Trotz neuer Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung und Fortschritten in der intensivmedizinischen Therapie des Schädel-Hirn-Traumas (SHT) in den letzten Jahren bleibt die Sterblichkeit der vorwiegend jungen Patienten mit schwerem SHT seit Jahrzehnten unverändert hoch [27, 51, 53, 63, 97]. Die überlebenden SHT-Patienten weisen zu einem großen Teil neurokognitive Defekte sowie psychiatrische Veränderungen mit emotionalen und psychosozialen Alterationen auf [33, 54, 80]. In den USA übertrifft das SHT mit 56.000 Todesfällen und 1,8 Mio. neuen Fällen pro Jahr die Inzidenz anderer neurologischer Erkrankungen wie den zerebrovaskulären Insulten oder der multiplen Sklerose um ein Vielfaches [12, 16, 55].

In Deutschland werden jährlich ca. 300.000 Patienten wegen eines SHT stationär behandelt [11, 24]. Die Sterblichkeit ist hierbei mit 35–50% bei Patienten mit schwerem SHT hoch und beruht vorwiegend auf sog. „sekundären Hirnschäden“ [6, 18, 45, 53, 63, 78]. Diese Sekundärschäden sind durch eine massive intrakranielle Entzündungsreaktion charakterisiert, die über das initiale Trauma getriggert wird und zur verzögerten Entwicklung des posttraumatischen Hirnödems führt (Abb. 1), [6, 25, 27, 75, 85, 104]. Das Hirnödem ist letztendlich verantwortlich für die schlechte Prognose der Patienten mit schwerem SHT, bedingt durch intrakranielle Druckanstiege assoziiert mit einer Reduktion der zerebralen Perfusion. Dies führt ultimativ zu einer sekundären zerebralen Ischämie und zum verzögerten neuronalen Zelltod [25, 27, 50, 72, 84, 97, 104].

Abb. 1
figure 1

Posttraumatisches Hirnödem: Beispiel eines 20-jährigen Patienten mit geschlossenem SHT, Subduralhämatom, okzipitaler Kontusionsblutung und ausgeprägtem Hemisphärenödem mit Mittellinienverlagerung und Kompression des lateralen Ventrikels (a, b). Trotz einer entlastenden Kraniektomie zeigt sich ein Fortschreiten des Hemisphärenödems mit Nachblutung der intrazerebralen Kontusionen 48 h nach Trauma (c, d)

Bis zu 90% aller SHT-Patienten weisen extrakranielle Begleitverletzungen auf, die in der Hälfte der Fälle einer operativen Intervention bedürfen [31, 32, 47]. Eine unsachgemäße Frakturbehandlung, die von Seiten des Zeitpunkts und Konzepts der operativen Versorgung den pathophysiologischen neuroinflammatorischen Abläufen des SHT nicht Rechnung trägt, kann zu einem iatrogenen Sekundärinsult (sog. „2nd hit“) des verletzten Gehirns führen (Abb. 2), [9, 15, 18, 32, 45, 47, 92]. Diese „2nd hits“ wirken sich in ihrer kumulativen Wirkung mit der traumainduzierten intrakraniellen Entzündungsreaktion schlussendlich limitierend auf die Prognose nach einem schweren SHT aus [6, 14, 18, 32, 47, 75, 92].

Abb. 2
figure 2

Pathophysiologie des SHT. Mechanismen der primären und sekundären Hirnschäden und Gefahr der Exazerbation des Sekundärschadens durch einen iatrogenen „2nd hit“ [SAB Subarachnoidalblutung, EDH Epiduralhämatom, SDH Subduralhämatom, DAI „diffuse axonal injury“, ICP intrakranieller Druck („intracranial pressure“), CPP zerebraler Perfusionsdruck („cerebral perfusion pressure“)]

Aus diesem Grund kann ein optimales Management mehrfachverletzter Patienten mit SHT nur erreicht werden, wenn der behandelnde Chirurg mit der Pathophysiologie dieser lebensbedrohlichen Organverletzung und den daraus resultierenden Versorgungsstrategien optimal vertraut ist [32, 45, 65].

Immunologische Pathophysiologie des Schädel-Hirn-Traumas

Die primäre Hirnverletzung resultiert aus den mechanischen Kräften auf Schädel und Gehirn zum Zeitpunkt des traumatischen Impacts und führt zu fokalen und diffusen Verletzungsformen, wobei die axonalen Scherverletzungen (sog. „diffuse axonal injury“) prognostisch besonders ungünstig sind (s. Abb. 2), [25, 55]. Im Gegensatz dazu entstehen sekundäre Hirnschäden erst im weiteren Verlauf und stellen die Folge komplexer pathophysiologischer Prozesse nach SHT dar, die in einer Störung der Blut-Hirn-Schranke mit Induktion des posttraumatischen Hirnödems und eines pathologisch gesteigerten intrakraniellen Druckes resultieren [18, 27, 50, 75, 97, 104].

Hinweise für Sekundärschäden fanden sich autoptisch in 70–90% aller verstorbenen SHT-Patienten [45, 65]. Solche Sekundärinsulte werden größtenteils als Folge einer überschießenden Entzündungsreaktion im intrakraniellen Kompartment vermittelt (Abb. 3), [67, 84, 85].

Abb. 3
figure 3

Periphere und intrakranielle Entzündungsreaktion. Studien in den letzten Jahren konnten den Nachweis erbringen, dass ortsständige Zellen im Gehirn (Neuronen, Astrozyten und Mikroglia) die gesamte „periphere“ Entzündungskaskade im intrakraniellen Kompartiment synthetisieren und aktivieren können, selbst in Absenz der Immunzellen des peripheren Immunsystems, wie T-Lymphozyten, Monozyten/Makrophagen und antigenpräsentierenden dendritischen Zellen (a). Diese autonome intrakranielle Entzündungsreaktion (b) ist einerseits charakterisiert durch die posttraumatische lokale Synthese proinflammatorischer Zytokine wie TNF, IL-1β, IL-6, IL-8 in Mikroglia. Diese Zytokine induzieren ihrerseits die Produktion zentraler Komplement-Komponenten wie C3 oder C5 durch Astrozyten. Die traumavermittelte Komplementaktivierung im verletzten Gehirn führt zur Generation der potenten inflammatorischen Anaphylatoxine C3a und C5a. Diese kleinen proteolytischen Fragmente haben pleitrope Funktionen im Sinne eines „dualen“ Effekts nach SHT. Während das Anaphylatoxin C5a die neuronale Apoptose vermittelt und chemotaktisch auf Astrozyten und Mikroglia wirkt, induziert C3a auch neuroreparative Funktionen, z. B. durch Induktion des Neurotrophins NGF in Mikroglia. Proinflammatorische Zytokine wie IL-6 oder IL-8 können ebenso die Produktion von NGF durch Astrozyten vermitteln. Somit trägt die neuroinflammatorische Reaktion nach SHT einerseits wesentlich zur Entwicklung des posttraumatischen Hirnödems und des sekundären neuronalen Zelltodes bei, andererseits unterstützt sie auch neurophysiologische reparative Vorgänge durch Induktion von Neurotrophinen (C3aR, C5aR Rezeptoren für die Komplement-Anaphylatoxine C3a, C5a; GM-CSF „granulocyte macrophage colony stimulating factor“; IL Interleukin; MHC II „major histocompatibility complex“ Klasse II; MCP-1 „monocyte chemoattractant protein-1“; NGF „nerve growth factor“; TCR T-Zell-Rezeptor; TNF Tumornekrosefaktor)

Die neuroinflammatorische Reaktion basiert darauf, dass sich im Laufe der Phylogenese sehr komplexe körpereigene Abwehrmechanismen entwickelt haben mit dem biologischen Ziel, Schadenszonen abzugrenzen, nekrotisches Gewebe abzubauen und eine Regeneration oder Reparation der entstandenen Defekte zu vermitteln [19, 92]. Diese Abwehrmechanismen sind charakterisiert durch zentral gesteuerte neuroendokrine Reaktionen, durch metabolische Veränderungen und durch eine systemische Entzündungsreaktion mittels Aktivierung des unspezifischen, angeborenen Immunsystems [5, 19, 25, 26, 94].

Die Summe der Traumareaktionen, zu denen auch die „neuroendokrine Antwort“ gehört, fasst man heute unter dem Begriff der „host defense response“ zusammen [42, 92, 103]. Während diese Antwort prinzipiell als reversible, physiologische Abwehrreaktion zu betrachten ist, kann die Überforderung der körpereigenen Defensivsysteme durch die direkten und indirekten Traumafolgen oder durch eine unsachgemäße Primärversorgung zur irreversiblen, pathologischen „host defense failure disease“ mit potentiell letalem Ausgang führen [42, 84, 92, 103].

Die herkömmliche Hypothese eines „immunprivilegierten“ zentralen Nervensystems (ZNS) durch die strikte Abschottung von peripher zirkulierenden Immunzellen über die Blut-Hirn-Schranke wurde in den letzten Jahren überzeugend widerlegt [2, 5, 19, 26, 38, 58, 66]. Es gilt heute als erwiesen, dass Gliazellen und Neuronen im ZNS aktive immunkompetente Zellen darstellen und die gesamte Kaskade der Mediatoren des angeborenen Immunsystems synthetisieren und deren Rezeptoren exprimieren [2, 5, 26, 38, 66], (s. Abb. 3).

Zu den entscheidenden endogenen Mediatoren der neuroinflammatorischen Reaktion nach SHT zählen sauerstoff- und stickstoffvermittelte Radikale, Zytokine, Chemokine und Komplement-Anaphylatoxine [22, 79, 85, 86, 90, 94, 102]. Diese wirken entweder direkt toxisch auf das bereits verletzte Gehirn oder führen indirekt über eine intrakranielle Rekrutierung peripherer Immunzellen über die kompromittierte Blut-Hirn-Schranke zur lokalen Freisetzung toxischer Enzyme und Metabolite [79, 85, 86, 90, 94, 102]. Die eingewanderten Immunzellen führen dadurch zu einer Aufrechterhaltung und weiteren Exazerbation der lokalen Entzündungsreaktion im Gehirn [28, 58, 84].

Unabhängig vom Vorliegen eines SHT beeinflusst jedes schwere „periphere“ Trauma die Integrität der Blut-Hirn-Schranke durch die traumabedingte systemische Entzündungsreaktion [84, 92]. Dies führt zu einer bidirektionalen Kommunikation zwischen Mediatoren des systemischen und des intrakraniellen Immunsystems. Hierbei induzieren intrathekal synthetisierte Entzündungsmediatoren [z. B. Interleukin (IL)-6], die über die gestörte Blut-Hirn-Schranke in den Kreislauf freigesetzt werden, systemische Immunantworten wie die hepatische Akutphasereaktion [23, 44, 57]. Umgekehrt beeinflussen Mediatoren und Spaltprodukte der systemischen Immunantwort nach überschreiten der Blut-Hirn-Schranke die intrazerebrale Homöostase.

Potente chemotaktische Faktoren wie das Chemokin IL-8 oder das Komplement-Anaphylatoxin C5a verursachen eine Verstärkung der neuroinflammatorischen Antwort, z. B. durch Rekrutierung und Aktivierung von Leukozyten im ZNS [5, 26, 66, 73]. Die Aktivierung des leukozytären Systems erfolgt stufenweise über Chemotaxis und Aktivierung von neutrophilen Granulozyten in der frühen Phase (innerhalb der ersten 24 h nach Trauma) und von Monozyten und gewebeständigen Makrophagen in der späteren Phase (>24 h nach Trauma), [37, 86, 94].

Das potente inflammatorische Anaphylatoxin C5a induziert den „oxidative burst“ der neutrophilen Granulozyten mit Freisetzung von Sauerstoffradikalen und Proteasen [20, 66]. Die Sauerstoffradikale brechen durch Lipidperoxidation die biologischen Membranen auf und führen dadurch zu einer erhöhten Membrandurchlässigkeit [74]. Gleichzeitig vermitteln die durch Mastzellen freigesetzten vasoaktiven Mediatoren (z. B. Histamin) und die Anaphylatoxine C3a und C5a eine erhöhte Membranpermeabilität [20]. Dies resultiert in einem sog. „capillary leak“ mit Verstärkung der vaskulären Komponenten des posttraumatischen Hirnödems [86, 94, 107].

Die erhöhte Membranpermeabilität erleichtert wiederum die lokale Invasion von neutrophilen Granulozyten und weiterer immunkompetenter Zellen des leukozytären Systems [37]. Durch die Freisetzung von sog. Chemotaxinen (C5a, IL-8) und die Expression von endothelialen Adhäsionsmolekülen wird die leukozytäre Migration in das verletzte Gehirn verstärkt [73, 94]. Die Anaphylatoxine C3a und C5a induzieren die hepatische Akutphasereaktion durch Geninduktion wichtiger inflammatorischer Transkriptionsfaktoren und proinflammatorischer Mediatoren [20, 35]. Dies führt zu einer Aufrechterhaltung und Exazerbation der systemischen und intrakraniellen Entzündungsreaktion, zumal Mediatoren wie IL-6 wiederum potente Induktoren der hepatischen Akutphaseantwort darstellen [23, 44].

Die traumainduzierte Entzündungsreaktion im Gehirn induziert jedoch nicht nur negative Effekte, sondern ist u. a. auch darauf ausgerichtet, neuroreparative und neuroregenerative Mechanismen nach SHT zu aktivieren [48, 59, 91]. Inflammatorische Zytokine wie IL-6, IL-8 oder Tumornekrosefaktor (TNF) sowie das Komplement-Anaphylatoxin C3a vermitteln auch reparative Vorgänge im verletzten ZNS durch Induktion von Neurotrophinen wie „nerve growth factor“ (NGF) in Gliazellen und Neuronen (s. Abb. 3), [59, 91, 105].

Die immunologische Forschung auf dem Gebiet des SHT hat in den letzten Jahren den Nachweis erbracht, dass viele der ursprünglich als schädlich bezeichnete proinflammatorische Zytokine, wie TNF und IL-6, in Abhängigkeit von Konzentration, Kinetik und immunologischer Interaktion auch „antiinflammatorische“ Effekte ausüben können, weshalb neuerdings ein „dualer Effekt“ dieser Mediatoren propagiert wird [48, 59, 85, 91].

Die klinische Bedeutung dieses „dualen“ (je nach Kinetik und Ausmaß der Neuroinflammation schädlichen oder protektiven) Effekts beim SHT wurde durch die kürzlich erschienene Publikation der Ergebnisse der „CRASH-Studie“ („corticosteroid randomization after significant head injury“) dramatisch verdeutlicht [77]. So musste die bis anhin umfangreichste multizentrische prospektiv randomisierte Doppelblindstudie an 10.008 SHT-Patienten (geplant n=20.000), die den Effekt von hochdosiertem Methylprednisolon vs. Placebo auf Outcome und Sterblichkeit nach SHT untersucht hat, durch die unerwarteten nachteiligen Ergebnisse vorzeitig abgebrochen werden [77]. Die Autoren erbrachten hierbei den überraschenden Nachweis, dass die mit Methylprednisolon behandelte „Verumkohorte“ (n=5007) gegenüber der Placebogruppe (n=5001) eine signifikant erhöhte Sterblichkeit innerhalb der ersten 14 Tage nach SHT aufwies (21,1% vs. 17,9%, p<0,001), [77]. Diese Daten stehen im krassen Gegensatz zu Erkenntnissen aus mannigfachen experimentellen und klinischen Studien aus den 1970er bis 1990er Jahren, die einen neuroprotektiven Effekt der posttraumatischen Administration von Kortikosteroiden postuliert haben.

Die aktuellen negativen Erkenntnisse haben die Kommentatoren des Lancet-Artikels zur provokativen These bewogen, dass die unkritische und routinemäßige Behandlung von SHT-Patienten mit Steroiden in den letzten 20–30 Jahren insgesamt >10.000 Todesopfer verschuldet hat [81]. Bei dieser schwerwiegenden Diktion auf Basis der Interpretation der CRASH-Daten im Lancet Editorial [81] ist in Anbetracht der nachgewiesenen Schwächen im Studiendesign jedoch Vorsicht geboten, insbesondere bezüglich einer unkritischen Verwendung der CRASH-Daten als argumentative Grundlage in der Diskussion um Schaden und Nutzen von Steroiden bei ZNS-Verletzungen [61].

Da die Mechanismen der Entwicklung von zerebralen Sekundärschäden nach SHT sehr komplex und multifaktoriell sind, und da der posttraumatischen Neuroinflammation neben den schädlichen Eigenschaften neuerdings auch eine wichtige protektive Funktion zugeschrieben wird, stehen bis zum heutigen Tag keine gezielten pharmakologischen Strategien zur Behandlung des SHT zur Verfügung [13, 18, 64]. Die gängigen therapeutischen Ansätze bleiben bis heute weitgehend symptomatisch und sind darauf abgezielt, den pathologisch erhöhten Hirndruck zu senken und dadurch die zerebrale Perfusion zu verbessern [13, 18, 64, 76, 79, 97, 98].

Für die Frakturversorgung von SHT-Patienten ist es daher von entscheidender Bedeutung, die Mechanismen und den zeitlichen Ablauf der neuroinflammatorischen Kaskade und ihre pathophysiologischen Implikationen zu respektieren. Die Wahl eines optimalen zeitlichen Versorgungsfensters und einer optimalen Modalität der Fraktur-Behandlung müssen den Anforderungen der SHT-Therapie angepasst bzw. untergeordnet werden, um einen iatrogenen — möglicherweise fatalen — „2nd hit“ zu verhindern.

Beurteilung des Schweregrades der Schädel-Hirn-Verletzung

Die Beurteilung des Schweregrades der traumatischen Hirnverletzung muss erstmals am Unfallort erfolgen und anschließend kontinuierlich weitergeführt werden, um eine mögliche neurologische Verschlechterung im Verlauf zu erfassen. Hierbei wird ein kursorischer zentraler Neurostatus durchgeführt durch Erheben des „Glasgow Coma Scale-“ (GCS-)Scores zur Erfassung der Vigilanz (Tabelle 1) und Untersuchung der Pupillen auf Symmetrie und Lichtreaktion.

Tabelle 1 GCS zur Objektivierung der Bewusstseinslage von SHT-Patienten [99]. Der Score berechnet sich aus der Summe der besten Antwort der 3 erfassten Parameter (3–15 Punkte). Der Schweregrad des SHT wird klassifiziert in mild (GCS=14–15), mittelschwer (GCS=9–13) und schwer (GCS=3–8). SHT-Patienten mit GCS≤8 sind per definitionem als komatös zu beurteilen. Der initiale Score als zuverlässiger Ausgangsparameter mit prädiktivem Wert für das Outcome nach SHT ist nur valide, wenn die Erfassung der einzelnen Parameter nach Sicherung der Vitalfunktionen erfolgt, um falsch-negative Werte zu vermeiden [23, 39, 88, 96, 100, 106]

Die Klassifikation des Schweregrades eines SHT erfolgt anhand des GCS in mild (14–15 Punkte), mittelschwer (9–13 Punkte), und schwer (3–8 Punkte), [3, 23, 45] und CT-morphologisch mit dem „Marshall-Score“ (Tabelle 2), [17, 52]. Die Einteilung mittels GCS ist insofern von hoher klinischer Relevanz, als dass ausgedehnte prospektive Studien eine signifikante Korrelation zwischen dem initial erhobenen Score und dem Outcome der SHT-Patienten nachweisen konnten [7, 23, 39, 83, 95, 99, 106]. Entscheidend für eine adäquate Erfassung des GCS ist einerseits das Erheben der besten motorischen Antwort nach Sicherung der Vitalfunktionen und andererseits die Dokumentation der Umstände, die ggf. zu einer Reduktion der Summe des Gesamtscores führen [96, 100]. Der GCS muss als „dynamische Messgröße“ betrachtet werden, weshalb die wiederholte Erhebung zur Erfassung einer möglichen verzögerten Eintrübung entscheidend ist.

Tabelle 2 Klassifikation des CT-morphologischen Schweregrades der Schädel-Hirn-Verletzung nach Marshall [52]. Die Marshall-Klassifikation korreliert signifikant mit der Prognose von SHT-Patienten [17, 21, 52, 106]

Die Stratifizierung nach mildem und mittelschwerem Trauma mit einem „cut off“ zwischen 14 und 13 Punkten ist insofern von klinischer Bedeutung, als dass Patienten mit einem GCS≤13 wegen des signifikant erhöhten Risikos für eine intrakranielle Blutung — im Vergleich zu Patienten mit GCS=14 oder 15 — auf jeden Fall in ein Schwerpunktzentrum mit neurochirurgischer und unfallchirurgischer Kompetenz eingewiesen werden müssen [17, 23, 45, 56, 65, 88, 106]. Patienten mit GCS≤8 sind per definitionem als komatös zu beurteilen und müssen unverzüglich endotracheal intubiert werden [3, 10, 23, 93].

Die Indikation zur Abklärung des Neurokraniums mittels CT muss im Rahmen des „secondary survey“ in folgenden Fällen gestellt werden [1, 41, 45]:

  • Alle Patienten mit mittelschwerem oder schwerem SHT (GCS≤13),

  • Patienten mit leichtem SHT (GCS=14–15) und vorliegen eines der folgenden Faktoren:

    • Schädelfraktur (klinisch oder konventionell-radiologisch),

    • Liquorrhoe,

    • Alkohol- oder Drogenintoxikation,

    • Antikoagulation, Thrombozytenaggregationshemmer,

    • asymmetrische Pupillen oder abnormale Lichtreaktion,

    • fokale neurologische Ausfälle,

    • persistierende oder zunehmende Kopfschmerzen, Übelkeit/Erbrechen,

    • Eintrübung bzw. GCS-Verschlechterung (<14) im Verlauf.

  • Eine CT-Kontrolle soll bei allen Patienten mit neurologischer Verschlechterung oder Neuauftreten eines der oben genannten Punkte durchgeführt werden.

  • Eine CT-Kontrolle ist obligat in den Zeitintervallen 12–24 h und 24–48 h nach Trauma bei allen Patienten mit Nachweis einer intrakraniellen Blutung im initialen CT.

  • Bei Entlassung aus der Klinik ist eine abschließende CT-Kontrolle empfohlen für alle Patienten mit mittelschwerem oder schwerem SHT (GCS≤13) und für Patienten mit mildem SHT (GCS=14–15) und intial pathologischem CT-Befund.

Der „Marshall Score“ zur Charakterisierung der morphologischen Schädigung in der CT ist insofern klinisch relevant, als dass der Schweregrad der Klassifizierung nach Marshall signifikant mit der Sterblichkeit nach SHT korreliert [17, 45, 49, 52, 71, 106], (s. Tabelle 2).

Eine kürzlich publizierte Analyse von 141 Patienten mit schwerem SHT und traumatischer Subarachnoidalblutung (SAB) erbrachte den Nachweis, dass in 59% der Fälle innerhalb der ersten 12–48 h nach Trauma eine signifikante Verschlechterung des CT-Befunds im Sinne einer intrakraniellen Nachblutung auftrat [21]. Aus diesem Grund ist bei Patienten mit traumatisch bedingter intrakranieller Blutung eine CT-Kontrolle in den Intervallen 12–24 h und 24–48 h dringend zu empfehlen. Dies entspricht den Zeitintervallen mit der höchsten Frequenz einer sog. „CT Evolution“ im Sinne einer posttraumatischen intrakraniellen Nachblutung [21].

Hirndruckmonitoring

Die zentrale Zielgröße in der Behandlung des SHT ist die Aufrechterhaltung des zerebralen Perfusiondruckes (CPP) über mindestens 70 mmHg, wobei der CPP die Differenz zwischen dem systemischen arteriellen Mitteldruck (MAP) und dem intrakraniellen Druck (ICP) darstellt [15, 18, 23, 45, 47, 98].

Der ICP sollte im Normalfall 10–15 mmHg nicht übersteigen. Bei Patienten mit posttraumatischem Hirnödem oder intrakraniellen Raumforderungen durch epi- oder subdurale Hämatome kann der CPP durch pathologische ICP-Anstiege signifikant kompromittiert sein. Dies erfordert in der Regel die Durchführung eines intrakraniellen Druckmonitorings über ICP-Sonden und eine sog. „CPP-Therapie“ mit artifizieller Erhaltung eines suffizient hohen Blutdruckes (MAP), ggf. durch Administration von Katecholaminen [18, 40, 98].

Die Indikation für die Einlage einer ICP-Sonde in der Frühphase des Managements von SHT-Patienten wird — entsprechend international etablierter Protokolle — in folgenden Fällen gestellt [23, 27, 36, 45, 50, 98]:

  • komatöse SHT-Patienten (GCS≤8) mit intrakranieller Pathologie im CT, bei denen ein unverzüglicher Aufwachversuch nicht möglich ist, z. B. bedingt durch die Notwendigkeit einer kontrollierten Beatmung oder eines länger dauernden (extrakraniellen) Eingriffs;

  • komatöse SHT-Patienten (GCS≤8) mit unauffälligem CT, bei anhaltender Bewusstlosigkeit >6 h nach Unfall;

  • initial wache Patienten mit neurologischer Verschlechterung im Verlauf (Absinken des GCS≤8) und Notwendigkeit einer kontrollierten Beatmung.

Hierbei stellt der intraventrikuläre Katheter unserer Meinung nach die ICP-Sonde der Wahl dar, zumal Ventrikelsonden — im Gegensatz zu Subduralsonden — unverzüglich nach Implantation zuverlässige Messwerte liefern [36, 98]. Außerdem erlauben Ventrikelsonden neben der akkuraten Messung auch die therapeutische Beeinflussung des erhöhten ICP durch Drainage von Liquor [36, 44, 45, 98].

Versorgungsprioritäten beim polytraumatisierten Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma

Entscheidend für die Prognose von Patienten mit schwerem SHT ist das strikte Vermeiden einer transienten Hypoxämie oder Hypotension [15, 23, 27, 45, 65, 83]. Diese Parameter tragen signifikant zur Verschlechterung des posttraumatischen Hirnödems bei und können sich deletär auf das verletzte Gehirn auswirken (s. Abb. 2), [14, 15, 23, 47, 108]. Aus diesem Grund ist es von entscheidender Bedeutung, dass die initiale Diagnostik und Therapie beim polytraumatisierten Patienten mit SHT nach international etablierten und klar definierten Richtlinien und Algorithmen durchgeführt wird [23, 27, 43, 46, 47, 87]. Entsprechend dem standardisierten A-B-C-D-E-Algorithmus des „Advanced Trauma Life Support-“ (ATLS®)-Konzepts muss bei jedem Traumapatienten primär eine adäquate Oxygenierung und Perfusion aller lebenswichtigen Organe gesichert werden [3, 10, 23, 93].

Bei Patienten mit SHT besteht das primäre und oberste Ziel der Behandlung in einer strikten Protektion des Gehirns vor sekundären Schäden durch Prävention von Hypoxämie, Hyperkapnie, Hypotension, und Hypo-/Hyperglykämie [18, 23, 98, 108]. Während bei wachen und ansprechbaren Patienten ein oropharyngealer Tubus zur Protektion der oberen Atemwege mit Sauerstoffzufuhr über die Maske ausreichen kann, ist bei somnolenten und komatösen Patienten (GCS≤8; s. Tabelle 1) die endotracheale Intubation im Sinne einer „rapid sequence induction“ indiziert [3, 93]. Diese Indikation besteht außerdem bei SHT-Patienten mit drohender Aspiration oder drohender Atemwegsobstruktion durch Frakturen mit Blutungen im Kiefer-/Gesichtsschädelbereich oder Larynxverletzungen sowie bei Inhalationstraumen [3, 93].

Zur Vermeidung einer Hypotension müssen externe und interne Blutungen rasch erkannt und kontrolliert werden sowie eine aggressive Volumensubstitution durchgeführt werden [14, 23, 108]. Entsprechend dem ATLS®-Algorithmus besteht das initiale Flüssigkeitsmanagement in der Gabe körperwarmer isotoner Kristalloidlösungen mit einem Bolus von 1000–2000 ml über 2 großkalibrige periphere Zugänge (Kinder: 20 ml/kg) [3]. Glukoselösungen (5%, 20%) sind bei SHT-Patienten wegen der hyperglykämievermittelten Induktion zerebraler Sekundärschäden kontraindiziert [23, 98, 108].

Wie bereits erwähnt, stellt die höchste Priorität die Aufrechterhaltung des zerebralen Perfusiondruckes (CPP) über einen Grenzwert von 70 mmHg dar [15, 18, 23, 45, 47, 98]. Eine posttraumatisch auftretende Hypertension im Rahmen der „cushing response“ darf aus diesem Grund bei SHT-Patienten auf keinen Fall routinemäßig medikamentös gesenkt werden, da es sich hierbei um eine physiologische „Bedarfshypertonie“ zur Aufrechterhaltung des CPP handelt [70].

Das standardisierte Versorgungskonzept polytraumatisierter Patienten mit SHT umfasst während der ersten 24 h nach Trauma 4 zeitlich gestaffelte Phasen (sog. „day-1-surgery“):

  1. 1.

    Initiale Bestandesaufnahme entsprechend dem ATLS®-Algorithmus („primary survey“) mit Zugang zu den vitalen Systemen (Intubation, periphere Braunülen), Basisdiagnostik (Übersichtsaufnahmen von Thorax und Becken, Abdomensonographie), und gleichzeitige Durchführung lebensrettender Soforteingriffe (Bülau-Drainagen, Perikardpunktion, Notkoniotomie).

  2. 2.

    Sofortige Schadensbegrenzung („damage control“) bei schwerstverletzten Patienten „in extremis“, die auf die initiale Schockbehandlung nicht ansprechen (Notthorakotomie, „Crash-Laparotomie“, Beckenzwinge, Tamponade).

  3. 3.

    Zweite Bestandesaufnahme („secondary survey“) bei hämodynamisch stabilen Patienten: klinische „Kopf-bis-Fuß-Untersuchung“, erweiterte Bildgebung (konventionelle Röntgenbilder, CT, Angiographie).

  4. 4.

    Verzögerte Primäreingriffe („delayed primary surgery“) zur Versorgung nicht akut lebensbedrohlicher Verletzungen (Stabilisierung von Frakturen der langen Röhrenknochen, Weichteildébridements, Fasziotomien, Versorgung von Hohlorganverletzungen, Evakuation intrakranieller Hämatome, Anlage von intrakraniellen Drucksonden).

Strategien der Frakturbehandlung bei SHT-Patienten

Während in frühen Publikationen die Extension als Behandlung der Wahl für Femurfrakturen bei SHT-Patienten empfohlen wurde [30], so ist diese Therapiemodalität inzwischen als obsolet zu betrachten, zumal Schmerzen und Stress durch die mangelnde Frakturfixation die Entwicklung einer intrakraniellen Hypertension begünstigen und die Traktion eine optimale Lagerung der schwerverletzten Patienten mit SHT auf der Intensivstation verhindert [47, 101, 103]. In diesem Zusammenhang konnte nachgewiesen werden, dass persistierende Schmerzreize infolge extrakranieller Verletzungen die motorische Unruhe der SHT-Patienten verstärken und durch Induktion einer systemischen Entzündungs- und Stressreaktion die Entwicklung des posttraumatischen Hirnödems fördern [47, 103, 104].

Es steht zwischenzeitlich außer Debatte, dass eine frühe Frakturfixation im Rahmen der „day-1-surgery“ (Tabelle 3) bei Patienten mit SHT eine Conditio sine qua non darstellt [8, 32, 68, 82, 103], bedingt durch die folgenden entscheidenden Vorteile:

Tabelle 3 Prioritätenorientierte Versorgungsphasen schwerverletzter Patienten mit SHT. (Nach [103])
  • Reduktion von Schmerzen und Stress mit assoziierter vegetativer Dysregulation und Verstärkung der intrakraniellen Hypertension,

  • Vermeidung zusätzlicher Weichteilschäden durch Druckstellen und unkontrollierte Bewegungen,

  • Reduktion von Fettemboliesyndrom und ARDS durch unfixierte Frakturen der langen Röhrenknochen,

  • Optimierung der Lagerungsmöglichkeiten auf der Intensivstation zur SHT-Therapie und Prävention pulmonaler Komplikationen.

Die Modalität der Frakturbehandlung in der Frühphase ist entscheidend, um einen „2nd hit“ für das verletzte Gehirn um jeden Preis zu vermeiden (s. Abb. 2). So kann eine unsachgemäße Frakturversorgung im Sinne des „Early-total-care-Konzepts“ im Sinne einer primären definitiven Frakturstabilisierung die Entwicklung sekundärer Hirnschäden signifikant beeinflussen. Dies ist bedingt durch verlängerte Operationszeiten mit intraoperativem Blutverlust und intermittierenden Intervallen von Hypotension und Hypoxämie oder durch iatrogene Hirndruckanstiege im Rahmen von Marknagelosteosynthesen der langen Röhrenknochen [4, 29, 34, 47, 62, 101].

Da das SHT den wichtigsten einzelnen Morbiditäts- und Mortalitätsfaktor nach Trauma darstellt, sind die Konzepte der Frakturbehandlung den Anforderungen einer optimalen Hirndrucktherapie auf der Intensivstation anzupassen und der höchsten Priorität des intensivmedizinischen ICP-/CPP-Regimes unterzuordnen [23, 27, 32, 45, 47, 98]. Aus diesem Grund weicht das Konzept der Fixierung isolierter Frakturen der langen Röhrenknochen deutlich von der Frakturversorgung bei schwerverletzten Patienten mit SHT ab. Hierbei müssen rein biomechanische Anforderungen den neurobiologisch-immunologischen Aspekten der Pathophysiologie von SHT-Patienten prioritär nachgestellt werden, um einen sekundären Hirnschaden zu vermeiden [6, 14, 29, 34, 47, 58, 86, 89].

Die temporäre Fixation von Frakturen der langen Röhrenknochen mittels Fixateur externe hat sich hierbei als Therapie der Wahl im Sinne der „orthopedic damage control“ für SHT-Patienten durchgesetzt [68, 69, 82, 87, 93, 103]. Dieses Konzept weist neben den „neuroprotektiven“ Vorteilen durch verkürzte Operationszeiten und vernachlässigbare intraoperative Blutverluste in der Frühphase der Versorgung keine eigentlichen Nachteile auf und garantiert eine rigide Stabilität der Frakturen mit — im Gegensatz zur Extension oder Gipsretention — der Möglichkeit freier Lagerungstechniken auf der Intensivstation [82, 103].

Im Rahmen der Frühversorgung müssen bei SHT-Patienten nach Sicherstellen der Vitalparameter folgende Verletzungsmuster initial durch Reposition und stabile Rentention garantiert werden (sog. „verzögerte Primäreingriffe“, s. Tabelle 3):

  • instabile Beckenringverletzungen,

  • instabile Wirbelkörperfrakturen,

  • offene Frakturen, Gefäßverletzungen, „mangled limb“,

  • grobe Instabilitäten großer Gelenke,

  • Frakturen der langen Röhrenknochen.

Weiterhin erfolgt in dieser Frühphase das Débridement kontaminierter Weichteilverletzungen und die Entlastung unter Druck stehender Muskellogen durch Fasziotomie [93, 103].

Im weiteren Verlauf dürfen während der vulnerabelsten posttraumatischen Phase der Hyperinflammation vom 1. bis 4. Tag (s. Tabelle 3) keine ausgedehnten Eingriffe durchgeführt werden, um einen iatrogenen „2nd hit“ zu vermeiden [9, 32, 93, 103]. Während dieser Phase sollen allensfalls kurz dauernde Weichteileingriffe wie Nachdébridements oder Epigardwechsel durchgeführt werden.

Der 5. bis 10. Tag stellt in der Regel das ideale Zeitfenster („time window of opportunity“) zur sekundären Frakturversorgung mit geplanten operativen Verfahrenswechseln dar (s. Tabelle 3). In dieser Phase werden Frakturen durch Umstellen auf ein internes Osteosyntheseverfahren definitiv versorgt, wobei die (biologische) Plattenosteosynthese der Marknagelung bei SHT-Patienten klar vorzuziehen ist, um durch intramedulläre Verfahren induzierte sekundäre Hirnschäden kompromisslos zu vermeiden [4, 7, 29, 62, 68, 82].

Die Maßgabe dieses idealen Zeitfensters für operative Verfahrenswechsel ist selbstverständlich dem individuellen Verlauf intrakranieller Druckanstiege und der zeitlichen Entwicklung des sekundären Hirnödems anzupassen. Bei Patienten „in extremis“ mit therapierefraktären Hirndruckanstiegen muss ggf. gänzlich auf osteosynthetische Revisionseingriffe verzichtet werden. In diesem Fall können Frakturen der langen Röhrenknochen ausnahmsweise auch im Fixateur externe ausbehandelt werden, wobei für eine adäquate Reposition der Fraktur im Zeitfenster von 2 Wochen ggf. nachreponiert werden muss, um eine korrekte Achse, Länge und Rotation zu erzielen. Dies ist insbesondere unter dem Aspekt einer beschleunigten Frakturheilung SHT-Patienten für ein optimales Langzeitresultat von entscheidender Bedeutung [60].

Fazit für die Praxis

Die Frakturbehandlung bei schwerverletzten Patienten mit SHT erfordert ein modifiziertes Konzept, das von der Standardversorgung isolierter Frakturen deutlich abweicht. Die frühzeitige schonende Fixation von Frakturen der langen Röhrenknochen mittels Fixateur externe soll einerseits die interventionelle Belastung durch langdauernde, blutungsrelevante Primärosteosynthesen senken und dadurch einen deletären „2nd hit“ für das verletzte Gehirn vermeiden. Andererseits erlaubt diese Versorgungsmodalität durch die temporäre Stabilisierung der Frakturen die notwendigen uneingeschränkten Lagerungsmöglichkeiten auf der Intensivstation. Die frühzeitige externe Frakturstabilisierung vermindert außerdem systemische Schmerz- und Stressreaktionen, die ihrerseits einen negativen Einfluss auf die Entwicklung des posttraumatischen Hirnödems ausüben.

Der operative Verfahrenswechsel auf ein biomechanisch stabileres internes Osteosyntheseverfahren darf erst nach Erholung der zerebralen Perfusion und Rückgang des Hirnödems erfolgen, idealerweise im Zeitfenster zwischen dem 5. bis 10. Tag nach Trauma. Dieses modifizierte Versorgungskonzept soll präventiv die Ausbildung sekundärer Hirnschäden vermeiden und zugleich ein möglichst optimales funktionelles Langzeitresultat im Anschluss an die neurologische Erholung ermöglichen.

Danksagung

Die Autoren danken Frau Anette Sommer (Graphikabteilung, Universitätsklinikum Benjamin Franklin, Berlin) für die professionelle Unterstützung bei der Erstellung der Abbildungen.