Zusammenfassung
Dieser Beitrag beschreibt anhand von queer-feministischen Kulturveranstaltungen („Ladyfest“ und „Girls* Rock Camp“) heteronormativitätskritische Strategien der Intervention in Kultur. Ebenso wird diskutiert, dass jene Projekte über „Diversität“ mit einer widersprüchlichen Inklusion in hegemoniale Kulturinstitutionen konfrontiert sind. Der Beitrag schlägt vor, dass Kulturpolitik und Kultureinrichtungen jene Widersprüche nicht einhegen, sondern in die eigene Praxis integrieren sollten, um gesellschaftskritische Perspektiven auf programmatischen und strukturellen Ebenen der Kulturpolitik zu ermöglichen.
Notes
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Ladyfeste und Girls* Rock Camps sind Sammelbegriffe für sehr vielseitige und international stattfindende Veranstaltungen. Gemeinsam ist ihnen allen eine feministische Grundhaltung und das Sichtbarmachen des Auschlusses von Frauen* und Girls* aus der Musik- und Popkulturszene.
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Dieser Beitrag fokussiert auf queer-feministische Bewegungen in anglo-amerikanischen und deutschsprachigen Räumen und ist ein Versuch, eigene praktische Erfahrungen mit der Organisation von queer-feministischen Kulturveranstaltungen theoretisch einzuordnen.
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Weiß wird in diesem Beitrag klein und kursiv geschrieben, um darauf hinzuweisen, dass weiß-sein nicht ein phenotypisches Körpermerkmal, sondern eine sozial-kulturelle Positionierung ausdrückt, mit der Privilegien und strukturelle Dominanz einhergehen.
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Westlich oder der Westen meint in diesem Zusammenhang nicht (nur) eine geografische Region, sondern ein historisch-politisch gewachsenes und kulturell hegemoniales System.
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Queer-Theoretiker*innen widmen sich hier zum Beispiel der kritischen Analyse neoliberaler Transformationsprozesse mit Blick auf die rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften (u. a. Mesquita 2011).
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Heterosexismus und Frauenfeindlichkeit kann nicht nur für diese Genres diagnostiziert werden, sondern auch für den Rock (Stichwort: Cock Rock), die elektronische Musikszene (vgl. kritisch dazu club transmediale und Jansen 2005) und Hip Hop (vgl. den Band über Queer*Fem*Rap im deutschsprachigen Raum, herausgegeben von Sookee und Gazal 2021). Eine gute Diskussion über Selbstermächtigungsstragien von Frauen* im Feld der Popmusik und mit Blick auf die Dominanz weißer Männlichkeit gibt der Sammelband von Reitsamer und Weinzierl (2006).
- 8.
„Revolution Girl Style Now“ ist Titel eines Albums der Band Bikini Kill aus Olympia, Washington (US) aus dem Jahr 1991. Bikini Kill waren maßgeblich an der Formierung der riot grrrl-Bewegung beteiligt.
- 9.
Siehe die Website: Girls Rock Camp Alliance, https://www.girlsrockcampalliance.org/points-of-unity, abgerufen am 14.02.2022.
- 10.
Dies gilt nicht für alle Camps. Das Ruby Tuesday Camp in Berlin adressiert zum Beispiel Mädchen, trans* und inter*geschlechtliche Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren und hat sich bewusst dafür entschieden den Begriff „Girl“ nicht im Titel zu tragen. Auch das pink noise Girls Rock Camp hat sich aus jenen Gründen im Jahr 2016 in pink noise Camp umbenannt und den Begriff „Girl“ aus dem Titel gestrichen.
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Dies zeigt sich u. a. im Parteiprogramm der AFD, aber auch auf den Agenden von Bewegungen wie „Besorgte Eltern“ (vgl. kritisch zum „Anti-Genderismus“ u. a. Hark und Villa 2015).
- 13.
Wie Peter Laudenbach in seiner „Chronik rechter Übergriffe“ festhält, werden v. a. queere und feministische Kulturarbeiter*innen von rechten Akteure*innen (mittels Morddrohungen aber auch Brandanschlägen) angegriffen (persönliche Kommunikation). Vgl. dazu auch https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/kultur/afd-neonazis-neue-rechte-strategien-gegen-die-kunst-e837476/?reduced=true (aufgerufen am 20.02.2022).
- 14.
Isabel Lorey bezieht sich mit ihrer Forderung „von den Kämpfen aus zu denken“ auf eine Reihe politisch-aktivistischer Gruppen und theoretischer Strömungen, die dem Postfundationalismus und der kritischen Migrationsforschung zugeordnet werden können.
- 15.
Tokenism ist ein englischer Begriff und bezeichnet im Rahmen von Gleichstellungsbemühungen eine Praxis der Inklusion von marginalisierten Gruppen nur auf einer symbolischen Ebene aber nicht auf einer strukturellen Ebene, die auf Teilhabe und Mitgestaltung abziehlen würde.
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Paloni, S. (2023). Queer-feministische Perspektiven auf Kulturpolitik und Kulturpolitikforschung. In: Crückeberg, J., Heinicke, J., Kalbhenn, J., Landau-Donnelly, F., Lohbeck, K., Mohr, H. (eds) Handbuch Kulturpolitik. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-34381-1_26-2
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Queer-feministische Perspektiven auf Kulturpolitik und Kulturpolitikforschung- Published:
- 14 July 2023
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-34381-1_26-2
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Original
Queer-feministische Perspektiven auf Kulturpolitik und Kulturpolitikforschung- Published:
- 08 December 2022
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-34381-1_26-1