertypen-, baugrößen und Schmierstoffen beinhaltet. Die Zylinderrollenlager werden rein radial belastet. Die Prüfkraft wird entsprechend der dynamischen Tragzahl C festgelegt, so dass ein auf die dynamisch äquivalente Lagerlast P bezogenes Belastungsverhältnis von C/P = 10 vorliegt. Die im Versuch verwendeten Lager werden vor der Versuchsreihe einem Einlaufprogramm unterzogen und weisen somit für alle Betriebszustände vergleichbare Laufflächen auf.

Tab. 2 Lager- und Schmierstoffdaten (Auszug aus [2])

Wie bereits beschrieben ermittelt das Berechnungsverfahren nach SKF [5, 6] das Lagerverlustmoment MLager ursachenabhängig (Gl. 5). Dabei berücksichtigt das Gleitreibungsmoment Msl das Gleiten zwischen Wälzkörper und Laufbahn, Wälzkörper und Käfig sowie Wälzkörper und Bord in Abhängigkeit des Schmierungszustandes und berechnet sich nach Gl. 7. Der Einfluss des Lagertyps und der Belastung des Lagers wird anhand des Gleitreibungsgrundwerts Gsl erfasst. Die Gleitreibungszahl μsl nach Gl. 8 wird nach dem Prinzip der Lastaufteilung bestimmt. Dabei gewichtet der Grenzschmierungs-Gewichtungsfaktor ϕbl den Festkörpertraganteil, während der Beiwert μbl ein Maß für die Festkörperreibung ist. Letztere wird durch Zusätze im Schmierstoff deutlich beeinflusst. Der Beiwert μbl wird nach SKF [5, 6] unabhängig vom vorliegenden Betriebszustand und Lagertyp mit μbl = 0,15 angegeben und beschreibt somit eine sehr konservative Abschätzung des Reibungsverhaltens. Die Reibungszahl μEHL bei ausreichend tragfähigen Schmierfilm ist für Zylinderrollenlager mit μEHL = 0,02 gegeben.

$$M_{sl}=G_{\text{sl}}\cdot \mu _{sl}$$
(7)
$$\mu _{sl}=\phi _{bl}\cdot \mu _{bl}+\left(1-\phi _{bl}\right)\cdot \mu _{\mathrm{EHL}}$$
(8)
Gsl:

Gleitreibungsgrundwert (Nmm)

μsl:

Gleitreibungszahl (–)

ϕbl:

Grenzschmierungs-Gewichtungsfaktor (–)

μEHL:

Reibungszahl bei ausreichend tragfähigen Schmierfilm (–)

Da die in den experimentellen Untersuchungen dieses Beitrags verwendeten Lager vor der Versuchsreihe einem Einlaufprogramm unterzogen werden, sind unter Grenzschmierungsbedingungen niedrigere Gleitreibungsmomente zu erwarten. Um dies zu untersuchen, wird das Gleitreibungsmoment Msl auf Basis des gemessenen Lagerverlustmoments MVerlust und dem berechneten Rollreibmoment Mrr sowie Planschmoment Mdrag nach Gl. 5 bestimmt und anschließend der Beiwert μbl nach Gl. 8 ermittelt. Für die untersuchten Betriebszustände ergibt sich damit ein deutlich niedrigerer Beiwert von μbl = 0,05, dessen Verwendung im Folgenden mit „SKFmod“ kenntlich gemacht wird. Untersuchungen von Fernandes et al. [12] zur Gleitreibungszahl μsl zeigen vergleichbare Werte für μbl.

Da das Lagerverlustmoment von der Schmierstoffviskosität abhängt, ist der Einfluss der Schmierstoff- und Lagertemperatur entscheidend. Um diesen näher zu untersuchen sind in Abb. 4 die Temperaturen des Prüflagers für das betrachtete Versuchslager NU313 dargestellt. Die Ölsumpftemperatur wurde mit ϑÖl = 60 °C festgelegt und die Drehzahl von 500–3000 1/min bei konstanter Lagerbelastung (C/P = 10) gesteigert. Mit Zunahme der Drehzahl ist ein Anstieg der Temperaturen im Lagerinnenring ϑIR und Lageraußenring ϑ1, ϑ2 und ϑ3 zu erkennen, der auf die gesteigerte Verlustleistung zurückzuführen ist. Anhand der Lagertemperaturen lassen sich zwei Zustände definieren, welche eine Aussage über die Wärmeströme zwischen Lager und Schmierstoff zulassen. Bei niedrigen Drehzahlen sind die Lagertemperaturen unterhalb der Ölsumpftemperatur, wodurch das Lager über den Schmierstoff geheizt wird.

Abb. 4
figure 4

Experimentell ermittelte Temperaturen der Lagerringe des Prüflagers NU313 nach [2]

Liegen im Vergleich zur Ölsumpftemperatur höhere Lagertemperaturen vor, übernimmt das Öl neben der Schmierung die Funktion der Kühlung des Wälzlagers. Gerade bei hohen Drehzahlen erreichen die Lagerkomponenten aufgrund der erzeugten Verlustleistung höhere Betriebstemperaturen im Vergleich zur Ölsumpftemperatur. Durch einen reibungsinduzierten Temperaturanstieg im Wälzkontakt können zusätzliche Abweichungen der gemessenen im Vergleich zu den berechneten Lagerverlustmomenten auftreten. Anhand der Temperaturen des Wälzlagers kann mit Gl. 9 eine maßgebende Lagertemperatur ϑLager definiert werden.

$$\vartheta _{\mathrm{Lager}}=\frac{\vartheta _{IR}+\frac{\vartheta _{1}+\vartheta _{2}+\vartheta _{3}}{3}}{2}$$
(9)

Da die Schmierstofftemperatur einen großen Einfluss auf die auftretenden Lagerverlustmomente hat, soll diese so exakt wie möglich vorgegeben werden. In Abb. 5 sind die für das betrachtete Prüflager NU313 und den Schmierstoff FVA2A experimentell ermittelten Lagerverlustmomente den berechneten Werten gegenübergestellt. Jeder Betriebspunkt wurde doppelt abgesichert und der Mittelwert der Messergebnisse angegeben. Es zeigt sich eine sehr gute Wiederholbarkeit der Messergebnisse am FZG-Lagerverlustleistungsprüfstand.

Abb. 5
figure 5

Vergleich von Messung und Berechnung des Lagerverlustmoments – NU313 nach [2]

Die Berechnung wurde für die vorgestellten Berechnungsmodelle jeweils für die vorgegebene Ölsumpftemperatur ϑÖl und unter Vorgabe der experimentell ermittelten Lagertemperatur ϑLager durchgeführt. Es lässt sich unter Vorgabe von ϑLager eine Annäherung der berechneten Verluste nach den Katalogmethoden an die Messergebnisse feststellen. Diese Annäherung ist vor allem bei hohen Drehzahlen stark ausgeprägt, da hier eine Abweichung ∆ϑÖl der Lagertemperatur zur Ölsumpftemperatur von über 20 K vorliegt.

Der Vergleich der Messergebnisse zu dem Berechnungsansatz FAG zeigt, dass für niedrige und mittlere Drehzahlen die Lagerverlustmomente zu hoch berechnet werden und die Abschätzung eher konservativ ist. Bei hohen Drehzahlen liegen unter Berücksichtigung der Lagertemperatur vergleichbare Werte vor. Der Vergleich der experimentellen Lagerverlustmomente mit den Ansätzen nach SKF kann in zwei Einflüsse aufgeteilt werden. Im Bereich niedriger Drehzahlen liegen entsprechend dem Viskositätsverhältnisses κ Grenzschmierungsbedingungen vor und der Einfluss des niedrigeren Beiwerts μbl in den modifizierten Ansätzen SKF04|mod bzw. SKF14|mod ist deutlich zu erkennen. Da die Berechnung von Msl in diesen beiden Ansätze identisch sind, wird auf einen gesonderten Vergleich zu SKF14 verzichtet. Es zeigt sich, dass der gewählte Beiwert μbl = 0,05 die im Versuch auftretenden Verluste besser abbildet. Bei höheren Drehzahlen ist der Einfluss vernachlässigbar und die berechneten Werte nach SKF04 sind zu hoch. Durch Vorgabe der Lagertemperatur ϑLager erfolgt eine deutliche Annäherung der berechneten im Vergleich zu den experimentellen Werten. Die Lagerverlustmomente nach SKF14|mod unterscheiden sich zu SKF04|mod ausschließlich in der Berechnung der Strömungsverluste Mdrag. Die Ergebnisse nach SKF14|modÖl) unter Vorgabe der Ölsumpftemperatur zeigen vergleichbare Werte zu SKF04|modLager). Die Ergebnisse des lokalen Ansatzes LFP zeigen für dieses Prüflager und Betriebszustand niedrigere Lagerverlustmomente im Vergleich zu den gemessenen Werten. Hierbei unterscheiden sich neben den lokal aufgelösten Verlustanteilen vor allem die Planschverluste, die im Vergleich zu den Katalogmethoden deutlich niedriger sind.

5 Zusammenfassung

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die am FZG-Lagerverlustleistungsprüfstand gemessenen Verlustmomente insgesamt gut in die berechneten Verlustmomente einordnen lassen, wobei für die vorgestellten Berechnungsansätze aus dem Stand der Technik zum Teil hohe Abweichungen auftreten können. Für die hier untersuchten Betriebszustände des Lagers NU313 ergibt sich nach der Methode SKF14|mod die beste Übereinstimmung zu den gemessenen Verlusten mit Abweichungen von maximal 20 %. Diese Aussage ist jedoch nicht pauschal für alle Lager und Betriebszustände gültig und muss an weiteren Lagern validiert werden. Des Weiteren konnte die Berechnung der Lagerverluste durch die gezielte Anpassung eines Beiwerts in der Gleitreibungsmomentberechnung und durch Vorgabe der gemessenen Lagertemperatur deutlich verbessert werden. Es bestätigt sich, dass der Schmierstoffeinfluss und die Wärmebilanz des Lagers bei der Berechnung des Lagerreibmoments möglichst gut abgebildet und berücksichtigt werden müssen.