Eine Beinlängendifferenz von 3–9 mm ist ein häufiges Problem, das bei 40–70 % [11, 12] der Bevölkerung und mehr als 70 % der Patienten mit Rückenschmerzen [15] zu finden ist. Sie bewirkt immer eine Fehlhaltung und -belastung bei statischen und dynamischen Aktivitäten der unteren Extremität und speziell der Wirbelsäule [14, 15]. Die Funktionen der Fuß-, Knie- und Hüftgelenke werden stark beeinträchtigt [1, 2]. Die Wirbelsäule ist nicht nur von mechanischen Problemen betroffen, sondern passt sich auch neuromuskulär an diese Fehlstellung an [35]. Der ganze Bewegungsapparat leidet darunter. Verschleißerscheinungen in den betroffenen Gelenken wie Spondylophytenbildung erscheinen frühzeitig und verteilen sich ungleichmäßig. Dadurch werden die Bewegungsabläufe gestört. Die Folgen sind funktionelle und strukturelle Haltungs- und Bewegungseinschränkungen, die verschiedene Schmerzreaktionen auslösen [15].

Von solchen Problemen sind meistens das Fuß- und Hüftgelenk [9] des längeren Beins, das Kniegelenk des kürzeren Beins [2] und die Wirbelsäulenseite des kürzeren Beins betroffen. Dies geschieht, weil sich der menschliche Körper an die Erdanziehungskraft adaptieren muss. Diese Adaptationsmöglichkeit ist nachteilig für die Gelenke. Sowohl die Wirbelsäulenabschnitte [6] als auch die paravertebrale und autochthone Rückenmuskulatur werden ungleichmäßig belastet (Asymmetrie), sodass nicht nur die Bewegungsqualität gestört wird, sondern auch die Facettengelenke vermehrt beansprucht werden. Daraus entwickeln sich Wirbelsäuleninstabilitäten, z. B. Skoliosen und Spondylolisthesen, die eine Hauptrolle bei den Wirbelsäulenerkrankungen wie den Bandscheibenvorfällen und Degenerationen spielen.

Die Medizin widmet diesen leichten Beinlängendifferenzen wenig Aufmerksamkeit, sodass sie meist als natürliche Anpassungsprozesse des Körpers akzeptiert bzw. toleriert [10, 14] und in der Literatur kontrovers diskutiert werden [13]. Hinzu kommt, dass die Beschwerden der Patienten häufig auf psychische Aspekte reduziert werden und die Patienten in einen Teufelskreis aus Schmerzen, Bewegungsarmut und Verzweiflung geraten.

Formen der Wirbelsäulenproblematik

Die drei bekannten Formen der Problematik an der Wirbelsäule sind von der Tätigkeit des Betroffenen abhängig.

  • Flache harmonische Skoliose, minimale Wirbelrotationen

  • C-förmige Skoliose, immer mit Rotationen an den Wirbelkörpern verbunden

    • Lendenwirbelsäule und Brustwirbelsäule betroffen

    • Ganze Wirbelsäule betroffen

  • S-förmige Skoliose, immer mit Rotationen an den Wirbelkörpern verbunden

    • Lendenwirbelsäule und Brustwirbelsäule betroffen

    • Ganze Wirbelsäule betroffen

Sie wirken automatisch auf die Kraftübertragung an der Wirbelsäule und verursachen segmentäre Schäden an den Wirbelsäulenabschnitten. Dadurch platzieren sich die Wirbelkörper neu und es entstehen Translationen mit Retrolisthesen, Antrolisthesen oder Skoliosierung. Dies führt zu einer Instabilität der Wirbelsäule [6].

Flache harmonische Skoliose

Bei regelmäßig ausgeübten Sportarten werden alle Muskeln gut trainiert, sodass sich eine flache harmonische lumbothorakale Skoliose in der längeren Beinseite ausbildet. Diese Verkrümmung gleicht sich allmählich in der Brust- (BWS) oder Halswirbelsäule (HWS) aus. Diese Entwicklung äußert sich im Verlauf als dumpfer oder brennender Schmerz im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) auf Höhe L4/5 und L5/S1 sowie in Schmerzen der HWS auf Höhe C2 bis C6 der kürzeren Beinseite (wo die Rotationskomponenten ausgeprägt sind). Ähnliche Schmerzen können im BWS- und HWS-Bereich auftreten.

Fallbeispiel

Ein 35-jähriger ehemaliger Spitzensportler klagt seit seinem 17. Lebensjahr über Schmerzen im linken Fußgelenk. Nach 3 Jahren bekam er zusätzlich Knieschmerzen rechts durch seine sportlichen Leistungen. Seit 5 Jahren plagen ihn zudem Schmerzen in der linken Hüfte ohne pathologisches Korrelat. Da er ständig Schmerzen hatte, konnte er seine gewünschten Leistungen im Sport nicht mehr erbringen und hörte mit dem Leistungssport auf. Seit einem Jahr äußert er nun lokale Schmerzen im LWS-Bereich rechts mit Ausstrahlung in den rechten HWS-Bereich. Dadurch hat er im letzten Jahr 5 Lumbalgien, trotz Sportkarenz, erlitten (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

35-jähriger Patient. Röntgen der Lendenwirbelsäule im Stehen. a Aufnahme a.-p., seitlich

Die in Abb. 1a erkennbare flache thorakolumbale Skoliose ist durch die Beinlängendifferenz (rechts 5 mm kürzer) entstanden. Diese Entwicklung löst nicht nur Probleme in den unteren Extremitäten des Bewegungsapparats aus, sondern wirkt auch negativ auf die Regulation der neurologischen Impulse des M.-erector-spinae-Systems und verursacht neuromuskuläre Defizite. Hier werden die neurologischen Impulse nicht mehr optimal verteilt, die paravertebrale Muskulatur wird inhomogen angespannt, und es entsteht eine Dysbalance zwischen der rechten und linken Seite, die die gesamten Bewegungsabläufe der Wirbelsäule stört. Die Folgen sind Kraftverlust, lokale Schmerzen oder heftige Schmerzereignisse wie Lumbalgien oder Lumboischialgien.

C-förmige Skoliose

Bei untrainierten Patienten entwickelt sich eine sog. C‑förmige lumbale, thorakolumbale oder die gesamte Wirbelsäule betreffende Skoliose auf der längeren Beinseite. Hier verteilen sich die Rotationskomponenten fast gleichmäßig auf alle Wirbelkörper und es entwickeln sich multisegmentäre Translationen, wie Antero- oder Retrolisthesen, die eine Ursache für die bevorstehende pathologische Entwicklung darstellen und eine neue Pathophysiologie als Ergebnis präsentieren. Die Folgen sind

  • unwohles oder leichtes brennendes Gefühl in der BWS sowie

  • unterschiedliche Schmerzreaktionen in der HWS, die in den Kopf ausstrahlen und sich an den Kopfschmerzen beteiligen (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

58-jährige Patientin. Röntgen der Lendenwirbelsäule im Stehen. a Aufnahme a.-p., b seitlich

Fallbeispiel

Eine 58-jährige Patientin klagt seit mehr als 10 Jahren über LWS-Schmerzen, die bis zur HWS ausstrahlen. Sie leidet seit 1 Jahr unter verstärkten Schmerzen in der HWS bei verminderten Schmerzen in der LWS. Radiologisch zeigt sich in der a.-p.-Aufnahme des Beckens und der LWS eine Beinlängendifferenz rechts von minus 5 mm (Abb. 2a), die eine C‑förmige rechtskonvexe LWS-Skoliose von ca. 11° auslöst.

Bemerkung.

Wenn die Beinlängendifferenz nur mit einem Fersenkissen ausgeglichen werden soll, entwickelt sich die C‑förmige zu einer S‑förmigen Skoliose. Diese verstärkt die Funktionsstörung der Wirbelsäule. Um solch eine Verschlechterung zu vermeiden, sollte die Verbesserung der dreidimensionalen Funktion der Wirbelsäule im Vordergrund stehen.

Die erheblichen Bandscheibendegenrationen von L4/5 und L5/S1 (Abb. 2b) wurden durch die Sakrumstellung von 14° verursacht (der Normwinkel bei Frauen beträgt 22-32-43°). Dadurch wird die Federungsfunktion vermindert. Durch die zusätzlich bestehende Beinlängendifferenz wird die Degeneration der Wirbelsäule beschleunigt. Die Wirbelsäule wird aus dem Gleichgewicht gebracht. Dies belastet die Wirbelsäulenabschnitte und stört die Bewegungsabläufe. Es entwickeln sich Funktionsstörungen in jeder Bewegungsrichtung der Wirbelsäule (Flexion/Extension, lateral links und rechts sowie Rotation links und rechts). Die Folgen sind dreidimensionale Funktionsstörungen der Wirbelsäule, die die Beschwerden in diesem Bereich hervorrufen.

C-förmige Skoliose

Auch eine sog. S‑förmige lumbale, thorakolumbale oder die ganze Wirbelsäule betreffende Skoliose kann sich bei untrainierten Patienten entwickeln. Durch die Rotationskomponenten gleichen sich die Kurven an der Wirbelsäule schnell an und stellen die Endform der Krümmung dar. Die seitlichen Translationen können auf beiden Seiten der LWS beginnen, so kann sich die Ausgleichskurve in der LWS bilden. Dabei werden BWS und HWS von der Symptomatik geschont. Allerdings kann sich die Ausgleichskurve auch in der BWS oder HWS entwickeln. Dann muss mit Beschwerden in diesen Bereichen gerechnet werden. Kopfschmerzen, verursacht durch Nackenverspannungen, könnten die Folge sein. Diese Form begünstigt eine Kyphose der Brustwirbelsäule. Frauen sind davon mehr als Männer betroffen (Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

39-jährige Patientin. Röntgen der Lendenwirbelsäule im Stehen. a Aufnahme a.-p., b seitlich

Fallbeispiele

Eine 39-jährige Patienten klagt seit Jahren über Schmerzen im Bereich der HWS und LWS. Radiologisch zeigt sich in der a.-p.-Aufnahme der LWS (Abb. 3a) eine klare S‑förmige Skoliose, die durch eine Beinlängendifferenz rechts von minus 9 mm verursacht wurde.

In der lateralen LWS-Aufnahme (Abb. 3b) wird eine Spondylolisthesis (Anterolisthesis) L5 Grad 1 erkennbar. Auch die ersichtlichen Rotationskomponenten im Bereich der BWS und LWS belasten die Wirbelsäulenabschnitte massiv und stören die Bewegungsabläufe. Folglich entwickeln sich Funktionsstörungen an der gesamten Wirbelsäule und in jeder Bewegungsrichtung.

Eine 23-jährige Patientin leidet seit Jahren über Schmerzen in der HWS und LWS. Die a.-p.-Röntgenaufnahme zeigt eine linkskonvexe LWS-Skoliose von 10° (Abb. 4a) mit multisegmentärer Retrolisthesis L2 bis L5 um je 2–3 mm mit Rotationskomponenten (Abb. 4b). Die präzise Messung der Beinlängendifferenz mit einem Orthoradiogramm war sinnvoll (Abb. 4c) und zeigte eine Beinlängendifferenz rechts von minus 9 mm. Damit lässt sich radiologisch die Diagnose stellen.

Abb. 4
figure 4

23-jährige Patientin. Röntgen der Lendenwirbelsäule im Stehen. a Aufnahme a.-p., seitlich, c a.-p.-Orthoradiogramm

Therapie der Beinlängendifferenz

Die Behandlung sollte in folgender Reihenfolge durchgeführt werden:

  1. 1.

    Die Beinlängendifferenz wird durch Fersenkissen aus Leder von 5 mm rechts ausgeglichen, um die negative Wirkung auf die Wirbelsäule zu minimieren.

  2. 2.

    Es erfolgen 9 physikalische Therapiesitzungen, um die schwachen Muskeln auf der rechten Seite des M.-erector-spinae-Systems zu aktivieren und aufzubauen (dadurch verbessert sich die dreidimensionale Funktion der Wirbelsäule).

  3. 3.

    Nach 9 Therapiesitzungen und bei Erfolg sollte die Beinlängendifferenz mit 9 mm ausgeglichen und parallel eine Serie von 9 Therapiesitzungen durchgeführt werden, um die Stabilität der Wirbelsäule zu sichern.

  4. 4.

    Die Muskelfasern des M.-erector-spinae-Systems müssen genau beobachtet, analysiert und dokumentiert werden.

Muskelfasern

Die Muskelfasern sind offensichtlich durch Erbanlagen vorgegeben. Es wird zwischen dünneren, dunkelfarbigen, sog. roten Muskelfasern, und dickeren, blassgefärbten, sogenannten weißen Fasern unterschieden. Die Farbdifferenz ist durch den unterschiedlichen Gehalt an rotem Muskelfarbstoff, dem Myoglobin, bedingt. Zwischen diesen beiden Fasertypen liegen die intermediären Muskelfasern. Die weißen Muskelfasern sind durch eine hohe Kontraktions- und Erschlaffungsgeschwindigkeit gekennzeichnet, sodass sie auch als schnelle Zuckungsfasern („Fast-twitch“-Fasern) bezeichnet werden. Die roten Muskelfasern werden im Gegensatz dazu als langsame Zuckungsfasern („Slow-twitch-Fasern“) charakterisiert (Infobox 1).

Infobox Verteilung der Fasertypen [17]

  • Etwa 10 % „Fast-twitch“-Fasern-dominant, „inroad“ >30 %

  • Etwa 10 % „Slow-twitch“-Fasern-dominant, „inroad“ <10 %

  • Etwa 80 % ausgewogen, „inroad“ 10–30 %

Definitionen: „fast twitch“ schnelle Zuckung, „slow twitch“ langsame Zuckung, „inroad“ Kraftverlust infolge dynamischen Trainings

Klinische Bedeutung der Muskelfasern in dieser Studie

Durch geringe Belastung des M.-erector-spinae-Systems entstehen paravertebral brennende Schmerzen nach 50–60 s, die sofort verschwinden, wenn die Belastung unterbrochen wird. Diese physiologische Schmerzreaktion entsteht durch die Muskelspannung, die von den weißen Muskelfasern hervorgerufen wird. Diese Muskelreaktion kann jedoch zu einer krankhaften Entwicklung führen [16].

Als Reaktion auf eine schmerzbedingte Schonung kommt es zu einer Schwächung der tiefen Rückenmuskulatur. Dadurch werden die anderen Wirbelsäulenstrukturen, wie Wirbelkörper, Bandscheiben, Gelenke und Ligamente, unnötig oder ungleichmäßig belastet, und es entstehen Probleme wie z. B. das lumbovertebrale Syndrom.

Der nachfolgend beschriebene Fehler tritt in der konservativen Wirbelsäulenbehandlung häufig auf. Die Beinlängendifferenz wird entdeckt und mit einem Fersenkissen ausgeglichen, ohne die Funktion und Stabilität der Wirbelsäule zu berücksichtigen. Daraus resultieren statische und dynamische Stellungen, Instabilitäten in verschiedenen Bewegungssegmenten und neue Fehlhaltungen sowie Fehlbelastungen an der Wirbelsäule. Die Folgen sind unerwartete Beschwerden, die die Patienten verunsichern, und das Vertrauen in die Behandlung und den behandelnden Arzt oder Therapeuten gehen verloren. Deshalb sollte die Stabilität der Wirbelsäule in den Vordergrund der Behandlung gestellt und anschließend mit dem Ausgleich der Beinlängendifferenz begonnen werden. Im Rahmen der Zwischenkontrolle und bei Behandlungserfolg darf die ganze Differenz ausgeglichen werden.

Patienten und Methoden

Im Zeitraum Januar 2006 bis Dezember 2010 wurden in den Dynasom-Rehabilitationszentren Stadelhofen und Wetzikon (Zürich/Schweiz) insgesamt 210 Patienten (100 männlich und 110 weiblich) mit chronischen und subakuten Rückenbeschwerden und Beinlängendifferenzen von 3–9 mm anhand der Low Back Pain Raiting Scale (LBPRS) evaluiert. Die Altersspanne der Patienten reichte von 18 bis 65 Jahre; das Durchschnittsalter der Männer betrug 45 Jahre, das der Frauen 49 Jahre. Die Schmerzsymptomatik betrug durchschnittlich 6 Monate.

Die Patienten wurden in den genannten Zentren wie folgt untersucht, betreut und behandelt:

  • Gruppe 1 erhielt für 6 Wochen orthopädische Fersenkissen, bestehend aus Leder mit einer festen Schaumunterseite, um die Beinlängendifferenz auszugleichen.

  • Gruppe 2 erhielt 6 Wochen lang eine physikalische Therapie (12 Sitzungen) zur Verbesserung der dreidimensionalen Wirbelsäulenfunktion.

  • Gruppe 3 erhielt für 6 Wochen orthopädische Fersenkissen (wie Gruppe 1) und zusätzlich eine physikalische Therapie (wie Gruppe 2).

Die physikalische Therapie für die Gruppen 2 und 3 wurde durch einen weitergebildeten Physiotherapeuten (unter Aufsicht der Autoren) auf dem selbst entwickelten Diagnose- und Therapiegerät (1st LBE®) durchgeführt.

Das Hauptziel der physikalischen Therapie war die Verbesserung der dreidimensionalen Wirbelsäulenfunktion.

Das Gerät erlaubt eine exakte Messung der Belastung und Balance des M.-erector-spinae-Systems (links oder rechts, lateral oder Rotation und Flexion und Extension, d. h. dreidimensional) pro Newton und Neigungsgrad. Dadurch lassen sich die Abnormitäten einer Bewegung beobachten, analysieren und korrigieren. Am Gerät wird die Oberkörpermasse des Patienten austariert (biomechanische Aufhebung der Schwerkraft), um die Wirbelsäule von der Wirkung der Erdanziehungskraft zu befreien und die erforderliche Belastung und Balance (Korrektur) in die neue Bewegung zu integrieren.

Nach der Sicherung der Balance (im M.-erector-spinae-System zwischen links und rechts in den ersten 3 bis 4 Therapiesitzungen) wurde ein intensiver gezielter Muskelaufbau durchgeführt, um die Belastbarkeit zu erhöhen. Der Widerstand wurde in jeder Sitzung um 5 % gesteigert, bis die Ziele (Balance und Belastbarkeit) der dosierten Belastungstherapie (entspricht 60 % des Körpergewichts eines Patienten) erreicht wurden.

Eine Therapiesitzung dauert 20–30 min und beinhaltet 2 Therapieserien. Jede Serie besteht aus 20 bis 30 Wiederholungen innerhalb von 150 s (submaximal, d. h. anaerobe Belastung) mit einer Pause von 2–3 min zwischen den Serien. Die physikalische Therapie erfolgte 6 Wochen lang 2‑mal wöchentlich.

Die Patienten füllten den Schmerzfragebogen (s. Zusatzmaterial online „Schmerzfragebogen“) vor der Therapie und zum Therapieabschluss ausgefüllt. Der Follow-up-Fragebogen (s. Zusatzmaterial online „Follow-up-Fragebogen“) wurde erst 6 bis 12 Monate nach Therapieabschluss beantwortet.

Ergebnisse

Die 210 untersuchten Patienten mit Rückenbeschwerden, bedingt durch Beinlängendifferenzen von 3–9 mm, verteilten sich auf 3 Gruppen. Gruppe 1, die nur orthopädische Fersenkissen erhielt, bestand aus 50 Patienten (24 %). Gruppe 2 mit 50 Patienten (24 %) erhielt eine physikalische Therapie. Gruppe 3 mit 110 Patienten (52 %) absolvierte das ganze Programm (s. Methoden).

Bei den evaluierten Daten handelt es sich um eine retrospektive Analyse von Patientenakten.

Gruppe 1

In Gruppe 1 war bei 28 Patienten (56 %) keine Verbesserung zu verzeichnen, bei 22 Patienten (44 %) zeigte sich eine negative Entwicklung im Sinne einer Verschlechterung.

Gruppe 2

In Gruppe 2 zeigte sich bei 8 Patienten (16 %) keine Veränderung, 42 Patienten (84 %) spürten eine kurzfristige (1 bis 2 Tage) Besserung.

Gruppe 3

In Gruppe 3 stellten 14 % der Patienten keine Besserung fest; ihnen wurde kein Erhaltungsprogramm empfohlen. Die übrigen 86 % wiesen eine signifikante Besserung auf, sodass bei ihnen das Erhaltungsprogramm einschließlich Follow-up, wie oben beschrieben, durchgeführt wurde.

Follow-up

Der Schmerzfragebogen nach 6 bis 12 Monaten ergab:

  • 39 % der Patienten waren beschwerdefrei und beurteilten das Konzept als das Beste, was sie gemacht haben.

  • 43 % der Patienten waren sehr zufrieden, bestätigten die nachhaltige Wirkung des Konzepts und beurteilen die Therapie als gut.

  • 18 % der Patienten waren zufrieden und beurteilen das Konzept nicht besser als andere Therapien.

Diskussion

Im Vergleich zu anderen Studien, 1. Fehlstellungen und Beinlängendifferenz im Kindes- und Jungendalter von Hannes Manner/ Schulthess Klinik, Zürich, und 2. Vergleichsstudie zur Bestimmung von Beinlängendifferenzen mittels sonographischer und radiologischer Verfahren vorgelegt von Gülbahçe, Esma, 2011, Universität Münster, bei denen eine Beinlängendifferenz bis zu 10 mm toleriert wurde (ohne therapeutische Konsequenz), konnte dies in der vorliegenden Studie widerlegt werden. Eine Beinlängendifferenz von 3–9 mm kann erhebliche Schäden an der Wirbelsäule hervorrufen. Auch ein Ausgleich der Beinlängendifferenzen mit orthopädischen Fersenkissen allein reicht nicht aus, um die Wirbelsäulenproblematik optimal zu beseitigen. Weitere Studien zur Ursache des Zervikalsyndroms bei bestehenden Beinlängendifferenzen bis zu 10 mm sollten durchgeführt werden.

Fazit für die Praxis

  • Beinlängendifferenzen von 3–9 mm sollten ab dem 18. Lebensjahr diagnostiziert und behandelt werden.

  • Der Ausgleich der Beinlängendifferenz durch orthopädische Fersenkissen sollte durch die Verbesserung der dreidimensionalen Wirbelsäulenfunktion parallel ergänzt werden, um nicht nur mechanische Probleme zu lösen, sondern auch neuromuskuläre Defizite an der Wirbelsäule zu korrigieren. Dadurch würden weitere Schäden am Bewegungsapparat, insbesondere an der Wirbelsäule, vermieden.

  • Die positive Wirkung sollte auch für präventive Maßnahmen genutzt werden. Das heißt, die Patienten müssen nach Beendigung der Therapie aktiv bleiben (Sport regelmäßig und nach Maß treiben), um die Therapieerfolge nachzuhalten und mehr Redizive zu verhindern.