Vorbemerkungen

Unter einem Charcot-Fuß versteht man eine spontane Destruktion von Knochen und Gelenken des Fußes oder distalen Unterschenkels im Rahmen einer Polyneuropathie, am häufigsten bedingt durch einen Diabetes mellitus. In fortgeschrittenen Stadien kann es zu druckbedingten Ulzerationen und Infektionen kommen. Es besteht teilweise die Meinung, dass die bisweilen komplexen Fehlstellungen nicht durch korrigierende Arthrodesen behandelt werden können. Deshalb werden entsprechende Operationen, abgesehen von Amputationen, abgelehnt. Die Konsequenz ist, dass die Patienten wegen der erheblichen Fehlstellungen gar nicht oder teilweise nur mit Schmerzen belasten können. Bei schweren Infektionen als Komplikation sind Amputationen häufig nicht mehr vermeidbar.

Über stellungskorrigierende Arthrodesen beim Charcot-Fuß gibt es inzwischen eine größere Zahl von Publikationen. Die überwiegende Mehrheit bezieht sich auf den Mittelfuß [1, 2, 3]. Fehlstellungen im Bereich des Sprunggelenks gehen sehr oft auf eine Destruktion des Talus zurück. Sie haben eine extreme Varus- oder Valgusfehlstellung zur Folge, sodass die Patienten auf dem Außen- oder Innenknöchel belasten, was dort zu Ulzerationen führt. Operative Korrekturen in diesem Bereich gelten als besonders komplikationsträchtig.

Bei avitalem Talus mit Instabilität des Rückfusses ist die (Teil-)Talektomie mit tibiokalkanearer Fusion (tcF) ein therapeutischer Ansatz, um eine belastungsfähige Extremität zu erhalten. Darüber ist wenig publiziert worden. Die tcF wurde hauptsächlich bei Patienten ohne Diabetes bzw. ohne Charcot-Fuß vorgenommen. Von operationstechnischer Seite wurde zwischen rein interner [4] und rein externer Osteosynthese [5] unterschieden. Einzelne Autoren berichteten über tcF bei Charcot-Patienten. Diese wurden anfänglich mit interner Osteosynthese [6] durchgeführt. Die Diabetiker sind im fortgeschrittenen Stadium vielfach nicht in der Lage, postoperativ die gebotene Entlastung einzuhalten. Die Folge war eine hohe Rate von sekundären Dislokationen und fehlender knöcherner Konsolidierung. Einige Autoren bevorzugen deshalb die Stabilisierung mit einem Fixateur externe, wobei konventionelle Fixateure [7] und Ringfixateure zur Anwendung kamen [8, 9]. Die rein externe Osteosynthese ermöglicht in der Regel nicht die wünschenswerte fugenlose Passung der Arthrodesenflächen. Die Folge ist eine Restinstabilität an den Arthrodeseflächen. Diese führt zur Knochenresorption und kann die ausbleibende knöcherne Fusion zur Folge haben. Es wird versucht, diesem Problem durch lange Entlastungszeiten zu begegnen. Auch die Gefahr einer sekundären, tiefen Infektion ist bei Instabilität erhöht. Wir führen deshalb bei fortgeschrittener Destruktion des Talus die tcF beim Charcot-Fuß grundsätzlich in der Hybridtechnik mit interner und externer Stabilisierung durch [6, 10, 11]. Der Fixateur externe erhöht die Stabilität und vermindert Mikrobewegungen. Er schützt zudem die interne Osteosynthese vor einer akzidentiellen Belastung, da die Patienten in der Regel nicht entlasten können. Nachdem wir vor 10 Jahren auf dieses Stabilisierungsprinzip übergegangen sind, konnten wir eine wesentlich höhere Fusions- bzw. Heilungsrate erzielen. Somit stellt dieses Verfahren für uns, obwohl komplikationsträchtig, eine sinnvolle Alternative zur Major-Amputation dar.

Operationsprinzip und -ziel

Alle avitalen Reste des geschädigten Talus werden ausgeräumt. Der Taluskopf kann belassen werden, wenn er vital ist. Die Arthrodesenflächen an Tibia und Kalkaneus sowie am Navikulare werden mit der oszillierenden Säge bis in gut durchblutete Spongiosa hinein präpariert. Es erfolgt die flächenhafte Adaptation der Arthrodesenflächen und die stabile interne Fixation von Tibia und Kalkaneus sowie von Tibia und Os naviculare bzw. Taluskopf mit Großfragmentschrauben. Zur Neutralisation wird ein Ringfixateur verwendet. Ziel ist das Erreichen eines schmerzfrei belastbaren, stabilen und schuhtechnisch versorgbaren Fußes.

Vorteile

  • Wenn der Patient in der postoperativen Phase versehentlich belastet, kommt es nicht gleich zum Korrekturverlust mit Implantatversagen.

  • Indem die interfragmentäre Mobilität reduziert wird, werden eine Knochenresorption und ein Infektrezidiv vermieden und eine hohe Durchbaurate erreicht.

  • Die Zeit bis zur knöchernen Heilung und damit die Dauer der Entlastung sind verkürzt.

  • Bei Weichteildefekten lässt sich das interne Osteosynthesematerial auf ein Minimum reduzieren.

Nachteile

  • Verlängerte Operationszeit

  • Subjektive Beeinträchtigung des Patienten durch den Ringfixateur für 12 Wochen

  • Kosten des Ringfixateurs

  • Fixateurspezifische Komplikationen wie Pininfektionen oder sekundäre Tibiafrakturen

  • Entfernen des Fixateurs

Indikationen

  • Fortgeschrittene charcotbedingte Instabilität oder Fehlstellung bei Talusdestruktion mit oder ohne Ulzerationen

Kontraindikationen

  • Erhebliche Narkoserisiken bei multimorbiden Patienten

  • Relevante Durchblutungsstörungen

  • Nichtbeherrschbare Weichteilinfektionen bzw. -defekte im Bereich von Fuß und Unterschenkel mit der Notwendigkeit zur Amputation

  • Unfähigkeit des Patienten zur Mitarbeit und Entlastung

Patientenaufklärung

  • Notwendigkeit der Entlastung für 12 Wochen eventuell im Rollstuhl

  • Notwendigkeit der korrekten Pflege der Eintrittsstellen der Fixateurdrähte und Pins

  • Die knöcherne Fusion kann ausbleiben, was aber bei einer straffen Pseudarthrose kein Problem darstellt.

  • Risiken für eine oberflächliche oder eine tiefe Infektion

  • Nach Entfernung des Fixateurs kann es zu einer Spontanfraktur der Tibia an einer ehemaligen Eintrittsstelle kommen.

  • Als mögliche Alternative mit einer kürzeren Rekonvaleszenz sollte eine Major-Amputation dem Patienten aufgezeigt werden.

Operationsvorbereitung

  • Internistische Erkrankungen vor allem an Herz, Nieren und Gefäßen müssen abgeklärt werden.

  • Radiologische Abklärung des lokalen Skelettbefunds durch Röntgenaufnahme und Computertomographie (CT); bei Infektion oder fraglicher Durchblutungsstörung am Knochen Magnetresonanztomographie (MRT)

  • Sanierung von Infektionen durch Débridements und Antibiotikatherapie

  • Planen der postoperativen Entlastung durch

    • krankengymnastisches Training mit Unterarmgehstützen

    • Rollstuhltraining einschließlich Transfer von Bett zum Rollstuhl u. a.

  • Eventuell Planung der postoperativen Versorgung (Verbandswechsel, Pflege, Anschlussheilbehandlung)

Instrumentarium

  • Pneumatische Blutsperre

  • Große oszillierende Säge mit Sägeblättern verschiedener Breite

  • Bohrer mit Kirschner-Drähten

  • 7,0 mm kanülierte Schrauben

  • Meißel verschiedener Breite, Rangeure und scharfe Löffel

  • Arthrodesenspreizer nach Hintermann

  • Bildwandler

  • Ringfixateur

Anästhesie und Lagerung

  • Proximale Leitungsanästhesie wie Spinalanästhesie, Periduralanästhesie, kombinierter Block vom N. ischiadicus und N. femoralis ist bei den häufig multimorbiden Patienten ratsam. Eine Allgemeinanästhesie ist möglich und bei Entnahme von Beckenkammspongiosa notwendig.

  • Der Patient wird auf dem Rücken auf einem Operationstisch gelagert, der die intraoperative Bildverstärkerkontrolle vom Fuß bis zum Knie ermöglicht. Da der Operationstisch während der Operation wiederholt nach rechts und links gekippt werden muss, ist der Patient stabil beidseitig abzustützen und mit Gurten zu fixieren.

  • Unterpolsterung des Gesäßes an der betroffenen Extremität, sodass der Fuß senkrecht steht

  • Desinfektion und Abdeckung mit frei beweglichem Knie

Operationstechnik

Abb. 1, Abb. 2, Abb. 3, Abb. 4, Abb. 5, Abb. 6, Abb. 7, Abb. 8, Abb. 9, Abb. 10, Abb. 11, Abb. 12, Abb. 13, Abb. 14, Abb. 15, Abb. 16, Abb. 17, Abb. 18

Abb. 1
figure 1

Lagerung des Patienten in Rückenlage mit unterpolstertem Gesäß. Die Operation erfolgt primär in Blutsperre, wobei die Ischämiezeit nicht länger als 2 h betragen soll

Abb. 2
figure 2

Zugang am Außenknöchel mit einem von proximal nach distal gebogenen, 10–15 cm langen Hautschnitt. Der N. suralis verläuft im Operationsgebiet und sollte prinzipiell geschont werden. Wenn er jedoch durchtrennt wird, erwächst bei Neuropathiepatienten kein Problem. Eine Ulzeration am Außenknöchel wird exzidiert

Abb. 3
figure 3

Darstellen des distalen Anteils der Fibula. Bei maximaler Valgusfehlstellung ist die Fibulaspitze in den Kalkaneus imprimiert. Subperiostales Abschieben der Weichteile. Einsetzen eines Hohmann-Hebels am ventralen und dorsalen Rand der Fibula ca. 1 cm oberhalb der Syndesmose

Abb. 4
figure 4

Die Schrägosteotomie der Fibula beginnt etwa 3 cm oberhalb der distalen Tibiagelenkfläche von kranial lateral nach kaudal medial. Entfernen des Außenknöchels unter Durchtrennung der Bandstrukturen. Die Spongiosa des Außenknöchels kann u. U. in Form von Chips oder als strukturierter Span verwendet werden. Es ist darauf zu achten, dass die Arteria (A.) fibularis, welche dorsomedial der Fibula verläuft, ligiert oder umstochen wird

Abb. 5
figure 5

In der Tiefe zeigen sich die laterale Begrenzung der Tibia mit Gelenkfläche, das obere Sprunggelenk (OSG), das untere Sprunggelenk (USG) sowie die Talusreste. Meist muss man die Fragmente einzeln herauspräparieren. In der Regel bestehen ausgeprägte Verwachsungen. Es empfiehlt sich, subperiostal vor der Tibia nach medial zu präparieren, um den vorderen Anteil des OSG zu identifizieren und die A. dorsalis pedis zu schonen. Entfernung aller avitalen Knochenfragmente des Talus. Bisweilen besteht noch ein großes, durchblutetes Fragment mit Talushals und -kopf. Die Durchblutung kommt aus der Kapsel des Talonavikulargelenks. Gelingt es, dieses Fragment in die Osteosynthese zu integrieren, erhält man das Chopart-Gelenk, was funktionell günstig ist. Die Peronealsehnen können zur besseren Übersicht reseziert werden. Das erleichtert später den Wundverschluss

Abb. 6
figure 6

Über den lateralen Zugang erfolgt die Resektion der kranialen Anteile des Kalkaneus. Wir empfehlen eine Osteotomie parallel zur dorsalen Gelenksfacette. Dadurch wird vermieden, zu viel vom Kalkaneus zu resezieren. Es empfiehlt sich, vor der Osteotomie Kirschner-Drähte als Orientierungshilfe zu platzieren und deren Position mit dem Bildwandler zu überprüfen. Um den Kalkaneus in der gewünschten Position von ca. 30° an die Tibia fixieren zu können, ist es bisweilen erforderlich, aus dem Kalkaneus ein Rechteck herauszusägen. Die Kontaktflächen sind so zu gestalten, dass ein großflächiger, „wasserdichter“ Kontakt zwischen Tibia und Kalkaneus möglich ist

Abb. 7
figure 7

Im nächsten Schritt markieren der Osteotomie an der distalen Tibia mit 2 Kirschner-Drähten. Ziel ist eine Osteotomiefläche von proximal dorsal nach distal ventral, um bei der späteren Fusion eine plantigrade Einstellung des Fußes und eine Kalkaneusinklination von ca. 30° zu ermöglichen. Bei dieser Osteotomie sind etwaige Valgus- oder Varusfehlstellungen zu korrigieren. Die Osteotomie sollte an der Spitze der Tibia auslaufen, um den Längenverlust auf ein Minimum zu beschränken

Abb. 8
figure 8

Anlage eines medialen Zugangs zur Komplettierung der Tibiaosteotomie um den Innenknöchel herum. Über diesen können Sehnen und Leitungsbahnen dargestellt werden, sodass eine Verletzung durch die oszillierende Säge ausgeschlossen werden kann. Außerdem erlaubt der mediale Zugang die komplette Entfernung des tibialen Gelenkanteils, einschließlich des Innenknöchels unter Sicht. Der entfernte Knochen wird ebenfalls für eine eventuell notwendige Spongiosaanlagerung asserviert

Abb. 9
figure 9

Um die Resektionsflächen anzunähern, müssen die Kapselanteile dorsal und ventral mobilisiert werden. Wenn langfristige Entzündungsschübe über das Charcot-Gelenk gelaufen sind, kann die Kapsel außerordentlich verdickt und vernarbt sein. In diesen Fällen muss sie ventral und dorsal aus der Umgebung herauspräpariert und entfernt werden. Hierbei müssen das dorsomedial sowie das prätibial gelegene Gefäß-Nerven-Bündel geschont werden. Leitstruktur für das dorsomediale Gefäß-Nerven-Bündel ist die Sehne des M. flexor hallucis longus

Abb. 10
figure 10

Abtragen der Vorderkante am Pilon tibiale mit der oszillierenden Säge, um eine spongiöse Fläche für die Fusion mit dem Taluskopf/-hals oder dem Os naviculare zu erhalten

Abb. 11
figure 11

Positionierung des Kalkaneus, sodass die laterale Begrenzung bündig mit der lateralen Seite der Tibia abschließt. Vom Tuber calcanei vortreiben von 2 Führungsdrähten nach ventral in die Tibia. Ein dritter Draht kann von plantar lateral nach medial in die Tibia eingebracht werden. Die gegenläufige Einbringung der Drähte und später der Schrauben ist ebenfalls möglich. Nach Kontrolle mit dem Bildwandler und evtl. Lagekorrektur der Drähte, überbohren der Drähte und ersetzen durch 7,0-mm-Schrauben als Kompressionsschrauben. Anstreben einer stabilen Kompressionsosteosynthese. Bei weichem Knochen müssen Beilagscheiben eingebracht werden. Ein Überstehen von Schraubenanteilen an der Sohlenseite muss unbedingt vermieden werden, weil sonst Schmerzen oder Druckulzerationen resultieren

Abb. 12
figure 12

Im nächsten Schritt Verschraubung des Taluskopfs oder des Os naviculare mit der Tibia. Mit der oszillierenden Säge schaffen einer entsprechenden spongiösen Kontaktfläche. In diesem Schritt lässt sich die Stellung des Vorfußes korrigieren. Eine Hacken- oder Spitzfußstellung ist zu vermeiden. Durchführen der Osteosynthese mit 7,0 mm durchbohrten Schrauben. Alternativ können 3,5-mm-Platten verwendet werden. Inkongruenzen zwischen Tibia und Taluskopf bzw. Os naviculare können mit Spongiosakeilen aus den angefallenen Resektaten aufgefüllt werden. Einlegen einer Drainage (wir empfehlen eine perforierte Easyflow-Drainage), die medial und lateral ausgeleitet wird. Abschließend schichtweiser Wundverschluss

Abb. 13
figure 13

Montage des Ilizarov-Fixateurs. Dieser besteht aus 2 Vollringen für den Unterschenkel und einer Fußplatte. Um eine korrekte Positionierung des Fußes im Ringfixateur zu erreichen, empfiehlt es sich, das Bein im Bereich des Sprunggelenks mit einer ausgezogenen Kompresse am Fixateur aufzuhängen. Dann Eingebringen und Spannen von jeweils 2 gekreuzten Drähten pro Ring und jeweils 2 gekreuzten Drähten durch den Kalkaneus und durch den Vorfuß. Die Drähte sind so zu platzieren, dass Leitungsbahnen nicht verletzt werden. Sie sollen nicht durch die Wadenmuskulatur laufen, weil durch die Muskelbewegungen Infektionen an den Hauteintrittsstellen hervorgerufen werden. Über ein entsprechendes Spannen der Drähte kann eine zusätzliche Kompression auf die Arthrodesenflächen vom Mittelfuß auf den Rückfuß erreicht werden. Abschließend Einbringen von 2 Schanz-Schrauben zur zusätzlichen Fixation der Vollringe an der Tibia. Die Schrauben werden nach proximal aufsteigend eingebracht, um eine weitere Schwächung der Tibia im Bereich der gekreuzten Kirschner-Drähte zu vermeiden. Kontrolle der korrekten Schraubenlage mit dem Bildverstärker. Im letzten Schritt wird kontrolliert, ob die Haut durch Drähte oder durch die Schanz-Schrauben aufgespannt wird. Sollte das der Fall sein, werden die Eintrittsstellen durch Inzisionen erweitert. Durch Verkürzung des Abstands zwischen der Fußplatte und dem distalen Ring kann über die Gewindestäbe eine weitere Kompression auf die tibiokalkaneare Fusion (tcF) ausgeübt werden. Abschließend Anlage eines sterilen Verbands

Abb. 14
figure 14

Fallbeispiel. 52-jährige Patientin mit Diabetes mellitus Typ II. a Seit Jahren zunehmende Fehlstellung im linken Sprunggelenk. b Seit mehreren Monaten ist die Varusfehlstellung soweit fortgeschritten, dass sie auf der Außenknöchelspitze belastet. Hier ist ein nichtinfiziertes Ulkus (IDSA 1, nach der Klassifikation der Infectious Diseases Society of America) entstanden. c Die Ulzeration reicht bis auf den Knochen

Abb. 15
figure 15

a, b Röntgenaufnahme Sprunggelenk a.-p. Es besteht ein charcotbedingter Knochenverlust am Talus medioplantar. Der Kalkaneus ist um Knochenbreite nach medial disloziert

Abb. 16
figure 16

Operation. Exzision des Ulkus am Außenknöchel und Entfernung des geschädigten Talus und des Navikulare; tibiokalkaneare und tibiocuneiforme Fusion durch 7,0-mm-Schrauben. Zwischen Tibia und Keilbeine wurde ein dreieckiger Spongiosaspan interponiert. Externe Sicherung durch Ringfixateur

Abb. 17
figure 17

a, b Der Fixateur wurde 12 Wochen nach der Operation entfernt. Das Röntgenbild zeigt (wie die CT) eine beginnende knöcherne Durchbauung. Beginn der Belastung im orthopädischen Hochschaftschuh. Wiederaufnahme der Berufstätigkeit als Tierärztin für Großtiere nach 5 Monaten

Abb. 18
figure 18

a Weichteilbefund nach 6 Monaten. Die Operationswunde lateral ist reizfrei verheilt. Die Weichteile sind auf der Unterlage mäßig verschieblich. b Regelrechte Beschwielung der Fußsohle. c Rekonstruiertes Fußgewölbe

Postoperative Behandlung

  • Entfernung der Drainage 3–5 Tage postoperativ

  • Anlage eines Gehbügels, der an den Tibiaringen des Fixateurs befestigt wird. Damit kann der Patient kurzfristig zum Transfer belasten.

  • Thromboseprophylaxe mit Frühmobilisation mit niedermolekularem Heparin (Cave: HIT) für 4 Monate

  • Regelmäßige Verbandswechsel und Entfernung des Nahtmaterials 14–21 Tage postoperativ

  • Anleitung des Patienten zur selbständigen Pflege der Pineintrittstellen

  • Entfernung des Fixateurs nach 12 Wochen mit anschließender CT-Kontrolle zur Evaluation der knöchernen Durchbauung

  • In Abhängigkeit von der Durchbauung Belastungsaufbau im abnehmbaren Cast

  • Zeitgleich Anpassung eines orthopädischen Hochschaftschuhs mit Sohlenversteifung und Abrollhilfe sowie noch neuropathieadaptierte Einlagen. Der Hochschaftschuh vermindert die einwirkenden Kräfte auf den Rück- und Mittelfuß sowie auf die angrenzenden Gelenke. Er schützt somit die Arthrodesen und vermindert das Risiko weiterer Osteodestruktionen.

Fehler, Gefahren, Komplikationen

  • Die Gelenkkapseln beim Charcot-Fuß können extrem verdickt und mit der Umgebung verwachsen sein. Sie müssen bei V. a. verbliebene Bakterienherde und wenn sie ein Repositionshindernis darstellen, vorsichtig präpariert und entfernt werden.

  • In dem verschwielten Gewebe kann es zur Verletzung des Gefäß-Nerven-Bündels kommen. Wenn die A. dorsalis pedis oder die A. tibialis posterior verletzt werden, müssen diese rekonstruiert werden.

  • Die plantigrade Einstellung des Fußes muss erreicht werden. Eine Hackenfußstellung ist unbedingt zu vermeiden, da sie bei der Polyneuropathie zum Fersenulkus führt. Eine leichte Spitzfußstellung kann im orthopädischen Schuh ausgeglichen werden.

  • Der primäre Wundverschluss kann manchmal bei sehr steifem Weichgewebe nicht erreicht werden. Gelegentlich erfolgt der Wundverschluss über eine sekundäre Wundheilung. Bei großen Defekten kann über eine VAC-Therapie eine Granulation erreicht werden, die später mit Spalthaut gedeckt wird.

  • „Pin-track“-Infektionen lassen sich durch Entlastung und Inzision der Eintrittsstellen therapieren. Wenn die Infektzeichen nicht abklingen, wird der Draht entfernt.

  • Stressfrakturen im Bereich der Drähte bzw. Schanz-Schrauben kommen vor. Diese werden entweder durch Marknagelung, durch eine Plattenosteosynthese, bisweilen auch konservativ therapiert.

  • Bei tiefer Osteomyelitis wird das interne Osteosynthesematerial entfernt und nach den Regeln der septischen Chirurgie therapiert. Dies kann selten auch eine Major-Amputation erforderlich machen.

Ergebnisse

In einer retrospektiven Kohortenstudie wurden alle 16 Patienten erfasst, die von April 2010 bis Januar 2014 in der beschriebenen Operationstechnik in unserer Klinik versorgt wurden. Es handelte sich hierbei um Patienten vom Typ Sanders IV, Eichenholtz Ib, c und II mit hochgradig instabilem Rückfuss und im MRT Vitalitätsstörungen im Talus. Zum Zeitpunkt der Operation hatten 10 Patienten ein Ulkus. Von 2010 bis November 2012 wurde der Ringfixateur für 8 Wochen belassen. Ab Dezember 2012 bis 2014 wurde die externe Fixation um 4 Wochen verlängert, um der verlangsamten Knochenheilung bei Neuropathikern Rechnung zu tragen und einen noch sicheren Durchbauung der Arthrodesen zu gewährleisten. Bei 8 Patienten sahen wir Irritationen oder Infektionen an den Pineintrittsstellen. Diese wurden durch Débridement oder Entfernung erfolgreich therapiert. Bei 3 Patienten kam es zu einer spontanen Fraktur an einer Pineintrittsstelle. Dies war bei einem Patienten auf eine „Pin-track“-Infektion zurückzuführen. Deren Behandlung erfolgte einmal konservativ und einmal operativ. Der 3. Patient wünschte eine Unterschenkelamputation. Bei einem weiteren Patienten, einem 79-Jährigen, wurde eine Unterschenkelamputation durchführt, weil nach 2 Jahren eine Auflösung der Fusion eingetreten war, wahrscheinlich im Zusammenhang mit einer ebenfalls bestehenden chronischen Polyarthritis. Bei allen 16 Patienten haben wir eine knöcherne Fusion zwischen Tibia und Kalkaneus verzeichnet. Zwischen der Tibia und den distalen Tarsalknochen/Talusrest ist die knöcherne Durchbauung in 10 Fällen eingetreten. In den übrigen Fällen kam es zu einer straffen Pseudoarthrose, die eine volle schmerzfreie Belastung erlaubte. Bei wiederhergestellter belastbarer Extremität waren 12 Monate postoperativ 14 der 16 Patienten im orthopädischen Maßschuh mobil. Keiner der Patienten ist rollstuhlpflichtig. Ein Patient hat im weiteren Verlauf bei leichter Hackenfußstellung ein Ulkus an der Ferse entwickelt, was durch eine Anpassung der Schuhe zur Ausheilung gebracht werden konnte.

Tab. 1 Patientendaten

Die Komplikationsrate erscheint im Vergleich zu sonstigen Fußoperationen und im Vergleich zu Nichtneuropathikern relativ hoch. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass alle Patienten unter dem Aspekt zugewiesen worden sind, dass keine fußerhaltenden Operationen möglich sind. Wenn wir unsere Ergebnisse mit denen vergleichen, die wir früher bei alleiniger interner oder externer Versorgung erhalten haben, stellen wir einen dramatischen Rückgang auf ein Drittel fest. Grundsätzlich ist bei Neuropathiepatienten mit vermehrten Komplikationen zu rechnen. Dennoch ist es sinnvoll, einen weiteren Rückgang der Komplikationen anzustreben. Dies dürfte einerseits durch eine sorgfältige Auswahl der Patienten, die die körperlichen und mentalen Voraussetzungen für eine derartige Behandlung mitbringen, und andererseits durch eine Verbesserung der operativen Technik zu erreichen sein.