Hintergrund und Fragestellung

Proximale Femurfrakturen haben im höheren Lebensalter eine steigende Inzidenz. Betroffen sind typischerweise ältere Patienten, die im Rahmen von Niedrigenergietraumata und häufig osteoporoseassoziiert stürzen. Zunehmend sind jedoch auch jüngere Patienten im Rahmen von Hochrasanztraumata betroffen. Aufgrund des demografischen Wandels werden sich die Inzidenzen der proximalen Femurfrakturen und damit auch der Pseudarthrosen in Zukunft mutmaßlich weiter erhöhen. Dies stellt den Patienten, seine behandelnden Mediziner und das Gesundheitssystem vor eine sozioökonomische Herausforderung [6, 7, 18, 24].

Verschiedene Osteosyntheseverfahren sind aktuell in der Frakturversorgung etabliert und werden in der Literatur beschrieben und analysiert, wobei sich der intramedulläre Marknagel als primäre Behandlungsoption durchzusetzen scheint [16, 21, 30]. In der Primärversorgung spielen extramedulläre Implantate wie beispielsweise die dynamische Hüftschraube (DHS) eine zunehmend geringere Rolle [16].

Allgemeine Risikofaktoren wie Nebenerkrankungen, Dauermedikation oder Nikotinabusus tragen, wie auch lokale frakturtypische Faktoren, in bis zu 20 % der subtrochantären Frakturen zur Ausbildung einer verzögerten Knochenbruchheilung oder Pseudarthrose bei [17, 19]. Bedeutsam scheint hier ein „Aufrutschen“ des Schenkelhalses bzw. der trochantären Region auf den Nagel zu sein.

In Revisionsfällen bietet die 95°-Winkelplatte eine adäquate Therapiealternative [1, 13, 21]. Selbstverständlich stehen andere Plattensysteme mit unterschiedlichen Winkeln zur Verfügung, wobei sich die 95°- und 130°-Platte zur Korrektur von Pseudarthrosen des proximalen Femurs etabliert haben [5, 15].

Trotz der bekannten implantattypischen biomechanischen Vorteile der intramedullären Kraftträger, wie Verkürzung des Hebelarms zur Lastachse hin, zeigen sich, meist aufgrund der erschwerten Repositions- und Retentionsmöglichkeit, nicht selten Komplikationen wie Implantatdislokation, Implantatbruch oder ein sekundärer Repositionsverlust [19, 20, 28].

Die operative Therapie gilt aktuell als Behandlungsstandard. Aufgrund der weitreichenden Komplikationen der konservativen Therapie symptomatischer Pseudarthrosen des proximalen Femurs bleibt diese Einzelfallentscheidungen vorbehalten [9, 22, 27].; [28].

Pseudarthrosenrevisionen nach vorangegangener operativer Versorgung der per- und subtrochantären Femurregion sind jedoch komplexe chirurgische Eingriffe, die ein hohes Maß an Expertise verlangen. Knöcherne Defektzonen sowie eine veränderte Anatomie können die Versorgung zusätzlich erschweren [14].

Ziel dieser Studie war es, Anwendungsdaten, Komplikationen, Ausheilungsraten, die funktionellen und radiologischen Ergebnisse sowie mögliche Ursachen nach Revisionsoperation mittels 95°-Klingenplatte bei aseptischer trochantärer und subtrochantärer Femurpseudarthrose zu untersuchen und so die Sicherheit und Effektivität dieses Verfahrens am eigenen Patientenkollektiv zu überprüfen.

Methodik

Es erfolgten im retrospektiven Studiendesign die Auswertung von erhobenen Routinedaten sowie eine prospektive Patientenbefragung. In dem vom Autor genutzten Krankenhausinformationssystem (KIS) wurden insgesamt 22 Patienten (10 Frauen, 12 Männer) im Beobachtungszeitraum von Januar 2010 bis Dezember 2022 in diese Studie eingeschlossen. Das Durchschnittsalter betrug 59,4 Jahre. Die Altersverteilung zeigte sich, wie in Tab. 1 aufgeführt.

Tab. 1 Altersverteilung der Patienten

Einschlusskriterien waren ein Mindestalter von 18 Jahren sowie eine per -bzw. subtrochantäre Femurpseudarthrose nach durchgeführter operativer Versorgung (zephalomedullärer Nagelung bzw. extramedullärer Osteosynthese).

Eine Pseudarthrose wurde als fehlende oder unzureichende knöcherne Konsolidierung mindestens 6 Monaten post operationem definiert. Implantatversager mit Implantatbrüchen oder sekundärer Achsabweichung auf Basis einer radiologisch nachgewiesenen fehlenden knöchernen Heilung wurden ebenfalls in die Studie inkludiert (Abb. 1). Ausgeschlossen wurden periimplantäre Frakturen. In einem Fall erfolgte aufgrund einer Implantatfehllage eines zephalomedullären Nagels wenige Tage nach der Primärversorgung die Revisionsoperation mit der Implantation einer Klingenplatte, (Fa. Synthes, Oberstdorf, Schweiz), welche im Verlauf eine Pseudarthrose ausbildete. Bei einem Patienten zeigte sich postoperativ, nach Revision und Implantation einer 95°-Klingenplatte, ein Keimnachweis, dieser wurde bei klinisch unauffälligen Befunden als Infektpseudarthrose gewertet. Die restlichen Proben ergaben keinen Infektnachweis.

Abb. 1
figure 1

Pseudarthrose nach zephalomedullärer Osteosynthese bei subtrochantärer Femurfraktur. a Pseudarthrose des proximalen Femurs nach cephalomedullärer Osteosynthese im anterior-posterior-Strahlengang (a-p-Strahlengang), b im seitlichen Strahlengang

Die Patienten wurden im Rahmen eines regulären klinischen Follow-up nach 4 bis 6 Wochen, 2 bis 3 Monaten und nach 12 Monaten klinisch und radiologisch untersucht. Als radiologische Standarddiagnostik wurden Röntgenaufnahmen im anterior-posterioren (a.-p.) und seitlichen Strahlengang angefertigt. Der primäre Endpunkt der Studie war die knöcherne Ausheilung der Pseudarthrose nach der Revisionsoperation. Die knöcherne Konsolidierung wurde als belastungsfähige, ausgereifte Kallusbrücke in der nativradiologischen Diagnostik definiert (Abb. 2). Der sekundäre Endpunkt war das funktionelle Ergebnis im modifizierten Harris Hip Score (mHHS) und SF-12 Score (SF-12). Das Schmerzlevel wurde mit der Numerischen Rating-Skala (NRS) evaluiert.

Abb. 2
figure 2

Knöcherne Konsolidierung nach operativer Revision mittels 95°-Klingenplatte. a Knöcherne Konsolidierung nach Revisionsoperation und Implantation einer 95° Klingenplatte im a-p-Strahlengang, b im seitlichen Strahlengang

Die initialen Frakturen wurden nach der bekannten Klassifikation der Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen (AO-Klassifikation) eingeteilt. Die Frakturen zeigten sich als AO-Typen 31 A1, 31 A2, 31 A3 und sehr proximale Typ-32-Frakturen.

Patienteninformationen sowie prädisponierende Risikofaktoren beispielsweise Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2, Gerinnungsstörung, Osteoporose, chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), maligne Erkrankungen, koronare Herzerkrankung (KHK), arterielle Hypertonie (AHT), periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK), Herzrhythmusstörungen sowie rheumatoide Arthritis (RA) wurden ebenso wie Nikotinabusus, Alkoholabusus, Drogenabusus, Einnahme von Bisphosphonaten und Kortikosteroiden evaluiert. Zusätzliche Behandlungsdaten wie Operationszeit, radiologische Durchleuchtungszeit, stationäre Aufenthaltsdauer, intra- oder postoperative Gabe von Erythrozytenkonzentraten (EK Gabe) und Anzahl von Revisionsoperationen wurden erhoben. Zudem erfolgte die Analyse postoperativer allgemeiner Komplikationen wie Harnwegsinfekte, Pneumonien und Thrombosen sowie spezifischer Komplikationen; hierzu wurden Röntgenbilder in Bezug auf den Collum-Centrum-Diaphysen(CCD)-Winkel, Varus‑/Valgusstellung des Schenkelhalses sowie Implantatlage (ventral/zentral/dorsal) ausgewertet. Revisionsoperationen mit Osteosynthesematerialwechsel bzw. Konversion auf eine Hüftgelenkendoprothese wurden extra dargestellt.

Die operative Therapie erfolgte durch erfahrene Chirurgen mit einer offenen Reposition und internen Fixierung mittels 95°-Winkelplatte (Fa. DePuy Synthes GmbH, Oberdorf, Schweiz) nach jeweiligem Débridement der Pseudarthrose sowie Spongiosaplastik meist vom hinteren Beckenkamm. Falls nötig wurde zur Kompression der Pseudarthrose ein Plattenspanner genutzt. In einem Fall wurde zur Erhöhung der Primärstabilität eine 90°-versetzte zusätzliche Plattenosteosynthese implantiert. Die postoperative Therapie erfolgte mittels einer funktionellen Nachbehandlung mit 10–20 kg Teilbelastung für 6 Wochen unter physiotherapeutischer Betreuung. Das funktionelle Outcome wurde anhand des standardisierten mHHS, der SF-12 und der NRS in Ruhe und unter Belastung zur Beurteilung des Schmerzniveaus begutachtet. Hierfür wurden unabhängig von der Behandlung (mit einem Mindestabstand von 12 Monaten nach Behandlungsabschluss bzw. Revisionseingriff) Fragebogen, nach Aufklärung der Patienten, postalisch verschickt und telefonisch nachbesprochen. Im Anschluss erfolgten die Anfertigung und Auswertung der deskriptiven Statistik. Zuvor erfolgte die Genehmigung der zuständigen Ethikkommission, und es wurde bei allen Patienten die schriftliche Einwilligung nach entsprechender Aufklärung eingeholt.

Ergebnisse

Die postoperativen Befunde nach Reosteosynthese mit 95°-Klingenplatte zeigten im Behandlungskollektiv gute Ergebnisse. Bei den 22 Patienten, deren Daten während der Nachkontrollen vollständig erhoben werden konnten, zeigte sich durch die operative Versorgung mittels 95°-Klingenplatte eine Heilungsrate von 86,4 % (19/22 Patienten; Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Patientenkollektiv. Von den insgesamt 22 Patienten heilten nach Revision 18 aus, bei 4 erfolgte eine weitere Revision, wovon im Weiteren eine weitere Pseudarthrose heilte. Bei 3 Patienten wurde eine Hüftgelenksendoprothese (HTEP) implantiert

Bei 4 der versorgten subtrochantären Pseudarthrosen musste eine weitere Revisionsoperation im Sinne eines Implantatwechsels bzw. eines Débridements mit Spülung durchgeführt werden. Die pertrochantären Pseudarthrosen heilten zu 100 % aus. Bei 3 Patienten kam es zu einem Implantatversagen (Plattenbruch) aufgrund einer persistierenden Pseudarthrose. Bei einem Patienten entwickelte sich postoperativ ein Serom. Dieses wurde zeitnah revidiert; ein Infektnachweis ergab sich nicht. Im Verlauf stellte sich bei diesem Patienten eine zunehmende varische Abkippung mit Pseudarthrose ein.

Bei den genannten Patienten erfolgte nach der Diagnosestellung eine Revisionsoperation mit entweder einem Klingenplattenwechsel oder Implantation einer Hüftgelenkendoprothese (HTEP). Insgesamt wurden 3 Patienten erneut einer Revision mit Klingenplattenwechsel unterzogen, diese heilten zu 33,3 % aus. Zwei der Patienten wurden daraufhin mittels HTEP versorgt. Ein Patient wurde, bei schlechter Knochenqualität im metaphysären Bereich, ohne Klingenplattenwechsel, auf einen proximalen Femurersatz konvertiert.

Allgemeine Komplikationen wie Thrombosen, Harnwegsinfekte oder Pneumonien traten äußerst selten auf. Lediglich ein Patient zeigte postoperativ einen Harnwegsinfekt, dieser wurde antibiotisch therapiert. Spezifische Komplikationen wie Materialabweichung oder sekundäre Implantatdislokation traten nicht auf. Wie beschrieben, erfolgte eine Revision aufgrund eines postoperativen Seroms.

Die durchschnittliche Operationszeit, inklusive Spongiosaentnahme vom hinteren Beckenkamm, mit Umlagerung bei den Revisionsoperationen betrug 207,36 min (130–280 min, Standardabweichung [SD] ±47,51 min). Die intraoperative Durchleuchtungszeit betrug 01:56 min (00:54–04:12 min). Die stationäre Aufenthaltsdauer lag im Mittel bei 11,73 Tagen (5–36, SD ±6,91).

Der Body-Mass-Index (BMI) zeigte für die Patienten ohne erneuten Revisionseingriff im Mittel einen Wert von 26,68 kg/m2, für die Gruppe der revisionspflichtigen Komplikationen einen Wert von 32,76 kg/m2.

Präoperativ betrug der projizierte Collum-Centrum-Diaphysen-Winkel(CCD)-Winkel in der Ausheilungsgruppe 125,41° und in der Revisionsgruppe 126,5°. Die postoperativ durchgeführte radiologische Bestimmung dokumentierte in der Gruppe der konsolidierten Pseudarthrosen einen projizierten CCD-Winkel von 126,43°, in der Gruppe der revisionsbedürftigen Patienten einen projizierten CCD-Winkel von 132,45°. Die Lage der Klingenplatte in der anterior-posterioren Ebene war zentrokaudal bzw. dorsozentral (Tab. 2).

Tab. 2 Lage der Klingenplatte postoperativ, Prä- und postoperativer projizierter Columbus-Centrum-Diaphysen(CCD)-Winkel in der a.-p.-Ebene. Bestimmung des prä- und postoperativen projizierten CCD-Winkels jeweils in der konsolidierten Untersuchungsgruppe sowie der Gruppe der Therapieversager

Der Bewegungsumfang range of motion (ROM) für die Hüftgelenkflexion zeigte in den regelmäßigen Nachuntersuchungen gute Werte. Bei allen Patienten ohne erneute Revisionsoperation konnte bereits nach 6 Wochen eine Mindestbeugung von 80°, welche sich 6 Monate postoperativ weiterhin besserte, erzielt werden. Nach 12 Monaten konnten 12 Patienten nachuntersucht werden. Patienten mit einer Revisionsoperation, inklusive Implantatwechsel, wurden aufgrund der fehlenden Vergleichbarkeit nicht berücksichtigt.

Die Tab. 3 zeigt die Anzahl der Patienten, welche 6 Wochen, 6 Monate und 12 Monate nach operativer Versorgung eine Flexion von 80°, 90°, 100° und 120° erreichen konnten. Patienten mit einer Revisionsoperation bzw. einem Implantatwechsel wurden nicht berücksichtigt.

Tab. 3 Range of motion im Beobachtungszeitraum

Tab. 4 und 5 zeigen die Komorbiditäten der Patienten in der Ausheilungsgruppe sowie der Revisionsgruppe. Die Verteilung der Vorerkrankungen sowie des speziellen Risikoverhaltens beider Gruppen ist vergleichbar.

Tab. 4 Vorerkrankungen in den Patientengruppen der Ausheilungs- und Revisionsgruppe
Tab. 5 Risikofaktoren, Medikamenteneinnahme und Gabe von Erythrozytenkonzentrate in den Patientengruppen der Ausheilungs- und Revisionsgruppe

In die mindestens 12 Monate nach der Operation durchgeführte Patientenbefragung konnten 15 Patienten eingeschlossen werden. Zwei Patienten waren bereits verstorben, 3 konnten nicht erreicht werden. Die Daten der 4 Revisionen wurden aufgrund der schlechten Vergleichbarkeit bei Ausnahmeindikationen nicht berücksichtigt. In den funktionellen Ergebnissen zeigten sich im Durchschnitt gute Ergebnisse mit einem mHHS von 70 Punkten, mit allerdings einer hohen Streuung von 17 bis 91 Punkten.

Der erhobene SF-12 betrug im Mittel 42,6 (SD ±10,4) und der psychische Score 49,4 (SD ±9,6). Das postoperative Schmerzlevel wurde anhand der NRS mit Werten von 1–10 beziffert. Diese waren sowohl in Ruhe (1,5) als auch unter Belastung (2,8) niedrig.

Diskussion

Therapieziele der operativen Stabilisierung von proximalen Femurfrakturen sind die schnelle Belastbarkeit und schließlich die knöcherne Konsolidierung bei guter Funktion. Tritt dies durch die Ausbildung einer symptomatischen Pseudarthrose nicht ein, muss eine anspruchsvolle Revisionsoperation durchgeführt werden. Insgesamt bleibt die Versorgung von Pseudarthrosen des proximalen Femurs eine Herausforderung für das Behandlungsteam [2, 29]. Ein spezielles Augenmerk bei der Behandlung sollte auf die 5 Faktoren des Diamond-Konzeptes gelegt werden: biomechanische Stabilität, osteogene Zellen, osteokonduktive Strukturen, Wachstumsfaktoren und Vaskularisation [3, 10].

Einen Konsens für die Wahl des Osteosynthesematerials der operativen Therapie der Pseudarthrosen gibt es bis dato nicht [17]. Nach Evaluation der Kausalität der fehlenden Heilung (fehlender knöcherner Kontakt, schlechte Lastverhältnisse) kommen verschiedene Verfahren infrage. Wechseloperationen des zumeist primär implantierten zephalomedullären Nagels oder ein Verfahrenswechsel auf ein extramedulläres Implantat wie die 95°-Klingenplatte sind mögliche Optionen. Bei Fortbestehen eines nichtzufriedenstellenden Behandlungsergebnisses besteht als Ultima Ratio die Möglichkeit der Implantation einer Hüftgelenkendoprothese [2, 23, 31].

Vorteile der osteosynthetischen Stabilisierung mit Marknagel sind ein geringerer Blutverlust, weniger Deperiostierung und atraumatischer Zugang in Bezug auf das Weichgewebe [25]. Nachteilig zu nennen ist die reduzierte Knochensubstanz bei vorheriger Implantation eines zephalomedullären Nagels und notwendiger Revisionsoperation sowie eine begrenzte Korrekturmöglichkeit in Bezug auf Achse und den CCD-Winkel [2]. Das durch Aufbohrung des Femurs entstehende Bohrmehl dient als interne Spongiosatransplantation und damit verbesserte Stimulation der Osteogenese [12]. Eine Alternative ist weiterhin die offene Spongiosatransplantation mit der damit verbundenen Hebemorbidität sowie verlängerten Operationszeit insbesondere bei notwendiger intraoperativer Umlagerung des Patienten [2, 4, 11].

Vorteile der extramedullären Stabilisierung mit 95°-Klingenplatte sind die vergleichsweise gute Übersicht für eine anatomische Reposition, insbesondere aber die effektiven Korrekturmöglichkeiten von Achse und CCD-Winkel, direktes Angehen von Defektsituation und eine stabile Retention des proximalen Femurs. Weiterhin zeigt die Platte gute biomechanische Eigenschaften sowie bei entsprechender Anwendung eine adäquate Kompression der Pseudarthrose. Generell hat sich insbesondere bei Vorliegen einer Pseudarthrose im pertrochantären Bereich oder bei varischer Fehlstellung in der Schenkelhalsregion die operative Therapie mithilfe einer 95°-Klingenplatte bewährt [2, 23]. Zudem kann bei der Implantation einer Winkelplatte eine Kompression auf die Pseudarthrosenregion via Plattenspanner erfolgen. In ausgewählten Fällen ist eine weitere Möglichkeit, zur Erhöhung der Primärstabilität, eine additiv implantierte Platte 90°-versetzt zur Winkelplatte. Weiterhin ist bei einer offenen Reposition eine Spongiosaanlagerung an die Defektzone zur Stimulation der Osteogenese möglich.

Nachteile extramedullärer Verfahren sind das zugangsbedingt größere Weichteiltrauma, eine schlechtere biomechanische Lastverteilung sowie die technisch anspruchsvollere Operation [8, 17].

In der gegenwärtigen Studie heilten 86,4 % der mit einer 95°-Klingenplatte versorgten Patienten aus. Die 4 Revisionen erfolgten aufgrund einer persistierenden Pseudarthrose. Im Verlauf wurde bei insgesamt 3 Fällen eine Konversion zu einer Hüftgelenkendoprothese durchgeführt. Bei 3 Patienten erfolgte zuvor der Wechsel der Klingenplatte. Eine Pseudarthrose konnte nach dieser Wechseloperation zur Ausheilung gebracht werden.

Amorosa et al. zeigten 2013 in ihrer durchgeführten Studie, jedoch mit einem höheren Anteil von Infektpseudarthrosen, eine Heilungsrate von 76 %. Bei aseptischen Pseudarthrosen zeigten die Kollegen vergleichbare Werte mit einer Heilungsrate von 91 % [2]. Im Gegensatz zu unserem Studiendesign werteten die Kollegen auch Pseudarthrosen des Femurschaftes sowie des distalen Femurs aus, ohne die proximalen femoralen Abschnitte gesondert zu untersuchen [2]. Lotzien et al. konstatierten eine Ausheilungsrate von 67,5 %. Es wurden subtrochantäre Pseudarthrosen operativ mittels Metallentfernung, Débridement sowie Implantation einer „dynamic condylar screw“ (DCS) versorgt [17]. Die DCS ist aus Sicht der Autoren das technisch einfachere Verfahren, jedoch ohne Möglichkeit einer komplexen dreidimensionalen Korrektur des proximalen Femurs. Bei adäquater Stellung insbesondere in Bezug auf den CCD-Winkel bei Pseudarthrosen des proximalen Femurs ist unseres Erachtens eher die Revision mittels Austauschmarknagelung indiziert.

Hierholzer et al. untersuchten bei Femurschaftpseudarthrosen die Heilungsrate nach aufgebohrter Austauschmarknagelung. 82 % der Patienten heilten ohne weitere Maßnahmen nach der Revisionsoperation aus [11]. Rollo et al. konnten ebenfalls kein erhöhtes Infektrisiko aufzeigen [23]. Lotzien et al. beschrieben eine Infektrate von insgesamt 2 von 40 Patienten [17]. Es sollte präoperativ bzw. intraoperativ mittels entsprechender Diagnostik ein Infektausschluss erfolgen. Liegt der Verdacht auf eine Infektpseudarthrose vor, so ist ein zweizeitiges Vorgehen zu evaluieren [26].

Der Body-Mass-Index (BMI) zeigte, wie beschrieben, in der Gruppe der ausgeheilten Pseudarthrosen einen Wert von 26,68 kg/m2 und in der Gruppe der revisionspflichtigen Komplikationen 32,76 kg/m2. Die Arbeitsgruppe um Lotzien konnte 2018 in ihrer Arbeit ähnliche Ergebnisse aufzeigen. Analog zu der vorgelegten Studie wurde ein BMI in der Ausheilungsgruppe von 26,9 kg/m2 und in der Revisionsgruppe von 29,9 kg/m2 beschrieben [17]. Inwieweit der BMI zur Entstehung der Pseudarthrose beiträgt, stellt einen interessanten Ansatz für weitere Studien dar.

Lotzien et al. demonstrierten ebenfalls, dass eine korrekte Wiederherstellung des CCD-Winkels, als Bedingung zur knöchernen Konsolidierung, mittels offener Reposition und Implantation einer DCS möglich ist [17]. In der dargestellten Studie zeigten die postoperativ – nach der Revisionsoperation – radiologisch bestimmten projizierten CCD-Winkel in beiden Gruppen Normalbefunde. In der Ausheilungsgruppe betrug der projizierte CCD-Winkel im Durchschnitt 126,43°, in der Revisionsgruppe (ausschließlich subtrochantäre Pseudarthrosen) 132,45°. Demnach konnte in unserer Studie kein direkter Einfluss eines verbesserten projizierten CCD-Winkels auf die Ausheilung der Pseudarthrosen dargestellt werden. Zu berücksichtigen ist jedoch die Lage der Pseudarthrosenregion, bei einer subtrochantären Pseudarthrose wird die Lastachse ggf. weniger beeinflusst als in der eigentlichen trochantären Region. In 40 % der vorliegenden pertrochantären Pseudartrosen fand sich nach der Primärversorgung ein reduzierter projizierter CCD-Winkel.

Das postoperative Bewegungsausmaß zeigte sich in den Nachuntersuchungen 6 Wochen, 6 Monate und 12 Monate postoperativ zufriedenstellend. Patienten, welche sich einer Revisionsoperation unterziehen mussten, wurden bei Implantatwechsel bzw. Implantation einer Hüftgelenkendoprothese nicht berücksichtigt. Alle Patienten erreichten spätestens 6 Monate postoperativ eine gute Flexion im Hüftgelenk von mindestens 90°. Die Gruppe um Amorosa lieferte 2013 ähnliche Ergebnisse [2].

Mindestens 12 Monate postoperativ erfolgte die Patientenbefragung, hierbei konnten 15 Patienten eingeschlossen werden. Der modifizierte Harris Hip Score lag dabei in der Ausheilungsgruppe durchschnittlich bei 70 Punkten. Rollo et al. beschrieben zu subtrochantären Femurfrakturen, welche mittels Allograft und Klingenplattenosteosynthese therapiert wurden, ebenfalls ein gutes Outcome mit Werten zwischen 83,2 und 85,3 Punkten bei akuten Frakturen [23].

Limitationen der vorliegenden Studie sind die mit 22 Patienten relativ geringe Studienpopulation. Hierbei zeigte sich die Studienkohorte heterogen. Das Ergebnis von mindestens 12 Monaten variierte im Beobachtungszeitraum von 2010 bis 2020. In die Studie inkludiert wurden alle Pseudarthrosen des proximalen Femurs ohne Differenzierung zwischen pertrochantären und subtrochantären Pseudarthrosen.

Weitere Studien mit größerer Patientenzahl und einer Vergleichsgruppe erscheinen deshalb sinnvoll.

Generell findet der Einsatz der 95°-Klingenplatte in der Breite wenig Anwendung und ist Zentren mit entsprechenden Fallzahlen und Indikationen vorbehalten. Eine flächendeckende Ausstattung mit OP-Instrumentarien und -Sieben ist, unseres Wissens nach, nicht vorhanden, ebenfalls gibt es – Stand heute – keine bzw. kaum Möglichkeiten zur Beschaffung.

Der Vorteil der Austauschmarknagelung liegt v. a. in der routinemäßigen Anwendung in der Primärversorgung von per- und subtrochantären Femurfrakturen und ist damit den meisten Operateurinnen und Operateuren bekannt.

Demgegenüber ist es mit der 95°-Klingenplatte möglich, komplexe dreidimensionale Korrekturen am proximalen Femur durchzuführen und somit eine Wiederherstellung der normalen Anatomie als Bedingung zur knöchernen Heilung, zu erreichen. Bei der Analyse der Ursachen für die fehlende knöcherne Heilung bei proximalen Femurfrakturen zeigten sich ein Telescoping in der Frakturregion und ein „Aufrutschen“ des Schenkelhalses auf den primär implantierten Nagel als ein möglicher Problempunkt. Einige zephalomedulläre Nägel können durch eine Arretierung der Klinge bzw. Schenkelhalsschraube dieses Phänomen verhindern, allerdings mit einer erhöhten Gefahr einer Migration des Nagels in das Hüftgelenk. Hinsichtlich Design und Biomechanik könnte eine Klingenplatte in solchen speziellen Fällen deshalb alternativ auch, in der Hand des Geübten, bei der Primärfrakturversorgung zum Einsatz kommen. Bei einer fehlenden proximalen Verankerungsmöglichkeit ist im Gegensatz zu den gelenkerhaltenden Maßnahmen auch die Implantation eines proximalen Femurersatzes zu evaluieren.

Schlussfolgerung/Fazit für die Praxis

Die Studie konnte zeigen, dass durch die Revision von aseptischen Pseudarthrosen des proximalen Femurs mittels 95°-Winkelplatte gute knöcherne Ausheilungsraten erzielt werden können. In den Nachuntersuchungen ergaben sich gute funktionelle Ergebnisse mit einer hohen Patientenzufriedenheit. Die 95°-Klingenplatte ist ein sicheres und effektives Verfahren insbesondere zur Korrektur höhergradiger Achsabweichungen oder der varischen Fehlstellung (CCD-Winkel) bei der operativen Behandlung von Pseudarthrosen am proximalen Femur.