In einer Gesellschaft, die aus immer mehr älteren Menschen besteht und einen wachsenden Anspruch an eine uneingeschränkte körperliche Beweglichkeit hat, ist der Einsatz von künstlichen Gelenken eine wichtige therapeutische Maßnahme bei degenerativen Erkrankungen wie der Arthrose. Darüber hinaus spielen Gelenktotalendoprothesen auch bei jüngeren Menschen eine Rolle, die etwa unter rheumatischen Krankheiten oder Knochentumoren leiden. Jedoch entwickeln 5–12% der Prothesenträger im Laufe von 10 Jahren ernsthafte Beschwerden, welche häufig zu einer aufwändigen Revisionsoperation führen.

Der Einsatz von Gelenktotalendoprothesen ist in den vergangenen Jahrzehnten zu einer sehr häufigen Operation avanciert. Bereits 1988 wurden in den USA 1,6 Mio. Prothesenimplantationen durchgeführt [17], in Deutschland werden derzeit etwa 180.000 Hüft- und 100.000 Kniegelenktotalendoprothesen pro Jahr implantiert [13]. Die Häufigkeit der Prothesenimplantation nimmt kontinuierlich zu, vermutlich aufgrund des demographischen Wandels. Der Kostenaufwand beträgt etwa 8.000 EUR pro Eingriff. Die Indikationen sind sehr vielfältig, der häufigste Grund ist die Arthrose mit Schmerzen und Bewegungseinschränkung, gefolgt von traumatischen Ursachen, Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis und der aseptischen Hüftkopfnekrose. Auch bei der Rekonstruktion nach Entfernung von Knochentumoren oder schweren, destruktiven Osteomyelitiden kommen Endoprothesen zum Einsatz. Bei der primären Implantation sind die Patienten durchschnittlich 60 Jahre alt [18].

Prinzipiell können die Prothesen mit Knochenzement aus Polymethylmethacrylat (PMMA) fixiert werden, was eine frühe postoperative Mobilisation ermöglicht, oder sie werden unzementiert implantiert, mit dem Nachteil einer längeren Rehabilitationsphase und dem Vorteil eines festeren und längeren Haltes. Nebenbei sei bemerkt, dass die Recherche nach verlässlichen Daten zur Häufigkeit der einzelnen Indikationen, Prothesentypen und Epidemiologie schwierig ist; zwar existiert seit 1994 das Deutsche Endoprothesen-Register (DER) als eingetragener Verein, jedoch deckt der Rücklauf an Informationen zum Register nur etwa 5% der tatsächlich durchgeführten Operationen ab, während beispielsweise in Dänemark ein Endoprothesenregister mit Informationen über 81% der Eingriffe besteht. Die Fabrikatvielfalt der Prothesen ist groß, beispielsweise wurden laut DER in der Knieendoprothetik in den vergangenen Jahren 153 verschiedene femorale Komponenten zum Einsatz gebracht. Es wurde der Vorschlag gemacht, die Endoprothesen mit einem so genannten Smart-Chip zu versehen, dessen Daten aus etwa 50 cm Entfernung mittels einer kleinen Antenne berührungsfrei gelesen und geschrieben werden können [14].

Endoprothesenlockerung

Prinzipiell ist eine stetige Zunahme der durchschnittlichen Funktionsdauer von Hüftendoprothesen zu verzeichnen, da Materialien und Operationstechnik kontinuierlich verbessert wurden. In einer Untersuchung an 2000 amerikanischen Patienten wurde im Jahr 2002 eine durchschnittliche Zehnjahresfunktionsrate von 94% ermittelt [1], in verschiedenen Studien im deutschsprachigen Raum lagen diese zwischen 88 und 95% [9, 11]. Nach 20 Jahren sinkt die Funktionsrate der Endoprothesen auf 63% [6]. Wie mehrere Untersuchungen gezeigt haben, scheint die zur Primärimplantation führende Grundkrankheit, insbesondere im Vergleich von Arthrose gegenüber rheumatoider Arthritis, keinen Einfluss auf die Prothesenstandzeit zu haben [4].

„Aseptische“ und „septische“ Lockerung

Das Kardinalsymptom der Endoprothesenlockerung sind Schmerzen des betroffenen Gelenks, die in erster Linie auf eine Protheseninsuffizienz zurückzuführen sind und in seltenen Fällen Folge einer Nervenläsion, Muskelhernie, Tendinitis oder eines Tumors sind [6]. Stellt sich ein Patient mit Prothesenbeschwerden vor, so sind auf der üblicherweise angefertigten Röntgenaufnahme meistens osteolytische Spalträume zwischen Prothese und Knochen zu sehen (Abb. 1), die vermutlich Mikroschwingungen der Prothese ermöglichen, welche zu den Schmerzen führen. Je nachdem, ob zusätzlich Infektionszeichen bestehen, spricht der Kliniker von „aseptischer“ oder „septischer“ Lockerung, wobei nicht genau definiert ist, welche Befundkonstellation (Rötung/Überwärmung des Gelenks, subfebrile Temperaturen, erhöhtes C-reaktives Protein im Serum, erhöhter Lymphozytengehalt im Blutbild) die Bezeichnung „septisch“ rechtfertigt. Die aseptische Lockerung tritt mit über 80% wesentlich häufiger auf [16].

Abb. 1
figure 1

Röntgenaufnahme einer schmerzhaften Hüftendoprothese mit osteolytischem Spaltraum im medialen Schaftbereich (schmale Pfeile) und Migration der Pfanne nach kranial (breite Pfeile)

Zwei wesentliche Faktoren werden seit langem für die aseptische Lockerung verantwortlich gemacht. Zum einen entstehen bei der Belastung der Prothese Abriebprodukte aus Polyethylen (PE), PMMA-Zement, Keramik oder Metall, die eine Stimulation von Makrophagen und deren Produktion von resorptionsstimulierenden Faktoren auslösen, welche zu periprothetischen Osteolysen führen [7]. Zum anderen können ein Mangel an initialer Stabilität des Implantats und eine inadäquate Belastung eine suffiziente Osteointegration der Prothese verhindern [10].

Die septische Lockerung wird als Folge einer bakteriellen Infektion des periprothetischen Spalts angesehen. Diese Infektion kann entweder durch eine Kontamination während der Primäroperation erfolgen oder nach primär keimfreier Implantation im Rahmen einer Bakteriämie, wie sie z. B. nach Zahnextraktion oder bei chronischen Hautulzerationen auftreten kann, sekundär hämatogen entstehen [5]. Von einer hämatogenen Infektion wird ausgegangen, wenn die Beschwerden später als 2 Jahre nach dem Eingriff auftreten.

Periprothetische Lockerungsmembran

Therapie der Wahl ist bei jeder Form von Prothesenlockerung die Revisionsoperation, bei der die alte Endoprothese entfernt und der Interface-Bereich zwischen Implantat und Knochen ausgeschabt wird, bevor eine neue Prothese meist mit PMMA-Zementierung eingesetzt wird. Sowohl bei der aseptischen als auch bei der septischen Prothesenlockerung hat sich ein wechselnd breiter Bindegewebssaum – die periprothetische Membran – zwischen Knochen und Prothese gebildet (Abb. 2). Auch bei festsitzenden Prothesen entsteht eine, allerdings wesentlich schmalere, Membran, deren Dicke im Femurschaftbereich von 0,1–0,3 mm und im Acetabulumlager mit zunehmender Prothesenstandzeit bis über 1,0 mm beträgt [2].

Abb. 2
figure 2

Makroskopisches Bild einer strumpfförmig ausgeprägten periprothetischen Membran vom infektiösen Typ. Die Pinzette spannt die Innenseite der Membran auf, in der sich zuvor der Prothesenschaft befunden hat

Von der eigentlichen periprothetischen Membran abzugrenzen ist die Neokapsel, die sich um das künstliche Gelenk herum bildet. Diese besitzt zwar auch Kontakt zur Prothese, aber nicht zum Knochen und kann daher nicht direkt für die Osteolysen der Prothesenlockerung verantwortlich sein. Dennoch kann das Neokapselgewebe diagnostisch genutzt werden, da mehrfach beschrieben wurde, dass der Neogelenkraum mit dem periprothetischen Raum kommuniziert [28] und die histologischen Veränderungen bei einem Patienten in beiden Geweben sehr ähnlich sind.

Es wurden mehrere sehr detaillierte, auf die Anwendung in wissenschaftlichen Studien ausgerichtete Systeme zur Quantifikation der einzelnen Elemente der Lockerungsmembran beschrieben [22]. Für die histopathologische Routinediagnostik wurde von unserer Arbeitsgruppe eine in der Praxis problemlos anzuwendende Konsensusklassifikation vorgeschlagen, die den Bedürfnissen der einsendenden Orthopäden und der Pathologen gerecht werden soll [18].

Klassifikation der periprothetischen Membran

Zur Etablierung einer histopathologischen Klassifikation erstellten wir ein Kollektiv von 370 periprothetischen Membranen, die aus verschiedenen Kliniken des deutschsprachigen Raums eingesandt wurden. Die Patienten waren bei der Revisionsoperation im Mittel 68 Jahre alt (23–92 Jahre); 59% waren weiblich, 41% männlich. In 40% waren die Prothesen unzementiert, in 60% zementiert. 80% stammten von Hüft- und 20% von Kniegelenkersatz, und die durchschnittliche Standzeit betrug 7,4 Jahre (1 Monat bis 30,8 Jahre).

Sämtliche Proben wurden von 3 Pathologen mittels Lichtmikroskopie und Polarisationsoptik untersucht. Der überwiegende Teil der Proben (94%) erwies sich im Sinne der histologischen Klassifikation als gut verwertbar. Eine mikrobiologische Untersuchung mit aeroben und anaeroben Kulturen vom unfixierten Operationsmaterial wurde in 65% der Fälle (n=242) durchgeführt.

Typ I – periprothetische Membran vom abriebinduzierten Typ

Das Bindegewebe der Membran ist meist dicht durchsetzt von Makrophagen und/oder multinukleären Riesenzellen, welche Abriebpartikel phagozytiert haben. Größere Fragmente ab etwa 5 µm2 finden sich eher in multinukleären Riesenzellen, während kleinere Partikel von Makrophagen aufgenommen werden [10]. Teilweise wird der Prothesenabrieb bei der Anfertigung der Schnittpräparate herausgelöst oder herausgerissen, sodass optisch leere Räume zurückbleiben (Abb. 3 a,b). Das Material der Abriebpartikel lässt sich histopathologisch anhand von Form, Größe, Farbe und polarisationsoptischen Eigenschaften gut identifizieren. In Zweifelsfällen können Sonderfärbungen (Eisen, Ölrot) zur Klärung beitragen. Ein gesonderter Artikel in diesem Themenheft erläutert detailliert die histomorphologischen Charakteristika der einzelnen Materialien.

Abb. 3
figure 3

Periprothetische Membran vom abriebinduzierten Typ. a Die Übersichtsvergrößerung (HE-Färbung, Vergr. 100:1) zeigt die dicht gelagerten Makrophagen und etliche multinukleäre Riesenzellen mit länglichen, polygonal begrenzten, optisch leeren Räumen. b In der Detailaufnahme (HE-Färbung, Vergr. 400:1) sind in den Makrophagen multiple dunkelgraue, runde Abriebpartikel zu erkennen (Pfeile), während die Riesenzelle einen spindelförmigen optisch leeren Raum zeigt, der einem herausgerissenen PE-Partikel entspricht (Pfeilspitze)

Gelegentlich enthalten die Membranen größere nekrotische Abschnitte, die durch PE-Abrieb hervorgerufen werden können, weshalb auch solche Areale polarisationsoptisch untersucht werden sollten.

Dieser Typ stellte in unserer Untersuchung mit einem Anteil von 54,3% (n=201) den häufigsten Befund dar (Abb. 4). Er kam bei den unzementierten Prothesen seltener (51%) vor als bei den zementierten (71%). Die Standzeit bei diesem Typ betrug im Mittel 10,1 Jahre und war damit länger als bei allen anderen Membrantypen (Abb. 5).

Abb. 4
figure 4

Prozentuale Verteilung der histopathologischen Typen im Untersuchungsgut (n=370)

Abb. 5
figure 5

Mittlere Prothesenstandzeit der histopathologischen Typen der Lockerungsmembran

Typ II – periprothetische Membran vom infektiösen Typ

Eine periprothetische Infektion kann unter dem Bild einer eitrigen, phlegmonösen oder abszedierenden Entzündung verlaufen, welche meist schon klinisch eindeutig zu diagnostizieren ist und auch histomorphologisch keine Probleme bereitet. Oft tritt sie allerdings als „Low-grade-Infekt“ auf, der klinisch und makroskopisch ein ähnliches Bild wie eine aseptische Prothesenlockerung hervorruft [16]. Histologisch findet sich jedoch keine nennenswerte Abriebreaktion, sondern eine chronisch-granulierende Entzündung mit aktivierten Fibroblasten, Gefäßproliferaten und Ödem.

Diagnostisch entscheidend sind die neutrophilen Granulozyten, die nicht nur vereinzelt an der Oberfläche, sondern auch in tieferen Schichten der Membran zu finden sind. Daneben kommen gelegentlich Plasmazellen sowie kleinere Lymphozytenaggregate vor (Abb. 6 a,b). Verschiedene Studien haben unterschiedliche Grenzwerte für die Diagnose einer Low-grade-Infektion vorgeschlagen, die von 1–10 Neutrophilen pro „high power field“ reichen [20, 26]. Um die Detektion der Granulozyten bei Low-grade-Infektionen zu erleichtern, kann man eine PAS-Färbung oder besser eine CD 15-Immunhistologie benutzen.

Abb. 6
figure 6

Periprothetische Membran vom infektiösen Typ. a Die Übersichtsvergrößerung (HE-Färbung, Vergr. 100:1) zeigt ein kapillarreiches, ödematöses Granulationsgewebe. b Im High-power-field (HE-Färbung, Vergr. 400:1) sind etliche neutrophile Granulozyten zu erkennen (Pfeile)

Bakterielle Erreger konnten in unserem Untersuchungsgut histologisch nicht direkt dargestellt werden, jedoch fielen in einem Fall verkäsende Granulome auf, in denen mittels PCR mykobakterielles Genomäquivalent nachgewiesen wurde. Eine periprothetische Infektion durch Mykobakterien ist selten. In einzelnen Fällen wurden Pilze als Erreger beschrieben, weshalb sich gelegentlich Sonderfärbungen für die Untersuchung einer infektiösen Membran empfehlen. Der generelle Einsatz der PCR zur Detektion einer bakteriellen oder mykobakteriellen Infektion ist nicht empfehlenswert, da der Anteil falsch-positiver Befunde zu hoch ist [19]. Der Aspekt verkäsender Granulome kann gelegentlich von einer abriebinduzierten Membran vorgetäuscht werden, da die Fremdkörpergranulome, wenn sie einen hohen Anteil an PE-Abrieb enthalten, ebenfalls zentrale Nekrosen ausbilden können. Daher ist es sinnvoll, auch nekrotische Areale polarisationsoptisch zu untersuchen.

In 10% der bei uns untersuchten Fälle bestand eine Diskordanz zwischen pathologischem und mikrobiologischem Befund. Diese Diskrepanz wirft die Frage auf, welche Untersuchungsmethode die höhere Sensitivität und Spezifität aufweist. Falsch-negative mikrobiologische Befunde können durch eine kurze Bebrütungszeit entstehen, falsch-positive durch eine Kontamination des Probenmaterials. Die dadurch eingeschränkte Aussagekraft der mikrobiologischen Untersuchung wird in verschiedenen Arbeiten hervorgehoben [20]. Um eine in Bezug auf Infektionen falsch-negative histologische Diagnose zu vermeiden, ist es notwendig, das Material möglichst vollständig einzubetten, um kein infektiöses Areal zu übersehen.

Typ III – periprothetische Membran vom abriebinduzierten und infektiösen Typ (Mischtyp)

In einigen Fällen finden sich in derselben Membran sowohl abriebinduzierte als auch eindeutige infektiöse Areale mit ähnlichem Flächenanteil, sodass nicht entschieden werden kann, welcher Aspekt das histologische Bild dominiert. Für diese Fälle schlagen wir vor, die Membran als „Mischtyp“ zu klassifizieren.

Typ IV – periprothetische Membran vom Indifferenztyp (nichtabriebinduziert, nichtinfektiös)

Die Membran besteht aus einem zellarmen, kollagenfaserreichen Bindegewebe, dessen Oberfläche oft von einem zarten Fibrinsaum oder einer synovialisähnlichen Lage aus Makrophagen begrenzt ist. Licht- und polarisationsoptisch lassen sich nur sehr wenige Abriebpartikel erkennen. Eine Fremdkörperreaktion nimmt nur einen geringen Flächenanteil ein. Gelegentlich besteht die Oberfläche der Membran aus einem recht frischen Granulationsgewebe mit Fibroblasten und Kapillarproliferaten sowie einigen Lymphozyten und sehr wenigen neutrophilen Granulozyten, welche nur oberflächennah lokalisiert sind (Abb. 7 a,b). Diese Granulozyten rechtfertigen nicht die Klassifikation einer solchen Membran als infektiöser Typ.

Abb. 7
figure 7

Periprothetische Membran vom Indifferenztyp. a Ein Teil der Fälle imponiert als zellarmes Narbengewebe (HE-Färbung, Vergr. 50:1) mit einer angedeutet villös konfigurierten Oberfläche und zartem Fibrinsaum. b In anderen Fällen bildet sich zur Oberfläche ein Granulationsgewebe aus (Pfeile; HE-Färbung, Vergr. 100:1), welches im Gegensatz zum infektiösen Typ fast keine neutrophilen Granulozyten enthält

Die Membran vom Indifferenztyp konnte in 18% der Fälle diagnostiziert werden, wobei sie bei unzementierten Prothesen 3-mal so häufig auftrat wie bei zementierten. Zur Pathogenese der Typ-IV-Membran gibt es mehrere Hypothesen. Möglicherweise ist sie Folge einer insuffizient fixierten Prothese. Wenn diese nicht von Beginn an fest im Knochen eingepasst ist, entstehen Mikrobewegungen, wodurch nie eine feste Verbindung zustande kommen kann. Diese Instabilität führt zu kleinen periprothetischen Traumatisierungen mit Frakturen der Knochentrabekel, Quetschungen des Knochenmarks und Entwicklung von Hämatomen. Die Membran vom Indifferenztyp könnte einem Narbengewebe entsprechen, das als Residuum dieser initialen Mikrotraumen verbleibt. Durch eine physikalisch ungünstige Prothesenimplantation kann es außerdem zu einer unausgewogenen Belastung kommen, bei der im Prothesenlager an umschriebener Stelle Druckspitzen auftreten, welche zu Osteolysen führen können [25]. Die Typ-IV-Membran könnte Ausdruck einer solchen fehlbelastungsbedingten Osteolyse sein. Ein weiterer Faktor könnte eine Störung der Knochenneubildung in der postoperativen Phase sein, welche durch Medikamente wie Ibuprofen hervorgerufen werden kann [21].

Um eine Typ-IV-Membran diagnostizieren zu können, muss genügend periprothetisches Gewebe vorliegen und eingebettet werden. Bei einer zu kleinen, nicht repräsentativen Gewebeprobe besteht die Möglichkeit, dass eine abriebinduzierte oder infektiöse Lockerung vorliegt, deren histopathologisch charakteristischen Areale nicht erfasst wurden.

Hypersensitivität gegenüber Prothesenmaterialien

Da Metalle und Metallverbindungen wie Nickelsulfat, Kobaltchlorid oder Chromsalze häufige Auslöser von Kontaktallergien sind [23] und das Prothesenmaterial eine großflächige und enge Beziehung zum Körper einnimmt, ist die Vermutung nahe liegend, dass allergische Reaktionen gegenüber Endoprothesen eine bedeutende Rolle bei der Lockerung spielen. Für die Mehrzahl der Fälle scheint diese Theorie jedoch nicht zuzutreffen, zumindest wurde bisher kein signifikanter Zusammenhang zwischen einer Metallallergie und Prothesenlockerungen gefunden [15, 24]. Allerdings ist davon auszugehen, dass das Implantatmaterial lokalisierte und generalisierte Hautreaktionen in Form von Ekzemen oder Urtikaria auslösen kann [27], so dass das Thema nach wie vor kontrovers diskutiert wird.

In 2 aktuellen Studien wurde erstmals eine besondere Reaktionsweise der periprothetischen Membran beschrieben, die nur bei Metall-Metall-Gleitpaarungen auftritt [3, 29]. Charakteristisch hierfür sind perivaskuläre Aggregate von Lymphozyten und Plasmazellen in den tieferen Schichten der Lockerungsmembran sowie Makrophagen mit tropfenförmigen Einschlüssen, eosinophile Granulozyten, „high endothelial venules“, Fibrinexsudate und Nekrosen. In Lockerungsmembranen von Metall-PE- und Metall-Keramik-Gleitpaarungen trat dieses histologische Bild nicht auf. Darüber hinaus wurde beobachtet, dass periprothetische Schmerzen durch den Ersatz einer Metall-Metall- durch eine andere Gleitpaarung erfolgreich behandelt wurden, während die Revision mittels erneuter Metall-Metall-Gleitpaarung nicht erfolgreich war. Diese Befunde sprechen dafür, dass hier eine Hypersensitivitätsreaktion vorliegt, die über die bloße Abwehr von Fremdkörperpartikeln hinausgeht.

Raumforderungen im Bereich der Prothese

Im Gegensatz zu früheren Befürchtungen konnte bisher keine erhöhte Inzidenz maligner Tumoren im Bereich einer Endoprothese konstatiert werden. Obwohl in Tierversuchen Sarkome durch Fremdmaterialien induziert werden konnten, treten diese bei menschlichen Prothesenträgern nicht gehäuft auf [8, 16]. Offenbar ist die Tumorigenität des Implantatmaterials speziesspezifisch und abhängig von Form und Größe der Partikel, wobei besonders die feinsten Nanopartikel eine maligne Entartung hervorrufen. Dennoch ist es möglich, dass inzidentell eine maligne Neoplasie im Rahmen einer Prothesenrevision entdeckt wird. Beschrieben sind in erster Linie Fälle von malignen fibrösen Histiozytomen und von Osteosarkomen [16]. In unserem Kollektiv wurde bisher kein solcher Fall beobachtet.

Gelegentlich treten im Bereich der Neosynovialis auch Verkalkungen und Verknöcherungen auf, die in seltenen Fällen große Ausmaße annehmen und die Funktion des Gelenks beeinträchtigen können, sodass sie reseziert und unter Tumorverdacht zur histologischen Beurteilung eingeschickt werden (Abb. 8). Mohr diskutiert eine durch Knochenfragmente induzierte Osteoneogenese in Analogie zur Detritussynovialitis [16] als Pathomechanismus.

Abb. 8
figure 8

Operationssitus einer Prothesenrevision mit tumorartigen Verkalkungen in der Gelenkregion (Pfeile)

Fazit für die Praxis

Die standardisierte histopathologische Untersuchung der periprothetischen Membran ist ein unerlässlicher Bestandteil der Revisionsendoprothetik, da sie eine Abklärung der Ursachen einer Protheseninsuffizienz ermöglicht und die klinische Entscheidung über einen ein- oder zweizeitigen Prothesenwechsel und über die Intensität der Antibiose unterstützen kann. Anhand morphologischer und polarisationsoptischer Charakteristika werden 4 Typen der periprothetischen Membran definiert:

Abriebinduzierter Typ (Typ I), infektiöser Typ (Typ II), Mischtyp (Typ III) und Indifferenztyp (Typ IV).

Zur Diagnostik reichen HE-Schnittpräparate und eine polarisationsoptische Untersuchung meistens aus, in Zweifelsfällen können Sonderfärbungen (EvG, Eisen, Ölrot, CD 15) zur Klärung beitragen. Die diagnostische Sicherheit steigt mit der Menge an übersandtem und eingebettetem Gewebe.

Die Entnahmelokalisation (Neokapsel oder periprothetische Membran, Schaft- oder Pfannenbereich) sollte vom Orthopäden eindeutig angegeben werden, und weitere Angaben zur Prothese (Standzeit, Gleitpaarung, Zementierung, mikrobiologische Vorbefunde) erleichtern die Einordnung des Befundes.