Zusammenfassung
Am Beginn der europäischen Einigung stand nach dem Ende des 2. Weltkriegs das Prinzip der sozialen Demokratie. In der Folge ist es technokratischen, wettbewerbsstaatlichen und postdemokratischen Integrationsmethoden zunehmend gelungen, das soziale Europa zu verdrängen. Dies ändert wiederum nichts daran, dass wenigstens Fragmente einer europäischen Sozialunion vorliegen, die eine genauere Betrachtung verdienen. An sie könnten Kräfte in der EU anknüpfen, die ein soziales Europa anstreben. Ein Vergleich mit der US-amerikanischen Verfassungsgeschichte zeigt Ansatzpunkte für revolutionäre Reformen auf, d.h. dafür, wie bestehende Rechts- und Verfassungsinstitute des europäischen Einigungsprozesses umgedeutet und in revolutionärer Absicht zur Stärkung eines sozialen Europa gebraucht werden könnten.
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Notes
- 1.
Vgl. am Beispiel Spaniens: Romero Cuevas (2012).
- 2.
Zur Geschichte Europas siehe Kissel, in diesem Band.
- 3.
Das paraphrasiert eine Einsicht, die im Kontext der BRD vor allem von Wolfgang Abendroth mit dem Konzept der sozialen Demokratie untersetzt wurde (vgl. Abendroth 1954).
- 4.
Siehe dazu auch die kosmopolitische Rekonstruktion sozialer Demokratie bei Möller (2012).
- 5.
vgl. am italienischen Beispiel Magri (2011, S. 61 ff.).
- 6.
Zum Einfluss der USA auf die EWG siehe auch Poulantzas (1973).
- 7.
Zum massiven Einfluss und schrittweisen Scheitern des deutschen Ordoliberalismus in der europäischen Integration vgl. Joerges (2010).
- 8.
Siehe zur Krise des fordistischen Wohlfahrtsstaates und der neoliberalen Wende jüngst Streeck (2013, S. 54 ff.).
- 9.
Zur Konjunktur des Integration durch Recht-Projekts vgl. Haltern (2005, S. 399 ff.).
- 10.
Als Beispiele für Urteile des EuGH, welche die sozialen Rechte den ökonomischen Grundfreiheiten unterordnen vgl. Viking − C-438/05 vom 11. Dezember 2007; Laval − C 341/05 vom 18. Dezember 2007; Rüffert − C 346/06 vom 3. April 2008 und Luxemburg – C 319/06 vom 19. Juni 2008 (EuGH 2007a,b/2008a,b).
- 11.
Für die auch vom EuGH entwickelten, gegenläufigen Tendenzen zur Stärkung der bislang schwächeren zivilen, sozialen und politischen Unionsbürgerrechte vgl. Evas und Reich, in diesem Band.
- 12.
Bieling (2013, S. 45) identifiziert hier einen neu entstehenden Krisenkonstitutionalismus.
- 13.
Eine umfassende Auseinandersetzung mit den Konflikten zwischen wirtschaftlicher und sozialer Integration der EU im Rahmen des Lissabonner Vertrages findet sich in Schiek et al. (2011).
- 14.
So auch z. B. Dänemark, Griechenland und Kroatien.
- 15.
Zu den Konventsverhandlungen und einer starken Auslegung der sozialen Grundrechte vgl. Meyer und Engels (2000).
- 16.
Für eine Analyse der Entwicklung der EU Richtlinien und Rechtsprechung im Bereich der Geschlechtergleichstellung und Antidiskriminierung von 1970–2000, siehe Liebert et al. (2003).
- 17.
Etwa in der Rs. C-85/96 Martinez Sala, 12.5.1998, ausführlicher dazu s. u. und Evas und Reich, in diesem Band.
- 18.
Vgl. die Rechtsprechungslinie in den Fällen Laval, Viking und Rüffert (s. o.).
- 19.
Soziale Grundrechte werden, wie Ernst Forsthoff schon für den deutschen Sozialstaat zu erhärten suchte, „als bloße Programmsätze sozusagen in den Vorhof des geltenden Verfassungsrechts verwiesen“ (Forsthoff 1954, S. 169).
- 20.
Die aktivierende Arbeitsmarktpolitik hat nicht in erster Linie die Aufgabe, Härten des Marktes abzufedern, sondern aktivierend auf die Betroffenen zu wirken, um durch Weiterbildungs- und Erziehungsmaßnahmen ihre Beschäftigungsfähigkeit (employability) zu erhöhen.
- 21.
Vgl. etwa den Bericht des Internationalen Währungsfonds zur Lage in Griechenland mit starker Betonung der Wachstumskomponente (IWF 2013, S. 14 ff.).
- 22.
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Möller, K. (2015). Die Europäische Sozialunion – Ideen, Hindernisse, Fragmente. In: Liebert, U., Wolff, J. (eds) Interdisziplinäre Europastudien. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-03620-1_14
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