Zusammenfassung
Der vorliegende Beitrag beleuchtet wissenschaftliche sowie erinnernde Zugänge zur Geschichte der Heimerziehung in der Schweiz. Erstere verpflichten grundsätzlich auf wissenschaftliches Erkenntnisinteresse, erinnernde Zugänge sind in stärkerem Masse verbunden mit Identität und Zugehörigkeit. In der aktuellen, durch ehemalige Heimkinder initiierten, historischen Aufarbeitung finden sich verschiedene Zugänge – allerdings ohne dass diese ineinander aufgehen. In Politik, Medien und Öffentlichkeit zeigen sich aktuell Bestrebungen, die oft erschütternden Erinnerungen von ehemaligen Heimkindern über die individuellen Erfahrungen hinaus dauerhaft gesellschaftlich zugänglich zu machen und einen Prozess anzustossen, in dem Erinnerungsfiguren, wie z B Fotos von Kindern im Heim, ins gesellschaftliche Gedächtnis eingehen. Der vorliegende Artikel zeichnet, auf der Grundlage einschlägiger erinnerungstheoretischer Konzeptionen, diese Erinnerungsprozesse nach und bearbeitet die Frage, welche Funktion einer wissenschaftlichen Forschung in diesem Kontext zukommt. Argumentiert wird, dass historische Forschung eine Erinnerungsprozesse reflektierende und diese auch immer wieder überschreitende Forschung sein muss; dann trägt sie dazu bei, eine kritische Aufmerksamkeit für die Bearbeitung von Widersprüchen und Ambivalenzen zu vermitteln – auch in der Sozialen Arbeit.
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Hauss, G. (2017). Arbeit am Gedächtnis. In: Richter, J. (eds) Geschichtspolitik und Soziale Arbeit. Soziale Arbeit in Theorie und Wissenschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-16722-6_10
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