Körperliche und psychosoziale Langzeitfolgen einer Krebserkrankung

In Deutschland leben 82 Mio. Menschen, davon etwa 1,4 Mio., bei denen eine Krebsdiagnose bis zu fünf Jahre und weitere 2,1 Mio., bei denen sie bis zu zehn Jahre zurückliegt [1]. Der Anstieg der Überlebensraten bei häufigen Tumorentitäten rückt in Europa und den westlichen Industrieländern [2] die mittel- und langfristigen Folgen der Erkrankung und Behandlung (Cancer Survivorship Research) stärker in den Fokus des klinischen und wissenschaftlichen Interesses [3].

Die individuellen Langzeitfolgen der Erkrankung hängen von mehreren Faktoren ab: Dazu zählen unter anderem die durch die Krebserkrankung und Behandlungen bedingten Funktionseinschränkungen, psychosoziale Faktoren und individuelle Möglichkeiten der Krankheitsverarbeitung, Lebensstilfaktoren sowie die Einflüsse des normalen Alterungsprozesses [4, 5]. Der Begriff „Langzeitüberlebende“ umfasst sowohl Patienten in Remission (tumorfreies Langzeitüberleben) als auch Patienten, bei denen die Krebserkrankung zwar nicht geheilt, aber die Überlebenszeit deutlich verlängert werden kann ([6], Abb. 1).

Abb. 1
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Kontinuum der Versorgung von Krebspatienten einschließlich des Langzeitüberlebens. (Adaptiert nach [21] und [6])

Körperliche Folgeprobleme einer Tumorerkrankung haben vielfältige Ursachen; zu diesen zählen auch die Spät- und Langzeitfolgen der unterschiedlichen Krebsbehandlungen. Untersucht wurden unter anderem kardiovaskuläre, neurologische und endokrine Folgestörungen, Erkrankungen der Lunge und des Gastrointestinaltrakts, rheumatologische Erkrankungen sowie chronische Nierenerkrankungen [4] (siehe auch den Beitrag von G. Schilling und D. Arnold in diesem Heft). Darüber hinaus sind eine Gewichtszunahme und Bewegungsarmut häufige Folgen (zum Beispiel nach einer Brustkrebserkrankung), die das Risiko für ein Wiederauftreten der Erkrankung, für kardiovaskuläre Folgestörungen und Diabetes erhöhen [7, 8].

Die vielfältigen psychosozialen Folgen einer Krebserkrankung gelten inzwischen als empirisch gut belegt [9]. Psychosoziale Langzeitfolgen umfassen unter anderem Fatigue, Schlafstörungen, kognitive Funktionseinschränkungen, sexuelle Funktionsstörungen, Infertilität, psychische Belastungen und komorbide psychische Störungen (siehe auch den Beitrag von Faller und Weis in diesem Heft). Berufliche Belastungen und Schwierigkeiten der beruflichen Reintegration sowie auch die Arbeitssituation von Krebspatienten im Verlauf der Erkrankung und Behandlung wurden erst in den letzten Jahren zunehmend untersucht [10]. Übersichtsarbeiten zeigen, dass durchschnittlich 64% (Spannweite: 24% bis 94%) der Krebspatienten an den Arbeitsplatz zurückkehren [11, 12]. Studien, die den zeitlichen Umfang krankheitsbedingter Fehlzeiten untersucht haben, zeigen eine hohe Spannweite von durchschnittlich 27 Fehltagen bei Prostatakrebspatienten [13] bis hin zu durchschnittlich elf Monaten bei Brustkrebspatientinnen [14]. Auch weist die Mehrheit der Studien auf eine zumindest zeitweise Reduktion der Arbeitszeit, häufigere arbeitszeitbedingte Probleme [15, 16] und auf Einschränkungen der körperlichen und kognitiven Leistungs- und Arbeitsfähigkeit [17, 18] hin. Insgesamt haben Krebspatienten ein erhöhtes Risiko, ihre Arbeit zu verlieren und frühberentet zu werden [12, 19, 20]. Die Möglichkeit einer flexiblen Gestaltung der Arbeit und Arbeitszeiten sowie rehabilitative Angebote erhöhen hingegen – neben anderen Faktoren wie ein jüngeres Lebensalter – die Wahrscheinlichkeit für eine Wiederaufnahme der Arbeit.

Umfassende Nachsorgeplanung

Internationale sowie nationale Leitlinien und Versorgungsempfehlungen weisen auf die Bedeutung einer umfassenden Nachsorgeplanung (Cancer Survivorship Care Plan) in der Versorgung von Krebskranken hin [21, 22, 23]. Auch von den Patienten werden die Möglichkeit, alle Aspekte der Erkrankung mit einem Mitglied des Behandlungsteams regelmäßig besprechen zu können, der Erhalt von Informationen zum Umgang mit der Erkrankung und über mögliche Behandlungsnebenwirkungen sowie von Information über Verhaltensänderungen, die die Gesundheit und das Wohlbefinden steigern, als zentrale Bedürfnisse genannt [24].

Eine umfassende Nachsorgeplanung zielt auf die Sicherstellung der Versorgungskontinuität und die Verbesserung der Kommunikation und Kooperation zwischen verschiedenen, an der stationären, ambulanten sowie rehabilitativen Versorgung beteiligten Professionen. Dabei spielen die umfassende Information von Patienten und die Stärkung der Patientenbeteiligung eine wichtige Rolle [25, 26]. Möglichen im Krankheitsverlauf auftretenden Problemen und Behandlungsfolgen soll vorgebeugt werden. Darüber hinaus sind das frühzeitige Erkennen und Behandeln von Spät- und Langzeitfolgen sowie die soziale und berufliche Reintegration und Verbesserung der Lebensqualität der Patienten zentrale Zielsetzungen.

Die American Society of Clinical Oncology (ASCO) und das US-amerikanische Institute of Medicine (IOM) haben in einem Bericht „From cancer patient to cancer survivor: Lost in transition“ [21] folgende Empfehlungen für einen umfassenden Nachsorgeplan aufgestellt: Detaillierte Zusammenfassung der diagnostischen Ergebnisse einschließlich der histologischen Befunde, des Tumorstadiums und der erhaltenen Behandlungen sowie der aufgetretenen Nebenwirkungen und Behandlungskomplikationen; Informationen über psychosoziale, ernährungsmedizinische und weitere supportive sowie psychoedukative Angebote; Informationen über den wahrscheinlichen Verlauf der Erkrankung beziehungsweise des Genesungsprozesses; Informationen zur medizinischen Nachsorgeplanung einschließlich Kontrolluntersuchungen und Screenings; Informationen über mögliche Spät- und Langzeitfolgen sowie über charakteristische Symptome bei einem Wiederauftreten der Erkrankung; Informationen über die psychosozialen Auswirkungen der Erkrankung auf Partnerschaft und Sexualität, Familie, Arbeit und die finanzielle Situation sowie über vorhandene Hilfsangebote; Empfehlungen für eine gesunde Lebensweise; Informationen über Selbsthilfe- und weitere Informations- und Unterstützungsangebote sowie das Ermöglichen des Zugangs zu rehabilitativen Angeboten (Abb. 2).

Abb. 2
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Zielsetzungen und Inhalte eines umfassenden Nachsorgeplans. (Adaptiert nach [21])

Die Interdisziplinarität und eine schnittstellenübergreifende Versorgungsplanung hat bei der Ausgestaltung solcher Nachsorgeprogramme eine hohe Relevanz. Zur Implementierung von Nachsorgeprogrammen gibt es verschiedene Modelle [27]. Nachsorgeprogramme können diagnosespezifisch für die typischen Folgeprobleme bei einer Tumorart (zum Beispiel Brustkrebsnachsorge) oder diagnosenübergreifend gestaltet werden. Diagnosenübergreifende Modelle (Comprehensive Survivorship Models) werden häufig in einer Institution etabliert und umfassen Informationen und Empfehlungen für alle Krebspatienten. Auch wenn diagnosenübergreifende Nachsorgeprogramme eine Reihe von Vorteilen besitzen, zeigen Studien, dass vor allem die behandelnden Onkologen und das Pflegepersonal tumorspezifische Nachsorgeprogramme bevorzugen, wenn es um spezifische medizinische Fragen (zum Beispiel Informationen über Spätfolgen der Behandlung) geht, hingegen sollten Gesundheitsberatungen übergreifend angeboten werden [28].

Einige Institutionen bieten darüber hinaus spezifische Nachsorgeprogramme sowohl für im Kindes- und Jugendalter erkrankte Patienten, aber auch für geriatrische Patienten an, um dem häufig höheren Lebensalter der Patienten und den daraus resultierenden, zum Teil multiplen Funktionseinschränkungen und sozialen Bedürfnissen Rechnung zu tragen [5, 29].

Vor allem international haben sich in den letzten Jahren an spezialisierten Krebskliniken sogenannte „Survivorship-Zentren“ etabliert, die Patienten und Angehörigen Informationen und Beratungen sowie ambulante rehabilitative Angebote (unter anderem Sport- und Bewegungsangebote) zur Verfügung stellen. Patienten erhalten über diese „Survivorship-Zentren“ häufig auch Informationen und Zugang zu aktuell durchgeführten wissenschaftlichen Studien und Forschungsaktivitäten. Die Realisierung von Lotsenmodellen im Sinne eines verlässlichen Ansprechpartners und die Einbindung geschulter Patienten (Volonteers) und Selbsthilfegruppen sind weitere häufige Bestandteile solcher Nachsorgeprogramme.

Onkologische Rehabilitation

Die vielfältigen Folgen der Krebserkrankung und -behandlung wie unter anderem Schmerzen, Fatigue, verminderte körperliche Leistungsfähigkeit sowie Ängste und depressive Verstimmungen verdeutlichen den Bedarf an rehabilitativen Maßnahmen [30]. Grundsätzlich zielt eine Rehabilitationsmaßnahme darauf, Menschen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen die soziale Integration und gesellschaftliche Teilhabe zu sichern. Im Rahmen der onkologischen Versorgung spielt die Krebsrehabilitation eine bedeutende Rolle [31]. Onkologische Rehabilitationsmaßnahmen werden in Deutschland überwiegend stationär in Fachkliniken als Anschlussrehabilitation (AR) oder als allgemeine Heilverfahren (AHV) erbracht. Im Jahr 2010 wurden insgesamt 837.864 stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation im Rahmen der deutschen Rentenversicherung (DRV) als in diesem Bereich bedeutendsten Kostenträger durchgeführt [32]. Dabei lag der Anteil der stationären Rehabilitationsmaßnahmen für Neubildungen bei 19% (161.009 Leistungen); Frauen nehmen mit einem Anteil von 63% häufiger als Männer onkologische Rehabilitationsmaßnahmen in Anspruch [32].

Zielsetzungen und individuelle Zielplanung in der onkologischen Rehabilitation

Die onkologische Rehabilitation zielt auf die Verbesserung der körperlichen, psychischen und sozialen Funktionsfähigkeit und die Unterstützung beim Umgang mit den Krankheitsfolgen. Krebspatienten sollen wieder befähigt werden, Aktivitäten des täglichen Lebens möglichst in der Art und dem Ausmaß zu bewerkstelligen, die für ihren persönlichen Lebenskontext typisch und notwendig sind. Dazu zählen der Erhalt oder die Verbesserung der Selbstständigkeit und Selbstversorgung, die Minderung von Mobilitätseinschränkungen und die Stabilisierung der persönlichen, familiären und beruflichen Situation sowie die Förderung der beruflichen Reintegration. Ein besonderer Fokus liegt dabei auch auf einer längerfristigen Veränderung gesundheitsgefährdender Verhaltensmuster [33].

Die onkologische Rehabilitation ist ein wichtiger Teil eines umfassenden Nachsorgeprogramms für Krebspatienten. Angesichts der Heterogenität der Krankheits- und Behandlungsfolgen, der individuellen sozialen und beruflichen Situation der Patienten sowie der heterogenen Struktur der Aufgaben und Ziele der Krebsrehabilitation kommt der individuellen Zielplanung in der Rehabilitation eine große Bedeutung zu [34, 35]. Wichtig ist diese nicht zuletzt – auch angesichts der steigenden Krebsprävalenz – wegen der knappen finanziellen Mittel im Gesundheitssystem, die eine gezielte Allokation von Ressourcen auch in der medizinischen Rehabilitation erfordern.

Eine individuelle Rehabilitationsplanung umfasst Ziele in verschiedenen Dimensionen. Dazu zählen Ziele im körperlich/funktionalen Bereich; im Bereich Information und Alltag; im psychosozialen und zwischenmenschlichen Bereich sowie im beruflichen Bereich. In einer Untersuchung an einer Stichprobe von 1193 Krebspatienten zu Beginn einer onkologischen Rehabilitationsmaßnahme wurden als häufigste Therapieziele genannt: „körperlich fit werden für den Alltag“, „körperliche Beschwerden und Einschränkungen vermindern“, „wieder mehr Antrieb und Energie bekommen“, „lernen, besser mit Stress umgehen zu können“, „wieder mehr Lebensfreude empfinden“ und „wieder arbeitsfähig werden“ [35]. Der Erfolg der Rehabilitationsmaßnahme wird daran gemessen, ob diese spezifischen Ziele erreicht werden.

Aufnahme, rehabilitationsmedizinische Diagnostik und Behandlungsplanung

Für den Erfolg der Rehabilitationsmaßnahme sind eine sorgfältige Planung der Aufnahme, eine rehabilitationsdiagnostische Abklärung und eine individuelle Behandlungsplanung unter Berücksichtigung der patientenseitigen Rehabilitationsziele wichtig. Umfassende Informationsangebote für Patienten über die Ziele und den Nutzen der rehabilitativen Behandlung, über ihren Ablauf sowie über rehabilitative Interventionsangebote dienen der Vorbereitung der Rehabilitationsmaßnahme beziehungsweise bei Aufnahme in eine Klinik oder in ein ambulantes Programm der Vermittlung des verfolgten Rehabilitationskonzepts und der Ablaufprozesse, der Motivation der Rehabilitanden für einzelne Angebote sowie der Vorstellung der Einrichtung.

Die rehabilitationsmedizinische Diagnostik baut auf den akutmedizinischen Befunden (vor allem bei AR-Verfahren) und bei allgemeinen Heilverfahren darüber hinaus auf den weiteren diagnostischen Ergebnissen im Krankheitsverlauf auf. Sie zielt besonders auf beeinträchtigende Krankheits- beziehungsweise Behandlungsfolgen wie Schmerzsyndrome, Lymphödeme, Mobilitätseinschränkungen, Störungen der Sexual- und vegetativen Funktionen, Progredienzangst oder depressive Verstimmungen. Diese zeigen sich insbesondere bei Aktivitäten des täglichen Lebens im Haushalt und Beruf sowie als Anpassungsprobleme im familiären und beruflichen Umfeld. Die Rehabilitation zielt darauf, diese und andere Fähigkeitsstörungen und Beeinträchtigungen zu mindern.

Das rehabilitationsdiagnostische Verständnis orientiert sich am Rahmenkonzept der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, der Behinderung und Gesundheit (ICF) [36]. In der ICF werden folgende Dimensionen unterschieden: 1) Schädigungen von Körperfunktionen (zum Beispiel Schlafstörungen und Konzentrationsstörungen, insbesondere nach Chemotherapie); 2) Schädigungen der Körperstrukturen (zum Beispiel Schädigungen des Urogenitalsystems und reproduktiven Systems) und 3) Einschränkungen in der Aktivität und Partizipation (zum Beispiel Einschränkungen der Mobilität, Einschränkungen familiärer Beziehungen und im Arbeitsleben).

In der Versorgung von Langzeitfolgen kommt den im ICF-Modell konzeptuell vorgesehenen Kontextfaktoren, das heißt den umweltbezogenen und personbezogenen Faktoren, eine besondere Rolle zu. Gemeint sind damit sowohl die materielle, soziale und einstellungsbezogene Umwelt, in der die Betroffenen leben und sich entfalten können, als auch ihr individueller Hintergrund beziehungsweise die Bedingungen ihrer Lebensführung. Diese Kontextfaktoren können sich als förderlich oder auch als hinderlich für die Behandlung bestehender gesundheitlicher Einschränkungen erweisen. Entsprechend müssen sich die eingesetzten diagnostischen Verfahren insbesondere auf Einschränkungen der Alltagsaktivitäten und der Partizipation fokussieren.

Die umfassende Rehabilitationsdiagnostik dient der Erstellung eines individualisierten Therapieplans, der medizinische, physiotherapeutische, psychologische und kreativtherapeutische Behandlungsmaßnahmen sowie psychoedukative Interventionen umfasst und gegebenenfalls im Rehabilitationsverlauf angepasst werden muss. Abb. 3 gibt einen Überblick über einen rehabilitativen Behandlungspfad, der die Abschnitte Vorbereitung/Aufnahme, Rehabilitationsdiagnostik, Therapieplanung, Durchführung der Therapien und Verlaufskontrolle, Abschlussdiagnostik, Vorbereitung und Organisation der Nachsorge umfasst (vergleiche auch [37]). Der rehabilitative Behandlungspfad ist im gesamten Behandlungsprozess eines Krebspatienten nur ein Abschnitt – wenn auch ein für die Langzeitadaptation besonders relevanter.

Abb. 3
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Beispiel für einen rehabilitativen Behandlungspfad innerhalb der onkologischen Versorgung [37]

Therapeutische Angebote, rehabilitative Abschlussdiagnostik und Nachsorge

Die wesentlichen interventiven Maßnahmen im Rahmen einer individuell angelegten onkologischen Rehabilitation sind: ärztliche und pflegerische Maßnahmen (unter anderem Eingangs-, Verlaufs-, und Abschlussdiagnostik, Koordination und Prüfung des rehabilitativen Behandlungsplans einschließlich medikamentöser Therapien, Motivation und Förderung der Compliance); psychoonkologische Angebote und Patientenschulung (unter anderem Einzelgespräche und spezielle Gruppenangebote unter anderem zur Angst-, Depressions-, und Schmerzbewältigung, zur Verbesserung der Körperwahrnehmung, zur Unterstützung der Krankheitsverarbeitung; Schulungsangebote, Entspannungstrainings, Gesundheitsverhalten und -training); Physiotherapie und physikalische Therapie (unter anderem Mobilisierung bei Bewegungseinschränkungen und Linderung akuter sowie chronischer Beschwerdezustände der Muskulatur und des Bewegungsapparats); Ernährungsberatung und Ernährungstherapie; Ergo- und Kreativtherapie (unter anderem Schulung von Alltagsfertigkeiten, Feinkoordinationstraining) und Sozialberatung und Nachsorge (unter anderem Gruppen- und Einzelberatung als Hilfe zur Durchsetzung rechtlicher und finanzieller Ansprüche einschließlich Beratung zur Hilfsmittelversorgung, Motivation für die Inanspruchnahme von Nachsorgemaßnahmen).

Der Behandlungsprozess soll durch eine Verlaufsdiagnostik kontinuierlich überprüft werden. Die mit der Eingangsdiagnostik korrespondierende Abschlussdiagnostik und sozialmedizinische Begutachtung orientiert sich ebenfalls am ICF-Konzept und schließt auch die patientenseitige Evaluation der Zielerreichung ein. Bereits früh im Behandlungsprozess soll mit der Vorbereitung auf die sich der Rehabilitation anschließenden Nachsorge begonnen werden. Gezielte Hilfen bei der Kontaktvermittlung und innovative Ansätze in der Nachsorgegestaltung sollen den Übergang des Patienten in die Phase nach der Rehabilitation unterstützen.

Wirksamkeit der onkologischen Rehabilitation

Von der Rentenversicherung und den gesetzlichen Krankenkassen wurden in den letzten Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Qualität der rehabilitativen Leistungen (Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität, Zuweisungssteuerung) über wissenschaftlich fundierte Programme sicherzustellen. Für die onkologische Rehabilitation zeigt eine Reihe empirischer Studien eine Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit, der psychischen Befindlichkeit, der Krankheitsverarbeitung sowie der Lebensqualität [38]. Insbesondere bei patientennahen Ergebnisparametern belegen bisherige Studien deutliche Verbesserungen am Ende einer Rehabilitation, die mittelgradige, aber klinisch relevante Effektgrößen erreichen. Bei den Studien handelt es sich jedoch überwiegend um Prä-Post-Längsschnittuntersuchungen ohne randomisiert kontrollierte Forschungsdesigns. Darüber hinaus ist zum Teil unklar, wie lange die rehabilitationsspezifischen Effekte im Zeitverlauf andauern und welche Faktoren eine Nachhaltigkeit der Effekte fördern und mindern. Die Mehrzahl der Studien, die Katamnesezeitpunkte berücksichtigen, weist auf eine Verringerung des Rehabilitationserfolges zum Follow-up-Zeitpunkt hin [38]. Der Transfer von Forschungsergebnissen in die klinische beziehungsweise rehabilitative Praxis stellt eine weitere Herausforderung dar.

Weiterentwicklungsbedarf der onkologischen Rehabilitation

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Zahl an langzeitüberlebenden Krebspatienten und den vielfältigen Spät- und Langzeitfolgen der Erkrankung und Behandlung, die Auswirkungen auf viele Lebensbereiche haben, ergibt sich für die onkologische Rehabilitation eine Reihe von Optimierungsansätzen. Diese beziehen sich auf folgende Bereiche:

  • Verbesserung der Rehabilitationsdiagnostik, der Feststellung des Rehabilitationsbedarfs und Behandlungsplanung unter besonderer Berücksichtigung krebsspezifischer Spät- und Langzeitfolgen,

  • Flexibilisierung von Leistungsangeboten im Sinne einer variablen, auf individuelle Problemlagen und Rehabilitationsziele zugeschnittenen Gestaltung der Interventionsangebote (unter anderem Verbesserung von Maßnahmen zur beruflichen Reintegration),

  • Ausbau wohnortnaher, ambulanter Rehabilitationsangebote, die in die Versorgung an Krebszentren eingebunden sind beziehungsweise mit diesem in enger Kooperation stehen,

  • Verbesserung der Vernetzung zwischen den stationären, ambulanten und rehabilitativen Versorgungssektoren und Sicherstellung der Kontinuität der Versorgung,

  • Ausbau von Forschungsinitiativen.

Dabei bietet das ICF-Konzept als theoretisches Modell eine sehr gute Grundlage für die Weiterentwicklung und Ausgestaltung der Rehabilitationsdiagnostik und valider diagnostischer Instrumente und Screeningverfahren. Allerdings besteht gegenwärtig noch eine deutliche Diskrepanz zwischen diesen Optionen und der Rehabilitationspraxis. Auch wenn inzwischen für viele rehabilitationsrelevante Bereiche (unter anderem psychische Belastungen) valide diagnostische Verfahren zur Verfügung stehen, bedarf es vor allem der Entwicklung von Instrumenten, die rehabilitationsspezifisch im Sinne der ICF auf die Krankheitsfolgen fokussieren. Eine weitere Voraussetzung ist eine angemessene Implementierung neuer Verfahren (unter anderem bei medizinischen Prüfdiensten der Kostenträger, bei den im Krankenhaus zuständigen Ärzten und Sozialarbeitern und bei den niedergelassenen Ärzten).

Im Rahmen der Rehabilitationsplanung ist eine stärkere Fokussierung auf konkrete, realistische und individuelle Rehabilitationsziele sinnvoll, die im Team gemeinsam mit dem Patienten abgestimmt werden. Die Maßnahmengestaltung orientiert sich sowohl mit Blick auf generische als auch auf indikationsspezifische Maßnahmen an Reha-Therapiestandards (RTS) der Deutschen Rentenversicherung (DRV, vergleiche unter anderem [39, 40]). Dabei soll sich die Gestaltung der Interventionsangebote flexibel an den individuellen Problemlagen und Rehabilitationszielen des Patienten orientierten. Hier stellt unter anderem die Verbesserung von Maßnahmen zur beruflichen Reintegration im Rahmen der medizinischen Rehabilitation ein wichtiges Zielkriterium dar.

Die Möglichkeit zur Wahl des Rehabilitationssettings ist eine wichtige Voraussetzung für die Flexibilisierung von Rehabilitationsmaßnahmen. Über ambulante rehabilitative Angebote können wohnortnahe Hilfsangebote realisiert und lokale Hilfsmöglichkeiten und Ressourcen besser genutzt werden. Gleichzeitig sollen sie dazu beitragen, bisher unterversorgte Gruppen rehabilitationsbedürftiger Patienten zu erreichen. Die Flexibilisierung der rehabilitativen Angebote verbessert auch die Vernetzung zwischen den stationären, ambulanten und rehabilitativen Versorgungssektoren. Gerade vor dem Hintergrund der bei Krebspatienten häufig auftretenden Langzeit- und Spätfolgen ist die Sicherstellung der Versorgungskontinuität auch nach Beendigung einer Rehabilitationsmaßnahme von zentraler Bedeutung.

Zur Verbesserung der rehabilitativen und onkologischen Versorgung müssen die Forschung und Qualitätssicherung weiter ausgebaut werden. Neben der Prüfung spezifischer rehabilitativer Interventionen in Studien mit hoher methodischer Güte (unter anderem randomisiert kontrollierte Studien) sind auch Versorgungsforschungsstudien erforderlich, die sich unter anderem auf Inanspruchnahmeprozesse sowie auch auf den Transfer rehabilitativer Erfolge in den Alltag konzentrieren.