Skip to main content
Log in

Drogenhandel – Typologie einer illegalen Ökonomie

Illicit Drug Trade—Typology of an Illegal Economy

  • Published:
Soziale Probleme

Zusammenfassung

Diese Studie zeigt, wie sich der Handel illegaler Drogen aus egozentrierter Netzwerksicht von Handelnden gestaltet. Anhand von 22 Interviews mit Handelserfahrenen erstellt der Beitrag eine Typologie von Handelsnetzwerken. Diese unterscheiden sich einerseits nach den Maßnahmen, die Akteur/innen zum Schutz vor Strafverfolgung oder Gewalt und Betrug durch Beteiligte anwenden, nämlich Vertrauen und wechselseitiges Kennen im Gegensatz zu Anonymität. Sie differenzieren sich weiterhin nach der Motivation, aus der heraus Handelnde Drogen verkaufen, nämlich ob sie Gewinn erzielen oder den Eigenkonsum finanzieren wollen. Die sich ergebenden vier Netzwerktypen Drogenclub, Geschäftsmodell, Selbstversorgungshandel im sozialen Umfeld und Anonymer Selbstversorgungshandel werden detailliert erläutert. Ein Vergleich zwischen dem Handel in Gefängnissen und in Freiheit rundet den Beitrag ab.

Abstract

The study at hand illustrates illicit drug trade from an egocentric network perspective of those dealing the drugs. Drawing on 22 interviews with experienced sellers, a typology is developed along two categories: One category is the actor’s measures against police and competitors—either trust or anonymity. The other is the seller’s motivation to engage in this business: profit-seeking vs. providing for his/her own consumption. The resulting four types of networks—drug club, business model, consumption dealers in personal social context and consumption dealers in anonymity—are explained in detail. Finally, the text gives a comparison between selling inside and outside prisons.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this article

Subscribe and save

Springer+ Basic
$34.99 /Month
  • Get 10 units per month
  • Download Article/Chapter or eBook
  • 1 Unit = 1 Article or 1 Chapter
  • Cancel anytime
Subscribe now

Buy Now

Price excludes VAT (USA)
Tax calculation will be finalised during checkout.

Instant access to the full article PDF.

Abb. 1
Abb. 2

Notes

  1. Die Studie folgte einem induktiven Forschungsdesign, die Relevanz der genannten Kategorien und folgenden theoretischen Einordnungen wurde aus dem Material, Interviews mit 22 Drogenhandelnden, rekonstruiert.

  2. Im Unterschied zu einem Gesamtnetzwerk, das alle beteiligten Akteure und Beziehungen untereinander darstellt und in Bezug auf den Drogenhandel beispielsweise dazu geeignet ist, organisierte Kriminalität als Ganzes darzustellen, indem es den Markt lediglich in Zentrum und Peripherie unterteilt (vgl. Williams 1998).

  3. Wir beschränken uns auf persönliche Treffen. Zweifelsohne findet ein Teil des Drogenhandels im Internet (Darknet) statt, es gibt zu den Unterschieden und Gemeinsamkeiten dieser Märkte bisher aber erst wenige Studien, siehe exemplarisch Tzanetakis et al. (2016).

  4. Damit haben wir vermischt, was ebendort als Namens- und Relationsgenerator bezeichnet wird: Strukturelle Formen der Kohäsion des Netzwerkes wurden vernachlässigt (keine Beziehungen zwischen Alteri abgefragt), ebenso entfielen Auswertungen über die Äquivalenz von Netzwerkpositionen.

  5. Im Gegensatz zu sogenannten „first order zones“, wobei Personen auch Auskunft über die Beziehungen der Netzwerkmitglieder untereinander geben.

  6. Das Projekt ist Teil des von 2014–2016 geförderten Verbundprojekts „Organisierte Kriminalität zwischen virtuellem und realem Drogenhandel (DROK)“. Wir bedanken uns für die Förderung.

  7. Nur ein/e Interviewte/r hatte keine Erfahrungen mit Drogenhandel oder -konsum und wurde deswegen nicht in die Analysen einbezogen; dieses Interview ist in der Zählung N = 22 nicht enthalten.

  8. Einerseits wurde das Vorgehen in Bezug auf die Gewinnung von Interviewpartner/innen mit dem Datenschutzbeauftragen der Universität zu Köln abgesprochen und ein ausführliches Datenschutzkonzept erstellt. Andererseits erhielten die Befragten vor dem Interview Informationsschreiben mit detaillierten Hinweisen zum Vorgehen und füllten direkt vor dem Gespräche eine Einverständniserklärung aus. In der Literatur vermutet man einen positiven Effekt dieser Vorgehensweise (Jaques und Wright 2011, S. 741).

  9. Die Frage im Wortlaut: „Nennen Sie bitte alle Personen, die wichtig für Sie und Ihren Drogenhandel (Verkauf oder Einkauf) waren. Ordnen Sie diese entsprechend der Wichtigkeit in die Kreise ein, wobei die wichtigsten im innersten Kreis sind.“.

  10. Bei 7 Interviews zeichneten die Befragten kein Netzwerk, wir haben diese im Nachhinein aus den Interviews rekonstruiert.

  11. Wir danken Caren Schulte im Walde und Prof. Dr. Frank Neubacher für die Diskussion in der Auswertung.

  12. Wie eingangs beschrieben, ist unser Sample insofern selektiv, als alle Befragten im Hellfeld der Kriminalität auffällig geworden sind. Der nicht gewinnorientierte social supply spielt daher weniger eine Rolle, als unter Drogenkonsumierenden gemeinhin üblich.

  13. Eine totale Institution lässt sich nach Goffman (1973, S. 11) „als Wohn- und Arbeitsstätte einer Vielzahl ähnlich gestellter Individuen definieren, die für längere Zeit von der übrigen Gesellschaft abgeschnitten sind und miteinander ein abgeschlossenen, formal reglementiertes Leben führen. Ein anschauliches Beispiel dafür sind Gefängnisse, vorausgesetzt, daß wir zugeben, daß das, was an Gefängnissen gefängnisartig ist, sich auch in anderen Institutionen findet, deren Mitglieder keine Gesetze übertreten haben.“.

Literatur

  • Adler, Patricia A., und Peter Adler. 1998. Großdealer und -schmuggler in Kalifornien. Karrieren zwischen Abweichung und Konformität. In Drogendealer. Ansichten eines verrufenen Gewerbes, Hrsg. B. Paul, H. Schmidt-Semisch, 148–166. Freiburg: Lambertus.

    Google Scholar 

  • Belackova, Vendula, und Christian A. Vaccaro. 2013. A friend with weed is a friend indeed: understanding the relationship between friendship identity and market relations among marijuana users. Journal of Drug Issues 43:289–313.

    Article  Google Scholar 

  • Bereswill, Mechthild. 2001. „Schmerzen des Freiheitsentzugs“ – Gefängniserfahrungen und Überlebensstrategien männlicher Jugendlicher und Heranwachsender. In Forschungsthema Strafvollzug, Hrsg. M. Bereswill, W. Greve, 253–286. Baden Baden: Nomos.

    Google Scholar 

  • Bichler, Gisela, Aili Malm, und Tristen Cooper. 2017. Drug supply networks: a systematic review of the organizational structure of illicit drug trade. Crime Science 6:2. https://doi.org/10.1186/s40163-017-0063-3.

    Article  Google Scholar 

  • Bögelein, Nicole, Jana Meier, und Frank Neubacher. 2016. „Ist ja nur Cannabis“? Expertinnen und Experten über den Cannabishandel inner- und außerhalb von Gefängnissen. Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform 99:251–268.

    Google Scholar 

  • Coomber, Ross, und Leah Moyle. 2015. Beyond drug dealing: developing and extending the concept of ‘social supply’ of illicit drugs to ‘minimally commercial supply’. Drugs: Education, Prevention and Policy 21:157–164.

    Google Scholar 

  • Coomber, Ross, und Paul Turnbull. 2007. Arenas of drug transactions: adolescent cannabis transactions in England—social supply. The Journal of Drug Issues 37:846–865.

    Google Scholar 

  • Copes, Heith, Scott Jacques, Andy Hochstetler, und Timothy Dickinson. 2015. The active versus inmate debate. In The Routledge handbook of qualitative criminology, Hrsg. H. Copes, J.M. Miller, 157–172. London: Routledge.

    Google Scholar 

  • Dickinson, Timothy, und Richard Wright. 2015. Gossip, decision-making and deterrence in drug markets. British Journal of Criminology 55:1263–1281.

    Article  Google Scholar 

  • Eck, John E. 1995. A general model of the geography of illicit retail marketplaces. In Crime and place, Hrsg. J.E. Eck, D.D. Weisburd, 67–93. New York: Criminal Justice Press.

    Google Scholar 

  • Fleetwood, Jennifer. 2014. Keeping out of trouble: female crack cocaine dealers in England. European Journal of Criminology 11:91–109.

    Article  Google Scholar 

  • Goffman, Erving. 1973. Asyle – Über die soziale Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen. Frankfurt/Main: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Granovetter, Mark. 1985. Economic action and social structure: the problem of embeddedness. American Journal of Sociology 91:481–510.

    Article  Google Scholar 

  • Häßler, Ulrike, und Stefan Suhling. 2017. Wer nimmt denn im Gefängnis Drogen? Prävalenz und individuelle Prädiktoren des Suchtmittelkonsums im Justizvollzug. Bewährungshilfe 64:17–33.

    Google Scholar 

  • Herz, Andreas. 2012. Erhebung und Analyse egozentrierter Netzwerke. In Soziale Netzwerkanalyse. Theorie, Methoden, Praxis, Hrsg. S. Kulin, K. Frank, D. Fickermann, und K. Schwippert, 133–150. Münster: Waxmann.

    Google Scholar 

  • Herz, Andreas, Luisa Peters, und Inga Truschkat. 2015. How to do qualitative strukturale Analyse? Die qualitative Interpretation von Netzwerkkarten und erzählgenerierenden Interviews. Forum Qualitative Sozialforschung/Forum: Qualitative Social 16:52 Absätze. http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs150190. Zugegriffen: 26.01.2018.

    Google Scholar 

  • Hollstein, Bettina. 2006. Qualitative Methoden und Netzwerkanalyse – ein Widerspruch? In Qualitative Netzwerkanalyse. Konzepte, Methoden, Anwendungen, Hrsg. B. Hollstein, 11–36. Wiesbaden: VS.

    Chapter  Google Scholar 

  • Jacinto, Camille, Micheline Duterte, Paloma Sales, und Sheigla Murphy. 2008. “I’m not a real dealer”: the identity process of ecstasy sellers. Journal of Drug Issues 38:419–444.

    Article  Google Scholar 

  • Jacques, Scott, und Richard Wright. 2011. Informal control and illicit drug trade. Criminology 49:729–765.

    Article  Google Scholar 

  • Kelle, Udo, und Susann Kluge. 2010. Vom Einzelfall zum Typus. Fallvergleich und Fallkontrastierung in der qualitativen Sozialforschung. Wiesbaden: VS.

    Book  Google Scholar 

  • Lalander, Philip. 2008. The role of ethnicity in a local drug dealer network. Journal of Scandinavian Studies in Criminology and Crime Prevention 9:65–84.

    Article  Google Scholar 

  • Liebling, Alison, und Helen Arnold. 2005. Prisons and their moral performance: a study of values, quality, and prison life. Oxford: Oxford University Press.

    Google Scholar 

  • McCarthy, Christopher, José Luis Molina, Claudia Aguilar, und Laura Rota. 2007. A comparison of social network mapping and personal network visualization. Field Methods 19:145–162.

    Article  Google Scholar 

  • Meier, Jana, und Nicole Bögelein. 2016. Illegale Drogenmärkte in Justizvollzugsanstalten – Erkenntnisse von Experten in Bezug auf Cannabis. In Krise – Kriminalität – Kriminologie, Hrsg. F. Neubacher, N. Bögelein, 245–256. Mönchengladbach: Forum Verlag Godesberg.

    Google Scholar 

  • Meier, Jana, und Nicole Bögelein. 2017. Handelserfahrene und Expert_innen über Konsum und Handel illegaler Drogen im Gefängnis – Ein empirischer Blick in den Haftalltag. rausch – Wiener Zeitschrift für Suchttherapie 6:236–246.

    Google Scholar 

  • Moeller, Kim, und Sveinung Sandberg. 2015. Credit and trust: management of network ties in illicit drug distribution. Journal of Research in Crime and Delinquency 52:691–716.

    Article  Google Scholar 

  • Neubacher, Frank, Jana Meier, Nicole Bögelein, Bernd Werse, Gerrit Kamphausen, Dirk Egger, Graf Heino Niels Stöver, Anna Dichtl, Rafael Behr, und Svea Steckhan. 2017. Handlungsempfehlungen des Forschungsverbundes „Drogen und Organisierte Kriminalität“ (DROK). NK Neue Kriminalpolitik 29:113–122.

    Article  Google Scholar 

  • Taylor, Matthew, und Gary R. Potter. 2013. From “social supply” to “real dealing”: drift, friendship, and trust in drug-dealing careers. Journal of Drug Issues 43:392–406.

    Article  Google Scholar 

  • Tompkins, Charlotte N.E. 2016. “There’s that many people selling it”. Exploring the nature, organisation and maintenance of prison drug markets in England. Drugs: Education, Prevention and Policy 23(2):144-153.

    Google Scholar 

  • Tzanetakis, Meropi, Geritt Kamphausen, Bernd Werse, und Roger von Laufenberg. 2016. The transparency paradox. Building trust, resolving disputes and optimising logistics on conventional and online drugs markets. International Journal of Drug Policy 35:58–68.

    Article  Google Scholar 

  • Werse, Bernd. 2008. Retail markets for Cannabis—users, sharers, go-betweeners and stash dealers. In Cannabis in Europe. Dynamics in perception, policy and markets, Hrsg. D.J. Korf, 106–123. Lengerich: Pabst Science Publ.

    Google Scholar 

  • Werse, Bernd. 2014. Wie kriminell sind “Social Supplier”? Ergebnisse zum Drogenkleinsthandel aus zwei empirischen Studien. rausch – Wiener Zeitschrift für Suchttherapie 3:98–106.

    Google Scholar 

  • Williams, Phil. 1998. The Nature of Drug-Trafficking Networks. Current History 97:154–159.

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Nicole Bögelein.

Rights and permissions

Reprints and permissions

About this article

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this article

Bögelein, N., Meier, J. Drogenhandel – Typologie einer illegalen Ökonomie. SozProb 29, 15–43 (2018). https://doi.org/10.1007/s41059-018-0043-1

Download citation

  • Published:

  • Issue Date:

  • DOI: https://doi.org/10.1007/s41059-018-0043-1

Navigation