Zusammenfassung
Hintergrund
Die erworbene Instabilität der Wirbelsäule ist eine biomechanische Funktionsstörung, die sich während oder nach der Wachstumsphase herausbildet. Sie ist die Hauptursache von Rückenschmerzen bei Wirbelsäulenerkrankungen im Erwachsenenalter.
Patienten und Methoden
Insgesamt wurden 440 Patienten mit chronischen und subakuten Rückenschmerzen evaluiert, 179 Männer und 261 Frauen im Alter von 16 bis 92 Jahren (Durchschnittsalter der Männer 48 Jahre, der Frauen 53 Jahre). Die durchschnittliche Dauer der Symptomatik betrug 8 Monate. Die Patienten wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Gruppe 1 mit 140 Patienten (32%) führte nur 9 Therapiesitzungen durch, Gruppe 2 mit 300 Patienten (68%) absolvierte das ganze Programm, bestehend aus 18 Sitzungen. Die Therapie erfolgte in beiden Gruppen 2-mal wöchentlich.
Ergebnisse
In Gruppe 1 war bei 56 Patienten (40%) keine Verbesserung zu verzeichnen, 84 Patienten (60%) verspürten eine positive Entwicklung. In Gruppe 2 bemerkten 33 Patienten (11%) keine Veränderung; 267 Patienten (89%) verspürten eine signifikante Besserung, sodass bei diesen ein Erhaltungsprogramm mit einem Follow-up von 6 bis 12 Monaten verordnet wurde.
Schlussfolgerung
Die erworbene Instabilität der Wirbelsäule sollte frühzeitig diagnostiziert und entsprechend behandelt werden. Mit 18 Therapiesitzungen 2-mal wöchentlich kann sich die Stabilität optimal entwickeln. Dadurch wird die Wirbelsäule nicht nur vor frühzeitigen Verschleißerscheinungen bewahrt, sondern es lassen sich auch weitere pathologische Risiken vermeiden.
Abstract
Background
Acquired spinal instability is a biomechanical dysfunction and its development during or subsequent to the growth phase plays a major role in the progression of spinal diseases in adults.
Patients and methods
A total of 440 chronic and sub acute low-back pain patients were evaluated. There were 179 males and 261 females ranging in age from 16 to 92 years (mean age male 48 years, female 53 years). The patient population was divided into two groups. (I) the first group consisted of 140 patients (32% of the population) who completed a total of 9 sessions. (II) The second group consisted of the remaining 300 patients (68% of the population) who completed the whole program of 18 therapy sessions. The patients experienced spine symptoms on average for 8 months prior to the first evaluation. The two groups received the improvement of the three-dimensional lumbar spine functionality twice weekly.
Results
In group I a total of 56 patients (40%) experienced no improvement, however, 84 patients (60%) reported a significant improvement. In the second group 33 patients (11%) experienced no changes and 267 patients (89%) reported a significant improvement. For the second subgroup a maintenance program was continued with a further follow-up after 6–12 months.
Conclusions
Acquired spinal instability is a major contributing factor to the development of spinal diseases and it is therefore crucial to diagnose this early and to treat the dysbalance by improving the three-dimensional lumbar spine functionality. Optimal results in spine stabilization are achieved with an intensive program twice weekly for 18 sessions. This will assure that the spine is not only protected from early wear and tear but also from further pathological risks.
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Die langfristige Instabilität der Wirbelsäule bewirkt immer eine Veränderung der Konstruktion, d. h. die Anordnung der Wirbelkörper zueinander und bestimmt die Mechanik (die Haltung, die Bewegung von Körpern und Einwirkung von Schwerkräften), genauer die Biomechanik der Wirbelsäule beim Menschen. Für jedes Grad an Stabilität braucht das Bewegungssegment stabilisierende Bestandteile, wie die Wirbelkörper, Facettengelenke, Ligamente, Bandscheiben und insbesondere die Muskulatur. Bereits die tägliche Bandscheibendehydratation vom Morgen bis zum Abend geht mit einer Abstandsdifferenz zwischen den Wirbelkörpern und einer Lockerung der Ligamente und somit auch des Bewegungssegments einher. Die spezifische Flexibilität der Wirbelsäulenligamente allein kann diese Instabilität der Wirbelsäule als Gliederkette nicht ausgleichen. Daher ist die Stabilität aller Bewegungselemente von enormer Bedeutung [4], denn das Fehlen eines stabilisierenden Elements kann dem Bewegungssegment eine z. T. übermäßige Bewegung ermöglichen. Der adaptionsfähigen und elastischen Muskulatur kommt somit eine wesentliche stabilisierende Funktion zu [7].
Definition der Instabilität
Die Wirbelkörper halten oder bewegen sich nicht mehr optimal aufeinander (ein unkontrollierter Bewegungsablauf), sondern rutschen innerhalb eines oder mehrerer Bewegungssegmente nach ventral, dorsal, lateral oder rotieren. Folglich wird die Kraftübertragung an der Wirbelsäule gestört. Es entstehen ein massiver einseitiger Druck auf die Bandscheiben, Wirbelkörper und Wirbelgelenke sowie eine asymmetrische Belastung der Ligamente und der Muskulatur, die mit Längenveränderungen einhergeht. Diese biomechanischen Veränderungen bewirken einen Qualitätsverlust des Bandscheibenmaterials oder sind Folge von Bandscheibendegenerationen. Daraus resultiert eine Abnutzung oder Deformierung von ossären Strukturen, wie Wirbelkörper und Wirbelgelenke, sowie eine Überdehnung des Bindegewebes, z. B. der Gelenkkapsel und des Gelenkknorpels. Als Folge wird die Funktionsfähigkeit, d. h. Balance und Belastbarkeit, der Wirbelsäule eingeschränkt und Wirbelgleiten, Skoliosen, Bandscheibenvorfälle und Degenerationen entwickeln sich (Abb. 1).
Bei der in Abb. 1 b dargestellten Fehlhaltung sendet das Gehirn klare Impulse auf die linke Seite und schwache Impulse auf die rechte Seite. Mit der Zeit werden diese Informationen gespeichert d. h. die Haltung oder Bewegung wird automatisiert (Gewohnheit), dadurch steigt die Muskelspannung (Hypertonus, d. h. Verkürzung) links, die die Wirbelsäule auf ihre Seite zieht und die Verkrümmung verursacht. Rechts verringert sich die Muskelspannung (Hypotonus, d. h. Verlängerung) und begünstigt die Verkrümmung auf die andere Seite. Dieses Ungleichgewicht stört die dreidimensionale Wirbelsäulenfunktion bei statischen und dynamischen Aktivitäten und wird durch normale Übungen oder Krafttraining zu einer Weiterentwicklung der Störung führen. Die Folge sind aktivitäts- oder belastungsabhängige Wirbelsäulenbeschwerden.
Bereits jede Fehlhaltung eines einzelnen Wirbelkörpers bewirkt eine Funktionsstörung im Bewegungssegment.
Sie verändert damit die gesamte Biomechanik der Wirbelsäule [1]. Dadurch werden die Nervenimpulse falsch geleitet und unbewusst als Bewegungsmuster mit einer Dysbalance gespeichert. Die Kraftübertragung an der Wirbelsäule erfolgt nicht optimal und es resultiert eine Fehlbelastung auf die darüber oder darunter liegenden Bewegungseinheiten Wirbelkörper, Bandscheiben, Wirbelgelenke (Knorpeln), Bänder und Muskulatur. Eine anormale Beanspruchung der betroffenen Strukturen führt im Verlauf zu Schädigungen und frühzeitigen Verschleißerscheinungen an den betroffenen Wirbelsäulensegmenten. Schmerzen sind hierbei ein ernst zu nehmender Warnruf des Organismus, eine Behandlung dieser biomechanischen Störungen ist indiziert [11].
Patienten und Methode
Im Zeitraum von Januar 2004 bis Dezember 2007 wurden in den Dynasom-Rehabilitationszentren Stadelhofen und Wetzikon insgesamt 440 Patienten mit chronischen und subakuten Rückenbeschwerden anhand der Low Back Pain Rating Scale (LBPRS) evaluiert. Davon waren 179 männlich und 261 weiblich im Alter von 16 bis 92 Jahren. Das Durchschnittsalter der Männer betrug 48 Jahre, das der Frauen 53 Jahre. Die Schmerzsymptomatik hatte durchschnittlich 8 Monate gedauert.
Diagnostik der Lendenwirbelsäule
Radiologische Diagnostik
Hier wird die minimale Translation des Lendenwirbels befundet, die die Sakrumstellung und die daraus resultierende Anordnung der darüber liegenden Wirbelkörper analysiert. Auf der a.-p.- und lateralen Röntgenaufnahme wird neben dem Kreuzbeinbasiswinkel auch das Verhältnis zu Wirbel Th12 und allen darunter liegenden Wirbeln mit deren Stellung gemessen (Abb. 2). Die Struktur und Form der einzelnen Wirbelkörper sowie deren Anordnung prägen wiederum Form und Verlauf der gesamten Lendenwirbelsäule. Daraus schlussfolgernd lassen sich die individuelle Biomechanik und funktionelle Defizite erfassen. In Verbindung mit dem Beschwerdebild des Patienten kann so eine exakte Diagnostik durchgeführt werden.
Dreidimensionale Funktionsdiagnostik
Zunächst erfolgt die dynamische Funktionsuntersuchung mit dem Messgerät First Lower Back Extension (1st LBE®). Dabei können die Muskelbalance und der Bewegungsstereotyp des Patienten beobachtet werden (Abb. 3). Etwa 99% der Patienten mit Rückenbeschwerden weisen Dysbalancen im M.-erector-spinae-System unabhängig von der pathologischen Entwicklung auf. Diese Dysbalancen können als Ursache der erworbenen physikalischen Wirbelsäulenbeschwerden betrachtet werden.
Funktions- und Belastungsuntersuchungen in allen LWS-Bewegungssegmenten
Nach der 3. Therapiesitzung und am Ende einer Therapieserie von 9 Sitzungen wird mit dem Messgerät 1st LBE® ein statischer Funktions- und Belastungstest für den M. erector spinae, M. iliopsoas und M. quadratus lumborum durchgeführt, wobei die Winkelgrade der Wirbelsäulenextension festgelegt sind. Das Gerät erlaubt die Isolation der Muskeln durch Knie-, Becken- und Schulterbefestigungen, um die Wirbelsäulenfunktion zu überprüfen. Hier werden Muskelaktivitäten wie Belastbarkeit und Balance (motorisches Nervensystem) in allen LWS-Bewegungssegmenten gemessen, was weitere Aufschlüsse zur Biomechanik und Konstruktion der Wirbelsäule sowie zur individuellen Belastbarkeit, d. h. muskulären Leistungsfähigkeit, des Patienten gibt. Die statische Funktions- und Belastungsdiagnose dient der Beurteilung des Therapieverlaufs und der weiteren Behandlungsplanung im Rahmen der Wirbelsäulenrehabilitation.
Therapie der Lendenwirbel
Die dosierte Belastungstherapie (DBT®) ist sowohl eine aktive als auch eine passive Behandlungsmethode, die für jeden Patienten in Abhängigkeit von der Diagnose individuell gestaltet wird. Die aktive Therapie durch wiederholte Extension der LWS (Bewegung mit dosierter Belastung, Abb. 4) auf die überdehnten Muskelfasern (schwache Seite), als Hauptfunktion der Wirbelsäule, wird je nach Krankheitsbild mit der lateralen Funktion Lateralflexion oder Rotation der Wirbelsäule kombiniert. Die passive Therapie kommt bei der Entlastung der verkürzten Muskelfasern (starke Seite) zum Tragen. Diese dynamische Korrektur der Bewegung bewirkt eine verbesserte dreidimensionale Funktionsfähigkeit der Wirbelsäule. Das heißt, Hauptziel der Therapie ist die Verbesserung der Muskelfunktionsfähigkeit (Balance und Belastbarkeit) durch die Steuerung der Impulse des Nervensystems. Dadurch wird die Wirbelsäulenfunktion reibungslos gesichert.
Die funktionellen Ziele der Wirbelsäulenrehabilitation sind:
-
Ausgleich von Belastungsdefiziten der Muskeln (Dysbalance und Muskelatrophie),
-
Wiederherstellung der Gelenkstabilität,
-
Wiederherstellung der physiologischen Gelenkposition (für die jeweilige individuelle Wirbelsäulenkonstruktion).
Der dosierte Belastungsaufbau erfolgt zielgerichtet und ökonomisch. Somit erlangen die Muskeln eine bessere neuromuskuläre Funktionalität sowie optimale (intermuskuläre) Koordinationsfähigkeit.
Diagnostische Maßnahmen während der Therapie
Im Verlauf der Therapie ist es wichtig, die Diagnose immer wieder zu aktualisieren und den Behandlungsplan ggf. anzupassen. So sind subjektive Informationen (empfundene Reaktionen) des Patienten wegweisend für den weiteren Behandlungsaufbau. Die individuelle Belastbarkeit ist abhängig von der Diagnose, Symptomatik, Konstitution und Kondition des Patienten. Muskelspezifische Besonderheiten, wie Belastungsschmerz oder eine verminderte Erholungsfähigkeit, werden erst durch einen individuellen Belastungsaufbau der Wirbelsäulenmuskulatur diagnostiziert.
Die Interpretation des Therapieverlaufs und Entwicklung des Behandlungskonzepts setzen ein umfangreiches Wissen sowie eine fundierte Weiterbildung in Radiologie, Biomechanik und Muskel-/Nervenphysiologie der Wirbelsäule bei Ärzten und Physiotherapeut(inn)en voraus.
Wirkungen der Therapie
Die Therapie bewirkt eine Funktionsverbesserung der Muskulatur rund um die Wirbelsäule (Reaktionsfähigkeit, Propriozeption und Kraft) kombiniert mit einer Steigerung der Belastbarkeit (dosierte Belastung, s. Abb. 4). Beide bedingen sich gegenseitig. Eine ausreichende muskuläre Belastbarkeit und gute Muskelbalance ermöglichen eine Funktionsverbesserung und dadurch eine optimale Bewegung der Wirbelsäule.
Die Funktionsverbesserung der Wirbelsäule wird durch die geführte Bewegung sowie die Unterstützung und Korrektur des Arztes bzw. Therapeuten realisiert. Die Extension der Wirbelsäule unter Entlastung von der Schwerkraft zieht die Wirbel auseinander und minimiert den Druck auf die Bandscheiben. Diese geschieht auf muskulärer Ebene. Den Muskeln wird „gezeigt“, wie sie sich bewegen sollen.
Durch physiologische Bahnung der Bewegung in den einzelnen Wirbelsegmenten werden Fehlfunktionen und Fehlhaltungen korrigiert.
Die Geometrie der Segmente zueinander oder der Teile innerhalb der Segmente sowie die Bewegung derselben zueinander und ihre Balance durch die neurologische Steuerung werden so weit verbessert, dass sie schließlich in der Lage sind, die Wirbel wieder am richtigen Platz zu halten, aber auch optimal zu bewegen. Durch eine langsame, dosierte Anpassung des Bewegungsausmaßes (dreidimensionale Bewegung in Flexion/Extension, Lateralflexion und Rotation) und Widerstand kann jede Wirbelsäule, je nach Art der Funktionsstörung, individuell behandelt werden [13].
Gleichzeitig geschieht ein intensiver, gezielter muskulärer Aufbau rund um die Wirbelsäule. Die Intensität der Belastung wird individuell auf jeden Patienten abgestimmt. Die Muskelbelastbarkeit ist die Leistung, die ein Muskel während einer dynamischen oder statischen Belastung von bestimmter Dauer und Intensität problemlos erbringen kann. Die muskuläre Balance wird ebenfalls verbessert, indem die Patienten die jeweils atrophierte paravertebrale Muskelgruppe gezielt aufbauen. Die Muskulatur wird dabei gegen die Fehlhaltung angesteuert und aktiviert, sodass sie der Fehlhaltung entgegenwirkt. Die Muskelbelastbarkeit bzw. -balance und die Wirbelsäulenfunktion bedingen sich gegenseitig. Beide gemeinsam bewirken eine Strukturveränderung am Ort der Krankheitsursache. Diese Veränderung durch die Therapie ist nachweisbar (Abb. 5). Die Bandscheibenhöhe nimmt zu und das Wirbelgleiten wird reduziert. Partiell korrigiert werden können funktionelle Skoliosen, die in verschiedenen Altersklassen auftreten, auch solche mit einer strukturellen Komponente, sowie strukturelle Skoliosen bis zu einem gewissen Alter. Dies beeinflusst die gesamte Statik und Biomechanik der Wirbelsäule positiv, was dem Patienten langfristig eine verbesserte Haltung und Bewegung bringt.
Der beispielhafte Vergleich der Röntgenaufnahmen vor und nach 2-monatiger Therapie (Abb. 6) zeigt, dass sich die erkennbare, recht erhebliche, linkskonvexe Torsionsskoliose durch die Therapie gebessert hat. Die Skoliose ist deutlich flacher geworden, die Torsionskomponente hat abgenommen.
Dauer der Therapie
Mit 18 Therapiesitzungen, 2-mal wöchentlich, kann bei 80% der Patienten mit Rückenschmerzen die Stabilität, d. h. Balance und Belastbarkeit des M.-erector-spinae-Systems, wiedergewonnen werden. In diesem Zeitraum können sich die Muskeln bei intensiver Therapie zwischen Belastung und Erholung optimal entwickeln, dadurch wird die Fehlbelastung der restlichen Wirbelsäulenanteile verringert. Die Verminderung der Überlastung erlaubt die Korrektur der funktionellen Skoliose und Spondylolisthesis und ermöglicht die Wiederherstellung einer optimalen Biomechanik. Damit lässt sich das Risiko eines zukünftigen lumbovertebralen Syndroms minimieren. Um den Erfolg zu erhalten, sollte ein Erhaltungsprogramm, bestehend aus 9 Therapiesitzungen, 2-mal monatlich, durchgeführt werden [9].
Indikationen zur Therapie
Indikationen zur Therapie bestehen, wenn folgende Syndrome vorliegen:
-
lumbovertebrales Syndrom,
-
lumbospondylogenes (pseudoradikuläres) Syndrom oder
-
lumboradikuläres Syndrom.
Ursachen dieser Syndrome können sein:
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degenerative Veränderungen,
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muskuläre Insuffizienz und Dysbalancen,
-
Fehlhaltungen und Fehlformen,
-
postoperative Zustände,
-
Spondylolyse, Spondylolisthesis,
-
Spinalkanalverengung,
-
entzündliche, rheumatische Krankheiten und
-
Osteoporose.
Kontraindikationen der Therapie
Absolute Kontraindikationen sind
-
Sarkome, Metastasen in der Wirbelsäule,
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nichtkonsolidierte Frakturen,
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Cauda-equina-Syndrom und
-
progrediente neurologische Ausfälle bei radikulären Syndromen.
Relative Kontraindikationen sind
-
akutes radikuläres Syndrom in den ersten Tagen bis wenigen Wochen,
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ausgeprägte Osteoporose und Osteomalazie und
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entzündliche rheumatische Krankheiten im akuten, floriden Stadium.
Ergebnisse
Die 440 von uns untersuchten Patienten mit Rückenbeschwerden verteilten sich auf zwei Gruppen. Gruppe 1 mit 140 Patienten (32%) führte nur 9 Therapiesitzungen in 1 Monat durch, Gruppe 2 mit 300 Patienten (68%) absolvierte das ganze Programm, bestehend aus 18 Sitzungen in 2 Monaten. Die Therapie erfolgte in beiden Gruppen 2-mal wöchentlich. Zusätzlich erfolgte bei einem Großteil der Teilnehmer der Gruppe 2 ein Erhaltungsprogramm 2-mal monatlich für 4,5 Monaten mit einem Follow-up von 6 bis 12 Monaten.
Gruppe 1
In der Gruppe 1 erzielten 40% der Patienten keine Fortschritte. Das Therapieprogramm wurde aus folgenden Gründen nicht mehr empfohlen:
-
75% der Patienten hatten fortgeschrittene multisegmentäre Beschwerden
-
7% waren multimorbide
-
5% suchten eine schnelle Lösung für ihre Problematik
-
5% hatten kein Interesse, aktiv zu arbeiten
-
3% waren traumatisiert
-
3% litten unter Depression
-
2% andere Gründe
Eine signifikante Besserung der Symptomatik verspürten 60% der Patienten, die aus folgenden Gründen das Programm nicht mehr weiterführten:
-
30% fühlten sich gut und wollten die Therapie nicht fortsetzen
-
20% hatten Schwierigkeiten mit Reise- und Zeitaufwand aus beruflichen und privaten Gründen
-
20% wurde von einem Arzt empfohlen, die Therapie abzubrechen
-
15% wurden von der Versicherung nicht unterstützt; diese empfahl, die Therapie abzubrechen
-
10% beurteilten die Therapie als teuer
-
5% andere Gründe
Gruppe 2
Aus der Gruppe 2 stellten 11% der Patienten keine Besserung fest, deshalb wurde ihnen kein Erhaltungsprogramm empfohlen. Die übrigen 89% der Patienten verspürten eine signifikante Besserung, sodass bei ihnen das Erhaltungsprogramm einschließlich Follow-up, wie oben beschrieben, durchgeführt wurde.
Follow-up
Der Schmerzfragebogen nach 6 bis 12 Monaten ergab:
-
35% der Patienten sind beschwerdefrei und beurteilen die Therapie als das Beste, was sie gemacht haben.
-
45% der Patienten sind sehr zufrieden, bestätigen die nachhaltige Wirkung der Therapie und beurteilen die Therapie als gut.
-
20% der Patienten sind zufrieden und beurteilen die Therapie nicht besser als andere Therapien.
Fazit
-
Die minimale Instabilität der Wirbelsäule kann frühzeitig als pathologische Entwicklung diagnostiziert und in leichte, mittlere und schwere Stadien eingeteilt werden.
-
Die Verbesserung der dreidimensionalen LWS-Funktion, d. h. Muskelbalance und Belastbarkeit auf neuromuskulärer Ebene, sollte im Vordergrund der Wirbelsäulenbehandlung stehen. Damit lässt sich der unkontrollierte Bewegungsablauf innerhalb eines oder mehrerer Bewegungssegmente unter Kontrolle bringen.
-
Diese positive Wirkung sollte auch für präventive Maßnahmen genutzt werden.
Literatur
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Mizher, A., Rüegg, A., Walthard, P. et al. Instabilität der Wirbelsäule. Manuelle Medizin 50, 211–216 (2012). https://doi.org/10.1007/s00337-012-0934-3
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