Das Fibromyalgiesyndrom wird von den Patienten als wiederkehrende oder anhaltende schmerzhafte Erkrankung beschrieben. Als Hauptsymptome werden Muskel- und Gliederschmerzen in mehreren Körperregionen sowie Müdigkeit und nicht erholsamer Schlaf angegeben [5]. Häuser et al. [9] erhoben mit dem Gießener Beschwerdebogen (GBB-24) und der deutschen Version der Regionalen Schmerzskala (Regional Pain Scale, RPS) die Symptome bei 665 Fibromyalgiesyndrompatienten. Dabei fielen Nacken- oder Schulterschmerzen, Gelenk- oder Gliederschmerzen, Kreuz- oder Rückenschmerzen, rasche Erschöpfbarkeit und Müdigkeit im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung deutlich stärker aus. Ebenso leiden viele Patienten unter komorbiden psychischen Beeinträchtigungen wie Ängstlichkeit und Depressivität [10]. Die negativen Auswirkungen insbesondere von komorbiden depressiven Symptomen sind vielfältig. So geben depressive Fibromyalgiesyndrompatienten eine erhöhte Anzahl von physischen und psychischen Beeinträchtigungen und eine ungünstigere Krankheitsbewältigung an. Durch diese erhöhte Belastung profitieren die meisten dieser Patienten weniger von einer Behandlung als Patienten ohne depressive Symptome [13].

Zur Behandlung des Fibromyalgiesyndroms wird eine multimodale Behandlung empfohlen, in der medizinische mit psychosozialen Maßnahmen kombiniert werden [24]. Insbesondere in der stationären Rehabilitation haben sich psychosoziale Interventionen in Form von Patientenschulung etabliert. Diese bieten einen systematischen Ansatz, um die Patienten in ihrer Krankheitsbewältigung zu unterstützen. Studien belegen nachweisbare Veränderungen in kognitiven und psychosozialen Bereichen sowie im krankheitsspezifischen Outcome und im Gesundheitsverhalten [8]. Eine Vielzahl von Studien konnte mit kognitiv-behavioralen Therapieprogrammen bei Fibromyalgiesyndrompatienten gute Effekte erzielen [14, 20, 25]. Jedoch scheint die Überlegenheit von kognitiv-behaviorler Therapie nicht eindeutig zu sein [1, 19]. Lera et al. [14] verglichen die Wirksamkeit einer 15-wöchigen multimodalen Therapie mit und ohne kognitiv-behaviorale Behandlungselemente bei 66 Fibromyalgiesyndrompatienten. Beide Interventionen verbesserten das Beschwerdebild (FIQ) sowie den allgemeinen (SF-36) und den psychischen Gesundheitszustand (SCL-90-R) der Patienten gleichermaßen. Lediglich bei Patienten mit zusätzlicher Fatigue zeigten kognitiv-behaviorale Module eine bessere Wirksamkeit.

Zur Behandlung des Fibromyalgiesyndroms wird eine multimodale Behandlung empfohlen

Patientenschulungen für das Fibromyalgiesyndrom haben das Ziel, die eigenständige Schmerzbewältigung zu verbessern. Die Patienten werden mit Modulen zum Stressmanagement und mit Problemlösungstrainings im Umgang mit ihrer chronischen Erkrankung unterstützt. Zudem lernen sie, Krankheitsbewältigungsstrategien wie kognitive Umstrukturierung oder positive Aktivitäten gezielt gegen ihre Schmerzen einzusetzen. Jedoch scheinen Fibromyalgiesyndrompatienten nur schwer zur selbstständigen Schmerzbewältigung motivierbar zu sein. So profitieren in der Studie von Rau et al. [18] Fibromyalgiesyndrompatienten als einzige Schmerzpatientengruppe nicht von einer Motivationsintervention zur Bewältigung chronischer Schmerzen. Lange et al. [12] konnten belegen, dass insbesondere Fibromyalgiesyndrompatienten mit depressiven Symptomen nur eine geringe Motivation aufweisen, aktiv bei der Schmerzbewältigung mitzuarbeiten.

Im Folgenden soll die Wirksamkeit von Patientenschulungen mit und ohne den Einsatz kognitiv-behavioraler Methoden evaluiert werden, wobei beide Interventionen in eine stationäre Rehabilitation integriert waren. Studienergebnisse zu anderen Indikationen legen den Schluss nahe, dass ein Wissenserwerb der Patienten nicht direkt verhaltenswirksam ist [3, 4]. Aufklärungs- und Schulungsmaßnahmen, in denen die Patienten umfassend über ihre Erkrankung informiert wurden, verbessern nicht das Selbstmanagement. Somit können durch eine Wissenssteigerung keine ausreichenden Effekte im psychologischen, medizinischen und gesundheitsökonomischen Bereich erreicht werden [7]. Jedoch konnten Lera et al. [14] bei der Behandlung von Fibromyalgiesyndrompatienten keinen Unterschied in der Wirksamkeit einer multimodalen Therapie mit bzw. ohne den Einsatz von kognitiv-behavioralen Methoden feststellen.

Methode

Mit dem Ziel, die Wirksamkeit einer Patientenschulung mit kognitiv-behavioralen Elementen zu untersuchen, wurden Fibromyalgiesyndrompatienten, die innerhalb einer stationären Rehabilitation an einer Patientenschulung zur Informationsvermittlung teilnahmen (Interventionsgruppe I) mit Fibromyalgiesyndrompatienten, die einer kognitiv-behavioralen Patientenschulung (Interventionsgruppe II) erhielten, verglichen. In einem zweifaktoriellen Prä-Post-Follow-up-Design wurde die Wirksamkeit der Schulung analysiert. Die Patienten wurden konsekutiv aufgenommen. Um zeitliche Überschneidungen zwischen den Behandlungsgruppen zu vermeiden, wurde erst nach Abschluss der Interventionsgruppe I mit der Datenerhebung der Interventionsgruppe II begonnen. Alle Patienten erhielten zu 3 Messzeitpunkten (Reha-Beginn, Reha-Ende, Follow-up nach 6 Monaten) die folgenden Fragebögen: Angst und Depressivität wurden mit der deutschen Version der HADS-D (Hospital Anxiety and Depression Scale) erhoben [11], zur Erfassung der Bewältigungsstrategien wurde der Fragebogen zur Erfassung der Schmerzverarbeitung (FESV) eingesetzt [6]. Dieser bestimmt kognitive Bewältigungsstrategien („Handlungsplanungskompetenz“, „kognitive Umstrukturierung“ und „Kompetenzerleben“) und behaviorale Schmerzverarbeitungsstrategien (mit den Skalen „mentale Ablenkung“, „gegensteuernde Aktivitäten“ und „Ruhe- und Entspannungstechniken“). Zudem wurden mit der Kurzform des IRES-Patientenfragebogens (IRES-24) die Indikatoren des Rehabilitationsstatus erhoben. Dieser gilt mit seinen 5 Subskalen („psychisches Befinden“, „Funktionsfähigkeit im Alltag“, „somatische Gesundheit“, „Schmerzen“ und „Reha-Status“) als ein ökonomisches Screening-Instrument zur Evaluation medizinischer Reha-Maßnahmen [27].

Zur Ermittlung der Effekte wurden zweifaktorielle multivariate Varianzanalysen mit Messwiederholung durchgeführt. Um die Patientenschulungen unter möglichst realen Bedingungen zu evaluieren, erfolgte die Auswertung im Rahmen einer Intention-to-treat-Analyse, bei der auch die Daten von Patienten, die die Studie nicht beendet haben, berücksichtigt werden. Fehlende Daten aufgrund von Drop-outs wurden nach der LOCF („last observation carried forward“)-Methode ersetzt; auf diese Weise wurde der letzte von einem Patienten angegebene Wert für die Endauswertung verwendet. Die Alphaadjustierung erfolgte nach Sidak; auf diese Weise wurde das Signifikanzniveau für multiple Vergleiche korrigiert [22]. Die Ausgangslage der Gruppe wurde mit Hilfe des χ2- bzw. T-Tests überprüft.

Intervention

Bei der Behandlung des Fibromyalgiesyndroms hat sich ein interdisziplinärer Rehabilitationsansatz etabliert, in dem psychotherapeutische Maßnahmen bedeutsam sind [17]. Aus diesem Grund nahmen alle Patienten an einer 3-wöchigen stationären Rehabilitation teil, in der körperliche Trainings und psychotherapeutische Angebote kombiniert wurden.

Intervention I (Patientenschulung ohne Einsatz kognitiv-behavioraler Methoden)

Die Interventionsgruppe I nahm an einer Patientenschulung mit 5 Terminen à 45 min in geschlossenen Gruppen von 3–12 Patienten teil. Inhaltlich wurden zunächst ein Überblick über die Einordnung der Erkrankung und eine Definition gegeben. Anschließend wurde auf die häufig komorbid auftretende Depression eingegangen. Dabei standen die Abgrenzung der Symptomatik des Fibromyalgiesyndroms und der Depression sowie eine Vermittlung der Bedeutung von Antidepressiva aus schmerztherapeutischer Sicht im Vordergrund. In den weiteren Sitzungen erfolgten Diskussionen zum Symptommuster, den Leit- und den funktionalen Symptomen. Zudem wurden gängige Theorien zur Entstehung des Fibromyalgiesyndroms und das Schmerzgedächtnis besprochen. In weiteren Diskussionen wurden der sekundäre Krankheitsgewinn bearbeitet und die Patienten über ambulante und stationäre Behandlungsansätze informiert. Die Schulung sollte hauptsächlich die Compliance für die Interventionen in der Klinik verbessern. Dabei sollte die Motivation der Patienten zugunsten einer aktiven Bewältigung der Erkrankung erhöht werden. Außerdem sollte ein ängstlich-vermeidendes Verhalten, das sich häufig in Form von Rentenbegehren und häufigen Krankschreibungen äußert, minimiert werden. In der vorliegenden Studie führt ein erfahrener Psychologischer Psychotherapeut die Schulung durch.

Intervention II (Patientenschulung mit Einsatz kognitiv-behavioraler Methoden)

Die Interventionsgruppe II nahm an einer manualisierten kognitiv-behavioralen Patientenschulung teil. Inhalte der Schulung waren Diagnostik, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten der Erkrankung sowie die psychologische Schmerz- und Stressbewältigung. Die 6 aufeinander aufbauenden Sitzungen umfassten jeweils 90 min und wurden für geschlossene Gruppen von 5–12 Patienten konzipiert. Die Inhalte wurden mit Hilfe einer themenbezogenen Präsentation und Alltagsbeispielen bearbeitet. In Diskussionen konnten die Patienten eigene Erfahrungen einbringen und Rückfragen stellen. Das Erlernte wurde durch Verhaltenstrainings und Übungen vertieft und erprobt. Nach jedem Sitzungstreffen erhielten die Patienten eine schriftliche Erinnerungshilfe mit den wichtigsten Inhalten der Schulung.

Zu Beginn der Schulung stand die Wissensvermittlung zum Krankheitsbild und zur Behandlungsmöglichkeit des Fibromyalgiesyndroms im Mittelpunkt. Der Schmerzkreis wurde erläutert, um Einflussmöglichkeiten auf die Schmerzwahrnehmung über die körperliche und psychische Ebene zu klären. Darauf aufbauend wurden die Auswirkungen von Stress auf die Schmerzwahrnehmung genauer betrachtet. Dabei standen insbesondere die Wechselwirkungen der Stressreaktionen auf den Ebenen Verhalten, körperliche Reaktion, Gefühl und Gedanken im Vordergrund. Im weiteren Verlauf wurde der Zusammenhang zwischen dysfunktionalen Gedanken und der Wahrnehmung von Schmerzen behandelt. Es wurde die Bedeutung der kognitiven Umstrukturierung aufgezeigt. Zum Abschluss der Patientenschulung wurden die wichtigsten Inhalte wiederholt und individuelle Maßnahmen zur Rückfallprophylaxe besprochen. Anschließend erfolgte ein Genusstraining. Dabei wurden zunächst die Unterschiede zwischen erholsamen und belastenden Aktivitäten besprochen. Nach Einführung von Genussregeln (z. B. „Nimm dir Zeit zum Genießen!“ oder „Gönne dir Genuss!“) wurden die Patienten aufgefordert, mit allen Sinnen bestimmte Gegenstände wahrzunehmen (vgl. Übersicht Tab. 1). Die Schulung wurde von zwei Diplompsychologen durchgeführt.

Tab. 1 Übersicht der Module, Inhalte und Lernziele der kognitiv-behavioralen Patientenschulung
Tab. 2 Vergleich der soziodemographischen Daten zwischen den Interventionsgruppen I (IG I) und II (IG II)

Die hier untersuchten Patientenschulungen unterscheiden sich hauptsächlich im Umfang und in den didaktischen Methoden. Patientenschulung I richtete sich insbesondere auf eine Informationsvermittlung, in der keine praktischen Übungen (z. B. das Erlernen einer Entspannungstechnik oder Techniken zur Schmerzverarbeitung) erläutert und erprobt wurden. Zudem war die durchgeführte Schulung nicht manualisiert. Somit lassen sich die Trainingsmethoden nur schwer auf weniger erfahrene Trainer und andere Einrichtungen übertragen. Ein Curriculum gewährleistet eine gleichbleibende Schulungsqualität unabhängig von den Patientencharakteristika und den beteiligten Trainern. Ein weiterer Nachteil der Patientenschulung ohne Manual stellt die fehlende Definition von expliziten Lernzielen dar. Somit lassen sich Lernerfolge nicht verlässlich überprüfen [23]. Die beiden Schulungen unterschieden sich auch deutlich in ihrem Umfang. Die einzelnen Module der Patientenschulung II waren doppelt so lang wie die der Patientenschulung I. Zudem wurde hier der Schwerpunkt auf kognitiv-behaviorale Verfahren wie kognitive Umstrukturierung, Wahrnehmung und verbesserter Umgang mit Stress sowie auf das Erlernen von Entspannungsmethoden gelegt.

Ergebnisse

Stichprobenbeschreibung

Es wurden n= 351 Fibromyalgiesyndrompatienten (94% weiblich) konsekutiv in die Studie aufgenommen. Innerhalb der stationären Rehabilitation nahmen n=160 Patienten an einer Patientenschulung ohne Einsatz kognitiv-behavioraler Methoden (Interventionsgruppe I) und n=191 Patienten an einer Patientenschulung mit kognitiv-behavioralen Methoden (Interventionsgruppe II) teil. Die soziodemographischen Daten zeigten keine Unterschiede zwischen den Gruppen. Das Alter der Patienten lag im Mittel bei 54,7 Jahren (SD=8,34); 64% der Patienten waren verheiratet. Mehr als die Hälfte verfügte über einen mittleren Bildungsabschuss (Hauptschulabschluss 45,3%; Realschulabschluss 42,7%), und die meisten standen als Arbeiter (22,5%) oder Angestellte (71,8%) im Berufsleben.

Angst und Depressivität (HADS)

Die Befunde der multivariaten Varianzanalyse ergaben einen signifikanten Haupteffekt der Zeit (F=23,2; p<0,01). Ein Interaktionseffekt zwischen Zeit und Gruppe (F=0,6; p=0,66) konnte nicht bestimmt werden. Ebenso ließen sich keine Interaktionseffekte auf den Skalen „Angst“ (F=0,36; p=0,7) und „Depression“ (F=0,72; p=0,5) festgestellen (Tab. 3). Die paarweisen Vergleiche zeigten jedoch, dass die Angst- und Depressionswerte der Interventionsgruppe I zum dritten Messzeitpunkt wieder bedeutsam gegenüber dem zweiten anstiegen; hingegen konnte Interventionsgruppe II ihre Verbesserungen auch zum Katamnesemesszeitpunkt halten (Tab. 4).

Tab. 3 Veränderung der Skalenwerte von Reha-Beginn (T0) und Reha-Ende (T1) bis Katamnese (T2) für die Interventionsgruppen I (IG I) und II (IG II)
Tab. 4 Paarweiser Vergleich der Interventionsgruppen I (IG I) und II (IG II) über die 3 Messzeitpunkte (T0, T1, T3)

Schmerzverarbeitung (FESV)

In der Schmerzverarbeitung ergab sich ein Haupteffekt der Zeit (F=12,0; p<0,001), der auf der univariaten Ebene, außer auf der Skala „gegensteuernde Aktivitäten“, bestätigt werden konnte. Ein Interaktionseffekt zwischen Zeit und Gruppe ließ sich nicht feststellen (Tab. 3). Die paarweisen Vergleiche zeigten eine signifikante Verbesserung der Mittelwerte auf den Skalen „Handlungsplanungskompetenz“ und „kognitive Umstrukturierung“ bei der Interventionsgruppe II zwischen dem ersten und dritten Messzeitpunkt. Bei der Interventionsgruppe I fielen die Mittelwerte dieser Skalen zwischen dem zweiten und dritten Messzeitpunkt wieder ab, sodass mittelfristig keine bedeutsame Steigerung nachgewiesen werden konnte (Tab. 4).

Reha-Status (IRES-24)

Die Befunde der multivariaten Varianzanalyse erbrachten einen signifikanten Haupteffekt der Zeit (F=21,16; p<0,001), der auf univariater Ebene auf allen Skalen des IRES-24 bestätigt werden konnte. Es zeigte sich kein Interaktionseffekt zwischen Gruppe und Zeit (F=1,31; p= 0,24). Auf univariater Ebene konnte auf der Skala „Funktionsfähigkeit im Alltag“ ein Interaktionseffekt zwischen Gruppe und Zeit festgestellt werden (Tab. 3). Die paarweisen Vergleiche ergaben eine bedeutsame Verbesserung zwischen dem ersten und dritten Messzeitpunkt der Interventionsgruppe II auf den Skalen „somatische Gesundheit“ und „Funktionsfähigkeit im Alltag“; diese längerfristige Steigerung konnte in der Interventionsgruppe I nicht nachgewiesen werden (Tab. 4).

Diskussion

Bei der Patientenschulung haben sich Module zur Schmerz- und Stressbewältigung sowie das Erlernen einer Entspannungsmethode bewährt. Ausgehend von den Empfehlungen der S3-Leitlinien wurde eine kognitiv-behaviorale Patientenschulung (IG II) entwickelt und die Wirksamkeit mit einer eher wissensbasierten Patientenschulung (IG I) verglichen, wobei beide Interventionen in eine stationäre Rehabilitation integriert waren. Die psychische Beeinträchtigung in Form von Angst und Depressivität konnte durch beide Interventionen bedeutsam verbessert werden. Jedoch stiegen die Mittelwerte dieser Skalen bei den Patienten mit der Interventionsgruppe I nach der Rehabilitation wieder bedeutsam an. Somit konnte der Effekt nicht nachhaltig gesichert werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Patienten langfristig wieder durch Angst und Depressivität in ihrem alltäglichen Leben beeinträchtigt sind, wobei depressive Symptome sich ungünstig auf die Krankheitsbewältigung auswirken [13]. Um chronische Schmerzen langfristig bewältigen zu können, müssen die Patienten zu einem ausgeprägten Selbstmanagement motiviert werden [16]. Dieses konnte durch die Patientenschulung I nicht hinreichend aufgebaut werden. So konnte die Schmerzverarbeitung zwar durch beide Interventionen bedeutsam verbessert werden. Dieser Effekt ließ sich in der kognitiven Schmerzverarbeitung auf den Skalen „Handlungsplanungskompetenz“ und „kognitive Umstrukturierung“ jedoch nur in der Interventionsgruppe II zum Katamnesezeitpunkt aufrechterhalten. Somit scheinen praxisnahe Übungen die Krankheitsbewältigung besonders nachhaltig zu verbessern [3, 4, 7]. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen Cedraschi et al. [2], die mit Schulung und praktischen Übungen das Selbstmanagement von Fibromyalgiesyndrompatienten stärkten und infolgedessen eine langfristige Symptomverbesserung erzielten. Die anhaltende Verbesserung der Schmerzverarbeitung in der Interventionsgruppe II spiegelt sich auch in der Steigerung der somatischen Gesundheit und der Funktionsfähigkeit des Alltags (erfasst mit dem IRES-24) wider. So konnten die im Rahmen der stationären Rehabilitation erzielten Verbesserungen in diesen Bereichen im Vergleich zur Interventionsgruppe I zum Katamnesezeitpunkt aufrechterhalten werden.

Um chronische Schmerzen langfristig bewältigen zu können, müssen die Patienten zu einem ausgeprägten Selbstmanagement motiviert werden

Die Unterschiede zwischen den Interventionsgruppen konnten nur im paarweisen Vergleich nachgewiesen werden. Somit sind die Ergebnisse vorsichtig zu interpretieren und die Überlegenheit der kognitiv-behavioralen Patientenschulung gegenüber einer eher wissensbasierten Schulung in weiteren Studie zu differenzieren. Zudem hatte die kognitiv-behaviorale Patientenschulung einen deutlich größeren Umfang, sodass die Überlegenheit dieser Maßnahme aus der vermehrten Zuwendung erklärt werden könnte. Durch die Intention-to-treat-Analyse wurde eine möglichst reale Bedingung zur Evaluation geschaffen, jedoch wird die LOCF-Methode zur Interpretation von fehlenden Werten kritisch diskutiert [21]. Die Alphaadjustierung nach Sidak stellt eine weniger konservative Form der statistischen Berechnung dar, mit der schon geringere Unterschiede signifikant werden. Des Weiteren ist als kritisch anzumerken, dass bislang nur der mittelfristige Verlauf analysiert wurde. Ob die Patienten der Interventionsgruppe II auch langfristig ihre verbesserten Schmerzbewältigungsstrategien aufrechterhalten können, bleibt noch zu untersuchen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich die Wirksamkeiten der beiden hier untersuchten Patientenschulungen nur geringfügig unterscheiden. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Patienten neben den Schulungen weitere Maßnahmen wie Entspannungstraining, Ergo- und Thermotherapie erhielten. Beide Patientenschulungen wirkten sich kurzfristig positiv auf die Krankheitsbewältigung und die Beeinträchtigungen der Patienten aus. Trotz einer abfallenden Wirksamkeit nach der Rehabilitation profitierten die Patienten mit der kognitiv-behavioralen Patientenschulung längerfristig von der Behandlung. Hingegen zeigte die Interventionsgruppe I in der kognitiven Schmerzverarbeitung („Handlungsplanungskompetenz“, „kognitive Umstrukturierung“) und in der Beeinträchtigung („somatische Gesundheit“, „Funktionsfähigkeit im Alltag“) keine Verbesserung zwischen Reha-Beginn und Katamnesezeitpunkt. Dies lässt vermuten, dass eine Schulung mit dem Einsatz von kognitiv-behavioralen Methoden zur Schmerz- und Stressbewältigung das Selbstmanagement der Patienten dahingehend fördert, einen an die chronische Schmerzerkrankung angepassten Lebensstil aufzubauen.

Die Patienten mit kognitiv-behavioraler Patientenschulung profitierten längerfristig von der Behandlung

Um die Behandlung von Fibromyalgiesyndrompatienten weiterhin zu verbessern, sollte die Anwendung von behavioralen Schmerzverarbeitungsstrategien gefestigt werden. In diesem Bereich konnten lediglich Ruhe- und Entspannungstechniken, dessen Erlernen Bestandteil der stationären Rehabilitation war, längerfristig aufgebaut werden. Strategien zur Schmerzbewältigung wie gegensteuernde Aktivitäten oder mentale Ablenkungen konnten nur kurzfristig (Reha-Ende) verbessert werden. Hier wäre eine Nachschulung beispielsweise 3 Monate nach Reha-Ende denkbar, in der den Patienten Hilfestellungen bei der Integration von Schmerzverarbeitungsstrategien in den Alltag gegeben werden könnten. Insgesamt zeigt sich insbesondere im Bereich der Beeinträchtigungen (IRES-24), dass erreichte Effekte nach Reha-Ende wieder abfallen. Ein Einbezug von kognitiv-behavioralen Methoden scheint längerfristig besonders wirksam zu sein, jedoch bleibt offen, ob die Effekte auch 12 oder 24 Monate nach Reha-Ende nachweisbar sind.

Fazit für die Praxis

Die vorliegende Arbeit vergleicht die Wirksamkeit von Patientenschulung mit und ohne kognitiv-behaviorale Module. Beide Interventionen waren in eine stationäre Rehabilitation integriert, sodass im Bereich der psychischen und somatischen Beeinträchtigungen und der Schmerzbewältigung positive Effekte festgestellt wurden. Jedoch zeigte sich, dass die gelernten Strategien zur Krankheitsbewältigung von Patienten, die an einer kognitiv-behavioralen Patientenschulung teilnahmen, nach Ende der Rehabilitation deutlich besser angewandt werden konnten. Folgende Schlussfolgerungen und Empfehlungen können aus dieser Studie gezogen werden:

  • Eine kognitiv-behaviorale Patientenschulung scheint die nachhaltige Wirksamkeit einer Behandlung positiv zu beeinflussen.

  • Module zur Schmerz- und Stressbewältigung mit Übungen zur kognitiven Umstrukturierung wirken sich auch nach Ende der Rehabilitation günstig auf die Anwendung von Schmerzverarbeitungsstrategien aus.

  • Um die Wirksamkeit einer kognitiv-behaviorale Behandlung von Fibromyalgiesyndrompatienten langfristig aufrechterhalten zu können, sollten zukünftig Nachschulungen evaluiert werden.