Definition

Amyloid ist eine pathologische fibrilläre Polypeptidaggregation mit einer Cross-β-Struktur, die intra- und/oder extrazellulär auftritt. Amyloidosen sind durch Amyloidablagerung verursachte Krankheiten.

ICD-10: E85

Nomenklatur

Die Nomenklatur des Amyloids und der Amyloidosen orientiert sich am Amyloidprotein und wird nach den Empfehlungen des „International Nomenclature Committee on Amyloidosis“ und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit einem Buchstabencode verschlüsselt [13, 31]. Das Amyloid wird mit dem Anfangsbuchstaben „A“ gekennzeichnet, dem ohne Leertaste die Kennzeichnung des Vorläuferproteins folgt: z. B. ALys. Das „Lys“ steht für das Vorläuferprotein, das sich bei der ALys-Amyloidose von Lysozym ableitet (Tab. 1).

Tab. 1 Humane Amyloidproteine und ihre Vorläuferproteine. Die Nomenklatur folgt den Empfehlungen des „International Nomenclature Committee on Amyloidosis“ und der Weltgesundheitsorganisation [13, 31]

Lokalisation

Amyloid kann in jedem Organ und Gewebetyp gebildet und abgelagert werden. Es werden lokale oder organlimitierte von den systemischen, mehrere Organe betreffenden Formen unterschieden. Tab. 1 weist die lokalen und systemisch auftretenden Amyloidosen aus. Amyloid tritt intra- und extrazellulär auf, und es wird vaskulär und interstitiell ablagert. Ausgedehnte lokale Ablagerungen imponieren gelegentlich als Tumor. In der klinischen Pathologie zeigt die relative Häufigkeitsverteilung der verschiedenen Amyloidtypen ein organ- und gewebetypisches Verteilungsmuster.

  • In Endomyokardbiopsaten überwiegen die AL- und die ATTR-Amyloidose (in einem Verhältnis von fast 1:1 zueinander), während die AA-Amyloidose hier eine Rarität ist.

  • In Leberbiopsaten ist die AL-Amyloidose mit Abstand der am häufigsten gefundene Typ, während ATTR- und AA-Amyloidablagerungen eine Seltenheit darstellen.

  • Im Hepatogastrointestinaltrakt überwiegt die AL-Amyloidose im Verhältnis 5:1 zur AA- bzw. ATTR-Amyloidose, die beide dort gleich häufig vorkommen.

  • In Nierenbiopsaten sind die AL- und die AA-Amyloidose am häufigsten zu finden in einem Verhältnis von etwa 1,3:1. Darüber hinaus treten in 3–5% der amyloidhaltigen Nierenbiopsate hereditäre Amyloidosen auf (unveröffentlichte Beobachtungen).

Epidemiologie

Acht von 1 Mio. Menschen erkranken in Nordamerika neu an einer immunglobulinassoziierten (AL-) Amyloidose [8]. Hereditäre Amyloidosen kommen lokal gehäuft vor, z. B. in Portugal, Nordschweden, Arao und Ogawa (Japan), mit einer Prävalenz in Portugal von bis zu 1:1000 Einwohner [27]. Amyloid tritt grundsätzlich in jedem Lebensalter und bei beiden Geschlechtern auf [25]. Männer sind häufiger betroffen als Frauen [5].

Klinik

Die klinische Symptomatik wird von der Verteilung und der Menge des abgelagerten Amyloids beeinflusst. Das Ausmaß und Verteilungsmuster hängt von der Grunderkrankung, dem Typ des abgelagerten Amyloidproteins und dem Krankheitsstadium ab (Tab. 1). Die verschiedenen Amyloidosen weisen eine sehr variable oft unspezifische Klinik auf und können leicht übersehen werden (s. hierzu auch die Beiträge in diesem Themenheft zur AA- und AL-Amyloidose). Amyloid wird nicht selten ohne vorausgehenden klinischen Verdacht erstmals vom Pathologen diagnostiziert. Eine bestimmte Konstellation klinischer Symptome kann zum Verdacht auf das Vorliegen einer Amyloidose führen. Zu den häufigen Amyloid-assoziierten klinischen Symptomen zählen die Proteinurie, das nephrotische Syndrom und die Niereninsuffizienz. Weitere wichtige klinische Manifestationen sind das Karpaltunnelsyndrom, die Polyneuropathie, Herzinsuffizienz und Herzrhythmusstörungen [25].

Ätiopathogenese

Die Ätiopathogenese des Amyloids und der Amyloidose ist multifaktoriell und weist bei den einzelnen Amyloidproteinen Besonderheiten auf. Die folgenden Faktoren beeinflussen die Entstehung und Persistenz des Amyloids [22]:

  • die Primär- und Sekundärstruktur des Vorläuferproteins,

  • Keimbahnmutationen,

  • Polymorphismen nichtamyloidogener Proteine,

  • eine pathologisch erhöhte lokale oder systemische Konzentration des Vorläuferproteins,

  • die Anwesenheit eines Nidus,

  • modifizierte Proteolyse des Vorläuferproteins und

  • verzögerter Abbau des Amyloids.

Die Amyloidosen zählen zum Formenkreis der konformationellen Krankheiten, denen eine Aggregation pathologisch gefalteter Proteine und Peptide zugrunde liegt. Diese wird auf eine verringerte Faltungsstabilität des Proteins/Peptids und dessen gesteigerte Neigung, mehr als einen Konformationszustand einzunehmen, zurückgeführt [4, 22]. Proteine und Peptide mit hoher Faltungsstabilität und schneller Proteinfaltungskinetik weisen eine geringere Aggregationsneigung auf. Die Faltungseigenschaften werden durch die Primär-, Sekundär- und Tertiärstruktur bestimmt. Die Primärstruktur hängt von der genomisch hinterlegten Aminosäuresequenz und der Aktivität von Proteasen ab. Die Protein- und Peptidfaltung wird von zahlreichen verschiedenen Zell- und Gewebebestandteilen (Chaperonen, Protein- und Salzgehalt, pH-Wert u. a. m.) beeinflusst.

Die Bildung von Amyloid verläuft zweiphasig. Nach einer langsamen Nukleationsphase, in der die ersten Aggregate gebildet werden, folgt eine schnelle Extensionsphase der Fibrillen. Die Nukleationsphase kann durch die Zugabe eines Nidus erheblich verkürzt werden. Die orale oder intravenöse Gabe eines extern hergestellten Nidus kann bei entsprechender Empfänglichkeit des Organismus (z. B. bei Vorherrschen einer chronischen Entzündung) rasch zur Bildung von Amyloid führen. Im Tiermodell ist die Transmissivität der Amyloidose mehrfach, eindeutig und bei verschiedenen Warmblütern gezeigt worden, u. a. durch intravenöse Applikation von Seide (mit hohem Cross-β-Faltblattanteil; [15]), Amyloidfribillen [20, 21], amyloidhaltigen Monozyten [29] und orale Gabe amyloidhaltiger Gänseleberpastete [28].

Bei Menschen sind hierfür noch keine direkten Belege gefunden worden. Allerdings gibt es Hinweise, dass eine in Regression befindliche AA-Amyloidose bei Rekurrenz der chronisch-entzündlichen Grunderkrankung eine nahezu explosionsartige Progression zeigen kann (P. Hawkins, persönliche Mitteilung). Diese entspricht der exponentiellen Extensionsphase der Amyloidbildung (s. oben) und lässt einen In-vivo-Niduseffekt der bereits vorliegenden Amyloidfibrillen vermuten.

Bislang wurden mehr als 29 verschiedene autologe, physiologische Proteine und Peptide identifiziert, die beim Menschen Amyloid bilden können. Diese Proteine und Peptide unterscheiden sich in ihrem Syntheseort, ihrer Primär-, Sekundär- und Tertiärstruktur, ihrer physiologischen Funktion und in ihrem Stoffwechsel. Ihr einziger gemeinsamer Nenner ist die Fähigkeit, in vivo Amyloid zu bilden.

In-vivo-Zusammensetzung des Amyloids

In vivo gebildetes Amyloid unterscheidet sich von den in vitro hergestellten Polypeptidaggregaten mit einer Cross-β-Struktur (s. Beitrag von Meinhardt und Fändrich). Alle extrazellulär auftretenden Amyloide des Menschen weisen außer dem Amyloidprotein noch die Amyloid-P-Komponente, hochsulfatierte Glykosaminoglykane und Proteoglykane auf. Die Amyloid-P-Komponente ist ein Pentamer und identisch mit der Serum-Amyloid-P-Komponente. Es weist eine hohe Homologie mit dem C-reaktiven Protein auf und findet sich als physiologischer Bestandteil der elastischen Membranen. Die Zusammensetzung der hochsulfatierten Glykosaminoglykane und Proteoglykane variiert im Amyloid. Die Glykosaminoglykane können mit der Alzianblau-Färbung nachgewiesen werden. Die Amyloid-P-Komponente ist diagnostisch relevant und unterscheidet die Amyloide von den Immunglobulinleicht- und -schwerkettenablagerungskrankheiten. Den Glykosaminoglykanen und Proteoglykanen fällt in der klinischen Pathologie bislang keine diagnostische oder prognostische Bedeutung zu.

Außerdem können im Amyloid noch andere Zell- und Gewebebestandteile und partiell aus dem Serum stammende Proteine vorliegen, die einerseits diagnostisch hilfreich sein können, andererseits aber auch die immunhistologische Klassifikation des Amyloids erschweren (s. unten). Teilweise haben sie eine ätiopathogenetische Bedeutung bei der Entstehung und dem Abbau des Amyloids [22].

Morphologie

Makroskopie

Bei entsprechender Ausdehnung ist die Amyloidose durch einen Verlust der Elastizität des Gewebes, steife, wächserne, manchmal auch speckige Schnittfläche und erhöhte Brüchigkeit charakterisiert. Ein Befall der weißen Milzpulpa führt zum Bild der „Sagomilz“ und ein homogener Milzbefall mit Betonung der roten Pulpa zum Aspekt der „Schinkenmilz“. Kutane Manifestationen gehen mit Einblutungen einher. Ein Befall der Zunge führt zur Makroglossie mit Zahnabdrücken an den Zungenaußenkanten. Viszerale Amyloidosen können mit Organrupturen und Hämorraghien einhergehen. Ein ausgedehnter Befall der Schilddrüse wird als Amyloidstruma bezeichnet.

Mikroskopie

Amyloid erscheint im HE-gefärbten Schnittpräparat als homogen-eosinrote Ablagerung (Abb. 1 a–d, Abb. 2 ab). Kleine und diskrete Amyloidablagerungen sind im HE-gefärbten Schnitt nicht oder nur schwer zu erkennen. In der Kongorotfärbung findet sich polarisationsoptisch eine anomale (unregelmäßige) Polarisationsfarbe (Abb. 3 a–d). Dabei muss sich das Präparat zwischen dem Polarisator (Polarisationsfilter zwischen Lichtquelle und Objektträger) und dem Analysator (Polarisationsfilter zwischen Objektträger und Beobachter), die in einem rechten Winkel gekreuzt zueinander ausgerichtet sind, befinden. Nur wenn gekreuzter Polarisator und Analysator ein einwandfreies Dunkelfeld erzeugen und die Lichtquelle auf maximale Helligkeit eingestellt ist, lassen sich kleinste Mengen Amyloid erkennen. Ein leichtes Spiel des Polarisators oder Analysators im spitzen Winkel kann den amyloidtypischen Farbumschlag leichter sichtbar machen (Abb. 3 a–d). Auch eine Rotation des Objektträgertisches erleichtert manchmal den Nachweis diskreter Amyloidablagerungen. Je nach Färbeprotokoll variieren die anomalen Polarisationsfarben zwischen orange-gelb-rötlich und grünlich-türkisfarben-bläulich [10, 11]. Fluoreszenzmikroskopisch leuchtet Amyloid bei Einsatz des FITC-Filters kräftig orange auf und hebt sich gut vom Hintergrund ab.

Abb. 1
figure 1

Amyloid im HE-gefärbten Schnittpräparat: a Herzmuskelbiopsie mit kardialer ATTR-Amyloidose. b Nierenbiopsie mit typischer, ausschießlich glomerulärer AFib-Amyloidose. c Magenbiopsie mit hochgradiger interstitieller AL-Amyloidose λ-Leichtkette-Subtyp. d Leberbiopsie mit hochgradiger perisinusoidaler AL-Amyloidose κ-Leichtkette-Subtyp. [Originalvergr. 100:1 (b, c) und 200:1 (a, d)]

Abb. 2
figure 2

Korneale Amyloidosen im HE-gefärbten Schnittpräparat: Kornearesektate mit a subepithelialer Amyloidose (Balken) und b hereditärer AKer-Amyloidose im Korneastroma (Pfeile). (Originalvergr. 100:1)

Abb. 3
figure 3

Amyloid im kongorotgefärbten Schnittpräparat: ab Herzmuskelbiopsie mit kardialer ATTR-Amyloidose. cd Magenbiopsie mit hochgradiger interstitieller AL-Amyloidose λ-Leichtkette-Subtyp. Der direkte Vergleich dieser 2 Fälle zeigt die unterschiedliche Intensität der anomalen Polarisationsfarbe, die nicht nur von der Dicke des Schnitts, sondern auch vom Amyloidtyp abhängt. Weiterhin illustrieren die Bilder a vs. b und c vs. d den für Amyloid typischen Farbumschlag, der bei leichtem Spiel mit dem Polarisator oder Analysator im spitzen Winkel beobachtet werden kann. [Kongorotfärbung und Polarisationsmikroskopie, Originalvergr. 100:1 (cd) und 200:1 (a, b)]

Die verschiedenen Amyloidtypen weisen ein uneinheitliches Färbe- und Polarisationsverhalten auf. Die AA-Amyloidose und viele hereditäre Amyloidosen haben eine kräftige, manchmal stark leuchtende Polarisationsfarbe. Die AL-Amyloidosen schwanken zwischen kräftig leuchtender bis eher matter schwachgrüner Polarisationsfarbe, die leicht übersehen oder fehlinterpretiert werden kann. Die Brillanz der Polarisationsfarben wechselt auch bei der ATTR-Amyloidose. Die senile kardiovaskuläre ATTR-Amyloidose und die „late-onset“ (>60. Lebensjahr) hereditäre ATTRV30M-Amyloidose mit Ablagerungen fragmentierten Transthyretins sind nur schwach kongophil mit eher blasser Polarisationsfarbe. Die „early onset“ (etwa 30. Lebensjahr) hereditäre ATTRV30M-Amyloidose mit Ablagerungen des nichttrunkierten Transthyretins weist eine kräftige, glitzernde Polarisationsfarbe auf [2, 12].

Zurzeit laufen mehrere Studien, die darauf abzielen, die Kongorotfärbung durch alternative Methoden zu verbessern oder zu ersetzen. Hierzu zählen der Einsatz konformationeller Antikörper und konjugierter Polymere. Sie sind jedoch bislang noch nicht in der Routinediagnostik validiert worden.

Elektronenmikroskopie

Elektronenmikroskopisch liegen nichtverzweigte etwa 10 nm durchmessende Fibrillen variabler Länge vor.

Diagnostik

Amyloid kann bislang nur histologisch oder elektronenmikroskopisch diagnostiziert werden. Kein klinischer, serologischer oder radiologischer Test ersetzt die histologische Untersuchung einer Gewebeprobe. Die Kongorotfärbung ist der Goldstandard für den Nachweis des Amyloids. Puchtler’s Kongorotfärbung in Verbindung mit der Polarisationsmikroskopie ist spezifisch für den Nachweis des Amyloids [23], allerdings mit begrenzter Sensitivität. Kleinste Amyloidablagerungen können übersehen werden. Durch Anfertigen dickerer Paraffinschnitte lässt sich die Sensitivität steigern (5–10 µm anstatt der 2–5 µm dicken Schnitte). Darüber hinaus können kongorotgefärbte Schnittpräparate fluoreszenzmikroskopisch ausgewertet werden, wodurch kleine und diskrete Amyloidablagerungen leichter nachweisbar sind [19]. Die Fluoreszenz ist jedoch nicht spezifisch, und eine anomale Polarisationsfarbe muss anschließend im polarisierten Licht gesucht werden.

Bei Vorliegen einer Amyloidose besteht bei Probennahme aus dem symptomatischen Gewebe oder Organ (z. B. Niere oder Herz) die höchste Wahrscheinlichkeit, einen positiven Amyloidnachweis führen zu können. Allerdings bieten sich Alternativen dazu an, wie z. B. die Fettgewebsbiopsie und Biopsate aus dem oberen und unteren Gastrointestinaltrakt [25]. Die Sensitivität der gewählten Methode hängt vom Amyloidtyp, dem Stadium der Erkrankung und der Erfahrung des Probennehmers ab [25]. Biopsate des oberen und unteren Gastrointestinaltrakts sollten Submukosa enthalten.

Klassifikation

Nach der Diagnosesicherung am kongorotgefärbten Schnitt muss das Amyloid klassifiziert werden, d. h. das abgelagerte Amyloidprotein muss identifiziert werden [25]. Damit kann die zugrunde liegende Erkrankung zugeordnet und die klinische Relevanz abgeschätzt werden. Es gibt keine zuverlässigen histomorphologischen Kriterien, die es erlauben, die verschiedenen Amyloidproteine voneinander zu unterscheiden. Die Unterscheidung in Kaliumpermanganat-resistente und -nichtresistente Formen ist angesichts der Vielfalt der Amyloidproteine unzureichend.

Es sind eine ganze Reihe spezifischerer Methoden entwickelt worden, die eine Identifikation des Amyloidproteins erlauben. Die Klassifikation der AA-Amyloidose stellt dabei in der Regel kein Problem dar, da paraffingängige monoklonale Antikörper kommerziell erhältlich sind und bei korrekter Anwendung und angemessenen Kontrollen AA-Amyloid praktisch immer korrekt klassifizieren (Tab. 2). Größere Schwierigkeiten bereitet die Klassifikation der AL-Amyloidosen und deren Abgrenzung zu den selteneren hereditären Amyloidosen [14]. Dies liegt vor allem daran, dass bei den AL-Amyloidosen die variable Region der Immunglobulin-λ- oder -κ-Leichtketten abgelagert wird und nur ein Teil der konstanten Region. Damit hat jeder Patient mit einer AL-Amyloidose sein „individuelles“ Amyloidprotein.

Tab. 2 Für die immunhistologische Klassifikation des Amyloids eingesetzte Antikörper

In zahlreichen Studien ist der Nutzen der Immunhistologie und Immunelektronenmikroskopie für die Klassifikation des Amyloids belegt worden (Abb. 4 a–d; [14, 26]). Da die Zahl der Amyloidproteine stetig gestiegen ist, stellt sich die Frage nach ihrer Relevanz für die klinische Pathologie. Viele Amyloidproteine treten nur streng lokal auf. Es ist nicht sinnvoll, diese Amyloidproteine bei einer systemischen Amyloidose zu überprüfen. Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Amyloid-Krankheiten e.V. [25] schlägt deshalb als Faustregel vor, dass die häufigsten potenziell systemisch auftretenden Amyloidosen ausgetestet werden sollten. Hierzu zählen das AA-, AApoAI-, AFib-, AL-, ALys- und ATTR-Amyloid. Weiterhin sollte zu jeder immunhistologischen Färbung ein kongorotgefärbter Serienschnitt mitgeführt werden, der die Zuordnung des Amyloids in den immunhistologisch gefärbten Schnitten erleichtert. Die Tab. 2 weist die eigenen, zur Klassifikation des Amyloids verwendeten Antikörper aus.

Abb. 4
figure 4

Immunhistologische Klassifikation des Amyloids: Die kardiale ATTR-Amyloidose verhält sich immunreaktiv für Amyloid-P-Komponente (a) und Transthyretin (b). Die gastrale AL-Amyloidose λ-Leichtkette zeigt eine kräftige homogene Immunreaktion mit dem AL7-Antikörper (c) und die hepatische AL-Amyloidose κ-Leichtkette mit dem kommerziell erhältlichen Anti-κ-Leichtkette-Antikörper (d; s. Tab. 2). [Originalvergr. 100:1 (c) und 200:1 (abd)]

Die zweifelsfreie Identifikation des Amyloidproteins gelingt nur mit biochemischen Verfahren. Das Amyloidprotein muss aus dem Gewebe extrahiert und seine Primärstruktur sequenziert werden. Das gelingt in Einzelfällen sogar mit amyloidhaltigen, formalinfixierten und in Paraffin eingebetteten Gewebeproben. Wenn genügend Material vorliegt, werden biochemische Verfahren zum Erfolg führen. Sie sind jedoch bislang nicht für die klinische Routinediagnostik einsetzbar.

Molekularpathologie

Der Einsatz molekularpathologischer Verfahren ist wichtig bei der Identifikation einer hereditären Amyloidose, wenn die Diagnose durch den histologischen Nachweis des Amyloids gesichert und das Amyloidprotein immunhistologisch oder proteinbiochemisch klassifiziert worden ist. Die Molekularpathologie ist per se nicht geeignet, die Diagnose einer Amyloidose zu stellen. Der Nachweis genomischer Mutationen gelingt an peripherem Blut und aus Paraffinmaterial. Vor Beginn der Untersuchungen sollte eine ausdrückliche Patienteneinwilligung vorliegen. Tab. 3 fasst die bislang beschriebenen hereditären Amyloidosen zusammen.

Tab. 3 Hereditäre lokale und systemische Amyloidosen. (Mod. und ergänzt nach [1, 16, 30])

Differenzialdiagnosen

Die wichtigste Differenzialdiagnose des Amyloids ist die Immunglobulinleicht- und -schwerkettenablagerungskrankheit. Diese weist keine anomale Polarisationsfarbe auf und enthält keine Amyloid-P-Komponente. Weiterhin können Hyalinosen und Sklerosen gelegentlich im HE-gefärbten Schnittpräparat den Verdacht auf das Vorliegen von Amyloid erwecken. Dies lässt sich aber leicht durch die Kongorotfärbung ausschließen. Kollagen weist bei mangelnder Differenzierung der Kongorotfärbung gelegentlich eine grüne Polarisationsfarbe auf. Diese verschwindet jedoch bei Rotation des Objektträgertisches und zeigt außerdem die kollagentypische Bänderung. Bei einer subepithelialen Hyalinose in Dickdarmbiopsaten sollte im Umkehrschluss nicht nur an eine kollagene Kolitis gedacht werden, sondern auch an die Möglichkeit einer Amyloidose. Amyloid lagert sich im Dickdarm gelegentlich unterhalb des Oberflächenepithels ab.

Prognose und prädiktive Faktoren

Die Prognose hängt vom Amyloidtyp ab, davon, ob es sich um eine lokale oder systemische Krankheit handelt und welches Stadium die Erkrankung zum Zeitpunkt der Diagnose aufweist, z. B. mit oder ohne kardiale Beteiligung. Die Klassifikation des Amyloids lenkt auch die Therapie [25]. Darüber hinaus gibt es zurzeit keinen klinisch-pathologisch etablierten Marker für die Abschätzung der Prognose und Therapie-Response (Prädiktion) systemischer Amyloidosen.

Eigene Erfahrungen der vergangenen drei Jahre

In den vergangenen 3 Jahren wurden 658 Einsendungen von 621 Patienten zur referenzpathologischen Untersuchung an das Institut für Pathologie der Charité mit der Fragestellung Diagnosesicherung und Klassifikation des Amyloids geschickt. Der weitaus größte Teil der Einsendungen stammte aus dem Gastrointestinaltrakt einschließlich Leber [235 (36%) Fälle], gefolgt von Herz [145 (22%)], Urogenitaltrakt und Niere [65 (10%)], Kopf-Hals-Region [51 (8%)], Atemwege und Lunge [47 (7%)] sowie Haut und Unterhautfettgewebe [40 (6%)]. 75 (11%) der Einsendungen stammten aus den verschiedensten, oben nicht aufgeführten anatomischen Regionen, einschließlich muskuloskelettales System und Nerven. In 70 (11%) eingeschickten Proben wurde kein Amyloid nachgewiesen.

Bei allen Einsendungen mit gesicherter Amyloidose erfolgte eine immunpathologische Untersuchung zur Klassifikation des Amyloids wie vorher beschrieben [14]. Die AL-Amyloidose (371 Fälle) war mit Abstand die am häufigsten klassifizierte Amyloidose. In 238 Fällen lag eine AL-Amyloidose λ-Leichtkette vor, in 93 eine AL-Amyloidose κ-Leichtkette, und in 40 Fällen ließ sich die AL-Amyloidose nicht weiter subtypisieren [AL-Amyloid (n. o. s.)]. An 2. und 3. Stelle folgten die ATTR- (96 Fälle) und die AA-Amyloidose (32 Fälle). Zu den seltenen Amyloidosen zählten 7 Fälle mit AApoAI-Amyloidose [7], 4 Fälle mit AFib-Amyloidose [6], 4 Fälle mit AIns-Amyloidose [32], 2 Einsendungen eines Patienten mit Aβ2M-Amyloidose, 2 mit Aβ-Amyloid und ein Fall mit ALac-Amyloid. Bei 24 (4%) Einsendungen konnte das Amyloid immunpathologisch nicht klassifiziert werden. Entweder war die Menge des noch verfügbaren Amyloids zu gering oder die immunpathologische Untersuchung erlaubte keine zweifelsfreie Klassifikation.

Insgesamt fiel auf, dass Amyloid häufiger bei Männern als bei Frauen auftritt. Das Geschlechtsverhältnis betrug bei der AA- und AL-Amyloidose jeweils 1,4:1 (m:w) und bei der ATTR-Amyloidose sogar 3:1 (m:w).

Die molekularpathologischen Untersuchungen wiesen bislang in 17 (34%) von 50 untersuchten Fällen mit ATTR-Amyloidose eine Keimbahnmutation im Transthyretin-Gen nach [5]. Diese Patienten waren im Durchschnitt 62,5 Jahre alt (Umfang 38–83 Jahre) und signifikant jünger als Patienten ohne Keimbahnmutation (72,4 Jahre, Umfang 62–85 Jahre). Bei allen Patienten mit AApoAI- und AFib-Amyloidose konnte molekularpathologisch eine Keimbahnmutation nachgewiesen werden [6, 7]. Bei 4 Patienten mit AApoAI-Amyloidose lagen bislang unbekannte Mutationen des ApoAI-Gens vor [7].

Lachmann et al. haben in ihrem 2002 veröffentlichten Kollektiv in 10% der Fälle mit Amyloid eine hereditäre Amyloidose diagnostiziert [18]. Extrapolieren wir die Ergebnisse unserer bisherigen molekularpathologischen Untersuchungen (bislang konnten nur 50 von 96 Fällen mit ATTR-Amyloid molekularpathologisch untersucht werden) auf das Gesamtkollektiv von 588 Einsendungen mit referenzpathologisch gesicherter Amyloidose, so errechnen wir für unser Kollektiv aktuell eine relative Häufigkeit hereditärer Amyloidosen von 7%. Wir können zurzeit nicht ausschließen, dass noch weitere seltene hereditäre Amyloidosen im Kollektiv vorliegen. Hierzu laufen weiterführende Studien.

Fazit für die Praxis

Der frühzeitige Nachweis einer Amyloidose stellt unverändert eine Herausforderung dar. Da Amyloidosen kein spezifisches klinisches Erscheinungsbild haben, ist es oft der Pathologe, der erstmals die Diagnose an einem Biopsat oder Resektat stellt. Bei klinischem Verdacht auf das Vorliegen einer Amyloidose bieten sich verschiedene Biopsieverfahren an. Grundsätzlich unterliegen alle Probennahmen einem unterschiedlich großen Risiko des Probensammelfehlers, und der fehlende Nachweis von Amyloid schließt das Vorliegen einer Amyloidose nicht aus. Die polarisationsoptische Auswertung des kongorotgefärbten Schnittpräparates ist der Goldstandard für den Nachweis des Amyloids, das anschließend klassifiziert werden muss. Inzwischen sind auch molekularpathologische Zusatzuntersuchungen ein fester Bestandteil der klinisch-pathologischen Amyloiddiagnostik geworden und haben in Deutschland zur Identifikation zahlreicher hereditärer Amyloidosen geführt, teilweise mit bis dahin unbekannten Keimbahnmutationen.