Im klinischen Alltag sind alle Beteiligten und Verantwortlichen auf regelmäßige Standortbestimmungen im Rahmen der Qualitätssicherung angewiesen [7, 8, 17, 29]. Insbesondere für komplexe interdisziplinäre Behandlungsabläufe, wie z. B. die Notfallversorgung von Schwerverletzten, gilt es möglichst outcomeentscheidende Schlüsselparameter zu erheben und statistisch auszuwerten [3, 5, 15, 27]. Zudem haben in den letzten Jahren Kontrolle und Überprüfung der Abläufe in der Behandlung von polytraumatisierten Patienten im Zuge von Bestrebungen zur qualitativen Prozessoptimierung an Bedeutung gewonnen [6, 14, 25, 30]. Diese Entwicklung dürfte sich angesichts des zunehmenden Kostendrucks und der Einführung spezifischer „diagnosis related groups“ (DRGs) weiter fortsetzen [12, 16].

Einleitung

Die in dieser Arbeit untersuchte Klinik erfüllt für Schwerverletzte als regionales, grenzübergreifendes Zentrum der Maximalversorgung einen Dienstleistungsauftrag im Dreiländereck Schweiz – Deutschland – Frankreich. Da das Spital nicht dem Traumaregister der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) angeschlossen ist und zum Untersuchungszeitpunkt keine Eckdaten aktueller Behandlungsabläufe sowie -ergebnisse vorhanden waren, stellte sich die Frage nach einer einerseits raschen und ressourcensparenden, andererseits aber auch möglichst validen und reliablen Form der Prozess- und Ergebnisevaluation.

Der potenziell vollständigeren prospektiven Datenerhebung stehen ihr vermehrter Aufwand sowie der zeitliche Verzug bis zum Erhalt allfälliger Resultate gegenüber [20, 30]. Die Autoren wollten daher die Möglichkeiten und die Grenzen eines retrospektiven Vorgehens überprüfen. Insbesondere interessierte, inwieweit die gewonnenen Daten

  • einen Vergleich mit anderen Zentren gestatten,

  • Optimierungsmöglichkeiten in der Behandlung Polytraumatisierter aufzuzeigen vermögen und

  • die notwendigen Kennzahlen (Fallzahlanalyse) für eine allfällige prospektive Erfassung liefern könnten.

Patienten und Methoden

Im Rahmen einer geplanten Dissertation (K.-N. U.) wurden die Krankengeschichten (einschließlich Schockraumdokumentation und Statusblätter) sowie Notarzt-, Anästhesie-, Radiologie- und Operationsprotokolle aller an dieser Zentrumsklinik behandelten intensivpflichtigen Polytraumapatienten der Jahre 1997–1999 aufgearbeitet und analysiert. In die Untersuchung wurden polytraumatisierte Patienten aufgenommen, die die Notfallstation lebend erreichten und anschließend entweder intensivmedizinischer Betreuung bedurften oder vorher verstarben. In Anlehnung an das Traumaregister der DGU [20, 23] wurden als Polytrauma solche Mehrfachverletzungen gewertet, die bei einem Patienten mindestens zwei Körperregionen entsprechend dem Abbreviated Injury Score (AIS, 1990; [11]) umfassten und zugleich in einen Injury Severity Score nach Baker >15 (ISS; [2]) resultierten [1]. Als Schädelhirntrauma wurden alle Kopfverletzungen mit AIS >0 eingestuft [9], die Schweregradgewichtung erfolgte mithilfe der Glasgow Coma Scale (GCS): „leicht“: GCS 13–15, „mittelschwer“: GCS 9–12, „schwer“: GCS 3–8 [18, 28].

Mithilfe eines standardisierten Erfassungsbogens wurden für jeden Polytraumafall Daten zur Epidemiologie, zu an definierten Zeitpunkten (Unfallort, Schockraum, Intensivstation) dokumentierten Vitalparametern sowie zu weiteren klinischen (Vasoaktiva- oder Sedativaverabreichung, Infusions-, Erythrozyten- oder Plasmakonzentratgabe) und laborchemischen Variablen erfasst sowie ausgewertet. Zudem wurde der gesamte Zeitablauf vom Unfall bis zur Entlassung oder dem Versterben der Patienten bezüglich wesentlicher diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen rekonstruiert.

Die Analyse erfasste die gesamte Studiengruppe, zudem spezifische Untergruppen: Patienten mit vs. ohne Schädelhirntrauma, Verstorbene vs. Überlebende, Primärversorgte (Erstversorgung an unserem Spital) vs. Sekundärversorgte (Zuweisung nach Erstversorgung an anderer Klinik).

Die statistische Auswertung der Daten erfolgte mit SPSS (Version 11.0). Die analysierten Variablen wurden auf Normalverteilung und auf Varianzhomogenität mithilfe des Kolmogorov-Smirnov- bzw. des Levene-Tests überprüft. Unterschiede zwischen den zu vergleichenden Gruppen wurden mit dem zweiseitigen t-Test auf ihre statistische Signifikanz untersucht. Das statistische Signifikanzniveau wurde auf eine Irrtumswahrscheinlichkeit von α<0,05 festgelegt.

Ergebnisse

Patientendaten

Vom 01.01.1997 bis 31.12.1999 wurden 358 potenziell Schwerverletzte behandelt. Entsprechend der Einschlusskriterien wurden 146 Patienten mit alleinigem Schädelhirntrauma und weitere 31 Patienten, die die geforderten ISS-Kriterien nicht erfüllten, nicht in die Untersuchung einbezogen. Neun Patienten konnten wegen unvollständiger Krankenunterlagen nicht erfasst werden. Insgesamt wurden somit 172 Patienten in die Studie eingeschlossen.

Von diesen Patienten waren 122 (70%) männlich und 50 (30%) weiblich. Das mediane Alter betrug 41 Jahre (Variationsbreite 4–89 Jahre), der mittlere ISS 28±9. Bei 74 Patienten (43%) lag ein ISS von 16–24, bei 98 (57%) ein Wert von >24 vor. Verkehrsunfälle (35% PKW- und LKW-Fahrer, 20% Zweiradfahrer, 13% Fußgänger, andere 4%) stellten mit 72% (n=124) vor Arbeitsunfällen mit 12% (n=21) und Suizidversuchen mit 5% (n=8) die häufigste Verletzungsart dar. Ein stumpfes Traumaereignis lag 99% aller Polytraumata (n=170) zugrunde. Der am Unfallort protokollierte Schweregrad erfasste 64-mal ein leichtes, 24-mal ein mittleres und 72-mal ein schweres Schädelhirntrauma. Der initiale mittlere Revised Trauma Score (RTS) betrug 5,9±1,8 (n=64). Zum Zeitpunkt der Einlieferung der Patienten in den Schockraum waren bei 37 Patienten (22%) relevante Vorerkrankungen bekannt.

Die Patienten stammten zu 67% (n=115) aus der Schweiz, zu 26% (n=43) aus Deutschland und zu 6% (n=8) aus Frankreich. Es wurden 76% der Patienten primär versorgt (n=130, mittlerer ISS 29) und 24% sekundär nach Verlegung aus einem anderen Spital (n=42, mittlerer ISS 26). Per Helikopter der Schweizerischen Rettungsflugwacht (REGA) wurden 58% der Patienten (n=97), per Rettungswagen 36% (n=61) und mit einem anderen Transportmittel 6% (n=10) ins Spital gebracht. Der Transport vom Unfallort bis in den Schockraum dauerte bei primär an der Klinik versorgten Verletzten im Mittel 80 min (Median 78 min; Variationsbreite 13–185 min) gegenüber 221 min bei den sekundär Versorgten (t=−8,75, p<0,0001; Median 182 min; 66–1150 min). Tagsüber zwischen 07.00 und 19.00 Uhr wurden 111 Patienten (65%) versorgt, nachts zwischen 19:00 und 07:00 Uhr waren es 61 Personen (35%).

Diagnostik und Therapie

Die primäre radiologische Diagnostik im Schockraum umfasste in 139 Fällen eine Ultraschallaufnahme des Abdomens, 130-mal ein Thoraxröntgen und 40-mal ein Röntgen des Beckens. Die postprimäre radiologische Diagnostik außerhalb des Schockraums bestand aus 73 Röntgenaufnahmen der Extremitäten, 346 Computertomographien (128 Schädel-, 115 Wirbelsäulen-, 43 Thorax-, 34 Abdomen-, 14 Becken-, 12 Gesichtsschädelaufnahmen) und 4 Angiographien.

Exemplarische Ergebnisse der Vital- und Laborparameter sowie stabilisierender Maßnahmen sind in Tab. 1 angegeben. Eine notfallmäßige Operation vor Verlegung auf die Intensivstation wurde im Bereich folgender Körperregionen durchgeführt: Schädel/Gehirn (n=59), Extremitäten (n=58), Gesicht (n=21), Abdomen (n=20), Wirbelsäule (n=11), Thorax (n=7) und Becken (n=1). Bei 56% aller Verletzten (n=97) mussten nach erfolgter initialer notfallmäßiger Operation vor Verlegung auf die Intensivstation erneut diagnostische Abklärungen durchgeführt werden: Ultraschallaufnahmen des Abdomens 4% (n=7), konventionelle Röntgenaufnahmen 32% (n=56), Computertomographien 20% (15 Schädel-, 14 Wirbelsäulen-, 2 Thorax-, 1 Abdomen-, 1 Becken-, 1 Gesichtsschädelaufnahme).

Tab. 1 Potenzielle Prognosefaktoren bezüglich Überleben: Vital-, Laborparameter und stabilisierende Maßnahmen

Zeitlicher Ablauf und Outcome

Charakteristische Zeitspannen des zeitlichen diagnostisch-therapeutischen Ablaufs sind in Tab. 2 dargestellt. Ein operativer Eingriff erfolgte im Median nach 145 min (Variationsbreite 1–484 min), die Aufnahme auf der Intensivstation nach 105 min (Variationsbreite 11–1018 min). Es fanden sich keine signifikanten Unterschiede, wenn die Verletzten tagsüber, nachts bzw. während der Woche oder am Wochenende versorgt wurden.

Tab. 2 Vergleich initialer Zeitabläufe zwischen Zentrumsspital und Traumaregister der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU; Ruchholtz [24])

Von insgesamt 134 überlebenden Patienten wurden im weiteren Verlauf 43% (n=73) in eine Rehabilitationsklinik, 24% (n=44) in ein anderes Akutspital weiterverlegt und 11% der Patienten (n=18) nach Hause entlassen. Im Vergleich zu einer erwarteten TRISS-Letalität von 29% lag die effektive Hospitalisationsletalität bei 22% (n=38). Patienten über 74 Jahre (n=9) wiesen die höchste Spät- (Tod >24 h nach Spitaleintritt) und Gesamthospitalisationsletalität auf, Patienten unter 15 Jahre (n=7) die höchste Frühletalität (Tod ≤24 h nach Spitaleintritt).

Die mediane Hospitalisationszeit auf der Intensivstation umfasste 4 Tage (Variationsbreite 0–31 Tage), mit einer medianen Beatmungszeit von 2 Tagen (Variationsbreite 0–26 Tage). Die mediane Gesamthospitalisationszeit dieser Verletzten betrug 11 Tage (Variationsbreite 0–421 Tage).

Die Ergebnisse sind für die Untergruppen Patienten mit vs. ohne Schädelhirntrauma (Tab. 3) und Verstorbene vs. Überlebende (Tab. 4) exemplarisch dargestellt. Überlebende wiesen einen tieferen medianen ISS (25 vs. 33) auf; der initiale GCS war signifikant höher als bei den im weiteren Spitalverlauf Verstorbenen (Tab. 1). Die mittlere Rettungszeit bis zur Ankunft in der Klinik war für im weiteren Verlauf Verstorbene tendenziell (p=0,06), die übrigen initialen Zeitperioden signifikant kürzer als bei Überlebenden [Dauer der Schockraumphase: p<0,001; Zeit bis zur kranialen Computertomographie (CCT): p=0,01; bis zum Operationsbeginn: p<0,001; bis zum Eintritt in die Intensivstation: p=0,003). Frühverstorbene waren mit 64±54 min (Median 52 min; Variationsbreite 1–180 min) signifikant schneller im OP als Überlebende (175±88 min; t=3,87, p<0,05; Median 151 min; Variationsbreite 30–477 min). Von den 38 während der Hospitalisation in der Klinik verstorbenen Patienten verstarben innerhalb der ersten 24 h nach Spitaleintritt 21 (männlich:weiblich=12:9), danach insgesamt 17 Patienten (männlich:weiblich =14:3). Von den Verstorbenen wiesen 89% (33/38) ein Schädelhirntrauma auf, gegenüber 82% der Überlebenden (110/134). Unter den Frühverstorbenen fanden sich todesursächlich mehr Exsanguinations- als Schädelhirnverletzungen (8 vs. 4 Patienten); dagegen waren unter den später Verstorbenen ganz überwiegend Schädelhirnverletzte zu finden (13 vs. 1). Es hatten 80% der Frühverstorbenen (n=16) und alle Spätverstorbenen ein Schädelhirntrauma erlitten. Die verabreichte Infusions-, Erythrozyten- und Plasmatransfusionsmenge erwies sich als signifikant größer bzw. der initiale „Base-excess-Wert“ signifikant tiefer bei den früh gegenüber den später im Verlauf Verstorbenen.

Tab. 3 Vergleich des Outcome und des diagnostisch-therapeutischen Ablaufs der Patienten mit vs. ohne Schädelhirntrauma (SHT)
Tab. 4 Vergleich von Alter und ISS der Überlebenden vs. Verstorbenen

Diskussion

Kritisches Qualitätsmanagement initialer Polytraumaversorgung setzt die Erfassung wichtiger Prozesse und Abläufe im Hinblick auf einen Vergleich der Daten mit anderen Kliniken voraus [25, 26]. Methodisch steht dabei die langfristig angelegte prospektive Datengewinnung dem stichprobenartigen retrospektiven Vorgehen gegenüber. Die Fragestellung unserer Untersuchung war, inwieweit sich in Bezug auf das Überleben von Schwerverletzten möglicherweise entscheidende interdisziplinäre Prozessabläufe und potenzielle Prognosekriterien anhand von routinemäßig erhobenen Klinikdaten retrospektiv erfassen und analysieren lassen würden. Zum Vergleich diente das multizentrisch und prospektiv erstellte Traumaregister der DGU im identischen Erfassungszeitraum [1, 20, 23].

Die 172 von den Autoren retrospektiv analysierten Schwerverletzten wiesen im Vergleich zu den zeitgleich erfassten 2069 Patienten der DGU einen höheren mittleren ISS auf, der v. a. durch die strengeren Einschlusskriterien (tatsächlich auf der Intensivstation behandelte oder bereits in der Frühphase verstorbene Patienten vs. potenzielle intensivmedizinische Behandlungsbedürftigkeit der Patienten des Traumaregisters) erklärbar sein dürfte. Diese in der vorliegenden Untersuchung stärkere durchschnittliche Traumaschwere ging entsprechend mit einer höheren Hospitalisationsletalität einher, die aber deutlich unter der als internationaler Standard geltenden TRISS-Sterbewahrscheinlichkeit lag. Im Übrigen fanden sich vergleichbare Verletzungsmuster und epidemiologische Charakteristika der beiden Patientenpopulationen. Die mittlere Transportzeit vom Unfallort bis in die Klinik war in dieser Erhebung fast doppelt so lang wie im Traumaregister der DGU; dies kann u. a. mit dem grenzübergreifenden Einzugsgebiet des Zentrums erklärt werden. Hingegen zeigten die klinikinternen Diagnostik- und Behandlungszeiten keine wesentlichen Unterschiede; einzig die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation und die Hospitalisationszeit erschienen kürzer als die gemittelten Angaben der DGU.

Im Vergleich zu den von Rixen et al. [23] herausgearbeiteten Prognosefaktoren fand sich in der vorliegenden Untersuchung nur bezüglich der GCS ein signifikanter Unterschied zwischen Überlebenden und Verstorbenen. Zusätzlich zeigten sich bei den während der ersten 24 h Verstorbenen ein tieferer initialer Base-excess-Wert sowie größere verabreichte Infusions- und Transfusionsmengen gegenüber den später im Verlauf Verstorbenen. Nicht bei allen Verletzten durchgeführte Erfassungen (z. B. Atemfrequenz für die RTS-Bestimmung) und Laboranalysen (z. B. Laktatbestimmung) oder von der Dokumentationsqualität abhängige Ungenauigkeiten (Untersuchungs- und Zeiterfassung) limitieren allerdings weitergehende Analysen bzw. Interpretationen im hier untersuchten Kollektiv. Obwohl auch prospektive Untersuchungen (v. a. komplexer klinischer Abläufe mit potenziell verschiedensten Einflussfaktoren) diese Problematik aufweisen [30] bzw. v. a. in der Notfallsituation nicht immer eine vollständige, fehlerfreie Datengenerierung gewährleisten [13, 24], können sie doch mit entsprechendem Aufwand die Genauigkeit und die Datenvollständigkeit potenziell verbessern. Retrospektive Studien müssen einer prospektiven Studienanlage nicht grundsätzlich unterlegen sein, sondern weisen als eher komplementäre Verfahren abhängig von Fragestellung und Thematik je Vor- und Nachteile auf [4, 10, 13]. Mithilfe der entsprechenden Fokussierung der Fragestellung ließ sich in dieser Untersuchung trotz einzelner retrospektiv aus der vorhandenen Dokumentation nichterfassbarer Basisparameter allerdings doch eine Mehrzahl charakteristischer interdisziplinärer Prozess- und Outcomeparameter (z. B. Behandlungszeiten oder Spitalletalität) rekonstruieren; dies lässt einen Vergleich mit anderen Zentren zu [19, 21]. Die Analyse einzelner Spezialscores, z. B. bezüglich Organversagen oder Komplikationen, war allerdings nicht möglich. Angesichts der beschränkten Patientenzahl wurde auf detailliertere uni- und multivariate Vergleichsanalysen [15, 22, 27], deren prognostische Aussagekraft bzw. Repräsentativität reduziert gewesen wäre, verzichtet. Gegenüber den genannten Nachteilen erwies sich auch in dieser Untersuchung der zeitlich, personell, organisatorisch, administrativ und auch finanziell beschränkte Erhebungsaufwand als Vorteil des retrospektiven Studiendesigns. Aufgrund der Periode der Erhebungsdaten (1997–1999) müssen direkte Abklärungs- und Zeitvergleiche, z. B. angesichts damaliger begrenzter Ein- bis Vierzeiler- vs. heute verfügbarer Spiralcomputertomographiegeräte, vorsichtig gezogen werden. Andererseits bleiben initiale Thoraxröntgen- oder Ultraschall-FAST-Untersuchungszeiten oder weltweit standardmäßig im Polytraumamanagement erhobene Messparameter auch gemäß den ATLS-Behandlungsrichtlinien hiervon unberührt. Zum Ausschluss dieses Bias erfolgte der methodische Vergleich unseres retrospektiven „Einzelzentervorgehens“ mit der prospektiven „Multizentererhebung“ daher bewusst mit den damals zeitgleich erhobenen Daten der DGU. Die gewonnenen Ergebnisse ermöglichen neben der vergleichenden Qualitäts- und Standortbestimmung mit anderen Erhebungen zudem die notwendigen Datengrundlagen (z. B. für Fallzahlanalysen) im Hinblick auf eine prospektive Erfassung geplanter Therapieveränderungen.

Fazit für die Praxis

Die retrospektive Datenauswertung kann unter Fokussierung auf prognoserelevante und routinemäßig erhobene Standardparameter initialer Polytraumaversorgung eine praktikable und aussagefähige Alternative zu aufwendigen prospektiven Qualitätserfassungen darstellen. Dieses Vorgehen gestattet eine erste Standortbestimmung im Vergleich zu Angaben anderer Kliniken, insbesondere auch für Krankenhäuser, die nicht an das Traumaregister der DGU angeschlossen sind. Zur Optimierung der Vollständigkeit kritischer Daten und kritischen Überprüfung der erhobenen Angaben ist allerdings, v. a. für spezifische Studienfragestellungen, eine zumindest periodische, prospektiv standardisierte Validierung eines derartigen Vorgehens anzustreben.