Hintergrund

Die aktive Beteiligung von Patienten wird im Zuge einer zunehmend geforderten Patientenorientierung im Gesundheitswesen als wichtig für Prozessveränderungen in der Gesundheitsversorgung angesehen. Patienten sollen zu kompetenten Partnern und Experten werden, die Verantwortung für ihr Gesundheitsverhalten übernehmen. Eine höhere Selbstbeteiligung wird dabei sowohl von den Patienten als auch von gesundheitspolitischer Seite gefordert.

Diese Entwicklung resultiert einerseits aus einem veränderten Rollenverständnis der Patienten. Ausgehend von einer früher stärker paternalistisch geprägten Gesundheitsversorgung, die den Patienten eine passive Rolle zuschrieb [1], sollen sie heute eine eher aktive Rolle im Rahmen der Behandlung einnehmen. Patienten haben mittlerweile eine Fülle an Möglichkeiten, sich über verschiedene Medien über ihre Erkrankungen und deren Behandlungsmöglichkeiten zu informieren. Zudem erwartet mittlerweile auch ein Großteil der Patienten, über ihre Erkrankung und entsprechende Therapieoptionen umfassend aufgeklärt [2] sowie bei Entscheidungs- und Behandlungsprozessen [3] aktiver beteiligt zu werden.

Andererseits wurde auch von gesundheitspolitischer Seite im Zuge aktueller Gesundheitsreformen eine stärkere Beteiligung der Patienten zunehmend thematisiert. Es wird erwartet, dass eine stärkere Selbstbeteiligung das Selbstmanagement einer Erkrankung verbessert und letztlich auch zu finanziellen Entlastungen im Gesundheitswesen führen kann [4]. Darüber hinaus sind Ärzte dazu verpflichtet, ihre Patienten über die Chancen und Risiken der zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten aufzuklären [5].

Auch aufgrund demografischer Veränderungen und des medizinischen Fortschritts steigender Prävalenzraten chronischer Erkrankungen [6], die hohe Anforderungen an die Patienten im Umgang mit ihnen stellen, wird vom Patienten verlangt, sich aktiv an der Behandlung zu beteiligen. Zudem liegen häufig auch mehrere evidenzbasierte Therapieoptionen vor. Damit steigt die Notwendigkeit, diese hinsichtlich ihrer Effektivität und Nebenwirkungen sowie unter Berücksichtigung individueller Bedürfnisse gegeneinander abzuwägen [7].

Nicht zuletzt zeigen Forschungsergebnisse, dass eine stärkere Beteiligung von Patienten unter anderem zu einer höheren Behandlungszufriedenheit, einer verbesserten Adhärenz, mehr Wissen über die Erkrankung, weniger Entscheidungskonflikten [8], einem verbessertem Gesundheitsverhalten beziehungsweise Selbstmanagement [9], einem verbesserten Gesundheitsstatus sowie zu einer verringerten Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen [10] führen kann.

Selbstbeteiligung beziehungsweise Patientenbeteiligung ist ein umfassendes Konzept, das auf verschiedene Aspekte der Patientenversorgung übertragen wurde. Es umfasst die Beteiligung an medizinischen Entscheidungsfindungsprozessen, an der Behandlung beziehungsweise am Management chronischer Erkrankungen und auch auf der Systemebene (zum Beispiel die Beteiligung von Patienten an der Planung und Bewertung von Versorgungsleistungen).

Patientenbeteiligung ist ein sektorübergreifend relevantes Thema, jedoch aufgrund des hohen Anteils chronisch erkrankter Patienten von besonderer Relevanz für die medizinische Rehabilitation. Hier steht die Entwicklung von Selbstmanagementkompetenzen besonders im Vordergrund. Eine stärkere Patientenbeteiligung ist in der medizinischen Rehabilitation somit seit dem Sozialgesetzbuch (SGB) IX 2001 und dem Eckpunktepapier zur Modernisierung des Gesundheitswesens 2003 (gesetzlich) verankert. Eine Beteiligung ist auf allen Ebenen der rehabilitativen Versorgung indiziert: an der Diagnostik, an Zielvereinbarungsprozessen, an Rehabilitationsbehandlung sowie an Qualitätssicherungsprozessen [11].

Im Folgenden sollen zunächst diese verschiedenen Konzepte der Selbstbeteiligung konkretisiert, sowie Möglichkeiten ihrer Umsetzung in die Praxis dargestellt und dabei auftretende Barrieren diskutiert werden. Anschließend werden erforderliche Anpassungen zur Anwendung dieser Konzepte in der medizinischen Rehabilitation diskutiert und schließlich aktuelle rehabilitationsspezifische Forschungsschwerpunkte zur partizipativen Versorgungsgestaltung beschrieben.

Selbstbeteiligung: aktuelle Konzepte und praktische Umsetzung

Konzepte zur Selbstbeteiligung versuchen, Patienten aktiv in ihre Versorgung einzubinden. Dabei kann zum einen die Beteiligung an Behandlungsprozessen, zum anderen die Beteiligung auf Systemebene fokussiert werden. Tab. 1 gibt einen Überblick über die im Folgenden beschriebenen Konzepte und praktischen Umsetzungen.

Tab. 1 Konzepte zur Stärkung der Selbstbeteiligung und praktische Umsetzung

Partizipative Entscheidungsfindung

Unter partizipativer Entscheidungsfindung (PEF) versteht man einen Interaktionsprozess mit dem Ziel, unter gleichberechtigter aktiver Beteiligung von Patient und Arzt auf Basis geteilter Informationen zu einer gemeinsam verantworteten Übereinkunft zu kommen [12]. Dabei fließt die Information in beide Richtungen, der Arzt stellt medizinische Informationen bereit, der Patient berichtet von seinen Präferenzen und persönlichen Lebensumständen, die für die Entscheidung von Relevanz sein können. Arzt und Patient treffen die Entscheidung gemeinsam und teilen sich die Verantwortung.

Für eine gelungene Partizipation an einer medizinischen Entscheidung liegen konsensuell entwickelte Handlungsschritte vor [12], die die für eine Beteiligung wichtigen Gesprächselemente als Orientierungshilfe beinhalten: Der gemeinsame Entscheidungsprozess beginnt damit, dass zunächst von ärztlicher Seite die Notwendigkeit einer Behandlungsentscheidung und das Angebot einer gleichberechtigten Zusammenarbeit beider Partner bei der Entscheidungsfindung formuliert werden. Daraufhin erfolgt die Beschreibung der unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen. Anschließend wird der Patient gefragt, ob er die Informationen verstanden und welche Erwartungen und Befürchtungen er hinsichtlich der Entscheidung hat. Im nächsten Schritt werden die unterschiedlichen Präferenzen von Patient und Arzt ermittelt, es erfolgt ein Abwägen der Behandlungsalternativen, und es wird ein Plan zur Umsetzung der gewählten Behandlung beschlossen [13].

Das Konzept der partizipativen Entscheidungsfindung ist vor allem dann angezeigt, wenn mehrere gleichwertige, im besten Fall evidenzbasierte Therapieoptionen zur Wahl stehen und wenn die Konsequenzen für den Patienten groß sind, das heißt, wenn es sich um eine lebensbegleitende und -verändernde Erkrankung handelt (zum Beispiel eine Hypertonie). In vielen Fällen kann hierbei zunächst zwischen Basismaßnahmen wie Gewichtsreduktion, Ernährungsumstellung, Bewegung und der Senkung des Blutdrucks durch Medikamente entschieden werden.

Medizinische Fachinformationen

Innerhalb der PEF-Prozessschritte spielt die angemessene Vermittlung medizinischer Fachinformationen eine große Rolle. Wichtig ist dabei die verständliche und unverzerrte Kommunikation von Risiken und Nebenwirkungen, aber auch der Effekte der zur Wahl stehenden Interventionen. Als verständliche Darstellungsformen haben sich Angaben zu absoluten Häufigkeiten beziehungsweise grafische Darstellungen absoluter Häufigkeiten mittels Entscheidungstafeln herausgestellt [14]. Auch scheint eine zum Beispiel am Alter oder an anderen Faktoren personalisierte Risikokommunikation für eine Entscheidungsfindung von Vorteil zu sein [15]. Systematische Übersichtsarbeiten zeigen, dass Patienteninformationen das Wissen über die Erkrankung und Behandlungsmöglichkeiten verbessern, insbesondere wenn sich diese an den Bedürfnissen der Patienten orientieren.

Entscheidungshilfen

Entscheidungshilfen (sogenannte Decision Aids) beinhalten eine verständliche Darstellung der Behandlungsmöglichkeiten mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen sowie mit Wahrscheinlichkeitsangaben zum Behandlungserfolg. Sie unterstützen auf diese Weise die Beteiligung von Patienten [16]. Zudem sollen Werte und Präferenzen im Rahmen der Entscheidungsfindung der Patienten berücksichtigt und integriert werden. Entscheidungshilfen können in Form von Broschüren, Filmen oder Internetseiten vorliegen. Zur Qualitätssicherung wurden in einer internationalen Arbeitsgruppe Kriterien für ihre Entwicklung und Evaluation entwickelt (International Patient Decision Aid Standards). Anhand dieser Kriterien wird zum Beispiel geprüft, ob eine Entscheidungshilfe systematisch entwickelt wurde, ob die Informationen neutral dargestellt sind, ob sie den Nutzer dazu anleitet, Optionen abzuwägen, ihn durch den Entscheidungsprozess führt und ihre Effekte in Studien überprüft worden sind [17]. Evaluationsstudien zeigen, dass der Einsatz von Entscheidungshilfen bei Patienten zu mehr Wissen, realistischeren Erwartungen über den Erkrankungsverlauf, weniger Entscheidungskonflikten, höherer Zufriedenheit und verbesserter Therapietreue führt [16].

Patientenschulungen

Patientenschulungen zur partizipativen Entscheidungsfindung zielen auf eine Stärkung der Patientenkompetenzen (Empowerment) und die Vermittlung kommunikativer Fertigkeiten für das Gespräch mit dem Arzt [18]. Im Gegensatz zu Entscheidungshilfen beinhalten Patientenschulungen keine krankheitsspezifischen Informationen und fokussieren nicht auf eine klar umrissene medizinische Entscheidung. Patienten stellen nach einer Schulung in der Konsultation mehr Fragen, haben mehr Kontrolle über ihre Gesundheit und äußern einen stärkeren Wunsch nach Beteiligung. Studien weisen zudem darauf hin, dass sich Patienten nach einer Schulung besser an Informationen aus dem Arztgespräch erinnern und die Behandlung sowie Behandlungsempfehlungen besser verstehen. Es lassen sich auch Effekte auf die Selbstwirksamkeit, den Gesundheitszustand und das Inanspruchnahmeverhalten der Patienten feststellen [8].

Ärztliche Fortbildungsmaßnahmen

Im Rahmen von ärztlichen Fortbildungsmaßnahmen zur partizipativen Entscheidungsfindung werden spezifische ärztliche Gesprächs- und Handlungskompetenzen vermittelt. Dazu gehört, dass Ärzte die individuellen Bedürfnisse ihrer Patienten nach Beteiligung am medizinischen Entscheidungsprozess spezifisch erfragen. Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist die Kommunikation der Vor- und Nachteile bestimmter Behandlungsoptionen sowie möglicher Risiken oder Ungewissheiten. Aufbauend auf gut evaluierten Fortbildungsprogrammen [19] wurden auch in Deutschland entsprechende Trainings für Ärzte entwickelt und überprüft (zum Beispiel [20]). Studien zeigen, dass diese die Entscheidungsbeteiligung und Behandlungszufriedenheit der Patienten erhöhen, die Ärzte fühlen sich durch die Umsetzung der Fortbildungsinhalte entlastet und zufriedener, ihr Umgang mit den Anliegen der Patienten und die Güte der Diagnostik verbessern sich [21].

Beteiligung am Management der Erkrankung

Neben dem PEF-Ansatz existieren weitere, die eine Partizipation des Patienten an der Gesundheitsversorgung fokussieren. Beispielsweise ist ihre aktive Beteiligung an der Behandlung einer chronischen Erkrankung explizit im Rahmen des Chronic Care Modells verankert (deutsche Adaptation: [22]). Es thematisiert neben der Verwendung evidenzbasierter Leitlinien, der Umsetzung strukturierter Arbeitsabläufe, der Vernetzung der Versorgungseinrichtung und dem Einsatz klinischer Informationssysteme insbesondere auch ein verbessertes Selbstmanagement, das die aktive Rolle des Patienten im Behandlungsverlauf stärken soll [22]. Unter Selbstmanagement wird in diesem Zusammenhang die Hilfe zur Selbsthilfe verstanden, um im Sinne eines Empowerments die Patientenrolle und -kompetenz zu stärken. So wird der Patient motiviert, sich selbstständig Ziele zu setzen, Barrieren und Herausforderungen zu identifizieren und seinen Gesundheitszustand zu überwachen [22]. Das Selbstmanagement chronischer Erkrankungen bezieht sich dabei insbesondere auf den Medikamentengebrauch, Lebensstilveränderungen, Verhaltensveränderungen zur Prävention von Langzeitkomplikationen oder die Behandlungsadhärenz.

Um den selbstverantwortlichen Umgang (Selbstmanagement) mit einer Erkrankung zu fördern, werden insbesondere Patientenschulungen eingesetzt. Diese Selbstmanagement-Programme fokussieren darauf, Patienten mit chronischen Erkrankungen zu motivieren und in die Lage zu versetzen, mit ihrer Erkrankung besser zurechtzukommen. Es gibt zahlreiche krankheitsspezifische Schulungen, die zum Teil das Selbstmanagement der chronischen Erkrankung verbessert haben [23]. Als generisch wirksame Bestandteile dieser spezifischen Schulungsprogramme haben sich zum Beispiel Zielvereinbarungen in der Behandlungsplanung, Vermittlung von Kompetenzen zur aktiven Beteiligung bei Behandlungsentscheidungen, Monitoring der Erkrankung oder eine problemlösungsorientierte Handlungsplanung und Umsetzung sowie die Entwicklung von Strategien zur Bewältigung der Erkrankungsfolgen herausgestellt [24]. Diese Bestandteile werden in indikationsübergreifenden Selbstmanagementprogrammen zusammengefasst.

Die überwiegende Zahl der Patientenschulungen wird im Gruppensetting von den Behandlern durchgeführt [23]. Es gibt jedoch auch zunehmend Schulungen durch speziell ausgebildete Patienten (expert patients). Deren Wirksamkeit konnte auch belegt werden [25]. Eine individualisierte Schulung erfolgt zum Beispiel im Rahmen des Gesundheitscoachings, ein Ansatz, der häufig zur Schulung von Selbstmanagement-Komponenten verwendet wird. Hier steht dem Patienten ein Berater zur Verfügung, um ihn bei erforderlichen Verhaltensänderungen zu unterstützen. Dabei wird insbesondere die Gesprächstechnik des Motivational Interviewing genützt, das sich als effektiv zur Veränderung gesundheitsbezogener Verhaltensweisen erwiesen hat [26].

Eine weitere zentrale Strategie zur Verbesserung des Managements von Erkrankungen, die auch wesentlicher Bestandteil der oben genannten Selbstmangementprogramme und des Gesundheitscoachings ist, sind Zielvereinbarungen [27]. Unter Zielvereinbarung wird ein Prozess verstanden, in dem sich Behandler und Patient gemeinsam auf gesundheitsbezogene Zielsetzungen (collaborative goal setting) einigen. Patienten sollen hierdurch stärker motiviert werden, sich zu beteiligen. Ein zielorientiertes Vorgehen wird insbesondere für die Umsetzung von häufig erforderlichen Lebensstilveränderungen bei chronischen Erkrankungen empfohlen [27]. Die Zielsetzungen sollten dabei eher spezifisch formuliert und kurzfristig sein; Rückmeldungen über die Zielerreichung sind wichtig. Von wesentlicher Bedeutung ist insbesondere die gemeinschaftliche Vereinbarung zwischen Behandler und Patient [28]. Studien zeigen, dass der Zielvereinbarungsprozess unter anderem die Beteiligung der Patienten an der Behandlung und ihre Selbstmanagementfähigkeit erhöht [29].

Beteiligung auf der Planungs- und Bewertungsebene von Versorgungsleistungen

Neben ihrer Beteiligung an medizinischen Entscheidungen und am Erkrankungsmanagement wurden im Zuge der veränderten Rollenverteilung zwischen Arzt und Patient auch zunehmend die berechtigten Ansprüche der Patienten an die Qualität von Gesundheitsleistungen gefestigt. Daraus folgte unter anderem eine stärker werdende Beteiligung von Patienten auch auf Ebenen der Gestaltung und Qualitätsverbesserung von Versorgungsleistungen. Eine zentrale Komponente ist dabei die Bewertung der Ergebnisqualität einer Behandlung, das heißt ihres Erfolges mit Blick auf die Heilung, Linderung beziehungsweise die Patientenzufriedenheit. Hierzu können Patientenbefragungen durchgeführt werden, um Defizite in der Versorgungsqualität aus Patientensicht zu identifizieren und zu verringern [30].

Eine weitere Möglichkeit, die Erfahrungen von Patienten bei der Beurteilung medizinischer Maßnahmen zu berücksichtigen und in die Qualitätssicherung einfließen zu lassen, ist ihre Einbindung in die Entwicklung von Leitlinien. Diese ist mittlerweile internationaler und nationaler Standard [31]. In Deutschland wird die Beteiligung von Patienten an der Entwicklung der Nationalen Versorgungsleitlinien seit 2005 umgesetzt; die Patienten beziehungsweise Patientenvertreter sollen ihre Erfahrungen in die Leitlinienentwicklung einbringen.

Barrieren bei der Umsetzung von Selbstbeteiligung

Trotz der nachgewiesenen positiven Effekte einer Beteiligung der Patienten an der Behandlung gibt es noch deutliche Defizite bei der Implementierung einer partizipativen Versorgung – sowohl hinsichtlich der Entscheidungsfindungsprozesse als auch im Rahmen des Erkrankungsmanagements. Die hierfür ursächlich verantwortlichen Faktoren werden im Folgenden dargestellt (Tab. 2).

Tab. 2 Mögliche Barrieren bei der Umsetzung von Selbstbeteiligung

Basierend auf einem aktuellen Review [32] lassen sich bei der Umsetzung einer partizipativen Entscheidungsfindung folgende arztseitige Barrieren identifizieren: Am häufigsten wird von ärztlicher Seite Zeitmangel als zentrales Problem genannt. Zudem geben Ärzte an, dass eine Patientenbeteiligung an medizinischen Entscheidungen aufgrund bestimmter Patienteneigenschaften und bestimmter klinischer Situationen nicht umsetzbar ist beziehungsweise nicht den Präferenzen des Patienten entspricht [32]. Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, dass Ärzte die Beteiligungspräferenzen ihrer Patienten häufig vorwegnehmen, ohne sie explizit darauf anzusprechen.

Patientenseitig werden als Barrieren insbesondere eine mangelnde Gesundheitskompetenz und das geringe Ausmaß der individuellen Aktivierung diskutiert. Gesundheitskompetenz (health literacy) ist definiert als das Ausmaß der Fähigkeit, grundlegende Gesundheitsinformationen und Angebote, die für angemessene gesundheitsrelevante Entscheidungen und Handlungen erforderlich sind, zu erhalten, zu verarbeiten und zu verstehen [33]. Bei Anforderungen, die sich aus einer Erkrankung ergeben, wird auch von einer Patientenkompetenz als spezifische Form der Gesundheitskompetenz gesprochen [34]. Die Prävalenz für eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz liegt in der Gesamtbevölkerung bei circa 25% [35]. Es werden drei aufeinander aufbauende Dimensionen von Gesundheitskompetenz unterschieden [36]:

  • funktionale Dimension: Grundfertigkeiten im Lesen und Schreiben, die es beispielsweise ermöglichen, gesundheitsrelevante Informationen zu verstehen,

  • interaktive Dimension: insbesondere soziale Fertigkeiten, wie zum Beispiel aktive Informationsbeschaffung zu Gesundheitsthemen und Kommunikation darüber; Anwendung dieser Informationen,

  • kritische Dimension: Fähigkeit, sich mit gesundheitsbezogenen Informationen kritisch auseinanderzusetzen und diese im Sinne einer verbesserten Krankheitsbewältigung optimal zu nutzen.

Aktuelle systematische Übersichtsarbeiten zeigen, dass sich eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz negativ auf den Prozess der partizipativen Entscheidungsfindung [37] und die aktive Beteiligung an der Behandlung sowie auf das Selbstmanagement [38] auswirken kann.

Das relativ neue Konzept der individuellen Aktivierung (patient activation) beschreibt das Rollenverständnis des Patienten in Bezug auf das Erkrankungsmanagement und ob er sich in der Lage fühlt, diese Rolle zu erfüllen [39]. Im Speziellen bezieht sich das Modell auf die Fähigkeiten von Patienten, mittels Wissen und dem nötigen Selbstvertrauen ihre Erkrankung und Gesundheitsversorgung eigenständig zu managen [40]. Ähnlich dem für allgemeine Verhaltensänderungen entwickelten Stages-of-Change-Modell, werden in diesem Konzept unterschiedliche Stadien einer spezifischen Aktivierung für die Bewältigung chronischer Erkrankungen postuliert. Zudem fokussiert das Modell nicht nur auf Verhaltensänderungen, sondern auch auf Wissen, Einstellungen und weitere im Kontext der eigenen Gesundheitsversorgung erforderliche Fähigkeiten [41]. Das erste Stadium bezieht sich auf das Rollenverständnis des Patienten (passiv versus aktiv) gegenüber seiner Behandlung. Die zweite Phase ergänzt dies um das erforderliche Selbstvertrauen und Wissen, um geplante Handlungen umsetzen zu können. Das dritte Stadium bezieht sich auf die Umsetzung in konkrete Handlungen, das vierte Stadium auf die Aufrechterhaltung dieser Handlungen. Das Modell sieht vor, Interventionen an das individuelle Aktivierungsausmaß anzupassen, um größtmögliche Effekte zu erreichen [42]. Es zeigt sich, dass sich höhere Aktivierungsphasen positiv auf die Selbstmanagementfähigkeiten [41], das Outcome [43] und die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen [44] auswirken können.

Konzeptionelle Probleme

Neben den genannten inhaltlichen Faktoren sind konzeptionelle Probleme und deren Auswirkungen als mögliche Barrieren der Implementierung entsprechender Beteiligungsmaßnahmen zu diskutieren. Ein mögliches Problem ist, dass im Konstrukt Patientenbeteiligung sehr heterogene Dimensionen zusammengefasst werden, wie zum Beispiel Edukation, Selbstmanagement, Empowerment, Patientenorientierung, Engagement oder partizipative Entscheidungsfindung, die jeweils mehr oder weniger stark auf überschneidende Aspekte einer Patientenbeteiligung fokussieren. Das Thema der partizipativen Versorgungsgestaltung ist somit komplex und multifaktoriell. Ein weiteres Problem liegt darin, dass die meisten dieser Dimensionen als nur unzureichend theoretisch fundiert beziehungsweise definiert gelten [45]. Das hat zum einen zur Folge, dass in Studien zum Thema „Patientenbeteiligung“ häufig heterogene Ergebnisindikatoren verwendet werden, die oft nur unzureichend operationalisiert sind. Damit ist die Vergleichbarkeit von Studien häufig deutlich eingeschränkt [10]. Zum anderen herrscht sowohl im Bereich der Evaluations-/Versorgungsforschung als auch in der derzeit gängigen Qualitätsmanagementpraxis [46] trotz des hohen Bedarfs noch ein Mangel an verlässlichen Endpunkten zur Evaluation einer partizipativen Versorgung [47]. Obwohl die Versorgung durch die Umsetzung verschiedener Aspekte von Patientenbeteiligung weiter verbessert werden könnte, kann dadurch die Implementierung evidenzbasierter Maßnahmen erschwert werden. Aktuelle Ansätze versuchen daher, die verschiedenen Dimensionen einer partizipativen Versorgung in einem Konzept zusammenzufassen. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang das Behaviour Engagement Framework [48], das versucht, alle für eine optimale Nutzung der Gesundheitsversorgung erforderlichen patientenseitigen Faktoren zu erfassen.

Adaptation von Konzepten der Selbstbeteiligung für die Rehabilitation

Anforderungen an die partizipative Entscheidungsfindung

Bei der Umsetzung von PEF in der Rehabilitation ergeben sich besondere Anforderungen [49]. Hier bestimmt vor allem die Art der Erkrankung (akut – chronisch, somatisch – psychisch) den Entscheidungsprozess und die damit verbundenen Konsequenzen. Zudem muss unterschieden werden, ob es sich um eine Behandlungs- beziehungsweise Zielplanung handelt oder um eine Therapieentscheidung. Gerade weil Entscheidungen in der Rehabilitation häufig mit weitreichenden Konsequenzen für das berufliche und private Umfeld verbunden sind, gilt es auch, den Einfluss und die Rolle Dritter, zum Beispiel Angehörige oder Arbeitgeber, zu berücksichtigen [50]. Zudem verläuft der Entscheidungsfindungsprozess nicht nur dyadisch zwischen (einem) Arzt und einem Patient. Häufig sind mehrere Hierarchieebenen, Entscheidungsgremien und Professionen beteiligt. Dies führt dazu, dass bei der Entscheidung alle aus einer multidisziplinären Sichtweise relevanten Aspekte und die unterschiedlichen Rollen der einzelnen Behandler berücksichtigt werden müssen [51]. Aufgrund dieser Tatsache sind die Handlungsschritte der PEF auf mehrere Personen und Gesprächssituationen verteilt. Bei der Implementierung von PEF in der Rehabilitation spielen also vor allem die Berücksichtigung verschiedener Ebenen im Entscheidungsprozess, die Integration komplexer Interaktionsprozesse auf verschiedenen Entscheidungsebenen und organisatorische Barrieren (zum Beispiel hoher Zeitdruck) eine große Rolle [51]. Dies erfordert eine effektive Koordination und Kommunikation zwischen verschiedenen Berufsgruppen und einer Klärung der Rollen aller am Behandlungsprozess Beteiligten. Dies wird aber in den bestehenden PEF-Theorien noch nicht ausreichend berücksichtigt [52]. Eine entsprechende Erweiterung erfolgte durch Körner et al. [11]. Voraussetzung für eine gelungene Beteiligung von Patienten ist hier neben einer adäquaten Behandler-Patient-Interaktion eine gute interne Kommunikation, die 1) den Austausch von Informationen, 2) eine Abstimmung der an der Behandlung beteiligten Mitarbeiter sowie 3) die Kooperation beziehungsweise Partizipation der Behandler im Team umfasst [11]. Erforderlich sind somit Maßnahmen zur Verbesserung der organisatorischen Rahmenbedingungen sowie des Interaktionsverhaltens der Mitarbeiter einer Rehabilitationsklinik [53]. In einer ersten Phase des partizipativen Entscheidungsprozesses sollte zunächst ein Informationsaustausch zur Informationsgewinnung zwischen Patient und Behandler stattfinden, anschließend die Entscheidung im Rehabilitationsteam vorbereitet werden, um dann schließlich in einem weiteren Behandler-Patient-Kontakt zu einer Entscheidungsfindung zu gelangen [11]. Die Entscheidungsvorbereitung im Team soll nach dem interdisziplinären Teammodell [54] erfolgen, in dem – anders als im paternalistischen Interaktionsmodell – ein gleichberechtigter, kooperativer Austausch und eine gemeinsame Entscheidungsvorbereitung stattfindet.

Anforderungen an die Beteiligung am Erkrankungsmanagement

Zur Durchführung von Patientenschulungen in der medizinischen Rehabilitation wurden bereits explizit formale und inhaltliche Aspekte sowie Bewertungskriterien festgelegt (vergleiche [55]). Wesentlich ist, dass es sich bei diesen Patientenschulungen um manualisierte, interaktive Gruppenangebote mit mehreren Schulungseinheiten handelt. Weitere definierte Qualitätsmerkmale sind die Schulungsdurchführung in einer geschlossenen Gruppe unter Einbezug von Angehörigen, Kontakte zur Nachsorge sowie Materialien zur Lernerfolgskontrolle im Manual. Zudem existieren indikationsspezifische Anforderungen an die Inhalte einer Patientenschulung. Eine Überprüfung dieser Standards zeigte, dass bei ihrer Umsetzung noch Entwicklungsbedarf besteht [55].

Zielvereinbarungen sind auch im Rahmen der medizinischen Rehabilitation ein zentrales Element der Rehabilitationspraxis und -forschung [56], sie sind insbesondere in einem multiprofessionellen Team wichtig und Voraussetzung für die Ausrichtung von Rehabilitationsprozessen. Anforderungen an Zielvereinbarungen in der Rehabilitation wurden erstmalig von Schut und Stam [57] formuliert. Danach sind Ziele im Rahmen einer Behandlung im multiprofessionellen Team nach der SMART-Regel festzulegen (specific, measurable, achievable, relevant, time-limited). Empirische Befunde sprechen für die Nutzen dieser einzelnen Kriterien (vergleiche [56]). Zudem sollten die grundlegenden Zielsetzungen der Rehabilitation (entsprechend der Taxonomie der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit, ICF) beziehungsweise ihre übergeordneten Ziele, wie drohende oder manifeste Beeinträchtigungen der Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gesellschaft abzuwenden, zu beseitigen oder zu mildern, berücksichtigt werden. Insbesondere müssen Teilhabeziele vor dem Hintergrund der individuellen Kontexte vereinbart werden [58]. Auch die Motivation und Einstellung der Patienten sowie die im Rahmen einer Rehabilitation zur Verfügung stehenden zeitlichen Ressourcen sollten berücksichtigt werden [56]. Studien zeigen, dass in der Rehabilitation zwischen den Zielvorstellungen der Rehabilitanden und der behandelnden Ärzte große Diskrepanzen bestehen und Patienten zum Teil ohne konkrete Erwartungen in die Rehabilitation kommen [58].

Anforderungen an die Beteiligung bei der Versorgungsplanung und -bewertung

Zur Beurteilung des Erfolges einer medizinischen Rehabilitation stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung (zum Beispiel Fragebögen, ärztliche Untersuchungen, Laborparameter). Von besonderer Bedeutung sind jedoch Fragebogenerhebungen, da diese gut geeignet sind, patientenseitige Einschätzungen zu Einschränkungen von Aktivitäten und Teilhabe zu erfassen. Diese Aspekte bilden die Zielsetzungen einer Rehabilitation ab (Reintegration in das Berufsleben und selbstständige Bewältigung des Alltagslebens). Zudem müssen Faktoren, die die Bewertung des Behandlungsergebnisses beeinflussen, erfasst werden, wie patientenseitige Behandlungsziele, Patientenerwartungen und Patientenpräferenzen [59].

Aktuelle Forschung zur Stärkung der Selbstbeteiligung in der Rehabilitation

Aktuelle Forschungsprojekte zum Thema „Selbstbeteiligung in der Rehabilitation“ resultieren insbesondere aus einem Förderschwerpunkt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der Deutschen Rentenversicherung, der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen und des Verbands der privaten Krankenversicherung e.V. Hier wurden ab 2008 Projekte zum Thema „Chronische Krankheiten und Patientenorientierung“ gefördert. Unter Patientenorientierung wird in diesem Zusammenhang sowohl die Ausrichtung der Versorgung auf individuelle Patientenbedürfnisse als auch die Ausrichtung der Versorgungsstrukturen und Versorgungsprozesse auf die Unterstützung von Empowerment, Selbstmanagement und Selbstverantwortung der Betroffenen verstanden. Dies schließt auch die Orientierung der Rehabilitation an der partizipativen Entscheidungsfindung ein. Ziel des Förderschwerpunktes ist die Untersuchung der langfristigen Wirkung von Versorgungsleistungen durch den Einbezug und die aktive Beteiligung chronisch kranker Menschen. Die Forschungsvorhaben sind auf besondere Zielgruppen wie Patienten mit Migrationshintergrund oder mit niedrigem Bildungsniveau ausgerichtet und lassen sich den nachfolgend dargestellten Themen zuordnen.

Bedarfsgerechte Patienteninformation

Hier geht es um die Verbesserung des spezifischen Wissens chronisch kranker Menschen durch bedarfsgerechte Information. Zum einen wird der Bedarf an Patienteninformation über Krankheiten und deren Behandlung untersucht, zum anderen sind die Zugangswege verschiedener Patientengruppen zu Informationsmaterialien von Interesse.

Schulungsprogramme für chronisch kranke Menschen

Weiterentwickelte und evaluierte Schulungsprogramme sollen Rehabilitationspatienten darin fördern, selbstbestimmte Entscheidungen über ihre Lebensführung und zum Umgang mit der Krankheit und ihren Folgen zu treffen (Empowerment). Durch die Vermittlung von Wissen und Kompetenzen soll der eigenverantwortliche Umgang der Patienten mit der chronischen Erkrankung gestärkt werden. Die Schulungen richten sich speziell an den Lebens- und Arbeitswelten der Patienten aus.

Organisation einer partizipativen Versorgungsgestaltung

Die bedarfsgerechte und zielgruppenspezifische Verankerung von Patienten- und Teilnehmerorientierung in Versorgungsstrukturen ist ein weiterer Bereich des Förderschwerpunktes. Hier stehen die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit des Einbezugs von Patienten im Vordergrund. Dazu gehört die Analyse der Faktoren, die auf Organisationsebene eine partizipative Versorgungsgestaltung verhindern oder aber ermöglichen (zum Beispiel Zeitfaktoren, Zusammensetzung von Behandlungsteams oder die Interaktion verschiedener Versorgungssektoren).

Themen, auf die sowohl Patienteninformationen als auch Schulungsprogramme vorbereiten sollen, sind zum Beispiel berufsbezogene Interventionen, Nachsorge und Zielvereinbarungen. Zudem werden die Effekte neuer Medien wie E-Coaching und Telefonnachsorge auf den Erfolg einer Rehabilitationsmaßnahme untersucht.

Die Kriterien zur Evaluation der Wirksamkeit der Forschungsvorhaben sind Selbstmanagement, Art der Behandlungsentscheidung, Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen, Therapiemitarbeit und Krankheitskosten.

Beteiligung auf der Ebene der Versorgungsplanung und -bewertung

Projekte zur Beteiligung von Patienten auf der Ebene der Planung und Bewertung von Versorgungsleistungen in der Rehabilitation werden im aktuellen Förderschwerpunkt nicht gefördert. Jedoch werden entsprechende Programme seit Längerem von der Deutschen Rentenversicherung in Kooperation mit wissenschaftlichen Einrichtungen durchgeführt.

So erfolgt im Rahmen eines externen Reha-Qualitätssicherungsprogramms seit 1998 der systematische Einbezug von Patienten durch umfassende Befragungen zur Erfassung der Ergebnisqualität und Patientenzufriedenheit. Der Erfolg einer Rehabilitation wird über die von den Patienten subjektiv erlebten Veränderungen erhoben. Weiterhin werden die Patienten über ihre Zufriedenheit mit den Serviceleistungen der Einrichtungen und den rehabilitativen Angeboten befragt. Die Abschätzung der Behandlungsergebnisse erfolgt über eine Drei-Punkt-Messung (Aufnahme, Entlassung, Sechs-Monats-Katamnese), die Zufriedenheit der Rehabilitanden wird zum Entlassungszeitpunkt erhoben [60].

Ebenfalls seit 1998 werden exemplarisch für einzelne Krankheitsbilder aus zentralen Indikationsgebieten evidenzbasierte Therapiestandards für die Rehabilitation entwickelt. Der Abgleich dieser Therapiestandards mit den tatsächlich erbrachten Leistungen soll im Rahmen von Qualitätssicherungsprozessen zur Vermeidung von Versorgungsdefiziten sowie zu einer höheren Transparenz der Gesundheitsleistungen beitragen. Bei der Entwicklung dieser Therapiestandards werden explizit die Erfahrungen, Bewertungen und Empfehlungen der Rehabilitanden zu den erhaltenen Therapieinhalten mit einbezogen. Diese werden zum Beispiel über Fragebögen [61] oder in Fokusgruppen erhoben [62].

Fazit

Die Umsetzung einer stärkeren Beteiligung an der Behandlung wird von Patienten, von wissenschaftlicher sowie von gesundheitspolitischer Seite befürwortet. Es lassen sich verschiedene Konzepte zur Verbesserung der Selbstbeteiligung identifizieren. In Studien zeigen sich positive Effekte sowohl für die Patienten als auch für die Ärzte. Obwohl die Selbstbeteiligung über verschiedene Interventionen auf unterschiedlichen Ebenen effektiv gefördert werden kann, ist ihre Umsetzung in der Versorgung bisher unzureichend.

Die Relevanz des Konzeptes für die Rehabilitation zeigt sich daran, dass hier oft lebensbegleitende und lebensverändernde Erkrankungen behandelt werden. In der Rehabilitation gibt es bereits innovative Konzepte, wie eine Patientenbeteiligung auch in einem interdisziplinären Setting mit mehreren Behandlern praktiziert werden kann. Ihre erfolgreiche Umsetzung hängt sowohl von organisatorischen Aspekten als auch davon ab, inwieweit Barrieren auf ärztlicher Seite überwunden werden können und welche Vorraussetzungen bei den Patienten vorhanden sind.

Mögliche Barrieren, die einer Umsetzung im Wege stehen, wurden in diesem Beitrag diskutiert. So sollte eine konzeptionelle Klärung des Konzeptes Patientenbeteiligung sowie die Identifizierung von Messdimensionen und Endpunkten für Selbstbeteiligung eine Aufgabe zukünftiger Forschung sein. Für eine nachhaltige Implementierung von Maßnahmen zur Verbesserung der Selbstbeteiligung in der Versorgung ist es notwendig, patientenrelevante Endpunkte mit qualitativ hochwertigen Messverfahren evaluieren zu können. Ebenso sollte der Fokus verstärkt auf Rehabilitanden mit eingeschränkter Gesundheitskompetenz beziehungsweise eingeschränktem Aktivierungsausmaß liegen, was möglicherweise für die partizipative Versorgungsgestaltung ein zentrales Thema zukünftiger Studien darstellt. Interventionen sollten gemäß individueller Kompetenz- beziehungsweise Aktivierungsstadien entwickelt und angeboten werden. Der Prozess einer partizipativen Entscheidungsfindung wird durch eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz jeweils innerhalb der verschiedenen Stufen der Entscheidungsfindung beeinträchtigt; es sind also neue Ansätze erforderlich, um diesen Prozess auch bei eingeschränkter Gesundheitskompetenz zu unterstützen [37]. Ähnliches gilt für die Beteiligung von Patienten am Management ihrer Erkrankung. Auch hier sollte eine zielgruppenspezifische Entwicklung von Intervention und deren Überprüfung im Fokus zukünftiger Studien liegen [42].

Zum Teil werden diese innovativen Ansätze bereits im Förderschwerpunkt „Chronische Krankheiten und Patientenorientierung“ zur Entwicklung verschiedener Strategien der partizipativen Versorgungsgestaltung (Einsatz von Patienteninformationsmaterialien, Schulungsprogramme und Ansätze zur Verwendung von Zielvereinbarungen) umgesetzt und deren Effekte hinsichtlich verschiedener Zielkriterien untersucht.