Zusammenfassung
Mit Hilfe eines Fragebogens von Ardelt-Gattinger und Schlögl (1998), der sowohl Emotionen als auch Normen in Gruppen misst wurden Teilnehmer eines virtuellen Seminares untersucht und mit einem Präsenzseminar verglichen. Ein Vergleich der Mittelwerte zeigte, dass in beiden Seminarformen positive Gefühle stärker ausgeprägt waren als negative sowie ähnliche Mittelwertsverläufe hinsichtlich der wahrgenommenen Normen. Eine nähere Betrachtung der Gruppenmittelwerte und Standardabweichungen ergab z.B. für Items, die sich auf Rivalität oder Ärger beziehen, innerhalb der Seminare eine hohe Streuung, was bedeutet, dass einige Teilnehmer weniger zufrieden waren als andere. Insbesondere „Trittbrettfahrer“ und „Dropouts“ sorgten für hier Verunsicherung und Verärgerung. Eine Besonderheit des virtuellen Seminars im Vergleich zum Präsenzseminar lag darin, dass die anderen Gruppenmitglieder in stärkerem Maße gemocht werden, bei geringerer Streuung der Antworten. Eine mögliche Erklärung ist, dass gute zwischenmenschliche Kontakte im Vorfeld nicht erwartet und darum im Nachhinein umso positiver beurteilt wurden. Bezüglich der Gruppenkonformität gaben die Teilnehmer der virtuellen Veranstaltung mittlere Normierungseinschätzungen ab, was der Grund sein könnte für ein eher gering ausgeprägtes Gefühl von Verpflichtung oder Sicherheit, welches letztlich zu unterschiedlich hohem Engagement für die Gruppe führt.
Abstract
Participants of a virtual seminar have been examined and compared with participants of a real-life seminar using a questionnaire by Ardelt-Gattinger and Schlögl (1998) which measures emotions as well as norms within groups. In both settings, participants scored higher on positive than on negative emotions and group norms were perceived in a similar way. A closer look at means and standard deviations reveals a high inner-group-variance for items dealing with rivalry or anger, which shows that some students were less satisfied than others. „Free riders“ and „drop-outs“ seemed to be responsible for feelings of insecurity and anger of the others. Participants of the virtual seminar liked their group members more and showed lower variance on that dimension than real-life participants. Intensive social contacts may have not been expected before and so afterwards they were valued higher (than they would in a real-life-setting). Participants of the virtual setting rated group conformity of medium intensity, which could be responsible for a reduced feeling of commitment or security, leading to varying intensities of involvement in the group.
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Heide Schmidtmann, Diplom-Psychologin, wissenschaftliche Mitarbeiterin. Sonja Grothe, Psychologiestudentin an der Ruhr-Universität Bochum, studentische Hilfskraft. Beide am Lehrgebiet Psychologie sozialer Prozesse an der FernUniversität in Hagen.
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Schmidtmann, H., Grothe, S. Wie fühlt man sich in einer virtuellen Arbeitsgruppe?. Gruppendynamik 32, 177–190 (2001). https://doi.org/10.1007/s11612-001-0017-8
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