Methotrexat (MTX) ist ein moderat immunsuppressives und immunmodulierendes Medikament aus der Gruppe der Folatinhibitoren . Ursprünglich zur Tumoranwendung entwickelt, wurde MTX bereits in den 1960er Jahren zunächst zur Behandlung der Psoriasis eingesetzt [60]. In den 1980er Jahren folgte dann die Publikation erster Studien, welche den Einsatz auch bei rheumatoiden Arthritis (RA) beschrieben [78, 81, 83, 84]. Bereits in den 1980er und -90er Jahren entwickelte sich MTX zum wichtigsten Medikament in der Behandlung der RA. Als dann zu Beginn unseres Jahrzehnts TNF-α-Inhibitoren zur breiten Anwendung kamen, schien das Ende dieser Ära gekommen. Sehr bald stellte sich jedoch heraus, dass MTX in der Primärtherapie der RA ein Ansprechen zeigte, welches den TNF-α-Inhibitoren in vielen Aspekten gleichwertig war. Darüber hinaus bewiesen klinische Studien, dass Biologika erst in Kombination mit MTX ihre optimale Wirkung erreichten. Die Bedeutung von MTX als zentraler Pfeiler der Therapie der RA ist daher in den letzten Jahren noch gewachsen.

Zusätzlich zur RA wird MTX noch bei einer ganzen Reihe von anderen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises eingesetzt, wobei die Evidenz dafür unterschiedlich gut ist. In der folgenden Arbeit wird der aktuelle Stand des Wissens über den Einsatz von MTX in der Rheumatologie dargelegt. Der aktuelle Kenntnisstand über die Wirkungsweise und Pharmakologie von MTX sowie die aktuellen Empfehlungen zu dessen Einsatz werden beschrieben. Darüber hinaus werden neue Ansätze zur Weiterentwicklung des Therapieprinzips der Folatinhibition in der Behandlung rheumatischer Erkrankungen aufgezeigt.

Klinisch relevante Fakten zur Pharmakokinetik

Die wichtigsten pharmakologischen Daten von MTX sind in Tab. 1 zusammengefasst. Nach oraler Gabe wird MTX rasch im proximalen Jejunum aufgenommen [6], wobei die Resorption individuell verschieden ist. Im Gegensatz dazu resultiert die parenterale Gabe in einer konstant hohen Bioverfügbarkeit.

Tab. 1 Pharmakologische Daten von Methotrexat (MTX)

Die zelluläre Aufnahme von MTX erfolgt auf mehreren Wegen: Einmal wird MTX über den reduzierten Folattransporter , ein ubiquitär in der Zellmembran aller Körperzellen zu findendes Transportsystem für Folat, in die Zelle transportiert. Am reduzierten Folattransporter konkurriert MTX mit Leukovorin (Folinsäure) und kann von diesem verdrängt werden. MTX kann aber auch noch über spezifische Folatrezeptoren (FR) intrazellulär aufgenommen werden, von denen verschiedene Subtypen existieren. Während FR-α überwiegend auf epithelialen Zellen zu finden ist und eine sehr geringe Affinität zu MTX hat, wird FR-β auf Zellen des hämatopoietischen Systems exprimiert und bei Aktivierung hochreguliert. FR-β ist speziell auf synovialen Makrophagen von Patienten mit RA nachweisbar, über diese Rezeptoren wird MTX in diese Zellen aufgenommen [50]. Man hat vermutet, dass es dabei zu einer Glykolisierung des Rezeptors kommt, der die Affinität für MTX erhöht [24]. Durch den FR-β scheint also ein relativ spezifischer Aufnahmemodus für MTX in die pathophysiologisch bedeutsame Population der synovialen Makrophagen bei RA zu existieren. FR binden jedoch auch Folsäure, sodass Folsäure diesen Aufnahmeweg von MTX hemmen kann.

MTX wird fast komplett renal eliminiert, bei renaler Insuffizienz akkumuliert es daher schnell. Durch die rasche Elimination hat MTX im Plasma nur eine kurze Halbwertszeit von ca. 6–8 h. Dass trotz der wöchentlichen Dosisapplikation in der Therapie von Autoimmunerkrankungen und der damit nur kurzen Phase mit nachweisbaren Plasmaspiegeln dennoch eine anhaltende Wirkung resultiert, ist wahrscheinlich durch eine pharmakologische Besonderheit von MTX bedingt: die Polyglutamierung. Nach der Aufnahme in die Zelle wird natives MTX, welches einen terminalen Glutamatanteil hat (Abb. 1 a), sehr schnell wieder aus der Zelle ausgeschleust und ausgeschieden. Das Enzym Folylpolyglutamatsynthetase (FPGS) bindet jedoch in einem langsamen biochemischen Prozess immer wieder zusätzliche Glutamatreste an intrazellulär vorhandenes MTX. Durch diese Polyglutamierung verbleibt das Molekül in der Zelle und hat im Vergleich zu nativem MTX eine stärkere folatantagonistische Wirkung. Es kann die Zelle erst wieder verlassen, wenn es durch das Enzym γ-Glutamylhydrolase wieder deglutamiert wird, was wiederum in einem langsamen biochemischen Prozess abläuft.

Polyglutamate von MTX sind v. a. in Erythrozyten nachgewiesen worden, man geht jedoch davon aus, dass die Polyglutamierung ein ubiquitäres Phänomen in allen Zellen ist [19]. Am häufigsten wird MTXGlu3 gefunden, aber MTX mit bis zu 5 Glutamatresten ist nachweisbar [19, 43]. Dafür, dass die Polyglutamierung eine wichtige Rolle für die anti-inflammatorische Wirkung von MTX spielt, sprechen verschiedene Beobachtungen: Während Plasmakonzentrationen von MTX nicht mit klinischer Effektivität assoziiert sind [47], zeigen verschiedene neuere Untersuchungen, dass MTX-behandelte RA-Patienten mit einer hohen Rate an MTXGlu1–5 ein besseres klinisches Ansprechen zeigen [22, 23]. Die Rate der Polyglutamierung zeigt jedoch eine große interindividuelle Varianz.

Kürzlich wurde von Dalrymple et al. gezeigt, dass die Geschwindigkeit, mit der MTX-Polyglutamate intrazellulär akkumulieren, erstaunlich parallel zum klinischen Ansprechen auf MTX bei Patienten mit RA verläuft [19, 45]. In den ersten Wochen der MTX-Therapie bauen sich durch den langsamen biochemischen Prozess nur sehr langsam messbare Konzentrationen von MTX-Polyglutamaten in den Zellen auf. Ein Steady-State der Akkumulation ist erst nach ca. 40 Wochen MTX-Therapie zu finden. Bei Absetzen von MTX haben die MTX-Polyglutamate eine Eliminationshalbwertszeit durch Deglutamierung von ca. 4 Wochen. Ein langsames Ansprechen nach Therapiebeginn von MTX und auch das verzögerte Auftreten eines Schubes nach Absetzen von MTX lässt sich damit erklären.

Wirkmechanismus

MTX (N10-Methyl-Aminopterin) ist ein Folsäureantagonist und unterscheidet sich von Folsäure nur durch die Substitution einer Hydroxyl- durch eine Aminogruppe an Position 4 und die von Wasserstoff durch eine Methylgruppe an Position 10 (Abb. 1). Es wirkt durch die kompetitive Hemmung von folsäureabhängigen Enzymen wie Dihydrofolatreduktase (DHFR), Thymidilatsynthase (TR) oder 5-Aminoimidazol-4-carboxamid-Ribonukleotid- (AICAR-) Transformilase als Antimetabolit. Die Auswirkungen dieses Folatantagonismus auf den pathophysiologischen Prozess der RA und somit der genaue Wirkmechanismus von MTX sind zwar umfangreich untersucht, jedoch trotzdem noch nicht komplett verstanden.

Abb. 1
figure 1

Molekularstruktur von Methotrexat (a) und Folsäure (b). Methotrexat unterscheidet sich von Folsäure nur durch die Substitution einer Hydroxyl- durch eine Aminogruppe an Position 4 und die von Wasserstoff durch eine Methylgruppe an Position 10

Die wichtigsten vermuteten Wirkmechanismen sind in Tab. 2 entsprechend aktueller Übersichtsarbeiten zusammengestellt [18, 44, 80]. Obwohl inhibitorische Wirkungen auf spezifische Funktionen von T- und B-Lymphozyten experimentell nachweisbar sind, geht man jedoch davon aus, dass die immunsuppressive Wirkung von niedrig dosiertem MTX in der Therapie rheumatischer Erkrankungen im Verhältnis gering ist. Im Vordergrund scheinen entzündungshemmende Wirkungen zu sein, welche den entzündlichen Prozess insbesondere der Synovitis bei der RA beeinflussen. Ein wichtiger Mechanismus scheint dabei die Induktion von Adenosin durch die Hemmung des Enzyms AICAR-Transformilase zu sein [17]. Adenosin, welches extrazellulär zirkuliert, hemmt spezifisch über den Adenosin-A2-Rezeptor die Akkumulation von neutrophilen Granulozyten und hat weitere Wirkungen, wie z. B. die Hemmung der Produktion proinflammatorischer Zytokine. Interessanterweise wurde nachgewiesen, dass, auch über den Weg der Adenosininduktion, die Bildung von Schaumzellmakrophagen gehemmt und der zelluläre Cholesterinrücktransport gefördert wird. MTX wird auf diesem Weg ein atheroprotektiver Effekt zugeschrieben [64]. Wir konnten zeigen, dass MTX in einem SCID-Maus-Modell der RA direkt die Invasion von synovialen Fibroblasten und die Degradation des Knorpels hemmt [29], während ein früher vermuteter antiangiogener Effekt in anti-arthritisch wirksamen Dosen wohl keine Rolle spielt [30]. Vieles spricht dafür, dass gerade die Kombination multipler Wirkungen des Folatantagonismus im entzündlichen Prozess für die gute Wirkung von MTX bei RA entscheidend ist.

Tab. 2 Postulierte anti-arthritische Wirkmechanismen von Methotrexat (MTX) bei rheumatoider Arthritis (RA)

Einsatz bei rheumatoider Arthritis

Nach ersten Pilotstudien zur Behandlung der RA um 1980 [81, 83] wurden mehrere randomisierte, placebokontrollierte Studien publiziert, welche die Überlegenheit im klinischen Ansprechen von MTX gegenüber Placebo bewiesen [2, 71, 78, 82]. Langzeituntersuchungen wie die Ratinger Langzeitbeobachtungsstudie von Rau et al. [63] konnten zeigen, dass einer erstaunlich großen Anzahl von Patienten MTX auch 5 Jahre und länger ohne Anstieg des Toxizitätsrisikos gegeben werden konnte. Darüber hinaus blieb es in sehr vielen Fällen weiter klinisch ausreichend wirksam. Pincus et al. bewies 1992, dass MTX deutlich länger als andere in den 1980er Jahre zur Verfügung stehende Disease Modifying Anti-Rheumatic Drugs (DMARD) von den RA-Patienten genommen wurde [55]. So erhielten in dieser Untersuchung nach 24 Monaten bzw. 5 Jahren 72% bzw. 57% der Patienten weiterhin MTX, während diese Rate bei Chloroquin, Goldsalzen, D-Penicillamin und Azathioprin nur bei 41–51% bzw. 20–25% lag.

Die Hemmung der Röntgenprogression als wichtigster Parameter der Krankheitsmodifikation der RA, wurde zum Zeitpunkt der placebokontrollierten Studien mit MTX noch nicht systematisch untersucht. Der Einfluss von MTX auf diesen Parameter war deswegen lange Zeit nicht eindeutig zu klären. In einer randomisierten Vergleichstudie von MTX mit Aurothiomalat konnte kein signifikanter Unterschied in der radiologischen Progression in beiden Gruppen festgestellt werden [62]. Wohl wurde aber in einer kontrollierten Studie eine geringere Progression unter MTX im Vergleich zu dem DMARD Azathioprin nachgewiesen [38]. Auch sprechen die Auswertung von individuellen radiologischen Verläufen vor und nach Beginn einer MTX-Therapie für eine hemmende Wirkung auf die Röntgenprogression [52, 61].

Aufschluss über das Ausmaß der Wirksamkeit von MTX gemessen mit modernen und validierten Messmethoden geben neue klinische Studien früh im Krankheitsverlauf der RA. Dabei wurde MTX als Monotherapie mit Biologika oder einer Kombination verglichen. Eine solche Studie ist z. B. die COMET-Studie [25], bei der MTX mit einer Kombinationstherapie aus MTX und Etanercept verglichen wurde. In dieser Studie erreichten nach einem Jahr 28% der Patienten mit MTX-Monotherapie eine DAS-Remission von <2,6. Einen Stopp der radiologischen Gelenkdestruktion über ein Jahr erreichten unter MTX 59% der Patienten und der Health Assessment Questionnaire (HAQ) als Ausdruck der Funktion besserte sich um 44%. Vergleichbare Ansprechraten auf MTX als Mono-DMARD-Therapie bei früher RA haben die PREMIER-Studie [11], die ERA-Studie [7] und die TEMPO-Studie [41] gezeigt, bei der MTX jeweils mit Adalimumab bzw. Etanercept verglichen und in der PREMIER- sowie der TEMPO-Studie auch kombiniert wurde. Ein zunächst nicht vermutetes Ergebnis dieser Untersuchungen war, dass die Wirkung der TNF-α-Hemmer Etanercept und Adalimumab auf die Krankheitsaktivität in diesem Krankheitsstadium dem von MTX nicht eindeutig überlegen war. Dies steht allerdings in Kontrast zur Hemmung der Röntgenprogression, bei denen die TNF-α-Hemmer einen besseren Effekt zeigten als MTX allein. Sowohl die TEMPO- als auch die PREMIER-Studie zeigten jedoch, dass die Ergänzung von MTX zu dem jeweiligen Anti-TNF-α-Wirkstoff dessen Wirkung auf die Reduktion der Krankheitsaktivität wie auch die Hemmung der Röntgenprogression noch einmal deutlich verbesserte. Auch die Biologika der 2. Generation Rituximab, Abatacept und Tocilizumab wurden in Kombination mit MTX in Studien untersucht und sind inzwischen in dieser Kombination zur Behandlung der RA zugelassen.

Während MTX bisher noch überwiegend oral gegeben wird, hat eine große placebokontrollierte Studie von Braun et al. [9] kürzlich zeigen können, dass durch die subkutane (s.c.) Gabe eine ca. 40%ige höhere Wirksamkeit erreicht wird. Die Steigerung der Wirkung von MTX ist durch die höhere Bioverfügbarkeit bei parenteraler Gabe daher noch möglich.

MTX ist aufgrund der guten Wirksamkeit und Verträglichkeit inzwischen der Goldstandard der Therapie der RA weltweit. In Europa erhalten inzwischen 80% aller RA-Patienten MTX [68]. Die deutsche Leitlinie zur Behandlung der frühen RA aus dem Jahre 2005 [66] nennt MTX als das DMARD, welches besondere Vorteile in der Langzeitkontrolle der Erkrankung hat. In den Empfehlungen der EULAR [16] wird MTX als erstes DMARD bei früher Arthritis und einem hohen Risiko einer persistierenden Erkrankung empfohlen. Eine Zusammenfassung der evidenzbasierten Empfehlungen einer deutschen nationalen Expertenrunde zum Einsatz von MTX ist in Tab. 3 aufgeführt [70].

Während sich die o. g. Studien auf die Behandlung der manifesten RA beziehen, hat die PROMPT-Studie die Behandlung der frühen Arthritis, bei der die Kriterien zur Diagnose einer RA noch nicht erfüllt sind, zum Ziel [75]. In dieser prospektiv randomisierten Studie wurde gezeigt, dass die Behandlung einer solchen undifferenzierten Arthritis mit MTX den Progress in eine manifeste RA sowie die radiologische Erosivität verzögert. Bei einer Subanalyse war dieser therapeutische Effekt von MTX nur bei Patienten mit positiven Anti-CCP-Antikörpern nachweisbar. Patienten mit früher Arthritis und positiven Anti-CCP-Antikörpern sollten daher früh in ihrer Erkrankung MTX erhalten, auch wenn die ACR-Kriterien für die Klassifikation der RA noch nicht erfüllt sind. Die Wichtigkeit des frühen Beginns der Therapie zeigt auch die Tatsache, dass ein längerer Krankheitsverlauf einer RA vor Beginn der MTX-Therapie mit einem schlechteren Ansprechen assoziiert ist [3].

Tab. 3 Nationale Empfehlungen zum Einsatz von Methotrexat (MTX) bei rheumatoider Arthritis (RA; nach [70])

MTX ist bei älteren Patienten mit RA nicht weniger wirksam als bei jüngeren, zeigt aber etwas häufiger unerwünschte Wirkungen [85]. Unter anderem wegen der verminderten renalen Funktion im höheren Lebensalter sollte MTX bei diesen Patienten daher primär in niedriger Dosis begonnen werden. Letztendlich ist die Dosierung dabei von den individuellen Gegebenheiten des Patienten abhängig.

Interessanterweise gibt es Hinweise darauf, dass MTX die bei der RA im Vergleich zu Gesunden erhöhte Mortalität reduziert [15], was möglicherweise auf die oben aufgeführte anti-atherogene Wirkung zurückzuführen ist. Da dies auf Langzeitbeobachtungen basiert, liegen dem aber keine placebokontrollierten Studien zu Grunde. Ein Indikationsbias kann daher nur schwer ausgeschlossen werden. Krause et al. [42] konnten zeigen, dass in der Ratinger Langzeitkohorte ein erheblicher Mortalitätsvorteil für die Patienten nachweisbar war, welche auf MTX ansprachen. So betrug die Gesamtüberlebensrate nach 8 Jahren für die Ansprecher 84%, während diese bei den Nicht-Ansprechern bei 56% lag.

Weitere Kombinationstherapien

Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass MTX nicht nur mit Biologika, sondern auch mit anderen DMARD kombiniert werden kann, und dass sich dadurch die Wirksamkeit im Vergleich zu den Einzelsubstanzen erhöht. Dies wurde z. B. für die Dreierkombination MTX/Sulfasalazin/Hydroxychloroquin gezeigt [53]. Die Rate an unerwünschten Wirkungen steigt in dieser Kombination nicht. Auch die Kombination von MTX mit Cyclosporin A bei ungenügendem Ansprechen auf MTX allein wurde in einer Studie als wirksam beschrieben [72], ist aber von insbesondere renalen Nebenwirkungen belastet. Ebenso hat die Kombination von MTX mit Leflunomid in einer Studie von Kremer et al. [46] eine verbesserte Wirkung im Vergleich zur alleinigen MTX-Therapie gezeigt. Allerdings wurde auch bei dieser Kombination eine erhöhte Rate an unerwünschten Wirkungen im Vergleich zur Monotherapie mit MTX beobachtet. Der Wert der Kombination von MTX mit anderen DMARD in der Behandlung der RA, im Gegensatz zur sequenziellen Gabe von DMARD bzw. dem frühen Einsatz eines Biologikums wird – trotz breitem Einsatz – weiterhin kontrovers diskutiert [40].

MTX bei anderen rheumatischen Erkrankungen

Die Evidenz für den Einsatz von MTX bei anderen rheumatischen Erkrankungen als der RA ist in Tab. 4 aufgelistet. Die beste Evidenz existiert für den Einsatz von MTX als glukokortikoidsparendes Medikament bei der Polymyalgia rheumatica [12], dem systemischen Lupus erythematodes [13, 31] und der juvenilen idiopathischen Arthritis [51] und beruht auf randomisierten klinischen Studien. Darüber hinaus ist für die Wegenersche Granulomatose ein remissionsinduzierender Effekt bei milderen Verläufen [20] sowie eine gute Wirkung als remissionerhaltende Therapie nach vorangegangener Cyclophosphamidtherapie durch MTX belegt [21].

Tab. 4 Evidenz für den Einsatz von Methotrexat bei weiteren Indikationen

Therapiesicherheit

Die hohe Persistenz der MTX-Therapie bei Patienten mit RA verdeutlicht, dass MTX nicht nur wirksam ist, sondern in der Regel auch gut toleriert wird. Eine aktuelle Metaanalyse [65] zeigt, dass die Abbruchrate von MTX wegen Toxizität geringer ist als für Sulfasalazin, Goldsalze oder D-Penicillamin. Auch scheint die Rate von schweren Infektionen durch MTX nicht erhöht zu sein. MTX muss vor orthopädischen Operationen von RA-Patienten nicht abgesetzt werden, da die Rate von Wundheilungsstörungen und perioperativen Infektionen nicht erhöht wird [54].

Etwa 13% der Patienten unter MTX zeigen erhöhte Transaminasen von mehr als dem Doppelten der Norm und 3,7% müssen die Therapie deswegen absetzen. Studien mit sequenziellen Leberbiopsien konnten jedoch keine erhöhten Raten von Leberfibrosen oder -zirrhosen finden [60]. Die häufigsten Nebenwirkungen von MTX sind Übelkeit, Unwohlsein oder „Schummrigkeit“, welche abhängig von der Dosis in prospektiven Studien bei 10–50% der Patienten auftreten [60]. Als Mittel dagegen wird die abendliche Einnahme und ggf. die Umstellung auf parenterale Gabe, Zweiteilung der Dosis (im Abstand von 12 h) und eine symptomatische Zusatzmedikation wie Metoclopramid empfohlen.

Eine weitere, eher milde Nebenwirkungen ist Haarausfall , welcher in bis zu 20% der Fälle beobachtet werden soll, reversibel ist und nur in einem kleinen Teil zum Absetzen des Medikaments führt. Mukositis und Knochenmarkdepression unter MTX werden gesehen, sind aber im Wesentlichen von der Dosis bzw. der Nierenfunktion und einer möglichen Akkumulation abhängig. Bei akzidenteller täglicher Einnahme des Medikaments tritt eine schwere Toxizitätssymptomatik auf, welche vor allem von den beiden letzteren Symptomen geprägt ist. Da die Knochenmarkdepression u. U. lange anhalten und schwere Infektionen bedingen kann, ist eine solche MTX-Überdosierung eine lebensgefährliche Komplikation. Zur Prophylaxe einer akzidentellen täglichen Einnahme ist die genaue Information der Patienten oder ihrer Angehörigen, aber auch der behandelnden Hausärzte notwendig. Gerade bei älteren und verwirrten Patienten kann die wöchentliche parenterale Gabe durch den Hausarzt oder eine Pflegekraft der eigenständigen oralen Einnahme vorzuziehen sein.

Auch in großen Beobachtungsstudien wurden keine Hinweise darauf gefunden, dass MTX kanzerogen ist [65]. Non-Hodgkin-Lymphome bei Patienten mit RA wurden jedoch immer wieder unter einer Therapie mit MTX beschrieben. Da das Lymphomrisiko bei Patienten mit RA insgesamt erhöht ist und dies zur Schwere und Aktivität der Erkrankung korreliert, wird vermutet, dass die aktive RA und nicht die begleitende MTX-Behandlung für ein erhöhtes Lymphomrisiko verantwortlich ist [4]. MTX ist eine teratogene Substanz, und eine Schwangerschaft unter MTX-Therapie muss ausgeschlossen bzw. verhütet werden. Auch Männer sollten unter einer MTX-Therapie keine Kinder zeugen.

Eine medikamentenallergische Pneumonitis ist eine seltene, aber potenziell gravierende Komplikation einer MTX-Therapie. Die genaue Häufigkeit ist unklar [60]. Die Leitsymptome sind trockener Husten, Fieber und Atemnot, wobei das Krankheitsbild auch mit weniger typischen Symptomen manifest werden kann. Risikofaktoren für eine MTX-Pneumonitis sind ein höheres Lebensalter [1], nicht jedoch z. B. die kumulative Dosis von MTX. MTX-Therapie ist nicht assoziiert mit dem Progress einer interstitiellen Lungenerkrankung bei RA [32].

Die Substitution von Folsäure zusätzlich zu einer MTX-Therapie kann einen Transaminasenanstieg unter MTX verhindern, dies ist das Ergebnis einer aktuellen Metaanalyse [57]. Bezüglich anderer unerwünschter Effekte von MTX wie z. B. gastrointestinaler Nebenwirkungen ist die Wirkung der Folsäuresubstitution dagegen nicht gesichert [66]. Die prophylaktische Substitution von Folsäure reduziert die Rate von Therapieabbrüchen unter MTX [35]. In der aktuellen Expertenempfehlung (Tab. 3; [70]) wird daher der Einsatz von 5–15 mg Folsäure (alternativ die teurere Folinsäure in niedrigeren Dosen) einmal wöchentlich empfohlen. Üblicherweise wird Folsäure dabei 24 h nach der Gabe von MTX eingenommen. Allerdings ist zu vermuten, dass Folatgaben wahrscheinlich zumindest in moderatem Maße auch die therapeutische Wirkung von MTX hemmen. So konnte in einer randomisierten Studie gezeigt werden, dass zur Erzielung des gleichen therapeutischen Effekts in einer folsäuresupplementierten Gruppe mit RA signifikant mehr MTX benötigt wurde als in der Gruppe ohne Folsäuregabe [76]. Neben den folatabhängigen Enzymen und Ko-Enzymen konkurrieren MTX und Folsäure auch um den Folatrezeptor β, der, wie weiter oben beschrieben, wohl eine spezifische Rolle für die MTX-Aufnahme und -Wirkung in aktivierten Makrophagen der Synovitis hat. Die Evidenz für eine leichte Abschwächung der MTX-Wirkung durch Folatsubstitution wird jedoch nicht einheitlich bewertet und verschiedentlich auch bestritten (s. auch die nationale Expertenmeinung in Tab. 3).

Weiterentwicklung der MTX-Therapie

Prädiktoren der Wirkung und Toxizität

Die Vorhersage der Wirkung und möglicher Toxizität von DMARD und Biologika bei RA mittels genetischer Marker ist Gegenstand intensiver Forschung. Für MTX sind eine ganze Reihe von genetischen Polymorphismen bekannt, welche auf ihren prädiktiven Wert bezüglich der MTX-Wirkung bei RA untersucht und in Assoziation gebracht worden sind. Dies sind Polymorphismen für Gene des Folatmetabolismus, der Polyglutamierung, des zellulären Transports von MTX sowie des Adenosinstoffwechsels [10, 59]. Durch die Berechnung von pharmakogenetischen Indices [23, 79] und der Kombination mit der Messung von polyglutamiertem MTX in Erythrozyten [22] zeigten sich Ansätze der Prädiktion von MTX-Wirkung wie auch -Toxizität bei RA-Patienten. Eine Analyse bei Patienten mit juveniler idiopathischer Arthritis mit einer Kombination von klinischen und laborchemischen Prädiktoren mit pharmakokinetischen Variablen zeigte ebenfalls hoffnungsvolle Ergebnisse [34].

Zusammenfassend sind die Daten noch nicht ausreichend, um den Wert der Untersuchung von Genpolymorphismen für die Vorhersage von Wirkung und Toxizität von MTX bereits abschließend zu beurteilen. Es scheint jedoch durchaus möglich, dass wir in der Zukunft darüber Hilfestellung für praktische Entscheidungen zum Einsatz der MTX-Therapie erhalten.

Albumingekoppeltes MTX

Synovitische Gelenke von Patienten mit RA zeigen eine vermehrte Extravasation und einen erhöhten Katabolismus für Albumin [5, 48]. Wir hatten gezeigt, dass man sich dies zu Nutzen machen kann, in dem man MTX durch Kopplung an Albumin im Sinne eines „targeted drug delivery“ in der Synovia anreichert. Damit wird in tierexperimentellen Untersuchungen eine verbesserte anti-arthritische Wirkung von MTX erreicht [28, 86]. AWO54 ist ein Prodrug von MTX welches durch einen Peptid-Spacer selektiv an die Cystein-34-Position von endogenem Albumin bindet. Nach parenteraler Applikation nutzt es Albumin als Trägermolekül zur Entzündung und wird dort durch Proteasen wieder abgespalten. Im Tiermodell der kollageninduzierten Arthritis reichen 20% der MTX-äquivalenten Menge von AWO54, um die gleiche anti-arthritische Wirkung wie MTX zu entwickeln [27]. Darüber hinaus weisen die Ergebnisse darauf hin, dass AWO54 in der fortgeschrittenen, destruierenden Arthritis in diesem Modell weniger als MTX an Wirkung verliert. „Targeted drug delivery“ durch In-vivo-Koppelung eines MTX-Spacers an endogenes Albumin könnte daher in Zukunft die MTX-Therapie rheumatischer Erkrankungen optimieren. Klinische Studien dazu sind in Vorbereitung.

Neue Folatantagonisten

MTX ist ein Medikament mit einer pleiotropen Wirkung über eine Vielzahl von folatabhängigen biochemischen Mechanismen und potenzieller Wirkung auf eine ganze Reihe von Zielzellen der rheumatischen Entzündung. Welche der Mechanismen für den anti-arthritischen Effekt entscheidend sind und welche ggf. eher zur Toxizität beitragen, ist noch nicht geklärt. Aktivierte synoviale Makrophagen sind wichtige Effektorzellen der Entzündung. Durch einen im aktivierten Zustand hochregulierten Folatrezeptor β [50] haben diese Zellen ein Merkmal, welches sie für eine zielgerichtete Therapie mit einem Folatantagonisten prädisponiert. MTX wirkt jedoch über den ubiquitär exprimierten, reduzierten Folattransporter auf eine Vielzahl von Zelltypen. Van der Heijde et al. haben in einer aktuellen Arbeit eine ganze Reihe von für die Tumoranwendung entwickelten Folatantagonisten auf ihre spezifische Wirkung über Folatrezeptoren untersucht [74]. Die Autoren konnten dabei den neuen Folatinhibitor BGC945 identifizieren, welcher sehr spezifisch über Folatrezeptoren, aber nicht über den Aufnahmeweg des reduzierten Folattransporters wirkt. Im Zellkulturexperiment mit FR-β-transfizierten Zellen hat er einen antiproliferativen Effekt. Diese Substanz ist daher ein Kandidat für eine neue, spezifischere Antifolattherapie mit der Zielzelle des synovialen Makrophagen [26] und somit eine Weiterentwicklung von MTX.

Fazit für die Praxis

Methotrexat (MTX) ist das wichtigste und am häufigsten gegebene DMARD zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA). Nationale wie auch internationale Empfehlungen sehen vor, dass MTX eine besondere Rolle in der DMARD-Therapie der RA spielt und sehen darin die erste Wahl auch zur Therapie des frühen Stadiums der Erkrankung. Darüber hinaus ist MTX ein geeigneter Kombinationspartner anderer DMARD und Biologika, deren anti-arthritische Wirkung durch MTX erheblich verbessert wird. MTX kann sowohl oral als auch subkutan jeweils einmal wöchentlich gegeben werden, wobei das letztere eine stärkere Wirksamkeit besitzt. Neben der RA wird MTX auch bei einer ganzen Reihe von anderen rheumatischen Erkrankungen gegeben, wobei die Evidenz dafür unterschiedlich gut ist. MTX ist ein insgesamt sicheres Medikament ohne nachgewiesene Kanzerogenität. Die häufigsten unerwünschten Wirkungen sind Übelkeit und andere Allgemeinsymptome nach der Einnahme sowie Transaminasenanstieg. Das letztere kann durch eine prophylaktische Folatsubstitution am Tag nach der Einnahme teilweise verhindert werden. Besonders zu beachten ist eine eingeschränkte Nierenfunktion, da dadurch die Akkumulation des Medikaments droht. Darüber hinaus ist MTX bei Schwangerschaft streng kontraindiziert.

CME-Fragebogen

Welches ist der biochemische Vorgang, der zur intrazellulären Persistenz und Wirkverstärkung von Methotrexat führt?

Glukuronidierung

Polyglutamierung

Hydroxylierung

Citrullinierung

Carbonisierung

Methotrexat ist ein …

Purinanalogon.

Pyrimidinanalogon.

Folsäureantagonist.

Spindelgift.

Cyclooxygenasehemmer.

Welche Aussage zum Einsatz von Methotrexat bei der frühen rheumatoiden Arthritis ist richtig?

TNF-α-Hemmer sind Methotrexat im klinischen Ansprechen eindeutig überlegen.

DAS-Remissionen werden durch Methotrexat nicht erreicht.

In den EULAR-Empfehlungen wird Methotrexat als DMARD der 1. Wahl genannt.

Methotrexat ist den TNF-α-Inhibitoren bezüglich der Wirkung auf den radiologischen Verlauf gleichwertig.

Bei Gabe eines TNF-α-Inhibitors wird Methotrexat abgesetzt.

Welches ist kein Vorteil der subkutanen im Vergleich zur oralen Gaben von Methotrexat?

Höhere Bioverfügbarkeit.

Verbesserte Wirksamkeit.

Niedrigerer Preis.

Sichere Compliance bei Fremdapplikation (z. B. durch Praxispersonal).

Geringere Verwechslungsgefahr mit täglich einzunehmenden Medikamenten.

Für die Behandlung verschiedener rheumatologischer Krankheitsbilder mit Methotrexat gibt es gute wissenschaftliche Evidenz. Welche der folgenden Fälle würden Sie mit Methotrexat behandeln?

Systemischer Lupus erythematodes mit schwerer Nierenbeteiligung.

Polymyalgia rheumatica zur Steroideinsparung.

Remissionsinduktion der Wegenerschen Granulomatose bei Beteiligung innerer Organe.

SAPHO-Syndrom.

Ankylosierende Spondylitis.

Was gehört nicht zu den aktuellen nationalen Empfehlungen zum Einsatz von Methotrexat?

Mögliche Kombination mit anderen DMARD bei ungenügender klinischer Wirksamkeit.

Regelmäßige Erfassung möglicher Nebenwirkungen und Kontrolle von Laborwerten.

Absetzen von Methotrexat mind. 3 Monate vor geplanter Schwangerschaft.

Methotrexat ist kontraindiziert bei interstitiellen Lungenerkrankungen.

Bei wiederholtem Transaminasenanstieg über das 3fache der Norm sollte Methotrexat reduziert, pausiert oder beendet werden.

Prophylaktische Folsäuresubstitution bei Methotrexattherapie reduziert bewiesenermaßen die Wahrscheinlichkeit von …

Transaminasenanstiegen.

gastrointestinalen Nebenwirkungen.

allergischer Pneumonitis.

infektiösen Komplikationen.

Zytopenien.

Welche der folgenden Aussagen zu Wirkungen und Nebenwirkungen von Methotrexat (MTX) ist richtig?

MTX wirkt moderat immunsuppressiv und stark anti-inflammatorisch.

Unter einer MTX-Dauertherapie werden gehäuft Malignome beobachtet.

MTX reduziert die Krankheitsaktivität des Sjögren-Syndroms.

MTX hat keinen Einfluss auf die radiologische Progression bei rheumatoider Arthritis.

MTX steigert die kardiovaskuläre Mortalität bei rheumatoider Arthritis.

Was ist ein Risikofaktor für Methotrexatpneumonitis?

Interstitielle Lungenbeteiligung bei rheumatoider Arthritis.

Hohe kumulative Dosis.

Fehlende Foläuresupplementation.

Höheres Lebensalter.

Asthma bronchiale.

Welche Aussage ist zutreffend?

Durch die Analyse von Genpolymorphismen lassen sich Wirkung und Verträglichkeit einer Methotrexattherapie bereits sicher vorhersagen.

Ein Prodrug von Methotrexat bindet endogenes Albumin und bewirkt dadurch eine verbesserte Wirkung im Tiermodell durch Anreicherung in der Entzündung.

Folatrezeptor β ist ubiquitär verteilt und wird in der Synovitis nicht erhöht exprimiert.

Polyglutamate von Methotrexat sind Metabolite mit geringerer biologischer Wirkung.

Methotrexat wird ausschließlich durch Folatrezeptoren intrazellulär aufgenommen.