Aufgrund des breiten Erregerspektrums und einer Zunahme multiresistenter Keime stellt die unspezifische Spondylodiszitis auch heute noch eine Herausforderung für Diagnostik und Therapie dar. Der Erregernachweis und die darauf basierende gezielte Antibiotikatherapie sind neben der Fähigkeit der Durchführung einer operativen Infektsanierung und Stabilisierung entscheidend für ein rasches und zufriedenstellendes Therapieergebnis.

Hintergrund

Die Spondylodiszitis stellt als entzündliches Geschehen der Wirbelsäule mit hauptsächlicher Beteiligung der Deck- und Grundplatten der Wirbelkörper und der dazugehörigen Bandscheibe eine seltene Erkrankung dar. Die Inzidenz der unspezifischen Spondylodiszitis liegt bei 1:250.000 mit steigender Tendenz. Der Anteil der Spondylodiszitis an allen Osteomyelitiden beträgt 3–5%. Weiterhin besteht ein häufigeres Auftreten bei Männern im Verhältnis 3:1 [6].

Bereits 1929 wurde das Krankheitsbild der bakteriellen Entzündung der Wirbelsäule von Wilensky [29] detailliert beschrieben. Als Ursache wurde schon damals die hämatogene Streuung auf dem Boden eines Primärherdes postuliert [15]. Diese Primärherde liegen v. a. im Bereich des Bauchraums, des Beckens und des Urogenitaltrakts. Die hämatogene Infektausbreitung wird zum einen dadurch gefördert, dass durch eine klappenlose Venenverbindung (Batson-Venenplexus) zu den Organvenen des urogenitalen und gastrointestinalen Systems, ein erhöhter Blutdurchsatz und eine lange, venöse Standzeit sowie eine Strömungsumkehr bei intraabdominellen Druckerhöhungen die Ansiedlung von Keimen im lumbalen und thorakolumbalen Wirbelsäulenbereich begünstigen [2]. Zum anderen wird die Keimansiedlung durch eine arterielle Inokulation begünstigt, die ursächlich durch eine reiche arterielle Blutversorgung der Region um das vordere Längsband und/oder eine Infarzierung der Endarterien oder Sinusoide durch den Bakterienembolus entsteht [30].

Zusätzlich zum beschriebenen Infektionsweg und der Ausbreitungsmöglichkeit des Infektgeschehens per continuitatem besteht die Möglichkeit der iatrogenen Keimeinschleppung. Hierdurch entstehen Infektionen der Wirbelsäule nach Diskographien zu 0,6%, nach Nukleotomien zu 1%, nach dorsaler Spondylodese zu 3–13% und nach ventraler Spondylodese zu 1% [8].

Während im 19. Jahrhundert häufiger Kinder und Jugendliche betroffen waren, sind die heutigen Prädispositionen das Alter, Multimorbidität, Tumorleiden und Immunsuppression sowie Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Niereninsuffizienz und Adipositas [6].

Gerade durch das veränderte Patientenspektrum und die zunehmende Resistenz der Erreger ist das therapeutische Procedere bei Spondylodiszitis auch heute noch eine Herausforderung für jeden behandelnden Arzt. Nahm in der Zeit ohne die Möglichkeit eines Antibiotikaeinsatzes die Erkrankung fast immer einen letalen Verlauf, liegt die Letalität heute bei 2–17% [6, 18, 33].

Erregerspektrum

Mögliche Erreger der Spondylodiszitis sind Bakterien, Pilze und sehr selten Parasiten.

Der häufigste Erreger ist Staphylococcus aureus mit 42–84%, gefolgt von gramnegativen Bakterien mit 4–30% und Streptokokken/Enterokokken mit 5–30%. Gramnegative Keime wie E. coli, Proteus spp. und Pseudomonas spp. werden oft bei abwehrgeschwächten Patienten gesehen. Anaerobe Erreger finden sich gehäuft bei Patienten mit Diabetes mellitus.

Staphylococcus aureus ist mit ca. 63% der häufigste Erreger der unspezifischen Spondylodiszitis

Bakterien mit primär geringer Virulenz wie Staphylococcus epidermidis und Streptokokken bilden oft eine schleichende Infektion. Streptokokken sind häufig vergesellschaftet mit Infektionen der Zähne und einer Endokarditis. Pilzinfektionen finden sich in ca. 1% der Fälle [3, 22].

Diagnostik

Die Diagnose der Spondylodiszitis sollte aus einer gezielten Anamneseerhebung, Labordiagnostik, einer eingehenden radiologischen Diagnostik mit möglichst einer magnetresonanztomographischen Untersuchung und letztendlich der Sicherung der Diagnose mittels Biopsie mit histologischer und bakteriologischer Untersuchung bestehen.

Wichtig für eine erfolgreiche Antibiotikatherapie ist der Nachweis des Erregers. Hierzu bietet sich eine Abnahme von 3 Blutkulturen an. Sind die Blutkulturen nach 48 h negativ, ist bei radiologischem und klinischem Verdacht auf eine Spondylodiszitis eine Probenentnahme durchzuführen. Beide diagnostischen Maßnahmen sollten möglichst ohne antibiotische Therapie erfolgen. Bei ca. der Hälfte der Patienten kann ein Erregernachweis in Blutkulturen geführt werden. Diese Zahl kann gesteigert werden durch die Abnahme bei Fieberspitzen oder durch eine perkutane Biopsie der infizierten Bandscheibe bzw. des Abszessareals. Bei CT-gesteuerten Biopsien liegt die Rate der positiven Befunde bei 60–70% [26]. Der Erregernachweis wird negativ beeinflusst durch eine bereits eingeleitete antibiotische Therapie und durch eine zu geringe Biopsiemenge. Um diesem Sachverhalt Rechnung zu tragen, ist es von besonderer Bedeutung, eine antibiotische Therapie erst nach Gewinnung von Untersuchungsmaterial für die mikrobiologische Diagnostik zu beginnen. Falls bereits eine antibiotische Therapie eingeleitet wurde, wird das Absetzen unter engmaschiger klinischer Kontrolle für einige Tage bis zur Blutkulturentnahme bzw. Biopsie des Infektherds empfohlen. Müller-Broich et al. [20] berichteten in einer retrospektiven Analyse an 90 Patienten über eine hohe Keimnachweisrate bei Biopsien und Blutkulturen nach einer 14-tägigen Antibiotikapause. Gleichsam werden entsprechend der französischen Societé de Pathologie infectieuse de Langue Francaise (SPILF) 2 Biopsien aus dem Deck-, 2 aus dem Grundplattenbereich und 2 aus dem zentralen Diskusgewebe gefordert. Ferner sollte ein Aspirat aus dem Bandscheibenbereich gewonnen und mikrobiologisch analysiert werden. Weiterhin wird nach den SPILF-Leitlinien vorgeschlagen, erst nach 3 negativen Blutkulturen eine perkutane Biopsie durchzuführen. Dieser Vorschlag trifft jedoch nicht auf sekundäre, postoperative Fälle zu, da hier die Nachweisrate für Keime nur bei 14% liegt [25].

Neben der Möglichkeit eines molekularen Erregernachweises ergänzt die histopathologische Untersuchung die Diagnostik und gibt bei negativem Keimnachweis zusätzliche Informationen in Bezug auf nekrotisch-infektiöse Veränderungen.

Therapie

Ein einheitliches Therapiekonzept der Spondylodiszitis ist aufgrund des inhomogenen Patientenkollektivs, des unterschiedlichen Erregerspektrums und der Varianz des Infektausmaßes mit unterschiedlicher Destruktion der knöchernen Anteile bis jetzt nicht gefunden worden. Basis einer erfolgreichen konservativen Therapie sind Bettruhe bis zur Normalisierung der Entzündungsparameter unter Antibiotikatherapie, gefolgt von externer Ruhigstellung mittels Orthese. Die Grundpfeiler der chirurgischen Therapie sind ein operatives Débridement des Infektbereichs, die interne Ruhigstellung der entzündlich veränderten Wirbelsäulenregion und eine adäquate antibiotische Therapie.

Konservativ

Das konservative Vorgehen sollte dem Frühstadium der Spondylodiszitiserkrankung oder Patienten, bei denen infolge eines reduzierten Allgemeinzustands die Operationsfähigkeit in Frage steht, vorbehalten sein. Nachteile der konservativen Behandlung sind die mangelhafte suffiziente Ruhigstellung durch reklinierende Orthesen, die fehlende lokale Infektsanierung und die eingeschränkte lokale Wirkung der systemischen Antibiotikatherapie. Neben den Risiken der Immobilisierung besteht, entsprechend einer hohen Rate einer Pseudarthrosenbildung, die Gefahr einer kyphotischen Fehlstellung mit deutlichen klinischen Beschwerden.

Bei fehlender Fusion in 65% der Fälle der konservativ behandelten Patienten hatten 64,2% persistierende Rückenschmerzen. Bei mit Débridement, dorsaler Instrumentation und autologer Spaninterposition versorgten Patienten wurde eine Beschwerdepersistenz von 26,3% der Fälle angegeben [10].

Antibiotika

Im Rahmen des konservativen Behandlungskonzepts wird zunächst eine intravenöse gefolgt von einer oralen antibiotischen Therapie eingeleitet, wodurch ca. die Hälfte bis zwei Drittel der Patienten erfolgreich schmerzreduziert und die erkrankten Segmente einer Fusion im Verlauf von einem Jahr zugeführt werden können [32]. Mit Ausnahme eines septischen Krankheitsbildes und neurologischen Auffälligkeiten kann der Beginn einer antibiotischen Therapie bis zum Vorliegen eines Ergebnisses der Blutkulturen bzw. Biopsien verschoben werden. Ansonsten gilt es im Rahmen der kalkulierten Therapie, die häufigsten Erreger, Staphylococcus aureus und Escherichia coli, im Spektrum der antibiotischen Therapie zu haben [3].

Die Auswahl des zu verabreichenden Antibiotikums ist abhängig vom möglicherweise nachgewiesenen Erreger (Tab. 1) und einem möglichen primären Infektionsstreuherd. Gardos et al. [7] analysierten bei einer Studienrecherche 85 Artikel über Spondylodiszitis, jedoch befand sich unter den überprüften Studien keine mit prospektiven, randomisierten kontrollierten Bedingungen, sodass das Behandlungskonzept auf theoretischen Überlegungen, der Knochengängigkeit der Antibiotika, der bekannten Wirkungsweisen der einzelnen Wirkstoffe und der klinischen Erfahrung beruht.

Tab. 1 Antibiotikatherapie einzelner Spondylodiszitiserreger

Die Knochengängigkeiten der Antibiotika sind mittlerweile gut untersucht. Es wurde nachgewiesen, dass Fluorochinolone, Clindamycin, Rifampicin, Metronidazol und Fusidinsäure eine exzellente Knochengängigkeit aufweisen, wogegen β-Laktam-Antibiotika, Glykopeptide eine mäßige und Aminoglykoside nur eine schlechte Knochenpenetration zeigten [7]. Bezüglich der Wirksamkeit im Bandscheibengewebe schnitten Penicilline am schlechtesten ab, gefolgt von der Gruppe der Cephalosporine, während die Aminoglykoside und Clindamycin die besten Gewebedurchgängigkeitswerte erreichten [28].

Zusammengefasst lässt sich aus den Untersuchungen eine kalkulierte Therapieempfehlung bestehend aus einer Kombination aus Ciprofloxacin plus Clindamycin ableiten. Ersatzweise können Cefotaxim plus Flucloxacillin eingesetzt werden. Diese Therapieempfehlung berücksichtigt zum einen das hauptsächliche Keimspektrum mit Staphylokokken und gramnegativen Erregern sowie die Datenlage der einzelnen Gewebegängigkeiten der einzelnen Wirkstoffe. Zusätzlich besteht der Vorteil, mit Ausnahme von Cefotaxim, der problemlosen Oralisierung der einzelnen Antibiotika. In der Folge sollte, nach Vorliegen des Antibiogramms, eine antibiogrammgerechte Anpassung zur gezielten Therapie erfolgen.

Für die kalkulierte Therapie ist die Kombination aus Ciprofloxacin plus Clindamycin oder alternativ die Kombination aus Cefotaxim plus Flucloxacillin zu empfehlen

Allgemein zeigt sich in der letzten Zeit eine zunehmende Resistenzentwicklung insbesondere bei gramnegativen Erregern (z. B. Extended-spectrum-β-LaKtamase bildende Enterobakterien). Dies unterstreicht die Notwendigkeit eines Erregernachweises inklusive Antibiogrammerstellung, um diese „Problemkeime“ durch eine gezielte Therapie erfolgreich behandeln zu können.

Die MRSA-Spondylodiszitis (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) stellt eine besondere Herausforderung dar, da Vancomycin eine nachgewiesene schlechte Knochengängigkeit hat und auch Teicoplanin nur in hohen Dosen in der Lage ist, eine MRSA-Infektion zu beherrschen. Somit ist es oftmals unumgänglich, Kompromisse in Bezug auf die Antibiotikawahl und Gewebegängigkeit einzugehen. Die British Society for Antimicrobial Chemotherapy schlug Linezolid als Antibiotikum der ersten Wahl vor. Bei diesem Antibiotikum bestehen jedoch eine vom Hersteller ausgesprochene relative Therapiebeschränkung auf 28 Tage sowie eine erhebliche Kostenverursachung, die z. T. im ambulanten Bereich durch niedergelassene Ärzte aufgrund der Budgetierungsbeschränkungen nicht getragen werden kann. Weiterhin bietet sich bei resistenten grampositiven Erregern Daptomycin als Therapiealternative an. Eindeutige Studien liegen hierzu jedoch noch nicht vor. Fosfomycin wird in der Regel im Rahmen einer Kombinationstherapie insbesondere bei der Behandlung multiresistenter Keime verabreicht und zeigt mit β-Laktam-Antibiotika, z. B. Penicillin, Ampicillin, Cefazolin, Carbapeneme, additive bis synergistische Effekte [5]. Rifampicin findet vorwiegend im Bereich der tuberkulösen Spondylodizitis in Kombination mit Isoniazid und Pyrazinamiden Anwendung. Zusätzlich wird Rifampicin in der Kombinationstherapie von Staphylococcusus aureus(inklusive MRSA)-Infektionen eingesetzt.

Therapiedauer

Die Dauer der Antibiotikatherapie der Spondylodiszitis ist in der Literatur nicht einheitlich beschrieben. In einer Untersuchung von Hopkinson et al. [11] fanden sich bei einer Behandlung von 22 Patienten im gleichen Klinikum 14 verschiedene Antibiotikakombinationen mit einer Therapiedauer zwischen 2 Tagen und 6 Monaten. Andererseits zeigte eine unkontrollierte Studie markante Unterschiede in den Rezidivraten bei einer Behandlung für 4 Wochen (> 14%), für 6 (10%), für 8 (> 15%) und für 12 Wochen (3,9% [7]). Mittlerweile wird eine parenterale Antibiotikatherapie aufgrund der meist besseren Bioverfügbarkeit für 2–4 Wochen empfohlen [24] und eine Umstellung auf eine orale Therapie abhängig von einer deutlichen Reduktion des CRP-Werts (C-reaktives Protein; 50% Reduktion bzw. Normwert), dem klinischen Erscheinungsbild und ggf. einer durchgeführten Rebiopsie individuell angepasst [9]. Die Fortführung der oralen Antibiotikatherapie wird für 6–12 Wochen empfohlen [24].

Therapiedauer der Spondylodiszitis: 2–4 Wochen intravenös, anschließend 6–12 Wochen peroral

Während der Antibiotikatherapie kann es häufig zur Veränderung der normalen Darmflora und gelegentlich zur Selektion von Clostridium difficile im Darm kommen. Bei toxinpositiven Stämmen kann sich in der Folge eine antibiotikainduzierte Enterokolitis mit profusen wässrigen, bei schweren Verläufen auch blutigen Durchfällen bis hin zum toxischen Megakolon und zur Sepsis ausbilden. Metronidazol oral oder parenteral in einer Dosierung von 4-mal 250 mg p. o. oder 3-mal 500 mg i.v. bzw. Vancomycin oral in einer Dosis von 4-mal 125–500 mg erwiesen sich bei einer Therapiedauer von 10 Tagen als wirksam. Eine parallel zur Antibiotikatherapie durchgeführte Prophylaxe mit Probiotika verringert das relative Risiko für das Auftreten von Durchfällen um 50–70%. Kein nachweisbarer Effekt wird in einer Auswertung hingegen für die gezielte Verhinderung von Clostridium-difficile-induzierten Durchfällen gesehen [4].

Operativ

Eine Vielzahl der Patienten mit Spondylodiszitis kann erfolgreich konservativ behandelt werden. Hierzu zählen Patienten, die keine größeren ossären Destruktionen und Deformitäten aufweisen und bei denen keine neurologischen Ausfälle vorliegen. Indikationen zu einer operativen Therapie der Spondylodiszitis werden jedoch aufgrund der nachfolgend genannten Vorteile immer häufiger gestellt. Absolute Operationsindikationen stellen neurologische Defizite, ein septisches Krankheitsbild, Makroinstabilitäten mit Kyphose, epidurale Abszesse und paravertebrale Abszessformationen dar. Relativ sind die Indikationen bei Persistenz der Infektion trotz Antibiotikatherapie und bei Versagen der konservativen Therapie mit chronischen Schmerzen zu stellen.

Vorteile der operativen Versorgung sind das lokale, radikale Débridement, die effizientere Ruhigstellung durch die operative Instrumentation, eine mögliche Korrektur einer eingetretenen Achsfehlstellung sowie die bessere Möglichkeit der Applikation einer hohen lokalen Antibiotikadosis in Kombination mit lokaler Knochensubstanz. Zusätzlich kann intraoperativ Gewebe entnommen werden, um einen suffizienteren Keimnachweis führen zu können.

Vorteile im Vergleich zum konservativen Vorgehen

Operativ versorgte Patienten weisen im Vergleich zu einer konservativ behandelten Vergleichsgruppe eine etwas bessere Lebensqualität und eine signifikant bessere Patientenzufriedenheit auf [33]. In weiteren Studien zeigte sich, dass operativ versorgte Patienten ebenfalls eine geringere Schmerzsymptomatik sowie eine höhere Rate an knöchernen Fusionen der spondylodiszitischen Region aufweisen und geringere Rezidivraten haben. Zusätzlich haben sie eine deutlich geringere Immobilisations- und Hospitalisationsphase [13]. Patienten, die eine dorsale und ventrale operative Versorgung erhielten, profitierten von einem einzeitigen Vorgehen durch eine frühere Mobilisierung und einen kürzeren Krankenhausaufenthalt [17].

Wie bei der konservativen Therapie gibt es auch im Bereich der operativen Versorgung keine einheitliche Therapieleitlinie. Eine Hilfe zur Entscheidungsfindung der operativen Therapie wird von Akbar et al. in diesem Heft vorgestellt (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Entscheidungsfindungsalgorithmus zum diagnostischen und therapeutischen Vorgehensweise bei der Spondylodiszitis [1]. KM Kontrastmittel, PLIF posteriore lumbale intervertebrale Fusion, TLIF transforaminelle interkorporelle lumbale Fusion, CRP C-reaktives Protein, BSG Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit

Die Erfahrung zeigt, dass Spondylodiszitiden bedingt durch gramnegative Keime eine schlechtere Ausheilung aufweisen als solche, die von grampositiven Keimen hervorgerufen werden. Eine Erklärung hierfür könnten enzymatische Vorgängen sein, die insbesondere mit der Autolyse des Knorpels (Lamina cribrosa) in Verbindung stehen, welche v. a. durch Staphylokokken ausgelöst werden.

Instrumentationen

An Instrumentationen stehen bei chronischem Infekt und ausreichender Restwirbelkörpersubstanz eine intrafokale und im Stadium der eitrig-floriden Spondylodiszitis eine extrafokale zur Verfügung. Anders als in der Extremitätenchirurgie konnte an der Wirbelsäule gezeigt werden, dass Pedikelschrauben auch bei intraläsionaler Lage keine Tendenz zeigen, den Infekt zu unterhalten [23].

Es sollte jedoch darauf geachtet werden, dass Titanmaterial verwendet wird und das Débridement ausreichend ist. Persistenz von nektrotischem Gewebe kann die Keimeradikation gefährden.

Die Art der Infektherdsanierung ist abhängig von dem nach ausreichendem Débridement entstandenen Defekt. Zum einen bieten sich ossäre ventrale Abstützungen wie Beckenkammspan- oder Fibulaspanimplantate an, andererseits kommen zur ventralen Rekonstruktion Instrumentationen zur Anwendung, die z. T. distrahierbar und z. T. in ihrer Größe fixiert sind. Vorteil der alleinigen knöchernen Überbrückung des Defekts ist der Verzicht auf Fremdmaterial, sodass eine bessere postoperative radiologische Verlaufskontrolle ermöglicht wird. Nachteilig sind die Entnahmemorbidität, der in Studien nachgewiesene Korrekturverlust und erhöhte Pseudarthroseraten [1]. Entsprechend hat sich das operative Regime zu einer Interposition gewandelt. Üblicherweise werden als Interpositionen Titanimplantate verwendet. Ruf et al. [21] demonstrierten im Rahmen einer retrospektiven Studie, dass in Kombination mit einem radikalen Débridement bei Anwendung eines Titan-mesh-Cages eine stabile Versorgung der ventralen Säule mit Wiederherstellung des sagittalen Profils ohne eine Erhöhung der Infektrezidiv- oder -persistenzrate vorgenommen werden konnte. In letzter Zeit zeigten jedoch Untersuchungen, insbesondere im Bereich der Halswirbelsäule, dass auch PEEK-Implantate bei Infektsituationen zu einer erfolgreichen Ausheilung führten [19].

Als Interpositionen werden überwiegend Titanimplantate verwendet

Im Bereich der Endoprothetik liegen umfangreiche Erfahrungen mit Infektsituationen und einliegenden Implantaten vor. Staphylokken sind im Rahmen der Endoprothetik als häufigste Infektionserreger zu nennen. Unter entsprechendem Antibiotikaselektionsdruck, insbesondere mit Aminoglykosiden (z. B. Gentamicin) und Folsäureantagonisten (z. B. Cotrimoxazol), können so genannte „small colony variants“ induziert werden, die durch ihre verbesserte intrazelluläre Persistenz sich einer Antibiotikatherapie leichter entziehen und somit den Infektionsprozess unterhalten können. Vor diesem Hintergrund ist die kombinierte hochdosierte lokale Gentamicinanwendung mit einem metallischen Implantat kritisch zu sehen bzw. bei Infektpersistenz an „small colony variants“ (SCVs) als mögliche Ursache zu denken.

Lokale Antibiotikatherapie

Ein wesentlicher Faktor für die Erlangung einer dauerhaften Stabilität und der damit verbundenen Ausheilung des Infekts ist eine knöcherne Fusion. In operativ mit Implantaten versorgten Fällen ist somit eine Anlagerung von Knochen oder Knochenersatzmaterial wichtig. Verbunden mit dem Wunsch einer Applizierung einer möglichst hohen lokalen Antibiotikakonzentration bestehen mehrere Verfahrensmöglichkeiten.

Seit 1974 ist eine lokale Antibiotikatherapie möglich. Die Vorteile bestehen in einer bis zu 1000-fach höheren Konzentration im Infektbereich im Vergleich zu einer parenteralen Gabe und einer niedrigeren systemischen Konzentration mit Reduktion der unerwünschten Nebenwirkungen. Als Trägersubstanzen dienen Polymethylmethacrylat (PMMA) als Kette oder solide Masse (Septopal®), Kollagenvlies (Sulmycin®), demineralisierte Knochenmatrix (Targobone®), Kalziumsulfat (Osteoset®) sowie eine Kombination aus nanopartikulärem Hydroxyalapatit und Kalziumsulfat (Perossal®).

Trägermaterialien

PMMA galt lange als Standard der lokalen trägergebundenen Antibiotikatherapie. Die hohe anfängliche Elution des Antibiotikums wird durch eine niedrigere Abgabe über einen Zeitraum von über 80 Tagen ergänzt. Diese Reduktion der lokalen Antibiotikakonzentration wird nach 2 Wochen u. a. durch die Bildung einer Bindegewebemembran, die eine Diffusionsbarriere darstellt, verursacht. Nachteile der PMMA-Kette sind die fehlende Resorbierbarkeit und somit in den meisten Fällen ein Zweiteingriff zur Entfernung der eingebrachten Ketten, das fehlende osteoinduktive oder -konduktive Potenzial, die unvollständige Freisetzung der Antibiotika sowie eine Limitierung der Antibiotika auf hitzestabile Substanzen [12].

Erfolgreich werden die PMMA-Ketten im Bereich der dorsalen Wirbelsäule bei postoperativen Infekten des Weichgewebes angewendet. Hierbei bieten sich sowohl die vollständige Deckung der applizierten Ketten im Weichteilmantel mit zweizeitiger Wundrevision und Entfernung als auch eine primäre Ausleitung mit schrittweise Entfernung und Kürzung an.

Die Verwendung von Kollagenvlies, welches meistens Gentamicinsulfat enthält, hat den Nachteil, dass es nicht mit anderen Antibiotika und somit antibiogrammgerecht beladen werden kann. Zusätzlich zeigt das Kollagenvlies in den ersten 4 Tagen eine geringere Freisetzungsrate gegenüber den getränkten Hydroxylapatitträgern. Bei Vliesen, die nur mit Gentamicinsulfat imprägniert waren, wurden 90% des Gentamicinsulfats innerhalb von 48 h herausgelöst. Durch die Kombination der 2 Gentamicinsalze Gentamicinsulfat und Gentamicincrobefat (Septocoll®) konnte die Antibiotikafreisetzung prolongiert werden. Aus Vliesen, die zusätzlich mit Gentamicincrobefat imprägniert waren, wurde eine Gentamicinfreisetzung von über 10 Tagen nachgewiesen. Als Nebeneffekt der Anwendung von Kollagenvliesprodukten zeigt sich eine vermehrte Serombildung. Aufgrund der Resorbierbarkeit ist keine zusätzliche operative Entfernung erforderlich.

Hydroxylapatit und Kalziumsulfat

Die Kombination aus Hydroxylapatit und Kalziumsulfat ist in Form von Pellets im Handel verfügbar (Perossal®). Als Knochenersatzmaterial kann Perossal® alleine oder in Kombination mit Spongiosa verwendet werden und dient als lokaler Antibiotikaträger, da es mit verschiedenen Antibiotika beladen werden kann und so, im Gegensatz zur fixen Antibiotikumträgerkombination, eine gezielte Therapie ermöglicht, die auch multiresistente Erreger erfasst. Durch seine osteokonduktive Eigenschaft führt das Material in vitalem Knochengewebe durch Resorption und neugebildetes trabekuläres Knochengewebe zu einer knöchernen Fusion. Für die Implantation in Weichgewebe ist Perossal® nicht geeignet. Durch eine kapillare Saugwirkung nimmt es definierte Flüssigkeitsmengen und die in Flüssigkeit gelösten Wirkstoffe wie z. B. Antibiotika auf und gibt sie über einen Zeitraum von mehr als 10 Tagen an das umgebende Gewebe ab. Freisetzungsuntersuchungen wurden für die handelsüblichen Antibiotikalösungen Gentamicin, Tobramycin, Vancomycin und Rifampicin durchgeführt.

Im Rahmen von über 165 Publikationen konnte die Anwendung von Kalziumsulfat dargestellt werden. Die Vorteile dieser Trägersubstanz sind die fehlende Toxizität, die schnelle Resorption, eine gute Osteokonduktivität sowie die fehlende Fremdkörperreaktion.

Unter anderem berichteten von Stechow u. Rauschmann [27] in einer Untersuchung operativ versorgter Spondylodiszitispatienten, dass keine postoperativen Osteolysen entstehen, eine knöcherne Fusion nach 3–6 Monaten nachweisbar war und eine vollständige Infektausheilung nach einem Jahr vorlag.

Somit ist ein operatives Verfahren zur Behandlung der Spondylodiszitis die Impaktierung eines Gemischs zu gleichen Anteilen aus spongiösem autologem oder homologem Knochen und einer antibiotikabeladenen Kombination aus Hydroxylapatit und Kalziumsulfat (Perossal®). Da Gentamicin den häufigsten Erreger der Spondylodiszitis, Spaphylococcus aureus, in seinem breiten Wirkungsspektrum einschließt, ist diese lokale trägergebundene Antibiotikatherapie, wenn kein Erregernachweis vorliegt, zu empfehlen (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Zubereitung und Beladung der Pellets [27]. (Quelle: aap Biomaterials GmbH, Lagerstraße 11-15, 64807 Dieburg, Germany)

Bei β-Laktam- bzw. multiresistenten Staphylokokken und Enterokokken wird Vancomycin eingesetzt. Eine Rifampicinapplikation empfiehlt sich bei tuberkulösen Spondylodiszitiden. Aufgrund der gleichsam guten Wirksamkeit gegenüber Staphylokokken kann es in Kombination mit Gentamicin oder Vancomycin eingesetzt werden.

Um die guten klinischen Erfahrungen auch wissenschaftlich zu belegen, wird aktuell eine Studie in unserem Haus durchgeführt. Hierbei werden Patienten mit einer Spondylodiszitis prospektiv, randomisiert 2 Gruppen zugeteilt und bei bestehender Indikation einer operativen Therapie mit dorsaler Instrumentation und ventralem Débridement zugeführt. Der Defekt wird hälftig mit autologer oder homologer Spongiosa und antibiotikagetränkten Perossal®-Pellets aufgefüllt (Abb. 3). Nach einer intravenösen antibiogrammgerechten Antibiotikatherapie für 10 Tage erhält eine Gruppe im Anschluss eine 14-tägige orale Therapiefortsetzung, die 2. Gruppe wird für weitere 12 Wochen oral antibiotisch abgedeckt. Der Nachuntersuchungszeitraum beträgt ein Jahr. Ziel dieser Untersuchung ist es einerseits nachzuweisen, dass dieses Therapieregime eine erfolgreiche Ausheilung des erkrankten Wirbelsäulensegments erzielen kann (Abb. 4). Andererseits ist zu erwarten, dass aufgrund der hohen lokalen Antibiotikadosis in Kombination mit einem ausgedehnten Infektdébridement eine Verkürzung der üblichen systemischen Therapiedauer erreicht werden kann.

Abb. 3
figure 3

Intraoperativer Situs, Thorakotomie, Zwerchfellsplitting mit Perossal®-Pellets

Abb. 4
figure 4

Therapieverlauf mit Infektausheilung und knöcherner Fusion

Eine weitere Möglichkeit besteht in der Einbringung antibiotikagetränkter Spongiosaanteile. Hier ist der Vorteil einer möglichen höheren Fusionsrate zu sehen.

Winkler et al. [31] berichteten 1997 über die Möglichkeit der homologen Spongiosatransplantation angereichert mit Vancomycin. Zu diesem Zweck wurde humane Spongiosa aufbereitet, sterilisiert und in einer konzentrierten Vancomycinstammlösung inkubiert. Mit dem Knochentransplantat konnte eine kontinuierliche Abgabe therapeutisch wirksamer Dosen über einen mehrwöchigen Zeitraum erreicht werden. Die Infektsanierung wie auch die Rekonstruktion von Knochendefekten erfolgten durch einen einzigen operativen Eingriff.

Fazit

Eine evidenzbasierte Empfehlung für eine standardisierte Antibiotikatherapie der Spondylodiszitis ist nicht publiziert. Entscheidend bei einer konservativen Therapie sind der Erregernachweis und eine darauf basierende gezielte Antibiotikatherapie. Die antibiotische Therapie sollte zunächst 2–4 Wochen intravenös verabreicht werden. Anschließend ist eine Umstellung auf eine orale Gabe möglich. Der Zeitpunkt der Umstellung ist abhängig vom klinischen Zustand des Patienten. Sollte der CRP-Wert um die Hälfte gesunken sein und der Patient keinen Schmerz aufgrund einer Instabilität oder ein neurologisches Defizit haben, ist eine Änderung der Applikationsart von intravenös auf oral angemessen. Es wird empfohlen, die orale Antibiotikatherapie für 6–12 Wochen durchzuführen. Für die kalkulierte Therapie der Spondylodiszitis ist die Kombination aus Ciprofloxacin plus Clindamycin oder alternativ die Kombination aus Cefotaxim plus Flucloxacillin zu empfehlen.

Operativ ist eine Infektsanierung durch ein ausgedehntes Débridement mit Stabilisierung und Auffüllung des entstandenen Defekts anzustreben. Unter der Überlegung der Applikation einer möglichst hohen lokalen Antibiotikadosis ist die Impaktierung eines Gemischs aus spongiösem autologem oder homologem Knochen und einer antibiotikabeladenen Kombination aus Hydroxylapatit und Kalziumsulfat empfehlenswert. Bei vorliegendem Erregernachweis erfolgt die Antibiotikatherapie gezielt nach Antibiogramm; gelingt der Erregernachweis nicht, erfolgt die Antibiotikatherapie empirisch. Das beschriebene operative Vorgehen, welches fallbezogen rein von dorsal oder bei ventralen Abszessformationen auch durch einen Zweiteingriff von ventral durchgeführt werden kann, wendet man bei ausreichender knöcherner Restsubstanz der benachbarten Wirbelkörper an.

Es ist zu vermuten, dass durch die hohe lokale Antibiotikaapplikation, die heutzutage gängige systemische Langzeitantibiotikatherapie deutlich verkürzt werden kann. Aktuell werden hierzu Untersuchungen im Rahmen einer randomisierten, prospektiven Studie durchgeführt.

Aufgrund des Fehlens eines einheitlichen Therapiekonzepts in Bezug auf die Art und Dauer der antibiotischen Therapie sowie der Standardisierung eines differenzierten operativen Behandlungskonzepts, sind weitere Studien wünschenswert.