Zusammenfassung
Der Text skizziert die Entwicklung der Forschung zum Thema Arbeit und Biographie der letzten dreißig Jahre überwiegend für den deutschsprachigen Raum. Der Fokus liegt dabei auf der Erwerbsarbeit. Es zeigt sich, dass Erwerbsarbeit zunehmend als – mehr oder weniger unsicheres und diskontinuierliches – Beschäftigungsverhältnis in den Blick der Biographieforschung gerät. Auch die biographische Relevanz der Wechselwirkungen zwischen privaten Lebensverhältnissen und der Erwerbsbeteiligung von Männern und Frauen wird vermehrt thematisiert. Darin kommt die Veränderung von Arbeits- und Lebensverhältnissen seit dem ‚Ende‘ des Fordismus zum Ausdruck. Aus dem institutionalisierten Lebenslauf als Ablaufprogramm wird eine kontingente Struktur, die man mit Luhmann als „Karriere“ bezeichnen kann. Arbeit/Beschäftigung und ihre Interdependenz mit privaten Lebensverhältnissen vervielfältigen die Anlässe für die Arbeit an der Biographie, die zu einem ‚ständigen Begleiter‘ im Lebenslauf wird.
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Brose, HG., Wohlrab-Sahr, M. (2018). Arbeit und Biographie. In: Lutz, H., Schiebel, M., Tuider, E. (eds) Handbuch Biographieforschung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-18171-0_41
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